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Auktion 57 Kunst auf Aktien 179 Los 180 LOS NR. 180 MARCEL DUCHAMP; FRANZÖSISCHER MALER UND KUNSTTHEORETIKER (1887-1968 ) Duchamp begann sein Schaffen im fauvistischem Stil mit klaren, kräftigen Farben und den ersten Anklängen an Dadaismus und Surrealismus. 1910 wandte er sich dem Kubismus zu und verband diesen mit der futuristischen Idee der gleichzeitigen Darstellung fortlaufender Bewegungen, wurde Mitglied in der Gruppe „Section d’Or“, schuf seine ersten „ReadyMade’s“, alltäglichen, verfremdet aufbereiteten Gebrauchsgegenständen, deren Auswahl er bereits als künstlerische Leistung betrachtete und mit denen er vor allem in den USA berühmt wurde. 1920 legte er sich den Künstlernamen Rrose Selavy – Eros ist das Leben - zu, was zugleich auch sein Lebensmotto war. Zu seinem engsten Freundeskreis gehörten Man Ray und Francis Picabia. Duchamp gab 1923 die Malerei ganz auf und propagierte eine AntiKunst in der Bedeutung einer Ideen-Kunst. Sein Kunstschaffen ließ allmählich nach, er wandte sich immer mehr dem Schachspiel zu und schaffte es bis zum offiziellen Vertreter Frankreichs bei Turnieren. Die Faszination des Schachspiels inspirierte ihn zu der Idee, mit einem beeinflussbarem System auch im Roulett Erfolg zu haben. Zur Finanzierung schuf er eine Gesellschaft nach dem französischem Aktiengesetz des Jahres 1881. Er gab von ihm selbst gestaltete Obligationen heraus, mit denen er sich in seinem Freundeskreis das Kapital zu dem Vorhaben besorgte. Duchamps Erbe: Schecks in der Kunst „Der Scheck symbolisiert den symbolträchtigen Geldschein. Beides sind Wertträger. Der Scheck wird von so vielen Künstlern aufgegriffen, dass auch er in einer Auseinandersetzung mit dem Thema Dollar in der Kunst nicht fehlen darf. Marcel Duchamp (1887-1968) war der erste Künstler, der mit einem gezeichneten Scheck eine Rechnung beglich – der berühmte Tzanck, mit dem der eine Rechnung über $115 von der erfundenen "Teeth’s Loan & Trust 87 Auktion 57 Kunst auf Aktien Company, Consolidated" an seinen Zahnarzt Daniel Tzanck beglich. Mitten in den Scheck stempelte Duchamp das Wort "Original" – in diesem Sinne wahrlich ein origineller Scheck.“ Julia Fuchshube;rFinancial Times OBLIGATION DU ROULETTE DE MONTE CARLO 20%ige Obligation über 500 Franc; Paris, 1. November 1924; (Nachdruck von (1968) # 12 Farbe: Grün, Rot, Gelb, Schwarz; Maße: 32 X 21,5 cm. Die Anleihe zeigt – nach einem Foto von Man Ray – das Gesicht von Marcel Duchamp mit Seifenschaum bedeckt und mit Faunshörnern gekrönt. Das Gesicht wird umrahmt von den Fächern des Roulettespiels. Unterzeichnet ist die Anleihe mit Rrose Selavy, dem Künstlernamen Duchamp’s als Präsident der Gesellschaft und von dem Verwaltungsbeamten Marcel Duchamp. Zweck der Gesellschaft war die Sprengung des Casinos in Monte Carlo. Duchamp fuhr mit den Geldern, die er sich durch den Verkauf mit den Obligationen erworben hatte, nach Monte Carlo ins Casino. Sein System ging allerdings nicht auf, aber er verlor er auch kein Geld. Im Dezember 1925 zahlte Duchamp sogar eine Dividende von 50 Franc auf die seinerzeit 30 ausgegebenen Wertpapiere. Die meisten dieser Originale gingen verloren. Mi den wenigen aufgehobenen Stücken , konnte zumindest im Kunstmarkt viel Geld verdient werden. Zuletzt wurde für einen Originalbond mit der Nr. 17 rund € 80.000 auf einer Auktion erzielt. Bekannt sind heute nur noch drei Originalzertifikate. Eines befindet sich im Philadelphia Museum of Art, ein anderes im Museum of Modern Art. 1938 erschien in der Zeitschrift XXe Siécle nochmals eine Originallithographie in einer Auflage von 2000 Exemplaren. Die Coupons dieses zweiten Druckes tragen alle die Nummer 4. Im Jahre 1941 stellte Duchamp selbst eine Boite en Valies her. Diese Boit enthielt eine ausgewählte Anzahl Reproduktionen seiner Bilder Ready Mades nebst Texten in Kleinformat. Darunter war auch seine Arbeit über sein Monte Carlo Abenteuer enthalten. Von diesem Boit sind die Monte Carlo Obligationen nur in der Luxusausgabe enthalten, die in zwanzig Exemplaren hergestellt wurden. Quasi ein Museum im Koffer und gleichzeitig eine Suche nach dem kommerziellem Erfolg, wie der Künstler selbst notierte. In einer bibliophielen Veröffentlichung seines Mailänder Galeristen Arturo Schwarz über die Ready-Made’s im Jahre 1964 wurde die Monte Carlo Anleihe nochmals nachgedruckt. Nur 100 Exemplare wurden der Mappe beigelegt. Alle diese Stücke tragen die Nummer 12: Bei der hier angebotenen, unbeschnittenen Obligation handelt es sich um ein Exemplar mit der Nr. 12. (10854) Äußerst selten! Ausruf: € 1.500 ___________________ Ein Künstler und seine Aktie: Rockwell Kent Marc-Edouard Enay LOS NR. 181 ROCKWELL KENT INCORPORATED New York: "Adam vor dem Sündenfall". Aktienzertifikat. (Blankett). o. J. (1919). Holzschnitt in schwarz, gedruckt von Rockwell Kent selbst (Stempel unten rechts) auf Papier mit Wasserzeichen "Textile Bond". Perforation links. 27,5:25 cm. Eindrucksvoller, mystischer Original-Holzschnitt des Künstlers. Unter einem einsamen, halbseitig absterbenden Baum, vor einer Gebirgslandschaft, liegt schlaff eine männliche Aktfigur (der Künstler selbst?). Um den Stamm windet sich eine Riesenschlange empor und züngelt dem Rest der noch verbliebenen Früchte entgegen. Auf dem markanten R zwitschert ein Vogel. Auch der Text des Zertifikates wurde vom Künstler in den Holzstock geschnitten. Dekoration und Schrift bilden auf diesem Wertpapier ein gemeinsames illustratives Erlebnis Wie fast bei jedem Künstler beherrschte die Not auch bei Rockwell Kent das Dasein. Doch der Künstler war pfiffig genug und Amerikaner obendrein und so gründete er seine eigene Aktiengesellschaft, die er 1919 ins New Yorker Register eintragen liess, um diesen Zustand zu beenden. Begeben werden sollten 10 000 $, eingeteilt in Aktien zu je 100 $. Und tatsächlich: einige prominente und kapitalkräftige Förderer stiegen ein, so unter anderen der Verleger George Putnam und Gertrude Vanderbilt-Whitney. Die Zertifikate druckte der Künstler selbst. Ausgestellte Aktien sind bisher im Markt nicht bekannt geworden. Auch das hier angebotene Blankett ist äusserst selten wie dem Werkverzeichnis von Dan Burne Jones: "The Prints of Rockwell Kent", Chicago, 1975 (Erweiterte Neuauflage, San Francisco 2002), zu entnehmen ist. Rockwell Kent wurde am 21. Juni 1882 in Tarrytown (New York) geboren und starb am 13. März 1971 in Plattsburgh (New York). Bevor er sich der Zeichnung, den graphischen Arbeiten und der Malerei zuwandte, studierte er Architektur an der Columbia-University bevor er sich an der New York School of Art einschrieb. Neben seinem Künstlerdasein war er zuerst Umherstreifender, Tischler, Baumeister, Hummerfänger, Melker und später politischer Aktivist. Über seine Reisen und Abenteuer veröffentlichte er mehrere Bücher: "Wilderness: A Journal of Quiet Adventure in Alaska" (1920) [deutsch: 1925]; "Voyaging Southward from the Strait of Magellan" (1924), "Salamina" (1934) sowie zwei Autobiographien. Die erste er 88 Auktion 57 Kunst auf Aktien Los 181 schien 1940 unter dem Titel "This is my Own" und die zweite, "It's me O Lord", 1955 [deutsch: 1984]. Der Künstler war ein radikaler Verfechter des Sozialismus, gehörte jedoch nie der kommunistischen Partei an. Sein Eintreten für die sozialen Belange der Arbeiterschaft minderte nach dem Krieg seine Popularität als Künstler gewaltig und erreichte in den fünfziger Jahren ihren Tiefpunkt, als die Passbehörde seinen Pass einzog. Kent jedoch klagte erfolgreich dagegen und siegte schliesslich vor dem Obersten Bundesgerichthof. Politisch brisant war vor allem seine Ausstellung 1957, in der damaligen Sowjet-Union, die von über einer halben Million Russen besucht wurde. Wohl als Dank für die Anerkennung, aber sicher auch aus Verärgerung über die gegen ihn persönlich gerichteten Massnahmen der US-Behörden, schenkte er dem russischen Volk daraufhin achtzig Gemälde und achthundert seiner Zeichnungen. Diese Arbeiten werden heute in der Ermitage und im Puschkin-Museum aufbewahrt. Der Leningrader Aurora-Verlag reproduzierte einen Teil der Gemälde und veröffentlichte einen prächtigen Bildband, der 1976 in zweiter Auflage erschienen ist. 1967 wurde ihm der Lenin Friedenspreis verliehen. Durch den Gebrauch von Symbolik hebt sich die Kunst von Rockwell Kent deutlich von der amerikanischen Kunst ab. Vor allem in seinen graphischen Arbeiten kommt ein älterer, ja fast englischer Stil zum Ausdruck, der an William Blake, an die Prä-Raphaeliten, an William Morris und an Charles Rickett erinnert. Ähnlich wie diese, sucht der Künstler eine Erneuerung der Kunst in Verbindung mit der Tradition, um seine sozialen Zukunftsvorstellungen verwirklichen zu können. In fast allen seinen Drucken, seien es die Holzstiche, -schnitte oder Lithographien, scheint der Mensch einen Kampf mit seinem Menschsein an sich auszufechten, um in sein Innerstes zu gelangen und so die Gründe für sein Dasein zu finden. Tragik und Heroentum, Dunkel und Hell vereinigen sich in den meisten seiner Blätter. Bedeutungsvoll kontrastiert er reine Weissflächen gegen die lineare Füllung der Umgebung. Die Linienführung ist perfekt und doch subtil, im Ausdruck klar und überlegt. Seine lebhafte und dramatische Darstellung in der Buchillustration brachte ihm 1930 den endgültigen Durchbruch mit Herman Mellville's "Moby Dick [deutsch 1992 und 2004]. Zuvor schon erschien 1929 "Candide" von Voltaire. 1934 folgten die "Canterbury tales" von Geoffrey Chaucer. 1946 erschien seine illustrierte Gesamtausgabe von Shakespeare. 1949 das Dekameron von Boccacio. Ausserdem lieferte er unter dem Pseudonym "Hogarth junior" der Zeitschrift "Vanity Fair" eine Reihe sittengeschichtlicher Illustrationen. Während des Zweiten Weltkrieges förderte Kent durch Zeichnungen und Plakate, u. a. für die "Rahr Malting Company" (erstmals publiziert 1947)den inneramerikanischen Zusammenhalt. Ende der vierziger Jahre, als die moderne abstrakte Kunst ihren Siegeszug antrat, begann der Stern Kent zu verblassen und seine Popularität erlosch schliesslich mit der politischen Verfolgung in der Mac Carthy-Aera fast gänzlich - bis zu seiner Wiederentdeckung. Seine Werke sind in fast allen grossen amerikanischen und internationalen Museen zu bewundern. Weitere Literatur: Bénézit VII, S. 758; Thieme-B. XX, S. 157 f.; Vollmer III, S. 37 f.; Wien, Jake Milgram: Rockwell Kent; the mythic and the modern, New York, 2005. EF (10854) Rarität! Ausruf € 1.200 ____________________ 89