verpackung - Berndt+Partner
Transcrição
verpackung - Berndt+Partner
VERPACKUNG www.euwid-verpackung.de · 21.07.2015 AUSGABE 29/2015 VOM 17.07.2015 SEITE 1 Digitalisierung und Verpackung: Von Chancen und Risiken in Zeiten des Wandels Dieses Ergebnis kann im Jahr 2015 kaum überraschen: Die Digitalisierung gewinnt an Bedeutung in der deutschsprachigen Verpackungsbranche. So lautet eine Aussage seitens der Berndt+Partner GmbH, eine Unternehmensberatung für die Verpackungsindustrie mit Sitz in Berlin, die zu diesem Thema eine aktuelle Erhebung durchgeführt hat. Zukünftig werde die Digitalisierung nach Meinung von mehr als zwei Dritteln aller Befragten, die sich aus dem Management von Packmittelherstellern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz rekrutieren, ein wichtiges Thema sein. So weit, so nachvollziehbar. Dass die zunehmende Durchdringung aller Lebensbereiche mit digitalen Technologien eine der größten Herausforderungen unserer Zeit darstellt, konstatiert auch Staatssekretär Franz Josef Pschierer aus dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie in seinem Vorwort zur Studie „Digitalisierung. Achillesferse der deutschen Wirtschaft?" aus dem Hause des Markforschungsinstitutes TNS Infratest, München. „Die Digitalisierung ist allgegenwärtig. Ihre Durchdringung und ihre Nutzung entscheiden heute darüber, wie Volkswirtschaften – und mithin wie klassische Industriezweige – im kommenden digitalen Zeitalter bestehen können. Unser Wohlstand wird zukünftig davon abhängen, wie gut wir unsere Kernkompetenzen auch im digitalen Raum verstehen und zu nutzen wissen. Die Chancen, die die Digitalisierung bietet, sind für Deutschland enorm, aber gleichzeitig spiegelt sie derzeit die Achillesferse der deutschen Wirtschaft wider", lauten die im Januar 2015 veröffentlichten Ergebnisse. Dies korreliert im weitesten Sinne mit den Resultaten der im Mai 2015 durchgeführten Befragung von Berndt+Partner: Nach Meinung von mehr als der Hälfte der Befragungsteilnehmer liegt die Verpackungsindustrie beim Thema Digitalisierung im Vergleich zu seinen Kunden (mehrheitlich Hersteller von Konsumprodukten) zurück. Mit anderen Worten: Die Verpackungsindustrie in Deutschland, Österreich und der Schweiz diagnostiziert bei sich selbst einen Nachholbedarf bei der Digitalisierung. Die Unternehmens-Infrastruktur, R&D und Einkauf werden heute als die Bereiche mit der höchsten Relevanz für das Thema Digitalisierung gesehen. In der Bedeutung am stärksten zunehmend seien bei der Digitalisierung die Bereiche Produktion & Logistik, Marketing & Vertrieb sowie neue Geschäftsmodelle. Digitalisierung – was ist das überhaupt? Der Begriff der Digitalisierung wird im gängigen Sprachgebrauch häufig mit dem „papierlosen Büro" verbunden. Hinter Digitalisierung verbirgt sich jedoch weit mehr als diese Äußerung, heißt es in der Studie „Digitalisierung im Mittelstand" der Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München: „Grundsätzlich gesprochen bezeichnet der Begriff der Digitalisierung nichts anderes als eine Überführung von analogen in digitale Daten. Bei der Anwendung dieses Konstrukts auf den Unternehmenskontext wird jedoch schnell klar, dass diese Definition zu kurz greift. Digitalisierung ist hier mehr eine Philosophie oder ein Verständnis von Geschäftsmodell, Strategie und Zukunftsorientierung, die auf dem Einsatz und der Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und konkreter Kommunikationstechniken basiert. In der Folge verlagert sich die Geschäftstätigkeit von Unternehmen immer mehr von der realen in die virtuelle Welt. Dies führt zusätzlich zu einer starken Virtualisierung und Vernetzung von Lieferanten, Unternehmen und Kunden." Gerade für die deutsche Verpackungsindustrie, die in höchstem Maße mittelständisch geprägt ist, könnte man sich also auf folgende Definition von Digitalisierung aus der Mittelstandsstudie verständigen: „Digitalisierung bedeutet die Veränderung von Geschäftsmodellen durch die Verbesserung von Geschäftsprozessen aufgrund der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechniken." Problem erkannt, Gefahr gebannt? Vor dem Hintergrund der eben genannten Definition aus dem Jahre 2013, bei der explizit auf eine Veränderung von Geschäftsmodellen hingewiesen wird, sollte man zwei Jahre später eigentlich davon ausgehen, dass sich große Teile des deutschen Mittelstandes, welcher die Verpackungsbranche zweifelsohne mit einschließt, der Thematik ausreichend angenommen haben. Weit gefehlt: Das Ergebnis von Berndt+Partner, nach dem fast drei Viertel der Befragten angeben, sich nicht ausreichend mit dem Thema Digitalisierung zu beschäftigen, kann von EUWID Verpackung empirisch belegt werden. In der Berichterstattung über die Verpackungsindustrie taucht der Aspekt der Digitalisierung in den meisten Fällen im Zusammenhang mit Digitaldruck auf. Selbst die Unternehmen, die sich ausreichend mit der Digitalisierung befassen, haben ganz überwiegend noch keine Digitalstrategie. „Die deutsche Verpackungsbranche hinkt jetzt schon hinterher", erklärt Matthias Giebel, Chief Marketing Officer bei der Berndt+PartnerConsultants GmbH, gegenüber dem EUWID. „Nicht wenige Marktteilnehmer denken, die Digitalisierung sei nicht relevant für ihren Bereich, Lizenziert für EUWID © 2015 EUWID Europäischer Wirtschaftsdienst GmbH · Alle Rechte vorbehalten. Die regelmäßige und systematische Weitergabe von EUWID Preistabellen ist nicht erlaubt. Es darf lediglich ein Ausdruck erstellt werden, der in Form eines Umlaufs betriebsintern weitergegeben wird. Das Verbreiten von EUWID Preistabellen per Intranet oder per E-Mail betriebsintern, konzernweit oder außerhalb des Unternehmens ist nicht erlaubt und stellt einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Mehr lesen Sie in unseren FAQs. VERPACKUNG www.euwid-verpackung.de · 21.07.2015 AUSGABE 29/2015 VOM 17.07.2015 SEITE 2 doch das stimmt in den allermeisten Fällen nicht." Die Risiken durch Digitalisierung werden von jedem zweiten Befragungsteilnehmer als niedrig eingestuft, heißt es aus Berlin weiter. Dies ist insofern nachvollziehbar, als wenn man davon ausgeht, dass andere Branchen, etwa Medien (wo eine fundamentale Veränderung des eigenen Geschäftsmodells ansteht respektive schon im Gange ist) oder der Handel (durch E-/M-Commerce), mutmaßlich stärker betroffen sein werden von der Digitalisierung als die Verpackungshersteller. Gleichwohl muss sich auch die Verpackungsindustrie mit den möglichen Risiken der Digitalisierung seriös auseinandersetzen, denn: Wieso sollten die Ergebnisse einer umfassenden Befragung von 350 Führungskräften aus gänzlich verschiedenen Segmenten im Rahmen der KPMG-Studie „Survival of the Smartest: Welche Unternehmen überleben die digitale Revolution?" nicht auch für die Verpackungsbranche gelten? „Die Selbsteinschätzung der bestehenden Geschäftsmodelle durch die Unternehmen zeigt, dass sich viele von ihnen eher kurz als mittelfristig oder zumindest teilweise neu erfinden müssen. Die Grundlagen des bisherigen Wirtschaftens lösen sich für viele Unternehmen zusehends auf: - Bestehende Wertschöpfungsketten werden durch Digitalisierung und Vernetzung aufgebrochen und signifikant verändert. - Bisherige Kernkompetenzen (zum Beispiel im Bereich des Printjournalismus oder bei der zentralisierten Energieversorgung), die in der Vergangenheit hilfreich waren, werden zunehmend ungeeignet. - Mit einem Teil der bestehenden Produkte oder Dienstleistungen wird kein Umsatz mehr erzielt, da sie von digitalen Substituten oder innovativen Anwendungen bzw. Nutzungsformen verdrängt werden. - Das gewohnte Branchenumfeld verändert sich. Der vertraute Markt verschwindet bzw. wird von anderen Märkten überlagert. - Etablierte Wettbewerbs- und Differenzierungsstrategien funktionieren nicht mehr." Mehr Zeit investieren und Digitalkompetenz stärken 44 % der Befragungsteilnehmer sehen laut Berndt+Partner in der zunehmenden Digitalisierung hingegen eine Chance. Bei dieser Erkenntnis gilt es anzusetzen, so Matthias Giebel: „An der Umsetzung muss intensiver gearbeitet werden, damit die Chancen tatsächlich genutzt und nicht durch zu langes Warten zu Risiken werden. Die zwei Haupthindernisse, die es dabei zu überwinden gilt, sind die fehlende Zeit bei den Engpassressourcen im eigenen Unternehmen und fehlende eigene Digital-Kompetenzen." Beides seien Hemmnisse hinsichtlich eines ausreichenden Befassens mit dem Thema der Digitalisierung, die seitens der Verpackungsindustrie seiner Meinung nach ohne weiteren Aufschub angegangen werden müssen. „Ein fehlender Fokus des Managements darf im Jahr 2015 nicht mehr als Entschuldigung gelten." Generell ist es sicher gegenwärtig schwierig, möglichst konkrete und gleichzeitig allgemeingültige Wege in die digitale Zukunft zu formulieren. Gerade für die deutsche Verpackungsbranche in ihrer gesamten Mannigfaltigkeit gibt es kein Allheilmittel, jedoch verschiedenste Ansätze. Einer davon kann sein, ein Verpackungsunternehmen im Zeitalter des E-Business als Marke aufzubauen, erläutert Matthias Giebel. Auch Produktinszenierungen via Augmented Reality könnten ein hilfreiches Werkzeug sein: Mit unsichtbaren Codierungen und speziellen Apps für Smartphones und Tablets entstehen aus konventionellen Druckbildern dreidimensionale Verpackungswelten. Verbraucher erhielten so auf unterhaltsame Art und Weise wichtige Informationen über das verpackte Produkt oder das Unternehmen. Aktionen, Gewinnspiele oder Promotions würden multimedial unterstützt. Interaktive Verpackungen sprechen laut Giebel alle Sinne an. „Den größten Benefit kann die Digitalisierung meines Erachtens bei der Verbesserung des Kundennutzens stiften. Wir helfen unseren Kunden aus der Verpackungsindustrie dabei, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen und die „Customer Journey" zu analysieren. Also alle Interaktionspunkte mit dem Kunden zu identifizieren und im Hinblick auf IT-unterstützte Verbesserungspotenziale zu bewerten und im Anschluss zu optimieren. Am Ende steht ein besseres Kundenerlebnis oder auch „Customer experience", wie es in der Digital-Welt heißt. Das Schaffen positiver Kundenerlebnisse ist das Erfolgsrezept der Internetriesen wie Amazon und Google, das auch in der Verpackungsindustrie seine Berechtigung hat." Lizenziert für EUWID © 2015 EUWID Europäischer Wirtschaftsdienst GmbH · Alle Rechte vorbehalten. Die regelmäßige und systematische Weitergabe von EUWID Preistabellen ist nicht erlaubt. Es darf lediglich ein Ausdruck erstellt werden, der in Form eines Umlaufs betriebsintern weitergegeben wird. Das Verbreiten von EUWID Preistabellen per Intranet oder per E-Mail betriebsintern, konzernweit oder außerhalb des Unternehmens ist nicht erlaubt und stellt einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Mehr lesen Sie in unseren FAQs. VERPACKUNG www.euwid-verpackung.de · 21.07.2015 AUSGABE 29/2015 VOM 17.07.2015 SEITE 3 Ein weiterer Aspekt ist diesbezüglich die Präsenz und das Engagement in den sozialen Medien, die immer mehr Einzug in den beruflichen Alltag halten: Ein Viertel der Teilnehmer der Befragung „Digitalisierung der Gesellschaft 2014: Aktuelle Einschätzungen und Trends" von ibi research an der Universität Regensburg GmbH, Regensburg, nutzt sie den Angaben zufolge bereits täglich am Arbeitsplatz. Im Privatleben seien das mit 54 % zwar noch mehr als doppelt so viele, doch die Bedeutung von Facebook, Google+ und XING auf geschäftlicher Ebene werde zukünftig wohl weiter zunehmen und für Veränderungen sorgen, heißt es weiter: 76 % bemerkten schon jetzt ein verändertes Verhalten am Arbeitsplatz – bei jüngeren Arbeitnehmern seien es demnach sogar 85 %. Ebenfalls mehr als drei Viertel der Online-Experten gaben laut ibi research an, dass Unternehmen von der Nutzung sozialer Netzwerke durch ihre Mitarbeiter profitieren könnten. Als größte Vorteile für Unternehmen, deren Mitarbeiter zu Unternehmenszwecken soziale Netzwerke nutzen, werden der Networking-Effekt (84 %) und die verbesserte Möglichkeit zur Informationsrecherche (70 %) genannt. Design, Verpackung und Präsentation als eigene Schwäche ausgemacht Einen für die Verpackungsindustrie höchst interessanten Gesichtspunkt hat die bereits erwähnte KPMG-Studie „Survival of the Smartest" herausgearbeitet: Darin wird konstatiert, dass sich Unternehmen Defizite bei jenen Faktoren eingestehen, die sie ohnehin als eher unwichtig einschätzten. An erster Stelle stehe hier die Nutzung von Social Media, die der Großteil der Unternehmen als Schwachstelle betrachte. Gleiches gelte, und an dieser Stelle sollte die Verpackungsbranche aufhorchen, für das Design bzw. die Präsentation der Produkte. „So ist beispielsweise den Unternehmen das Design von Produkten relativ unwichtig. Jedoch mehr als die Hälfte der Kunden (bei den unter 30-Jährigen sind es sogar zwei Drittel) wollen in Zukunft Produkte mitgestalten – also auch Einfluss nehmen auf deren Design. An dieser Stelle könnte ein wichtiges Erfolgskriterium und Differenzierungsmerkmal übersehen werden", so die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Ein innerhalb der Verpackungsindustrie eher stiefmütterlich behandeltes Thema ist der E-Commerce, das heißt der digitale Vertrieb von Verpackungen. Nur wenige Verpackungshersteller bieten ihre Produkte selbst im Netz zum Kauf an. Bei der Konzeption eines eigenen Online-Shops seien mehrere Aspekte zu beachten, wenn man in den kommenden Jahren erfolgreich sein und sich gegen die Konkurrenz behaupten will: Der Verbesserung der Nutzerfreundlichkeit messen knapp zwei Drittel der von ibi research befragten Experten eine sehr starke Bedeutung zu. Auch die Anpassung des Shops für den Zugriff mit mobilen Endgeräten, die Verbesserung des Suchmaschinen-Rankings und die Verbesserung der Produktpräsentation im Online-Shop stünden bei den Befragten hoch im Kurs, heißt es aus Regensburg weiter. Im Bereich „IT und Prozesse" würden die Absicherung des Online-Shops gegen Sicherheitslücken, die Integration aktueller Zahlungsverfahren, die Verbesserung des Kundenservices sowie die Optimierung der Warenwirtschaft und der Versandprozesse als wichtigste Erfolgsfaktoren für den mittelfristigen Erfolg von Online-Shops gesehen. Letzten Endes bleibt es natürlich jedem Verpackungsfabrikanten selbst überlassen, ob und wie er dem schier omnipräsenten Trend der Digitalisierung begegnet. Festzuhalten ist, dass die Digitalisierung mittelständischer Geschäftsmodelle und somit auch Strategien keinen Selbstzweck verfolgen dürfen, wie die Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in ihrer Studie betont. „Am Anfang einer solchen Entwicklung sollte eine Überprüfung der aktuellen Gegebenheiten stehen: Werden wir mit dem derzeitigen Geschäftsmodell und unserer momentanen Strategie auch in Zukunft Erfolg haben können? In der Folge sollte überlegt werden, ob und inwieweit eine Digitalisierung von Aktivitäten integrativer Bestandteil des existierenden Geschäftsmodells werden muss oder ob gänzlich neue Geschäftsmodelle entwickelt werden müssen, um den veränderten Bedingungen im Wettbewerb und insbesondere den veränderten Kundenwünschen besser Sorge tragen zu können." Dieses strategische Kernthema sollte mittelständische Geschäftsführer, Vorstände, Aufsichtsräte, Beiräte und Gesellschafter beschäftigen, heißt es dazu aus München. Letzteres könnte man durchaus als Appell verstehen. ? Lizenziert für EUWID © 2015 EUWID Europäischer Wirtschaftsdienst GmbH · Alle Rechte vorbehalten. Die regelmäßige und systematische Weitergabe von EUWID Preistabellen ist nicht erlaubt. Es darf lediglich ein Ausdruck erstellt werden, der in Form eines Umlaufs betriebsintern weitergegeben wird. Das Verbreiten von EUWID Preistabellen per Intranet oder per E-Mail betriebsintern, konzernweit oder außerhalb des Unternehmens ist nicht erlaubt und stellt einen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Mehr lesen Sie in unseren FAQs.