praxisbeispiel - ArbeitsZeitGewinn
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praxisbeispiel - ArbeitsZeitGewinn
PRAXISBEISPIEL Arbeitszeitgestaltung, Organisations- und Personalentwicklung im Kleinbetrieb ProContur GmbH, Wittlich >>> Das Unternehmen ARBEITSZEITGEWINN Projektverbund: Schaffung einer höheren Flexibilität der MitarbeiterArbeitszeit. Der 1994 gegründete Handwerksbetrieb stellt kundenbezogene Produkte aus Feinblech her. Mittlerweile sind 12 Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt. Eine Frau arbeitet in Vollzeit, eine in Teilzeit. Bei einem Durchschnittsalter zwischen 30 und 35 Jahren handelt es sich um ein sehr junges Team. Gezielte Weiterbildung des vorhandenen Mitarbeiterpotenzials zur Erreichung einer höheren Austauschbarkeit und Flexibilität in der Fertigung. >>> Aktuelle Situation, Hauptprobleme >>> Konzeption der Maßnahmen Die neu erworbene CNC-Stanz- und Nibbel-Maschine ermöglichte erheblich höhere Fertigungseinheiten, die in den nachfolgenden Fertigungsstellen Veränderungen sowohl in der Kapazität als auch in der personellen Ausstattung und den Fertigungszeiten erforderlich machten. Die Arbeitszeiten der Beschäftigten waren jedoch weitestgehend starr. Die Folge: Die Fertigungszeiten orientierten sich an den bisherigen Arbeitszeiten. Dies führte zu Staus bzw. Fehlzeiten im gesamten betrieblichen Fertigungsablauf. Infolgedessen mussten die Beschäftigten oft Überstunden leisten, oder es kam zu nicht vertretbaren Minderauslastungen. Gleichzeitig war der Personalbestand in einigen Fertigungsbereichen phasenweise zu hoch. Erstellung und Verabschiedung eines Organigramms Festlegen von eindeutig definierten Zuständigkeiten. Tages-/Fertigungsbesprechung mit aktuellen Themen (14.00 Uhr-Besprechung) längere Maschinenlaufzeit längere Personalpräsenz am Nachmittag kompetente Personalpräsenz (insbesondere bei Fertigung und Verwaltung) Prämienentlohnung Personalentwicklungsplanung Das Hauptziel bestand demzufolge darin, die starken Schwankungen im Arbeitsanfall an den verschiedenen Fertigungsstellen, insbesondere beim Schweißen, besser bewältigen zu können. Gleichzeitig strebte der Inhaber folgende Ziele an: Verlängerung der Laufzeit bei den Kern-Maschinen mit gleichzeitiger Flexibilisierung der Arbeitszeit. Festlegung der Regelarbeitszeit unter Berücksichtigung der Pausenregelung. Betriebsleiter und seine Funktion im Fertigungsprozess Festlegung der Regelarbeitszeit, der Kernarbeitszeit und Pausenregelung Betriebsbedingte Kommunikation und Informationsaustausch innerhalb der Administrations- und Fertigungsbereiche Zwischenbestandsaufnahme zum Zweischichtbetrieb Erstellung eines Personalentwicklungsplanes. Fertigungszeiten und ihre Erfassung/Dokumentation Vermeidung von nicht ausgelasteten Fertigungsteilen im Unternehmen. Anforderungen an die Mitarbeiter und notwendiger Weiterbildungsbedarf Praxisbeispiel 1/2011 – 1 >>> Arbeitszeitgestaltung Für die verschiedenen Abteilungen der ProContur GmbH gibt es unterschiedliche Arbeitszeitregelungen. Dies war erforderlich, weil in den unterschiedlichen Abteilungen verschiedene Anforderungen an die Personalpräsenz sowie an die Maschinenlaufzeiten bestehen. Die folgende Tabelle zeigt die wesentlichen Bestandteile der seit Juni 1999 geltenden Arbeitszeitregelung. Die jeweiligen Möglichkeiten und Alternativen sind den für die verschiedenen Unternehmensbereiche vorgesehenen Spalten zu entnehmen. Die Einführung eines Mehrarbeitszeitausgleichskontos hat sich nach kritischer Würdigung aus verschiedenen Blickrichtungen als nicht sinnvoll erwiesen. Abteilung Verwaltung Stanzmaschine Mech. Fertigung Pulverbeschichtung Mitarbeiter / Geltungsbereich Herr W, Frau B Herr B, Herr F, N.N. Herren K, M, H, M Herr G, Frau M Sollarbeitszeit 40 Stunden Arbeitszeit (Die Arbeitszeit beginnt und endet in Arbeitskleidung am Arbeitsplatz) Montag-Freitag 07:30-16:23 Uhr 1 freier Tag/Monat Herr B: Montag-Donnerstag 06:00-16:30 Freitag frei Herr F, N.N.: s. Schichtsystem Montag-Freitag zeitversetzt von 06:00-16:30 Uhr (Gruppe 1: 06:00-14:30 Uhr, Gruppe 2: 08:00-16:30 Uhr), bei Bedarf Wechselschicht (s. Schichtsystem) Arbeitszeitkorridor Höchstens 10 Stunden/Tag Ausgleichszeitraum Entfällt 12 Monatszeitraum Ausgleich Entfällt Zeitschuld kann ausschließlich durch Nachholen der Arbeitszeit ausgeglichen werden. Zeitguthaben kann sowohl in Freizeit als auch in Geld ausgeglichen werden. Pluszeit max. Minuszeit max. Entfällt + 160 Stunden - 40 Stunden Teilzeit Für Teilzeitbeschäftigte gelten deren einzelvertragliche Regelungen entfällt Schichtsystem Entfällt Montag-Freitag 06:00-14:00 und 14:00-22:00 Uhr in Wechselschicht, Sonderschichten Abstimmung mit Herrn B Überstunden Überstunden sind, wenn möglich zu vermeiden Überstunden werden auf das Zeitguthaben angerechnet Festlegung der Freizeiten Die Festlegung des freien Tages erfolgt in Abstimmung mit GF Die Freizeiten erfolgen in Abstimmung mit Herrn B und GF Zeiterfassung Stempelkarte Samstag / Sonntag Notwendige Arbeiten an Samstagen werden mit der GF abgestimmt Notwendige Arbeiten an Samstagen werden mit Herrn K Notwendige Arbeiten an Samstagen werden mit Herrn und GF abgestimmt B und GF abgestimmt Pausenzeiten Täglich von 12:00-12:30 Uhr Täglich 30 Minuten nach freier Einteilung Ergebnisabhängige Vergütung Alle Mitarbeiter erhalten gem. separater Prämienvereinbarung eine zusätzliche Vergütung Frau M: Montag-Freitag 06:00-12:00 Montag-Freitag 06:00-14:30 und ??? 13:30-22:00 Uhr in ??? Wechselschicht, Sonderschichten Abstimmung mit Herrn K Die Freizeiten erfolgen in Abstimmung mit Herrn K und GF Täglich von 11:0011:30 Uhr, bei Spätschicht 18:00-18:30 Täglich 30 Minuten nach freier Einteilung in Abstimmung mit dem Fertigungsprozess GF = Geschäftsführung >>> Organisationsentwicklung Für den Betrieb haben sich insbesondere folgende Auswirkungen ergeben: In Abstimmung mit dem Fertigungsprozess und dessen Notwendigkeiten kann der Mitarbeiter seine jeweilige Pausengestaltung eigenverantwortlich festlegen. Praxisbeispiel 1/2011 – 2 Geleistete Mehrarbeit kann durch kurzfristig mit der Geschäftsführung abzustimmende Freizeit ausgeglichen werden. Im Rahmen der verabschiedeten Arbeitszeitregelung kann ein „Hausfrauentag“ monatlich in Anspruch genommen werden. Das Konzept der „Jobrotation“ ermöglicht es, Mitarbeiter aus dem Fertigungsbereich für weitere Einsatzmöglichkeiten betriebsintern zu qualifizieren. Kürzere Lieferfristen als Mitbewerber: Die betrieblichen Ziele konnten erreicht werden. Durch die Gruppenabsprachen können Auftragsschwankungen schneller und flexibler abgefangen werden als durch die Erhaltung von Überstunden. Dadurch kann der Betrieb seinen Kunden kürzere Lieferfristen als die Mitbewerber bieten. Dies hat zu einer verbesserten Wettbewerbssituation geführt. Kürzere Reaktionszeiten als bisher: Durch die Arbeitszeitregelung wurde der Grundstein für höhere Produktivität gelegt. Der höhere Materialdurchfluss, insbesondere an der Stanzmaschine, ermöglicht kürzere Auftragsdurchlaufzeiten und schafft damit einen Wettbewerbsvorteil. Durch die Verlängerung der Tagesarbeitszeit in der Verwaltung ist das Unternehmen für den Kunden länger ansprechbar. Das Aufbrechen der Arbeitszeiten nach den in der Übersicht festgelegten Zeiträumen versetzt das Unternehmen in die Lage, den Kundenanforderungen und -bedürfnissen in erheblichem Maße besser gerecht werden zu können. >>> Personalentwicklung Die Arbeitsplätze für die Beschäftigten sind durch den auftragsorientierten Personaleinsatz sicherer geworden. Im Zuge eines erhöhten Auftragseingangs wurden sogar neue Arbeitsplätze geschaffen. Die erhöhte Qualifizierung der Beschäftigten und deren Einsetzbarkeit auf neuralgischen Fertigungsstellen führt dazu, dass sich sowohl das Unternehmen als auch die Mitarbeiter bei ihrer Freizeit- und Urlaubsgestaltung o.Ä. von einzelnen Mitarbeitern abhängig machen muss (kann). >>> Erfahrung im Prozess der Einführung und Umsetzung Die Abstimmung unter den Arbeitnehmern hinsichtlich des jeweiligen Schichtbeginns und -endes erfolgte reibungslos und bedurfte keiner Einarbeitungsphase bzw. Lernphase. Die Probleme bei der Installation der Spätschicht am Freitagnachmittag hat zu Akzeptanzproblemen geführt. Die Arbeitszeitregelung, insbesondere für den Freitagnachmittag, wird diesbezüglich noch einmal überdacht und in Abstimmung mit den Arbeitnehmern geregelt. Dieses Praxisbeispiel wurde in dem Projekt „Flexible Arbeitszeiten in rheinland-pfälzischen Klein- und Mittelunternehmen“ entwickelt und für dieses Faktenblatt aus folgender Broschüre vollständig entnommen: RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e.V. (2000): Flexible Arbeitszeiten in rheinland-pfälzischen Klein- und Mittelbetrieben. Beschäftigung sichern, Wettbewerbsfähigkeit stärken – Ergebnisse und Praxisbeispiele aus einem Beratungsprogramm. Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit Rheinland-Pfalz (Hrsg.), S. 15-19. Impressum: Herausgeber: RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e.V. Kompetenzzentrum Düsseldorfer Straße 40, 65760 Eschborn Stand: Juli 2011 Download: www.arbeits-zeit-gewinn.de Die Reproduktion dieser Veröffentlichung für nichtkommerzielle Praxisbeispiel 1/2011 Zwecke ist bei Angabe der Quelle gestattet. –3