Khao Lak nach dem Tsunami erneut eine

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Khao Lak nach dem Tsunami erneut eine
Fachartikel für eine touristische Fachzeitschrift
Gruppe Daniela Zurflüh, Priska Hauswirth, Barbara Riesbacher
Khao Lak nach dem Tsunami erneut eine Traumdestination
Nach nur knappen 2 ½ Jahren nach dem Tsunami, sind in Khao Lak wieder 75% der vorherigen Betten
erbaut und seit der Saison 2006/07 boomt der Tourismus erstmals wieder. Khao Lak hatte die einmalige
Chance seine Destination neu aufzubauen – wie hat sie diese wahrgenommen?
Traum rettet Einheimische vor Tsunami
Viele Einheimische wurden vom Tsunami hart getroffen und erlebten dabei ihre persönlichen Schicksale.
Eine Reiseleiterin von Khao Lak berichtet: „In der Nacht vom 25. auf den 26. Dezember 2004 schlief ich ab
4:00 Uhr sehr schlecht und hatte einen Alptraum. Ich sah einen weissen Sarg vor einem Hotel, welches
keine Fenster und Türen hatte – überall waren solche Hotels. Der Sarg kam mir sehr komisch vor, denn im
Buddhismus ist es nicht üblich, dass Menschen in einen Sarg gelegt werden. Gewöhnlich werden sie in
einem Tempel aufbewahrt. Ein Baukran hob den Sarg in die Höhe. Ich betete nur: Bitte, bitte lass den Sarg
nicht fallen! Doch plötzlich knallte der Sarg auf den Boden und der Deckel sprang auf. Ich sah einen jungen
Mann; er war kein reiner Thai – offenbar ein Mischling. Sein Gesicht sah glücklich aus, seine Lippen
zeigten ein schmales Lächeln. Bis heute erinnere ich mich genau an sein Gesicht. Nach diesem
schrecklichen Traum erwachte ich. Ich trat auf den Balkon hinaus und bemerkte, dass es draussen seltsam
still war. Nicht ein Vogel zwitscherte an diesem Morgen. Das Meer war ganz ruhig und glatt. Ich fühlte
mich verantwortlich für den jungen Mann aus meinem Traum und fuhr sehr früh am Morgen zum Tempel
um für ihn zu beten. Ich war mir sicher, dass hinter meinem Traum eine Botschaft stecken musste. Fast ¾
Stunden musste ich im Tempel warten, bis ich beten konnte. Danach fuhr ich in Eile wieder nach Hause. Ich
war unter Zeitdruck, da ich mit meiner Familie am Strand abgemacht hatte. Als ich um 10:00 Uhr an der
Patong Beach in Phuket vorbei fuhr, kamen mir Krankenwagen entgegen. Ich fragte mich, was passiert war.
Erst nach und nach folgten die Informationen. Ein Seebeben im indischen Ozean hatte eine
Naturkatastrophe mit verheerenden Folgen ausgelöst. In Thailand gab es rund 5400 Tote, davon sind in
Khao Lak rund 4500 Menschen ums Leben gekommen. Erst jetzt begriff ich, was der Traum bedeutete; der
junge Mann im Sarg hat mir die Flutwelle voraus gedeutet und mich und meine Familie vor dem Tot
gerettet!“
Tourismus in Khao Lak
Khao Lak ist ein Berg an der Westküste Thailands, nahe dem Andamanensee. Bekannter ist die
gleichnamige Urlaubsregion, die sich ihm gegenüber an der Küste ca. 60 Kilometer nördlich von Phuket
befindet. Hauptort der Khao Lak Region ist die kleine Ortschaft La Ohn, wo auch der für Urlauber bekannte
Nang Thong Beach liegt. Khao Lak ist durch seine endlosen, weissen Sandstrände bekannt und
Ausgangspunkt für Tauchgänge auf die Similan-Inseln.
Seit Ende der 80er Jahre wurde die touristische Infrastruktur umfangreich ausgebaut, da sich der Tourismus
als wesentlicher Wirtschaftszweig entwickelte. Der Tourismus ernährt 70% der Bevölkerung von Khao Lak.
In Khao Lak wurde für die Hauptsaison nie Marketing betrieben, da sich die Resorts auch ohne Werbung
verkauft haben.
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Schnell anlaufende Hilfe nach der Flut
Die Behörden organisierten sehr schnell und effektiv die Grundvoraussetzunge für das Überleben der
Dorfbevölkerung. Durch die Hilfe der Provinzregierungen aus ganz Thailand gingen die Aufräumarbeiten
unglaublich schnell voran, so dass die Grundstückbesitzer schon nach fünf Wochen beginnen konnten, ihre
weggeschwemmten Strandgrundstücke wieder aufzufüllen. Bereits anfangs April 2005 konnten einige
Besitzer kleiner Resorts mit dem Wiederaufbau beginnen.
Eine grosse Unterstützung für die Betroffenen war die Direkthilfe vor Ort. Es gab viele Menschen aus der
ganzen Welt, welche nach Khao Lak reisten und in der Region persönlich Hand anlegten und beim
Wiederaufbau selber halfen.
Baustelle Khao Lak
Die Hotelbesitzer in Khao Lak erkannten nach dem Tsunami schnell, dass sie die alten Anlagen möglichst
rasch wieder aufbauen müssen, um den Stammgästen in der zweiten Saison nach der Welle eine
Unterkunft bieten zu können. Der Konkurrenzdruck in Thailand und Umgebung ist so gross, da kann sich
Khao Lak keine grössere Abwesenheit im Markt leisten. So war Khao Lak zur Saison 2005/06 teilweise
wieder erbaut. Bis auf ein Resort konnte jedoch kein weiteres Hotel eine Zimmerbelegung von über 60
Prozent erreichen. In der Saison 2006/07 gab es bereits wieder über 3000 Zimmer, was rund 75% des
Standes vor dem Tsunami entspricht.
Vor dem Tsunami war Khao Lak keine fertig gebaute Destination. Und dort steht sie auch heute wieder. Das
erste Hotel in Khao Lak war das Hotel Laguna, das zurzeit im Wiederaufbau steht. Ist dieser Bau fertig
erbaut, ist für viele Einheimische und Stammgäste der Wiederaufbau von Khao Lak soweit abgeschlossen.
Einige der früheren Ferienanlagen wurden nicht mehr aufgebaut, da den Besitzern das Geld fehlt, weil sie
entweder unterversichert oder gar nicht versichert waren. Einige dieser Anlagen wurden von neuen
Eigentümern oder Hotelgruppen, übernommen.
Kleine bauliche Änderungen
Khao Lak bekam durch den Tsunami die einmalige Chance seine Feriendestination von Grund auf neu zu
errichten und aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Aber hat Khao Lak diese Chance wirklich genutzt?
Der Staat gab Empfehlungen ab, nicht mehr zu nahe am Strand zu bauen. Doch diese wurden nicht
beachtet, da die Gäste ihre Ferien direkt am Meer verbringen möchten. Vorwiegend wurde darauf geachtet,
den früheren Stil der Bungalows und Villen soweit wie möglich beizubehalten. Um das schöne
Landschaftsbild nicht zu zerstören, wurden die Gebäude so niedrig als möglich, nicht mehr als 3-stöckig,
gebaut. Die Restaurants wurden nicht in der Nähe des Meers, sondern eher im hinteren Teil der Anlage
gebaut und sind meistens offen, damit bei einer weiteren Flut das Wasser durchlaufen könnte. Ebenfalls
wurden aus demselben Grund die Erdgeschosse einiger Resorts auf Säulen gebaut und nicht mit fixen
Mauern. Weiter wurden kleine bauliche Massnahmen für die Verbesserung der operativen
Geschäftstätigkeit vorgenommen.
Anfangs 2005 wurde eine öffentliche Kläranlage geplant, aber bis heute nicht realisiert, denn es will
niemand für die Folgekosten aufkommen. Für dezentrale Kleinkläranlagen, welche vor dem Tsunami
erfolgreich getestet wurden, fanden sich keine Sponsoren, so dass es jetzt keine einzige mehr gibt.
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Hauptstrassen und Gehwege wurden nach der Flut asphaltiert. Das Zentrum von Khao Lak wird heute auf
650 Metern von einer vierspurigen Strasse durchzogen, die teilweise von Grünstreifen, Bürgersteigen,
Laternen und alle 50 Meter mit überdachten Sitzbänken flankiert wird. Ringsherum findet sich wieder der
einstige Mix aus Restaurants, Kneipen, Tauchbasen, Reise-Agenturen, Supermärkten, Schneiderläden und
Wechselstuben – wenn auch etwas kleiner als im Boom-Jahr 2004. Viele Stromkabel spannen sich jedoch
noch heute chaotisch über den Strassen und wurden beim Wiederaufbau nicht in die Boden versenkt.
Mangelhaftes Tsunami-Frühwarnsystem
Ein Tsunami-Frühwarnsystem – mit Messstationen in aller Welt und diversen Alarmvorrichtungen –
existierte im Jahr 2004 leider noch nicht. Wird heute im Meer eine Erschütterung festgestellt, können die
Küstengebiete rechtzeitig informiert und bei drohender Gefahr die Menschen evakuiert werden. Das
Warnsystem ist mit Schildern gekennzeichnet, auf welchen eine grosse Welle mit einem kleinen
flüchtenden Männchen zu sehen sind. Die Tafeln enthalten einen Text, welcher in Englisch nicht
verständlich und sehr klein geschrieben ist (siehe Bild). Weiter gibt es Schilder mit der Welle und dem Text:
„Evacuation Route“ sowie einem Pfeil und einer Meterangabe. Diese Schilder zeigen an, in welche
Richtung man im Ernstfall fliehen muss und wie weit die Entfernung zu einem höher gelegenen Gebiet ist.
Bedauernswert ist, dass diese Tafeln zum Teil schwer zu finden sind, da sie im „Dschungel“ der
Werbetafeln oft untergehen. Gerade beim Ausbruch von Panik werden die Menschen nicht mehr Zeit
finden, diese Tafeln zu suchen. Inzwischen wurden einige Fluchtwege sogar durch Grundstückbesitzer mit
Mauern verbarrikadiert.
Der Ort Khao Lak sowie die einzelnen Hotels lösen mehrmals pro Jahr eine Tsunami-Warnung aus, um die
Evakuierung zu üben und natürlich auch das Frühwarnsystem zu testen. In einigen Hotels wurde zusätzlich
eine Verhaltenrichtlinie für eine weitere Tsunami-Katastrophe eingeführt. Das Hotel „Le Meridien“ hat
gemäss seinem General Manager sogar eigene Kameras installiert, welche das Meer rund um die Uhr
beobachten. Dazu erhält der Direktor laufend aktuelle Erdbeben-Daten auf seinem Computer.
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Der Wiederaufbau bleibt für viele ein harter Kampf
Die Situation in Khao Lak ist aber heute noch nicht sorgenfrei. Ein Ortskundiger erwähnte nachfolgende,
durch den Tsunami ausgelöste, Probleme der Destination. Das grösste Problem sei das Unvermögen der
lokalen Behörden, mit Problemen fertig zu werden und die letzten Tsunami-Ruinen endlich zu entfernen.
Weiter macht den Einheimischen die Stranderosion zu schaffen, welche sich nach dem Tsunami dramatisch
verschärft hat. Ein weiteres Problem ist der Egoismus vieler Einheimischer, die nichts von ihrem Land
abgeben, um z.B. Fluchtwege zu ermöglichen.
Ebenfalls herrscht ein Kampf um die wenigen qualifizierten Mitarbeiter. Diese können heute dreimal so viel
verdienen wie vor der Todeswelle. Die meisten, die früher in Khao Lak gearbeitet haben, sind im Tsunami
umgekommen oder in der schlechten Saison 2005 nach Bangkok oder Ko Samui abgewandert. Personal an
den „Todesstrand“ zu locken ist schwer.
Vom Tsunami direkt betroffene Personen erlebten nach der Flut ein sehr hartes Schicksal. So gibt es
Menschen welche durch die Flutwelle ihr ganzes Hab und Gut verloren haben. Für den Wiederaufbau erhielt
eine Einheimische lediglich 55`000 Bath, damit kann sie sich kein neues Haus erbauen. Zusätzlich muss sie
mit schriftlichen Papieren beweisen, dass ihr das Grundstück gehört – nur woher die Papiere nehmen,
wenn sie ihm Meer versunken sind? So steht das Grundstück bis heute leer.
Khao Lak differenziert sich klar von Phuket
In den ersten 20 Monaten nach dem Tsunami lebte die Dorfbevölkerung vorwiegend vom Wiederaufbau.
Heute steht Khao Lak touristisch wieder da, wo die Destination ein Jahr vor dem Tsunami schon einmal
war. Dabei richtet der Ferienort seinen Fokus klar darauf, sich von
Massentourismus-Destinationen wie Phuket deutlich abzuheben.
Khao Lak soll auch in Zukunft eine Oase für Ruhesuchende bleiben
und Gäste ansprechen die Natur, Ruhe und Frieden suchen. Daher
wird auf laute Attraktionen und riesige Hotelbauten verzichtet.
Stattdessen haben sich Bungalow-Anlagen und sogenannte
Boutiquehotels mit oft weniger als 100 Zimmern angesiedelt. Die
Hotels stehen direkt am Strand und sind durch einen langen
Landstreifen von der Strasse getrennt. Es sollen auch wie bisher
keine Liegestühle auf den öffentlichen Sandstrand gestellt werden, um keine Strandverkäufer anzuziehen.
In kurzer Zeit wären die Schönheit des Strandes und damit die Attraktivität der ganzen Destination zerstört.
Unglaubliche Leistung Khao Lak`s und erneut eine Traumdestination
Khao Lak hat sich innerhalb von weniger als zwei Jahren hervorragend regeneriert. Dies ist den Menschen
zu verdanken die nie aufgegeben haben, auch dann nicht, als sie alles verloren hatten. Nach der
Katastrophe haben sie ihre Zukunft selber in die Hände genommen und sich gegen zahlreiche Widrigkeiten
durchgesetzt. Ihr Resultat ist bewundernswert: Sie haben aus einer völlig zerstörten Destination wieder
eine Traumdestination geschaffen. Auch wenn heute noch nicht von einem Khao-Lak Boom, wie es im Jahr
2004, gesprochen werden kann. Die Nachfrage steigt kontinuierlich und Stammgäste kehren an den
Traumstrand zurück. Und diejenigen Touristen die wegen den Katastrophenbildern vom Tsunami die Region
immer noch meiden wissen nicht was ihnen entgeht – Ferien im Paradies.
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