Giovanni Maria Morandi. Ein Barockkünstler in

Transcrição

Giovanni Maria Morandi. Ein Barockkünstler in
Giovanni Maria Morandi
Ein Barockkünstler in Rom
[Kat. 4, Detail]
Inhalt
Einleitung und Dank
Einleitung und Dank
3
Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit gilt unsere Aufmerksamkeit dem zeichnerischen Werk eines italienischen Künstlers des 17. Jahrhunderts. Nachdem im Graphischen Kabinett 2014 die Zeichnungen von Giulio Cesare Bedeschini zu sehen waren,
der in der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts vor allem in L’Aquila tätig war, zeigen wir
nun erneut das Zeichnungskonvolut eines Künstlers, der sich gegen Ende des 17. Jahrhunderts in Rom als Maler von Altartafeln sowie als Porträtist einen Namen gemacht
hatte. In seinem einleitenden Essay skizziert Christoph Orth die Erfolgsgeschichte von
Giovanni Maria Morandi (1622–1717), der heute nur wenigen Barockforschern und
einigen Zeichnungsexperten bekannt ist.
Stand bei der Vorstellung des Zeichners Bedeschini dessen spezielle Verfahrensweise des cut & paste im Vordergrund, so lenken die Rötel- und Kreidezeichnungen
Morandis das Augenmerk auf eine besondere Handhabe der Zeichenmittel: bravourös
eingesetzte Rötellavierungen im Zusammenspiel mit effektvoll platzierten Weißhöhungen. Morandi steht in der Reihe jener Maler, die wie die Gebrüder Carracci,
Domenichino, Giudo Reni oder Guercino den Rötel als selbstständiges Zeichenmittel
auf immer neue Weise einsetzten, dabei aber zu einer eigenen ästhetischen Form
fanden.
Auf den Zeichner Morandi wurde erstmals von Erich Schleier, dem großen
Kenner der barocken Kunst, in zwei Aufsätzen von 1992 und 1998 aufmerksam gemacht. Zu den damaligen Neuentdeckungen gehörten auch gleich mehrere Zeichnungen in der Graphischen Sammlung im Wallraf. Bis heute tauchen vor allem im Kunsthandel immer wieder Zeichnungen von Morandi auf, so dass sich allmählich ein konkretes Bild von seiner künstlerischen Brillanz skizzieren lässt. Christoph Orth zieht in
seiner Bearbeitung des Kölner Bestandes, aufbauend auf einer 2014 an der Universität in Bonn eingereichten Masterarbeit, erstmals Bilanz der bislang gewonnenen Erkenntnisse zu den Kölner Zeichnungen sowie zum zeichnerischen Werk
Morandis insgesamt. Dabei ist es ihm gelungen, für einzelne Zeichnungen die historische Auftragslage neu auszutarieren, wodurch einige Zeichnungen nun auch erstmals
plausibel datiert werden können. Gleichsam ein Nebenresultat seiner Forschungen
waren weitere Neuentdeckungen in der Kölner Sammlung.
Christoph Orth
Giovanni Maria Morandi – Leben und Werk
5
Christoph Orth
Katalog der ausgestellten Werke 1-18
15
Thomas Ketelsen, Christoph Orth
Zeichnungen von Giovanni Maria Morandi in
Köln, Düsseldorf und Paris
Eine Sammlungskonstellation (Teil II)
68
Literatur
77
Impressum
80
3
Mein Dank geht somit zuallererst an Christoph Orth für die wissenschaftliche Bearbeitung des Morandi-Bestandes im Wallraf. Danken möchte ich ferner Georg Satzinger, der als profunder Kenner der Materie die Bearbeitung des Zeichnungsbestandes
von Anfang an unterstützte. Auch der Bibliotheca Hertziana in Rom sei an dieser Stelle
gedankt. Sie ermöglichte es, dass Christoph Orth an einem Studienkurs zur römischen Barock-Zeichnung teilnahm, wodurch die Grundlage für die Bearbeitung des
Kölner Bestandes gelegt wurde.
Im Zusammenhang mit der Frage nach der Herkunft der Kölner Morandi-Zeichnungen standen wir lange Zeit vor einem Rätsel. Stammen die Blätter aus der alten
Kölner Zeichnungssammlung der Jesuiten, was die römische Herkunft der Blätter nahe
legt, oder kommt das Konvolut aus der Privatsammlung Lambert Krahes, die nach dessen Tod teilweise an Ferdinand Franz Wallraf verkauft worden ist. Die nochmalige Befragung der Provenienz ermöglichte es, wenigstens für einen Teil der Kölner MorandiZeichnungen etwas mehr Klarheit über ihre Geschichte zu erhalten. Für einen anderen
Teil schweigen jedoch die Quellen, sodass wir weiterhin auf Vermutungen angewiesen
sind – und mit einem Mal ist es auch nicht mehr ausgeschlossen, dass sich einige der
Morandi-Zeichnungen im 18. Jahrhundert doch im Besitz der Kölner Jesuiten befunden
haben. Besonderer Dank gilt dem Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds als rechtlichem Nachfolger der Jesuitensammlung, der wie schon bei der Bedeschini-Ausstellung
2014 das Forschungsprojekt zu Giovanni Maria Morandi durch die Finanzierung des
Ausstellungskataloges großzügig unterstützt hat. Denn was bleibt, so können wir in Abwandlung eines großen Dichterwortes sagen, stiften die Kataloge. Ich danke dem Vorsitzenden des Stiftungsfonds Reinhard Elzer und dem Geschäftsführer Thomas Erdle
sowie Tanja Ahrendt als Kulturleiterin des Stiftungsfonds für das gewährte Vertrauen.
Möge der vorliegende Katalog aller Kölner Morandi-Zeichnungen in der Reihe Der un/
gewisse Blick einen zu Unrecht vergessenen Künstler wieder ins Blickfeld rücken und
damit auch einen Beitrag zur Erforschung der barocken Zeichenkunst in Rom leisten.
Für Informationen, Anregungen und Unterstützung bei der Erstellung des Kataloges danken wir Dieter Bongartz, Rektor Franz Xaver Brandmayr, Sonja Brink,
Jakub Hauser, Dagmar Korbacher, Francesco Petrucci, Dietmar Spengler und
Michael Venator.
Thomas Ketelsen, Leiter der Graphischen Sammlung im Wallraf
4
Giovanni Maria Morandi – Leben und Werk
Christoph Orth
Giovanni Maria Morandi wurde am 30. April 1622 als Sohn des Ottavio di Lionardo
Morandi und der Maria di Lorenzo Pardini im Bereich der Pfarrei von S. Lucia sul
Prato in Florenz geboren und schon am folgenden Tag getauft.1 Aufgewachsen ist er
vermutlich mit weiteren Geschwistern im Haushalt seines Großvaters Lionardo in
der Via dell’Anguillara nahe der Kirche Santa Croce.2 Verschiedene Quellen geben
an, dass Morandi schon sehr früh als Page in den Dienst der großherzoglichen
Familie Medici eingetreten sei.3 Beleg dafür ist eine Notiz auf der Rückseite einer
Karikatur Morandis von Pier Leone Ghezzi, auf der es heißt, dass Morandi „in sa
gioventù fu paggio del Gran Duca di Firenze“4. In den Auflistungen der Pagen für
die Jahre 1587–1629 und 1642–1660 finden sich jedoch keine entsprechenden
Hinweise auf die Anwesenheit des jungen Morandi;5 er wird sich folglich zwischen
1629 und 1642 am Hof der Medici aufgehalten haben.6
Am großherzoglichen Hof in Florenz hat Morandi eine umfassende höfische
Ausbildung erhalten, die seine Persönlichkeit stark geprägt, die aber auch maßgeblich
für seine Reputation als Hofmaler gewirkt hat.7 Über seine erste künstlerische
Prägung hingegen ist wenig bekannt. Die Viten geben nicht übereinstimmend an,
dass Morandi bei Giovanni Biliverti (1585–1644) oder bei Sigismondo Coccapani
(1583–1643) in der Lehre gewesen sei. Wo Pascoli nur Ersteren nennt, schildert
Baldinucci, dass Morandi bei Coccapani schon als kleiner Junge „i principi dell’arte“
erlernt habe.8 Morandis Schülerschaft bei Biliverti, der bereits für die Großherzöge
Ferdinand I. und Cosimo II. aus der Familie Medici tätig war, ist im Gegensatz zu
der bei Coccapani dokumentarisch nachgewiesen.9 Offenbar lag in Morandis
Ausbildung ein Fokus auf der Zeichnung, wie überhaupt für die erste Hälfte des
Seicento in Florenz eine starke Dominanz der zeichnerischen Praxis in der Künstlerausbildung angenommen werden muss. So habe Morandi ein Skizzenbuch ausschließlich mit Tierdarstellungen unter der Anleitung seines Lehrers angefertigt, das
später offenbar, wie Baldinucci berichtet, eine gewisse Wertschätzung erfuhr und
sogar nördlich der Alpen verkauft wurde.10 Pascoli schildert zudem, dass Morandi
5
schon während seiner Florentiner Jahre verstärkt die Gemälde bekannter Meister zu
Übungszwecken kopiert habe, vor allem, um deren Farbgebungen zu studieren.12
Genau wie sein Schüler war vorher auch schon Biliverti als Kopist in Erscheinung
getreten, der die berühmten Werke Raffaels und Andrea del Sartos in der Tribuna
der Uffizien für einen französischen Auftraggeber kopierte hatte.13
Über die Medici mit dem Patriziat seiner Heimatstadt in Berührung gekommen,
stellte sich Morandi in den Dienst des Florentiners Duca Jacobo Salviati (1607–
1672), der sich seit 1634 in Rom aufhielt14 und für dessen Familie schon Biliverti
Aufträge ausgeführt hatte.15 Das Inventar seines Enkels Antonio Maria Salviati von
1704 sowie das seiner Urenkelin Maria Caterina Zefferina von 1756 vermerken zwei
Gemälde mit der Darstellung der Martyrien der Hl. Agatha und Hl. Katharina im
Ovalformat. Diese Tafeln befanden sich wahrscheinlich später in der Sammlung
Rospigliosi, die 1932 zum Verkauf stand. Eines der Gemälde war signiert und auf
1645 datiert, es dürfte somit eines der frühsten eigenständigen Gemälde Morandis
sein.16 Ihre Herkunft lässt vermuten, dass die beiden Tafeln tatsächlich für Jacobo
Salviati angefertigt wurden. Es könnte sich bei ihnen um Probestücke für seinen
späteren Patron gehandelt haben, die möglicherweise noch in Florenz gemalt
wurden.
Morandis Weggang aus Florenz ist zeitlich nicht genau fassbar, dürfte aber mit dem
Tod Coccapanis (1643) oder Bilivertis (1644) in Zusammenhang stehen. Nachdem er
sich noch einmal im Januar 1648 in Florenz aufhält, ist er im Laufe dieses Jahres in
dem Verzeichnis der Gemeindemitglieder von S. Spirito in Sassia in Rom zum ersten
Mal mit seinem Bruder Lorenzo, der ebenfalls Maler war, belegt;17 mit Ausnahme des
Jahres 1656 gehört er dann bis 1663 dauerhaft zur famiglia des Duca im Palazzo alla
Lungara.18 Nach Fehlzeiten in den Jahren von 1664 bis 1667 wohnt er zunächst von
1668 bis 1670 wieder bei den Salviati, ab 1671 bis zu seinem Tod dann in wechselnden Häusern im Gemeindebezirk von Santo Spirito in Sassia, also nahe am Palazzo
seines Patrons.19
Morandi war nicht nur Teil des Haushaltes der Salviati, sondern er erhielt als
Angestellter der Familie ein monatliches Gehalt von 25 scudi20, ab 1707 bis zu
seinem Tod eine monatliche Leibrente von 15 scudi.21 Jacobo Salviati war es auch,
6
der Morandi wohl in den 1640er Jahren eine Ausbildungsreise durch Norditalien
finanzierte. Pascoli zufolge ging Morandi von Rom zunächst nach Umbrien, dann in
die Marken und in die Romagna und blieb einige Monate in Bologna. Danach reiste
er nach Modena und Parma, wo er den Werken Correggios besondere Beachtung
geschenkt haben soll, um schließlich in Mailand und Turin längere Zeit zu verweilen;
besonders die „eleganza“ der lombardischen Malerei hätte ihn stark beeindruckt.22
Nach Stationen in Borgoforte, Mantua, Verona und Padua gelangte Morandi nach
Venedig, wo er Gemälde von Tizian und Tintoretto kopiert haben soll.23 Die in
einem Inventar von 1708 aufgelisteten Kopien nach Werken großer Meister aus den
genannten Regionen und Städten bestätigen die Beschreibung Pascolis.25 Das
Inventar nennt Namen wie Guercino, Tintoretto, Correggio, Giulio Romano, Tizian,
aber auch Römer wie beispielsweise Giovanni Lanfranco, nach denen Morandi, der
künstlerischen Ausbildungspraxis seiner Zeit folgend, Kopien angefertigt hat.26
Spätestens 1653 kehrte Morandi zu den Salviati nach Rom zurück, wo er bis 1663
nachweisbar ist. Dort war er offenbar nicht nur als Künstler angestellt, sondern
sorgte sich auch um die Kunstsammlung der Familie.27 Baldinucci berichtet, dass der
„gentiluomo“ Morandi die Aufgabe hatte, Kunstwerke für die Galerie des Duca
auszuwählen und anzukaufen.28 Schon früh nach seiner Ankunft in Rom beginnt
Morandi für hochrangige weltliche und geistliche Auftraggeber zu arbeiten. Ohne
Zweifel kamen ihm dabei seine höfischen Fertigkeiten zugute, war er doch ein
„cavalier Romano“29, der auf Vermittlung seines Patrons Jacobo Salviati als Porträtist
in der römischen Oberschicht tätig wurde und sich auf diesem Gebiet schnell
beträchtlichen Ruhm erwarb. Er porträtierte im Laufe seines Lebens nicht nur
sämtliche Päpste von Alexander VII. bis Clemens XI.30 sowie eine erhebliche Zahl
von Kardinälen, sondern auch Mitglieder vieler Familien des römischen Adels. Er
begab sich damit in Konkurrenz zu den großen Porträtisten seiner Zeit, wie etwa
Carlo Maratti (1625–1713), Giovanni Battista Gaulli (1639–1709), Jacob Ferdinand
Voet (1639–1689) und Francesco Trevisani (1656–1746).31
So wurde Morandi schon kurz nach dem Beginn des Pontifikates Alexanders VII.
(reg. 1655–1667) auch für die Familie Chigi als Bildnismaler tätig. Neben Porträts des
Papstes, unter anderem der Darstellung Alexanders VII. bei der Fronleichnamsprozession32,
7
finden sich ebenso Bildnisse von verschiedenen Mitgliedern der Familie, die eine
Vielzahl von druckgraphischen Umsetzungen erfahren haben.33 Morandi wurde von
Alexander VII. darüber hinaus an den Umbauprojekten der beiden Kirchen S. Maria
del Popolo (unter der Leitung von Gian Lorenzo Bernini) und S. Maria della Pace
unter Pietro da Cortona beteiligt. Neben dem Altarbild Ruhe auf der Flucht nach
Ägypten des Sieneser Malers und damit Landsmannes Alexanders VII., Bernardo
Mei, für den linken Querarm von Santa Maria del Popolo, fertigte Morandi die
Heimsuchung für den gegenüberliegenden rechten Querarm. Eine erste Zahlung des
Chigi-Papstes an Morandi ist bereits für den 9. Mai 1657 nachgewiesen, jedoch ohne
Angabe des Bildinhaltes.34 Das Gemälde für die alte Titelkirche Kardinal Fabio
Chigis wurde 1659 fertiggestellt.35 Für die Ausgestaltung von S. Maria della Pace
beauftragte ihn der Papst mit der Darstellung des Marientodes als Teil einer Serie von
drei Tafeln mit Szenen aus dem Marienleben. Für diesen Auftrag erfolgten 1661
Zahlungen sowohl an Maratti für seine Heimsuchung wie auch an Morandi in Höhe
von jeweils 100 scudi.36 Eine letzte Zahlung des Papstes für dieses Gemälde belegt,
dass der Marientod erst im Jahr 1671 fertiggestellt wurde.37
Weitere Aufträge für den Papst und dessen nächstes Umfeld folgten, so die beiden
Gemälde der Verkündigung und der Vision des Heiligen Filippo Neri in Siena, der
Heimatstadt der Chigi. Pascoli nennt noch einen Auftrag für Giulio Rospigliosi, den
Staatssekretär Papst Alexanders (1600–1669), der ab 1667 als Clemens IX. regierte; es
handelte sich um ein Altarbild für die Kirche S. Carlo ai Catinari in Rom. Die
Altarbilder Morandis aus jener Zeit legen nahe, dass ihm in den ersten Jahren seines
Aufenthaltes in Rom noch ein stark Florentinischer Einfluss zu eigen war. Seine
Malerei unterschied sich daher von der römischen Malweise, zeichnete sich durch
Präzision und Gründlichkeit in der Darstellung aus und grenzte sich so von den
Werken seiner Zeitgenossen Sacchi, Mola, Bernini und auch Maratti ab.38
Gleichwohl scheint sich Morandi im Laufe seiner römischen Jahre den vorherrschenden Strömungen innerhalb der Malerei der Ewigen Stadt angepasst zu haben, sodass
seine späteren Gemälde ohne Zweifel den römischen Einfluss erkennen lassen, der
Malweise Marattis nahestehen, zum Teil aber auch deutlich außerrömische Einflüsse
zeigen.39
8
Die Jahre zwischen 1663 und 1667 verbrachte Morandi nördlich der Alpen, an den
habsburgischen Höfen in Wien und Innsbruck, wo er eine ganze Reihe von Bildnissen
der kaiserlichen und erzherzoglichen Familien anfertigte.40 Pascoli berichtet, dass
Morandi vom keinem Geringeren als Kaiser Leopold I. (reg. 1658–1705) an den Wiener
Hof gerufen wurde.41 Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Morandi über die Vermittlung
von Anna de’ Medici (1616–1672), der Tochter Cosimos II. de’ Medici (1590–1621), die
durch ihre Heirat mit Ferdinand Karl von Österreich-Tirol (1628–1662) Erzherzogin von
Österreich und Landesfürstin von Tirol wurde, nach Innsbruck kam. Aus der Porträtgalerie auf Schloss Ambras hat sich heute das Bildnis der Anna de’ Medici als Witwe in
Wien erhalten, das umseitig von Morandi signiert und auf das Jahr 1666 datiert ist.
Anna de’ Medici hatte neben Morandi schon mehrfach Maler aus ihrer Heimatstadt
Florenz an ihrem Hof beschäftigt.42 Einen Hinweis auf Morandis genauen Aufenthaltsort nördlich der Alpen gibt ferner das Porträt Sigismund Franz’ von Österreich-Tirol, das
seine Anwesenheit in Innsbruck spätestens für die erste Hälfte des Jahres 1665 sichert.43
Morandi war an den beiden habsburgischen Höfen jedoch nicht nur als Porträtist
tätig, sondern schuf auch Gemälde wie die mythologisierende Darstellung der
Kaiserin Claudia Felicitas als Diana, das 1666 datiert ist.44 Bemerkenswert sind die
Innsbrucker Quellen, die Morandi als Maler von Tierdarstellungen und Landschaften in den Fokus rücken. So ist im Inventar der Gemäldesammlung auf Schloss
Ambras von 1773 „Ein gespiegelter schimmel in einerr landschaft. von murandi“
verzeichnet. Und ein Rechnungsbuch der Tiroler Landesfürsten weist aus, dass
Morandi zwischen dem 29. Juli und dem 2. November 1666 das Gemälde eines
Pferdes angefertigt habe. Für dieses oder ein anderes „abcontrofetten Pferdts“
wurden ihm 60 Taler gezahlt.45 Auch für seinen Lehrer Biliverti sind Kontakte an
den Wiener und auch an den Innsbrucker Hof belegt. So wurde eine Allegorie der
Sanftmut von dem späteren Kardinal Leopoldo de’ Medici Kaiser Ferdinand III. (reg.
1637–57) geschenkt; das Gemälde befindet sich noch heute im Kunsthistorischen
Museum in Wien.46 Für den Kaiser selbst fertigte Biliverti weiterhin eine Darstellung
des Ecce homo47 an; ein Schlafendes Christuskind unter einem Kreuz in einer Landschaft48
wurde wahrscheinlich für Ferdinand Karl (reg. 1646-1662) von Österreich-Tirol
fertiggestellt, dessen Mutter Claudia de’ Medici seit 1632 für ihren minderjährigen
Sohn regierte.49
9
Am 12. Januar 1667 besuchte der Florentiner Adlige Francesco Riccardi, der
während seiner Reise durch Nordeuropa zusammen mit seinem Hauslehrer Alessandro Segni auch 85 Tage in Wien verbrachte51, die kaiserlichen Sammlungen in der
Stallburg. Segni schildert in seinem Reisebericht, dass sie an jenem Tag unter
fachkundigem Rat von dem Maler Morandi durch die Galerie geführt wurden.52
Morandi war also nicht nur als Maler am kaiserlichen bzw. tirolerischen Hof
beschäftigt, sondern betätigte sich auch als eine Art Sachverständiger. In dieser
Funktion hatte er seine Landsleute durch die kaiserliche Sammlung zu führen.53
Pascoli schildert gar, Morandi habe während seines Wiener Aufenthaltes nördlich
der Alpen auch Aufträge anderer deutscher Fürsten angenommen.54 Seine Rückberufung nach Rom zu Beginn des Pontifikates Clemens’ IX. 1667 stimmt jedenfalls mit
den für seinen Aufenthalt nördlich der Alpen ermittelten Daten überein. Vor seiner
Abreise soll er noch mit großzügigen Geschenken bedacht worden sein55, wenngleich
der Kaiser sich von Morandi die Ausmalung einiger Räume in seiner Residenz
gewünscht habe.56
oder Gaulli wurde auch Morandi für diese „freundschaftliche Verbindung“64
zwischen den beiden Einrichtungen vorgeschlagen, wenngleich letztlich der Bildhauer Domenico Guidi in die französische Académie gewählt wurde.66
Seit 1657 war Morandi Mitglied der Accademia di San Luca und in den Jahren 1671
und 1680 ihr Principe.57 Ab 1681 hielt er dort Vorlesungen über die Theorie der
Kunst.58 In diesen Zusammenhang ist wohl auch das (fiktive) Bildnis Federico
Zuccaris (1542–1609) einzuordnen, das Morandi zum 100. Gründungstag der
Accademia malte.59 Er sorgte für die mehrmalige Wiederwahl Giovanni Pietro
Belloris (1615–1696) zum Sekretär der Accademia und war selbst in seinen letzten
Lebensjahren noch Juror der Concorsi.60 Ebenso war er seit 1669 Mitglied der
Congregazione dei Virtuosi del Pantheon.61 Den hohen Rang unter den Künstlern seiner
Zeit verdeutlicht auch die Bezeichnung des Direktors der Académie de France à Rome,
Matthieu de la Teulière (Direktor von 1684–1699), der Morandi neben Carlo
Maratti als „un des plus habiles peintres du Rome et fort homme d’honneur“62
benannte. Im Kontext der Auseinandersetzungen zwischen der Pariser Académie
Royale de Peinture et sculpture und der römischen Accademia nahm Morandi eine
mitunter relevante Rolle ein: Nach der Wahl Charles le Bruns zum Principe der
Accademia 1676 und dem damit verbundenen Bedeutungszuwachs für dessen Person
innerhalb der römischen Kunstwelt63 sollten im Gegenzug auch italienische Künslter
in die französische Akademie aufgenommen werden. Neben Künstlern wie Maratti
Morandi betrieb in Rom eine große Werkstatt und hatte einen umfangreichen
Schülerkreis.71 Ab 1671, seit Morandi nicht mehr im Palazzo der Familie Salviati
wohnte72, waren in seiner Werkstatt nachweislich tätig: ein Antonio Mariotti aus
Florenz (1671), ein offenbar aus Aix-en-Provence stammender Andrea Busson, Sohn
des Stefano Busson (1674–76), Pier Francesco Giglio, Sohn des Gieronimo Olivetto
aus der Toskana (1677), Francesco Antonio Montani (1678–80) sowie ab 1680
Morandis Schüler und Erbe Pietro di Giovanni Nelli, dieser 1681 zunächst als
„garzone di stalla anni 12“, sowie dann wieder ab 1691 bis 1697.73
Die Einrichtung einer „bottega di pittore“74 ging offensichtlich erst mit dem Bezug
einer eigenen Casa im Viertel von S. Spirito in Sassia 1681 einher. Ab diesem Jahr
nennen die Seelenverzeichnisse den Sohn eines Tomasso Soli aus Florenz (1681),
Felice Palmerio Nardi aus L’Aquila (1682 u. 1684), der 1694 einen Concorso der
Accademia di San Luca gewann75, den Römer Francesco Massa (1683–85) sowie Paolo
Antinori aus Ancona (1685–91). Ab 1686 bis 1699 wird die Wohnung Morandis als
„scola di Pittori“76 bezeichnet, in der nun Carlo Antonio Mancini il Giovane aus
Mailand (1693 u. 1698), der Neapolitaner Francesco Lieti il Giovane (1699–1704),
ein „Odoardo pittore“ (1705–1706), der gewiss mit Odoardo Vicinelli (1683–1755)
10
Morandis erster Auftrag nach der Rückkehr aus Österreich war Pascoli zufolge die
Ausmalung dreier Gewölbe im Palazzo Salviati mit Fresken mythologischen Inhalts:
Aurora und der schlafende Kephalus, Ariadne und Bacchus sowie eine Allegorie der Zeit.67
Erst im Jahr 1682 ist für Morandi dann mit den beiden Tafeln der Hochzeit Mariä
und der Verkündigung in der Sakristei von S. Maria dell’Anima wieder ein kirchlicher
Auftrag fassbar.68 Weitere Altarbilder in Rom, Neapel, Siena und Viterbo sowie in
Belvedere Ostrense folgen in den 80er und 90er Jahren des 17. Jahrhunderts.69 Als
spätestes Gemälde Morandis ist bei Pascoli eine Geißelung Christi für die Kirche S.
Firenze in Florenz erwähnt, das bisher nur durch einen Nachstich aus Lastris
L’Etruria Pittrice von 1791 überliefert war, kürzlich aber im Depot des Museo del
Cenacolo di Andrea del Sarto in Florenz aufgefunden wurde.70
11
identifiziert werden kann, Antonio Marini (1707–1712 [nicht 1709])77 und Giovanni
Battista Malatesta (1713–1716) sowie mehrere servitori lebten, die aus verschiedenen
Regionen, vor allem Oberitaliens, stammten. Morandi verfügte also spätestens um
1681 über eine Werkstatt außerhalb des Palazzo Salviati mit einer größeren Zahl an
Schülern und Gehilfen, die jedoch bis auf wenige Ausnahmen offenbar nur kurz in
seinem Umfeld blieben. Ferner gelten als Schüler Morandis Pietro Valentini78, ab
1699 Gerard Wigmana (1674–1741)79 sowie als einer der letzten Schüler Francesco
Zuccarelli (1702–1788), der wie Morandi selbst auch aus der Toskana stammte.80
Paolo de Matteis wurde von Don Gaspar de Hero y Guzmàn, der von 1677 bis 1682
spanischer Botschafter beim Heiligen Stuhl war, in die Obhut Morandis gegeben
und nahm auch an den Concorsi der Accademia teil.81
Giovanni Maria Morandi starb am 18. Februar 1717 in Rom und wurde nach seiner
Aufbahrung in S. Giovanni dei Fiorentini von Mitgliedern der Accademia di San Luca
und den Virtuosi del Pantheon nach S. Spirito in Sassia überführt.82
12
1Das bisher ungeklärte genaue
Geburtsdatum ist durch den
Eintrag im Taufregister im Archivio
dell’Opera del Duomo di Firenze
geklärt worden (vgl. De Luca
2012, S. 182) und bestätigt auch
das von Pascoli genannte
Geburtsdatum.
2De Luca 2012, S. 180, verweist auf
den Haushalt eines Lionardo
Morandi in der Via
dell’Anguillara in der Descritione
del numero delle case e delle persone
della città di Firenze fatta l’anno
MDCXXXII, BNF, Fondo
Manoscritti, Cod. Pal. E.B. 15.2,
Grandi Formati 133.
3De Luca 2012, S. 180.
4„Gio. Maria Morandi bravo
pittore di ritratti e anche d’Istoria,
in sa gioventù fu paggio del Gran
Duca di Firenze, e per essere stato
Fiorentino a’dipinto nene e non
e’stato secco e a’lassato un suo
allivelo chiamato Pietro Nelli, che
e bravo assai per li ritratti. Fatto
da me Ca. Ghezzi il di 10 gennai
1720, e mori assai vecchio et in
sua gioventù è stato un belissimo
giovane.“, zit. n. Sansone 2000,
S. 25; die Karikatur und
Charakterisierung Morandis sind
also knapp acht Jahre nach dessen
Tod entstanden, wenngleich
Ghezzi und Morandi einander
sicher kannten.
5De Luca 2012, S. 188, Fn. 22:
ASF, Miscellanea Medicea, Nota
dei Ssri Paggi de Serinissimi di
Toscana dall’Assunzione del Ser.mo
Gran Duca Ferdinando sino al
presente giorno, 1587-1629 u.
1642-1660.
6Die Verbindung Morandis zu den
Medici wird bekräftigt durch eine
Reihe von Bildnissen, die er von
Mitgliedern der großherzoglichen
Familie angefertigt hat; schon
Pascoli, Vite, S. 581, führt ein
Bildnis der Großherzogin Margherita Luisa d’Orléans auf
(1645–1721).
7Pascoli, Vite, S. 128, merkt an,
dass Morandi ein hervorragender
Tänzer und ein exzellenter Reiter
sowie Fechter gewesen sei.
8Baldinucci, Notizie, S. 419.
9De Luca 2012, S. 182, nach
Contini, Roberto: Biliverti. Saggio
di ricostruzione, Florenz 1985,
S. 180.
10Baldinucci, Notizie, S. 419.
12Pascoli, Vite, S. 127.
13Baldinucci, Notizie, S. 313.
14De Luca 2010, S. 58.
15Baldinucci, Notizie, S. 319.
16Schleier 2010, S. 62f.
17Petrucci 2008, S. 417: „Io: Maria
Morandus / Laurentius pictor“.
18Petrucci 2008, S. 359; Rom, ASV,
Stati delle Anime in Santo Spirito in
Saxia, 1642/49, 1658/62,
1662/1667, schon ab 1658 wird
Morandi dort als „vir nobilis“
gelistet.
19Petrucci 2008, S. 359; Rom, ASV,
Stati delle Anime di Santo Spirito in
Saxia, Jahre 1672/80, 1681/89,
1690/1700, 1701/09, 1710/19.
20Pascoli, Vite, S. 134.
21Della Pergola 1959, S. 223,
Dok. 89.
22Pascoli, Vite, 126f.
23Pascoli, Vite, 126f.
25Es handelt sich hierbei um ein
Morandis Testament angefügtes
(Nachlass-)Inventar: ASF,
Corporazioni religiose sopresse
dal governo francese 136 [San
Firenze, Casa di Preti filippini,
Testamento di Giovanni Maria
Morandi, folgli scoliti], in
Ausschnitten veröffentlicht bei De
Luca 2012.
26De Luca 2012, S. 182.
27Baldinucci, Notizie, S. 264.
28De Luca 2010, Fn. 7 u.
Baldinucci, Notizie, S. 264.
29Pascoli, Vite, S. 128.
30Eine Reihe der Porträts sind
zusätzlich in Kupferstichen
überliefert, vgl. De Luca 2010,
S. 58.
31Vgl. Petrucci 1998, S. 133.
32Alexander VII. bei der
Fronleichnamsprozession, Öl auf
Leinwand, 200 x 285 cm, Nancy,
Musée des Beaux-Arts, Inv. Nr. 37.
33Petrucci 1998.
34Golzio 1939, S. 278.
35Vgl. Miraelli Mariani 2009,
S. 124–131 u. Schleier 2010, S. 63.
36Schleier 2010, S. 64; Golzio 1939,
S. 266f.
13
37Vgl. Waterhouse 1967, S. 118:
offenbar wurde die Anfertigung
des Gemäldes durch Morandis
Aufenthalt in Österreich
unterbrochen, die letzten
Zahlungen an Morandi erfolgten
erst am 23. Juli 1671.
38Petrucci 1998, S. 134f.: „[...]
completamente estranea
all’ambiente romano, accurate e
pedante nel descittivismo, che ha
ben poco vedere con la forza
espressiva, l’icaticità ed il pittoricismo del Sacchi, del Mola, di
Bernini pittore e dello stesso
Maratti, motivi assimilati del Voet
ed in parte dalle stesso Gaulli.“
39Sestieri 1995, S. 131:
„profondamente plasmata
nell’ambito romano, segnamente
marattesco, con simpatie per la
pittura classicistica emiliana ma
anche per i maestri francesi“.
40Eine vollständige Auflistung bei
Petrucci 2008.
41Pascoli, Vite, S. 127.
42Ausst.-Kat. Innsbruck 2009,
S. 113.
43Ausst.-Kat. Innsbruck 2009,
S. 113: Sigismund Franz hatte am
5. Juni 1665 verfügt, seine bischöflichen Titulaturen nicht mehr zu
führen, und hätte sich daher wohl
nicht mehr mit Tonsurkäppchen
malen lassen.
44Auer 2004, S. 165.
45Ausst.-Kat. Innsbruck 2009,
S. 113: Inventar von Schloss
Ambras von 1773, VIII, 15: „Ein
gespiegelter schimmel in einerr
landschaft. von murandi.“;
Raitbuch aus dem Jahr 1666,
Innsbruck, Tiroler Landesarchiv,
fol. 111v: „Maria Morandi malte
auf Befehl Pferd zw. 29. Juli und
2. Nov.“, sowie eine Zahlung, fol.
271v: „abcontrofetten Pferdts 60
Taler“.
46Wien, Kunsthistorisches Museum,
Allegorie der Sanftmut, 78,5 x 65
cm, Inv. GG_292, auf der
Rückseite bezeichnet: SERmo
LEOPOLDO / GB Fe 16[...]1; das
Gemälde ist bei Baldinucci
erwähnt und genau beschrieben:
„Per il serenissimo principe e poi
cardinal Leopoldo, fece un quadro
di mezza figura d’una femmina,
che accarezza un agnello, fatta per
la Mansuetudine, che da quella
altezza fu mandata alla maestà de
l’imperatore“ (vgl. Baldinucci,
Notizie, S. 307).
47Baldinucci, Notizie, S. 307.
48Baldinucci, Notizie, S. 307.
49Leopold V. (reg. 1626–32),
verheiratet mit Claudia de’
Medici, deren 1. Sohn Ferdinand
Karl (Erzherzog 1632–
1662, reg. ab 1646), verheiratet
mit Anna de’ Medici, Tochter:
Claudia Felicitas (1653–1676),
verh. mit Kaiser Leopold I.
(1640–1705); 2. Sohn: Erzherzog
Sigismund Franz (reg.
1662–1665).
51Schedel 2014, S. 16.
52„Avevamo condotto per meglio
godergli sentendo il suo guidizio il
Morandi Pittore“; Florenz,
Biblioteca Riccardiana, Ms. 1882, fol. 315v, zit. n.
Augustyn/Lauterbach 2010,
S. 148.
53Es ist ebenso belegt, dass
Morandi in den Sammlungen
der Salviati als Kunstführer
auftrat. Pietro de Sebastiani
schildert in seiner Viaggio Curioso
di Roma aus dem Jahr 1683 die
vortreffliche Kunstsammlung der Salviati „sotto la
buona Cura di un suo gentil
huomo famoso pittore, che lo
accompagna con cortesia
grande“, zit. n. De Sebastiani,
Pietro: Viaggio Curioso di Roma
sagra, e profana gentile, per
contentare i forastieri. Di Pietro de’
Sebastiani professore della lingua
toscana, che dimostra le sudette cose,
Rom 1683, S. 34.
54Pascoli, Vite, S. 129: „Fece altri
ritratti per altri principi della
Germania [...].“
55„moltissime finezze della corte“;
Pascoli, Vite, S. 129.
56„anche bramato di fergli dipingere
alcuni stanze del palazzo“; Pascoli,
Vite, S. 129.
57Schleier 2010, S. 63; De Luca
2010, S. 66.
58Werstyn 2008, S. 157.
59Rom, Accademia di San Luca,
Inv. 193; vgl. Petrucci 1998,
S. 169.
60Waterhouse 1967, S. 118.
61vgl. De Luca 2010, S. 58.
62De Luca 2010, S. 58.
63Valerius 2010, S. 33.
64Valerius 2020, S. 33.
66Zur Beziehung zwischen der
französischen Akademie und der
Accademia di San Luca: Erben,
Dietrich: Paris und Rom. Die
staatlich gelenkten Kunstbeziehungen unter Ludwig XIV., Berlin
2004, S. 157ff.
67Die genaue Thematik dieser
Ausstattung ebenso wie die
Technik sind in den Quellen zum
Teil widersprüchlich vermerkt.
Die Problematik dieses
Werkkomplexes wird im
Zusammenhang mit der in Köln
bewahrten Zeichnung des Apoll
und Hyazinth ausführlich
besprochen.
68Vgl. Waterhouse 1967, S. 118.
69Vgl. Waterhouse 1976, S. 188f.
70Vgl. De Luca 2012,
S. 184; das Gemälde befindet sich
in bedauerlichstem Zustand.
71Eine Übersicht über die im
Haushalt Morandis verzeichneten Künstler geben die
Stati delle Anime, wie sie Petrucci
2008, 418–420, aufführt.
72Vgl. Petrucci 2008,
S. 418.
73ASF, Stati delle Anime, S. Spirito in
Saxia, 1681/89, Casa del Sig.
Morandi, Casa 57, f.nn, vgl.
Petrucci 2008, S. 418.
74Petrucci 2008, S. 418.
75Dieser ist ohne Zweifel identisch
mit Felice Nardi, der 1694 mit
seinem Gigantensturz (Rom,
Accademia di San Luca,
Inventar-Nr. A. 101) den Primo
Premio in der Prima Classe erhielt
(vgl. Cipriani, Angela: I disegni di
figura nell’Archivio Storico
dell’Acca-demia di San Luca, Rom
1988, Bd. 1, S. 135).
76Petrucci 2008, S. 418f.
77Möglicherweise handelt es sich
hierbei um den 1668 geborenen
Venezianer Antonio Maria
Marini, der als Landschaftsmaler
in seiner Zeit gewisse Bekanntheit
14
erlangte (vgl. Cosma, Alessandrio:
Antonio Maria Marini, in: DBI,
Bd. 70).
78Vgl. Pascoli, Vite, S. 135.
79Vgl. Raupp 2010, S. 486.
80Vgl. Waterhouse 1967, S. 118;
Fiorillo 1798, S. 406.
81Vgl. Pestilli 2013, S. 3 u. Schleier
2010, S. 64.
82Bemerkenswert ist, dass die
Schilderung Pascolis sehr genau
mit dem übereinstimmt, was
Morandi in seinem Testament
von 1717 selbst für seinen Tod
festgelegt hatte (ASR, Notai A.C.,
vol. 5149, fol. 265ff. (in Ausschnitten veröffentlicht von
Petrucci 2008, S. 420).
Die Testamente Morandis bilden
insgesamt eine bedeutende Quelle
für die Rekonstruktion seines
Lebens und Werkes. Bekannt sind
das Testament von 1708 (ASF,
Corporazioni religiose sopresse
dal governo francese, 136 [San
Firenze, Casa di Preti filippini,
Testamento di G. M. Morandi]),
das nur in Passagen publiziert ist
bei De Luca 2012; ferner das
Testament von 1715 (ASR,
Testamenti, uff. 30, Notai Capit.,
uff. 10, f. 459ff.) sowie jenes von
1717 (ASR, Notai A.C., vol. 5149,
f. 265r ff.), beide in Auszügen bei
Petrucci 2008, 420f. Ein
Testament ohne Datum (BNSP,
Archivio Salviati, Miscellanea I,
filza 60, fasc. 13, Testamento ed
Invenatrio dell’Eredita del S:
Morandi), das ein Verzeichnis der
sich zum Zeitpunkt seines Todes
in Morandis Besitz befindlichen
Gemälde beinhaltet, wird von De
Luca 2012 lediglich erwähnt.
Katalog der ausgestellten Werke
Christoph Orth
[Kat. 1]
1
Giovanni Biliverti (1585–1644)
Enthauptung des Heiligen Johannes des Täufers
Rötel, rötellaviert, mit Spuren von Höhungen in weißer Kreide,
296 x 210 mm
Inv. Z 2112
Lit.: Monbeig-Goguel 1979, S. 24f.; Thiem 1983, S. 278f.;
Monbeig-Goguel 2005, Nr. 94
Die Kölner Zeichnung der Enthauptung des Heiligen Johannes des Täufers gehört zu
einer Reihe vorbereitender Skizzen für ein bislang nicht bekanntes Gemälde
Giovanni Bilivertis.1 Als Sohn des aus den Niederlanden nach Italien ausgewanderten Goldschmieds Jacobo (1550–1603) war Biliverti ab 1603 in der Werkstatt
Ludovico Cigolis (1559–1613) in Florenz tätig, wo er sich den zeichnerischen Stil
seines Lehrers zu eigen machte. Gleichwohl er Cigoli auf einer kurzen Reise nach
Rom begleitete und dort selbst auch Aufträge ausführte, blieb Bilivertis Werk stark
von der künstlerischen Ausdrucksweise seiner Florentiner Herkunft geprägt.
Morandi, der wohl bis zu Bilivertis Tod 1644 in dessen Werkstatt beschäftigt war,
orientierte sich in seiner zeichnerischen Praxis deutlich an der seines Lehrers. Denn
auch Biliverti bevorzugte den Rötel als Zeichenmittel sowie die Rötellavierung als
zeichnerische Technik. Das Kölner Blatt ist somit ein typisches Beispiel für sein
zeichnerisches Können. Mit einem relativ weichen Rötel erarbeitet er zunächst die
Umrisse und die Binnengliederung der Figuren sowie des Raumes. Die Komposition
wird dann durch das verstärkte Nachziehen der konstituierenden Linien gewissermaßen festgezogen. Trotzdem hat der Zeichner noch in diesem Moment die Körperund vor allem Kopfhaltung des Scharfrichters abgeändert. Spuren von Höhungen
mit weißer Kreide deuten an, dass Biliverti durch das Aufsetzen von Lichtreflexen
den veränderten Kopf deutlicher hervorheben wollte. Raum und Plastizität werden
dabei nicht nur durch die Lavierung, sondern bereits durch den Rötelstift selbst
erzeugt, der durch stärkeres Nachfahren der Konturen eine Verschattung dieser
Partien erreicht. In einem letzten Schritt schraffiert Biliverti großflächig, um den
Raum zu illustrieren oder den einzelnen Figuren zusätzlich Körperlichkeit zu
verleihen.
Deutlich werden in dem qualitätvoll gezeichneten Blatt die Parallelen zu der zeichnerischen Praxis seines Schülers. In der Gegenüberstellung tritt aber ebenso hervor,
welche Entwicklung Morandi in seinen römischen Jahren ab der Mitte des 17.
Jahrhunderts durchlaufen hat: Dem im Florenz des Frühbarock gepflegten Figurenideal Bilivertis setzt Morandi eine starke anatomische Durchbildung seiner Körper
nach antikem Vorbild sowie häufig eine gesteigerte Monumentalität der Figuren
entgegen; auch sein Gestenvokabular ist zweifelsfrei vom Einfluss seines römischen
Umfeldes gekennzeichnet.
1Weitere Blätter befinden sich in: Paris,
Louvre, Inv. 583; Chicago, Art Institute,
Inv. 1957.374; London, Courtauld Institute,
Inv. 4234; Wien, Albertina, Inv. 32917;
Florenz, Uffizien, Inv. 9653F u. 7961F.
16
17
2
Giovanni Maria Morandi
Martyrium der Heiligen Katharina, um 1680/90
Rötel, rötellaviert, weiß gehöht, grau quadriert,
Einklebung im mittleren rechten Blattbereich, 348 x 202 mm
Rückseitig beschriftet: “15 fl”; “gio: giuseppe dal Sole”; “57”; “R Solo”
(durchgestrichen), “S Solo”; Klebereste von blauem Papier
Inv. Z 2131
Lit.: Schleier 1992, S. 20f., Abb. 17
Die zentral in das Bildgeschehen eingerückte monumentale Figur der Heiligen
Katharina hat ihre rechte Hand mit gewaltiger Geste nach unten gestreckt, ihre
Linke aber anmutig vor die Brust geführt. Den Lohn für das erlittene Martyrium
sprichwörtlich vor Augen, beherrscht der in großer Spannung gezeigte Körper das
Bildgeschehen. Die Radkränze ihrer Marterwerkzeuge sind geborsten. Schergen im
Hintergrund sind von Schrecken ergriffen oder versuchen zu fliehen, denn vor dem
die Gruppe hinterfangenden Triumphbogen öffnet sich der Himmel und eine Schar
von Engeln fährt herab, um Katharina die Märtyrerpalme zu reichen. Zwei Schergen
sind mit verdrehten Gliedmaßen vor der Heiligen kopfüber über die Stufen zu
Boden gestürzt und bilden einen Gegenpol zur statisch gespannten Katharina.
Zugleich sind sie Haltepunkte für den Blick des Betrachters, der über sie in das
Bildgeschehen eingeführt wird.
In Morandis malerischen Werk ist eine Darstellung der Hl. Katharina bisher nicht
bekannt. Allerdings erwähnt Filippo Titi 1686 zwei Gemälde in der Kirche Santa
Maria del Popolo, das eine von Giovanni Maria Morandi, das andere von „Monsù
Danielle Tedesco” ausgeführt,1 mit der Darstellung des Martyriums der Heiligen
Katharina sowie des Martyriums des Heiligen Laurentius.2 Die beiden Gemälde, die sich
heute immer noch in situ im Vestibül der Cappella Cibo in Santa Maria del Popolo
befinden, werden Daniel Seiter (1647–1705) zugeschrieben, der von Filippo Titi
bereits als Maler eines der Gemälde genannt wurde.
18
[Kat. 2]
Die von Titis Darstellung ausgehende These, dass Morandi den Heiligen Laurentius
und Seiter die Heilige Katharina ausgeführt habe, ist ohne Beleg.3 Es ist aber
nachgewiesen, dass der Auftrag für beide Gemälde zuerst an Morandi ging, später
aber von Seiter übernommen wurde.4 Es wären also auch zeichnerische Entwürfe für
den Auftraggeber Kardinal Cibo zu vermuten. Ohne das Kölner Blatt direkt als
Bildentwurf für das Gemälde ansprechen zu wollen, scheinen weitere Beobachtungen diese Möglichkeit zumindest nicht auszuschließen: das lang gezogene Hochformat des ausgeführten Gemäldes Seiters, das durch die Rahmung der Kapellenwand
vorgegeben ist, bestimmt auch das Format von Morandis Zeichnung. So wie beide
Katharinen-Darstellungen den gleichen Moment des Geschehens abbilden, so
verhalten sich Bildraum und Größe der Figuren und ihre Anordnung in gleicher
Weise zueinander.5 Gleichwohl Seiters Gemälde ohne Zweifel sehr viel stärker durch
die Darstellungstradition seiner nordalpinen Herkunft geprägt ist,6 so scheint doch
die Beleuchtungssituation in seinem Gemälde ihren Ursprung tatsächlich in der
römischen Malerei jener Jahre zu finden, die auch Morandi in seiner Zeichnung
durch das chiaroscuro der Lavierung ins Bild gesetzt hat.
Das Kölner Blatt ist in Rötel in Kombination mit Rötellavierung und weißen
Höhungen ausgeführt. Wiederum wird die Hand Morandis besonders in der
Engelsgruppe, den Wolken, aber auch in den Gesichtszügen der Märtyrerin deutlich,
sodass die Zuschreibung ohne Zweifel Bestand hat. Mit Gewissheit für eine Altartafel
bestimmt, werden Licht und Schatten schon im Hinblick auf die spätere Ausführung
modelliert. Die graue Quadrierung sowie die wenigen vorgenommenen Korrekturen
in einzelnen Details weisen auf ein relativ spätes Stadium innerhalb der Werkvorbereitung hin. Andere, eher vorbereitende Skizzen sind somit anzunehmen. Diese
Vermutung wird durch eine Einklebung im Bereich rechts neben der Heiligen
bestätigt. Die beiden Schergen, das Wagenrad sowie Teile des Mantels sind dabei auf
20
einem separaten Blattstück gezeichnet. Auch hier gehen Rötelvorzeichnung, Lavierung und Höhung nahtlos über die Ränder des eingesetzten Papiers hinweg. Im
Gegenlicht wird sichtbar, dass unter der Einklebung die Armhaltung der hinteren
sowie die Beinhaltung der vorderen Figur in veränderter Form schon mit einem
starken Rötelstrich angelegt waren. Eine spätere Änderung dieser Linien war folglich
nicht mehr möglich, ohne die Wirkung der Zeichnung in diesem Bereich zu
beeinträchtigen.
Die zeichnerische Ausführung des Blattes spricht für eine Datierung im letzten
Drittel des 17. Jahrhunderts und erhärtet damit auch die Überlegung ihrer Entstehung im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der Cappella Cibo.
1Titi, Studio, S. 204.
2 Kunze 2000, S. 30.
3
Vgl. Kunze 2000, S. 30.
4So Miarelli Mariani 2009, S. 669, Anm. 67; Pericoli
Ridolfini 1974, 28; die spätere Auftragsvergabe an
Seiter vermerkt auch Pascoli, Vite, S. 322. Die
Gemälde habe Seiter zunächst in Öl auf Putz
ausgeführt und schließlich noch vor oder um den
Zeitpunkt der Weihe der Kapelle im Mai 1687 wegen
auftretender Schäden auf Wunsch des Kardinals
Alderano Cibo durch Leinwandgemälde ersetzt.
Diese Wandbilder nennt Titi in seinen Ergänzungen
zu seinen Ausführungen von 1686:“li Quadri da
basso sotto l’arco pure à olio nel muro, con S.
Caterina posta nel martirio, & incontro San Lorenzo
nella Garticola [...] da Danielle Soiter” (Titi, Studio,
S. 236).
21
5Im Gegensatz zu der mit dem Gemälde in
Verbindung gebrachten Skizze Seiters im Gabinetto
dei Disegni e delle Stampe in Rom (Inv. F.C. 128
322, vol. 158 H 8) [Abb.: Kunze, Matthias: Daniel
Seiter (1647 - 1705). Die Zeichnungen, Salzburg 197,
S. 151], die die Heilige noch am Rad festgebunden
zeigt und auch im Hinblick auf Raum- und
Figurenauffassungen einen gänzlich anderen
Eindruck vermittelt als das Gemälde, zeigt Morandi
in seinem Blatt ebenso wie Seiter im Gemälde genau
den Moment, indem Katharina bereits von ihren
Fesseln befreit ist und dem Lohn ihres Martyriums
entgegensieht.
6Vgl. Kunze 2000, S. 30.
3
Giovanni Maria Morandi
Verkündigung, um 1680
Gottvater von Engeln umgeben (Rückseite, Durchzeichnung der Vorderseite)
Dunkelgraue Kreide, grau und braun laviert, weiß gehöht, 350 x 210 mm
Rückseitig bezeichnet: “12 fl.”; “pietro da Cortona”; “64”; “R Solo”
Inv. Z 2071
Lit.: Schleier 1992, S. 17, Abb. 7 u. 8; Schleier 1998; Ausst.-Kat. Köln 1993,
S. 180, Kat. Nr. 65
Zwei Zeichnungen mit der Darstellung der Verkündigung haben sich in Köln erhalten
(siehe Kat. Nr. 4). Das erste Blatt zeigt die Madonna mit ausgebreiteten Armen und
mit zum Betrachter hin geöffnetem Oberkörper. Ihren Blick wendet sie dem Engel
zu, der aus der himmlischen Sphäre hinabsinkt. Seine Linke hat er anmutig vor die
Brust geführt, die rechte Hand weist mit monumentaler Geste in den Himmel
hinein, der von Putten und Engeln bevölkert ist. Von Gottvater ausgehend durchschneidet ein heller Lichtstrahl den Raum, auf dem die Taube des Heiligen Geistes
auf Maria herabkommt.
Die harmonische Wirkung der Figurenanordnung im Bildraum erzeugt Morandi,
indem er die beiden Figuren geschickt zueinander in Beziehung setzt: die horizontale
Linie des Podests am unteren Bildrand ist die Basis eines Dreiecks, dessen Spitze auf
Gottvater und den Heiligen Geist weist. Auf seinen Schenkeln sind auf der einen
Seite die Madonna und der von Gottvater ausgehende Lichtstrahl sowie gegenüber
die Figur des Engels angeordnet. Der Blick Mariens und der Zeigegestus des Engels
unterstreichen in dieser Bildregie nicht nur die Organisation der Figuren im
Bildraum, sondern auch die Blickführung des Betrachters.
Die Vorzeichnung ist mit einer dunkelgrauen, fast schwarzen Kreide ausgeführt, die
durch die raue Oberflächenstruktur des Papiers einen körnigen Abrieb hinterlässt.
Die Kreide zeichnet die Umrisse wie auch die Binnengliederung der Figuren vor,
wobei noch im Zeichenprozess vorgenommene Veränderungen – wie zum Beispiel
22
[Kat. 3]
am linken Flügel des Engels – deutlich erkennbar sind. In einem
zweiten, für die malerische Wirkung
des Blattes entscheidenden Schritt
setzt Morandi eine Lavierung auf,
die von hellem bis hin zu dunklem,
fast schwarzem Braun reicht. Sie
dient dazu, Körper und Plastizität
zu erzeugen sowie Licht und
Schatten an Gewändern wie
Figuren zu bilden. Die weißen
Höhungen werden eingesetzt, um
Lichtreflexe anzubringen und die
Körper mit ihren Gliedmaßen
plastisch erscheinen zu lassen. Im
Spiel von Helligkeit und Verschattung, von abgestufter Lavierung und
weißer Höhung erzeugt Morandi in
der Zeichnung einen chiaroscuroEffekt, ein Hell-Dunkel also, das
dem Blatt einen äußerst maleriAbb. 1
schen Ausdruck verleiht, der die
Ausführung dieser Darstellung in einem Altargemälde bereits erahnen lässt.
Die Rückseite (Abb. 1) wiederholt im Gegensinn den oberen Bereich des Blattes mit
Gottvater und den ihn umgebenden Engeln, wobei diese in ihrer Anordnung im
Gegensatz zur Vorderseite leicht variiert sind. Eine weiße Höhung erzeugt bei der
Figur des mit grauem Stift gezeichneten Gottvaters wiederum die Illusion von Licht
und Plastizität.
24
4
Giovanni Maria Morandi
Verkündigung, um 1680
Rötel, rötellaviert, weiß gehöht, Einklebung am unteren rechten Bildrand,
328 x 210 mm
Rückseitig bezeichnet: “12 fl.”; “pietro da Cortona”; “42”
Inv. Z 2075
Lit.: Schleier 1992, S. 16, Abb. 6; Ausst.-Kat. Köln 1993, S. 180,
Kat. Nr. 64; Ausst.-Kat. Orléans 2003, S. 135f., Kat. Nr. 76
Die Madonna kniet am rechten Bildrand vor einem Bänkchen, während sie ihre
Hände in anmutiger Geste vor der Brust verschränkt hat und ihren Blick auf den
Boden senkt. Von links tritt der Engel der Verkündigung heran, der in seiner Linken
eine Lilie hält - das Symbol für die Jungfräulichkeit der Gottesmutter; mit der
Rechten weist er auf die Taube des Heiligen Geistes, die vom oberen Bildrand auf
Maria hinabfährt. Putten und Seraphim bevölkern den Himmel, in dem sich
Wolken monumental auftürmen.
Im Gegensatz zur Umsetzung der Verkündigung in Kat. Nr. 3 konzentriert sich die
Komposition dieses Blattes deutlich auf die beiden Hauptfiguren. Gottvater und die
ihn begleitenden Himmelschöre fehlen. Maria und der Engel treten jedoch nicht
weniger monumental in Erscheinung, wenngleich die Figuren luftiger im Raum
angeordnet und weniger gedrängt in die Blattgrenzen gesetzt sind. Auch in diesem Fall
gibt Morandi eine Blickführung über die Madonna zum Engel vor, der mit seinem
Arm schließlich auf die Taube verweist und so das Bildgeschehen ausdeutet.
Das vollständig in Rötel ausgeführte Blatt ist ein charakteristisches Beispiel für
Morandis Zeichenpraxis in diesem Medium. In einem ersten Schritt wurden mit dem
Rötelstift die Figuren und der Bildraum ins Bild gesetzt. Hierbei erscheinen die
Linien schnell, aber mit sicherer Hand gezogen, wobei besonders in den Details
zeichnerische Veränderungen sichtbar werden. Das verriebene Rötelpigment wird
dann mit einem Pinsel großflächig, aber präzise aufgetragen. Die unterschiedlichen
Qualitäten der Rötellavierung bewirken mit dem abschließend aufgesetzten Deck-
25
weiß die qualitätvolle Hell-Dunkel-Wirkung der Zeichnung: Eine wässrige Lavierung
erzeugt die lichten Bereiche des Himmels, eine pigmentreichere die Schatten in den
Gewändern der Mutter Gottes und des Engels. Diese durch die freihändige Aquarellierung entstehende “bewusste Überspielung von vorher linear angelegten Strukturen” in den Vorzeichnungen evoziert dabei “[...] die lebensvolle Wirkung”1 seiner
Zeichnungen.
Die Madonna ist auf einem separaten Stück Papier gezeichnet, das auf das eigentliche
Blatt aufgeklebt wurde.2 Dabei reichen sowohl die Vorzeichnung wie auch die
Lavierung über die Schnittkanten der Einklebung hinaus, die sich daher ohne
zeichnerische Brüche in die Gesamtdarstellung fügt. Es ist vermutet worden,
Morandi habe mit dieser Überklebung eine Korrektur der ursprünglichen Komposition vornehmen wollen. In Orléans findet sich tatsächlich ein kleines, dem Kölner
Fragment ganz ähnlich zurechtgeschnittenes Blatt von der Hand Morandis, das die
Madonna mit veränderter Arm- und Kopfhaltung zeigt.3 Es erscheint naheliegend,
dass dieses Blatt eine Alternative zur Kölner Madonna bilden sollte. Im Vergleich
beider Blätter aber wird deutlich, dass sich nicht nur die Abmessungen der Blattränder beider Fragmente voneinander unterscheiden, sondern auch der Standort des
Bänkchens und die Einrichtung des Bodenmusters voneinander abweichen. Es
handelt sich bei dem Blatt in Orléans daher wohl nicht um eine bloße Korrektur,
sondern um einen eigenständigen Entwurf. Die übereinstimmende zeichnerische
Ausführung beider Blätter legt nahe, dass sie im gleichen Zeitraum, möglicherweise
im Zusammenhang des gleichen Auftrages, entstanden sein könnten.
1 Ausst.-Kat. Köln 1993, S. 180.
2Hinter das eigentliche Blatt hat Morandi noch ein
weiteres Papier gesetzt, um die Zeichenfläche nach
oben hin zu erweitern und mehr Raum für die
Komposition zu gewinnen.
3
Orléans, Musée des Beaux-Arts, Cabinet des Dessins,
Inv. 1680.album1.141, 165 x 117 mm, Rötel,
rötellaviert, weiß gehöht.
[Kat. 4]
27
5
Nicolas le Sueur (1691–1764)
Verkündigung (nach Giovanni Maria Morandi), 1729
Radierung und Chiaroscuro-Holzschnitt, 356 x 211 mm
Aufschrift: “L’Annonciation – Dessin de Jean Marie Morandi, qui est dans le Cabinet
de Mr Crozat / Gravé a l’eau forte, par Mr le C[omte] de C[aylus] et en bois sous sa
conduite par Nicolas le Sueur”, unten rechts “132”
Inv. 18354
Lit.: unveröffentlicht
Eine dritte Zeichnung der Verkündigung von der Hand Morandis in Frankfurt1 befand
sich früher in der Sammlung des französischen Bankiers Pierre Crozat (1661–1740). In
seinem Recueil d‘estampes d‘après les plus beaux tableaux et d‘après les plus beaux dessins qui
sont en France von 1729, in dem die schönsten Gemälde und Zeichnungen Frankreichs
druckgraphisch reproduziert wurden, ist Morandis Verkündigung im Gegensinn gezeigt.
Le Sueurs Kombination von Radierung und Holzschnitt mit mehreren farbigen
Druckplatten imitiert gekonnt den malerischen Charakter der Zeichnung.
Zwei Gemälde mit der Verkündigung in der Chiesa della Santissima Annunziata im
Spedale di Santa Maria della Scala in Siena (um 1677)2 (Abb. 1) sowie der Sakristei von
Santa Maria dell‘Anima in Rom (um 1682)3 (Abb. 2) sind bisher von Morandi
bekannt. Ihre Beziehungen zu den beiden Kölner Blättern (Kat. 3, 4) und der
Frankfurter Zeichnung sind komplex, da keine von ihnen als direkte Vorzeichnung für
die Gemälde identifiziert werden kann. Das Gemälde in Siena lässt sich vor allem mit
der ersten Kölner Zeichnung (Kat. Nr. 3) in Verbindung bringen. Im Gegensinn
gemalt, erscheint die Gestaltung des Himmels entsprechend, wobei die Engelsgruppen
rechts und links neben Gottvater nahezu wörtlich übernommen sind. Die Taube ist im
Gemälde deutlicher in die Bildmitte gerückt, Lesepult und Sockel sind zugunsten
eines niedrigen Bänkchens zurückgetreten. Im Gegensatz dazu scheint die Figur
Mariens im Sieneser Gemälde eher derjenigen in der zweiten Kölner Zeichnung (Kat.
4) zu entsprechen, der Engel aber wieder dem ersten Kölner und dem Frankfurter
Blatt näherzukommen.4 Insgesamt aber lassen sich die beiden letztgenannten Blätter
28
[Kat. 5]
dem römischen Gemälde zuordnen, wobei der Engel in Frankfurt der ausgeführten
Version noch am deutlichsten entspricht, auch wenn Morandi dort auf die Lilie
verzichtet. Die Disposition der Putten kommt in beiden Zeichnungen denen des
Gemäldes gleich, in der Frankfurter Zeichnung finden sich gar zwei identische Figuren
oben rechts (in der druckgraphischen Reproduktion im Gegensinn auf der linken
Seite). Bodenmuster und Bänkchen im römischen Gemälde hingegen verweisen
wiederum auf das braun lavierte Kölner Blatt.
Die jeweilige Stellung der drei Zeichnungen im Entwurfsprozess für die Gemälde in
Siena und Rom lässt sich somit nicht genau fassen, handelt es sich doch bei allen
Blättern um ausgeführte Entwürfe, die mit ähnlichen zeichnerischen Mitteln die
Suche nach einer Bildlösung für eine Verkündigung unterschiedlich beantworten.
Schleier vertritt dabei die Auffassung, dass es sich bei dem Frankfurter Blatt um eine
Abb. 1
Abb. 2
30
fertig ausgeführte Kompositionszeichnung handle, der lediglich die Quadrierung zur
Übertragung in ein größeres Format oder ein bozzetto fehle.6 Ob die Zeichnungen
tatsächlich für einen bestimmten Auftrag Morandis bestimmt waren, muss offenbleiben. Vielmehr scheinen sie Varianten eines Themas zu zeigen, das in allen drei
Zeichnungen kompositorisch wie bilddidaktisch zufriedenstellend gelöst wurde und als
Vorlage für ein Gemälde hätte dienen können. Die wörtlichen Entsprechungen
einzelner Elemente in den Zeichnungen sowie in den Gemälden verweisen auf ein
festes Repertoire an Figuren und Kompositionsschemata, auf das Morandi in verschiedenen Darstellungen zurückgreifen konnte. Gerade aber diese Beobachtung spricht
für einen zeitlichen Zusammenhang zwischen den beiden Gemälden und den
Zeichnungen und damit für eine Datierung dieser Blätter im Zeitraum von 1677–1682.
1Frankfurt, Städelsches Kunstinstitut, Graphische
Sammlung, Inv. Nr. 4218, vgl. Schleier 1992, S. 16,
Abb. 3.
2Zur Datierung der Sieneser Tafel: v. a. Ausst.-Kat. Siena
2000, S. 488, Kat. 326: Zahlung von 150 von insgesamt
200 scudi für die Verkündigung an Morandi am 22.
März 1677: “A dì Marzo 1677 ... A Gio: M. Morandi
Pittore s centocinquanta m. ta p. resto di s 200 sim. i
intiero pagam. to d’un quadro grand d’Altare con la ss.
ma Annuntiata fatto d’accordo ... di nro ord. e. p. la
31
Cappella nella Chiesa ... Madonna SS. ma
dell’Ospedale grande di Siena ... s 150 ... che gli altri
solo stati pag da Gregorio Sati sotto il 23 Mag. o
1676.”.
3Gallavotti Cavallero 1985, S. 317, ebenso Schleier
1992, S. 15.
4Eine Studie zur Sieneser Madonna findet sich im
Leipziger Skizzenalbum Morandis, Inv. NI 10667
(vgl. Schleier 1998, S. 266, Abb. 17).
5Schleier 1992, S. 16.
6
Giovanni Maria Morandi
Anbetung der Hirten
Rötel, rötellaviert, weiß gehöht, 312 x 233 mm
Rückseitig beschriftet: “15 fl.”; “pietro da Cortona”; “63”
Inv. Z 2073
Lit.: Schleier 1992, S. 23, Abb. 25
Hell erleuchtet liegt das Jesuskind auf Stroh in der Krippe gebettet. Rechts daneben
kniet Maria, dahinter steht der Heilige Joseph, neben dem Ochs und Esel auf das
Neugeborene schauen. Auf der linken Seite sind mehrere Hirten in Anbetung
gruppiert, von denen der Vorderste als Rückenfigur eingesetzt ist. Über der Szene ist
die hölzerne Architektur des Stalles nur angedeutet, darüber schweben von Wolken
umgeben unzählige Engel und Seraphim vom Himmel herab.
Mit sehr schnellen Rötellinien und einer ebenso rasch ausgeführten Lavierung mit
nur sparsam eingesetzten weißen Höhungen erweckt dieses Blatt zunächst einen
groben, beinahe hölzernen Eindruck. Die Gesichter wirken seltsam statisch und
maskenhaft. Die Linien der Vorzeichnung sind eher hartkantig, die selbst Rundungen gebrochen erscheinen lassen. Dies gilt insbesondere für die Engelsfiguren im
oberen Bildbereich. Die Lavierung ist in den verschatteten Partien besonders
deckend aufgetragen, sodass der Effekt des chiaroscuro stark betont wird, der durch
die vom Jesuskind ausstrahlende Helligkeit erzeugt wird.
Die Linienführung der Wolken im oberen rechten Bereich des Blattes zeigt ohne
Zweifel die charakteristische Hand Morandis, ebenso wie die nur durch die Lavierung hervorgehobene Pflanze rechts neben der Mutter Gottes. In seiner zeichnerischen Qualität lässt das Blatt dennoch bis zu einem gewissen Grad offen, ob es sich
um ein vollständig von seiner Hand stammendes Werk handelt - möglicherweise
wurden einzelne Partien von einem Werkstattmitglied ausgeführt.
Vorbildhaft für dieses Blatt dürfte eine Anbetung der Hirten aus der Werkstatt Pietro
da Cortonas im Dom von Cortona sein, die auch in einem Nachstich überliefert ist1.
Die Gesamtanlage der Kölner Zeichnung entspricht grundsätzlich dem Gemälde.
32
[Kat. 6]
Eine nahezu wörtliches Zitat ist die Mutter Gottes in ihrer Körperhaltung und
Gestik, einschließlich ihres Gewandes. Auch die Einrichtung der Krippe, der vom
Christuskind ausgehende Strahlenkranz sowie der Kopftypus des Josephs haben im
Gemälde Cortonas ihr direktes Vorbild.
Da von Morandi bisher keine Tafel mit dem Thema der Anbetung der Hirten bekannt
ist, muss die genaue Datierung des Blattes offenbleiben. In seiner zeichnerischen
Ausführung jedoch steht es den Blättern aus den Jahren um 1680/90 eher fern.2
1
2
Ausst.-Kat. Cortona 1997, S. 132.
Eine weitere Zeichnung dieses Themas ist publiziert
bei: Katrin Bellinger Kunsthandel & W. M. Brady &
Co.: Old Master Drawings (8-31 Mai 1997),
Kat. Nr. 23.
7
Giovanni Maria Morandi
Die Madonna mit dem Jesuskind auf Wolken, um 1680
Figur eines Heiligen (Rückseite)
Rötel, rötellaviert; verso: Rötel, 126 x 119 mm
Inv. Z 2134
Lit.: Schleier 1992, S. 25, Anm. 32 (ohne Abbildung)
Das kleinformatige Blatt ist offenbar nachträglich auf das nahezu quadratische
Format zurechtgeschnitten worden, ein ursprünglich größerer Kompositionszusammenhang ist jedoch nicht zu vermuten. Auf der Rückseite des Blattes findet sich in
schwachen Rötellinien angedeutet und stark beschnitten die Figur eines Heiligen,
der seine Hände zum Gebet vor der Brust gefaltet hat. Das von Schleier schon
Morandi zugeschriebene Blatt steht unzweifelhaft in direkter Beziehung zu einer
Zeichnung in der Sammlung des Herzogs von Devonshire, die die Vision des Heiligen
34
[Kat. 7]
Filippo Neri zeigt und die in der
gleichen Technik wie die Kölner
Madonna mit dem Kind ausgeführt
ist (Abb. 1).1 Der Heilige wird dort
kniend und von Engeln gehalten
der Mutter Gottes und dem
Jesuskind vorgewiesen. Die
Anordnung von Madonna und
Kind mit den himmlischen
Heerscharen entspricht dabei
wörtlich der Gruppe auf der Kölner
Skizze. Die Mutter Gottes hält das
neben ihr stehende Jesuskind mit
ihrer Rechten umgriffen, das nach
unten schaut und mit seinem
rechten Arm auf den Heiligen
verweist. Besonders deutlich wird
die Verwandtschaft beider Zeichnungen in der Umsetzung der
Gewandfalte über dem rechten
Knie der Madonna, dessen
Abb. 1
geschwungener Bogen für die
Darstellung von Stoff und Gewand bei Morandi charakteristisch ist. Die Kopfhaltung der Mutter Gottes ist in der Kölner Zeichnung im Gegensatz zur Gesamtkomposition aufrecht, nur wenige Rötellinien deuten an, dass Morandi den Kopf zunächst
stärker nach unten senken wollte; auch das Zepter ist auf dem Kölner Blatt noch
nicht eingefügt.
1Vision des Hl. Filippo Neri, Rötel, rötellaviert, weiß
gehöht, 410 x 258 mm, vollständig aufgezogen,
Chatsworth, The Duke of Devonshire Collection,
Inv. 636, Lit.: Jaffé, Michael: The Devonshire
Collection of Italian Drawings. Roman an Neapolitan
Schools, London 1994, S. 155, Nr. 278.
8
Giovanni Maria Morandi
Marien am Grab, um 1680/90
Marien am Grab (Rückseite, Durchpausung von der Vorderseite)
Graue Kreide, grau laviert, Spuren von weißer Höhung; verso: grauer Stift,
133 x 104 mm
Inv. Z 2108
Lit.: Thiem 1990, S. 218; Schleier 1992, S. 19, Abb. 15
In der Grabeshöhle haben sich die vier Marien um den leeren Sarkophag versammelt, auf dessen Vorderkante der thronende Engel mit in den Himmel weisender
Geste von der Auferstehung Christi berichtet. Die vorderste der Marien kniet auf
den Stufen der Tumba, während die Frau hinter ihr die Hände zum Gebet vor der
Brust gefaltet hat. Auf der rechten Seite beugt sich eine Frau über den leeren
Sarkophag, im Hintergrund erscheint nur angedeutet die vierte der Marien.
Zwei weitere Zeichnungen mit demselben Thema haben sich in Köln erhalten (Kat.
9, 10). Zusammen mit einem weiteren Blatt in Berlin1 (Abb. 2) und einer Studie in
Prag2 (Abb. 1) bilden sie eine Gruppe von
zeichnerischen Vorarbeiten zu Morandis
Gemälde Marien am Grab in der Collezione
Lemme in Ariccia3 (Abb. 3).
Das im Format kleinste Blatt weist einen
skizzenhaften Charakter auf. Mit schnellen
Strichen in grauer Kreide ist die Anordnung
der Figuren umrissen, die Zeichenweise verleiht
dem Blatt dabei einen stark vibrierenden
Eindruck, wobei Morandi auf die Ausführung
von Details weitestgehend verzichtet hat. Zur
Betonung der Umrisslinien werden diese nach
der ersten Formfindung verstärkt nachgezogen.
Die Gesichter der Marien und des Engels sind
Abb. 1
37
Abb. 3
Abb. 2
nur rudimentär angedeutet, zum Teil gar nicht ausgeführt; auch die Gestaltung der
Grabhöhle und des Hintergrundes sind nur durch wenige Linien gebildet. Umso
bedeutsamer ist die Lavierung für die Wirkung der Zeichnung. Mit ihr gelingt es
Morandi, die Körperlichkeit der Figuren zu evozieren und durch geschickten Einsatz
des grauen Farbwertes die Illusion von Licht und Schatten stärker hervortreten zu
lassen. Dabei kommt es zu einem spannungsreichen Spiel zwischen unbezeichnetem
Papiergrund, Vorzeichnung sowie der Lavierung, durch das die Falten der Gewänder
hervorgehoben, aber auch das Inkarnat der Figuren modelliert wird.
1Studie zu Marien am Grab, 196 x 182 mm, Rötel,
rötellaviert, weiß gehöht, Berlin, Staatliche Museen,
Kupferstichkabinett, Inv. Nr. KdZ 27833.
2Studie zu einer Maria am Grab, 365 x 240 mm,
schwarze Kreide, weiß gehöht, Prag, Museum der
tschechischen Literatur [Památník národního
písemnictví (PNP)], Karasek-Galerie, Lit.: Prosperi
Valenti Rodiniò 2013.
3Ariccia, Palazzo Chigi, Collezione Lemme, 177 x 120
cm, Öl auf Leinwand; eine kleinere Tafel (72 x 54 cm,
Öl auf Leinwand) hat sich im Museo Municipal
[Kat. 8]
39
„Quiñones de León“ in Vigo, Spanien, erhalten, die
vorher in den Königlichen Sammlungen in Madrid
bewahrt wurde und bereits in einem Inventar Karls IV.
(1748-1819) unter “Morandi” verzeichnet ist. Schleier
weist sie allerdings als “eindeutig eine stark verkleinerte
Kopie” des Gemäldes in Ariccia zurück (vgl. Schleier
1970). Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass Morandis
Gemälde am spanischen Hof bekannt waren,
möglicherweise über Giulio Rospigliosi, der von
1644-53 Nuntius am spanischen Hof war (vgl. Pascoli,
Vite, S. 128).
9
Giovanni Maria Morandi
Marien am Grab, um 1680/90
10
Giovanni Maria Morandi
Marien am Grab, um 1680/90
Rötel, rötellaviert, weiß gehöht, grau quadriert, 226 x 170 mm
Rückseitig beschriftet: “8 fl”; “104”, durchgestrichen, “15”, unterstrichen
Inv. Z 2132
Lit.: Thiem 1990, S. 218; Schleier 1992, S. 19, Abb. 14; Brink 2013, S. 2411
Graue Kreide, grau laviert, weiß gehöht, 220 x 152 mm
Inv. Z 5544
Lit.: Thiem 1990, S. 218; Schleier 1992, S. 19, Abb. 13; Brink 2013, S. 2411
Wie das Berliner Blatt (Kat. 8, Abb. 2) ist die zweite der Kölner Zeichnungen der
Marien am Grab in Rötel ausgeführt. In ihrer zeichnerischen Anlage entspricht sie der
Kreidezeichnung (Kat. 8), wobei die Rötellinien unter der relativ wässrigen Lavierung
verstärkt hervortreten. Details wie die Kanten des Sarkophags sind deutlicher
erarbeitet, indem sie durch die Lavierung mit einem Schattenwurf versehen sind.
Auch die Wirkung von Licht und Schatten auf den Gewändern ist durch die
Weißhöhung deutlicher ausgeprägt, ebenso sind Köpfe und Gesichter feiner
modelliert und anatomisch präziser wiedergegeben. Im Gegensatz zu Kat. 8 ist der
Engel aber in seiner Körperhaltung verändert, er hat nun den rechten Arm erhoben
und weist mit dem linken auf das leere Grab. Dabei ist er weiter nach rechts gerückt,
auch stützt er seinen Fuß auf den am Boden liegenden Grabdeckel ab.
Die Beziehung der beiden Kölner und der Berliner Zeichnungen zum ausgeführten
Gemälde sind komplex, wobei keine motivisch oder zeichnerisch den Eindruck einer
direkten Vorzeichnung vermittelt. Vielmehr sind es jeweils nur einzelne Elemente,
wie beispielsweise die Positionierung des Engels oder die Andeutung der Schädelhöhe im Hintergrund, die dem Gemälde entsprechen. Die Disposition der Figuren
auf dem Gemälde, wo drei Marien auf eine Seite des Sarkophags gerückt sind, ist in
keiner der Zeichnungen angelegt. Zumindest die Quadrierung weist in diesem Blatt
darauf hin, dass es zur Übertragung in ein größeres Format, in jedem Fall aber für
eine Weiterverwendung innerhalb der Bildfindung der Marien am Grab bestimmt war.
Das dritte Blatt der Marien am Grab in Köln entspricht in seinem Format in etwa der
zuvor besprochenen Rötelzeichnung (Kat. 9). Die Szene ist allerdings nicht in die
Grabeshöhle verlegt, sondern in einen offenen Raum gebettet, der rechts von einem
Baum hinterfangen wird. Das Blatt weist damit eine stärkere Nähe zum Gemälde in
Ariccia auf als die anderen beiden Zeichnungen. Gleichwohl entsprechen sowohl die
Gruppe der Marien wie auch die Körperhaltung des Engels mehr der Kölner
Rötelzeichnung oder dem Berliner Blatt als dem Gemälde, wenngleich Morandi die
kniende Maria noch mit weit geöffneten Armen vor Augen führt. Auch fehlt, im
Gegensatz zu allen anderen zeichnerischen Umsetzungen, der Deckel des Sarkophags.
Der genaue Vergleich der drei Skizzen mit dem ausgeführten Gemälde in Ariccia legt
nahe, dass keines der Blätter als direkte Vorzeichnung für die Tafel anzusehen ist.
Nur das Prager Blatt muss in den unmittelbaren Entstehungszusammenhang der
Marien am Grab eingeordnet werden.
Die Datierung des Gemäldes ist bisher nicht belegt, jedoch wird ein Entstehungszeitraum von 1680 bis 1690 angenommen.2 Eine entsprechende Datierung ist auch für
die drei Kölner Zeichnungen zu vermuten.
1
2
1im Recueil Krahes unter Serie 3 / 30A als
Carlo Maratti gestochen.
40
I m Recueil Krahes unter Serie 3 / 30B als
Carlo Maratti gestochen.
Vgl. Schleier 1992, 1998, 2010 sowie zuletzt
Prosperi Valenti Rodinò 2013, S. 165 auch im
Hinblick auf die zeitliche Einordnung der Prager
Zeichnung.
41
[Kat. 9]
[Kat. 10]
11
Giovanni Maria Morandi
Auffindung des Mose, um 1680/90
Rötel, rötellaviert, grau quadriert, 258 x 368 mm
Rückseitig beschriftet: “15 fl.”; “pietro da Cortona”
(mit dunkelgrauer Kreide überzeichnet); “41” durchgestrichen, “25” unterstrichen
Inv. Z 5449
Lit.: Thiem 1990, S. 218; Schleier 1992, S. 20, Abb. 16; Merz 2005, S. 420, Fn. 4;
Brink 2013, S. 234
Das großformatige Blatt zeigt eine Gruppe von Frauen, die am Ufer des Nil den
Korb mit dem ausgesetzten Moses finden (Ex, 2, 1–10). Unter ihnen ragt die
gekrönte Tochter des Pharao hervor, die ihre Arme in einer Geste des Erstaunens
erhoben hat. Ihre Begleiterinnen stehen in Gruppen bewegt zusammen. So fasst eine
der Frauen ihre Nachbarin an den Schultern, während eine dritte sich ihnen
zuwendet. Die beiden Frauen, die den Korb aus dem Wasser heben, werden von
einer halb verdeckt bleibenden Gespielin unterstützt. Rechts hinter der Tochter des
Pharao sind zwei Frauen im Gespräch vertieft. Die Szene ist in die flache Ebene einer
Flusslandschaft mit Gras- und Schilfbewuchs sowie einzelnen Baumgruppen gebettet;
links findet sich ein überdachter Unterstand. Im Hintergrund ist die Silhouette einer
Stadt angedeutet, deren herausragendes Gebäude an den Palazzo Vecchio in Florenz
erinnert, wohingegen zahlreiche Obelisken das Geschehen nach Ägypten verorten.
Das gewählte Blattformat, die malerische Ausführung der Zeichnung sowie die
Quadrierung in grauer Kreide legen nahe, dass das Blatt zur Übertragung in ein
größeres Format oder als Entwurf für ein bozzetto bestimmt war. Die Sicherheit, mit
der die Lavierung der Umrisszeichnung folgt, bekräftigt diese Annahme. Der
Hintergrund, der in der Vorzeichnung von Morandi nur schemenhaft angedeutet
wurde, ist erst durch die Lavierung herausgearbeitet.
Die Zeichnung galt früher als eine Arbeit von Pietro da Cortona. Unter diesem
Namen wurde sie in Lambert Krahes Recueil druckgraphisch reproduziert.1 Ikonographisch wie kompositorisch ist das Blatt ein typisches Produkt seiner Zeit, das sich
treffend mit Darstellungen anderer Zeichner des römischen Barock in Verbindung
bringen lässt.2
Eine Datierung muss ohne zugehöriges Gemälde ungesichert bleiben, die zeichnerische Ausführung spricht aber für eine Entstehung in den Jahren um 1680/90.
1 Vgl. Brink 2013, S. 234: Serie 3 / 5
2Vgl. Schleier 1992, S. 25, Fn. 21; Thiem 1990, S. 218,
mit Verweis auf einen Vorschlag von Merz, das Blatt
mit einer Zeichnung in Edinburgh in Beziehung zu
setzen: Andrews, Keith: National Gallery of Scotland.
Catalogue of Italian Drawings, 2 Bde., Cambridge
1971, S. 93, Nr. 644, Inv. RSA 118.
[Kat. 11]
45
12
Giovanni Maria Morandi
Apoll und Hyazinth
Rötel, rötellaviert, weiß gehöht, grau quadriert, 313 x 330 mm
Rückseitig beschriftet: “6 fl”; “Carlo le Brün”; “103”
Inv. Z 2072
Lit.: Thiem 1990, S. 219; Schleier 1992, S. 22f., Abb. 22
[Kat. 12]
Das mit großer zeichnerischer Sorgfalt ausgeführte Blatt zeigt zwischen zwei Wolkenformationen den Sonnengott Apoll, der in der Rechten eine Leier hält und dessen
Antlitz von einer strahlenden Glorie umfangen ist. Mit der Linken zieht er seinen
Geliebten Hyazinth zu sich heran, der durch einen Hyazinthenzweig gekennzeichnet
ist. In den Metamorphosen Ovids (Met, 10, 162–216) wird erzählt, dass der bildschöne Jüngling von Apoll auf tragische Weise beim Diskuswurf getötet und danach in
die gleichnamige Pflanze verwandelt wurde.
Die souveräne Linienführung der Rötelvorzeichnung erweckt den Eindruck, dass es
sich um eine Art Reinzeichnung handelt, der vorbereitende Studien bereits zugrunde
liegen. Auch die Lavierung folgt mit großer Genauigkeit den vorgegebenen Linien,
sie ist ebenso gründlich wie präzise aufgetragen und erweckt den Eindruck höchster
Körperlichkeit sowie Lebendigkeit der Figuren. Von besonderer Qualität ist die
anatomische Durchbildung der beiden nackten Körper, in der Morandi sein
exzellentes Können unter Beweis stellt.
Zwei Zeichnungen Morandis mit dem Thema Boreas raubt Oreithyia (Abb. 1) in
Düsseldorf stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Blatt in Köln.1 Nicht
nur die Darstellung der im Himmel schwebenden mythologischen Figuren, sondern
auch die gleichartige zeichnerische Durchgestaltung der Blätter sprechen für einen
gemeinsamen Entstehungszusammenhang. Die drei Zeichnungen wurden bereits bei
ihrer Erstveröffentlichung in Verbindung gebracht mit einem in Pascolis Vita
geschilderten Auftrag an Morandi.2 Dieser habe für den Palast der Familie Salviati in
der Via della Lungara in Rom drei Gewölbe oder Deckenfelder mit Darstellungen
des Schlafenden Kephalus, Ariadne und Bacchus sowie einer Allegorie der Zeit, die die
Stunden teilt gemalt. Der Schilderung Pascolis ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob es
sich um Fresken oder um quadri riportati, d.h. Leinwandbilder, die an der Decke
angebracht wurden, handelte. Antonio Nibbys Roma nell‘anno 1838 bemerkt zur
Ausstattung der einzelnen Säle des Palastes, dass Morandi zwei Decken mit den
Themen Kephalus und Amor sowie Theseus und Ariadne freskiert habe.3 Dagegen
spricht ein Nachlassinventar vom 23. Januar 1704, dass eindeutig von einem
Gemälde auf Leinwand in den Deckengewölben spricht.4 Die Werke Morandis sind
spätestens seit der Übernahme des Palastes durch den italienischen Staat 1870 bzw.
1883 verloren.
47
13
Giovanni Maria Morandi
Satanssturz
Rötel, rötellaviert, 270 x 188 mm
Inv. Z 5115
Lit.: unveröffentlicht
Abb. 1
Ein Hinweis auf die Darstellung eines Apoll von Morandi findet sich hingegen in
einem Inventar von 1713 für den Palazzo Chigi an der Piazza SS. Apostoli in Rom.
Die dort genannte Tafel kommt in ihren Proportionen der Kölner Zeichnung nahe.5
Ob es sich dabei um die verkleinerte Kopie nach einem Gemälde oder nach einem
Deckenbild Morandis handelt, bleibt ungewiss. Mit der Einrichtung des Palazzo
Salviati alla Lungara scheinen aber weder die beiden Düsseldorfer Blätter noch die
Kölner Zeichnung in Verbindung zu stehen, wenngleich die Einbettung der zweifigurigen mythologischen Darstellungen in einen Himmelsraum deutlich für den
Kontext einer Deckengestaltung spricht.
1Düsseldorf, Museum Kunstpalast, Graphische
Sammlung, Inv. KA (FP) 4002 u. 4003. Inv. KA (FP)
4003 ist in Lambert Krahes Recueil unter Serie 3 / 34
als “Orithye enlevée par Borée par Joseph del Sole”
gestochen, vgl. Brink 2013, S. 243.
2Schleier 1992, S. 22f.
3Nibby, Antonio: Roma nell’anno 1838, Rom 1838,
2 Bde., S. 818.
4“Un quadro nella volta del Sig.r Morandi rappresentante Cefalo, che dorme con l’Aurora in tela”, Inventar
Duca Antonio Maria Salviatis, 1704, f.751v, zit. n.
Costamagna 2000, S. 191.
5“Altro in tela alta palmi tre, larga palmi due, e mezzo
rappresenta un Apollo copia che proviene dal Morandi
con cornice liscia dorata”, Inventar Principe Livio
Odescalchis, 1713, f. 132v–133r, Rom, Archivio di
Stato, Notai Tribunali AC, vol. 5134.
48
Das bisher unter den deutschen Zeichnungen verwahrte Blatt1 zeigt den mit einem
Schwert aus Blitzen und Schild bewaffneten Erzengel Michael, der den Satan mit
monumentaler Geste niederringt. Der gerüstete Engel ist als beherrschende Figur vor
Augen geführt, deren Körper die obere Hälfte des Bildraumes diagonal durchmisst.
Der mit seinem gehörnten Haupt voran fallende Teufel erscheint mit verdrehten
Gliedmaßen kunstvoll ins Bild gesetzt und erinnert an die Schächer in Morandis
Martyrium der Heiligen Katharina (Kat. 2). Vergleichbar erscheint auch die Umsetzung
des Heiligen Michael mit den beiden Engeln in den Zeichnungen der Verkündigung
(Kat. 3, 4), insbesondere was die Disposition des Oberkörpers und der Arme betrifft.
Die Autorschaft Morandis wird jedoch nicht nur in motivischen Vergleichen,
sondern ebenso in der zeichnerischen Handschrift fassbar. Denn bei genauer
Betrachtung der Flügel, etwa im Bereich der Spitzen wie des Flügelansatzes, zeigen
sich eindeutige Parallelen zu anderen Zeichnungen Morandis; auch das den Himmelsraum bestimmende Wolkenband ist in der Zeichnung Apoll und Hyazinth (Kat.
12) in ganz ähnlicher Weise eingesetzt.
Ohne ihren skizzenhaften Charakter zu verbergen, gibt die Rötelvorzeichnung die
sichere Hand eines erfahrenen Meisters zu erkennen. Der Rötel wird wiederum
durch eine in diesem Fall relativ wässrig aufgetragene Lavierung ergänzt, wodurch der
Zeichnung der für Morandi typische malerische Charakter verliehen wird, auch wenn
eine zusätzliche Höhung fehlt. Vermutlich handelt es sich um eine vorbereitende
Studie zu einem Gemälde.
49
Ikonographisch fügt sich der Satanssturz nahtlos in die zeitgenössische Darstellungstradition dieses Themas ein. Vergleiche lassen sich beispielsweise mit Pier Francesco
Molas (1612–1666) Darstellung des Satanssturzes in San Marco in Rom oder auch mit
Lazzaro Baldis (um 1624–1703) Fall der rebellischen Engel in der Chiesa Nuova in Rom
ziehen. Bemerkenswerterweise hatte Baldi nach seinem Tod seinem cordialissimo
amico Morandi ein Gemälde mit der Darstellung des Engelssturzes vermacht.2
1Dietmar Spengler hat das Blatt erst kürzlich Morandi
zuschreiben können.
2 Vgl. Merz 2005, S. 308.
14
Giovanni Maria Morandi
Betender Papst? (Hl. Karl Borromäus?), um 1680/90
Rötel, rötellaviert, weiß gehöht, 408 x 300 mm
Inv. Z 2105
Lit.: Schleier 1992, S. 21, Abb. 21; Schleier 1998, S. 250
Das großformatige Blatt zeigt einen in Andacht versunkenen geistlichen Würdenträger, der bislang mit dem Hl. Karl Borromäus identifiziert wurde.1 Vor einem Altar
mit Gebetbuch kniend, trägt er Talar, Rochett sowie eine Mozetta, auf dem Kopf den
Camauro. Sein Blick ist auf das vor ihm aufgerichtete Kruzifix gerichtet. Vor der
niedrigen Kniebank liegt auf einem Kissen ein Totenschädel, dessen Gesicht zum
Betenden hingewendet ist. Die Szene ist in ein großzügiges Zimmer verlegt, dessen
Boden mit einem geometrischen Muster gefliest ist. Im Hintergrund steht ein
prunkvolles Bett, links daneben ein Stuhl, über dem ein Gemälde, vermutlich ein
Bild Christi in der Art der Vera Icon, hängt. Hinter einem zurückgezogenen Vorhang
wird der Blick auf eine Portalrahmung frei, über der ein nicht weiter ausgeführtes
Wappenschild hängt, das durch Tiara und die Schlüssel Petri aber als Papstwappen
gekennzeichnet ist. Morandi zeigt hier ohne Zweifel den Blick in ein päpstliches
[Kat. 13]
51
appartamento; eine Tatsache, die gegen die Identifizierung des Dargestellten mit dem
Hl. Karl Borromäus spricht, der Kardinal und Erzbischof von Mailand war. Die
ausschließlich Päpsten vorbehaltene Kopfbedeckung des Camauro legt zusätzlich
nahe, dass es sich bei dem Dargestellten um einen Papst handelt.
Ein Gemälde in Senago2 von unbekannter Hand zeigt Papst Innozenz XI. Odescalchi
betend vor einem Kreuz, in Körper- und Armhaltung der Kölner Zeichnung sehr
ähnlich, allerdings im Gegensinn gemalt; allein die dem Papst dort beigegebene Stola
fehlt auf der Zeichnung. Aber auch die Physiognomie Innozenz‘ XI. mit seinen tief
liegenden Augen und dem charakteristischen Oberlippen- und Kinnbart weicht
von den Gesichtszügen des Geistlichen auf der Kölner Zeichnung ab. Die für diesen
Zweck typischerweise verwendeten Bekrönungen der Stuhllehnen oder des Bettes
geben ebenfalls keinen Hinweis auf die Identifizierung des Dargestellten mit
Innozenz XI. Ein Blatt Morandis in privatem Besitz3 (Abb. 1) zeigt neben anderen
Skizzen ein der Kölner Zeichnung vorangegangenes Stadium des Entwurfes, in dem
die Haltung des Betenden geringfügig verändert ist und seine Erscheinung tatsächlich dem Hl. Karl Borromäus etwas näher zu kommen scheint. Der Raum auf diesem
Blatt hat keine besondere Ausstattung, die auf den Dargestellten Rückschlüsse
zulässt. Er öffnet sich nach hinten in einem großen Fenster und gibt den Blick auf
eine Architektur frei.
Abb. 1
52
[Kat. 14]
Der durch den schnellen Strich der Rötellinien hervorgerufene Charakter der
Zeichnung sowie die großzügige Lavierung lassen keinen Zweifel an der Autorschaft
Morandis. Die zeichnerische Sicherheit wird vor allem am Körper des Gekreuzigten
sowie der außerordentlichen Gewandbehandlung des Geistlichen deutlich, in der
mit wenigen Linien und präzise eingesetzter Lavierung die Materialität des Stoffes
evoziert wird.4 Der oben rechts mit leichten Rötellinien in Ansätzen herausgearbeitete Rundbogen, die schwach angedeutete vertikale Gliederung der Rückwand des
Raumes sowie die Korrektur des zunächst sehr viel ausladender geplanten Vorhanges
haben noch skizzenhaften Charakter. Gleichwohl dürfte die im Format monumental
erscheinende Zeichnung ein Entwurf für ein Gemälde sein, dass je nach ikonographischer Deutung für einen sakralen Zusammenhang oder aber – trotz der nicht
gesicherten Identifizierung – für die Bildpropaganda des Odescalchi-Papstes bestimmt gewesen sein könnte.5 In letzterem Fall wäre eine Datierung des Blattes im
Pontifikat Innozenz‘ XI. anzunehmen, das von 1676 bis 1689 dauerte, ein Entstehungszeitraum, für den auch die zeichnerische Ausführung spricht.
1 Vgl. Schleier 1992, S. 22.
2 Senago, Museo della Villa di San Carlo Borromeo.
3Pampalone, A.: Due Virtù in un pennacchio e studio
per composizione sacra, Cat. Nr. 71, in: Aldega, M.:
Disegni italiani dal XVI al XVIII secolo, Rom 1980.
4im Leipziger Zeichnungsalbum findet sich eine Studie
zum Gewand des Betenden, Inv. NI 10624
(vgl. Schleier 1998, S. 266, Abb. 19).
15
Giovanni Maria Morandi
Personifikation des Glaubens, um 1680/90
Graue Kreide, weiß gehöht, unten rechts bezeichnet: “P da Cortona”,
Knickfalte mittig
532 x 370 mm
Rückseitig beschriftet: “2[...] fl”; “pietro da Cortona”; “39 B”
Inv. Z 2163
Lit.: unveröffentlicht
Das bisher in den Umkreis von Pietro da Cortona gerückte großformatige Blatt mit
der weiblichen Personifikation des Glaubens wurde erst kürzlich Morandi vom
Verfasser zugeschrieben. Die in dunkelgrauer, fast schwarzer Kreide auf einem rauen
Papierbogen ausgeführte Figurenstudie verweist auf eine bisher wenig beobachtete
Facette innerhalb des zeichnerischen Werks von Morandi. Stärkere Kreidelinien
umreißen die Figur und geben Ansätze der Binnengliederung vor, wobei das
Zusammenspiel von Papiergrund, Kreidezeichnung, Schraffuren und Weißhöhungen
die Plastizität und Stofflichkeit des fließenden Gewandes hervorruft. Diese
Zeichenweise ist vornehmlich anhand einiger Blätter in Morandis Leipziger Skizzen-
5Es sei nur am Rande darauf verwiesen, dass Morandi
in seiner Tätigkeit als Bildnismaler eine größere Zahl
von Porträts dieses Papstes angefertigt hat (vgl. Petrucci
1998 u. 2008).
Abb. 1
54
55
album zu studieren.1 Im Gegensatz zu diesem Album aber ist die Kölner Zeichnung
mit ihrer ganzfigurigen Darstellung im Hinblick auf die Blattgröße bisher singulär.
Kreuz und brennendes Herz weisen die weibliche Gestalt als Personifikation des
Glaubens aus. Es handelt sich um eine Detailstudie für eine bislang nicht ermittelte
Freskendekoration Morandis, für die auch die kartonhafte Ausführung der Zeichnung spricht: Zwei Zeichnungen im Privatbesitz2 (Abb. 1 u. Kat. 14, Abb. 1) zeigen in
der für Morandi typischen Röteltechnik zwei Zwickelfelder, in denen paarweise
theologische Tugenden und Kardinaltugenden dargestellt sind, so Glaube und
Klugheit in dem einen Zwickel, Hoffnung und Mäßigung in dem anderen. Die
Darstellung der übrigen kanonischen Tugenden (Liebe, Gerechtigkeit und Tapferkeit) ist
in anderen Entwürfen anzunehmen. Die Zwickelfelder sollten offenbar von Engeln
oder Putten gerahmt werden, wie eine der beiden Rötelzeichnungen zeigt.
Lediglich ein Auftrag Morandis dürfte mit diesen Blättern in Verbindung stehen.
Nach Pascoli betraute Cosimo III. (reg. 1670-1723), Großherzog der Toskana,
Morandi mit der Ausmalung einer nicht näher genannten Kuppel in Florenz.
Obwohl er die Freskierung offenbar schon in Zeichnungen und bozzetti geplant hatte,
scheiterte die malerische Umsetzung des Projekts bemerkenswerterweise am Widerwillen Morandis, diese unbequeme Arbeit auszuführen.3 Die Überschneidung der
Zwickelstudien mit der Skizze des Betenden, der auf dem Kölner Entwurf gesondert
erscheint, belegt eine zeitgleiche Planung beider Projekte.
1Beispielsweise die Studie zum Gewand der Madonna
zum Gemälde in Siena, Inv. NI. 10667.
2Pampalone, A.: Cat. Nr. 70 u. 71, in: Aldega, M.:
Disegni italiani dal XVI al XVIII secolo, Rom 1980.
[Kat. 15]
57
3Vgl. Pascoli, Vite, S. 132: “Voleva fargli dipingere una
cupola, e stava già attorno, a’ disegni, e all’abbozzetto,
quando dubitando con l’umido, ed il fetor della
calcina, e lo scomodo del lavoro gli potesse far male
con bella maniera se ne disimpegnò.”
16
Giovanni Maria Morandi
Anbetung der Dreifaltigkeit, kurz nach 1680
Madonna auf der Mondsichel (Rückseite)
Rötel, rötellaviert, weiß gehöht, fünf aufgeklebte Zeichnungsfragmente, 599 x 370 mm
Rückseitig beschriftet: “25 fl”; “Carlo maratti”; “102”; “Studi di Panni e pensieri”
Inv. Z 2157
Lit.: Schleier 1992, S. 21, Abb. 20; De Luca 2010, S. 60f.
Die Zeichnung der Anbetung der Dreifaltigkeit ist eines der komplexesten und vielschichtigsten Blätter in Morandis zeichnerischem Werk. Im unteren Bildbereich
knien vier Heilige, zwei Frauen und zwei Männer, die wahrscheinlich als Heilige
Familie mit Maria und Joseph (links) sowie Anna und Joachim (rechts) gedeutet
werden können.1 Mit Ausnahme der weiblichen Figur links, die ihre Hände gefaltet
und ihr Gesicht gesenkt hat, richten alle anderen ihren Blick gen Himmel. Körperhaltung und Gestik wurden dabei variiert: Der Heilige rechts führt als Rückenfigur,
deren Fußsohlen sichtbar sind, mit ausgestreckten Armen den Betrachter in das
Bildgeschehen ein; sein Gegenüber öffnet andächtig seine Arme, die sich zusammen
mit dem schräg gestellten Kopf zu einem himmelwärts zeigenden Dreieck zusammenschließen. Die Heilige rechts außen hat ihre Arme vor dem Oberkörper verschränkt,
in ihrer Kopfwendung aber nimmt sie ebenfalls Bezug auf die Erscheinung im
Himmel. Morandi führt uns hier eine Dramaturgie religiöser Gesten vor Augen.
Oberhalb der Postamentzone einer Säulenarchitektur ragen Gottvater und Gottsohn
auf einem Wolkenteppich thronend in den Himmel hinein, die den Heiligen Geist
symbolisierende Taube schwebt mittig über ihnen. In monumentaler Geste hat
Gottvater seine Rechte zum Segen erhoben. Der Gottessohn hält ein Zepter, die
andere Hand ruht auf der Weltkugel. Engelschöre umrahmen in einer Glorie die
Trinität, während Engel die Wolken zu tragen scheinen. Der Engel unterhalb von
Gottvater findet sich identisch in der Chatsworther Zeichnung (vgl. Kat. 7, Abb. 1)
unter der Madonna und dem Jesuskind wiederholt.
58
[Kat. 16]
Das in seiner zeichnerischen Ausführung für Morandi typische Blatt hebt sich jedoch
durch seine Zusammensetzung aus nicht weniger als sechs verschiedenen Blättern
und Blattstücken deutlich von den übrigen Zeichnungen des Kölner Konvolutes ab.
Es besteht zunächst aus dem zugrunde liegenden Zeichenbogen, der in der Folge
durch fünf Einklebungen überarbeitet wurde: hinzugefügt wurden auf diese Weise
die Christus-Figur, Gottvater, die beiden Heiligen rechts, der Heilige links sowie der
Kopf der Heiligen auf der linken Seite. Das ursprüngliche Blatt ist nur noch im
Bereich der Architektur sowie eines schmalen Trichters unterhalb der Taube sichtbar.
Die beiden Aufklebungen im oberen Bereich haben eine gemeinsame Schnittkante,
sodass sich die beiden Fragmente zu einem Blattstück von rechteckigem Format
zusammensetzen lassen. Wie auch bei anderen Beispielen dieser Technik erfolgte die
weitere Ausarbeitung ohne Rücksicht auf die einzelnen Einklebungen. Zu bemerken
ist, dass sowohl die Architektur als auch der perspektivisch angelegte Boden über die
Rötellavierung hinweggehen und somit abschließend eingezeichnet wurden. Die
Rückseite des nicht kaschierten Blattes (Abb. 1) zeigt in der unteren Hälfte eine
Skizze mit der Madonna auf der Mondsichel. Die Madonna hält das Christuskind im
Arm, das mit einem Kreuzstab den Drachen tötet, der zu ihren Füßen auf einer
Weltkugel liegt. Die Umrisse des Drachen sind oberhalb der Darstellung wiederholt.
Ob diese ikonographisch eindeutige Visierung der Immaculata Conceptio, der
Unbefleckten Empfängnis, von Morandis Hand stammt, ist fraglich. Die wenig
souveräne Ausführung sowie die unsauberen Proportionen sprechen dagegen. Die
Linienführung macht allerdings deutlich, dass es sich nicht um die Nachzeichnung
nach einem bestehenden Werk, sondern um einen eigenständigen, wenn auch sehr
rudimentären Entwurf handelt. Die rückseitige Beschriftung “Studi di Panni e pensieri”
(Gewandstudien und Gedankenskizzen) legt nahe, dass die Zeichnung möglicherweise früher als eine Art Umschlag zur Aufbewahrung weiterer Blätter gedient hat.
Das Blatt dürfte durch seine motivische Nähe zur Vision des Heiligen Filippo Neri in
Siena (siehe Kat. 17) kurz nach 1680 zu datieren sein.
1
Vgl. Schleier 1992, S. 21.
Abb. 1
61
17
Benoît Farjat (1646–1724)
Vision des Heiligen Filippo Neri (nach Giovanni Maria Morandi)
Kupferstich, 390 x 226 mm, Aufschrift: De excelso misit ignem /
in ossibus meis et erudivit me / Ierem Theren. 1. 13;1 Io: Maria Morandi pinxit;
Benedictus Farjat sculpsit
Inv. 32943
Lit.: unveröffentlicht
Die Kölner Zeichnung mit der Anbetung der Trinität (Kat. 16) wurde bereits bei ihrer
Erstveröffentlichung mit dem Gemälde der Vision des Heiligen Filippo Neri im
Baptisterium des Doms von Siena (Abb. 1) in Verbindung gebracht,2 nach dem der
Stich von Benoît Farjat entstand.
Er zeigt den Heiligen Filippo Neri auf dem Boden kniend, die Arme ausgebreitet
und zum Himmel erhoben. Begleitet wird der Heilige von zwei Engeln, die ein
brennendes Herz und einen Lilienzweig emporheben. Sein Blick ist auf die Mutter
Gottes gerichtet, die am linken Bildrand auf einer Wolke erscheint. Noch auf den
Heiligen hinabblickend, weist sie mit ihrer rechten Hand auf die Dreifaltigkeit, d. h.
auf Gottvater und Gottsohn sowie die Taube des Heiligen Geistes, die auf einem
Lichtstrahl einen Feuerball in das Herz des Heiligen aussendet.3
Die Verknüpfung der Kölner Zeichnung der Anbetung der Trinität (Kat. 16) mit dem
Gemälde ergibt sich augenscheinlich aus dem Motiv der Dreifaltigkeit. Auf dem
Gemälde sind die Figuren sehr viel enger zusammengefasst und an den linken
Bildrand gerückt. Diese Veränderung wurde offenbar nötig, um die Mittlerfunktion
der Madonna stärker hervorzuheben und den Heiligen sowohl auf die Madonna als
auch die gesamte Dreifaltigkeit blicken lassen zu können. Auch die Trinität in der
Kölner Zeichnung war ja zunächst auf einem Blattstück enger zusammengerückt
gezeichnet, bevor sie zu auseinandergeschnitten wurde. Körper- und Armhaltung der
beiden Figuren sind in Zeichnung und Gemälde daher in jedem Fall miteinander
verwoben. Wörtlich aus der Zeichnung übernommen sind die Gruppe der Engel
62
[Kat. 17]
Abb. 1
1“Aus dem Himmel hat er ein Feuer in meine Gebeine
geschickt und hat mich gebildet” (Klagelieder 1, 13).
Der Bibelspruch bezieht sich auf die dargestellte Szene
aus dem Leben des Heiligen, vgl. Anm. 3.
2Schleier 1992, S. 18; das bozzetto hat sich im Fitzwilliam
Museum, Cambridge erhalten: Vision des Hl. Filippo
Neri, Öl auf Leinwand, 89,5 x 58,7 cm,
Inv. 155.
3Die Darstellung bezieht sich auf eine Schilderung aus
der Vita des Heiligen, als diesem beim Besuch der
Sebastians-Katakombe in Rom während einer Vision
ein Feuerball ins Herz eindrang; vgl. Alfonso
Capecelatro, La vita di San Filippo Neri, 2 Bde., Rom
1884.
rechts neben Gottvater, die beiden
Putten rechts unterhalb der Wolke sowie
der nach oben strebende Putto links
unterhalb des Christus, der im Gemälde
nun unterhalb der Madonna erscheint.
Trotz der ikonographischen Unterschiede von Zeichnung und Gemälde lassen
die Gemeinsamkeiten auf einen
Entstehungskontext von Zeichnung und
Gemälde schließen. Der Auftrag für die
Sieneser Tafel erging 1680 an Morandi,4
ihre Aufstellung ist in einer Inschrift auf
der ursprünglichen Altarmensa für das
Jahr 1687 belegt.5 Die druckgraphische
Umsetzung von Morandis Gemälde wird
bereits von Giovacchino Faluschi in
seiner Breve relazione delle cose notabili
della città di Siena ampliata aus dem Jahr
1815 bei der Beschreibung des Originals
im Sieneser Dom erwähnt.6
4 De Luca 2010, S. 60.
5De Luca 2010, S. 60; auch der Auftraggeber ist belegt:
“sig. Priore dr Angelo della Ciaji.” Angelo di Pompillo
della Ciaja, seines Zeichens Gran Priore Gerosolimitano per la Spagna, war auch Onkel des Großvaters
von Agostino Chigi, dem Kardinalnepoten Alexanders
VII. und “scalco” des Papstes.
6Giovacchino Faluschi, Breve relazione delle cose
notabili della città di Siena ampliata, Siena 1815, S. 7.
64
18
Giovanni Maria Morandi
Anbetung des Allerheiligsten Sakraments, um 1696
Rötel, rötellaviert, weiß gehöht, 530 x 295 mm
Inv. 2158
Lit.: Schleier 1992, S. 21, Abb. 19
Zwei Heilige sind in der Anbetung des Heiligen Sakraments begriffen. Während der
mit Mitra und Chormantel bekleidete Bischof seinen Blick dem Betrachter zuwendet
und zugleich mit der Rechten in den Himmel weist, richtet sein Gegenüber mit
geöffneten Händen sein Antlitz verklärt der Erscheinung des Altarsakraments zu.
Dieses erscheint in einem Ostensorium auf einer Wolkenkugel, die von Putten
getragen wird. Engel und Himmelschöre sind ehrfürchtig in Anbetung des Leibes
Christi begriffen und umrahmen ihn in einer Glorie. Eine Säulenarchitektur
hinterfängt den irdischen Raum und vermittelt diesen zugleich mit der imaginären
Himmelssphäre.
Mit kompositorischem Geschick gelingt es Morandi auch in dieser Zeichnung, den
Blick des Betrachters zu fangen und zu lenken. Die beiden Heiligen sind in ihrer
Körperhaltung so zueinander angeordnet, dass die Geste des Bischofs zusammen mit
der prominenten Gewandfalte seines Umhanges und die Außenkontur des rechten
Heiligen die Schenkel eines ideellen Dreiecks betonen, dessen Basis die horizontale
Stufenkante des Podestes bildet. Die radiale Anordnung der Engel in der Himmelszone akzentuiert zusätzlich die kompositorisch zentrale Position des Allerheiligsten
an der Spitze dieses imaginären Dreiecks.
Bei dem zeichnerisch vollkommen ausgeführten Blatt handelt es sich wohl um eine
Präsentationszeichnung für den Auftraggeber von Morandis Altargemälde Anbetung des
Allerheiligsten Sakraments durch die Heiligen Valentinus und Hilarius (Abb. 1), das Morandi
für die Cappella dei Santi Valentino e Hilario im Dom von Viterbo schuf. Im Gegensatz zur Kölner Zeichnung sind dort jedoch die Stadtpatrone Viterbos deutlich
identifizierbar: der Hl. Valentin ist gekennzeichnet durch die priesterliche Kasel und
65
Hilarius, sein Diakon, durch die Dalmatik.1
Wegen des gestauchten Formats, das durch die
architektonische Rahmung bedingt ist, rückt im
ausgeführten Gemälde das Sakrament näher an
die beiden Heiligen heran, sodass Morandi den
Arm des Valentinus stärker abknicken musste, der
nun in die himmlische Sphäre hineinzuragen
scheint. Die Engelsgruppen um das Ostensorium
sind hingegen ohne Veränderungen von der
Zeichnung übernommen, nur der Engel auf der
Rechten hat seine Arme vor der Brust verschränkt,
der auf der Linken die Arme zum Gebet gefaltet.
Die zeichnerische Ausführung des Blattes
unterstreicht seine Funktion als Präsentationszeichnung. Die Anlage der Komposition erfolgte
Abb. 1
mit einem sehr feinen Rötelstift, Umrissform
sowie die Binnengliederung der Figuren sind mit
einer vermutlich in mehreren Skizzen erarbeiteten und erprobten Gewissheit
umgesetzt. Durch die sehr sorgfältige, die Rötellinien präzise berücksichtigende
Lavierung erhält das auch vom Format her eindrucksvolle Blatt eine Wirkung, die
das Spiel von Licht- und Schatten sowie die Plastizität der Figuren im Gemälde
bereits vorausnimmt. Die exakt gezogene, oben halbrund abschließende Umfassungslinie verweist ebenfalls auf die malerische Umsetzung. Die Auftragsvergabe für das
Gemälde in Viterbo erfolgte 1696, seine Aufstellung fand 1698 statt.2
1Der Priester Valentinus und der Diakon Hilarius
haben nahe Viterbo im Jahre 305 ihr Martyrium
erlitten. Wieso Morandi in seiner Präsentationszeichnung zunächst andere Heilige dargestellt hat, ist nicht
klar. Möglicherweise ist er aufgefordert worden, einen
Entwurf für eine Anbetung der Trinität durch die Heiligen
Valentinus und Hilarius zu liefern, wobei er die
Stadtpatrone Viterbos mit dem bekannteren Heiligen
Hilarius von Poitiers (einem Bischof) und möglicherweise auch dem Heiligen Valentin von Terni
[Kat. 18]
67
verwechselt haben könnte. Beide Heilige sich im
Martyrologium Romanum am 13. Januar bzw. am
14. Februar gelistet und damit weit vor dem Fest der
Stadtpatrone Viterbos, das am 3. November gefeiert
wird.
2Waterhouse 1976, S. 119; Signorelli, Mario: Il Palazzo
Papale a Viterbo, Viterbo 1962, S. 139; Scriattoli,
Andrea: Viterbo nei suoi monumenti, Rom
1915–1920, S. 125.
Zeichnungen von Giovanni Maria Morandi in Köln,
Düsseldorf und Paris.
Eine Sammlungskonstellation (Teil II)
Das Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud bewahrt mit 16 Blättern eines
der größten, unzweifelhaft aber das bedeutendste Konvolut von Zeichnungen
Giovanni Maria Morandis in seiner Sammlung. Weitere Zeichnungen Morandis
befinden sich u. a. in den Kabinetten in Berlin, Düsseldorf, Florenz, Frankfurt,
Leipzig, London und Paris.1 Die Geschichte des Kölner Konvoluts an Rötel- und
Kreidezeichnungen lag lange Zeit im Dunkeln und seine Herkunft aus der Zeichnungssammlung der Kölner Jesuiten erschien bislang aus sammlungsgeschichtlichen
Gründen durchaus überlegenswert zu sein.
Während des 17. Jahrhunderts und verstärkt in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts richteten die Jesuiten in ihrem Kölner Gymnasium eine Lehrsammlung ein, die
neben naturwissenschaftlichen Instrumenten in zunehmendem Maße auch aus
Druckgraphiken und Handzeichnungen zur didaktischen Verwendung bestand.2 Bei
Auflösung des Ordens im Jahre 1773 wurden knapp 26.000 Stiche und Holzschnitte
sowie ungefähr 6000 Zeichnungen gezählt.3 Vor allem der Bestand an italienischen
Zeichnungen geht vermutlich auf Ankäufe von Philipp Stolzen (1684–1757) zurück,
der ab 1727 in Rom lebte.4 Bis in die 1750er Jahre war Stolzen vor Ort zusammen
mit Lambert Krahe (1712–1790), der zur selben Zeit u. a. in Diensten des kurfürstlichen Hofes in Düsseldorf stand, für die Kölner Jesuiten tätig gewesen. „Der Jesuit P.
Stolzen […] hatte imgleichen, als Kenner, den größten Theil der Zeichnungen und
Kupferstiche in Italien für den kölnischen Hauptort seiner Provinz gesammelt […].“5
Darüber hinaus wusste Ferdinand Franz Wallraf noch 1815 zu berichten: „Pat[er]
Stolzen hatte die italienischen Meister in Rom und in mehreren italienischen
Städte[n] als Kenner gesammelt.“6 Über die Ankäufe im Speziellen oder über
Stolzens direkte Kontakte zu einzelnen Kunsthändlern, Sammlern oder gar Künstlern geben die Quellen (bislang) keine Auskunft. Anzunehmen aber ist, dass er bei
seinen Erwerbungen aus denselben Quellen geschöpft hat wie Lambert Krahe, über
dessen gewichtige Rolle für den Aufbau der Kunstsammlungen in Düsseldorf wir
68
wesentlich besser informiert sind. Die Übereinstimmung von Sammlungskomplexen
zwischen den Sammlungen in Köln und Düsseldorf legt jedenfalls nahe, dass
entsprechende Ankäufe zusammen getätigt oder einzelne Ankäufe Krahes zu einem
späteren Zeitpunkt an die Jesuiten in Köln weitergereicht wurden.7 Anhand einer
Gruppe von Zeichnungen des in L’Aquila tätigen Giulio Cesare Bedeschini (ca.
1583–1627), von dem sich Zeichnungen heute sowohl in Köln und Düsseldorf
befinden, konnte erst vor kurzem eine gemeinsame Erwerbungsgeschichte rekonstruiert werden, wie sie auch für die Morandi-Zeichnungen anzunehmen ist.8 Denn für
den Erwerb dieses Konvoluts durch Pater Stolzen für die Jesuiten oder vermittelt
durch Lambert Krahe spricht vor allem seine römische Herkunft und die stilistische
Homogenität der 16 Blätter. Der Künstler verstarb 1717. Nicht auszuschließen ist
somit, dass nicht nur einzelne Zeichnungen, sondern ganze Konvolute von Blättern,
die bis dahin in der Werkstatt Morandis aufbewahrt worden waren, nach seinem
Tode auf den Kunstmarkt gelangten. Oder aber die Zeichnungen befanden sich
schon zu einem frühen Zeitpunkt in einer prominenten römischen Privatsammlung,
die dann auf dem prosperierenden Kunstmarkt in Rom veräußert wurde. Genau an
diesem Punkt stellen sich die eigentlichen Fragen. Denn zusätzlich zu den in Rom
getätigten Erwerbungen durch Stolzen lassen sich für die Sammlung des Kölner
Gymnasiums auch Ankäufe in den Niederlanden und Deutschland nachweisen.9
Wir werden darauf zurückkommen.
Für die ursprüngliche Zusammengehörigkeit der Mehrzahl der Kölner MorandiZeichnungen spricht jedenfalls die Tatsache, dass sich auf den Rückseiten dieser
Blätter alte Künstleraufschriften in brauner Tinte befinden, die von der Hand eines
Händlers oder Sammlers stammen (Kat. 3, Abb. 1/Kat. 16, Abb. 1).10 Die in
Italienisch geschriebenen Namen lauten: „pietro da Cortona“, „Carlo Maratti“,
„Carlo le Brün“ oder „gio: giuseppe dal Sole“. Es handelt sich somit ausschließlich
um Künstler des römischen Barock, Pietro da Cortona, Carlo Maratti und Giovan
Gioseffo dal Sole; eine Ausnahme bildet lediglich die Zeichnung Apoll und Hyazinth
(Kat. 12), die dem französischen Maler Charles le Brun zugeschrieben war.
Insgesamt neun Blätter aus dem Morandi-Konvolut11, unter denen sich alle Zeichnungen mit der alten Aufschrift finden, weisen rückseitig Preisangaben in Gulden
(„fl.“) in grauem Stift auf, die ebenfalls von einem Schreiber stammen. Die offenbar
je nach Format und Ausführung der Zeichnung wechselnden Beträge von 6 bis 25
69
Gulden belegen, dass die Blätter – zu einem noch ungewissen Zeitpunkt – gemeinsam in den Niederlanden oder in Deutschland zum Verkauf angeboten bzw.
veräußert wurden. Und noch ein weiterer Aspekt belegt die ursprüngliche Zusammengehörigkeit besagter Zeichnungen: Denn diese sind – wenn sie nicht umseitig
bezeichnet sind – auf ein stärkeres Papier aufgezogen und weisen an den Rändern
Klebespuren auf, die eine frühere Aufbewahrung in einem Klebealbum nahelegen.
Weitere rückseitig angebrachte Nummerierungen zeigen in diesem Zusammenhang
an, dass die Kölner Blätter offenbar in einem Klebeband neben- oder hintereinander
montiert waren: So folgte der Anbetung der Hirten mit der Nummer 63 (Kat. 6) eine
der Kölner Verkündigungen mit der Nummer 64 (Kat. 3) sowie der Auffindung des Mose
mit der Nummer 41 (Kat. 11) die andere Verkündigung (Kat. 4) mit der Nummer 42,
allesamt Blätter, die durch die alten Aufschriften Pietro da Cortona zugeschrieben
waren. Direkter kann ein Sammlungszusammenhang auf der Grundlage der
Systematisierung nach Künstlern und Schulen nicht nachgewiesen werden. Insgesamt belegen die genannten rückseitigen Hinweise jedenfalls die ursprüngliche
Zusammengehörigkeit der Kölner Morandi-Zeichnungen, deren Herkunft aus Rom
dabei ebenfalls außer Zweifel steht. Der rückseitig angegebene Betrag in Gulden ließe
zudem einen (späteren) Verkauf in den Niederlanden vermuten – und tatsächlich
wissen wir, dass die Jesuiten (und später auch Krahe) in den Niederlanden Zeichnungen erworben haben.
Doch wie auch im Fall der Zeichnungen von Giulio Cesare Bedeschini gibt es keine
quellenkundlichen Belege, die den Ankauf der Zeichnungen für die Kölner JesuitenSammlung bis 1757, dem Todesjahr von Stolzen, tatsächlich belegen würden. Und
auch die Zeitspanne danach bleibt momentan im Unklaren. Denn im Unterschied
zu den Bedeschini-Zeichnungen, die unzweifelhaft noch vor der Auflösung des
Jesuiten-Ordens 1773 nach Köln gelangt sein müssen, lässt sich Gleiches von den
Morandi-Zeichnungen nicht behaupten.
Jedoch wissen wir seit Kurzem, dass sich wenigstens drei der Kölner Morandi-Zeichnungen nachweislich im Besitz von Lambert Krahe befunden haben, der, wie
erwähnt, zusammen mit Stolzen in Rom als Kunstankäufer tätig war. Krahe erwarb
dort nicht nur Zeichnungen für den kurfürstlichen Hof in Düsseldorf und Mannheim, sondern war selbst als Privatsammler tätig. Eine wichtige Quelle für seine
Ankäufe war etwa der Nachlass des römischen Malers und marchand-amateur Pier
70
Leone Ghezzi, der 1755 veräußert wurde.12 Ghezzis Zeichnungsbestand stammte
vermutlich aus dem Besitz seines Vaters Giuseppe Ghezzi (1634–1721), der als Maler
und Kunstexperte mit den Künstlern aus dem Umfeld der römischen Akademie
bestens vernetzt war (und der Morandi gekannt hat). Krahe erwarb aber auch Werke
bei den römischen Händlern Antonio Agosti oder Giacomo Volpi, bei denen er
nicht unerhebliche Schulden hinterließ. Wie dem auch sei: Wenigstens der Zeitraum
der Erwerbung der Morandi-Zeichnungen ließe sich eingrenzen, sofern Krahe diese
tatsächlich auf dem römischen Kunstmarkt gekauft hat. Denn im Juli 1756 kehrte er
mit seiner Zeichnungssammlung, durch die Kunstankäufe hoch verschuldet, nach
Düsseldorf zurück, um dort die Leitung der Gemäldegalerie am kurfürstlichen Hof
zu übernehmen. 1778 verkaufte Krahe seine ca. 15.000 Blätter umfassende Zeichnungssammlung für 20.000 Reichstaler an die so genannten Bergischen Landstände,
eine kleinere Anzahl von Zeichnungen blieb hingegen in seinem Privatbesitz. Ein
Jahr später wurde die Sammlung „nach Künstlern, Kunstlandschaften und Schulen“13 inventarisiert. Sie bildete fortan den Grundstock der Lehr- und Vorbildersammlung in der von Krahe geleiteten Akademie, die 1773 den Status einer „Kurfürstlich-Pfälzischen Maler-, Bildhauer- und Baukunst-Akademie“ erhielt. Krahes
Augenmerk lag dabei auf den großen Werkstatt-Konvoluten von Künstlern wie
Andrea Sacchi, Pier Francesco Mola, Pietro da Cortona und vor allem von Carlo
Maratti. 1778 ging Krahes Sammlung in den Besitz der Akademie über, die 1932
dem städtischen Kunstmuseum zugeführt wurde, dem heutigen Museum Kunstpalast.
Die zwei Morandi-Zeichnungen, die sich heute im Museum Kunstpalast befinden
und von Krahe noch dal Sole zugeschrieben waren, stammen aus dessen Sammlung,14 ebenso wie drei weitere Blätter Morandis, die heute in Köln aufbewahrt
werden. Sie wurden zusammen mit mehr als 100 Zeichnungen aus Krahes Privatsammlung in dem so genannten Recueil des Dessins von 1780/81 graphisch reproduziert.15 Bei den Kölner Blättern handelt es sich um zwei Darstellungen der Marien am
Grab (Kat. 9 u. 10)16 sowie um die Auffindung des Mose (Kat. 11).17 Jedoch galt keine
der im Recueil verzeichneten Morandi-Zeichnungen als Werk dieses Künstlers, die
Kölner Blätter hingegen als Arbeiten von Carlo Maratti. Acht weitere Zeichnungen,
die im Recueil in Form von graphischen Reproduktionen abgedruckt wurden,
befinden sich heute ebenfalls in der Kölner Sammlung.18 Auch diese acht Blätter
71
zeigen Merkmale, die den anderen Zeichnungen von der Hand Morandis entsprechen:19 rückseitige Zuschreibungen sowie Preisangaben in Gulden. Und genau diese
rückseitigen Angaben lassen sich auch auf einer der Düsseldorfer Morandi-Zeichnungen nachweisen.20 Die Beobachtungen lassen nur den einen Schluss zu, dass die
Morandi-Zeichnungen im Kölner Bestand, die das Merkmal des Guldenpreises
aufweisen, tatsächlich aus Krahes privater Zeichnungssammlung stammen.
Wie aber gelangten diese Blätter in die Kölner Sammlung? Bislang wurde für die im
Recueil erfassten Zeichnungen ein nach dem Tode Krahes erfolgter Verkauf an
Ferdinand Franz Wallraf (1748–1824) durch dessen Witwe angenommen.21 Dies ist
zweifellos die einzig mögliche Antwort auf die gestellte Frage. Dabei bleibt offen, ob
es sich bei den rückseitigen Preisangaben um den jeweiligen Verkaufspreis handelt,
den Wallaf für die Zeichnungen begleichen musste,22 oder ob diese Angaben nicht
doch auf eine frühere Versteigerung in den Niederlanden verweisen, auf der Krahe
die Blätter nach seiner Rückkehr aus Rom erworben haben könnte.
Für die übrigen fünf Kölner Zeichnungen Morandis, die keine entsprechenden
Angaben auf den Rückseiten tragen,23 lässt sich eine Herkunft aus der Sammlung
Krahes nicht belegen, sie ist jedoch auch nicht auszuschließen. Denn möglicherweise
wurden die Blätter nach Krahes Rückkehr aus Rom direkt an die Kölner Jesuiten
verkauft, wie etwa die Bedeschini-Zeichnungen, die sich heute in Köln befinden.
Diese Hypothese hat weiterhin eine gewisse Plausibilität, wenn auch den fünf
Morandi-Blättern das entscheidende Signum, das den Bestand der Jesuiten-Sammlung auszeichnet, fehlt: der col-Stempel. Mit dem Stempel col24 wurden jene Zeichnungen und druckgraphische Blätter auf der Vorderseite oben rechts versehen, die
als Teil der damals verwaisten Kölner Jesuiten-Sammlung 1794 durch französische
Truppen nach Paris gebracht wurden. Doch auch hier verkompliziert sich die
Geschichte eher, als dass sie uns tatsächlich Einblicke in das damalige Geschehen
bieten würde. So wissen wir zum einen, dass der größte Teil der Zeichnungen aus
dem Bestand der Kölner Jesuiten in das Cabinet des dessins im späteren Musée
Napoléon einging und die über 5.500 Zeichnungen dabei aus ihren alten Klebebänden herausgelöst wurden.25 Doch gerade diese für den Pariser Sammlungsbestand
wichtigen Zeichnungen, die sich heute noch in Paris befinden, wurden beim Eingang
in die Sammlung des Louvre eben nicht gestempelt. Es gab daher auch 1815, als es
um die Rückführung der Kölner Bestände ging, keine offensichtlichen Belege für die
72
ursprüngliche Herkunft dieser Zeichnungen (die beim Eingang aufgestellten
Inventare konnten im Verborgenen bleiben). Nur ein verhältnismäßig kleiner
Bestand an Zeichnungen, der nicht in das Cabinet des dessins übernommen, d.h. von
den Pariser Zeichnungsexperten vorab aussortiert wurde, wurde anschließend,
vermutlich nach der Überführung in die Bibliothèque Nationale, auch gestempelt –
so wie das große Konvolut an druckgraphischen Blättern aus Köln. Zu diesen
„abgestempelten“ Zeichnungen gehörten auch die bereits genannten BedeschiniZeichnungen, die dann ebenfalls ihren Weg zurück nach Köln gefunden haben. So
gelang es 1815 Everhard von Groote (1789–1864) von den ehemals 208 Klebebänden
52 nunmehr unvollständige Alben in den Pariser Sammlungen aufzufinden und
nach Köln zurückzuführen.26 Der größte Teil der ehemaligen Kölner Bestände
befindet sich aber noch heute im Cabinet des dessins im Musée du Louvre und in der
Bibliothèque Nationale de France.
Allerdings trägt, wie erwähnt, keine der Morandi-Zeichnungen im Unterschied etwa
zu den Bedeschini-Zeichnungen den col-Stempel. Da aber der in den Louvre-Bestand
integrierte Teil der Kölner Blätter nicht gestempelt wurde, kann wiederum nicht
ausgeschlossen werden, dass andere Zeichnungen als nicht sammlungswürdig
ausgeschlossen oder einfach nur übersehen wurden und dann, in einem nicht
aufgelösten Kölner Klebeband verbleibend, auch nicht gestempelt wurden. Auf diese
Weise hätten die Zeichnungen 1815 nahezu unbehelligt nach Köln zurückkehren
können. Dass diese Hypothese nicht ganz so abwegig ist, wie sie auf den ersten Blick
erscheinen mag, belegen eine Zeichnung Morandis sowie drei weitere Zeichnungen
von Giovanni Troppa im Museum in Orléans.27 Die Rötelzeichnung von Morandi
steht im direkten Zusammenhang mit dem Kölner Blatt der Verkündigung (Kat. 4,
Anm. 3). Es ist unwahrscheinlich, dass die beiden Blätter ursprünglich nicht
zusammengehört haben. Und auch die drei Troppa-Zeichnungen in Orléans weisen
stilistische Charakteristika auf, die sie mit dem großen, über 400 Zeichnungen
umfassenden Konvolut des Künstlers, das sich ebenfalls im Wallraf befindet, in enge
Beziehung treten lassen. Bereits im Rahmen der Bedeschini-Ausstellung wurde
vermutet, dass zu der ursprünglichen Gruppe der Kölner Zeichnungen des Künstlers
auch Die Taufe Konstantins gehört, die sich heute – ohne col-Stempel – im Musée
Sainte-Croix in Poitiers befindet und auf die Catherine Monbeig Goguel erstmals
aufmerksam gemacht hat.28 Die Rekonstruktion der Herkunft der genannten
73
Morandi- und Troppa-Zeichnungen wird die Forschung noch beschäftigen, denn sie
gehören mit großer Wahrscheinlichkeit tatsächlich zu jenen ca. 125 Zeichnungen, die
sich zwischen 1794 und 1815 in Paris scheinbar in Luft aufgelöst haben. Denn
addiert man die 523 nach Köln zurückgebrachten Zeichnungen zu den heute im
Louvre aufbewahrten ehemaligen 5.465 Kölner Zeichnungen, so fehlen immer noch
über 100 Blätter, um auf jene Gesamtzahl von 6.113 Zeichnungen zu kommen, die
angeblich von den Revolutionstruppen nach Paris mitgenommen worden waren. Die
Identifizierung dieser 125 Zeichnungen (entweder im Bestand des Louvre, in
anderen französischen Sammlungen oder in Privatsammlungen) wird umso schwieriger sein, als sie ebenso wie die anderen 5.465 ehemaligen Kölner Zeichnungen im
Louvre eben keinen col-Stempel tragen. Damit aber ist für uns heute im Umkehrschluss eine wichtige Erkenntnis verbunden: Dass alle Kölner Zeichnungen, die
keinen col-Stempel tragen, nicht auch in Paris gewesen waren!
Bemerkenswert bleibt, dass aber zwischen den fünf Kölner Morandi-Zeichnungen,
die anscheinend nicht aus Krahes Privatsammlung stammen, und den Düsseldorfer
Zeichnungen durchaus motivische Parallelen bestehen. Nicht auszuschließen ist
daher, dass diese Zeichnungen (Marien am Grab29 sowie der Betende30, die Madonna
mit dem Jesuskind31, die Anbetung des Sakraments32 und der Satanssturz33) auf anderen,
bislang unbekannten Wegen doch von Krahe über Wallraf in die Kölner Sammlung
gelangt sind. Die nachweislich aus der Sammlung Krahe stammenden Zeichnungen
wurden jedenfalls in die Wallraf’sche Sammlung integriert, die den Grundstock der
Graphischen Sammlung im alten Wallraf-Richartz-Museum bilden sollte. Im
19. Jahrhundert kamen dann die Reste der aus Paris zurückgeführten Zeichnungssammlung der Jesuiten als Dauerleihgabe des Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds
an das Wallraf-Richartz-Museum, darunter keine Morandi-Zeichnung mit dem
Stempel col. Interessanterweise ist aber ein Nachstich nach Morandis Gemälde Vision
des Hl. Filippo Neri mit einem entsprechenden col-Stempel versehen (Kat. 17). Dieses
Blatt erinnert uns somit wieder an die Geschichte und Geschicke der Jesuiten-Sammlung im 18. Jahrhundert, wobei nicht auszuschließen ist, dass sich im Altbestand der
Jesuiten nicht doch – wenigstens fünf –Morandi-Zeichnungen befunden haben.
Doch zurück zu den Kölner Blättern. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Lambert Krahe
den größten Teil der Morandi-Zeichnungen unter anderem Namen entweder
während seines Aufenthaltes in Rom (zwischen 1736 und 1756) oder zu einem
74
späteren Zeitpunkt in den Niederlanden angekauft hat.34 Über die tatsächliche
Größe des Konvoluts ist weiter zu rätseln. Damit aber hätte auch Pater Stolzen zur
selben Zeit das Konvolut in Rom erwerben können. Oder aber Krahe hätte wenigstens fünf Blätter nach seiner Rückkehr nach Düsseldorf noch vor Auflösung des
Ordens an die Kölner Jesuiten verkaufen können, wie eben die Bedeschini-Zeichnungen. All diese Transaktionen wären tatsächlich möglich gewesen. Dass Krahe das
zusammenhängende Konvolut von Morandi-Zeichnungen – freilich unter den alten
Zuschreibungen – für seine private Sammlung erworben hat und einzelne Blätter in
seinem Recueil drucken ließ, spricht für die hohe ästhetische Wertschätzung, die er
den Rötel- und Kreidezeichnungen entgegengebracht haben muss. Wie im Fall der
Bedeschini-Zeichnungen handelt es sich somit nicht um einen sammlungsgeschichtlichen Zufall, dass sich gerade in Köln und Düsseldorf zusammen wiederum das
größte Konvolut von Zeichnungen eines italienischen Zeichners des späten 17.
Jahrhunderts befindet, der bereits zu Lebzeiten Ansehen genoss und dessen Name
über die Jahrhunderte hinweg von den Sammlern geschätzt wurde. In Köln, wo der
Morandi-Bestand erst 1992 von Erich Schleier aus dem Dornröschenschlaf geweckt
wurde, können die Zeichnungen nach mehr als 20 Jahren nun erstmals der Öffentlichkeit als Konvolut vorgestellt werden. So stehen wir erst am Beginn der Wertschätzung und Würdigung des Zeichners Giovanni Maria Morandi.
75
1Vgl. Orth 2014, S. 80-86: Anhang 1 – Die bekannten
Zeichnungen Morandis.
2Vgl. Robels 1967, S. 8, ferner Spengler 2003.
3Vgl. Schwaighofer 2010, S. 26–28.
4Vgl. Robels 1967, S. 8.
5Wallraf 1861, S. 203f.; vgl. Spengler 2003, S. 50.
6Zit. nach Spengler 2003, S. 50.
7Vgl. Ausst. Kat. Düsseldorf 2013 und Bering 2013.
8Vgl. Ketelsen 2014, S. 87–99.
9Vgl. Robels 1967, S. 8.
10Dies sind: Inv. 2071, 2072, 2073, 2075, 2131, 2163, 2157
u. 5449.
11Zu den in Anm. 10 genannten Zeichnungen kommt
noch Inv. 2132.
12Vgl. Wegner 1960.
13Brink 2002, S. 208.
14Inv. KA (FP) 4002 u. 4003, ein drittes Blatt wurde von
Schleier Morandi zugeschrieben, aber nicht publiziert:
Inv. KA (FP) 238, Madonna mit Jesuskind und
Johannesknaben nach einem Gemälde Annibale
Carraccis, 240 x 195 mm, Rötel, laviert.
15Dazu Brink 2013.
16Inv. 2132 u. 5544.
17Inv. 5449.
18Inv. 1432, 1974, 2025, 2054, 2135, 3997, 5451, 5644.
19z.B.: Inv. 2135: dal Sole: Krönung der Heiligen
Katharina von Siena, als Franceschini in Serie 3 / 25B.
Alte Zuschreibung an „gio: giuseppe dal Sole“, Preis:
„10fl.“; Inv. 5644: dal Sole: Tygrane zu Füßen des
Lukullus, als dal Sole in Serie 3 / 18. Alte Zuschreibung
an „gio: giuseppe dal Sole“, Preis: „10fl.“.
20Thiem 1990, S. 213: „25, Gius: del Sole, 4 fl.“
21Vgl. Ausst. Kat. Köln 2014, S. 94.
22Eine Ausnahme ist nur Inv. 5544, die möglicherweise
mit Inv. 2132 zusammen verkauft wurde.
23Inv. 2015, 2108, 2134, 2158 u. 5115.
24„Col.“-Stempel (Envoi de Cologne), in Schwarz, oben
rechts auf jedem Blatt angebracht.
25Vgl. Savoy 2011, S. 30–40.
26Vgl. Savoy 2011, S. 40f.
27Vgl. Inv. 15157, 15132, 15192. Da die Kölner
Troppa-Bestände ebenfalls keinen col-Stempel tragen,
könnte es auch sein, sofern sich dieses Konvolut nicht
im Besitz von Wallraf befunden hat, dass es noch andere
Zeichnungsbestände aus der alten Jesuiten-Sammlung
gegeben hat, die nicht in das Cabinet des dessins
überführt, aber auch nicht in die Bibliothèque
Nationale gelangt waren.
28Vgl. Monbeig-Goguel 2009, S. 486f., Abb. 7, S. 488,
Anm. 9.
29Inv. 2108.
30Inv. 2105.
31Inv. 2134.
32Inv. 2158.
33Inv. 5115.
34Brink 2013, S. 55f.
76
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Wolfgang Wegner, Kurfürst
Carl Theodor von der Pfalz
als Kunstsammler. Zur
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Mannheimer Kupferstichund Zeichnungskabinetts
(Schriften der Gesellschaft
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und der ehemaligen
Kurpfalz, Mannheimer
Altertumsverein von 1859,
9), Mannheim 1960
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Thiys Werstyn, The Visible
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Hoogstratens Art Theory
and the Legitimation of
Painting in the Dutch
Golden Age, Amsterdam
2008
Impressum
Giovanni Maria Morandi.
Ein Barockkünstler in Rom
Heft 17 in der Reihe „Der un/gewisse Blick“ erscheint anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im
Graphischen Kabinett des
Wallraf-Richartz-Museums & Fondation Corboud,
2. April – 28. Juni 2015
Herausgegeben von
Thomas Ketelsen und Christoph Orth
Konzeption:
Christoph Orth
Ausstellungsteam:
Dieter Bongartz, Bruno Breuer, Michael Franke, Karin Heidemann, Hansgeorg Hüser, Anne Kessler,
Thomas Ketelsen, Thomas Klinke, Nina Kraus, David Owasianik, Gregor Polecki, Reinhard Rasch,
Michael Schirpke, Stefan Swertz und Barbara Trier
Fotos / Fotorechte:
© Ariccia, Palazzo Chigi: Kat. 8, Vergl.-Abb. 3
© Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett:
Kat. 8, Vergl.-Abb. 2
© Chatsworth, Devonshire Collection. Reproduced by Permission of Chatsworth Settlement Trustees:
Kat. 7, Vergl.-Abb. 1
© Düsseldorf, Stiftung Museum Kunstpalast, Sammlung der Kunstakademie Düsseldorf (NRW):
Kat. 12, Vergl. Abb. 1
© Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Graphische Sammlung:
Kat. 1-18 (Dieter Bongartz)
© Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Archiv des Museums/Autors: Kat. 5,
Vergl.-Abb. 1; Kat. 14, Vergl.-Abb. 1; Kat. 15, Vergl.-Abb. 1; Kat. 17, Vergl.-Abb. 1; Kat. 18, Vergl.-Abb. 1
© Prag, Museum der tschechischen Literatur [Památník národního písemnictví (PNP)], (Jakub Hauser):
Kat. 8, Vergl.-Abb. 1
© Rom, Päpstliches Institut Santa Maria dell‘ Anima, Kat. 5, Vergl.-Abb. 2
Gestaltung:
Studio Carmen Strzelecki, Köln
Lektorat:
Philip Anton, Köln
Druck:
Asmuth Druck, Köln
ISBN: xxxx
Der Katalog wurde vom Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds finanziert.
Giovanni Maria Morandi
Ein Barockkünstler in Rom