Briefkopf Botschaft

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Briefkopf Botschaft
Rechtsverfolgung in Zivil- und Handelssachen in der Türkei
Stand: 01.03.2011
Alle Angaben in diesem Merkblatt beruhen auf Erkenntnissen und Erfahrungen der Botschaft im
Zeitpunkt der Abfassung des Merkblattes. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit, insbesondere
wegen zwischenzeitlich eingetretener Veränderung, kann keine Gewähr übernommen werden.
A. Allgemeines
Bei der Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche gewähren die Botschaft der Bundesrepublik
Deutschland in Ankara, die Generalkonsulate in Istanbul und Izmir sowie das Konsulat Antalya
als Außenstelle des Generalkonsulats Izmir Deutschen sowie inländischen (deutschen) juristischen Personen im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten Rat und Beistand. Sie erteilen Auskünfte, empfehlen gewöhnlich die Einschaltung eines geeigneten Rechtsanwalts und übersenden
bei Bedarf eine Liste von ihnen bekannten, in ihrem Konsularbezirk ansässigen Rechtsanwälten
mit Deutsch- oder Englischkenntnissen. Diese Listen und weitere Rechtsinformationen finden
Sie auf der jeweiligen Homepage dieser Vertretungen.
Die Anschriften der Vertretungen lauten:
Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Ankara
Postanschrift: Almanya Federal Cumhuriyeti Büyükelçiligi, PK 54,
06552 Çankaya - Ankara, Türkei,
(Tel.: 0090/312/4555 100),
(Fax: 0090/312/4555 333),
Amtsbezirk sind die Provinzen: Adana, Adiyaman, Agri, Aksaray, Amasya, Ankara, Ardahan,
Artvin, Batman, Bartin, Bayburt, Bingöl, Bitlis, Çankiri, Çorum, Diyarbakir, Elazig, Erzincan,
Erzurum, Gaziantep, Giresun, Gümüshane, Hakkari, Hatay (Antakya), Igdir, Karabük,
Kahramanmaras, Karaman, Kars, Kastamonu, Kayseri, Kilis, Kirikkale, Kirsehir, Konya, Malatya, Mardin, Mersin (Icel), Mus, Nevsehir, Nigde, Ordu, Osmaniye, Rize, Samsun, Sanliurfa, Siirt, Sinop, Sirnak, Sivas, Tokat, Trabzon, Tunceli, Van, Yozgat und Zonguldak
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Deutsche Botschaft Ankara
E-Mail Deutsche Botschaft Ankara
Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland Istanbul,
Postanschrift: Almanya Federal Cumhuriyeti Baskonsoloslugu, PK 355,
34431 Istanbul Beyoglu, Türkei,
(Tel.: 0090/212/ 3346 100),
(Fax: 0090/212/2499 920),
Amtsbezirk sind die Provinzen: Balikesir, Bilecek, Bolu, Bursa, Çanakkale, Düzce, Edirne,
Eskisehir, Kirklareli, Kocaeli (Izmit), Istanbul, Sakarya (Adapazari), Tekirdag und Yalova.
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Deutsches Generalkonsulat Istanbul
E-Mail Deutsches Generalkonsulat Istanbul
Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland Izmir
Deutsche Botschaft Ankara, Tel.: 0090-312 4555 100, Fax: 0090-312 4555 333, e-mail: [email protected]
Rechts- und Konsularabteilung - Postanschrift:PK 54, Cankaya, 06552 Ankara, www.ankara.diplo.de
- 2/8 Postanschrift: Almanya Federal Cumhuriyeti Baskonsoloslugu, Havuzbasi Kaplica Alani
Korutürk mah, TR 35330 Izmir,
(Tel.: 0090/232/488 88 88),
(Fax: 0090/232/488 88 74),
Amtsbezirk sind die Provinzen: Afyon, Antalya, Aydin, Burdur, Denizli, Isparta, Izmir, Kütahya, Manisa, Mugla und Usak.
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Deutsches Generalkonsulat Izmir
E-Mail Deutsches Generalkonsulat Izmir
Konsulat Antalya als Außenstelle des Generalkonsulats Izmir
Postanschrift: Almanya Federal Cumhuriyeti Konsoloslugu, Yesilbahce Mahallesi, 1447 Sokak,
B. Gürkanlar Apt.; 5/14, 07050 Antalya, Türkei,
(Tel.: 0090/242/3141 101, 3141 102)
(Fax: 0090/242/3216 914)
Amtsbezirk sind die Provinzen: Antalya, Burdur und Isparta (zuständig nur für Rechts- und
Konsularangelegenheiten ohne Visumsangelegenheiten).
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Deutsches Konsulat Antalya
B. Allgemeine Rechtsgrundlagen
I. Multilaterale Übereinkommen für Rechtshilfe
Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 01. März 1954 (BGBl. 1958 II Seite 577,
1973 II Seite 1415)
Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen vom 28. Mai 1929 (RGBl.
1930 II Seite 6, 1931 II Seite 534)
Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965 (BGBl. 1977 II Seite 1452
und BGBl. 1980 II Seite 907)
Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen
vom 18. März 1970 (BGBl. 1977 II Seite 1452, 1472 und BGBl. 2005 II Seite 329)
II. Gesetzliche Grundlagen
Die wichtigsten gesetzlichen Regelungen ähneln mitteleuropäischen Vorbildern.
Das türkische Zivilgesetzbuch und das Gesetz über Schuldverhältnisse, beide vom 04.10.1926,
beruhen auf einer fast vollständigen Übernahme des damaligen ZGB der Schweiz.
Das Handelsgesetz vom 29.06.1956 hat wesentliche inhaltliche Gemeinsamkeiten mit dem deutschen Handelsgesetzbuch.
Das Gesetz über Zivilverfahren vom 18.06.1927 lehnt sich strukturell stark an die damalige
schweizerische Zivilprozessordnung für den Kanton Neuchâtel aus dem Jahre 1925 an. Das
Gesetz über Zwangsvollstreckung und Konkurs Nr. 2004 vom 19.06.1932 geht in seiner
ursprünglichen Fassung nahezu ganz auf das schweizerische Bundesgesetz über Schuldbeitreibung und Konkurs aus dem Jahre 1889 zurück und berücksichtigt manche Einrichtungen des
entsprechenden deutschen Rechts.
- 3/8 Das Gesetz über Internationales Privat- und Zivilverfahrensrecht Nr. 5718vom 27.11.2007
ermöglicht durch seine Verweisungen, z.B. auf das Recht des Erfüllungsortes bei Geldschulden,
die Anwendung materiellen deutschen Rechts.
C. Geltendmachung von Forderungen
I. Außergerichtliche Einziehung von Forderungen
1. Adressermittlung:
Informationen zu Adressermittlungen finden Sie auf der Homepage der Botschaft Ankara.
2. Möglichkeiten der Botschaft
Sofern die Anschrift bekannt ist, kann der Schuldner von der Vertretung mittels Mahnschreiben
oder Vorladung zur Zahlung aufgefordert werden. Kosten hierfür fallen gem. der aktuellen
Fassung der Auslandskostenverordnung (z.B. für das erste Mahnschreiben gem. Nr. 210 GebV
10,-- bis 50,-- Euro) an. Den Auslandsvertretungen stehen jedoch keine Zwangsmittel zur Beitreibung der Forderungen zur Verfügung. Bei Zahlungsweigerung des Schuldners steht letztlich
nur der Rechtsweg offen.
3. Handelskammern
Die Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer (Yeniköy Cad. 88, 34457 Tarabya – Istanbul, Tel. 0090 - 212 – 3630500, Fax: 0090 – 212 – 3630560) gewährt gegen Gebühr Rechtsberatung in Handelssachen. Zu den Dienstleistungen im Rechtsbereich zählen u.a. Auskünfte zum
Handels-, Niederlassungs-, Steuer- und Arbeitsrecht, Beratung bei der Gründung von neuen Unternehmen und Joint Ventures, Vermittlung in handelsrechtlichen Streitfällen. Homepage und
Mail:
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Internet Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer
E-Mail Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer
4. Inkassobüros
Entsprechende Dienstleistungen bieten alle Rechtsanwälte in der Türkei an, die sich mit Zivilund Handelsrecht befassen. Die Rechtsanwaltslisten der deutschen Auslandsvertretungen in der
Türkei finden Sie auf der Homepage der deutschen Botschaft Ankara. Die Rechtsanwaltsliste des
Generalkonsulats Istanbul enthält Inkassobüros, die auch landesweit tätig sind. Eine Gewähr für
die Tätigkeit dieser Rechtsanwälte kann von der Botschaft nicht übernommen werden.
5. Außergerichtliches Mahnverfahren
Mit einer über einen Notar zugestellten Mahnung (außergerichtliches Verfahren) teilt der
Anwalt dem Schuldner die Entschlossenheit des Gläubigers zur Klageerhebung mit und setzt ihn
- je nach Fallgestaltung - in Verzug, so dass spätestens von diesem Zeitpunkt an Verzugszinsen zu
zahlen sind.
II. Rechtsweg (Einklagen von Forderungen in der Türkei)
1. Gesetzliche Grundlagen
Handelsgesetz Nr. 6762, das Schuldrecht, Gesetz Nr. 818 und das Zwangsvollstreckungs- und
Konkursgesetz Nr. 2004
2. Sachliche und örtliche Zuständigkeit
- 4/8 Der Gerichtsaufbau ist zweistufig. In erster Instanz entscheiden in Zivil- bzw. Handelssachen die
Amtsgerichte (Sulh Hukuk Mahkemesi), ab einer bestimmten Streitwertgrenze sind die Grundgerichte (Asliye Hukuk Mahkemesi - entspricht den Landgerichten) erstinstanzlich zuständig.
Die genaue Summe der Streitwertgrenze in türkischen Lira kann hier nicht angegeben werden, da
sie sich inflationsbedingt ändert. In Handelssachen, gibt es in acht Großstädten besondere
Kammern als Handelsgerichte (Ticaret Mahkemesi), die erstinstanzlich zuständig sind. Gegen die
Entscheidungen der türkischen Gerichte ist keine Berufung, sondern nur die Revision an den
Kassationsgerichtshof zulässig. Örtlich zuständig ist das Gericht am Wohnort des Beklagten oder
am Ort seines letzten Wohnsitzes in der Türkei. Bei Scheidungsklagen ist das Gericht am Wohnort des Klägers oder das Gericht an dem Ort, an dem die Eheleute zuletzt sechs Monate gemeinsam ihren Wohnsitz hatten örtlich zuständig. Bei Unfällen ist das Gericht am Unfallort und bei
Vermögensstreitsachen, das Gericht an dem Ort, an dem sich das Vermögen befindet örtlich zuständig.
3. Verfahrensarten
Einen mit dem deutschen Vollstreckungsbescheid vergleichbaren Vollstreckungstitel, den sog.
Zahlungsbefehl (ödeme emri), erhält der Gläubiger im Wege eines förmlichen Mahnverfahrens.
Einen Zahlungsbefehl kann der Gläubiger schriftlich oder mündlich zur Niederschrift beim zuständigen Zwangsvollstreckungsamt beantragen. Der Antrag muss Namen und Anschrift der
Parteien und den Forderungsbetrag enthalten. Ferner müssen zumindest der Rechtsgrund der
Forderung sowie das Begehren des Antragstellers angegeben werden.
Die Vollstreckungsbehörde prüft lediglich, ob der Antrag den Anforderungen an Form und notwendigem Inhalt entspricht, nicht jedoch, ob der Anspruch überhaupt besteht.
Der Zahlungsbefehl wird rechtskräftig, wenn er förmlich zugestellt worden ist und der Gegner
nicht innerhalb von 7 Tagen nach Zustellung Einspruch (itiraz) eingelegt hat. Das Zwangsvollstreckungsamt erlässt sodann auf Antrag des Gläubigers einen Pfändungsbeschluss, mit dem
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingeleitet werden können.
Wenn der Schuldner keinen Einspruch einlegt, aber auch nicht bezahlt, muss er auf Antrag sein
Vermögen offen legen (Art. 74 ff ZVG). Hat der Gegner erfolgreich Einspruch eingelegt, so ruht
das Zwangsvollstreckungsverfahren.
Um den Einspruch des Schuldners auszuräumen, muss der Gläubiger innerhalb eines Jahres beim
Zivilgericht Klage auf Aufhebung des Einspruchs (itirazin iptali) erheben. Erweist sich im
Gerichtsverfahren der Einspruch des Schuldners als unbegründet, kann das Gericht ihn auf Zahlung eines Schadensersatzes an den Gläubiger in Höhe von bis zu 40% des Streitwertes verurteilen.
Möglichkeit eines beschleunigten Verfahrens:
Wenn Sie in Besitz einer schriftlichen Schuldanerkennung sind, können Sie direkt beim Vollstreckungsgericht (icra tetkik mercii) ein Gesuch auf Rechtsöffnung stellen.
Für Mietsachen gelten hinsichtlich des Mahn –und Vollstreckungsverfahrens Sonderbestimmungen.
Zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen wegen
einer Geldforderung kann der Gläubiger beim zuständigen Gericht auch vor Klageerhebung unter
Sicherheitsleistung einen Arrestbefehl erwirken. Forderung und Dringlichkeit müssen ähnlich
wie nach deutschem Recht glaubhaft gemacht werden.
4. Kostentragung, Kostenrisiko
Die Gerichtskosten betragen in Zivilsachen 54 Promille des Streitwerts. ¼ der Kosten sind im
voraus zu bezahlen, die restlichen ¾ bei Urteilsverkündung. Gerichtskosten trägt bis zur Urteilsverkündung der Kläger. Erst im Urteil wird festgelegt, wer sie zu tragen hat. Gerichtskosten von
Verfahren, die bei einem Strafgericht anhängig sind, werden durch den Staat getragen.
Der Anwalt hat neben einem Honorarabschlag Anspruch auf einen gesonderten Vorschuss zur Bestreitung des Gerichtskostenvorschusses sowie gerichtlicher und außergerichtlicher Nebenkosten
der Rechtsverfolgung. Pauschalvereinbarungen sind möglich.
- 5/8 -
5. Rechtsanwälte, Anwaltszwang
Türkische Rechtsanwälte sind im ganzen Land und auf allen Stufen der Gerichtsbarkeit zugelassen. Anwaltszwang besteht grundsätzlich nicht. Ausnahmen kann das Gericht anordnen. Zur
Vertretung vor Gericht bedürfen Anwälte im Normalfall einer ausführlichen Vollmacht, deren Inhalt für bestimmte Prozesshandlungen vorgeschrieben ist.
Nach Auskunft des türkischen Außenministeriums kann diese Vollmacht bei den türkischen Konsulaten in Deutschland erstellt werden. Da die Vollmacht dort in türkischer Sprache aufgesetzt
wird, muss die Person, die die Vollmacht erteilen möchte, entweder selber türkisch sprechen oder
aber in Begleitung eines vereidigten Dolmetschers im türkischen Konsulat vorsprechen. Bitte
fragen Sie vorab das jeweilige türkische Konsulat, mit welchen vereidigten Dolmetschern es zusammenarbeitet. Die im Konsulat auf türkisch erstellte Vollmacht kann direkt in der Türkei
verwendet werden und bedarf keiner Apostille.
Für den Fall, dass Sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen wollen, ist ein unverbindliches Muster einer Prozessvollmacht (in deutscher und türkischer Sprache) als Download
am Ende dieses Merkblattes eingestellt. Die Vollmacht ist notariell zu beurkunden. Wenn die
Vollmacht durch einen deutschen Notar beurkundet wird, muss sie ins Türkische übersetzt und
auf der Basis des Haager Übereinkommens über die Befreiung ausländischer öffentlicher
Urkunden von der Legalisation (BGBl. 1961 II, Seite 876) mit der Apostille des zuständigen
Landgerichtspräsidenten versehen werden.
Das Rechtsanwaltshonorar besteht aus zwei Teilen.
Erster Teil:
Das Rechtsanwaltshonorar wird nach dem Gesetz über Rechtsanwaltschaft vom 19.03.1969 frei
vereinbart. Es macht je nach Einzelfall gewöhnlich etwa 10 bis 20 % des Streitwerts aus und
sollte möglichst in absoluten Beträgen im voraus schriftlich festgelegt werden. Wird keine Vereinbarung getroffen, gelten die gesetzlichen Mindestgebühren (resmi ücret tarifesi). Diese
werden jährlich durch den Verband der Rechtsanwaltskammern im türkischen Gesetzblatt (resmi
gazete, http://rega.basbabakanlik.gov.tr) oder auch auf den Internetseiten der jeweiligen Rechtsanwaltskammer veröffentlicht. Da die gesetzlichen Gebühren relativ niedrig sind, geben einzelne
Anwaltskammern zusätzliche Listen mit Honorarempfehlungen (tavsiye niteliğindeki ücret
tarifeleri) heraus. Die darin enthaltenen Gebührensätze sind zwei- bis dreifach höher als die
gesetzlichen Sätze.
Ein Erfolgshonorar darf 25 % des Streitwerts nicht übersteigen.
Schließlich kann auch ein Stundenhonorar vereinbart werden, welches i. d. R. zwischen 100
und 200 € liegt.
Mit dem Honorar sind in der Regel alle Tätigkeiten bis zum Abschluss von Rechtsmittelverfahren ohne mündliche Verhandlung abgegolten. Die Wahrnehmung höchstrichterlicher Verhandlungstermine und Handlungen im Vollstreckungsverfahren sind normalerweise gesondert zu vergüten. Im allgemeinen ist ein Vorschuss von 10 bis 20 % des vereinbarten Honorars bei Mandatserteilung, der Rest bei Rechtskraft des Urteils zu begleichen. Neben diesem Honorarvorschuss
hat der Anwalt einen gesonderten Anspruch auf Vorschuss zur Bestreitung der Gerichtskosten sowie gerichtlicher und außergerichtlicher Nebenkosten der Rechtsverfolgung. Pauschalvereinbarungen sind möglich.
Zweiter Teil:
Rechtsanwaltshonorare, über die das Gericht im Urteil entscheidet.
Dabei kommt es zu zwei Konstellationen. Wenn Sie den Prozess gewonnen haben, dann erhält
Ihr Rechtsanwalt vom Beklagten das im Urteil festgelegte Anwaltshonorar. Wenn der Prozess
verloren wird, zahlt der Kläger das im Urteil festgelegte Anwaltshonorar des Beklagten.
Wichtig! Von Ihnen gezahlte Anwaltshonorare werden bei Klageerfolg nicht erstattet.
- 6/8 6. Prozesskostenhilfe
Bei nachgewiesener Mittellosigkeit kann der Richter Prozesskostenhilfe gewähren. Er legt bei
der Prüfung der Bedürftigkeit von Europäern mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Lebensverhältnisse strenge Maßstäbe an. Bei Gewährung wird ein Rechtsanwalt bestellt, der die Vertretung
gegen ein geringes Entgelt übernehmen muss. Institutionen, die eine kostenlose Rechtsberatung
oder gar Rechtsverfolgung übernehmen, sind nicht bekannt.
7. Vollstreckung türkischer Urteile in der Türkei
Die Zwangsvollstreckung aus Urteilen und Urkunden ähnelt verfahrenstechnisch der Zwangsvollstreckung im Mahn- und Vollstreckungsverfahren.
Erstinstanzliche Urteile sind grundsätzlich vollstreckbar.
Das Vollstreckungsverfahren beginnt nach Zustellung des vom Vollstreckungsgericht erlassenen
Vollstreckungsbefehls (icra emri) an den Schuldner. Mit ihm wird dem Schuldner eine Frist von
sieben Tagen gesetzt und die Ergreifung von Zwangsmitteln angekündigt. Für die Dauer eines
schwebenden Revisionsverfahrens beim Kassationsgerichtshof kann die beim Zwangsvollstreckungsamt eingeleitete Vollstreckung nur durch Sicherheitsleistung des Antragsgegners und Vorlage eines entsprechenden Zurückstellungsbeschlusses des Kassationsgerichtshofs abgewendet
werden.
Die vollstreckbare Ausfertigung eines Urteils umfasst auch die dem Unterlegenen auferlegten
Gerichtskosten. Sie wird erst erteilt, wenn deren Restbetrag - bei Zahlungsunwilligkeit des Unterlegenen von der obsiegenden Partei - voll bezahlt ist.
In der Türkei ist es möglich, Forderungen in einer Fremdwährung titulieren zu lassen. Hierdurch
lassen sich Kursschwankungen vermeiden.
8. Vorläufige Sicherungsmaßnahmen
Unter Umständen hat der Gläubiger bereits vor oder während der Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens ein erhebliches Interesse daran, dass zur Sicherung seiner Forderung Vermögenswerte des Schuldners sichergestellt werden.
Um dies zu erreichen, hat der Gläubiger zwei Möglichkeiten: er kann eine einstweilige Verfügung (ihtiyati tedbir) oder einen Arrestbefehl (ihtiyati haciz) beim zuständigen Gericht unter Sicherheitsleistung erwirken. Forderung und Dringlichkeit müssen ähnlich wie nach deutschem
Recht glaubhaft gemacht werden.
D. Anerkennung und Vollstreckung deutscher gerichtlicher Entscheidungen
I. Multilaterale Übereinkommen
Die Türkei ist Mitgliedsstaat zahlreicher multilateraler Übereinkommen, die die Wirkungserstreckung von bestimmten Urteilsgattungen vorsehen, insbesondere:
• Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen
vom 02.10.1973, BGBl. 1986 II 825, für die Türkei in Kraft getreten am 01.11.1983
• Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem
Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.04.1958, BGBl. 1961 II 1005, für
die Türkei in Kraft getreten am 25.06.1973
• Europäisches Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses
vom 20.05.1980, BGBl. 1990 II 206, für die Türkei in Kraft getreten am 01.06.2000
• Zur vereinfachten und kostenfreien Vollstreckbarerklärung deutscher, gegen einen türkischen Kläger ergangener Prozesskostenentscheidungen hat sich die Türkei im deutschtürkischen Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen vom 28. Mai
1929 (RGBl. 1930 II Seite 6, 1931 II Seite 534) und im Haager Übereinkommen über den
Zivilprozess vom 01. März 1954 (BGBl. 1958 II Seite 577, 1973 II Seite 1415) verpflichtet.
Einen bilateralen Staatsvertrag mit Deutschland gibt es nicht.
- 7/8 -
II. Anerkennung deutscher gerichtlicher Entscheidungen
1. Gesetzliche Grundlagen
Will man mit einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung in der Türkei kein Tun oder Unterlassen erzwingen, sondern nur einen - z.B. personen- oder familienrechtlichen - Rechtszustand zur Geltung bringen, so kann man nach Artikel 58 des türkischen Gesetzes über Internationales Privat- u nd Zivilverfahresnrecht unter erleichterten Voraussetzungen ein Anerkennungsurteil erwirken. Auf Gegenseitigkeit und Einhaltung von Verfahrensvorschriften vor dem ausländischen Gericht kommt es dann nicht an.
Wenn die übrigen Erfordernisse der Vollstreckbarerklärung nach Artikel 54 vorliegen, erkennt
das türkische Gericht hiernach auf Antrag - auch inzident im Prozess - das ausländische Urteil als
ein von Gesetzes wegen unwiderlegbares Beweismittel oder als rechtskräftige Entscheidung an.
Mit einem so anerkannten deutschen Scheidungsurteil kann dann z.B. die Löschung des Heiratseintrags im türkischen Personenstandsregister erlangt werden.
2. Sachliche, örtliche Zuständigkeit
Zuständig ist das erstinstanzliche Zivilgericht (Asliye Hukuk Mahkemesi) am Wohnort des Klägers. Falls der Kläger nicht in der Türkei wohnhaft ist, sind die Zivilgerichte in Ankara, Istanbul
und Izmir zuständig.
3. Formerfordernisse (Kopien, Übersetzungen, Legalisationserfordernisse)
Original oder eine vom Gericht beglaubigte Kopie des Urteils – versehen mit einer Apostille des
zuständigen Landgerichtspräsidenten.
4. Anwaltszwang, Notarzwang
Siehe oben.
5. Prozesskostenhilfe
Siehe oben.
6. Sonstige Ansprechpartner
• Bundesverwaltungsamt, Ref. II B 6, 50728 Köln,
• Germany Trade and Invest GmbH, Agrippastraße 87-93, 50676 Köln,
• Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer Adressdaten siehe C I 3
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Bundesverwaltungsamt
German Trade and Invest GmbH
Internet Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer
E-Mail Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer
III. Vollstreckung deutscher gerichtlicher Entscheidungen
1. Gesetzliche Grundlagen
Liegt bereits ein rechtskräftiges deutsches Urteil oder ein anderes ausländisches Urteil vor, so bedarf es zu dessen Durchsetzung in der Türkei nach Artikel 54 des Gesetzes über Internationales
Privat- und Zivilverfahrensrecht - ähnlich wie nach den deutschen Vorschriften in §§ 328 und
722, 723 ZPO - der Anerkennung durch ein Vollstreckungsurteil des örtlich zuständigen türkischen Grundgerichts. Zu beachten ist, dass für die Anerkennung ein nur für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil nicht genügt. Es bedarf der Rechtskraft des Urteils, d.h. es muss ein
Rechtskraftvermerk oder ein Rechtskraftzeugnis nach § 706 ZPO beigefügt sein.
- 8/8 Folglich können Urteile, Versäumnisurteile und auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse in einem
gerichtlichen Verfahren vor einem türkischen Gericht anerkannt und für vollstreckbar erklärt
werden.
Weitere Voraussetzungen sind die Verbürgung der Gegenseitigkeit - was in Bezug auf deutsche
Urteile durch das türkische IPR-Gesetz gegeben ist -, die (internationale) Zuständigkeit des ausländischen Gerichts auch nach türkischem Recht und die Einhaltung des türkischen ordre public.
Wirksam einwenden kann der Gegner ferner, er sei nicht ordnungsgemäß geladen worden oder
nicht vor dem erkennenden Gericht vertreten gewesen, es sei ein vorschriftswidriges Versäumnisurteil ergangen oder das anzuerkennende Uteil ist durch ein ausländisches Gericht ergangen, das
sich selbst für zustänidg erklärt hat, ohne dass eine wirkliche Verbindung zu dem Streitgegenstand oder den Parteien besteht.
Ein rechtskräftiges deutsches Versäumnisurteil steht insoweit einem streitigen Urteil gleich,
ebenso Schiedssprüche und Kostenfestsetzungsbeschlüsse.
Wichtig: Ein im deutschen Mahnverfahren erwirkter Vollstreckungsbescheid kann dagegen in
der Türkei nicht durch Vollstreckungsurteil anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden, da er
kein Urteil ist. Hier muss ggf. ein vollständiges Gerichtsverfahren durchgeführt werden, in das
jedoch der Vollstreckungsbescheid als Beweismittel eingeführt werden kann.
2. Sachliche, örtliche Zuständigkeit
Zuständig ist das erstinstanzliche Zivilgericht (Asliye Hukuk Mahkemesi) am Wohnort des Klägers. Falls der Kläger nicht in der Türkei wohnhaft ist, sind die Zivilgerichte in Ankara, Istanbul
und Izmir zuständig.
3. Formerfordernisse (Kopien, Übersetzungen, Legalisationserfordernisse)
Nachdem das deutsche Urteil vom türkischen Gericht für vollstreckbar erklärt wurde und die
Entscheidung rechtskräftig ist, kann das Vermögen des Schuldners gepfändet und zwangsversteigert werden.
Zur Erlangung der Vollstreckbarkeitserklärung wird das Original oder eine vom Gericht beglaubigte Kopie des Urteils – versehen mit einer Apostille des zuständigen Landgerichtspräsidenten - benötigt.
4. Anwaltszwang, Notarzwang
Siehe oben.
5. Prozesskostenhilfe
Siehe oben.
6. Sonstige Ansprechpartner (Handelskammer, etc.)
• Bundesverwaltungsamt, Ref. II B 6, 50728 Köln,
• Germany Trade and Invest GmbH, Agrippastraße 87-93, 50676 Köln,
• Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer Adressdaten siehe C I 3
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Bundesverwaltungsamt
German Trade and Invest GmbH
Internet Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer
E-Mail Deutsch-Türkische Industrie- und Handelskammer
downloadliste
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Muster Prozessvollmacht (auf deutsch und türkisch) [pdf; 129.54 k]