Marktbericht 2004 - E

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Marktbericht 2004 - E
Marktbericht 2004
Marktbericht 2004
Marktbericht 2004
4
R Impressum
Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Energie-Control GmbH, Rudolfsplatz 13a,A-1010 Wien,
Tel.: +43-1-247 24-0, Fax: +43-1-247 24-900, E-Mail: [email protected]
Für den Inhalt verantwortlich: DI Walter Boltz, Geschäftsführer Energie-Control GmbH
Konzept und Text: Energie-Control GmbH
Redaktionsschluss: 31. Juli 2004
Grafik und Layout: [cdc] communicationdesignconsulting,Viriotgasse 4,A-1090 Wien
Druck: Stiepan Druck GmbH
© Energie-Control GmbH 2004
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Inhalt
Einleitung
7
Executive Summary
8
Ausgangslage und Rahmenbedingungen
13
Gesamtwirtschaftliche Bedeutung von Strom und Erdgas
Einflussgrößen auf den Strom- und Erdgasverbrauch
Rechtliche Rahmenbedingungen
Binnenmarktrichtlinien
ElWOG-Novellierung
Europäisches Wettbewerbsrecht
Emissionshandelsrichtlinie
Wasserrahmenrichtlinie
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
14
16
20
21
21
22
23
25
27
Marktstruktur
29
Marktstruktur Strom
30
Überblick über die relevanten Strommärkte
30
Der Großhandelsmarkt – die zentrale Drehscheibe
32
Markt für Ausgleichsenergie – ein wichtiges Nebenprodukt
34
Anbieterstruktur
35
Marktstruktur Erdgas
42
Kurzdarstellung der relevanten Erdgasmärkte
42
Großhandelsmarkt
44
Ausgleichsenergiemarkt für Erdgas in der Regelzone Ost
47
Struktur Speichermarkt in der Regelzone Ost
48
Markteintrittsbarrieren am österreichischen Strom- und Erdgasmarkt 49
Markteintrittsbarrieren am österreichischen Strommarkt
49
Markteintrittsbarrieren am österreichischen Erdgasmarkt
53
Marktkonzentration im Strom- und Erdgasmarkt
59
Konzentration des österreichischen Strommarktes
61
Konzentration des österreichischen Erdgasmarktes
64
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
66
5
Marktverhalten
6
67
Strategisches Verhalten von Strom- und Erdgasunternehmen
Strategisches Verhalten von Stromunternehmen
Strategisches Verhalten von Erdgasunternehmen
Strategisches Verhalten von Strom- und Erdgasunternehmen
Werbeaktivitäten österreichischer Strom- und Erdgasunternehmen
Werbeaktivitäten im Strombereich
Werbeaktivitäten im Erdgasbereich
Vergleich der Werbeausgaben im Strom- und Erdgasbereich
Haustürgeschäfte
Multi Utility
Nachfragereaktion Endkundenmarkt
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
68
68
82
83
86
88
90
91
94
94
95
100
Marktergebnis
101
Preisentwicklungen am Strom- und Erdgasmarkt
Preisentwicklungen am Strommarkt
Preisentwicklungen am Erdgasmarkt
Ausgleichsenergiemarkt für Erdgas
Konvergenzentwicklung der Strom- und Erdgasmärkte
Entwicklungen auf der Kundenseite
Auswirkungen im ersten Liberalisierungsjahr im Strom- und Erdgasmarkt
Auswirkungen in den ersten zwei Jahren der Liberalisierung im Strommarkt
Entwicklung der Unternehmensperformance
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
102
102
120
134
138
139
139
141
143
146
Abbildungsverzeichnis
147
Einleitung
7
Einleitung
R Executive Summary
Der 1. Oktober 2004 war für den österreichischen Strommarkt der dritte und für den Erdgasmarkt der zweite Jahrestag ihrer vollständigen Liberalisierung. Der vorliegende Bericht
2004 stellt die Fortschritte und Entwicklungen
im Strom- und Erdgasmarkt dar.
8
Mit der heuer in Kraft getretenen Novelle der
Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarktrichtlinie sollen die europaweit identifizierten
Haupthindernisse für einen voll funktionsfähigen und wettbewerbsorientierten Binnenmarkt beseitigt werden. Die größten Anpassungen ergaben sich hinsichtlich der Netzzugangsregeln, der Tarifierungs- und Unbundlingbestimmungen und der unterschiedlichen
Marktöffnungsgrade in den verschiedenen Mitgliedstaaten. Da in Österreich die rechtliche
Umsetzung der Liberalisierung bereits weit
fortgeschritten war, ergab sich lediglich im Elektrizitätsbereich für die Unbundlingvorschriften
größerer Anpassungsbedarf im ElWOG. Im Bereich der Elektrizitätserzeugung führen zwei
weitere EU-Richtlinien zu nachhaltigen Änderungen: Ab 1. Jänner 2005 haben thermische
Kraftwerke aufgrund des Bedarfs von CO2Zertifikaten mit veränderten Produktionsbedingungen und Wasserkraftwerke aufgrund
der Wasserrahmenrichtlinie mit Erschwernissen beim Bau sowie mit Adaptierungen bei
bestehenden Erzeugungsanlagen zu rechnen.
Mit der Liberalisierung des Strom- und Erdgasmarktes wurden die vormals integrierten Versorgungsmärkte entlang der Wertschöpfungskette in Einzelmärkte aufgespaltet: Die jeweils
wichtigsten wettbewerblich organisierten Märkte in Österreich sind der Markt für Erzeugung,
Großhandel,Ausgleichsenergie, Größt-, Großund Kleinkunden sowie zusätzlich im Erdgasbereich der Markt für Speicherdienstleistungen.
Die Funktionsfähigkeit des Großhandels- und
Ausgleichsenergiemarktes spielt in einem liberalisierten Strom- und Erdgasmarkt eine zentrale Rolle. Diese Märkte liefern wichtige Vorprodukte für die Belieferung von Endkunden. Fehlfunktionen, räumliche Segmentierung bzw. die
oftmals damit einhergehende dominante Stellung eines Unternehmen in diesen Märkten bilden Markteintrittsbarrieren, welche die Integration der Endkundenmärkte wesentlich hemmen.
Im Elektrizitätsbereich haben gut ausgebaute
Transportverbindungen im Westen bereits einen Großhandelsmarkt mit Deutschland und
der Schweiz entstehen lassen. Als Hindernis für
die Festigung und Ausdehnung des Großhandelsmarktes auf weitere Nachbarländer gelten –
neben fehlenden Kapazitäten grenzüberschreitender Leitungen – die vielfältigen, oft nicht
marktbasierten Methoden der Vergabe bereits
bestehender Leitungskapazitäten. Die im Jahr
2004 in Kraft getretene Verordnung der EUKommission sollte im Bereich der Vergabeverfahren und der Transparenz von Verbindungskapazitäten wesentliche Verbesserungen bringen.Auch die Ausdehnung der Grenzen des
Ausgleichsenergiemarkts über die Regelzone
hinweg wäre im Elektrizitätsbereich grundsätzlich möglich, hierzu bedarf es jedoch noch einer
Reihe von Harmonisierungsschritten der Regelzonenverantwortlichen. Die Segmentierung
der Vorleistungsmärkte sowie unterschiedliche
Rahmenbedingungen begrenzen für Endkunden –
außer für Größtkunden – den Elektrizitätsmarkt auf Österreich. Die Bildung regionaler
Elektrizitätsmärkte durch bessere Verknüpfung der nationalen Netze und
Zusammenführung der Ausgleichsenergiemärkte ist der nächste Schritt zur Verwirklichung eines Binnenmarktes.
Im Gasbereich ist die Etablierung einer organisierten Handelsplattform in Form eines Gashubs technisch durch die Central European
Gashub GmbH vorbereitet, doch wird sie, abgesehen von den Versteigerungen im Rahmen
des Gas-Release-Programms, nicht genutzt. Die
größten Hindernisse bei der Entwicklung zu einem liquiden Großhandelsplatz an einem Gashub in Österreich stellen das Anbieteroligopol
der Gasproduzenten dar, weiters auch die zumeist in Langfristverträgen mit Bestimmungslandklauseln gebundenen Erdgasmengen und das
intransparente Tarif- und Kapazitätsbuchungssystem für den grenzüberschreitenden Transport auf Fernleitungen. Eine Art kurzfristiger
Erdgashandel findet im Ausgleichsenergiemarkt
statt. Die Entwicklung eines liquiden Spotmarktes – getrennt vom Ausgleichsenergiemarkt – mit verschiedenen Produkten sowie
transparente, harmonisierte und diskriminierungsfreie Regeln für grenzüberschreitende Fernleitungssysteme würden die Funktionsfähigkeit des gesamten Erdgasmarktes verbessern. Ein kleiner Fortschritt im Großhandelsbereich wurde durch die Aufhebung der
Bestimmungslandklausel in Verträgen zwischen
Gazprom und dem italienischen Erdgasunternehmen Eni erreicht. Für Endkunden sind die
Marktgrenzen trotz Vollliberalisierung auf die
Regelzone begrenzt. Im Netzbereich von VEG
und Tigas findet aufgrund der fehlenden Anbindung an die Regelzone Ost, des de facto nicht
möglichen Zugangs über das deutsche Gasnetz
und der dadurch fehlenden alternativen Anbieter kein Wechsel statt. Da ein Netzzugang über
Deutschland zu kostenorientierten Tarifen zur
Zeit nicht möglich ist, kann nur durch die innerösterreichische Leitungsverbindung zwischen der Regelzone Tirol und der Regelzone Ost ein Lieferantenwechsel auch für Tiroler Gaskunden gewährleistet werden.
Als neue, von den ansässigen Unternehmen
unabhängige Anbieter am Endkundenmarkt sind
im Strombereich die EnBW, Ökstrom AG und
Alpen Adria Naturenergie AG sowie im Gasbereich die CE Oil and Gas Trading GmbH zu
erwähnen.Ausländische Unternehmen sind zum
Großteil über Beteiligungen, aber kaum durch
eigene Unternehmen in Österreich präsent.
Der hohe öffentliche Eigentumsanteil an den
Strom- und Erdgasunternehmen hat sich auch
nach der Liberalisierung nicht geändert. Strategische Unternehmensziele werden weiterhin
vielfach von den öffentlichen Eigentümern vorgegeben.
Auf die veränderten Marktgegebenheiten reagieren die Unternehmen im Strom- und Gasmarkt nach wie vor mit Zusammenschlüssen
und Kooperationen. Mit dem Verkauf der Verbundanteile an der APC an die Istrabenz Energetzki Sistemi, d.o.o. wurde die Schlüsselauflage
zur Verwirklichung der österreichischen Stromlösung erfüllt. Mit Istrabenz wurde im Elektrizitätsmarkt ein Anbieter im Großkundenmarkt
dazugewonnen. Gleichzeitig reduzierte der
Zusammenschluss von EVN AG,Wien Energie
GmbH, Energie AG Oberösterreich, BEWAG,
Linz AG und Verbund zur Energie Austria die
Anbietervielfalt im Großhandels- und Großkundenmarkt merklich. Damit stieg – wie bereits
im Erdgasbereich mit Gründung der Econgas –
auch im Elektrizitätsbereich die Konzentration
sowohl in den Vorleistungs- als auch den Endkundenmärkten deutlich an. Mit Energieallianz,
Econgas und Energie Austria besteht in Österreich eine horizontal und vertikal vollständig integrierte Unternehmensgruppe mit bedeutender Marktmacht. Die Überwachung der Erfüllung der Auflagen aus den Zusammenschlussverfahren sowie regelmäßige
Berichte über die Auswirkungen dieser
9
Zusammenschlüsse sollten die wettbewerblichen Kräfte in Österreich sichern.
10
Für Elektrizitätsunternehmen sind seit der neuen Ökostromgesetzgebung offensichtlich hinreichend Anreize gegeben, verstärkt in diesem geförderten und wettbewerblich geschützten Erzeugungsbereich aktiv zu sein. Hinsichtlich der
Produktpolitik versuchen die meisten etablierten österreichischen Unternehmen, sich auch in
anderen Versorgungsbereichen zu etablieren
und so vermutete Vorteile in der Vermarktung,
u. a. durch den erhöhten Bekanntheitsgrad oder
durch Multi-Utility-Produkte, zu nutzen. Die
Synergien werden nicht nur durch die Zusammenlegung von Strom- und Erdgasgeschäft
gesucht, wie im Fall von Energieallianz und ihrer
Beteiligungen an der Energie Austria und Econgas, sondern auch mit anderen typischen Versorgungsdienstleistungen (u.a.Wasser,Wärme,
Abfall und Telekombereich). Neben diesen Diversifizierungsbestrebungen suchen einige österreichische Unternehmen ihren Erfolg auch
im Rückzug zum Kerngeschäft.
Inzwischen nehmen durchwegs alle größeren
österreichischen Elektrizitäts- und Erdgasunternehmen die Chancen der Liberalisierung wahr,
indem neue Märkte im Ausland erschlossen
werden. Ein strategischer Alleingang der Incumbents im angestammten Inlandsmarktsegment
außerhalb ihres ursprünglichen Versorgungsgebiets wird hingegen kaum unternommen.Auch
die zurückgegangenen Werbeaktivitäten, sowohl
im Elektrizitäts- als auch im Erdgasbereich, deuten auf geringes Engagement im Inland hin.
Strom- und Erdgaswerbung wird in erster Linie
zur Imagepflege verwendet und weniger zur
Information der Kunden über Produktqualität
oder -preis. Neue Anbieter haben mit dem verstärkten Einsatz von Haustürgeschäften ihre
Werbeausgaben ebenfalls deutlich gesenkt. Bei
der Vermarktung ihrer Produktpalette für Kleinkunden wählt ein Großteil der Energieunternehmen einen Multi-Utility-Ansatz, zumindest
für die Bereiche Strom und Erdgas.
Der Großhandelsmarkt für Strom konnte
in Österreich, Deutschland und der Schweiz
seine Position sowohl im bilateralen als auch im
börsenorganisierten Handel festigen. So hat sich
sowohl die Anzahl der Händler als auch das
Handelsvolumen an der EEX in Leipzig kontinuierlich erhöht. Im Jahr 2003 stiegen die Preise
am Spotmarkt sowohl durch angebots- als auch
durch nachfrageseitige Ereignisse stark an. Im
Laufe des Jahres 2004 stabilisierten sich die
Preis wieder und lagen Mitte des Jahres 2004
unter dem Vorjahreswert. Im Allgemeinen zeichnet sich jedoch nach dem anfänglichen Einbruch
der Spotmarktpreise zu Liberalisierungsbeginn
ein steigender Trend der Großhandelspreise ab. Die Forwardpreise befinden sich
seit 2003 im Steigen, wofür sich zum Teil die
Teuerung der Primärenergieträger und die
erwartete Kostenbelastung durch den CO2Zertifikatshandel verantwortlich zeigen. Inwieweit Letztere zu einem tatsächlichen Anstieg
der zentraleuropäischen Großhandelspreise
führen, bleibt abzuwarten.
Sowohl für Stromgroß- als auch für -kleinkunden
sind die Energiepreise im letzten Jahr gestiegen.
Neben der Weitergabe von gestiegenen Großhandelspreisen und der Mehrbelastung durch
die neue Ökostromgesetzgebung dürfte wohl
auch die gesunkene Wettbewerbsintensität
Preiserhöhungen bewirkt haben. Bei den Industriekunden stellen die Elektrizitätsunternehmen
zudem vermehrt auf rationalere Preisgestaltung
um. Gegenwärtig werden keine Angebote mehr
unter Großhandelspreisniveau gelegt. Die Indus-
triepreise Österreichs haben sich inzwischen
Richtung europäisches Mittelfeld gesenkt.Auffallend war, dass es mit der behördlichen Senkung der Stromnetztarife Ende 2003 für Kleinkunden kaum Veränderungen des Gesamtpreises gab, da die meisten Stromlieferanten die
Energiepreise im gleichen Ausmaß erhöhten. Im
Kleinkundengeschäft weist die Differenz zwischen Stromeinkaufs- und Verkaufspreis eine
große Streuung auf.Während bei einigen Unternehmen die Energieverkaufspreise deutlich über
dem Großhandelspreisniveau liegen, ist diese
Preisdifferenz bei manchen österreichweit anbietenden Unternehmen deutlich niedriger bis
negativ. Die steigenden Großhandelspreise in
den letzten zwei Jahren haben die Unternehmensergebnisse, insbesondere für Elektrizitätsunternehmen mit niedrigen Erzeugungskosten,
deutlich gesteigert. Die Margen und deren
Spreizung gelten als wichtiger Indikator für
Entwicklung des Wettbewerbs, ihre Beobachtung gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Die Entwicklung des Erdgaspreises wird weniger vom Gas-zu-Gas-Wettbewerb, sondern
vor allem von der Preisentwicklung seines wichtigsten Substitutes – Rohöl – geprägt.Veränderungen der Rohölpreise spiegeln sich zeitverzögert in den Erdgasimportpreisen und in weiterer Folge in den Endkundenpreisen für Erdgas
wider. Ähnlich wie im Kleinkundenbereich für
Strom lässt sich auch bei Erdgas beobachten,
dass Preiserhöhungen im Einkauf regelmäßig zumindest an Kleinkunden weitergegeben werden, Preissenkungen jedoch nicht im gleichen Ausmaß. Den Industriekunden brachte die
Liberalisierung zwar Preissenkungen, doch zählen die Industriepreise im europäischen Vergleich noch immer zu den höchsten.Anfang
2004 sind die Gesamterdgaspreise durch die
Erhöhung der Energieabgabe gestiegen.
Der Hauptgrund für einen Lieferantenwechsel
ist, sowohl bei Gas- als auch bei Stromkunden
unverändert, der Preis bzw. die Ersparnisse. Die
Bereitschaft der Stromkunden zu wechseln ist
im Jahr 2004 erneut gesunken, bei den Gaskunden blieb sie auf niedrigem Niveau. Die beiden vollliberalisierten leitungsgebundenen Energiemärkte stellen sich für den Großteil der Abnehmer im Vergleich zu anderen liberalisierten
Märkten wenig flexibel dar. Obwohl beispielsweise im Erdgasbereich nennenswerte Energiepreiseinsparungen möglich sind, zeigt das Kleinkundengeschäft wenig Dynamik. Im Strommarkt
haben in den ersten beiden Jahren 1,5 % der
Haushaltskunden gewechselt, während fast jeder Großabnehmer entweder den Versorger
gewechselt oder seinen Vertrag aktiv neu verhandelt hat. Belebung im Endkundengeschäft würde die zentrale Bereitstellung
wechselrelevanter Kundeninformationen
bringen, besonders über Neuanschlüsse,
günstigere Netzentgelte über Effizienzverbesserungen im Netzbetrieb und die
sorgfältige Überwachung der Einhaltung
von Unbundlingvorgaben.
11
12
Ausgangslage und
Rahmenbedingungen
13
Ausgangslage und Rahmenbedingungen
R
Gesamtwirtschaftliche Bedeutung von Strom und Erdgas
Im Jahr 2003 wurden in Österreich von Endkunden 60.794 GWh elektrische Energie und
8.911 Mrd. m3 Erdgas verbraucht. Elektrische
Energie und Erdgas sind wesentliche Energieträger für Österreichs Haushalte und Unternehmen. Betrachtet man den gesamten energetischen Endverbrauch in Österreich, so stammten laut Statistik Austria im Jahr 2002 knapp
19,8 % des energetischen Endverbrauchs aus
Strom und rd. 14,3 % aus Erdgas1. Erdgas und
Strom deckten im Jahr 1970 gemeinsam nur
20 % des energetischen Endverbrauchs. Dieser
Anteil hat sich inzwischen auf rd. 35 % erhöht.
Die flüssigen fossilen Energieträger, die vorrangig im Straßenverkehr benötigt werden,
hatten im Jahr 2002 einen Anteil von gut 45 %,
im Jahr 1970 betrug dieser noch rd. 52 %
(Abbildung 1).
14
Gesamtwirtschaftlich betrachtet stellen die
Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft, deren Wert-
schöpfung im Jahr 2002 rd. 1 3,9 Mrd. erreichte,
einen bedeutenden Wirtschaftssektor dar.
Entsprechend der hohen Versorgungsdichte im
Elektrizitätssektor hat diese mit 1 3,5 Mrd.
einen deutlich größeren Teil erwirtschaftet. Die
gesamte österreichische Nahrungs-, Genussmittel- und Getränkeindustrie erwirtschaftete im
selben Zeitraum 1 3,7 Mrd.
Setzt man die österreichische Elektrizitätswirtschaft in Relation zu anderen europäischen
Staaten, so wird jedoch deren verhältnismäßig
kleine Rolle in der Europäischen Union deutlich: Alleine die Elektrizitätsunternehmen in der
Bundesrepublik Deutschland erwirtschafteten
im Jahr 2000 gut 20 % aller Elektrizitätsumsätze
in den (damals 15) Mitgliedsländern der Europäischen Union (siehe Abbildung 2). Kumuliert
man die Umsatzzahlen Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Großbritanniens, so zeigt
sich, dass die Unternehmen dieser vier Länder
R Energieverbrauch in Österreich nach Energieträgern (ET) 1970–2002
Abbildung 1
■ Fossile ET fest ■ Fossile ET flüssig ■ Fossile ET gasförmig ■ Fernwärme ■ Erneuerbare ET ■ Elektrische Energie und Wasserkraft
100 %
80 %
60 %
40 %
20 %
0%
1970
1972
1974
1976
1978
1980
1982
1984
1986
1988
1990
1992
Quelle: Statistik Austria
1
Fossile Energieträger (ET) Gas ohne Gicht- und Kokereigas, Fossile Energieträger (ET) fest mit Gicht- und Kokereigas
1994
1996
1998
2000
2002
70 % der Elektrizitätsumsätze in der gesamten
Europäischen Union erwirtschaftet haben. Gleiche Größenverhältnisse ergeben sich bei Betrachtung der Anteile der Beschäftigten und der
Investitionen.
Strom und Erdgas erbringen unverzichtbare
Vorleistungen und Inputs, sowohl für Prozesse
zur Erstellung von Produkten und Dienstleistungen als auch für deren Verbrauch. Betrachtet
man den Endverbrauch von elektrischer Energie
nach österreichischen Wirtschaftssektoren, so
zeigt sich, dass die größten Strommengen im
Metall-, Papier- und Druck-, Fahrzeug- und Maschinenbausektoren sowie von der Chemie und
Petrochemie benötigt werden (Abbildung 3).
Die genannten Wirtschaftssektoren verbrauchen bereits 70 % des Stromes im produzierenden Bereich. In Abbildung 3 spiegelt sich auch
die Verschiebung des Schwerpunktes der österreichischen Wirtschaft hin zum Dienstleistungs-
R Wirtschaftsfaktor Strom in Europa, 2000
sektor wider. Während für öffentliche und private Dienstleistungen (inkl. der Verkehrsdienstleistung) 1970 rd. 15 % des Stromes in Österreich verbraucht wurden, hat sich dieser Anteil
bis 2002 auf rd. 30 % verdoppelt. Der Anteil der
Haushalte (inkl. Landwirtschaft) am österreichischen Stromverbrauch ist ebenfalls beachtlich
gestiegen: von 19 % im Jahr 1970 auf gut 31 %
im Jahr 2002.
Der Anteil von Erdgas am energetischen Endverbrauch in den österreichischen Wirtschaftssektoren ist insgesamt geringer als jener von
elektrischer Energie. Die größten Erdgasmengen benötigen Metall-, Papier- und Druck-,
Chemie- sowie die Nahrungs- und Genussmittelindustrie (Abbildung 4). Der Anteil dieser
Wirtschaftssektoren am Erdgasverbrauch im
produzierenden Bereich betrug in den letzten
Jahren rd. 60 %. Der Anteil der Haushalte (inkl.
Landwirtschaft) am österreichischen Erdgasver-
Abbildung 2
■ Beschäftigte (links) ■ Umsatz (rechts) ■ Investitionen (rechts)
Tsd.
Personen
Mrd. Euro
(1999)
Quelle: Eurelectric,VDEW, E-Control
15
Ausgangslage und Rahmenbedingungen
R
Einflussgrößen auf den Strom- und Erdgasverbrauch
brauch ist von 1970 bis 2002 kräftiger gestiegen
als jener für elektrische Energie – von 12 % im
Jahr 1970 auf knapp 45 % im Jahr 2002.
licher Betrachtung der Effekt einer Preisreduktion für elektrische Energie auf den privaten
Konsum höher sein als jener von Erdgas. Bei
einer Preissenkung von Strom dürfte demnach
wesentlich mehr Geld einem alternativen
Konsumzweck zufließen als bei einer Erdgaspreissenkung.
Strom und Erdgas nehmen daher nicht nur in
der Herstellung von Produkten, sondern auch
bei deren Verbrauch eine wichtige Rolle ein. Betrachtet man den energetischen Endverbrauch
eines durchschnittlichen „standardisierten“ österreichischen Haushaltes (siehe Abbildung 5),
so wird ersichtlich, dass der Anteil der verbrauchten Energiemengen von typischen – für
den Heizbedarf benötigten – Energieträgern dominiert wird. Die Betrachtung der Haushaltsausgaben in Euro zeigt, dass eindeutig die elektrische Energie den größten Anteil am gesamten
Energiebudget eines Haushaltes ausmacht.
Dementsprechend dürfte aus gesamtwirtschaft-
Für jährliche Schwankungen am Verbrauch von
Strom und Erdgas sind unterschiedliche Einflussgrößen maßgebend. Der inländische Erdgasverbrauch korreliert stark mit den vorherrschenden Temperaturen. Abbildung 6 zeigt, dass
der Erdgasverbrauch im gesamten Jahr 2003
über den Vorjahreswerten liegt. In den Winter-
R Elektrische Energie nach Wirtschafts-
R Erdgas nach Wirtschafts-
R Einflussgrößen auf den Stromund Erdgasverbrauch
16
sektoren 1970 bis 2002
Abbildung 3
sektoren 1970 bis 2002
100 %
100 %
80 %
80 %
60 %
60 %
40 %
40 %
20 %
20 %
Abbildung 4
0%
0%
1970
1974
1978
1982
1986
1990
1994
1998
2002
1970
1974
1978
1982
1986
1990
1994
1998
■ Private Haushalte u. Landwirtschaft ■ Öffentliche u. Private Dienstleistungen ■ Verkehr inkl. Eisenbahn ■ Sonst. Produzierender Bereich
■ Textil u. Leder (nur links) ■ Nahrungs- u. Genussmittel,Tabak ■ Steine, Erden u. Glas ■ Chemie u. Petrochemie ■ Fahrzeug- u. Maschinenbau ■ Papier u. Druck
■ Eisen- u. Stahlerzeugung, Nicht-Eisen-Metalle (von oben nach unten)
Quelle: Statistik Austria
2002
monaten 2003 waren besonders der Februar
sowie der Oktober und November kälter –
sowohl im langjährigen Durchschnitt als auch
gegenüber dem Vorjahr 2002. Die Heizgradsummen2 lagen in diesen Monaten bis zu 50 % über
dem von 1980–2000 gemessenen langjährigen
Durchschnitt.Auch wenn nicht im gesamten
Jahresverlauf ein überdurchschnittlicher Heizbedarf gegeben war, so waren es dennoch
außergewöhnliche Wetterbedingungen, die
ausschlaggebend für den erhöhten Erdgasverbrauch waren. In den Sommermonaten 2003
dürften weniger zu kühle, sondern extrem heiße Temperaturen implizit zu steigender Erdgasnachfrage geführt haben.Aufgrund geringer
Wasserführung verminderte sich die Stromproduktion in den Wasserkraftwerken deutlich.
Die gleichzeitig (auch temperaturbedingt) ge-
stiegene Stromnachfrage führte zu Preisen, die
den vermehrten Einsatz von Erdgaskraftwerken
rentabel werden ließ. Dementsprechend lag
trotz minimalen Heizbedarfs der Erdgasverbrauch besonders in der zweiten Sommerhälfte
über den Vorjahreswerten.
Der Stromverbrauch ist wesentlich weniger von
Temperatur bzw. auch Niederschlagsveränderungen geprägt als der Ergasverbrauch. Dies
wird in einem Vergleich der Verbrauchsentwicklung von Erdgas und Strom deutlich. In den
Wintermonaten 2002 und 2003 erhöhte sich
der Stromverbrauch lediglich um rd. ein Viertel,
während der Erdgasverbrauch im Winter –
verglichen zu seinen Tiefstständen – im Sommer
fast zweieinhalb Mal so hoch war (siehe Abbildung 7). Nicht nur die Verbrauchsunterschiede
17
R Energieverbrauch pro Wohnung – österreichweiter Durchschnitt
Abbildung 5
■ Anteil an Gesamtausgaben ■ Anteil am gesamten Energieverbrauch in GJ
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus Juni 2000
*) GJ-Anteil in den einzelnen Energieträgern enthalten
2
Heizgradsumme = Summe der Heizgradtage eines bestimmten Zeitabschnittes. Heizgradtag = Summe der Temperaturdifferenzen zwischen einer bestimmten konstanten
Raumtemperatur (BT = 20° C) und dem Tagesmittel der Lufttemperatur (Tn), falls diese gleich oder unter einer angenommenen Heizgrenztemperatur von 12° C liegt.
R Veränderung Erdgasverbrauch 2002 und 2003 und Heizgradsummen
Abbildung 6
■ Gasverbrauch 2003 (links) ■ Gasverbrauch 2002 (links) ■ HGS Veränderung gegenüber langjährigem Mittel (rechts)
GWh
14.000
60 %
40 %
12.000
20 %
10.000
0%
8.000
-20 %
6.000
-40 %
4.000
-60 %
2.000
-80 %
18
0
Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
-100 %
Dez
Nov
Quelle: E-Control, BMWA (Erdgas 2002), Statistik Austria
R Strom- und Erdgasverbrauch im saisonalen Jahresverlauf
Abbildung 7
■ Stromverbrauch 2003 ■ Stromverbrauch 2002 ■ Gasverbrauch 2003 ■ Gasverbrauch 2002
GWh
14.000
12.000
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
0
Jan
Feb
Quelle: E-Control, BMWA (2002)
Mär
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
zwischen Sommer und Winter sind im Erdgasbereich merklich größer als im Strombereich,
sondern auch die Verbrauchsschwankungen von
einem Jahr zum nächsten sind im Erdgasbereich
wesentlich stärker ausgeprägt. Dies veranschaulichen die durchgehenden und gestrichelten Linien in Abbildung 7, die für Strom nahezu dekkungsgleich verlaufen, aber im Erdgasbereich
starke jährliche Unterschiede aufweisen.
menhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung
und Stromverbrauch erkennbar. Da aber auch
klimatische Verhältnisse und verändertes Verbrauchsverhalten – beispielsweise durch die
Verbreitung neuer Technologien – die Stromnachfrage beeinflussen, ist der konjunkturelle
Zusammenhang weniger stark ausgeprägt als
der Zusammenhang zwischen Erdgasverbrauch
und Außentemperaturen.
Der Inlandsstromverbrauch weist – verglichen
mit dem Erdgasverbrauch – einen engeren
Zusammenhang mit der konjunkturellen Entwicklung auf. Elektrische Energie spielt verglichen mit Erdgas eine bedeutendere Rolle als
Inputfaktor in der Sachgütererzeugung und wird
entsprechend der vorherrschenden Auftragslage der Unternehmen im Produktionsprozess
benötigt. Ist die Auftragslage gut, steigt auch die
Stromnachfrage. In Abbildung 8 ist der Zusam-
Das Jahr 2003 war durch ein außerordentlich
schwaches Wirtschaftswachstum von lediglich
0,7 % gekennzeichnet. Dennoch stieg der Inlandstromverbrauch um 3,1 %. Der höchste
monatliche Zuwachs wurde im Februar 2003
mit 9,6 % verzeichnet, was wahrscheinlich auf
überdurchschnittlich niedrige mittlere Monatstemperaturen zurückzuführen ist. Der hohe
Verbrauchsanstieg im Jahr 2003 lässt sich jedoch nicht alleine durch außergewöhnliche
19
R Wirtschaftsentwicklung und Inlandsstromverbrauch
in Österreich (Veränderung zum Vorjahr)
Abbildung 8
■ Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen, real ■ Inlandsstromverbrauch ohne Pumpspeicherung
5,5 %
4,5 %
3,5 %
2,5 %
1,5 %
0,5 %
-0,5 %
-1,5 %
1981
1983
Quelle: E-Control, Statistik Austria
1985
1987
1989
1991
1993
1995
1997
1999
2001
2003
Ausgangslage und Rahmenbedingungen
R
Rechtliche Rahmenbedingungen
Witterungsverhältnisse erklären, sondern dürfte
zumindest teilweise mit der Produktionstätigkeit von einigen energieintensiven Branchen
zusammenhängen. Ein Vergleich der Wachstumsraten über die letzten Jahrzehnte hinweg
scheint dennoch für eine kontinuierliche Entkoppelung des Stromverbrauchs und der Konjunkturentwicklung zu sprechen. Einerseits verlieren die energieintensiven Sektoren gegenüber dem Dienstleistungssektor zunehmend an
wirtschaftlicher Bedeutung, andererseits sind
gerade die energieintensiven Branchen am
meisten darum bemüht, ihren Energieeinsatz
zu optimieren und somit die Kosten niedrig
zu halten.
R Rechtliche Rahmenbedingungen
20
Die Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarktrichtlinien sind in den einzelnen Mitgliedstaaten nach
wie vor unterschiedlich umgesetzt. Im Vergleich
zum Jahr 2003 haben heuer weitere Länder
ihren Erdgas- und Strommarkt vollständig bzw.
weiter geöffnet. In den neuen Mitgliedsländern
der Europäischen Union hat nur die Slowakei
beide Energiemärkte vollständig liberalisiert.
Die baltischen Staaten sowie Ungarn,Tschechien
und Polen haben ihre Energiemärkte nur für
Groß- bzw. Gewerbekunden geöffnet. Haushaltskunden können in diesen Staaten ihren
Strom- bzw. Erdgasanbieter noch nicht frei wählen.
Die heterogene Umsetzung bezieht sich jedoch
nicht nur auf den Öffnungsgrad der Energiemärkte, sondern auch auf die rechtlichen und
organisatorischen Rahmenbedingungen. Dazu
zählen u.a. die Tarifierung der Netznutzung, die
Umsetzung der Unbundlingvorschriften und
das Förderregime (Stranded Costs, erneuerbare
Energien und Kraft-Wärme-Kopplung) sowie
die Gestaltung und Kompetenzen der Regulierungsbehörden.
R Öffnungsgrad der Strom- und Erdgasmärkte in Europa
Abbildung 9
■ Gas ■ Strom
UK
Spanien
Slowakei
Österreich
Niederlande
Deutschland
Dänemark
Schweden
Portugal
Finnland
Belgien
Frankreich
Italien
Slowenien
Luxemburg
Irland
Polen
Griechenland
Ungarn
Tschechische Republik
Litauen
Lettland
Estland
Zypern
Malta
0%
10 %
Quelle: EU-Kommission (August 2004)
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
90 %
100 %
Binnenmarktrichtlinien
Mit 1. Juli 2004 sind an Stelle der Richtlinie
96/92/EG (Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie)
und der Richtlinie 98/30/EG (Erdgasbinnenmarktrichtlinie) die Richtlinie 2003/54/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom
26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für
den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG sowie die Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt
und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG,
anzuwenden.
Österreich hat die Vorgaben der neuen Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie durch eine Novelle
zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG), die mit 22. Juni 2004 in
Kraft getreten ist, umgesetzt. Die Novelle 2002
zum Gaswirtschaftsgesetz (GWG) hat bereits
die Kernstücke der neuen Richtlinie vorweggenommen und in nationales Recht umgesetzt.
Die neuen EU-Richtlinien sehen für die vollkommene Marktöffnung sowie für die uneingeschränkte und tatsächliche Unabhängigkeit von
Strom- bzw. Gas-Verteilernetzbetreibern einen
Übergangszeitraum bis 1. Juli 2007 vor.
Die Europäische Kommission hat die Anwendung der Richtlinien durch die Mitgliedstaaten
zu überwachen und dem Europäischen Parlament und dem Rat einen jährlichen Gesamtbericht über die erzielten Fortschritte vorzulegen.
ElWOG-Novellierung
Einer der wesentlichsten Faktoren der Liberalisierung von netzgebundenen Märkten ist die
Trennung des Netzbereiches von den wettbewerblichen Bereichen zur Sicherstellung der
Nichtdiskriminierung von Marktteilnehmern,
die nicht gesellschaftsrechtlich mit einem
Netzbetreiber verbunden sind.
3
4
§ 22 Abs. 1 ElWOG
§ 26 Abs. 3 ElWOG
Mit der Änderung des ElWOG im Juni 2004
wurden die umzusetzenden Unbundling-Bestimmungen der EU-Binnenmarktrichtlinie berücksichtigt. Übertragungsnetzbetreiber (Verbund-APG,VKW-Übertragungsnetz AG,Tirag)
müssen zumindest hinsichtlich ihrer Rechtsform, Organisation und Entscheidungsgewalt
unabhängig von den übrigen Tätigkeitsbereichen
sein, die nicht mit der Übertragung zusammenhängen3.
Bei Verteilernetzbetreibern, die zu einem vertikal integrierten Unternehmen gehören und
mehr als 100.000 angeschlossene Kunden
haben, ist ebenfalls sicherzustellen, dass die
Organisation und Entscheidungsgewalt des
Netzbereiches unabhängig von den übrigen
Tätigkeitsbereichen ist.
Zielsetzung ist generell die Gleichbehandlung
und Gleichstellung aller Marktteilnehmer, unabhängig davon, ob der betroffene Marktteilnehmer Teil des verbundenen Unternehmens
ist. Die Sicherstellung der Unabhängigkeit in
einem integrierten Unternehmen soll u.a.
erreicht werden durch4:
R die vollständige Trennung der Leitung
des Verteilernetzbetreibers von anderen
betrieblichen Einrichtungen des
integrierten Unternehmens,
R die Gewährleistung und Sicherstellung der
unabhängigen Handlungsfähigkeit der Leitung
des Verteilernetzbetreibers,
R die zur Verfügungstellung von ausreichenden
Vermögenswerten zur Sicherstellung des
Betriebes, der Wartung oder des Ausbaus
des Netzes,
R die Aufstellung eines Gleichbehandlungsprogrammes (beinhaltet u.a. die Überwachung der Einhaltung des Programmes
und Maßnahmen zum Ausschluss
diskriminierenden Verhaltens).
21
R Bundesweit einheitliche
Stromkennzeichnung
Kasten 1
Im Rahmen der Verabschiedung des Ökostromgesetzes (BGBl. I Nr 149/2002) kam es auch zu einigen
Anpassungen des ElWOG, hauptsächlich im Bereich
der Stromkennzeichnung. Bis zum Inkrafttreten der
entsprechenden Regelungen mit 1. Juli 2004 fiel der
Bereich Stromkennzeichnung in die Kompetenz der
Bundesländer, was zu sehr unterschiedlichen Vorgaben führte (Möglichkeit des Produkt- oder Unternehmensmix5 bzw. beider Kennzeichnungsarten).
Die ab 1. Juli 2004 geltenden vereinheitlichten Regelungen weisen folgende Eckpunkte auf:
R
R
22
R
R
R
R
obligatorischer Unternehmensmix,
Berechnungsbasis ist die Abgabe
an Endverbraucher,
Bezugszeitraum ist das vorangegangene
Wirtschafts- oder Kalenderjahr,
als Nachweis sind nur Herkunftsnachweise bzw.
von einer gemäß Akkreditierungsgesetz zugelassenen Prüf-, Überwachungs- oder Zertifizierungsstelle bestätigte Angaben zugelassen,
für Strom unbekannter Herkunft (z.B. über
Börsen bezogen) erfolgt eine rechnerische
Zuordnung nach UCTE,
Aufsichtsbehörde über die Stromkennzeichnung
ist die E-Control.
Europäisches Wettbewerbsrecht
Mit 1. Mai 2004 sind der Europäischen Union
nicht nur 10 neue Mitgliedstaaten beigetreten,
sondern es kam mit diesem Stichtag auch zu
einer wesentlichen Änderung des Wettbewerbsrechts der Union. Die Basis für die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts
(Artikel 81 EG – Kartelle,Artikel 82 EG – Miss-
5
brauch einer marktbeherrschenden Stellung)
bildete seit 1962 die so genannte Verordnung
Nr. 17. Mit der Verordnung Nr. 17 wurde ein
zentralisiertes Kontrollsystem eingerichtet, wonach die von Artikel 81 erfassten Kartelle bei
der Kommission angemeldet werden mussten,
um eine Freistellung von dieser zu erhalten.
Nunmehr wurde die Verordnung Nr. 17 durch
die Verordnung Nr. 1/2003 des Rates vom 16.
Dezember 2002 zur Durchführung der in den
Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten
Wettbewerbsregeln ersetzt. Die neue Verordnung sieht ein System der Legalausnahme vor,
wonach alle Kartelle, die die Freistellungsbedingungen des Artikel 81 EG und der unterschiedlichen Gruppenfreistellungsverordnungen erfüllen, freigestellt sind. Es bedarf keiner ausdrücklichen Genehmigung von Kartellen; deren
Rechtskonformität muss jedoch von den Unternehmen selbst geprüft werden. Darüber hinaus
sieht die Verordnung 1/2003 auch ein Netzwerk
der (Wettbewerbs-)Behörden und erweiterte
Befugnisse der Europäischen Kommission vor.
Auch die bisherige Fusionskontrollverordnung
wurde durch eine neue Verordnung,Verordnung
(EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar
2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (FKVO), ersetzt. Die neue
FKVO nimmt noch mehr als die bisherige Verordnung auf die optimale Arbeitsteilung zwischen der Europäischen Kommission und den
Mitgliedstaaten Bedacht. Neben dem One-StopShop-Prinzip, das erhalten blieb, wurde die Möglichkeit von Verweisungen zwischen den (nationalen und europäischen) Wettbewerbsbehörden
verstärkt.Auch die Prüfungskriterien für einen
Zusammenschluss wurden angepasst und Aspekte des aus den USA kommenden „Substantial lessening of competition“-Test aufgenommen.
Ansonsten sind die Grundsätze der Fusionskontrolle gleich geblieben.
Unternehmensmix: Ausweisung eines einheitlichen Mixes des Unternehmens für alle Endkunden.
Produktmix: Verschiedene Produkte werden an verschiedene Endabnehmergruppen mit unterschiedlichen Stromkennzeichnungen ausgewiesen.
Emissionshandelsrichtlinie
Im Rahmen des Kyoto-Protokolls hat sich die
Europäische Union 1997 zu einer Reduktion
von Treibhausgasen von durchschnittlich 8 % im
Zeitraum 2008–2012 im Vergleich zur Basisperiode 1990 verpflichtet. Obwohl das KyotoProtokoll derzeit noch nicht in Kraft getreten
ist, hat sich die Europäische Union entschlossen, das vorgegebene Reduktionsziel zu erfüllen.
Dabei wurde das EU-Ziel von 8 % im Rahmen
des „Burden Sharings“ auf die einzelnen Mitgliedstaaten umgelegt. Österreich hat sich in
diesem Zusammenhang zu einer Reduktion
um 13 % verpflichtet.
Ein Instrument im Maßnahmenpaket zur Emissionsreduktion ist der Emissionshandel, dessen
Rahmenbedingungen durch die Richtlinie
2003/87/EG für den Handel mit Treibhausgasen
rechtlich verbindlich für alle EU-Mitgliedstaaten
festgelegt wurden. Die wichtigsten Eckpunkte
der Richtlinie sind in Tabelle 1 dargestellt.
Die Richtlinie musste bis zum 31. Dezember
2003 in nationales Recht umgesetzt werden.
In Österreich wurde am 10. Februar 2004 ein
Entwurf für ein österreichisches Emissionszertifikategesetz in den Ministerrat eingebracht
und in weiterer Folge am 24. März 2004 vom
Parlament beschlossen. Das Emissionszertifika-
R Eckpunkte der Emissionshandelsrichtlinie
Tabelle 1
System
„Cap and Trade“ – eine bestimmte Höchstemissionsgrenze darf nicht überschritten
werden. Für emittierte Treibhausgase müssen Zertifikate nachgewiesen werden, die
zwischen den teilnehmenden Unternehmen gehandelt werden können.
Handelsperioden
Phase 1: 2005–2007 („Testphase“)
Phase 2: 2008–2012
betroffene Sektoren
Energieumwandlung und -umformung (Anlagen > 20 MW Brennstoffwärmeleistung)
Eisenmetallerzeugung und -verarbeitung
Mineralverarbeitende Industrie (Zement-, Kalk-, Glas- und Ziegelindustrie)
Papier- und Zellstoffindustrie
Treibhausgase
Phase 1: Kohlendioxid
Phase 2: Mögliche Ausweitung auf alle Treibhausgase gemäß Kyoto-Protokoll
Marktgröße
10.000–15.000 Anlagen, rd. 50 % der Kohlendioxid-Emissionen
Allokation
In Phase 1 müssen mindestens 95 % der Zertifikate gratis verteilt werden.
5 % können versteigert werden. Dieser Wert erhöht sich auf 10 % in Phase 2.
Die Zuteilung erfolgt über die Nationalen Allokationspläne, die von
der Europäischen Kommission genehmigt werden müssen.
Gültigkeit,
Übertragung
Zertifikate sind für jene Handelsperiode gültig, für die sie ausgegeben wurden.
In welchem Jahr der Handelsperiode sie verwendet werden, ist irrelevant.
Quelle: EU-Kommission
23
tegesetz bildet die Grundlage für die Erstellung
des Nationalen Allokationsplanes, aus dem hervorgeht, wie und wie viele Zertifikate insgesamt
für eine Handelsperiode zugeteilt werden.
Gemäß den Bestimmungen der Europäischen
Kommission hatten die Mitgliedstaaten bis 31.
März 2004 den Nationalen Allokationsplan
(NAP) an die Europäische Kommission zu übermitteln. Bis zum 30. Juni 2004 hatte die Europäische Kommission Zeit, die Pläne im Hinblick
auf Marktverzerrung und Übereinstimmung mit
der nationalen Klimastrategie zu überprüfen.
Anfang Juli 2004 wurden acht NAPs (Österreich, Dänemark, Deutschland, Irland, Niederlande, Slowenien, Schweden,Vereinigtes Königreich) – teils mit Auflagen – genehmigt.
24
Die Menge der zugeteilten Zertifikate errechnet sich nach folgender Allokationsformel:
Zertifikate = Emissionsbasis (1998–2001) + Wachstumsfaktor (Branche) – Klimaschutzfaktor (Branche).
Für KWK-Anlagen wurde zusätzlich ein „KWKBonus“ vergeben, der, sofern eine Primärenergieeinsparung von zumindest 5 % gegenüber getrennter Erzeugung erzielt wird, eine
Halbierung der Standardreduktion bewirkt.
Diese floss über den Potenzialfaktor in die
Berechnung der Zertifikate ein.
In der Zuteilung enthalten ist auch eine Zertifikatsreserve, die ungefähr 1 % der Gesamtmenge ausmacht. Diese Reserve wird unter
potenziellen neuen Marktteilnehmern nach dem
Prinzip „first come, first served“ vergeben.
In Summe übersteigen die zugeteilten Zertifikate den Basiswert um 3,8 %.Anzumerken ist jedoch, dass im Fall der voestalpine AG die zugeteilte Menge den Basiswert um 20,3 % übersteigt, wodurch es in den anderen Sektoren
zu einer Einschränkung um rd. 3,3 % kommt.
Der Einfluss des Emissionshandels auf die Preise
der erzeugten Produkte der betroffenen Sektoren kann derzeit noch nicht seriös abgeschätzt
werden. Mögliche Auswirkungen auf den Preis
für elektrische Energie werden im Kapitel
„Preisentwicklungen am Strommarkt“ behandelt.
Aus heutiger Sicht liegen die Zertifikatspreise
selbst für die erste Periode eher im unteren
Bereich. Die erste Phase des Emissionshandels
ist wohl als Lernphase sowohl für die beteiligten Unternehmen als auch für die Europäische
Union und die nationalen Regierungen zu sehen. Positive Nebeneffekte können außerdem
durch einen verstärkten Innovationsanreiz im
Bereich CO2-armer Technologien und in einem
weiteren Schritt durch eine größere Unabhängigkeit von externen Energiequellen entstehen.
R Zugeteilte Zertifikate je Sektor in Österreich
Tabelle 2
Sektor
Anzahl
Allokationsbasis
t CO2
Zuteilung 2005–2007
t CO2
Zuteilung pro Jahr
t CO2
Energie
Elektrizitätswirtschaft
Fernwärme
Mineralölverarbeitung
Industrie
Summe
61
31
27
3
144
205
13.107.706
9.846.504
408.514
2.852.689
17.800.540
30.908.246
37.180.563
27.626.107
1.251.410
8.303.046
61.395.786
98.576.349
12.393.521
9.208.702
417.137
2.767.682
20.465.262
32.858.783
Quelle: BMLFUW (2004)
Wasserrahmenrichtlinie
Die Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung eines
Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie,WRRL) vom 23. Oktober 2000
verfolgt u.a. die Erreichung folgender Ziele:
R Verringerung der Einleitung
R Sicherung eines guten Zustandes der
Um im Jahr 2015 den „guten Zustand der
Oberflächengewässer“6 zu erreichen, sind eine
Reihe von Schritten notwendig, die in Abbildung
10 dargestellt sind.
Oberflächengewässer,
R Erhaltung und Verbesserung der
aquatischen Umwelt,
R Umsetzungsschritte zur
Zielerreichung gemäß
Wasserrahmenrichtlinie
2003
Abbildung 10
Umsetzung in nationales Recht
Wasserrechts-Novelle Dezember 2003
Ist-Analyse
2004
Darstellung der wasserwirtschaftlichen und
ökonomischen Situation, Risikoabschätzung
2006
Monitoring
2009
und Erarbeitung der ökonomischen
Maßnahmen Kombination
2012
Umsetzung der Maßnahmenprogramme
2015
Zielerreichung
Abweichungsanalyse
gefährlicher Stoffe,
R Aufstellung von Maßnahmenprogrammen
zur Verbesserung des Gewässerschutzes,
R Verhinderung einer Verschlechterung des
Zustandes der Gewässer.
Die dargestellten Zielsetzungen und die damit
verbundenen Maßnahmen stehen potenziell in
Widerspruch zu anderen Politikbereichen der
Europäischen Union, im Speziellen aber zu den
Zielen der Richtlinie 2001/77/EG7. Diese sieht
für Österreich eine Anhebung des Anteils an
erneuerbaren Energieträgern bis 2010 auf
78,1 % (gemessen am Bruttoinlandsstromverbrauch) vor.
Zur Erreichung dieses Zieles leistet die Wasserkraft einen erheblichen Beitrag. Die Erreichung
des „guten ökologischen Zustandes“ bzw. die
Umsetzung des „guten ökologischen Potenzials“
im Falle der Einstufung des Wasserkörpers
(z.B. See, Fluss) als erheblich veränderter Wasserkörper („heavily modified waterbody“) gemäß WRRL erschwert den Ausbau der Wasserkraft erheblich. Durch das „Verschlechterungsverbot“ der Richtlinie ist der Bau- bzw.Ausbau
von Wasserkraftwerken nur noch in als „erheblich veränderter Wasserkörper“ klassifizierten
Oberflächengewässern, die bereits beeinträchtigt sind, möglich.
Auch auf bestehende Wasserkraftwerke wird
die Umsetzung der WRRL voraussichtlich Auswirkungen haben, da zur Erreichung der ökologischen Zielvorgaben Maßnahmen wie Schallbegrenzungen, Erhöhungen der Restwassermenge
oder nachträgliche Adaptierungen der Kraftwerke (z.B. Fischaufstiegshilfen) notwendig sein
könnten.
Quelle: E-Control
6
7
Artikel 4 Abs. 1 Z a lit ii Richtlinie 2000/60/EG
Richtlinie 2001/77/EG zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt
25
Eine Abschätzung der Auswirkungen ist derzeit
aber nur äußerst eingeschränkt möglich, da zum
aktuellen Zeitpunkt (Juli 2004) die Phase der
Ist-Erhebung stattfindet. Die Einstufung als erheblich veränderter Wasserkörper erfolgt erst
in einem nächsten Schritt.Außerdem ist für eine
seriöse Abschätzung der Auswirkungen eine
Einzelfallbetrachtung unbedingt erforderlich, da
sich sowohl die (potenziellen) Maßnahmen als
auch die Ausgestaltung der Kraftwerke unterscheiden.
Das Unternehmen mit dem höchsten Anteil an
der österreichischen Wasserkrafterzeugung, der
Verbund, schätzt, dass durch die Maßnahmen
betreffend die Schwall- und Restwassermenge
26
im Bereich der Speicherkraftwerke ein Erzeugungsverlust von durchschnittlich 8–15 %
entstehen könnte, welcher in Einzelfällen noch
wesentlich über diesen Werten liegen kann.8
Verbunden mit dem Stromverbrauchswachstum
könnten die Maßnahmen der WRRL zu einem
vermehrten Importbedarf führen. Diese Entwicklung steht wiederum im Widerspruch zu
den Bestrebungen der Europäischen Union, die
Unabhängigkeit von externen Ressourcen zu
erhöhen. Zusätzlich ist eine Verlagerung der
Produktion von der erneuerbaren Energiequelle
Wasser hin zu anderen Energiequellen auch
aus umweltpolitischen Aspekten kritisch zu
hinterfragen.
R Anteil der Wasserkraft an der installierten Engpassleistung (links)
und der Erzeugung (rechts) im Jahr 2002
Abbildung 11
MW
GWh
0,80 %
Wind, Photovoltaik,
Geothermie
0,33 %
33,48 %
Wärmekraftwerke
32,54 %
65,72 %
Wasserkraftwerke
66,99 %
Sonstige
0,14 %
Quelle: E-Control
8
Vortrag Dr. Müller (VEÖ) und Dr. Pirker (Verbund): „Wasserrahmenrichtlinie versus Wasserkrafterzeugung“
im Rahmen der Ökostrom-Enquete der E-Control am 8. September 2003.
Ausgangslage und Rahmenbedingungen
R
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
R Zusammenfassung
R Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft trugen im Jahr 2002 e 3,9 Mrd. zur
Bruttowertschöpfung in Österreich bei;
R Im Jahr 2002 betrug der Strom- und Erdgasanteil am gesamten
energetischen Endverbrauch in Österreich rund 35 %;
R Novellen der Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarktrichtlinie sollen die
europaweit identifizierten Haupthindernisse für einen voll funktionsfähigen
und wettbewerbsorientierten Binnenmarkt beseitigen;
R Änderungsbedarf im ElWOG bei Unbundlingbestimmungen, ansonsten
rechtliche Umsetzung der Liberalisierung des Strom- und Erdgasmarktes
in Österreich weit fortgeschritten;
R veränderte Produktionsbedingungen für thermische Kraftwerke durch
Emissionshandelsrichtlinie, für Wasserkraftwerke durch Wasserrahmenrichtlinie.
27
R Schlussfolgerung
R Preis und Qualität von Strom und Erdgas beeinflussen die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Volkswirtschaft;
R Einhaltung Unbundlingvorgaben sorgfältig überwachen;
R Rahmenbedingungen in Europa weiter harmonisieren.
28
Marktstruktur
29
Marktstruktur
R
30
Marktstruktur Strom
In diesem Kapitel werden jene bestimmenden
Faktoren des österreichischen Strom- und Gasmarktes dargestellt, welche über die Zeit hinweg relativ konstant sind. Zu den Strukturfaktoren gehören insbesondere solche, die nicht dem
unmittelbaren strategischen Einfluss einzelner
Unternehmen ausgesetzt sind. Dazu zählen vor
allem die Marktkonzentration, der Grad der Integration, das Ausmaß der Produktdifferenzierung,
die (z. B. technologischen, regulatorischen und
knappheitsbedingten) Ein- und Austrittsbarrieren
und die Verbindungen zwischen den Märkten.
Mit der Liberalisierung des Strom- und Erdgasmarktes fanden nachhaltige Veränderungen
statt, die zu einer zum Teil völlig neuen Struktur
in den Märkten führten. Die Gebietsmonopole
wurden aufgelöst, der Preis für die Energie wird
nicht mehr behördlich festgelegt, sondern bestimmt sich am freien Markt, und die Kunden
haben das Recht, ihren Energielieferanten frei
zu wählen.Andere Merkmale wiederum haben
weiterhin Bestand. Hierzu zählt der hohe öffentliche Eigentumsanteil an den Strom- und
Erdgasunternehmen, der in seiner Zusammensetzung die föderalistischen Organisationsstrukturen der Republik Österreich praktisch
widerspiegelt.
In den folgenden zwei Abschnitten wird nach
der Kurzdarstellung der jeweiligen Abgrenzung
der relevanten Strom- bzw. Erdgasmärkte und
ihrer Abgrenzungskriterien die Marktstruktur
auf den Strom- und Erdgasmärkten dargestellt.
R Marktstruktur Strom
Überblick über die relevanten Strommärkte9
Die Definition der (sachlich und räumlich) relevanten Märkte dient der genauen Feststellung
des Produktes, das die Unternehmen anbieten,
an sich und der Ausdehnung des Gebietes,
innerhalb welchem sie im Wettbewerb zueinander stehen. Erst wenn diese sachlichen und
räumlichen Grenzen feststehen, kann die Wettbewerbssituation und -entwicklung in den je9
10
weiligen relevanten Märkten10 dargestellt und
beurteilt werden.
Bereits die Betrachtung der Wertschöpfungskette der Elektrizitätsindustrie macht deutlich,
dass unterschiedliche Produkte oder Dienstleistungen auf den einzelnen Wertschöpfungsstufen
angeboten werden, welche nicht untereinander
substituiert werden können.Tabelle 3 gibt eine
Zusammenfassung der Marktabgrenzung für den
Strommarkt wider.
Die Europäische Kommission ist durch ihre Entscheidungen bei Zusammenschlussverfahren
maßgeblich an der Gestaltung des europäischen
Strommarktes beteiligt. Die hierfür vorgenommene Abgrenzung der räumlichen und sachlichen Märkte waren auch Ausgangspunkt bei
der Abgrenzung des Strommarktes in Österreich. Im Endkundenbereich hat die EU-Kommission bisher in Österreich zwischen nicht-gemessenen (Haushalts- und kleine Gewerbekunden) und gemessenen Kunden (größere Gewerbe- und Industriekunden) abgegrenzt. Darüber
hinaus definiert die EU-Kommission noch die
sachlich relevanten Märkte der kleinen und großen Weiterverteiler, wobei außer dem Markt für
große Weiterverteiler die sachlich relevanten
Märkte zumindest national abgegrenzt werden.
Zur Begründung ihrer Entscheidungen grenzt
die EU-Kommission nur jene Märkte umfassend
räumlich und sachlich ab, welche im anhängigen
Fall als betroffene Märkte identifiziert wurden.
Je nach den bislang behandelten Fällen existieren sowohl keine als auch bereits sehr umfassende Vorgaben für Marktabgrenzungen in den
Strommärkten der einzelnen Mitgliedsländer.
Dementsprechend liefern die Entscheidungen
der EU-Wettbewerbskommission wertvolle Anhaltspunkte, jedoch keine umfassende Abgrenzung aller vorhandenen Märkte.
In Bezug auf die Marktabgrenzungen der
EU-Kommission ist aus Sicht der E-Control
eine weitere Differenzierung im Bereich der
Eine umfassende Darstellung der sachlichen und räumlichen Abgrenzung für die einzelnen Strommarktsegmente ist im Liberalisierungsbericht 2003 –
u.a. auf der Website der E-Control – zu finden.
An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass der Begriff des relevanten Marktes von Marktbegriffen, die in anderen Zusammenhängen verwendet werden, zu unterscheiden ist.
Stromendabnehmer (in Klein-, Groß- und
Größtkundenmarkt) – aufgrund der doch
sehr unterschiedlichen Charakteristika der jeweils angebotenen Produkte – gerechtfertigt.
Andererseits konnten in Österreich bestimmte
Teilmärkte nicht sachlich lokalisiert werden,
welche in anderen Mitgliedstaaten durchaus
eigene Märkte darstellen. In Großbritannien
R Überblick über die sachlich und räumlich relevante
Abgrenzung des Strommarktes
Tabelle 3
sachlich relevanter Markt
Produkt/Definition
räumlich relevanter Markt
Erzeugung
Elektrische Energie, erzeugt in Kraftwerken
Übertragung
Transport von Strom auf der Hoch- und Höchstspannungsebene
Verteilung
Transport von Strom auf der Mittel- und Niedrigspannungsebene
Großhandel
Verkauf/Kauf von Strom auf eigenes Risiko und eigene Rechnung
nationale Grenze
nicht definiert
(Monopolbereich)
nicht definiert
(Monopolbereich)
weiter als nationale
Grenze
Ausgleichsenergiemarkt
kurzfristige Zurverfügungstellung von Leistung durch schnell
regelbare Kraftwerke mit einer Mindestleistung von 10 MW
Kleinkunden:
Anschlussleistung < 50 kW oder Jahresverbrauch < 100.000
Stromabnehmer
Großkunden:
Anschlussleistung > 50 kW und Jahresverbrauch > 100.000
kleine Weiterverteiler:
Jahresverbrauch < 500 GWh,Vollversorgung, längerfr. Lieferverträge
Weiterverteiler
Große Weiterverteiler/Landesversorger:
Jahresverbrauch > 500 GWh, Bedarfsdeckung größtenteils
über Stromhandel, offen, ob von Stromhandel getrennt betrachtet
Kleinkunden:
Anschlussleistung < 50 kW oder Jahresverbrauch < 100.000
Stromabnehmer
Großkunden:
Anschlussleistung > 50 kW und Jahresverbrauch
> 100.000 < rd. 4 GWh
Größtkunden:
Anschlussleistung > 50 kW und Jahresverbrauch > rd. 4 GWh
Jahresverbrauch > 100 GWh < 10 Bezugspunkte
Quelle: EU-Kommission, E-Control (dunkler Abschnitt)
Regelzone
nationale Grenze,
wenn nicht Regelzone
nationale Grenze
zumindest nationale
Grenze
evtl. weiter als
Österreich (offen)
nationale Grenze,
wenn nicht enger
nationale Grenze,
wenn nicht enger
nationale Grenze
31
32
wurden in Zusammenschlussverfahren auch die
Märkte „Dienstleistungen im Zählwesen“ (Metering services)11 und „Dienstleistungserbringung auf Vertragsbasis“ (Contracting services)12
als eigene sachlich und räumlich relevante
Märkte identifiziert und untersucht. In Deutschland hat die EU-Kommission den Markt „Elektrizitätsabgabe von der Verbundebene“ als eigenen sachlichen Markt abgegrenzt. Hintergrund
für die Nicht-Existenz dieser Märkte ist zumeist
das regulatorische Umfeld, wonach beispielsweise in Österreich die Dienstleistungen im
Zählwesen per Gesetz dem Netzbetreiber zugeordnet sind. Die Messpreise sind behördlich
nach oben begrenzt und bilden sich nicht am
freien Markt.
Der Großhandelsmarkt –
die zentrale Drehscheibe
Ein gut funktionierender, liquider Großhandelsmarkt ist eine grundlegende Voraussetzung für
das Entstehen eines europaweiten, integrierten
Elektrizitätsbinnenmarktes. An diesem Markt
werden standardisierte Stromprodukte in großen Mengen zwischen einer Vielzahl von Marktteilnehmern gehandelt. Der Kreis der Marktteilnehmer umfasst u.a. Erzeuger, Händler und
große Verbraucher. Kleinere Endkunden sowie
geförderte Ökostromerzeuger nehmen am
Großhandelsmarkt nicht unmittelbar teil. Letztere müssen ihre Erträge nicht am freien Markt erwirtschaften, sondern werden über garantierte
Einspeisetarife gefördert.
Die räumliche Abgrenzung erfolgt mit Hilfe der
Frage nach hinreichend homogenen Wettbewerbsbedingungen innerhalb des räumlichen Referenzmarktes beziehungsweise nach spürbaren
Unterscheidungen von den benachbarten Gebieten. Sowohl die Europäische Kommission als
auch das Deutsche Bundeskartellamt haben bisher den räumlich relevanten Markt in der Regel
nicht weiter als national definiert.Vor allem die
unterschiedlichen Marktöffnungsgrade, aber auch
durchaus unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen in den jeweiligen Mitgliedstaaten sind
für die nationale räumliche Begrenzung verantwortlich. Eine Ausnahme bildet die Abgrenzung
des Großhandelsmarktes im Zusammenschlussverfahren hinsichtlich der österreichischen
Stromlösung. In diesem Fall hat die Europäischen
Kommission festgestellt, dass die räumliche
Grenze weiter als national zu sehen ist. In
Österreich – wie auch in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – ist eine engere
Marktabgrenzung als national (z.B. Regelzone,
Netzbereich) aufgrund der Marktgegebenheiten
in einigen Referenzmärkten nach wie vor gegeben. Beispielsweise wurde in Großbritannien
die Grenze des Kleinkundenmarktes trotz Vollliberalisierung auf den Netzbereich des jeweiligen regionalen Netzbetreibers beschränkt13.
Die am Markt erzielten Preise dienen den
Lieferanten als Kalkulationsgrundlage bei der
Anbotserstellung und beeinflussen somit die
Entwicklung der Endkundenpreise. Die Geschäfte umfassen sowohl Spot- als auch Forwardprodukte und werden bilateral (OTC) bzw. über
geregelte Märkte (Strombörsen) abgewickelt.
Kurzfristige Stromhandelsgeschäfte österreichischer Händler werden sowohl auf der Energy
Exchange Austria (EXAA) als auch auf der European Energy Exchange (EEX) getätigt. Die beiden Börsen bieten ähnliche Stromprodukte an
und agieren als Konkurrenten im selben geographischen Raum.14
Ein effizienter und sowohl national als auch
überregional funktionierender Großhandelsmarkt
wird durch funktionsfähige Übertragungsnetze
erst ermöglicht. Diese Bedingung ist allerdings
sowohl in Österreich als auch im EU-Raum nur
eingeschränkt erfüllt. Die Netzsituation ist vielerorts durch Engpässe gekennzeichnet.Abbildung 12 gibt einen Überblick über die Auslastung von Leitungskapazitäten zwischen den
europäischen Übertragungsnetzbetreibern.
Europa ist daher – entlang der Netzengpässe –
in mehrere regionale Großhandelsmärkte geteilt. Die unmittelbare Folge der räumlichen
Vgl.: Innogy Holdings/Northern Electric plc, Consultation Paper, Office of Erdgas and Electricity Market, August 2001
Vgl.: SSE Power Distribution Ltd/Aquila Sterling plc, Office of Fair Trade Entscheidung Sektion 22 vom 24. Juli 2003
Vgl.: IV/M.1606 - EdF/South Western Electricity, 19. 07. 1999
14
Zur ausführlicheren Beschreibung der Großhandelsmärkte siehe Liberalisierungsbericht 2003 der E-Control.
11
12
13
R Engpässe im europäischen Netzverbund
Abbildung 12
33
Quelle: UCTE (2003)
R Entwicklung der Großhandelspreise in Deutschland, den Niederlanden
und Österreich (Base)
Abbildung 13
■ APX (NL) ■ EXAA (A) ■ EEX (D)
e/MWh
Quelle: EEX, APX, EXAA
34
Teilung ist die Entwicklung von unterschiedlichen regionalen Großhandelspreisen. Bei Bestehen von Netzengpässen kann die elektrische
Energie vom preisgünstigeren Bereich nicht ungehindert in den Raum mit den höheren Preisen
transportiert werden. Diese Konstellation lässt
sich regelmäßig in Skandinavien, aber auch in
Kontinentaleuropa, z.B. zwischen Holland und
Deutschland beobachten (siehe Abbildung 13).
Im europäischen Verbundnetz können sich Lastflüsse – abhängig von Nachfrage und Produktion
in Europa – in ihrer Größe, aber auch in ihrer
Richtung ändern. Dadurch können Engpässe
entstehen, aber auch bereits bestehende sich
auflösen. Die Grenzen der regionalen Großhandelsmärkte ändern sich dementsprechend von
Zeit zu Zeit. Ein vollständiges Bild über die
räumlichen Grenzen der Märkte kann daher nur
eine dynamische Betrachtung geben.
Da Österreich mit seinen westlichen Nachbarn
durch leistungsfähige Transportnetze verbunden
ist, ist es stark in den zentraleuropäischen
Preisbereich integriert. Zu dieser Zone gehören
Deutschland und die Schweiz. Ein Merkmal dafür ist die durchwegs parallele Großhandelspreisentwicklung in diesen Ländern. Die südliche Grenze dieses geographischen Raumes verläuft etwa entlang der Übergabestellen in Richtung Italien und Slowenien. Die Netzkapazitäten
zu den östlichen Nachbarn sind beschränkt und
bilden damit die Grenze zu einem anderen regionalen Markt. In den osteuropäischen Ländern
befindet sich die Entwicklung von wettbewerblichen Großhandelsmärkten in ihrer Frühphase.
Der Grund für das Fehlen von liquiden Handelsplätzen in dieser Region liegt u.a. darin, dass
die lokalen Erzeuger die überwiegende Mehrheit ihrer Kapazitäten noch lange vor der
Strommarktöffnung in Form von langfristigen
Lieferverträgen gebunden haben.
Die Auslastung der Übertragungsnetze steigt
europaweit an. Innerhalb Österreichs ist dies
stark durch das Nord-Süd-Ungleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch bedingt. Diese
15
Entwicklung führt dazu, dass europaweit die
Nachfrage nach Leitungskapazitäten für grenzüberschreitende Elektrizitätslieferungen durch
die vorhandenen technischen Möglichkeiten
nicht immer in vollem Ausmaß erfüllt werden
kann. Für die Zuteilung der Kapazitäten an die
einzelnen Handelsunternehmen werden derzeit
durch die Übertragungsnetzbetreiber unterschiedliche Vergabeverfahren angewandt. Diese
reichen von Auktionsverfahren (explizit, d.h. nur
Leitungskapazität, oder implizit, d.h. Energie und
Leitungskapazität kombiniert) bis zu anteiliger
Vergabe („pro-rata“) an alle „Antragsteller“. Zu
den grenzüberschreitenden Kapazitäten siehe
auch Kapitel „Markteintrittsbarrieren am österreichischen Strommarkt“.
Markt für Ausgleichsenergie –
ein wichtiges Nebenprodukt
Da Strom praktisch nicht gespeichert werden
kann, muss die erzeugte Energie immer dem
momentanen Verbrauch entsprechen. Die Ausgleichsenergie dient zur Herstellung dieses Ausgleichs innerhalb der Regelzone und ist somit
ein integraler Teil des Strommarktes.15 Die Ausgleichsenergie ist daher ein wesentliches Vorprodukt der Belieferung von Endkunden. Die
EU-Kommission legt sich in ihren Entscheidungen jedoch nicht fest, ob die Ausgleichsenergie
einen eigenen Markt darstellt.
Der Überbegriff Ausgleichsenergie umfasst Bereiche unterschiedlicher Regelqualitäten, wie
Primär-, Sekundär- und Tertiärregelung (Minutenreserve). Diese Bereiche sind im UCTE-Verbund technisch entsprechend geregelt und teilweise hinsichtlich ihrer Erbringung noch auf die
jeweiligen Regelzonen begrenzt. Der regelzonen- bzw. blocküberschreitende Handel mit
Minutenreserve – jene Ausgleichsenergiequalität, die sich für den Handel am besten
eignet – wird gegenwärtig nicht praktiziert bzw.
ist aufgrund der geltenden Regelungen nicht
möglich.Aufgrund der Rahmenbedingungen
lässt sich der Ausgleichsenergiemarkt somit
räumlich auf die Regelzone abgrenzen.
Zur ausführlicheren Beschreibung der Ausgleichsenergiemärkte siehe Liberalisierungsbericht 2003.
In Österreich ist in den drei Regelzonen lediglich die Aufbringung der notwendigen Leistung
für die Minutenreserve marktmäßig gestaltet.
Bei der Sekundärregelung werden über die Ausschreibung von Naturalaustausch Marktelemente in das System eingebracht. Der Ausgleichsenergiemarkt wird von den sog. Bilanzgruppenkoordinatoren betrieben. In den Regelzonen
der VKW-ÜNB und TIRAG wird dieser von der
A&B organisiert, in der Regelzone Verbund-APG
von der APCS. Die wettbewerbliche Bereitstellung der Ausgleichsenergie setzt eine ausreichende Anzahl an Marktteilnehmern mit entsprechender Kraftwerksleistung voraus. Dies ist
allerdings in den drei österreichischen Regelzonen nicht gleichermaßen gegeben. Deshalb wird
eine Marköffnung für Minutenreserve
zwischen den drei österreichischen und den
vier deutschen Regelzonen angestrebt.
Eine verstärkte Vernetzung von Ausgleichsenergiemärkten ist als ein wesentlicher Beitrag zu einem europäischen Elektrizitätsmarkt zu sehen.
Generell wird dieses Segment in den meisten
Staaten von etablierten nationalen Unternehmen beherrscht. Obwohl die Ausgleichsenergievolumina meist vergleichsweise gering sind,
können sich daraus doch attraktive Renditen
ergeben, die in anderen Wettbewerbsbereichen
eingesetzt werden können. Durch Verbreiterung
der Anbieterbasis auf eine größere Anzahl an Erzeugern und durch eine Erweiterung des Marktgebietes – und damit möglicherweise einhergehende gemeinsame Nutzung von vorgehaltenen
Kapazitäten – können Effizienzsteigerungen im
Bereich Ausgleichsenergie erwartet werden.
Um eine Integration von Märkten auf breiterer
europäischer Ebene zu ermöglichen, sind Harmonisierungsschritte in operationellen und
marktrelevanten Bereichen durchzuführen. So
sind z.B. Zeitrahmen, Preisstrukturen und Kommunikationsmittel zu vereinheitlichen.
16
17
Anbieterstruktur
Mit der Liberalisierung erfolgte die Differenzierung nach Produktionsstufen und ihre Disaggregation. Die Dienstleistungsbereiche der Übertragung und Verteilung von elektrischer Energie
unterliegen weiterhin einer staatlichen Preisregulierung16, während sich der Strompreis frei am
Markt bildet. Bei den zumeist vertikal integrierten Energieunternehmen Österreichs, die neben
dem Netzbetrieb auch in der Erzeugung und
im Vertrieb tätig sind, ist die strikte organisatorische und funktionelle Entflechtung des
Netzbetriebes von den Erzeugungs- oder Vertriebsaktivitäten für den diskriminierungsfreien
Zugang dritter Stromanbieter essenziell.
Die Liberalisierung hat zwar zu einer Neustrukturierung und Neupositionierung der Unternehmen geführt, dennoch behielt die Anbieterstruktur ihre deutliche Prägung durch das
2.Verstaatlichungsgesetz17 bei. Eine Änderung
des Gesetzes bedarf einer Zweidrittelmehrheit
im Parlament, wovon kurz- bis mittelfristig nicht
ausgegangen werden kann. Damit spiegelt sich
der föderalistische Aufbau der Republik Österreich in der Anbieterstruktur bzw. in den Eigentumsverhältnisse der Stromwirtschaft wider.
Der langjährige Gebietsschutz der Unternehmen vor der Liberalisierung und der damit
verbundene Bekanntheitsgrad bei den Kunden
begünstigt den Fortbestand der derzeitigen
Anbieterstruktur.
Am österreichischen Strommarkt bestimmen
der Verbund, die neun Landesgesellschaften
sowie landeshauptstädtische Elektrizitätsunternehmen nach wie vor die Struktur am österreichischen Markt. Diese wenigen Unternehmen
haben im Jahr 2003 knapp 95 % der ins öffentliche Netz eingespeisten Energie erzeugt, obwohl
insgesamt rd. 200 Erzeuger mit einer Leistung
> 1 MW (ohne Windkraftwerke) ins öffentliche
Netz einspeisen. Der Verbund ist das größte
österreichische Erzeugungsunternehmen, aber
auch die anderen großen und kleinen Unternehmen sind in der Erzeugung tätig oder zumindest, wie im Fall der Steweag-Steg, an Erzeu-
In Österreich werden die Entgelte für die Nutzung der Netze durch die E-Control Kommission als Fixpreis festgelegt.
Das 2.Verstaatlichungsgesetz (BGBl. Nr. 81/1947) in der Fassung BGBl. Nr. 762/1992 wurde mit dem Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Eigentumsverhältnisse an den
Unternehmen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft geregelt werden (BGBl. Nr. 143/ 1998), außer Kraft gesetzt, jedoch wurden die inhaltlichen Regelungen bzgl. der
Eigentumsverhältnisse aus dem 2.Verstaatlichungsgesetz darin faktisch fortgeschrieben.
35
gungsanlagen beteiligt. Der Verbund ist neben
Tiwag und VKW der größte Übertragungsnetzbetreiber. Gleichzeitig sind die Unternehmen,
die im 2.Verstaatlichungsgesetz genannt wurden, zumeist direkt und/oder über Tochtergesellschaften im Endkundengeschäft tätig.
Tabelle 4 zeigt die Veränderung für die Unternehmen durch die Öffnung des Strommarktes.
Neben neuen Aufgaben und Betätigungsfeldern
sind auch neue Märkte entstanden (Großhandelsmarkt, Markt für Ausgleichsenergie). Nach
wie vor spielen jedoch neben betriebswirt-
schaftlichen auch wirtschafts- und sozialpolitische Faktoren eine wichtige Rolle, was in erster
Linie auf den hohen Anteil der öffentlichen Beteiligungen an den Stromunternehmen zurückzuführen ist (siehe u.a. die politische Diskussion
in der Steiermark über die Strompreiserhöhungen der Landesgesellschaft Steweag-Steg).
Die vorherrschende vertikale Integration wird
oftmals durch eine horizontale Integration mit
anderen Versorgungsbranchen erweitert. Praktisch alle großen Elektrizitätsunternehmen sind
direkt oder indirekt mit Erdgasunternehmen
R Vergleich Strommarkt vor und nach der Liberalisierung
vor der Liberalisierung
36
Tabelle 4
nach der Liberalisierung
Verbund
R Erzeugung
R Übertragung
R Belieferung der LVU
Verbund
R Erzeugung
R Übertragung
R (Belieferung der LVU)
R Regelzonenführer
R Händler
R Belieferung von Endkunden
LVU und Stadtwerke
R tw. Erzeugung
R tw. Übertragung
R Verteilung
R Belieferung von Endkunden
LVU und Stadtwerke
R tw. Erzeugung
R tw. Übertragung
R Verteilung
R Belieferung von Endkunden
R tw. Regelzonenführer
R Händler
R
R
R
R
R
Großhandelsmarkt (100–150 TWh)
R OTC
R Börse (EXAA – Graz, EEX – Leipzig)
Ausgleichsenergiemarkt
Ein ausländischer Anbieter mit Niederlassung in Ö. (EnBW)
tw. ausländische Beteiligungen (EnBW, RWE, EdF)
Zusammenschlüsse auf regionaler und überregionaler Ebene
nach wie vor politischer Einfluss:
R betriebswirtschaftliche
R wirtschaftspolitische
R sozialpolitische
}
Quelle: E-Control
Zielsetzungen
verbunden. Zudem sind sie wie die meisten
städtischen und kommunalen Unternehmen
häufig auch mit anderen typischen Versorgungsindustrien wie beispielsweise der Wasserversorgung,Abfallwirtschaft oder Telekommunikation verbunden. Im Vergleich hierzu weist das
derzeit einzige ausländische Unternehmen mit
einer Niederlassung in Österreich – EnBW
Austria – einen sehr geringen Integrationsgrad
auf. Eine Zusammenfassung über die vertikale
Integration der Elektrizitätsunternehmen zeigt
Abbildung 14, einen Überblick über branchenübergreifende Betätigungsfelder gibt Abbildung
15. In den Abbildungen sind die Geschäftsfelder,
in denen Unternehmen tätig, d.h. vertikal oder
horizontal integriert sind, farbig markiert.Angegeben ist auch, über welche Tochter-, Schwester- oder Mutterunternehmen die Marktteilnehmer am jeweiligen Markt tätig sind. Die Darstellungen zeigen deutlich, dass neben dem großen
Anteil an öffentlichem Eigentum sowohl die
starke vertikale als auch horizontale Integration
der Unternehmen ein weiteres Strukturmerkmal der österreichischen Elektrizitätsindustrie
darstellt.
R Marktstufen Strom
Erzeugung Großhandel
Verbund
Wienstrom
EVN
Energie AG
Bewag
Steweag-Steg
Linz AG
Salzburg AG
Tiwag
VKW
Kelag
EnBW
Abbildung 14
Netz
Kleine Weiterverteiler
AE-Markt RZ-Führer Verrechnungsstelle
APT neu
APT neu
APT neu
APT neu
APT neu
Energie Austria
Energie Austria
Energie Austria
Energie Austria
Energie Austria
APT neu
Energie Austria
Beteiligung
Beteiligung
Großkunden
Tarifkunden
Energie Austria
Energie Austria Energie Allianz
Energie Austria Energie Allianz
Energie Austria Energie Allianz
Energie Austria Energie Allianz
Beteiligung
Energie Austria
Energie Allianz
Beteiligung
Beteiligung
Beteiligung
Beteiligung
Quelle: Jahresberichte und Internetseiten der Unternehmen
R Europäische Elektrizitätsunternehmen im Vergleich – Jahr 2001
Konzern-Umsatz
Rang
1.
2.
3.
4.
5.
6.
11.
29.
k.A.
E.On Gruppe
RWE Gruppe
EdF
Enel
Endesa
Electrabel
EnBW
Verbund
EVN
Operativer Cashflow18
in Mio. e
Rang
69.839
43.970
40.716
27.725
15.576
12.580
7.861
1.684
1.114
2.
4.
1.
3.
5.
9.
19.
30.
k.A.
E.On Gruppe
RWE Gruppe
EdF
Enel
Endesa
Electrabel
EnBW
Verbund
EVN
Quelle: Eurelectric, EVN Jahresbericht
18
EBITDA, Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation
Tabelle 5
Jahresüberschuss
in Mio.e
Rang
8.626
6.839
8.671
8.172
5.113
1.634
929
389
264
2.
5.
3.
1.
4.
14.
18.
23.
in Mio. e
E.On Gruppe
RWE Gruppe
EdF
Enel
Endesa
Electrabel
EnBW
Verbund
3.137
1.744
848
3.952
1.537
910
272
137
37
Vergleicht man die österreichische Elektrizitätsbranche mit ihrem europäischen Umfeld (Tabelle 5), so wird klar, dass der Verbund als größter
Erzeuger Österreichs zwar zu den 30 größten
europäischen Unternehmen zählt, aber dennoch
weit kleiner ist als die großen Player in Europas
Stromindustrie.
38
Die großen europäischen Elektrizitätsunternehmen, wie EdF, RWE, E.ON, nehmen mit über
90 % eine dominante Marktposition in ihren angestammten Versorgungsgebieten ein. Grund dafür ist eine in Deutschland und Frankreich viel
geringere reale Marktöffnung als in Österreich.
Gleichzeitig expandieren die großen Player aus
einer gesicherten Heimmarktposition heraus in
den europäischen Markt hinein (Abbildung 16).
Die Oligopolisierung der Markstruktur bringt
kleine und mittelständische Anbieter in Zentraleuropa deshalb unter vermehrten Druck. Zwar
haben die österreichischen Stromunternehmen
beachtliche Marktanteile in ihren angestammten
Versorgungsgebieten, doch in Relation zu den
Strukturen in Europa eine vernachlässigbare
Bedeutung.
Die verhältnismäßig kleine Betriebsgröße der
österreichischen Unternehmen im Vergleich zu
anderen europäischen Unternehmen dürfte
gewisse Kostennachteile mit sich bringen. Ein
weiteres Charakteristikum zeigt sich in der Eigentümerstruktur der etablierten Unternehmen
Österreichs (Incumbents), und zwar in ihren
vielfachen Kreuzbeteiligungen (siehe auch Abbildung 25, S. 76/77: Eigentumsverhältnisse in
der österreichischen Strom- und Erdgaswirtschaft).Alleine die österreichischen Verteilnetzbetreiber halten derzeit, laut einer jüngst veröffentlichten Studie19, rd. e 2 Mrd. Beteiligungen
untereinander. Das entspricht in etwa einem
Jahresumsatz dieser Unternehmen. Die erwähnte Studie zeigt weiters, dass im Beobachtungs-
R Betätigungsfelder der Energieversorger
Eigentümer
Strom
Erdgas
Bewag/Begas
mehrheitlich öffentlich
Bewag
Begas
Energie AG
> 80 % öffentlich
Energie AG
OÖ Ferngas
Estag
mehrheitlich öffentlich
Steweag-Steg
Steirische Gas Wärme Steirische Gas Wärme
EVN
mehrheitlich öffentlich
EVN
EVN
EVN
Kelag
mehrheitlich öffentlich
Kelag
Kelag
Kelag
Salzburg AG
> 90 öffentlich
Salzburg AG
Salzburg AG
Salzburg AG
Tiwag/Tigas
100 % öffentlich
Tiwag
Tigas
div. Beteiligungen
VKW/VEG
> 90 % öffentlich
VKW
VEG
div. Beteiligungen
Wienenergie
100 % öffentlich
Wienenergie
Wienenergie
Wr. Stadtwerke, Wienenergie
Linz AG Strom
Energie Graz
Linz Gas Wärme
Energie Graz
Linz Gas Wärme
Energie Graz
Linz AG
Energie Graz
100 % öffentlich
mehrheitlich öffentlich
indirekt minderEnBW Austria
heitlich öffentlich
Fernwärme
Energie AG
EnBW Austria
Quelle: Jahresberichte und Internetseiten der Unternehmen
19
„Elektrizitätsmarkt in Österreich 2004“ Gemeinschaftsstudie unter der Leitung der Universität Klagenfurt http://www.econ.uni-klu.ac.at/strom2004/strommarkt_2004_v203.pdf
R Ausbreitung der großen Elektrizitätsunternehmen in Europa
Abbildung 16
EdF
Electrabel
Endesa
Enel
E.ON
RWE
Vattenfall
39
Quelle: Verbund
Abbildung 15
Wasser
Abwasser
Telekommunikation
Abfall
UTA, BKF
OÖ Landeswasserversorgungsunternehmen
WAV, AVE
EVN Wasser GmbH,
WTE Wassertechnik GmbH
WTE Wassertechnik
GmbH
Salzburg AG, WSG Wasser
Service GmbH
Salzburg AG, WSG Wasser
Service GmbH
Hubert Häusle GmbH
Wiener Wasserwerke,
Aqua Plus
Linz AG Wasser
Grazer Stadtwerke
LIWEST, UTA
WAV, AVE
UTA
Steirische Abfallverwertungs GMBH
NÖKOM, UTA,
Kabelsignal AG
Kelag, UTA
AVN Abfallverwertung
KRV
Salzburg AG
TI.KOM, UTA
UTA,Vorarlberger Telekommunikations-GmbH
Aqua Plus, Wien Kanal
UTA
Linz AG Abwasser
Grazer Stadtwerke
Linz AG Strom, LIWEST
Grazer Stadtwerke
Hubert Häusle GmbH
Linz Service GmbH
AEVG
40
zeitraum 2000–2002 das eingesetzte Kapital für
Finanzanlagen (unter anderem für Kreuzbeteiligungen) eine sehr bescheidene Verzinsung erwirtschaftet hat. Die Beteiligungen dürften daher eher Ergebnis strategischer Überlegungen in
Zusammenhang mit der Liberalisierung und weniger Finanzinvestitionen darstellen. Dieses Verhalten wurde begünstigt, da eine automatische
Disziplinierung durch den Kapitalmarkt im Fall
von Fehlinvestitionen aufgrund des mehrheitlich
öffentlichen Eigentums der Unternehmen nur in
einem begrenzten Ausmaß vorhanden war. Es
notieren lediglich zwei österreichische Unternehmen an der Börse: der Verbund und die EVN.
Die vielfach geringe Betriebsgröße, die
Liquiditätsverluste aufgrund gegenseitiger Beteiligungen und die geringe Rentabilität des Finanzanlagevermögens schwächen die internationale
Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen
Unternehmen. Umgekehrt schützen Kreuzbeteiligungen relativ gut vor Übernahmen durch dritte Unternehmen, sollte es künftig zu weiteren
Privatisierungen kommen.
Hingegen besteht ein großer Vorteil im internationalen Wettbewerb insbesondere bei jenen
österreichischen Elektrizitätsunternehmen, die
in der langfristig kostengünstigen Wasserkraft
ihre größten Erzeugungskapazitäten haben.
Verstärkt wird dieser Vorteil dadurch, dass
einige Wasserkraftwerke vor der Öffnung der
Elektrizitätsmärkte bereits außerplanmäßig abgeschrieben wurden.
Eine große Veränderung in der österreichischen
Anbieterstruktur ergibt sich heuer durch die
endgültige Genehmigung der so genannten österreichischen Stromlösung (ÖSL) beziehungsweise Energie Austria20.Auch sie ist Ergebnis
der strategischen Zielsetzung österreichischer
Unternehmen, sich im liberalisierten europäischen Markt zu behaupten. Im Konkreten handelt es sich hierbei um einen Zusammenschluss
von Unternehmensteilbereichen des Verbund
und der Mutterunternehmen der Energie Allianz, das sind die EVN AG,WIEN ENERGIE
GmbH, Energie AG Oberösterreich, BEWAG
und Linz AG. Im Einzelnen wird unter der Führung des Verbund der Bereich Stromhandel
(„ATP neu“) und unter der Führung der Energie
Allianz der Großkundenvertrieb („e&s neu“)
zusammengeschlossen werden. Zu diesem
Zweck werden zwei Gemeinschaftsunternehmen gegründet (siehe Abbildung 17).
Die von den beteiligten Unternehmen gemachten wesentlichen Zusagen waren folgende21:
R die Veräußerung der im Großkundengeschäft
R
R
R
R
R
tätigen Verbund-Tochter Austrian Power
Vertriebs GmbH (kurz APC) an einen
unabhängigen Dritten,
die Veräußerung der Verbund-Anteile an
MyElectric und an Unsere Wasserkraft,
der temporäre Verzicht wesentlicher
Einflussrechte bzw. Stimmrechte des Verbund
bei der Steweag-Steg sowie der Energie AG
bei der Salzburg AG,
die regelmäßige Versteigerung von Elektrizitätslieferungen im Umfang von insgesamt
450 GWh jährlich (davon 50 % aus Wasserkraft) in Form von nach dem Verbrauchsprofil österreichischer Kleinverbraucher
strukturierten Produkten bis Juli 2008,
die Verpflichtung der Anmelder, eine
Mindestleistung an Ausgleichsenergie, deren
Preis gedeckelt ist, zur Verfügung zu stellen,
solange, bis ein funktionierender, regelzonenüberschreitender Ausgleichsenergiemarkt
vorliegt,
vorzeitige einseitige Kündigungsrechte von
Großkunden der Anmelder bei ihrer Übernahme in die neue Großkundengesellschaft.
Der 20-%-Anteil des Verbund an MyElectric
ging bereits am 11. November 2003 ins Eigentum der Salzburg AG über. Die Salzburg AG
hielt zu diesem Zeitpunkt bereits 80 % Anteile
an MyElectric. Der 20%ige Anteil des Verbund
an Unsere Wasserkraft wurde am 1. März 2004
von der Energie Steiermark Holding AG (ESTAG) übernommen, die ebenfalls bereits
Sowohl die Bezeichnung Österreichische Stromlösung als auch Energie Austria sind Arbeitstitel, um den komplexen Zusammenschluss der beteiligten Unternehmen zu
beschreiben. Da es keine offizielle Namensgebung für das gesamte Unterfangen gibt, wird im vorliegenden Bericht weiterhin der Arbeitstitel Energie Austria verwendet.
21
Detaillierte Informationen zum Zusammenschlussverfahren und den Zusagen der anmeldenden Partein sind im Liberalisierungsbericht 2003 zu finden.
20
zuvor 80 % von Unsere Wasserkraft hielt.
Zentrale Zusage im Verfahren stellte die Veräußerung des 55-%-Anteiles des Verbund an der
APC an einen unabhängigen Dritten dar. Die
APC verkauft elektrische Energie an Industrie-,
Gewerbe- und Bündelkunden mit einem Jahresstromverbrauch von über 0,1 GWh. Die ESTAG,
welche 35 % an der APC hielt und ein Vorkaufsrecht für die Anteile des Verbund in der APC
hatte, galt ausdrücklich nicht als unabhängiger
Dritter. Die restlichen 10 % an der APC hielt
die Salzburg AG.
Die Suche nach einem Käufer für das Großkundengeschäft des Verbund gestaltete sich zudem
schwierig, da durch den niedrigen Strompreis
am Markt für Großabnehmer der künftige Käufer der APC nur mit geringen Margen zu rechnen hatte. Erst nach erfolgter Veräußerung inklusive Zustimmung der Europäischen Kommis-
sion zum neuen Besitzer des Verbundanteiles
durfte der Zusammenschluss zur Energie
Austria vollzogen werden. Die beteiligten
Unternehmen erhielten insgesamt sechs Monate Fristverlängerung zur Erfüllung der Schlüsselauflage, nachdem innerhalb der sechsmonatigen
Frist ein Verkauf der APC nicht erfolgt war.
Nach langen Verhandlungen verzichtete die
Estag auf ihr Vorkaufsrecht für die Anteile des
Verbund und übergab in weiterer Folge ihren
eigenen 35-%-Anteil an der APC an den Verbund. Die Salzburg AG verkaufte im Frühjahr
2004 ebenfalls ihre Anteile an den Verbund.
Die Verbund-Anteile, gemeinsam mit dem 35-%Anteil der ESTAG und dem 10-%-Anteil der
Salzburg AG, wurden im Rahmen eines internationalen Bieterverfahrens im April 2004 an den
Bestbieter, die slowenische Istrabenz Energetski
Sistemi, d.o.o. (Istrabenz), verkauft. Neben der
R Übersicht Energie Austria
Abbildung 17
Erzeugung
zentrale Steuerung durch Handelshaus (Eigentümerstruktur bleibt bestehen,
keine Zusammenlegung der Erzeugungsgesellschaften in eine Gesellschaft)
Marktpreis abzüglich
Handling Fee (e 0,6/MWh)
ATP neu, Handelshaus
Österreichische
Stromlösung
2/3 Verbund
1/3 EnergieAllianz
Marktpreis + Labeling Fee =
„Wasserkraftaufschlag“
(e 1,1/MWh) für Kunden < 0,1 GWh
Marktpreis
E&S Großkundenvertrieb
EnergieAllianz
(Kunden > 4 GWh/a)
1/3 Verbund, 2/3 EnergieAllianz
(Wienstrom, EVN, Bewag,
Linz AG, Energie AG)
Gewerbekunden
0,1– 4 GWh
Quelle: Energie Austria, E-Control
Tarifkunden
< 0,1 GWh
über Vertriebs-KGs
Vertikale
Integration
41
Marktstruktur
R
Marktstruktur Erdgas
slowenischen Istrabenz hat u.a. auch die Tiroler
Landesgesellschaft um die APC mitgeboten.
42
Istrabenz ist ein Tochterunternehmen der
ISTRABENZ, d.d. („Istrabenz Holding Gesellschaft“). Die Istrabenz Holding Gesellschaft ist
die Dachgesellschaft einer slowenischen Industriegruppe, deren Tätigkeitsschwerpunkt in den
Sparten Energie und Tourismus liegt. Der Konzern umfasst derzeit 26 Unternehmen und ist
vorwiegend in Slowenien, Italien, Kroatien und
Bosnien-Herzegovina tätig. Im Energiesegment
ist die Istrabenz-Gruppe in den Geschäftsbereichen Handel mit Erdöl,Verarbeitung und Lagerung von Erdölprodukten, Handel mit Erdgas
sowie sonstige Energiegeschäfte – durch Istrabenz, welche die APC gekauft hat – tätig. Die
EU-Kommission erteilte im Juli 2004 ihre Zustimmung, dass der Verkauf der Verbundanteile
der APC an die Istrabenz ein Verkauf an ein
unabhängiges drittes Unternehmen ist. Damit
wurde die einzige Auflage mit aufschiebender
Wirkung im Zusammenschlussverfahren zur
Energie Austria erfüllt und die Aufnahme der
operativen Tätigkeit der österreichischen
Stromlösung möglich.
Laut Verbund und Energie-Allianz-Unternehmen
ist zu Redaktionsschluss als Starttermin für die
Aufnahme der operativen Tätigkeit von „APT
neu“ und „e&s neu“ der 1. Oktober 2004 geplant. Die Verwirklichung der österreichischen
Stromlösung ergibt eine deutliche Konsolidierung der österreichischen Anbieterstruktur, da
im Großhandelsmarkt und im Großkundenmarkt sechs große österreichische Unternehmen – EVN AG,Wien Energie GmbH, Energie
AG Oberösterreich, BEWAG, Linz AG und Verbund – nunmehr geschlossen über jeweils ein
Unternehmen auftreten.
Nach den ersten drei Jahren der Vollliberalisierung in Österreich hat sich gezeigt, dass kaum
neue Anbieter am österreichischen Markt agie-
22
ren. Neben Vertriebstöchtern von etablierten
österreichischen Elektrizitätsunternehmen und
dem einzigen ausländischen Anbieter mit
Niederlassung in Österreich, der EnBW Austria,
gibt es lediglich einige wenige unabhängige
Marktteilnehmer. Zu den wichtigsten Vertriebstöchtern der Incumbents im Kleinkundensegment zählen „Unsere Wasserkraft“ der Estag,
„switch“ von der Energie Allianz und MyElectric
von der Salzburg AG. Kelag und VKW sind die
einzigen Incumbents, die selbst österreichweit
für Kleinkunden Strom anbieten. Zu den neuen
unabhängigen inländischen Marktteilnehmern
gehören die Ökostrom AG und die Alpen Adria
Energie AG, beide Unternehmen bieten elektrische Energie aus erneuerbaren Energieträgern an.
R Marktstruktur Erdgas
Kurzdarstellung der relevanten Erdgasmärkte22
Die Definition der (sachlich und räumlich) relevanten Märkte dient, wie im Strombereich, der
genauen Feststellung des Produktes, das die
Unternehmen anbieten, an sich sowie der Ausdehnung des Gebietes, innerhalb welchem sie
im Wettbewerb zueinander stehen. Die Abgrenzung der Märkte ist Grundvoraussetzung, um
die Wettbewerbssituation und -entwicklung in
den jeweiligen Marktsegmenten darstellen und
beurteilen zu können.
Die Betrachtung der Wertschöpfungskette der
Erdgasindustrie macht deutlich, dass unterschiedliche Produkte oder Dienstleistungen auf
den einzelnen Wertschöpfungsstufen angeboten
werden, welche nicht untereinander substituiert
werden können.Tabelle 6 gibt eine Zusammenfassung der Marktabgrenzung für den Erdgasmarkt wider.
Vor der Liberalisierung des Erdgasmarktes war
die Marktstruktur klar definiert. Die OMV Gas
agierte vorwiegend als Importeur, Produzent,
Eine umfassende Darstellung der sachlichen und räumlichen Abgrenzung für die einzelnen Erdgasmarktsegmente ist im Liberalisierungsbericht 2003 –
u.a. auf der Website der E-Control – zu finden.
Netz- und Speicherbetreiber, die Landesgesellschaften als Lieferanten für Endkunden und
Stadtwerke und die Stadtwerke als Lieferanten
für Endkunden. Mit der Liberalisierung haben
sich die bisherigen Tätigkeiten der Unternehmen jedoch nur unwesentlich verändert. Nach
wie vor fehlt eine wettbewerbsorientierte
Marktstruktur im Erdgasmarkt. Neben der hohen Importabhängigkeit (rd. 80 % des Verbrauchs wird importiert, davon größtenteils aus
Russland) ist die OMV Gas Hauptimporteur
von Erdgas in Österreich.
Durch den Zusammenschluss zur Econgas –
einem gemeinsamen Unternehmen der Energie
Allianz und der OMV Gas – tritt die OMV Gas
indirekt über die Econgas nunmehr auch als Lie-
ferant und somit als Konkurrent zu jenen Landesgesellschaften auf, die sie als Importeur mit
Erdgas versorgt.Aufgrund der bestehenden
TOP-Verträge ist eine kurz- und mittelfristige
Änderung dieser Konstellation nicht zu
erwarten.
Trotz der Liberalisierung des Erdgasmarktes
sind nur wenige Unternehmen in der gesamten
Regelzone Ost tätig – dh. außerhalb des ursprünglichen Versorgungsgebietes. Der Großteil
der Landesgesellschaften beschränkt sich vor
allem im Kleinkundenbereich auf die Belieferung
der bisherigen Kunden in ihrem ehemaligen
Versorgungsgebiet, was sich auch bei den Werbeaktivitäten der Unternehmen zeigt (siehe
Kapitel „Werbeaktivitäten im Erdgasbereich“).
43
R Überblick über sachlich und räumlich relevante Abgrenzung
des Erdgasmarktes
Tabelle 6
sachlich relevanter Markt
Produkt/Definition
räumlich relevanter Markt
Erzeugung
Import/Handel
Förderung von Erdgas
Import und Handel von Erdgas auf eigenes Risiko
und eigene Rechnung
Transit
Transport von Erdgas auf Transitleitungen
Regelzone
weiter als nationale
Grenze
Nicht definiert
(Monopolbereich)
Nicht definiert
(Monopolbereich)
Nicht definiert
(Monopolbereich)
Regelzone
Regelzone
Übertragung
Verteilung
Speicherung
Ausgleichsenergiemarkt
Erdgasabnehmer
Quelle: E-Control
Transport von Erdgas auf überregionalen
Leitungen (Ebene 1)
Transport von Erdgas auf regionaler Ebene
(Ebene 2 und 3)
Ein- und Ausspeisung von Erdgas in Speicher
kurzfristige Zurverfügungstellung von Erdgas
Belieferung
von
Abnehmern
mit Erdgas
Kleinkunden:
Jahresverbrauch < 100.000 m3
Großkunden:
Jahresverbrauch > 100.000 m3 u. < 500.000 m3
Größtkunden:
Jahresverbrauch > 500.000 m3
Regelzone, wenn nicht
Versorgungsgebiet
Regelzone
Regelzone
Zwischen den Regelzonen besteht auch weiterhin keine Verbindungsleitung, die einen Wettbewerb in den Regelzonen Tirol und Vorarlberg
ermöglichen würde. Erdgas kann nach Tirol und
Vorarlberg ausschließlich über Deutschland
transportiert werden. Dadurch sind Lieferangebote zu konkurrenzfähigen Preisen nach Tirol
und Vorarlberg durch andere österreichische
Unternehmen nicht möglich, da neben den in
Österreich anfallenden Kosten auch die Transitkosten über das Netz der Ruhrgas in Deutschland berücksichtigt werden müssen.
44
Sowohl die fehlenden Verbindungsleitungen zwischen Tirol und Vorarlberg sowie Salzburg und
Tirol als auch die geringe Anzahl von Unternehmen, die außerhalb ihres ehemaligen Versorgungsgebietes anbieten, und das Fehlen ausländischer Anbieter (Ausnahme Ruhrgas) sprechen
auch weiterhin dafür, dass die räumliche Markt-
abgrenzung in allen sachlich relevanten Märkten
für Österreich die jeweiligen Regelzonen sind.
Von einem überregionalen – grenzüberschreitenden – Erdgasmarkt kann nicht ausgegangen
werden. Im Gegensatz zum Strommarkt, in dem
zumindest der Großhandelsmarkt einen überregionalen Markt darstellt, ist dies im Erdgasbereich nicht der Fall.
Großhandelsmarkt
Auf dem Großhandelsmarkt sind Econgas, RAG,
Terragas, Steirische Gas Wärme und Kelag tätig.
Über Erdgasmengen aus dem Gas-Release-Programm im Juni 2003 ist auch die CE Oil and
Gas Trading GmbH als Gas-Trader in den Markt
gekommen.
Obwohl bereits die organisatorischen Vorgaben
für die Einrichtung eines Gashubs in Baumgarten gemacht worden sind, werden an diesem
R Entwicklung des Handelsvolumens am Ausgleichsenergiemarkt
für Erdgas, Oktober 2003 bis Juni 2004
Abbildung 18
■ Überlieferungen ■ Unterlieferungen ■ BG Netzverluste und Eigenverbrauch ■ Ausgleichsenergie
in m3
40.000.000
30.000.000
20.000.000
10.000.000
0
-10.000.000
-20.000.000
-30.000.000
-40.000.000
Okt 03
Quelle: AGCS
Nov 03
Dez 03
Jan 04
Feb 04
Mär 04
Apr 04
Mai 04
Jun 04
R Liquified Natural Gas
Kasten 2
Mit Liquified Natural Gas (LNG) wird die Verflüssigung von Erdgas bezeichnet; dabei teilt sich die
LNG-Kette auf mehrere Stufen:
1. Verflüssigung von Erdgas im Exportland
(Abkühlung des Erdgases auf minus 161,5 °C),
2. Transport mittels Tanker,
3. Rückverdampfung im Bestimmungsland,
4. Einspeisung in das Erdgasnetz.
Durch die Verflüssigung des Erdgases verliert Erdgas
einen Großteil seines Volumens (1/600), wodurch der
Transport von größeren Mengen möglich ist. Durch
die starke Reduktion der Kosten in den vergangenen
Jahrzehnten kann LNG als Konkurrenz zu herkömmlich gefördertem und transportiertem Erdgas gesehen werden.Vor allem bei langen Transportwegen
weist LNG einen Kostenvorteil auf, da die Transportkosten von LNG im Gegensatz zu Pipeline-Gas nicht
proportional zur Anzahl der Kilometer steigen.
Der Handel mit LNG hat sich in den letzten 15 Jahren mehr als verdoppelt. Der Bedarf an LNG nimmt
auch weiter an Bedeutung zu, was u.a. auf die Insellage einiger Nachfrageländer und den Rückgang des
Angebots an Pipeline-Gas zurückzuführen ist.
Insgesamt bieten derzeit 12 Staaten LNG an. Auszugehen ist jedoch aufgrund der Transportkosten und
der Distanzen zwischen den einzelnen Märkten nicht
von einem weltweiten Markt, wodurch der kurzfristige Handel (Intra-Day-Handel oder Day-to-DayHandel) transport- bzw. speicherbedingt zumindest
räumlich eingeschränkt ist.
Die wichtigsten Exportländer für Europa waren
2002 Algerien (Anteil rd. 67 %) und Nigeria (rd.
19 %). Kleinere Mengen kommen aus Katar, Oman,
Trinidad, Libyen und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die größten Abnehmer in Europa sind Spanien
und Frankreich mit je rd. 30 % der nach Europa
transportierten LNG-Mengen, gefolgt von Italien,
der Türkei und Belgien (siehe Abbildung 19).
Der Anteil von LNG am europäischen Erdgasmarkt
beträgt mittlerweile rd. 10 %. 90 % des Erdgases
werden nach wie vor traditionell über Erdgasleitungen vorwiegend aus Russland und Norwegen
nach Europa transportiert. Der Anteil von LNG
am Gesamtmarkt liegt in einzelnen europäischen
Ländern bzw. Sub-Märkten deutlich höher.
R LNG-Lieferungen nach und LNG-Nachfrager in Europa in Prozent
der Gesamtmenge – 2002
Abbildung 19
Katar
6%
Türkei
14 %
Libyen
2%
Italien
15 %
Nigerien 19 %
Belgien
8%
Oman
3%
Griechenland 1 %
Trinidad
1%
Portugal
1%
VAE
2%
Spanien
32 %
Frankreich
29 %
Algerien 67 %
Quelle: Cedigaz (2003) in EWI (2004)
45
Handelsplatz noch keine Umsätze (abgesehen
vom Gas-Release-Programm) verzeichnet.Ab
Oktober 2004 bietet die Hubbetreibergesellschaft CEGH Hubdienstleistungen an.
46
Über die Handelsvolumina im Großhandelsbereich liegen keine gesicherten Daten vor. Da
über den Ausgleichsenergiemarkt auch Erdgasmengen gehandelt werden, können diese Daten
einen Anhaltspunkt geben.Von Oktober 2003
bis Juni 2004 wurden rd. 260 Mio. m3 Erdgas
überliefert, das heißt, es wurde abweichend
vom Erdgasverbrauch zuviel Erdgas von den
Bilanzgruppen ins Netz eingespeist.Werden
von den Überlieferungen der Bilanzgruppen
(rd. 130 Mio. m3) und die Mengen der Bilanzgruppe Netzverlust und Eigenverbrauch (rd.
2,6 Mio. m3) abgezogen, verbleibt eine Menge
von rd. 127 Mio. m3 Erdgas, die über den Ausgleichsenergiemarkt ausgetauscht (Abbildung
18) wurde. Diese Aktivitäten können als Handel
am kurzfristigen Gashandelsmarkt bezeichnet
werden. Die derzeitige Ausgestaltung des Ausgleichsenergiemarktes bietet damit Funktionen
bzw. Produkte an, die im Strombereich über
den Großhandelsmarkt angeboten werden.
In einigen europäischen Ländern ist die Bedeutung von Liquified Natural Gas (LNG) in den
letzten Jahren gestiegen. Neben den bisherigen
Bezugsquellen von Erdgas über Pipelines (u.a.
Russland und Norwegen) könnten neue Anbieter über mittlerweile konkurrenzfähige Kostenstrukturen von LNG in den europäischen Markt
treten (siehe Kasten 2: Liquified Natural Gas).
Eine größere Bedeutung gegenüber PipelineGas bekommt LNG vor allem in jenen Ländern,
die nur über einen sehr langen Transportweg
versorgt werden können. Für Österreich hat
LNG derzeit nur geringe Bedeutung. Sofern
allerdings Mengen zu konkurrenzfähigen Preisen
z.B. von Italien nach Österreich transportiert
werden können, hätte dies positive Auswirkungen auf den Wettbewerb in Österreich. Eine
höhere Anbieterzahl und zusätzliche Erdgasbezugsquellen könnten durch die höhere Liqui-
dität auch positive Auswirkungen auf einen
Großhandelsmarkt in Österreich am Gashub
Baumgarten haben.
Der Gashub Baumgarten ist ein wichtiger Handelspunkt für russisches Erdgas in Europa. Über
Baumgarten kommt die Hälfte des russischen
Erdgases (rd. 30 Mrd. m3/Jahr) nach West- und
Mitteleuropa.Von Baumgarten bestehen Leitungsanbindungen nach Deutschland (WAG,
Oberkappel), Italien (TAG) und Ungarn (HAG).
Geplant ist der Bau einer zusätzlichen Erdgasleitung von der Türkei unter teilweiser Nutzung
vorhandener Systeme (Projekt Nabucco) zum
Gashub Baumgarten.
Bereits in den 70er-Jahren wurden Erdgaslieferungen aus langfristigen Verträgen in Baumgarten abgewickelt. Handelspartner der Gazprom
sind im Wesentlichen Ruhrgas, Gaz de France,
ENI und OMV Erdgas.
2001 wurde von der OMV eine Hubgesellschaft
gegründet, die Central European Gas Hub Gesellschaft (CEGH), die sich mit der Entwicklung
eines Gashubs in Baumgarten beschäftigen sollte. Erste Impulse für die Entwicklung gab die im
Juli 2003 von CEGH durchgeführte Auktion im
Zuge des Gas-Release-Programmes des Econgas-Zusammenschlusses. 250 Mio. m3 Erdgas
wurden über eine Internet-Auktion versteigert.
Von den acht erfolgreichen Bietern haben vier
Bieter Hubdienstleistungen in Anspruch genommen. Im Juli 2004 fand eine weitere Auktion statt,
ebenfalls mit der Versteigerung von 250 Mio. m3.
Lieferant dabei ist Econgas. CEGH hat inzwischen Dienstleistungen und Preise auf ihrer
Homepage veröffentlicht. Diese sollen ab
1. Oktober 2004 gelten.Wie viele Bieter bei
der diesjährigen Auktion Hubdienstleistungen
in Anspruch nehmen, ist noch nicht bekannt.
Erst dann wird sich auch zeigen, ob die angebotenen Dienstleistungen marktgerecht sind.
Für die Entwicklung des Gashubs ist auch das
geltende Tarif- und Kapazitätsbuchungssystem
von wesentlicher Bedeutung, wie dies die Entwicklung in Nordeuropa bislang gezeigt hatte.
Problematisch für den Gashub Baumgarten ist
die Trennung zwischen Transit und Inlandstransport und der verhandelte Netzzugang im Transitbereich. Die möglichen Handelsumsätze werden wesentlich durch die geringen verfügbaren
Transportkapazitäten im Transitbereich eingeschränkt.
Voraussetzung für einen funktionierenden Erdgasmarkt ist neben einer entsprechenden Anzahl von Händlern vor allem eine hohe Liquidität des Marktes.Am Gashub Baumgarten
beziehen zwar einige Unternehmen Erdgas (u.a.
EdF, OMV, Ruhrgas), jedoch sind diese Mengen
langfristig gebunden. Die Entwicklung eines
kurzfristigen Marktes ist dadurch gehemmt. Zusätzlich wird das Erdgas von nur wenigen Lieferanten bis an den Gashub Baumgarten geliefert,
wodurch ein Anbietermonopol besteht. Im
Gegensatz dazu haben andere Gashubs ein größeres Potenzial, einen liquiden Großhandelsmarkt zu schaffen. Neben der Möglichkeit, Erdgas in der Nähe des Hubs zu speichern, ist vor
allem eine Vielzahl von Anbietern das zentrale
Element eines funktionierenden Gashubs. Über
Bunde/Oude (Deutschland/Niederlande) wird
Erdgas aus verschiedenen Ländern transportiert, was zu einer heterogenen Anbieterstruktur und einer höheren Liquidität führt. Ein
weiterer wesentlicher Punkt für einen funktionierenden Gashub ist die Entwicklung von
Standardprodukten. Durch die Veröffentlichung
von Preisen und Dienstleistungen auf der
Homepage der CEGH wurde ein erster Schritt
in diese Richtung am Gashub Baumgarten
unternommen.
Die Bestimmungslandklauseln, welche die Gasexporteure bisher mit den Abnehmern (z.B. in
Österreich mit der OMV Gas) vereinbart
haben, sind ebenfalls ein Hindernis für die Entwicklung eines liquiden und funktionierenden
Erdgasmarktes. Mit der Vereinbarung zwischen
ENI und Gazprom (siehe Kasten 5, S. 55), diese
Klausel zumindest für die Lieferung von Erdgas
nach Italien aufzuheben, ist ein weiterer Schritt
in Richtung Wettbewerb und der Entwicklung
von Gashubs gesetzt worden.
Die OMV plant in Zusammenarbeit mit anderen
Erdgasanbietern den Bau einer Leitung von
Georgien und dem Iran über die Türkei nach
Österreich. Mit diesem Projekt („Nabucco“)
wird die Zahl der Anbieter am Gashub Baumgarten erhöht, was zu einer höheren Liquidität –
auch am kurzfristigen Markt – führen kann.
Ausgleichsenergiemarkt für Erdgas
in der Regelzone Ost
Der Ausgleichsenergiemarkt wurde mit der
Einführung des Bilanzgruppenmodells im
Oktober 2002 geschaffen.Auf diesem Markt
ruft der Regelzonenführer die für die Bilanzgruppen notwendige Ausgleichsenergie für den
stündlichen Ausgleich zwischen Prognose und
tatsächlichem Verbrauch ab. Aktive Anbieter am
Ausgleichsenergiemarkt sind Econgas, RAG
(Rohöl-Aufsuchungs AG), Steirische Gas-Wärme GmbH, Salzburg AG und Kelag.
Wesentliche Marktanteile haben dabei Econgas
und RAG, was zu einer hohen Marktkonzentration am Ausgleichsenergiemarkt führt. Gleichzeitig sind die größten Anbieter von Ausgleichsenergie auch die verbrauchsstärksten Bilanzgruppen in der Regelzone Ost. Neben den aktiven Anbietern von Ausgleichsenergie sind alle
weiteren Bilanzgruppen Nachfrager am Ausgleichsenergiemarkt, für die der Regelzonenführer Ausgleichsenergie abruft und diese der
Bilanzgruppe verrechnet. Die Bilanzgruppen
zahlen dabei für jede negative Abweichung von
ihrem Fahrplan und erhalten für jede positive
Abweichung von ihrem Fahrplan den Ausgleichsenergiepreis. Es wird also nicht nur die
vom Regelzonenführer abgerufene physikalische
Ausgleichsenergie vom Bilanzgruppenkoordinator (AGCS) den Bilanzgruppen verrechnet, sondern auch die bilanzielle Ausgleichsenergie.
47
Struktur Speichermarkt in der Regelzone Ost
Gasspeicher tragen in Österreich zum saisonalen Ausgleich und zur Erhöhung der Liefersicherheit (große physische Lieferabhängigkeit
von Lieferungen aus Russland) bei. Als saisonale
Speicherkapazitäten werden vor allem Porenspeicher (ehemalige Gasfelder) verwendet. Die
Speicherkapazitäten in Österreich sind
regional auf die Regelzone Ost konzentriert,
besonders auf Nieder- und Oberösterreich.
Anbieter auf dem Speichermarkt sind nur zwei
Unternehmen: OMV Gas (4 Speicher) und RAG
(1 Speicher).
48
Wie Tabelle 7 zeigt, hat die OMV insgesamt
einen Markanteil von 75 % an der Einspeicherleistung und dem Arbeitsgasvolumen und 78 %
an der Entnahmeleistung. Die restlichen 25 %
bzw. 22 % entfallen auf den zweiten Anbieter
RAG. Die duopole Marktstruktur führt erwartungsgemäß zu hohen Konzentrationsindizes
(HH-Index: 6250 bzw. 6568).
Aufgrund der Tatsache, dass der Speicherbetrieb kein natürliches Monopol ist, ist der Speicherzugang nach der Marktöffnung nicht generell reguliert worden (kein genereller Speicherzugang und keine Ex-ante-Preisregulierung),
sondern ist gemäß GWG auf verhandelter Basis
zwischen Speicherbetreiber und -zugangsberechtigten möglich. Speicherzugangsberechtigte
sind nach GWG Produzenten,Versorger und
Händler.Allerdings sind im Gesetz Gleichbehandlung und kostenbasierte Preisbildung als
Grundlage für die Verhandlungslösung festgelegt
worden.Wenn die Speicherpreise 20 % höher
sind als vergleichbare Speicherpreise in Europa,
kann die E-Control Kommission regulierend in
die Preisbildung eingreifen.Wird einem Unternehmen der Speicherzugang verwehrt, kann dieses bei der E-Control Kommission einen Antrag
gemäß § 39 Abs. 4 GWG zur Überprüfung der
Verweigerung stellen.
Für Speicherkapazitäten mit einer Entnahmeleistung von bis zu 15.000 m3/h ist die OMV Gas
alleiniger Anbieter. Speicherverträge können bei
RAG erst ab einer Entnahme-/Einspeicherleistung von 15.000 m3/h abgeschlossen werden.23
Informationen über die angebotenen Produkte
sind auf den Internetseiten der Unternehmen
erhältlich24. RAG bietet ein Standardprodukt an
(6 Monate Einspeicherung, 6 Monate Ausspeicherung), für das ein unverbindlicher Richtpreis
veröffentlicht wird.Andere Leistungen müssen
individuell verhandelt werden. OMV Gas bietet
mehrere Produkte auf ihrer Homepage an
(Bundled Services, Unbundled Services) und
hat Allgemeine Geschäftsbedingungen veröffentlicht, die als Grundlage für den Vertragsabschluss gelten. Zudem sind Standardverträge
und Tarife veröffentlicht.
R Speicherkapazitäten in Österreich 2004
Speicher
OMV – Schönkirchen
OMV – Tallesbrunn
OMV – Thann
RAG – Puchkirchen
Summe
Einpressleistung in Nm3/h
Entnahmeleistung in Nm3/h
Arbeitsgasvolumen in Mio. m3
650.000
125.000
115.000
290.000
1.180.000
740.000
160.000
130.000
290.000
1.320.000
1.570
300
250
700
2.820
Quelle: RAG, OMV Gas
23
24
Tabelle 7
Siehe Informationen auf RAG-Homepage (www.rohoel.at)
OMV: www.omv.com; RAG: www.rohoel.at
Marktstruktur
R
Markteintrittsbarrieren am österreichischen Strom- und Erdgasmarkt
Markteintrittsbarrieren am
österreichischen Strommarkt
Markteintrittsbarrieren am
österreichischen Strommarkt – Erzeugung
Gemäß § 18 ElWOG haben die Bedingungen für
den Zugang zum System für alle Marktteilnehmer – somit auch für alle Erzeuger – nicht diskriminierend zu sein. Eine Verweigerung des
Netzzuganges ist nur aus den in § 20 ElWOG
aufgeführten Gründen möglich (u.a.Verdrängungen von fernwärmeorientierten, umwelt- und
ressourcenschonenden sowie technisch wirtschaftlich sinnvollen KWK-Anlagen oder aus
Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien),
wobei auch dabei alle Marktteilnehmer gleich
zu behandeln sind.
Das Errichten und Betreiben von Kraftwerken
in Österreich bedarf jedoch verschiedenster
Genehmigungen (u.a.Wasserrechtsbescheide,
Betriebsführungs- und Errichtungsgenehmigungen, Umweltverträglichkeitsprüfung), die unabhängig vom Betreiber erbracht werden müssen.
Die Errichtung eines neuen Kraftwerkes (unabhängig vom Kraftwerkstyp) sollte deshalb diskriminierungsfrei erfolgen und stellt somit keine
Markteintrittsbarriere im Erzeugungsmarkt dar.
In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass ein
Großteil der Genehmigungen von Bescheiden
durch das Land erfolgt, das gleichzeitig als
Mehrheitseigentümer der jeweiligen Landesge-
sellschaft auch Eigentümerinteressen zu vertreten hat. Diese Konstellation – eine Identität von
Eigentümer und genehmigender Behörde von
Projekten potenzieller Mitbewerber – birgt
Zielkonflikte zwischen diesen beiden Bereichen.
Allerdings findet in Österreich eine Unterstützung der Erzeugung von elektrischer Energie
auf einer breiten Ebene statt. Mit Ausnahme
eines geringen Teiles25, dürfte in Österreich die
gesamte Stromerzeugung gefördert werden,
deren Erzeugungskosten über den derzeitigen
Marktpreisen liegen. Dadurch werden rd. 25 %
der gesamten in Österreich erzeugten elektrischen Energie quasi aus dem Markt genommen
(siehe Abbildung 20), und die geförderten Anlagen stehen somit nicht im Wettbewerb.
Im Rahmen der Ökostromförderung werden
die Vollkosten der Erzeugung durch einen Einspeisetarif gedeckt (u.a.Wind, Biomasse, Photovoltaik). Der KWK-Unterstützungstarif26, der
neben der Sicherung der Fernwärmeversorgung
auch die Zielsetzung hat, Primärenergie und den
Ausstoß von CO2 zu verringern, deckt zumindest die laufenden Kosten ab. Problematisch ist
es, wenn Förderungen nicht kosteneffizient und
nicht marktorientiert sind und so zu Verzerrungen am Markt führen (siehe Kasten 3).
Die Erzeugungseinheiten außerhalb der Fördersysteme (vorwiegend Wasserkraftwerke) sind
R Geförderte Stromerzeugungsmengen in Österreich
14 % fossile Energieträger
25 %
geförderte Stromerzeugung
61 % Wasserkraft
Abbildung 20
12 % KWK (Gas, Kohle, Öl)
9 % Kleinwasserkraft
4 % andere, Erneuerbare (u.a.Wind, Biomasse)
Quelle: E-Control
25
26
Thermische Kraftwerke, die keine Wärmeauskoppelung haben, bzw. jener Teil der Stromerzeugung in KWK-Anlagen, der nicht im Sinne von §§ 12 und 13 ÖkostromG
als KWK-Energie definiert ist
Bei der Förderung von KWK-Energie bleibt die elektrische Energie im Eigentum des Erzeugungsunternehmens. Dieses erhält neben den am Markt erzielten Preis noch
einen Unterstützungstarif (Differenz zwischen e 39/MWh zum Marktpreis). Im Gegensatz zur KWK-Förderung wird elektrische Energie aus Ökostromanlagen nur
dann gefördert, wenn diese an den Öko-Bilanzgruppenverantwortlichen abgegeben wird.
49
zu den derzeitigen Marktpreisen marktfähig.Vor
allem deshalb, da die meisten Wasserkraftwerke
(handelsrechtlich) abgeschrieben sind und diese
bereits vor der Liberalisierung der Märkte
durch die Endkunden finanziert wurden. Somit
können bestehende Wasserkraftwerke elektrische Energie zu Preisen verkaufen, die nur die
variablen Kosten decken müssen.
Neue Unternehmen müssten, um in den Erzeugungsmarkt einzutreten, hohe Investitionen täti-
R Umweltökonomische Betrachtung von Förderungen
Ein Fördersystem ist aus ökonomischer und ökologischer Sicht dann sinnvoll, wenn unter geringstem
Mitteleinsatz die Marktverzerrungen minimiert werden und so der Mitbewerb der Erzeuger von erneuerbaren Energieträgern ermöglicht wird.
50
Die Erzeugung von elektrischer Energie verursacht,
je nach Art der Erzeugungsanlage, negative externe
Effekte in unterschiedlichem Ausmaß. Diese negativen
externen Effekte reichen von der Belastung durch die
Endlagerung radioaktiven Materials aus Kernkraftwerken, über CO2-Emissionen durch thermische
Kraftwerke, oder über die Eingriffe in die Natur
durch Wasserkraftwerke bis zu akustischen und optischen Beeinträchtigungen durch Windkraftwerke.
Durch die externen Effekte werden Kosten (wie
zum Beispiel Schäden im Ökosystem oder an der
menschlichen Gesundheit) verursacht, welche in der
Regel nicht oder nicht vollständig vom Kraftwerksbetreiber getragen werden. Die Kosten werden in
der einen oder anderen Form auf die Gesellschaft
verschoben. Die Feststellung der Kosten von externen Effekten gestaltet sich äußerst schwierig oder
gar unmöglich. Sie werden daher oftmals nicht internalisiert, sprich dem Verursacher angelastet. Dementsprechend spiegeln sich in den Preisen für elektrische Energie nicht die gesamten in der Gesellschaft angefallenen Kosten wider. Erzeugungsanlagen,
die kaum negative externe Effekte verursachen, haben dadurch einen Wettbewerbsnachteil gegenüber
jenen, die hohe externe Kosten verursachen. Fördersysteme versuchen diese unterschiedliche Belastung,
die eine Markteintrittsbarriere darstellt, mit verschiedenen Methoden auszugleichen.
Kasten 3
Umweltökonomisch optimal ist, wenn alle verursachten Kosten in den Preisen der elektrischen Energie
enthalten sind. Mittels des CO2-Emissionszeritifikatesystems wird (zumindest teilweise) eine solche
Internalisierung externer Kosten der Stromproduktion vorgenommen. Die Kosten werden dem Verursacher, sprich dem Emittenten von CO2, angelastet. In
den Preisen für elektrische Energie sind die Kosten
für die CO2-Zertifikate enthalten. Entspricht der
Preis von elektrischer Energie aus thermischen Kraftwerken den tatsächlich verursachten Kosten, so wird
der Wettbewerbsnachteil jener Unternehmen, die
kaum negative externe Effekte verursachen, verringert. Die Marktverzerrungen wurden damit korrigiert.
Eine weitere Möglichkeit, den Wettbewerbsnachteil
auszugleichen, ist die Förderung mittels Einspeisetarifen für jene Erzeugungsanlagen, die kaum negative
externe Effekte verursachen. Damit werden praktisch die Produktionskosten dieser Anlage gesenkt,
und diese kann so mit (beispielsweise thermischen)
Kraftwerken konkurrieren. Durch diese Methode
wird zwar der Wettbewerbsnachteil ausgeglichen,
doch spiegelt der Preis für elektrische Energie nach
wie vor nicht die tatsächlich verursachten Kosten
der Erzeugung wider. Die fehlende Internalisierung
externer Kosten führt zu einem zu niedrigen Marktpreis und einem zu hohen Energieverbrauch. Das
verzerrte (zu niedrige) Preissignal an die Stromkonsumenten bewirkt durch den höheren Verbrauch und
die damit einhergehenden negativen externen Effekte eine zusätzliche Belastung der Umwelt.
gen, die sich vollständig im liberalisierten Markt
finanzieren müssen. Gegenüber Unternehmen,
die ihre Erzeugungsanlagen vor der Liberalisierung finanziert haben, stellt dies einen Wettbewerbsnachteil dar. Für neu in den Erzeugungsmarkt eintretende Unternehmen ist es darüber
hinaus schwierig, neue Standorte für ihre Kraftwerksanlagen zu finden. Unternehmen, die bereits über einen Kraftwerkspark verfügen, können über die dazugehörenden Standorte frei
verfügen und so zumindest Altanlagen erneuern
oder auf- und umrüsten.
Im Zusammenhang mit dem CO2-Emissionszertifikatesystem werden bestehende Kraftwerke
durch die unentgeltliche Zuteilung von Zertifikaten gegenüber neuen thermischen Kraftwerken bevorzugt. Zwar sieht der Nationale Aktionsplan eine Zertifikatsreserve von ungefähr
1 % der Gesamtmenge vor, jedoch erfolgt die
Vergabe nach dem „First come, first served“Prinzip. Sobald die Zertifikate vergeben sind,
müssen Betreiber von Kraftwerken, die neu
erbaut und bei der Zuteilung der CO2-Zertifikate nicht berücksichtigt wurden, die benötigten CO2-Zertifikate am Markt zukaufen. Der
Markteintritt wird durch die höheren Erzeugungskosten für neu errichtete thermische
Kraftwerke erschwert und benachteiligt diese
gegenüber bestehende Erzeugungsanlagen.
Markteintrittsbarrieren
im Großhandelsmarkt für Strom
Wie bereits erwähnt, verfügt Österreich über
starke Netzverbindungen zu seinen westlichen
Nachbarn. Die zur kommerziellen Nutzung zur
Verfügung stehenden Leitungskapazitäten zu
den nördlich und südlich angrenzenden Ländern
sind aber begrenzt. Dies ist auf die in Zentraleuropa vorherrschenden Lastflüsse von Norden
nach Süden zurückzuführen.
27
Die Entwicklung eines überregionalen Großhandelsmarktes ist aber nicht nur durch die begrenzten Kapazitäten der grenzüberschreitenden Leitungen bedingt, sondern auch durch die
Methodik, mit der dieses knappe Gut den
Marktteilnehmern zugänglich gemacht wird.
Gegenwärtig existiert eine Vielzahl von Zuteilungsmechanismen, die zum Teil nicht marktbasiert und daher nicht effizient sind.Auch an den
österreichischen Grenzen werden derzeit die
Leitungskapazitäten nach unterschiedlichen Methoden vergeben, die jeweils mit dem benachbarten Regelzonenführer abgestimmt werden
müssen.
Dazu kommt noch, dass derzeit mehrere stark
nachgefragte Übergabestellen durch sog. Langfristverträge („Altverträge“)27, die noch vor der
Marktöffnung abgeschlossen wurden, belegt sind.
So waren an der Grenze Richtung Slowenien für
2004 bereits 200 MW nicht für das Pro-rata-Allokationsverfahren verfügbar. Für die Kapazitäten
in Richtung Italien wurde auf österreichischer
Seite für 2004 überhaupt keine gesonderte Vergabe durchgeführt, da die gesamte Leistung auf
Basis solcher „Altverträge“ vergeben ist.
Mit 1. Juli 2004 trat eine neue Verordnung der
Europäischen Kommission (VO 1228/2003) in
Kraft, die die Netzzugangsbedingungen des
grenzüberschreitenden Stromhandels regelt.
Darin ist im Wesentlichen gefordert, dass Kapazitäten mittels marktbasierten Verfahren zuzuteilen sind und dass relevante Informationen
betreffend grenzüberschreitende Kapazitäten
und tatsächliche physikalische Stromflüsse für
alle Marktteilnehmer transparent darzustellen
sind. Die Umsetzung dieser Verordnung ist derzeit gemeinsam mit den beteiligten Institutionen
(u.a. Regelzonenführer, Regulatoren) der Nachbarstaaten im Gange und wird Veränderungen
in der Vergabe der Kapazitäten bringen.
§ 19Z1 EIWOG bestimmt in diesem Zusammenhang weiters, dass Transporte aufgrund von bestehenden und an deren Stelle tretenden vertraglichen Verpflichtungen Vorrang
gegenüber allen anderen Lieferungen haben.
51
Eintrittsbarrieren im Endkundenmarkt
für Strom
Zu Liberalisierungsbeginn erfolgten im Vertriebsbereich mehrere Markteintritte. Einige
der Unternehmungen wurden neu aufgebaut,
doch die überwiegende Mehrheit der neuen
Marktteilnehmer sind Vertriebstöchter etablierter österreichischer Stromversorger.
Der Aufnahme der Vertriebstätigkeit selbst sind
kaum regulative Grenzen gesetzt. Die Lieferanten müssen sich lediglich einer bestehenden Bilanzgruppe anschließen oder eine eigene Bilanzgruppe gründen. Sollten diese beabsichtigen,
Kunden in ganz Österreich zu beliefern, müssen
sie allerdings drei Bilanzgruppen bilden – in
jeder Regelzone eine.
52
Mögliche Markteintrittsbarrieren sind weniger
auf organisatorische Anforderungen, sondern
eher auf Marktgegebenheiten zurückzuführen.
Neue Lieferanten sind auf Kunden angewiesen,
die sie von den Konkurrenten abwerben müssen. Doch die Wechselraten sind – je nach Kundengruppe – eher gering. Das könnte gleichzeitig eine Folge, aber auch ein Grund für ein
eventuelles Fernbleiben vom Markt sein. Neue
Marktteilnehmer sind auch – im Gegensatz zu
alten Stromversorgern – auf neue Infrastruktur
angewiesen und können nicht auf Ressourcen
aus der Zeit vor der Liberalisierung, wie z.B. auf
kostspielige Abrechnungssysteme, zurückgreifen. Große Kunden mit zahlreichen Abnahmestellen, wie zum Beispiel Kettenkunden, erhalten aufgrund des abrechnungstechnischen Aufwands vor allem von ausländischen, aber auch
von österreichischen Lieferanten kein österreichweites Lieferangebot.
Im Kleinkundensegment stellt zudem das Verhältnis von Vermarktungsaufwand zur Größe
des potenziellen Marktes oft ein weiteres
Hemmnis dar. Erfahrungen aus Deutschland haben gezeigt, dass neue Anbieter mit enormen
Werbeaufwendungen in einem bereits verhältnismäßig großen Markt wie Deutschland nach
wie vor Verluste schreiben.Ausgaben für Werbung und Image eines wieder aus dem Markt
austretenden Unternehmens sind für immer
verlorene (versunkene) Kosten und damit ein
wesentlicher Grund, erst gar nicht in den Markt
einzutreten. Dies gilt insbesonders dann, wenn
R Grenzüberschreitende Kapazitäten und ihre Vergabe in Österreich
von
nach
Engpass besteht
Österreich
Österreich
Tschechien
Österreich
Ungarn
Österreich
Österreich
Slowenien
Österreich
Italien
Deutschland
Schweiz
Österreich
Tschechien
Österreich
Ungarn
Slowenien
Österreich
Italien
Österreich
nein
nein
ja
teilweise
ja
ja
ja
nein
ja
nein
zur Vergabe verfügbare Werte in MW
(gesamt Baseload)
durch Altverträge
bereits vergeben in MW
50
600
100
100
450
225
220
220
400
Quelle: E-Control, Angaben für 2004, teilweise zusätzliche Kapazitäten für Peak Load verfügbar
200
110
Tabelle 8
Vergabemethode (bezogen auf österr. Scheibe)
gemeinsame explizite Auktion
gemeinsame explizite Auktion
pro rata (durch APG)
explizite Auktion (durch MAVIR)
pro rata
(pro rata)
pro rata
(pro rata)
der potenzielle Markt – so wie in Österreich –
verhältnismäßig klein ist und damit wenig Wahrscheinlichkeit für eine baldige Erreichung der
Gewinnzone bietet. Hinzu kommt die geringe
Wechselbereitschaft im Haushaltskundenbereich, die auf eine Verunsicherung der Kunden,
die Zufriedenheit mit dem bisherigen Lieferanten sowie auf die geringen Einsparungen durch
einen Lieferantenwechsel zurückzuführen ist.
Das ausschlaggebende Wettbewerbshemmnis
liegt allerdings in den niedrigen Energiepreisen.
Neue Vertriebsunternehmen, die nicht über
Muttergesellschaften an den restlichen Stufen
der energiewirtschaftlichen Wertschöpfung teilnehmen, sind zwangsläufig auf die im Vertriebsgeschäft zu verdienenden Margen angewiesen.
Da diese Margen in den vergangenen Jahren in
manchen Kundensegmenten durchwegs gering
(teilweise negativ) waren, erfolgte kaum ein
Markteintritt. Für die integrierten österreichischen Stromversorger könnte es tatsächlich
von Interesse sein, diese Preise zeitweise knapp
unter der Rentabilitätsgrenze zu halten und so
neue Wettbewerber vom Markt fernzuhalten
(Predatory Pricing). Dadurch würden sie zwar
teilweise Opportunitätsverluste erleiden, die
aber über mögliche Quersubventionierungen
aus anderen Geschäftsbereichen, wie z.B. Erzeugung oder aus dem regulierten Netzbetrieb gedeckt werden können. Nicht zuletzt mit der
kontinuierlichen Überprüfung der Netzkosten
und etwaigen Senkung der Netztarife soll der
Möglichkeit zur Quersubventionierung Einhalt
geboten werden.
Markteintrittsbarrieren am
österreichischen Erdgasmarkt
Seit Oktober 2002 haben neben den etablierten
Erdgasunternehmen fünf Unternehmen einen
Erdgashändler bei E-Control zur Aufnahme der
Geschäftstätigkeit angezeigt, von denen nur drei
Erdgashändler aktiv geworden sind. Neben
Ruhrgas Austria AG ist seit vergangenem Jahr
zumindest auf der Zwischenhandelsstufe die
Kasten 4
R Verfahren zur Vergabe von Engpasskapazitäten im Strommarkt
„First come, first served“-Prinzip
Die Kapazität wird an die nachfragenden Unternehmen gemäß der Reihenfolge der Anfragen vergeben.
Beginnend mit der frühesten werden die Anfragen
befriedigt, bis die verfügbare Kapazität vollständig
vergeben ist.
Pro rata
Alle Anfragen werden anteilig befriedigt. Der Anteil
ergibt sich aus der verfügbaren Kapazität, dividiert
durch die Summe der nachgefragten Kapazitäten.
Explizite Auktion
In einer Versteigerung der reinen Kapazität bieten
nachfragende Unternehmen für einen bestimmten
Kapazitätswert. Die Angebote werden gemäß den
gebotenen Preisen absteigend gereiht, und die Zuteilung erfolgt an jene Unternehmen, die die höchsten
Preise bieten, bis die verfügbare Kapazität vollständig
vergeben ist.
Implizite Auktion
Bei impliziten Auktionen wird die verfügbare Kapazität gemeinsam mit Energie (i.d.R. am Spotmarkt)
gehandelt. Unternehmen platzieren Kauf- und Verkaufsgebote für Energie für bestimmte regionale
Zonen, und aus dem folgenden Preisclearing ergibt
sich auch die Vergabe der Kapazitäten zwischen diesen regionalen Zonen. Eine getrennte Kapazitätsvergabe erfolgt nicht mehr.
Die Anforderung der EU-Verordnung 1228/2003,
dass die Kapazitätsvergaben marktbasiert zu erfolgen haben, wird nur durch explizite und implizite
Auktionen erfüllt, da das „First come, first served“Prinzip und das Pro-rata-Verfahren keine Marktelemente enthalten. Bei den Auktionsverfahren können
implizite Auktionen als vorteilhaft gegenüber expliziten Auktionen angesehen werden, da sie wirtschaftliche Effizienzvorteile bieten und den Missbrauch von
Marktmacht tendenziell stärker verhindern.
53
CE Oil and Gas Trading GmbH als ausländisches
Unternehmen in Österreich tätig. Eine Belieferung von Endkunden durch ein ausländisches
Unternehmen erfolgt in Österreich einzig durch
die Ruhrgas Austria AG. Diese hat gemeinsam
mit der Salzburg AG ihr Großkundengeschäft
zusammengelegt und das Unternehmen Terragas
GmbH gegründet.
Als wesentlicher Grund für das geringe Interesse, vor allem von ausländischen Unternehmen,
wird neben den geringen Wachstumsmöglichkeiten im österreichischen Markt das nicht regulierte Durchleitungsregime im Erdgastransit
durch die an Österreich angrenzenden Länder
gesehen.
54
Weitere Ursachen für das geringe Interesse
neuer Marktteilnehmer werden im Bereich
der rechtlichen Grundlagen zum Markteintritt,
den Zugangsbedingungen zu Erdgasquellen und
zur Infrastruktur vermutet und im Folgenden
untersucht.
Rechtliche Grundlagen für den Markteintritt
Voraussetzung für die Aufnahme des Handelsgeschäftes und damit die Belieferung von Endkunden ist die Anzeige eines Erdgashändlers. Dies
kann mit einem formlosen Brief erfolgen.Wenn
der angezeigte Erdgashändler in Handelsgeschäft
tätig werden will, muss er entweder eine eigene
Bilanzgruppe gründen und Bilanzgruppenverantwortlicher werden oder sich einer Bilanzgruppe
als unmittelbares Mitglied anschließen.
Wenn der angezeigte Erdgashändler in der Regelzone Ost eine eigene Bilanzgruppe gründet,
muss er als Bilanzgruppenverantwortlicher gemäß den Marktregeln Sicherheiten hinterlegen.
Grundlage der Berechnung der Sicherheiten-
leistungen ist eine Bonitätsprüfung durch die
Clearingstelle.
Die Modalitäten zur Berechnung der Sicherheiten bietet einen gewissen Spielraum, sodass es
zu unterschiedlichen spezifischen Kosten je umgesetzter kWh Erdgas für die Bilanzgruppenverantwortlichen kommen kann. In der Regelzone
Tirol und Vorarlberg muss sich der angezeigte
Erdgashändler auch gemäß den Marktregeln
ebenfalls einer Bonitätsprüfung unterziehen und
Sicherheitsleistungen hinterlegen. Grundsätzlich
sehen sich daher die etablierten und potenziellen Marktteilnehmer gleichen rechtlichen Zugangsbedingungen ausgesetzt, doch besteht
durch die Art der Berechnung der Sicherheitenleistung die Möglichkeit, Marktteilnehmer mit
unterschiedlichen spezifischen Kosten zu
belasten.
Zugangsbedingungen zu Erdgasquellen
Für ein neu in den Erdgasmarkt eintretendes
Unternehmen gestaltet sich der Zugang zu Erdgas aufgrund bereits bestehender langfristiger
Verträge als ein großes Problem. Derzeit erfolgt
der Großteil der Erdgaslieferungen auf dem
Großhandelsmarkt über langfristige Verträge
der einheimischen Erdgasproduzenten RAG und
OMV Gas mit den norwegischen und russischen
Produzenten sowie deutschen Anbietern. Damit
konnte sich die Econgas, an der die OMV Gas
zu 50 % beteiligt ist, rund 80 % des österreichischen Marktvolumens sichern. Daneben haben
auch Steirische Gas Wärme, Salzburg AG und
Kelag langfristige Gasbezugsverträge über die
OMV Gas mit Norwegen und Russland in den
letzten beiden Jahrzehnten abgeschlossen. RAG
als Erdgasproduzent und Ruhrgas Austria bzw.
Terragas über Ruhrgas als wesentlicher westeuropäischer Erdgasimporteur haben Zugang zu
Erdgasquellen.
Bisher haben die Exporteure meist mit nur einem Hauptimporteur langfristige TOP-Verträge
abgeschlossen. Der Importeur (in Österreich
die OMV Gas) wiederum hat das Erdgas
anschließend an die regionalen Weiterverteiler
verkauft. Neue Marktteilnehmer müssen –
sofern sie nicht direkt mit dem Exporteur einen
Liefervertrag abschließen – somit von Mitbewerbern Erdgasmengen kaufen, wodurch eine
Ausnützung der Stellung als vertikal integriertes
Unternehmen möglich ist und der Importeur
Erdgas zu höheren Preisen an einen neuen
Marktteilnehmer verkauft als an seine nachgelagerten Unternehmensteile. Durch die Preisdifferenzierung kommt es zu ungleichen Voraussetzungen zwischen den etablierten Unternehmen
und neuen Marktteilnehmern und einem Vorteil
des vertikal integrierten Unternehmens.
Neben der in Langfristverträgen gebundenen
Erdgasmengen ist der Zugang zu Erdgasquellen
zudem aufgrund des Fehlens eines kurzfristigen
Spotmarktes erschwert. Eine Art kurzfristiger
Erdgashandel findet über den Ausgleichsenergiemarkt statt. Der Anteil der abgerufenen Ausgleichsenergiemengen am Gesamtabsatz der
Regelzone Ost liegt im Gasjahr 2003/2004 bisher durchschnittlich bei 2 bis 4 %. Dieser Anteil,
der über den Ausgleichsenergiemarkt Erdgas
verkauft und eingekauft wird, ist in einzelnen Bilanzgruppen noch deutlich höher.Wesentlicher
Unterschied zu einem Spotmarkt ist, dass Verkauf
und Kauf sich nicht an den aktuellen Stundenpreisen orientieren können. Die Preise für Ausgleichsenergie werden in der Regel am Tag danach von der AGCS veröffentlicht, für die Stunden ohne Abruf erst nach dem Monatsclearing
(Mitte des Folgemonats), sodass Unsicherheit
über die Preise besteht. Da die Preisentwicklung
seit Einführung des Marktes aber wenig volatil
R Aufhebung des
Kasten 5
Bestimmungslandprinzips
Ein Großteil der bisher abgeschlossenen Erdgaslieferverträge war und ist mit einer Bestimmungslandklausel versehen. D.h. der Käufer (z.B. OMV Gas) ist
verpflichtet, das importierte Erdgas nur innerhalb
Österreichs abzusetzen, und darf dieses nicht exportieren. Diese Klausel unterbindet das Entstehen
eines europäischen Binnenmarktes, da das Erdgas
nicht entsprechend der Freiheit des Warenverkehrs
gehandelt werden kann.
Nach den Verhandlungen im Herbst 2003 zwischen
EU-Kommission und dem russischen Erdgasexporteur Gazprom haben sich die Parteien darauf geeinigt, dass Gazprom auf die Bestimmungslandklausel
für den italienischen Erdgaskonzern Eni verzichtet.
Dies kann als erster Erfolg in der Aufhebung des
Bestimmungslandprinzips gesehen werden.
Zwar bleiben die langfristigen Lieferverträge, die vor
allem zukünftige Investitionen in die Transportleitungen der Gazprom und auch die weitere Exploration
sichern sowie die Versorgungssicherheit in Europa
erhöhen sollen, aufrecht, jedoch wurden die Verträge
dem Wettbewerbsrecht der Europäischen Union
angepasst. Die Zielsetzung der Auflösung der Bestimmungslandklausel ist einerseits, den Wettbewerb zu
stärken, und andererseits die Liquidität im deutschen, österreichischen und italienischen Erdgasmarkt zu erhöhen.
Die Änderung der Lieferverträge zwischen Eni und
Gazprom ermöglicht Eni, Erdgas im Ausland, und Gazprom, Erdgas direkt an Kunden in Italien zu verkaufen.
Potenzielle Märkte für die italienische Eni sind vor
allem die Erdgasmärkte in Deutschland, wo Eni über
GVS am Markt vertreten ist, und Österreich.
55
ist, wird das Risiko wahrscheinlich als gering
eingeschätzt.
Hingegen haben Verkäufer und Käufer kein
Mengenrisiko: Wenn der Verkäufer Erdgas einspeist, das von anderen Händlern nicht abgenommen wird, bleibt es im Netz stehen (d.h.
der Bilanzgruppe werden Netzverluste zugeschrieben), oder der Regelzonenführer muss
über den Abruf von Ausgleichsenergie Erdgas
dem Netz entnehmen. Entnimmt ein Käufer
mehr Erdgas als Erdgashändler eingespeist haben, wird es entweder dem Netz entnommen
(d.h. die Bilanzgruppe Netzverluste verkauft
Erdgas), oder der Regelzonenführer muss über
den Abruf von Ausgleichsenergie Erdgas ins
Netz einspeisen.
56
Voraussetzung für die Teilnahme am Erdgashandel über den Ausgleichsenergiemarkt ist die
oben dargestellte Vorgehensweise (u.a. Gründung einer Bilanzgruppe oder Beitritt zu einer
bestehenden Bilanzgruppe, Sicherheitenstellung).
Der kurzfristige Erdgashandel über den Ausgleichsenergiemarkt hat im Vergleich zu einem
Spotmarkt den wesentlichen Nachteil, dass das
Marktrisiko auch von am Handel unbeteiligten
Unternehmen, nämlich den Netzbetreibern
(und anderen Bilanzgruppen) getragen wird.
Wünschenswert wäre daher die Etablierung eines Spotmarktes, in dem jeder Erdgashändler
das eigene Marktrisiko übernehmen muss. Dies
könnte die Liquidität eines Spotmarktes positiv
beeinflussen und damit auch die Bezugsmöglichkeiten der österreichischen Händler. Für ein
neu in den Markt eintretendes Unternehmen ist
der freie Zugang sowohl zu kurzfristig als auch
zu langfristig verfügbaren Ergasquellen unerlässlich. In diesem Zusammenhang wird einerseits
durch ein Gas-Release-Programm und andererseits durch die Weiterentwicklung des Gashubs
Baumgarten versucht, bessere Grundvoraussetzung für den Markteintritt zu schaffen:
Das Gas-Release-Programm ist eine Zusage der
OMV Gas, welche im Rahmen des Zusammenschlussverfahrens zur Econgas gegeben wurde.
Bereits im Juli 2003 wurden 250 Mio. m3 in Lotgrößen von 10 Mio. m3 versteigert.Allerdings
wurden nur rd. 13 % (rd. 32 Mio. m3) der Erdgasmengen auf dem österreichischen Markt abgesetzt. Der Marktanteilsverlust des dominierenden Anbieters Econgas war damit gering.Als
wesentlicher Grund für das geringe Interesse
heimischer Erdgasunternehmen und Industriekunden an den versteigerten Erdgasmengen
wurde das im Vergleich zu den österreichischen
Importpreisen hohe Preisniveau der Versteigerung angesehen.Weitere Gründe können die
Lotgröße von 10 Mio. m3, die Teilnahmekosten
und -bedingungen sowie die Vertragsbedingungen des Erdgasliefervertrags gewesen sein.
Einem Gastrader wurde durch das Gas-ReleaseProgramm der Markteintritt in Österreich
ermöglicht.
Im Juli 2004 wurden Jahresverträge für rd.
250 Mio. m3 (rd. 3 % des Marktvolumens in
Österreich) bei der Econgas-Auktion über den
Central European Gas Hub Baumgarten, einer
Tochtergesellschaft der OMV Erdgas, versteigert. Für die Auktion im Juli 2004 wurden einige
Adaptionen vorgenommen, vor allem, um den
Kreis der Interessenten auch in Österreich zu
erweitern. Keine Veränderungen wurden bei der
Lotgröße, der versteigerten Menge und beim
Auktionsdesign vorgenommen.Wesentlich ist
jedoch die Erhöhung der Transparenz über die
Teilnahmebedingungen und die Reduzierung der
Teilnahmekosten für die Bieter. Dennoch war
das Interesse der österreichischen Erdgashändler bei der im Juli 2004 stattgefundenen Auktion
nicht höher als im Vorjahr. Insgesamt beteiligten
sich jedoch eine größere Anzahl von Unternehmen an der Auktion als im Vorjahr.
In engem Zusammenhang mit der Durchführung
des Gas-Release-Programms steht die Entwicklung des Gashubs in Baumgarten. Das Programm
wurde über den Gashub abgewickelt, indem eine Internetauktion durchgeführt wurde. Einzelne erfolgreiche Bieter haben dabei auch Dienstleistungen des CEGH in Anspruch genommen.
Wesentlicher Kritikpunkt dabei war die Intransparenz über die angebotenen Dienstleistungen
und deren Tarife.
regulierten Inlandstransportes und des verhandelten grenzüberschreitenden Transportes ein
wesentliches Hemmnis, freie Leitungskapazitäten optimal im Gesamtsystem zu nutzen. Ein
Entry-Exit-System als Netzzugangsmodell bietet
Möglichkeiten,Anreize zur besseren Nutzung
der Leitungskapazitäten zu setzen (Kasten 6).
Zugangsbedingungen zur Infrastruktur
Neben einem unkomplizierten Zugang zum
kurz- und langfristigen Erdgashandel spielen bei
der Entscheidung zum Markteintritt die Verfügbarkeit von Transport- und Speicherkapazitäten
eine wesentliche Rolle.
Der Speicherzugang ist den Speicherzugangsberechtigten (Produzenten, Erdgashändler und
Versorger mit Sitz innerhalb der EU) auf verhandelter Basis mit den beiden Speicherbetreibern OMV Gas und RAG möglich.Allerdings
gibt es für das Marktsegment bis zu einer Einund Ausspeicherleistung von 15.000 m3/h nur
einen Anbieter: die OMV Gas.
Im GWG ist festgehalten, dass die für den Kunden verwendete Transportkapazität diesem entsprechend dem Rucksackprinzip (§17 GWG)
auch bei einem Lieferantenwechsel weiterhin
zur Verfügung stehen. Die bisherigen Erfahrungen mit dem Netzzugangsmodell zeigen, dass es
bisher nahezu keine Netzzugangsverweigerungen gegeben hat.Allerdings ist die Trennung des
R Entry-Exit-System
Ein Netzzugangsmodell besteht sowohl aus einem
Tarifsystem als auch aus einem System für Kapazitätsbuchung. In der Diskussion auf europäischer Ebene werden hauptsächlich folgende drei Modelle
angesprochen:
1. ein distanzabhängiges System (Point-to-Point),
2. ein „Briefmarkensystem“ und
3. eine Mischung daraus, das Entry-Exit-System.
Ein distanzabhängiges Kapazitätssystem kann mit
einem Briefmarkentarif wie in Österreich kombiniert
werden, aber auch andere Kombinationen sind möglich. Irland hatte z.B. bis Ende Juli 2004 ein Entry-ExitTarifsystem kombiniert mit einem Point-to-pointKapazitätssystem. In Tabelle 9 werden die drei Systeme anhand von einigen Kriterien verglichen.
28
Homepage der OMV: www.omv.com; Homepage der RAG: www.rohoel.at
Die Speicherbetreiber sind nach GWG dazu
verpflichtet, den Speicherzugang zu nicht
diskriminierenden und transparenten Bedingungen anzubieten (§ 39 GWG). OMV Gas und
RAG haben die Informationen zum Speicherzugang auf ihren Internetseiten28 veröffentlicht.
Kasten 6
In einem Tarifsystem auf Entry-Exit-Basis werden
zwei Tarife für den Transport des Erdgases verrechnet. Der erste Tarif wird bei der Einspeisung in das
Leitungsnetz verrechnet und stellt eine Art Eintrittsgebühr dar. Der zweite Tarif wird bei der Ausspeisung aus dem Leitungsnetz verrechnet, bei der
Übergabe in das Verteilnetz oder bei der Grenze
zu einem benachbarten Transportnetz.
Auf der Kapazitätsseite werden nicht die gesamten
Transportwege gebucht, sondern lediglich die Einspeise- und Ausspeise-Entnahme-Punkte. Für den
genauen Transportweg ist der Netzbetreiber verantwortlich. Die Entry- und Exitpunkte können unabhängig voneinander gebucht werden; sowohl von
unterschiedlichen Marktteilnehmern als auch zu
unterschiedlichen Zeitpunkten.
57
Mit einer Kombination von Entry-Exit-Systemen,
sowohl bei der Tarifierung als auch bei der Kapazitätsbuchung, wird ein hohes Maß an Flexibilität in
das Leitungssystem eingeführt. Der Wettbewerb
wird erleichtert, ohne dass die Transparenz und die
Kostenverursachungsgerechtigkeit verloren gehen.
Zusätzlich werden die Risiken für ein diskriminierendes Verhalten des Incumbent verringert, und ein
Sekundärhandel mit Kapazitäten wird ermöglicht.
58
In einem Vergleich mit den anderen zwei aktuellen
Systemen ist ersichtlich, dass alle Tarifierungssysteme
Vor- und Nachteile haben. Ein gut funktionierendes
Entry-Exit-System verlangt zudem, dass die Kostenzuteilung der Tarifierungspunkte korrekt ist. Eine simple
Durchschnittskostenverteilung würde zu einer ungerechten Verteilung der Kosten führen und mögliche
Wettbewerbsverzerrungen mit sich bringen.
Mehrere Länder in der Europäischen Union haben
bereits ein Entry-Exit-System eingeführt. In Großbritannien, in Belgien und in Holland sind die Systeme
bereits länger eingeführt. In Irland und Frankreich
wurden die Systeme im Jahr 2003 und 2004 entweder ergänzt oder neu aufgebaut, damit sie einem
vollständigen Entry-Exit-System entsprechen. Auch
Italien und Teile des deutschen Marktes haben ein
Entry-Exit-System eingeführt. In Großbritannien hat
sich bereits ein funktionierender Großhandelsmarkt
entwickelt. In den restlichen EU-Staaten sind regionale Märkte im Aufbau. In Belgien wurden mit einem
liquiden Handelsplatz in Form eines Hubs bereits
erste Erfolge erzielt.
R Vergleich zwischen Tarifsystemen
Tabelle 9
Beurteilungskriterium
Distanzabhängig
Entry–Exit
Briefmarke
Benutzerfreundlichkeit
Transparenz für den Regulator
Diskriminierungsrisiko bei
Transportkosten
Diskriminierungsrisiko mit
Portfolio-Effekt
gut
schwierig zu bestimmen
gut
gut
sehr gut
sehr gut
hoch
nicht gegeben
nicht gegeben
hoch
mäßig
mäßig
in manchen Fällen
kritisch
möglich
kritisch für größere
Systeme
bei großen Flächen hoch
einfach
einfach
mäßig
Maßnahmen gegen
„Pancaking“ müssen
gesetzt werden
Kostenverursachungsgerecht
generell nicht
Risiko für falsche Investitionssignale möglich
Einfacher Handel im Sekundärmarkt
schwer
für Kapazitäten
Kompatibilität mit
gleichen Systemen
gut
Kompatibilität mit
anderen Systemen
A priori keine Probleme mit Tarifen, jedoch
sind falsche Investitionssignale möglich
Quelle: E-Control, Brattle Group Ltd.
schwierig
Marktstruktur
R
Marktkonzentration im Strom- und Erdgasmarkt
OMV Gas ist aufgrund der Zusagen im Rahmen
des Zusammenschlussverfahrens zur Econgas
verpflichtet, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu veröffentlichen. Neben diesen hat
die OMV Gas auch Informationen zu Standardprodukten und Speichertarifen sowie Standardverträgen im Internet bereitgestellt. RAG dagegen hat bisher nur geringe Informationen
zu ihren Produkten im Internet veröffentlicht.
So sind Informationen über verfügbare
Speicherkapazitäten nicht veröffentlicht. Die
Transparenz beim Speicherzugang ist daher
noch verbesserungsfähig.
Die veröffentlichten Tarife können nur als Preisobergrenzen und Verhandlungsbasis angesehen
werden. Für die tatsächlichen Kosten bei Abschluss eines Speichervertrages geben diese
Angaben somit nur einen Richtwert an. Bei
der Strukturierung von Verträgen stehen diese
Speicherprodukte in Konkurrenz mit dem Ausgleichsenergiemarkt. Bisher scheint die Strukturierung über den Ausgleichsenergiemarkt günstiger zu sein.
R Marktkonzentration im Stromund Erdgasmarkt
Neben der starken Stellung der etablierten
Strom- und Erdgasunternehmen (Incumbents)
in den jeweiligen Ländern stellen die hohen
Marktanteile der Incumbents in allen Marktsegmenten bzw. der aus der Vielzahl der Zusammenschlüsse entstandenen Unternehmen
Hindernisse für den Wettbewerb auf den Energiemärkten und die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Marktes dar. Eine gesamteuropäische Betrachtung zeigt, dass neben EdF mit
einem Marktanteil (Erzeugung) von über 20 %
noch sechs Unternehmen mit einem Marktanteil von > 5 % bestehen (Abbildung 21). Bei der
Berechnung des HH-Index für den europäischen
29
Markt ergibt sich somit ein Wert von rd. 1.20029.
Dies würde bedeuten, dass von einem mäßig
konzentrierten Markt ausgegangen werden kann.
Im Vergleich zu anderen Unternehmen am europäischen Strommarkt spielen die österreichischen Unternehmen nur eine untergeordnete
Rolle. Da sich jedoch die sachlich relevanten
Märkte im Strom-, aber auch im Erdgasbereich
nach wie vor auf die nationale Ebene beschränken (Ausnahme Großhandelsmarkt für Strom:
Hier kann teilweise von regionalen Märkten
ausgegangen werden, die über die nationalen
Grenzen hinausgehen – z.B. Österreich und
Deutschland) ist meist von sehr hohen Konzentrationsindizes (Hirschman-Herfindahl-Index
[HH-Index], Konzentrationsrate) auszugehen.
Eine Betrachtung des relevanten Markts Erzeugung von elektrischer Energie auf nationaler
Ebene zeigt, dass in allen Mitgliedstaaten der EU
(EU 15) und der Schweiz der HH-Index über
dem Wert von 1.800 liegt (Abbildung 22). In
einigen Märkten wie in Spanien und Finnland
liegen die Werte nur knapp über diesem Wert,
während in Luxemburg und der Schweiz der
HH-Index bei rd. 5.000, in Frankreich bei rd.
6.000 und in Norwegen bei knapp 10.000 liegt.
Ein HH-Index von fast 10.000 bedeutet, dass ein
Unternehmen einen fast 100%igen Marktanteil
hat. Selbst bei regionaler Betrachtung (z.B.
Nordpool) ist davon auszugehen, dass nur wenige Unternehmen den Markt dominieren, dh.,
dass von einer oligopolen Marktstruktur auszugehen ist und der HH-Index über 1.800 liegt.
Ab einem Wert von 1.000 kann von einem mäßig, ab 1.800 von einem stark konzentrierten Markt ausgegangen werden.
59
R Marktanteile der größten Stromunternehmen in Europa (Erzeugung)
Abbildung 21
30 %
20 %
10 %
60
0%
EdF
RWE
Vattenfall
E.On
ENEL
Endesa
Electrabel
Brtish
energy
EnBW
Iberola
Fortum
Statkraft
Energie
Austria
Union Scottish & Scottish
Fenosa Southern Power
Quelle: Merril Lynch (2003)
R Marktkonzentration in den europäischen Märkten – Erzeugung (2002)
Abbildung 22
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
HH-Index 1.800
0
Norwegen
Frankreich
Luxemburg
Schweiz Griechen- Niederland
lande
Quelle: IEA Online Database (Vortrag Jamasb, Pollitt – MIT), E-Control
Belgien
Deutschland
Irland Österreich
UK
Dänemark Italien
Portugal Finnland
Spanien
Konzentration des
österreichischen Strommarktes
Seit 1. Juli 2003 hat es im Strommarkt keine
nennenswerten Zusammenschlüsse gegeben.
Zwar gab es einige Zusammenschlüsse und
Akquisitionen, jedoch haben sich diese auf
Akquisitionen kleinerer Anbieter durch Incumbents beschränkt.Angemerkt muss werden,
dass auch dadurch die Vielfalt der Anbieter
eingeschränkt und die Marktkonzentration
erhöht wurde.
Da sich die österreichische Stromwirtschaft
durch eine Vielzahl von gegenseitigen Verflechtungen der Eigentumsverhältnisse charakterisiert, erscheint bei der Berechnung der Konzentrationsmaße interessant, auch die jeweiligen
Beteiligungen zu berücksichtigen. Dabei wurden
anteilsmäßig die Marktanteile in den einzelnen
sachlichen Märkten30 entsprechend den Beteiligungen an anderen Unternehmen zugeteilt.Wie
Abbildung 23 zeigt, führt dies teilweise zu einem weiteren Ansteigen des HH-Index in den
Märkten Großkunden und Tarifkunden. Die
Marktkonzentration im sachlich relevanten
Markt der Erzeugung hingegen ist nach der Berücksichtigung der Beteiligungen leicht gesunken.
Zurückzuführen ist die Veränderung vor allem
auf die Beteiligungen des Verbund an der Kelag
und der Steweag-Steg sowie auch auf jene der
ausländischen Unternehmen. Die Verschiebungen innerhalb der Unternehmen der Energie
Austria (z.B. Beteiligung der EVN am Verbund)
haben keine Auswirkungen, da die Marktanteile
der Unternehmen, die an der Energie Austria
beteiligt sind (Verbund,Wienenergie, EVN,
Energie AG, Bewag/Begas und Linz AG), aggregiert werden.Trotz steigender Werte des HHIndex für Klein- und Großkunden verringert
sich die Konzentrationsrate (CR 5) der fünf
größten Anbieter leicht. Diese Entwicklung ist
R Marktkonzentration im österreichischen Strommarkt31
Abbildung 23
■ Anteil je Unternehmen ■ Anteil inkl. Beteiligungen
5.000
4.500
4.000
3.500
3.000
2.500
2.000
HH-Index 1.800
1.500
1.000
500
0
Kleinkunden
Großkunden
Erzeugung
Quelle: Merril Lynch (2003)
30
31
Die räumliche Abgrenzung beschränkt sich aufgrund der bisherigen Praxis der EU-Kommission und der derzeitigen Marktgegebenheiten auf die nationale Ebene.
Eine marktbeherrschende Stellung wird vermutet, wenn CR 1 > 33 %, CR 2 > 50 % bzw. CR 3 > 66,7 %.
61
einerseits auf steigende Anteile der Energie
Austria zurückzuführen und andererseits auf eine breitere Streuung der restlichen Anteile (u.a.
auf RWE, EdF/EnBW). So verringert sich die CR
5 im Markt für Kleinkunden und im Markt für
Großkunden jeweils um 4 Prozentpunkte.Allerdings liegen auch hier die Werte nach wie vor
auf einem sehr hohen Niveau.
62
Tabelle 11 zeigt die Marktanteile der größten
österreichischen Unternehmen an der Gesamtabgabe elektrischer Energie an Endkunden in
Österreich und den jeweils daraus resultierenden HH-Index. Die Energie Austria, die voraussichtlich mit 1. Oktober 2004 ihre operative
Tätigkeit aufnehmen wird, hat bei der Gesamtabgabe der elektrischen Energie an Endkunden
einen Marktanteil sowohl bei reiner Unternehmensbetrachtung als auch bei der Berücksichtigung der Beteiligungen von deutlich über 50 %,
was zu HH-Indizes von 3.145 und 3.872 und
somit von weit über 1.800 und einem CR 5 von
deutlich über 80 % führt.
31
Die Verringerung der Marktanteile bei der Berücksichtigung der Beteiligung von z.B. der Steweag-Steg, Kelag und Salzburg AG ergibt sich
aufgrund der Beteiligungen u.a. des Verbund,
der RWE und der EdF/EnBW, der Anstieg des
Marktanteils der Tiwag aufgrund der Beteiligung
am Verbund. Durch die Aufteilung auf mehr
Unternehmen (EnBW und RWE) sinkt der Wert
der Konzentrationsrate (CR 5) leicht von 89 %
auf 85 %. Jedoch zeigt auch dieser Wert, dass
die österreichische Stromwirtschaft von nur
wenigen Unternehmen dominiert wird und der
Strommarkt in Österreich als wenig kompetitiv
beschrieben werden kann.
Das u.a. vom Deutschen Bundeskartellamt verwendete Konzentrationsmaß „Konzentrationsrate“ zur Feststellung der Marktkonzentration
liegt in Österreich bei beiden Berechnungsmethoden mit 74 % und 75 % deutlich über
66,7 %31. Sowohl CR 1, CR 2 als auch CR 3
liegen über den relevanten Werten, die eine
marktbeherrschende Stellung vermuten lassen.
Somit weisen beide Werte auf eine hohe Marktkonzentration in Österreich hin, die auf einen
geringen Wettbewerb schließen lassen, worauf
auch die geringen Werbeaktivitäten der Unternehmen und auch die geringen Wechselraten
hinweisen.
Eine marktbeherrschende Stellung wird vermutet, wenn CR 1 > 33 %, CR 2 > 50 % bzw. CR 3 > 66,7 %.
R Marktkonzentration im österreichischen Strommarkt32
HH-Index33
je Kundengruppe
Kleinkunden
Großkunden
Erzeugung
3.289
3.918
3.136
HH-Index unter Berücksichtigung
der Beteiligungen
3.471
4.314
3.381
Tabelle 10
CR 534 je Unternehmen
CR 5 unter Berücksichtigung
der Beteiligungen
75 %
92 %
77 %
71 %
88 %
70 %
Quelle: E-Control
R Marktkonzentration im österreichischen Strommarkt –
Gesamtabgabe an Endkunden (2003)35
HH-Index
je Unternehmen
Energie Austria
Steweag-Steg
Tiwag
Kelag
Salzburg AG
VKW
Energie Graz
Stadtwerke Klagenfurt
E-Werk Wels
EdF/EnBW
RWE
HHI-Summe37
2.769
150
87
74
36
24
3
1
1
0
0
3.145
HH-Index unter Berücksichtigung
der Beteiligungen
3.436
36
91
8
20
24
3
1
1
21
7
3.648
Tabelle 11
Marktanteile je Unternehmen
53
12
9
9
6
5
2
1
1
0
0
CR 5 89
%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
Marktanteile unter Berücksichtigung
der Beteiligungen36
CR 5
59
6
10
3
4
5
2
1
1
5
3
84
Quelle: Jahresberichte der Unternehmen, E-Control
Die Marktanteile der Unternehmen Verbund,Wienenergie, EVN, Energie AG, Bewag/Begas und Linz AG wurden aufgrund der bevorstehenden Umsetzung
der Energie Austria zusammengefasst.
Bei der Berechnung des HH-Index werden die Marktanteile der Unternehmen quadriert und anschließend summiert.
34
Summe der Marktanteile der fünf größten Unternehmen.
35
Die Marktanteile kleinerer Unternehmen wurden bei der Berechnung des HH-Index nicht berücksichtigt, da diese nur eine leicht positive Auswirkung auf
den HH-Index hätten (< 1).
36
Die Marktanteile von EdF/EnBW und RWE stellen keine direkten Marktanteile dar, sondern ergeben sich aufgrund der Beteiligungen bei der EVN und
der Steweag-Steg bzw. bei der Kelag.
37
Die Marktanteile der restlichen Unternehmen (kleine Stadtwerke, neue Anbieter) haben keine bzw. nur sehr geringe Auswirkungen auf die Werte
der beiden Konzentrationsmaße.
32
33
%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
63
64
Konzentration des österreichischen
Erdgasmarkts
Die Konzentration im Erdgasmarkt ist – wie bereits im Liberalisierungsbericht 2003 gezeigt –
in allen sachlich relevanten Märkten höher als
im Strombereich. Grund dafür ist die geringere
Anzahl von Unternehmen und die damit verbundene stärkere Stellung der Incumbents.
Bei der Berücksichtigung der Anteile an anderen Erdgasunternehmen kommt es zu einer
geringfügigen Verringerung des HH-Index in den
Endkundenmärkten. Zurückzuführen ist dies auf
die Berücksichtigung der Beteiligungen der
EdF/EnBW an der EVN und auf die Estag an
der Steirischen Gas Wärme sowie der Beteiligung der RWE und vom Verbund an der Kelag.
Allerdings liegen die Werte in den drei Märkten –
Industrie-, Gewerbe- und Haushaltskunden –
nach wie vor deutlich über 1.800, was auf eine
hohe Marktkonzentration hinweist.
Die Konzentrationsrate ist – wie auch der HHIndex – in den Endkundenmärkten zurückgegangen, allerdings mit einer Verringerung von
2 Prozentpunkten nur marginal. Der leichte
Rückgang ergibt sich durch die Zuordnung der
Abgabemenge auf die Beteiligungen u.a. auf die
EdF/EnBW, RWE und Verbund.Allerdings ist auch
hier zu sehen, dass der Konzentrationsindex
sehr hoch ist und von einer starken Marktkonzentration in allen Endkundenmärkten in der
Regelzone Ost ausgegangen werden kann.
Tabelle 13 gibt einen Überblick über die Marktanteile der größten österreichischen Unternehmen an der Gesamtabgabe an Endkunden.
Durch den Zusammenschluss von Wienenergie,
EVN, Oberösterreichische Ferngas, Begas, Linz
AG und OMV Erdgas zur Econgas ist es zu einem dominanten Marktteilnehmer gekommen,
der mit rd. 74 % Gesamtabgabe an Endkunden
den Erdgasmarkt in der Regelzone Ost dominiert. Der Zusammenschluss zur Energie Allianz
und in Folge zur Econgas stellt die Liberalisierung in Österreich in Frage, da dadurch ein
Unternehmen geschaffen wurde, das nicht nur
den mit Abstand höchsten Marktanteil hat, sondern zudem über die OMV Erdgas als Hauptimporteur und Vorlieferant der anderen Marktteilnehmer in der Regelzone Ost ist. Der hohe
Marktanteil führt zu einem bedenklichen HHIndex, der mit 5.798 bzw. 5.272 nach Berücksichtigung der Beteiligungen an anderen Unternehmen deutlich über 1.800 liegt.Auch die Konzentrationsraten CR1, CR2 und CR3 liegen
über den Grenzwerten CR 1 > 33 %,
CR 2 > 50 % bzw. CR 3 > 66,7 %, da alleine
das größte Unternehmen einen Marktanteil
von rd. 74 % (bzw. 71 %) hat.
Die Verringerung des HH-Index sowie des CR5
ergibt sich durch die Beteiligungen der EdF/
EnBW, RWE sowie des Verbund an der Kelag,
Estag sowie EVN. Die Abgabemengen der Terragas wurden entsprechend den Beteiligungen auf
die Ruhrgas AG und Salzburg AG aufgeteilt.
Trotz des leichten Rückganges der Konzentrationsindizes weisen die hohen Werte auf einen
wenig kompetitiven Markt hin.
R Marktkonzentration im österreichischen Erdgasmarkt38
HH-Index
je Unternehmen
Haushalt
Gewerbe
Industrie
7.255
6.578
5.597
HH-Index unter Berücksichtigung
der Beteiligungen
6.318
5.367
4.946
CR 439 je Unternehmen
100 %
100 %
100 %
Tabelle 12
CR 4 unter Berücksichtigung
der Beteiligungen
98 %
98 %
98 %
Quelle: AFG, E-Control
Die räumliche Abgrenzung der Märkte beschränkt sich auf die Regelzone Ost.Tigas und VEG wurden nicht berücksichtigt, da zwischen den Regelzonen
keine Verbindungsleitungen existieren und die beiden Unternehmen in Tirol bzw.Vorarlberg jeweils einen Marktanteil von über 95 % haben.
39
Summe der Marktanteile der vier größten Unternehmen.
38
R Marktkonzentration im österreichischen Erdgasmarkt
Abbildung 24
■ Anteil je Unternehmen ■ Anteil inkl. Beteiligungen
HH-Index 1.800
65
Quelle: AFG, E-Control
R Marktkonzentration im österreichischen Erdgasmarkt
(Regelzone Ost) – Gesamtabgabe an Endkunden
Econgas
Steirische Gas Wärme
Ruhrgas
Salzburg AG
Kelag
Energie Graz
E-Werk Wels
Stadtwerke Klagenfurt
E.On Ruhrgas Austria
EdF/EnBW
Verbund
RWE
HHI-Summe
HH-Index
je Unternehmen
HH-Index unter Berücksichtigung
der Beteiligungen
4.977,3
230,7
67,8
7,0
3,8
0,8
0,2
0,0
4.560,3
129,7
5.287,6
22,1
0,4
0,8
0,2
0,0
38,2
45,2
0,6
0,4
4.797,8
Tabelle 13
Marktanteile je Unternehmen
70,6
15,2
8,2
2,6
2,0
0,9
0,4
0,2
CR 5
Marktanteile unter Berücksichtigung
der Beteiligungen40
%
%
%
%
%
%
%
%
99,4%
67,5 %
11,4 %
CR 5
4,7
0,7
0,9
0,4
0,2
6,2
6,7
0,8
0,6
96,5
%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
Quelle: Jahresberichte der Unternehmen, E-Control
40
Die Marktanteile von EdF/EnBW,Verbund und RWE stellen keine direkten Marktanteile dar, sondern ergeben sich aufgrund der Beteiligungen bei der EVN und
der Steweag-Steg bzw. bei der Kelag.
Marktstruktur
R
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
R Zusammenfassung
R Liberalisierung brachte nachhaltige Änderungen in den Marktstrukturen:
Auflösung der Gebietsmonopole,Trennung der Energiepreise in Einzelkomponenten, Kunden können Energielieferanten frei wählen, Entstehen neuer Märkte;
R auch nach Liberalisierung unverändert hoher öffentlicher Eigentumsanteil;
R Ausgleichsenergie- und Großhandelsmarkt als Vorleistungsmärkte spielen
zentrale Rolle für das Funktionieren der Endkundenmärkte für Strom und Erdgas;
R mangelnde Entwicklung und räumliche Segmentierung von Großhandels- und
Ausgleichsenergiemärkten stellen Markteintrittsbarrieren im Strom- und
Erdgasbereich dar;
R durch Verkauf der APC an Istrabenz neuer Anbieter für Großkunden am
österreichischen Strommarkt;
66
R insgesamt wenige neue Anbieter – unabhängig von Incumbents – am Stromund Erdgasmarkt.
R Schlussfolgerung
R Harmonisierung der Rahmenbedingungen der Strom- und Gasmärkte in
Europa nicht ausreichend;
R funktionierende Vorleistungsmärkte sicherstellen und regionale Strom- und
Erdgasmärkte zur Reduktion von Markteintrittsbarrieren schaffen;
R Ausdehnung der Marktgrenzen von Ausgleichsenergie im Strommarkt;
R Schaffung eines liquiden Großhandelsmarktes auch im Gasbereich, u.a. durch
die Aufhebung der Bestimmungslandklausel;
R Ausbau der Transportverbindungen zwischen den Ländern;
R Einführung von transparenten und marktbasierten Methoden zur Vergabe
von Transportkapazitäten im Strommarkt;
R transparente, harmonisierte und diskriminierungsfreie Regeln für grenzüberschreitende Fernleitungssysteme im Erdgasmarkt entwickeln;
R physische Anbindung der Tiroler Regelzone an die Regelzone Ost im Erdgasmarkt.
Marktverhalten
67
Marktverhalten
R
Strategisches Verhalten von Strom- und Erdgasunternehmen
Im Gegensatz zu den im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Strukturmerkmalen des
Strom- und Erdgasmarktes wird bei einer
Untersuchung des Marktverhaltens der Einsatz
der wettbewerblichen Instrumente analysiert,
die den Unternehmen zur strategischen Disposition stehen. Hintergrund für die Untersuchung
des Marktverhaltens ist die Annahme, dass, je
kompetitiver das Umfeld ist, desto enger der
Verhaltensspielraum der Unternehmen wird. Zu
den wesentlichen Faktoren des Marktverhaltens
zählen die Preispolitik (Preis-Diskriminierung,
predatory pricing etc.), das Investitions- und
Innovationsverhalten (zum Beispiel in Erzeugungsanlagen), die Qualitätspolitik (auch als Element von Differenzierungsstrategien), die Werbungs- und Marketingaktivitäten (u.a. Bündelungen, Multi Utility).
68
R Strategisches Verhalten von
Strom- und Erdgasunternehmen
Nachfolgend werden die Strategien der Stromund Erdgasunternehmen in Österreich und auch
in Europa sowohl getrennt als auch gemeinsam
dargestellt. Zwar wird versucht, die Aktivitäten
und Strategien in beiden Bereichen getrennt
darzustellen, da jedoch einige Unternehmen in
beiden Märkten tätig sind, ist eine strikte Trennung nicht immer möglich. Dies wird einerseits
durch Aktivitäten der Unternehmen außerhalb
des Energiebereiches, andererseits durch das
gemeinsame Anbieten der Produkte Strom und
Erdgas (Multi Utility) deutlich. Die Zusammenschlüsse auf horizontaler Ebene zwischen
Strom- und Erdgasunternehmen sowie die bereits bestehende Struktur des österreichischen
Strom- und Erdgasmarktes führen ebenfalls dazu, dass das Verhalten der österreichischen, aber
auch der europäischen Unternehmen im Stromund Erdgasbereich im Zusammenhang gesehen
werden muss.
Strategisches Verhalten von Stromunternehmen
Auf die Veränderung der Rahmenbedingungen
reagieren die Unternehmen im Strommarkt
nach wie vor – neben Konsolidierungs- und
Rationalisierungsmaßnahmen – mit Zusammenschlüssen und Kooperationen. Seit der neuen
Ökostromgesetzgebung dürften auch hinreichende Anreize für die Unternehmen gegeben
sein, verstärkt Aktivitäten in diesem geförderten und geschützten Bereich zu setzen. Hinsichtlich der Produktpolitik versuchen die
meisten etablierten österreichischen Unternehmen, sich verstärkt in anderen Versorgungsbereichen zu etablieren und so Vorteile durch die
Vermarktung, u. a. durch den erhöhten Bekanntheitsgrad oder durch Multi-Utility-Produkte, zu
nutzen. Neben diesen Diversifizierungsbestrebungen gibt es auch einige wenige österreichische Unternehmen, die ihren Erfolg im Rückzug
zum Kerngeschäft (Versorgungsdienstleistungen) suchen.
Inzwischen nehmen durchwegs alle größeren
österreichischen Elektrizitätsunternehmen auch
Chancen wahr, welche gerade die Liberalisierung ihnen bietet, indem sie vor allem durch Aktivitäten im Ausland neue Wachstumspotenziale
anstreben. Ein strategischer Alleingang der
Unternehmen im Inland außerhalb ihres angestammten Versorgungsgebiets wird hingegen
eher selten unternommen. Umgekehrt fassen
ausländische Unternehmen eher durch Beteiligungen an österreichischen Unternehmen am
heimischen Markt Fuß, jedoch treten ausländische Unternehmen kaum direkt am Markt auf.
Konzentrationsbewegungen in
der österreichischen Stromwirtschaft
Die Realisierung von Größen- und Verbundeffekten sind maßgeblicher Grund für Akquisitionen, Zusammenschlüssen und Kooperationen.
Die geographische Segregation in der prä-liberalisierten Organisationsstruktur der österreichischen Elektrizitätsbranche begrenzte die
Möglichkeit, Größen- und Verbundvorteile zu
realisieren. Diese Vorteile finden sich sowohl
in den im Wettbewerb befindlichen Bereichen
der Erzeugung, des Großhandels und Vertriebs
als auch im regulierten Monopolbereich der
Übertragung und Verteilung. Der zunehmende
Kostendruck durch die steigende Wettbewerbsintensität zwingt die Unternehmen zusehends,
derartige Einsparungspotenziale wahrzunehmen.
Die meisten Kooperationen und Zusammenschlüsse der österreichischen Elektrizitätsunternehmen haben zwischen Landesgesellschaften und Stadtwerken stattgefunden, und
hier in erster Linie in den wettbewerblich organisierten Bereichen der Erzeugung und des Vertriebs. Die Realisierung von Synergieeffekten
im Bereich des Übertragungs- und/oder des
Verteilnetzbetriebes kam im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern nur im Kleinen
zum Tragen. Hingegen gründeten beispielsweise
heuer in der Schweiz die sechs führenden
Übertragungsnetzbetreiber eine gemeinsame
Netzgesellschaft mit dem Namen Swissgrid.
Das Unternehmen soll ab dem 1. Januar 2005
die Verantwortung für den Betrieb des Schweizer Übertragungsnetzes und für die Tätigkeit
der Netzkoordination übernehmen.
Tabelle 14 gibt einen Überblick über die bisherigen Zusammenschlüsse und Kooperationen
der österreichischen Elektrizitätsunternehmen.
Die Vielzahl – vor allem auch kleinerer – Unternehmen hat durch Übernahmen und Zusammenschlüsse zu größeren Einheiten geführt
und die Zahl der Anbieter verringert. In den
meisten Zusammenschlüssen wurden nur Teilbereiche ausgegliedert und zusammengeführt,
was nur einen begrenzten Verlust der Eigenständigkeit bedeutete und zudem die Fortsetzung
der ursprünglichen Unternehmensführung
durch Aufsichtsgremien und Vorstände ermöglichte. Nach dem Zusammenschluss Tiwag mit
den Innsbrucker Kommunalbetrieben (IKB)
41
wurde beispielsweise die Anzahl der Vorstände
der Tiwag von zwei auf drei erhöht.Auch die
Geschäftsleitung der Energie Allianz Austria
GmbH, die im Dezember 2003 neu konstituiert
wurde, hat sechs Geschäftsführer in die Unternehmensleitung berufen. Demnach werden Synergiepotenziale bevorzugt auf untergeordneten
Ebenen gesucht, während ein radikaler Bruch im
Management meist vermieden wird. Die Zusammenführung von Teilbereichen der Unternehmen anstelle der Durchführung einer
Vollfusionierung hat auch aus kommunalpolitischer Sicht einen gewissen Vorteil: Die Erfahrung zeigt, dass Zusammenschlüsse, die den
Unternehmensstandort und damit Arbeitsplätze
erhalten, wesentlich leichter auf öffentliche
Akzeptanz stoßen.
Mit der Zusammenarbeit zwischen den am Endkundensegment gut etablierten fünf Landes(und landeshauptstädtischen-)Gesellschaften
und dem Verbund im Rahmen der österreichischen Stromlösung (Energie Austria)41 wird in
erster Linie die vertikale Integration der Unternehmen kräftig gestärkt.
Erklärtes Ziel der beteiligten Unternehmen ist
es, ein Gegengewicht zu den vier bestimmenden
Versorgern in Zentraleuropa (EdF, RWE, E.On
und Enel) zu bilden und langfristig einen weiteren internationalen Player im europäischen
Wettbewerb zu formen. Laut Pressemeldungen
soll die APT neu ein Stromhandelsvolumen von
fast 100 TWh abwickeln und damit in diesem
Bereich eine Top-10-Position am europäischen
Strommarkt einnehmen.
Zwar verringern auch die regionalen Zusammenschlüsse und Beteiligungen zumindest
auf regionaler Ebene die Anbieterzahl, doch
beeinträchtigen sie den Wettbewerb in Gesamtösterreich nur marginal; hingegen führte der
Zusammenschluss von EVN AG,Wienenergie
GmbH, Energie AG Oberösterreich, BEWAG
Näheres zur genauen Ausgestaltung der Energie Austria und den Auflagen ist im Kapitel Marktstruktur zu finden.
69
R Überblick – Zusammenschlüsse und Beteiligungen seit 2000
Beteiligte Unternehmen/
Jahr
Zusammenschluss/Beteiligung
Bereich
Ebene
APT neu
APT und e&t verschmelzen zu APT neu
Verbund 2/3
Energie Allianz 1/3
Anteil
Koordinierung des
Kraftwerkseinsatzes,
Stromhandel
Fünf Landesversorger und landeshauptstädtische
Versorger + größter Erzeuger in Ö.
vertikale +
horizontale
Integration
Verbund
Energie Allianz
(e&s)
2004
e&s
Neugründung
Verbund 1/3
Energie Allianz 2/3
Belieferung v.
Stromkunden
> 4 GWh
Fünf Landesversorger und landeshauptstädtische
Versorger + größter Erzeuger in Ö.
vertikale +
horizontale
Integration
Bewag/Begas
Energie AG
EVN, Linz AG
Wienenergie
2002
Energie
Allianz
Kooperation auf
Vertriebs- und
Handelsebene
Strom- und
Gasvertrieb
(Kleinkunden
< 4 GWh)
Stadtwerk +
mehrere
Landesversorger
horizontale
Integration
Steg-Steweag
Hereschwerke
Energie GmbH
2003
Übernahme der
restlichen 51 % der
Hereschwerke
Strom +
Fernwärme
Regionaler
Versorger +
Landesversorger
vertikale +
horizontale
Integration
Steg-Steweag
Überland Strom
GmbH
2003
Übernahme der
restlichen 51 % der
Überland Strom
GmbH
Stromnetz +
Stromversorgung
Regionaler
Verteilnetzbetreiber +
Landesversorger
horizontale
Integration
Zusammenschluss
Strom
Regionaler
Versorger +
Landesversorger
horizontale
Integration
Beteiligung der
Steweag zu 27 %
an FeistritzwerkeSteweag GmbH
Strom
Regionaler
Versorger +
Landesversorger
vertikale +
horizontale
Integration
Steweag
Stadtwerke
Hartberg
2000
Beteiligung der
Steweag zu 25,1 %
an Stadtwerke
Hartberg
Strom +
Fernwärme
u.a.Ver- und
Entsorgung
Regionaler
Versorger +
Landesversorger
vertikale +
horizontale
Integration
ESTAG
Verbund
2004
ESTAG übernimmt
20 %-Verbundanteile
an Unsere
Wasserkraft
Strom- und
Gasvertreib
Landesversorger
+ Lieferant
vertikale
Integration
Verbund (APT)
Energie Allianz
(e&t)
2004
70
neues
Unternehmen
Tabelle 14
StegSteweag
2000
SteweagSteg GmbH
Steweag
Feistritzwerke
Gleisdorf
2000
Feistritz
werkeSteweag
GmbH
Quelle: E-Control
vertikale/horizontale
Integration
Beteiligte Unternehmen/
Jahr
neues
Unternehmen
Zusammenschluss/
Beteiligung
Bereich
Ebene
ESTAG
Grazer Stadtwerke AG
2002
Energie
Graz
GmbH
vertikale/horizontale
Integration
ESTAG kauft 49 %
von der Stadt Graz
Strom + Gas
Stadtwerk +
Landesversorger
vertikale +
horizontale
Integration
Salzburger Stadtwerke
Salzburg AG
SAFE 2000
Zusammenschluss
Strom + Gas
Stadtwerk +
Landesversorger
vertikale +
horizontale
Integration
Salzburg AG
Verbund
2004
Salzburg AG übernimmt
restliche 20 % an
MyElectric
Strom- und
Gasvertreib
Landesversorger
+ Lieferant
vertikale
Integration
IKB
TIWAG
2002
Beteiligung
(25 % + 1 Aktie an IKB)
Strom und
Gas (Gas
inkl. Netz)
Stadtwerk +
Landesversorger
vertikale +
horizontale
Integration
TIWAG,
Steirische
Gas-Wärme
GmbH,
Stadtwerke Lienz
2004
Stadtwärme
Lienz
Produktionsund
VertriebsGmbH
Gründung Gemeinschaftsunternehmen.
Tiwag und Steir.
Gas-Wärme jeweils
48 % Anteil,
StW Lienz 4 %
Ökostom +
Fernwärme
Landesversorger
Gas +
Landesversorger
Strom
horizontale
Integration
TIWAG
Stadtwerke
Kufstein GmbH
2004
Bioenergie
Kufstein
GmbH
Gründung Gemeinschaftsunternehmen
(jeweils 50 % Anteil)
Ökostrom +
Fernwärme
Regionaler
Versorger +
Landesversorger
horizontale
Integration
Energie AG
EWWAG Wels
2002
Wels
Strom
GmbH
Energie AG kauft 49 %
Strom
Regionaler
Versorger +
Landesversorger
vertikale +
horizontale
Integration
RLB OÖ
Energie
AG
2003
RLB OÖ übernimmt
6,5 % EVN-Anteil von
Energie-Contracting
Steyr
Strom +
Gas +
Fernwärme
u.a.
Investor +
Landesversorger
Stadtwerke
Kapfenberg
Kelag
2002
Beteiligung (35 % an
Strom +
Stadtwerke Kapfenberg) Gas
Stadtwerk +
Landesversorger
vertikale +
horizontale
Integration
BEWAG Stadtgemeinde
Jennersdorf
Steweag-Steg
2003
BEWAG übernimmt
Kraftverteilungsanlage
Jennersdorf AG
zu 100 %
Regionaler
Versorger +
Landesversorger
horizontale
Integration
Strom
71
und Linz AG zur Energie Allianz und in weiterer
Folge des Verbund mit der Energie Allianz zu
einer drastischen Verringerung der Anbieterzahl
am Strommarkt.
72
Wie im Kapitel Marktkonzentration im Strommarkt bereits dargestellt, hat sich die Marktkonzentration in allen sachlich relevanten Märkten,
die wettbewerblich organisiert sind, in den letzten Jahren merklich erhöht. Da abgesehen vom
Großhandelsmarkt alle Marktsegmente nach
wie vor national begrenzt sind, ist bis auf weiteres von einer Schwächung der Wettbewerbsintensität in diesen Marktsegmenten auszugehen.
Denn nach den ersten drei Jahren der Vollliberalisierung in Österreich hat sich gezeigt,
dass kaum neue Anbieter am österreichischen
Markt agieren. Hauptgrund für den vorwiegend
innerösterreichischen Wettbewerb im Strommarkt ist der nach wie vor niedrige Energiepreis. Die Landesgesellschaften genießen noch
immer eine quasi-monopolistische Stellung in
ihrem Netzbereich. Eine Stärkung der Wettbewerbsintensität ist auch nach drei Jahren der
vollständigen Marktöffnung unwahrscheinlich;
denn der Bekanntheitsgrad der Incumbents,Traditionsdenken der Kleinkunden, geringe Margen, hoher Akquisitionsaufwand bei Kleinkunden und unvollständiges rechtliches Unbundling
zwischen Netz- und Vertriebsbereich gestalten
den Neueintritt unattraktiv und mit hohem
(finanziellen) Risiko.
Für den österreichischen Strommarkt sind nicht
nur aktive Kooperationen und Gemeinschaftsprojekte wie die Energie Allianz und die Energie
Austria charakteristisch, sondern bereits seit
weitaus längerem vielfache Verbindungen durch
eine Reihe von Kreuzbeteiligungen (siehe Abbildung 25). So halten Wienenergie,Tiwag und
EVN Beteiligungen am Verbund. Der Verbund
hält wiederum Anteile bei der Steweag-Steg,
der Burgenland Holding, der Muttergesellschaft
der Bewag, der Kelag und bis Ende 2002 bei
der EVN. Die Estag (Muttergesellschaft der
Steweag-Steg) hält wiederum Anteile an der
Austrian Hydro Powers und an der Austrian
Thermal Power, den Erzeugerunternehmen des
Verbund. Die Verbindungen zwischen der Estag
bzw. der Steweag-Steg und dem Verbund sind so
eng, dass im Zusammenschlussverfahren zur
Energie Austria die Estag ausdrücklich nicht als
unabhängiges drittes Unternehmen bezeichnet
wurde. Damit kam die Estag bzw. Steweag-Steg
nicht als Käufer für die 55 % Anteile des Verbund an der APC, an der die Estag bereits zu
35 % beteiligt war und Vorkaufsrechte an den
Verbund-Anteilen hatte, in Frage.
Der Verbund bekundet seit längerem großes
Interesse an einer weiteren Aufstockung des
Anteils an der Steweag-Steg über die Estag.
Dabei geht es um den angeblichen Verkauf eines
24,8-%-Anteils des Landes Steiermark.Außerdem ist der Verbund auch an dem Aktienpaket
der Electricité de France an der Estag (25 % +
1 Aktie) interessiert.
Die einzigen vollkommenen Neueintritte von
rein österreichischen Lieferanten schafften die
Ökostrom AG und die Alpen Adria Energie AG,
die sich auf Strom aus erneuerbaren Energiequellen spezialisiert haben. Die Ökostrom AG
konnte in den letzten Jahren kontinuierlich expandieren und strebt inzwischen laut Presseaussagen einen Börsegang spätestens 2007 an.
Die etablierten österreichischen Elektrizitätsunternehmen versuchen zunehmend im Nischenbereich der erneuerbaren Energieträger ebenfalls Produkte anzubieten. Hierzu wurden oftmals Tochtergesellschaften gegründet, die ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien
anbieten, wie beispielsweise das Unternehmen
evn Naturkraft. Die EVN hat unter diesem
Namen ihre Kleinwasserkraft- und Windkraftaktivitäten ausgegliedert und in einer eigenen
Gesellschaft zusammengefasst. Die Salzburg AG
bündelt ihre Ökostromanlagen in der Alternative Energie Salzburg GmbH. Die Energie Allianz
hat die Naturkraft Energievertriebsgesellschaft
mbH gegründet, die in erster Linie für die Beschaffung von Ökostrom und Strom aus Kleinwasserkraftanlagen zuständig ist. Die Unternehmen erhalten in ihrer derzeitigen Strategie
Unterstützung von der Landespolitik. Die energiepolitischen Zielsetzungen und politischen
Aussagen stellen in allen Bundesländern auf den
Ausbau von Kraftwerken aus erneuerbaren
Energieträgern ab.
Das verstärkte Engagement im Ökostrombereich spiegelt sich im Kraftwerksbau und den
Plänen hierzu wider. Praktisch gab es aus jedem
Bundesland in den letzten 12 Monaten Neumeldungen über die Vervollständigung oder den
Start von Kraftwerksbauprojekten im Bereich
Windenergie, Biomasse oft als Kraftwärmekopplungsanlagen, Kleinwasserkraft oder vereinzelt Photovoltaik. Bei den Kleinwasserkraftwerksprojekten handelt es sich neben dem
totalen Neubau eines Kraftwerks, der wegen
der ökologischen Auflagen immer schwieriger
wird, oftmals auch um eine Revitalisierung.
Auch im Kraftwerksbau sind Kooperationen
mehrer Elektrizitätsunternehmen nicht unüblich.Wienstrom, EVN und Verbund (AHP) errichten derzeit gemeinsam ein Kleinwasserkraftwerk in Wien-Nußdorf am Donaukanal,
das im Jahr 2005 in Betrieb gehen soll.
Biomasseanlagen mit Kraftwärmekopplung werden verstärkt im dicht besiedelten Bereich errichtet:Wien Energie und die Österreichischen
Bundesforste unterzeichneten im Mai 2004 den
Vertrag über die gemeinsame Errichtung und
den Betrieb des Biomasse-Großkraftwerks in
Wien-Simmering. Die TIWAG und die Stadtwerke Kufstein haben in einem Gemeinschaftsunternehmen das größte Biomasse-Heizkraftwerk Österreichs erbaut. Gemeinsam mit der
Steirischen Gas Wärme GmbH (unter Einbeziehung der Stadt Lienz als Minderheitseigentümer) hat die TIWAG die Stadtwärme Lienz Produktions- und VertriebsgmbH mit dem Zweck
der Errichtung und des Betriebs einer Fernwärmeanlage zur Erzeugung und Abgabe von Ökostrom und Fernwärme auf Basis von Biomasse
gegründet.
Während sich im Westen die Ausbaupläne für
Kraftwerke vermehrt auf Kraftwerke aus Biomasse und Kleinwasserkraft konzentriert, wird
im Osten Österreichs – in Anbetracht der hohen Windpotenziale – verstärkt in Windanlagen
investiert. Besonders im Burgenland und nordöstlichen Niederösterreich wurde in den letzten Jahren in Windkraftwerke investiert. Die
BEWAG hat hierzu ein Tochterunternehmen
gegründet: die Austrian Wind Power (AWP),
die sich in erster Linie dem Bau und Betrieb
von Windkraftanlagen widmet. Die AWP wurde
im Jahr 2002 gegründet und betreibt nunmehr
133 Windräder mit einer installierten Leistung
von 217 MW (Stand Juni 2004). Zur Errichtung
von Ökoanlagen gibt es auch Kooperationen
oder Gemeinschaftsprojekte mit anderen Elektrizitätsunternehmen (wie z.B.:Wienstrom
gemeinsam mit AWP bei den Windparks von
Pama und Gols). Mit den Österreichischen
Bundesforsten wurde ein Partnerschaftsabkommen unterzeichnet, wonach man gemeinsam
Windenergie-Anlagen errichten und betreiben
werde.
Besonders im Haushaltskundenbereich lässt
sich beobachten, dass die Elektrizitätsunternehmen ihren Strom nicht nur über das Kriterium
Preis zu vermarkten versuchen, sondern verstärkt über das Qualitätskriterium Ökoenergie
oder Energie aus Wasserkraft ihre Stromprodukte anpreisen. Dabei lassen sich große Unterschiede in den Vermarktungsmethoden beobachten. Manche Unternehmen bieten ihre Ökostromprodukte teurer (+10 bis 20 %) an als ihre
Standardprodukte für Privatkunden.Andere
Unternehmen bieten wiederum über Vertriebstöchter ihren Strom aus erneuerbaren Energien billiger als die Muttergesellschaft bzw. die
jeweiligen Incumbents in den anderen Versor-
73
gungsgebieten an. In Vorarlberg wurde ein neuer
Verein Öko Strombörse in Zusammenarbeit mit
dem langansässigen Elektrizitätsunternehmen
gegründet. Dieser strebt an, den steigenden
Strombedarf nach Möglichkeit mit Strom aus
erneuerbaren Energiequellen abzudecken. Dazu
bietet die Vorarlberger Kraftwerke AG ein
Ökostromprodukt namens „Öko plus“ an. Kunden leisten eine Mehrzahlung von 1 Cent/kWh
und überstützen damit den Bau, die Modernisierung und die Wiederinbetriebnahme von Ökostromanlagen.
74
Nicht unerwähnt sollte in diesem Zusammenhang bleiben, dass die meisten Ökostromanlagen und Kleinwasserkraftwerke ihre Mehrkosten in der Produktion über ein Fördersystem
abgegolten bekommen. Dieser geförderte Ökostrom wird in einer Bilanzgruppe gesammelt
und jedem Händler gemäß Ökostromgesetz zugeteilt. Dieser geförderte Ökostrom kann nicht
am freien Markt direkt von einem Haushaltskunden nachgefragt werden. Finanziert werden
diese Förderungen zu einem Teil durch Zuschläge, die jedem österreichischen Kunden gesondert verrechnet werden. Der andere Teil wird
finanziert, indem jedem österreichischen Stromhändler anteilig Ökostrom zugeteilt wird, für
den er einen Preis von 45 e/MWh zu bezahlen
hat. Die Stromhändler haben im Jahr 2003 ihre
durch das Fördersystem entstanden Mehrkosten über Energiepreiserhöhungen an ihre
Kunden weitergegeben. Ein Teil der Lieferanten
weist auf der Rechnung die Mehraufwendungen
aufgrund der Abnahmeverpflichtungen getrennt
aus (Mehraufwendungen gemäß Ökostromgesetz).
Für den Endkunden ist nicht unmittelbar ersichtlich, ob die Mehrkosten des angebotenen
Ökostrom bereits über das Fördersystem bzw.
die vorjährige Energiepreiserhöhung abgegolten
wurden oder nicht. Demnach könnten am
Markt durchaus Ökostromprodukte zu einem
überdurchschnittlichen Preis angeboten wer-
den, obwohl die Mehrkosten der Erzeugung bereits über das Fördersystem finanziert wurden.
Die Mehrkosten des Lieferanten aufgrund der
Abnahmeverpflichtung ergibt sich aus der Differenz zwischen Verrechnungspreis und Marktpreis. D.h., dass bei gestiegenen Marktpreisen
die Mehraufwendungen des Lieferanten geringer sind. Ein Teil der Lieferanten ist im Jahr 2003
von Mehraufwendungen von 0,2028 Cent/kWh
ausgegangen. Da jedoch der Marktpreis im Jahr
2003 gestiegen ist, müsste es zu einer Verringerung der Mehraufwendungen aufgrund der verpflichtenden Abnahme von Ökoenergie und somit einer geringeren Belastung der Endkunden
kommen.
Neben einer Produktdifferenzierung (elektrische
Energie aus erneuerbaren Energiequellen gegenüber elektrischer Energie aus konventioneller
Erzeugung) findet auch eine regionale Preisdifferenzierung der Unternehmen statt. So bieten
z.B. die VKW und die Kelag elektrische Energie
zu leicht unterschiedlichen Tarifen im eigenen
und in fremden Netzbereichen an. So ist der
Energiepreis der Kelag außerhalb des eigenen
Netzbereiches um rd. 8,8 % (3.500 kWh/Jahr, Juli
2004) günstiger als im eigenen Netzbereich.
Interessant ist auch, dass die Kelag mit Ausnahme des eigenen Netzbereiches und jenem der
VKW in allen anderen Netzbereichen der günstigste Anbieter ist. Der etwas höhere Preis im
eigenen Versorgungsgebiet ist möglicherweise
auf das niedrige Wechselverhalten der Endkunden begründet, was dazu führt, dass der Local
Player die elektrische Energie zu einem höheren
Preis anbieten kann als neue Anbieter (siehe Abbildung 54). Eine gleiche Entwicklung ist auch auf
dem Erdgasmarkt zu beobachten.
Neben der Produktqualität „Öko“ ist natürlich
der Verkauf von Spitzenlaststrom aus Pumpspeicherkraftwerken eine lukrative Einnahmequelle. Die Bewilligungsverfahren für den Kraftwerksbau sind zumeist das größte Problem. In
Vorarlberg konnte im Mai 2004 der Vertrag für
den Bau des Pumpspeicherkraftwerks Kops II
unterzeichnet werden. Die Finanzierung des
Unterfangens erfolgt einerseits durch die Eigenmittel der Illwerke und andrerseits durch den
Verkauf von Strom an den langjährigen Partner
in Deutschland: EnBW.Auch in Tirol gibt es laut
Medienberichten Versuche, weitere Speicherkraft- und Wasserkraftwerksprojekte (u.a. im
Ötztal) zu realisieren, deren Umsetzung jedoch
schwierig sein dürfte.
Hinsichtlich des Auftritts der etablierten österreichischen Unternehmen am heimischen Endkundenmarkt standen Kunden bindende Aktivitäten im angestammten Markt im Vordergrund, während die Neuakquisition von Kunden
erst in zweiter Linie Bedeutung hatte. Die aktivsten Akquisitionsbemühungen außerhalb des angestammten Heimatmarktes wurden von der
Kelag unternommen. In der Regelzone Ost
traten auch Unsere Wasserkraft und MyElectric,
deren Muttergesellschaften ebenfalls nicht Teil
der Energie Austria sind, aktiv am Markt auf,
wenn auch nicht ganz ohne Probleme (siehe
hierzu Kapitel Haustürgeschäfte). Für Angebote
am Endkundenmarkt über die Regelzone hinweg waren bislang nur sehr verhaltene Aktivitäten beobachtbar. Im Tarifkalkulator finden sich
jedoch einige Unternehmen, die österreichweit
Strom anbieten, wie beispielsweise die VKW
oder die Kelag. Ende Juni 2004 startete die
Tochter des steirischen Energieversorgers
Estag, Unsere Wasserkraft, in der Regelzone
Tirol mit einer neuen Vermarktungskampagne.
Laut der Geschäftsführung wechseln zwischen
800 und 1.000 Kunden im Monat zu Unsere
Wasserkraft. Bis zum Jahr 2005 will man 800
Gewerbebetriebe sowie 5.000 Haushalte als
Kunden gewinnen.
Auch der Verbund hat laut Geschäftsbericht
2003 seine Strategie am inländischen Endkundenmarkt modifiziert. Stand bisher die Ausweitung von Marktanteilen im Fokus, war 2003 die
Steigerung der Rentabilität vorrangiges Ziel. So
wurden Kunden nur noch dann akquiriert, wenn
eine Rückdeckung der erzielbaren Vertragspreise am Markt gesichert war.
Zurück zum Kerngeschäft?
Die österreichischen Elektrizitätsunternehmen,
insbesondere die landeshauptstädtischen Energieversorgungsunternehmen, waren traditionsgemäß in anderen Versorgungsaufgaben tätig
oder haben versucht, im Laufe der Zeit
Synergieeffekte durch Aktivitäten in anderen
Ver- und Entsorgungsbereichen oder auch in
der thermischen Verwertung von Abfällen zu
realisieren. Zu den typischen Betätigungsfeldern
im Versorgungsbereich zählen – neben Strom –
Erdgas, Fernwärme,Telekommunikation, Internet, Kabel-TV und in den städtischen Unternehmen auch Verkehr. Im Bereich der Entsorgung
bieten die österreichischen Elektrizitätsunternehmen oftmals die Abwasser und Abfallentsorgung an. Derzeit lassen sich zwei Tendenzen in
der weiteren Ausrichtung der Unternehmen
hinsichtlich der Betätigungsbreite erkennen.
Einerseits lässt sich eine gewisse Ausdehnung
der Betätigungsfelder, insbesondere im Ver- und
Entsorgungsbereich, auch über die Landesgrenzen hinweg erkennen. Die Unternehmen versuchen einen Zusatznutzen für den Kunden zu
schaffen, indem mehrere (Versorgungs-)Produkte in einem Paket angeboten werden (Kapitel
Multi Utility). Manche Unternehmen haben sich
zusätzliche Standbeine geschaffen, ohne eine
Multi-Utility-Produkt für Vermarktung einzusetzen, indem sie neben dem Stromgeschäft zumeist im Rahmen einer Holding in anderen
Branchen auch im Ausland tätig werden.Andererseits führen insbesondere der Verbund und
die Estag Rückzugsbewegungen in Richtung
Kerngeschäft durch.
Die Estag versuchte in den vergangenen Jahren
mit einer Vielzahl von Restrukturierungsmaßnahmen und Kooperationen auf die geänderten
Rahmenbedingungen in einem liberalisierten
75
R Eigentumsverhältnisse in der österreichischen Strom- und Erdgaswirtschaft
EVN, Energie AG,
Land Burgenland,
Land Tirol
1,44 %
EdF/GdF
Land Stmk
25% + 1 Aktie
49 %
75 % + 1 Aktie
1,49 %
AHP
E n e r g i e
33,41 %
ATP
ATP neu
80,33 % 2,9 %
10,02 %
Stewag-Steg
ESTAG
100 %
5,31 %
6,5 % 55,6 %
3%
65,43 %
<5%
66,7 %
0,22 %
33,3 %
Stadt
Innsbruck
RLB OÖ
75 % +
1 Aktie
6,5 %
Energie
Allianz
Streubesitz
> 15 %
31,5 %
0,2 %
IKB
unbekannter
Käufer
34,57 %
<5%
Land
NÖ
51 %
7,21 %
25 % +
1 Aktie
25 % + 1 Aktie
31,5 %
0,003 %
10 %
35,12 %
TIWAG
Kelag
10,02 %
Verbund
EVN AG
BEWAG
51 %
76
< 15 %
100 %
63,85 %
1,03 %
Kärntner
Energieholding
Beteiligungs GmbH
Land Tirol
0,01 %
6,33 %
49 %
Land
Burgenland
Streubesitz
49 %
51 %
99,79 %
51 %
Land
Kärnten
66,84 %
Republik
Österreich
RWE
EnBW
15,42 %
Tigas
RAG
25 %
Streubesitz
75 %
40 %
RAG
Beteiligungs AG
Shell AG
40 %
50 %
Steirische
Gas Wärme
GmbH
E.On
Begas
10 %
OMV Erdgas
100 %
51 %
49 %
BegasGemeindeanteilsverwaltung AG
Energie Graz
GmbH
OMV
Grazer Stadtwerke
Energieholding AG
45,4 %
19,6 %
35 %
0,01 %
Stadt
Eisenstadt
99,46 %
Stadt
Graz
0,09 %
APC
Stadt
Klagenfurt
2%
Quelle: E-Control
100 %
Istrabenz
IPIC
ÖIAG
Abbildung 25
■ öffentliche Beteiligung ■ österreichische Beteiligung ■ ausländische Beteiligung ■ Strom ■ Gas ■
■ Strom + Gas
Land
Vorarlberg
WEG
A u s t r i a
4,5 %
95,5 %
e&s
Großkundenvertrieb
Vorarlberg
Illwerke AG
96,6 %
Stadtwerke
Klagenfurt AG
33,3 %
Stadt
Klagenfurt
100 %
Vorarlberger
Gemeinden
Streubesitz
66,7 %
0,2 %
3,2 %
17 %
Linz AG
Strom
10 %
VKW
75 % - 1 Aktie
100 %
10,02 %
6,36 %
Wien
Energie
>5%
Linz AG
10 %
Energie AG
OÖ
Salzburg
AG
100 %
31,31 %
100 %
49 %
Burgenland
Holding AG
Land
Oberösterreich
Wiener
Stadtwerke
Holding AG
Linz AG Gas
Wärme
Stadt
Salzburg
Land
Salzburg
0,22 %
10 %
Streubesitz
26,13 %
100 %
Energie OÖ Serviceund BeteiligungsverwaltungsgmH
100 %
Stadt Wien
77
42,56 %
10 %
15,7 %
15,7 %
Ruhrgas AG
0,45 %
2,6 %
75,1 %
Econgas
15,55 %
OÖ
Ferngas AG
50 %
24,9 %
Terragas
50 %
21,18 %
68,23 %
Ferngas
Beteiligungs AG
EWW
100%
Stadt Wels
10,59 %
18 %
51 %
VEG
53 %
49 %
Streubesitz
Österreich: 18,4 %
USA: 12 %, UK: 10 %,
restl. Europa: 5 %
28,7 %
Wels Strom
GmbH
Städte und
Gemeinden
0,3 %
Streubesitz
78
Markt zu reagieren. Neben Übernahmen von –
und verstärkten Beteiligungen an – steiermärkischen Regionalversorgern, der Zusammenführung von Steweag und STEG und der Einbringung der Erzeugungsanlagen in die Erzeugungsunternehmen AHP und ATP des Verbund, versuchte der Konzern durch Geschäfte mehr
oder weniger entfernt vom direkten Energiegeschäft Einkommen zu erwirtschaften. Zu den
branchenfremden Aktivitäten zählen u.a.Anteile
an der Tiefgarage in Graz, am Cargo-Center
Graz, an der Fluglinie Styrian Spirit und an der
Therme Ottendorf. Im Frühjahr 2004 wurde
von einem neuen Management die Abgabe der
„nicht zum Kerngeschäft zählenden“ Beteiligungen beschlossen.
Der drittgrößte deutsche Energiekonzern
EnBW fuhr im Jahr 2003 einen Rekordverlust
ein. Einige Geschäftsbereiche, wie Energieund Umweltdienstleistungen – und hier maßgeblich die thermische Entsorgung –, die Beteiligungen an der Parkhaus-Gesellschaft APCOA
und am Gebäudereiniger Gegenbauer-Bosse sowie die Beteiligung an der Salamander-Gruppe
(Schuhbranche), haben den Konzern schwer
belastet. Der Konzern umfasste zuletzt insgesamt 395 Gesellschaften. Seither versucht das
Management, neben drastischen Einsparungen
im Personalbereich, durch den selektiven Rückzug des Konzerns insbesondere aus branchenfremden Beteiligungen das Konzernergebnis
zu verbessern.
Im April des laufenden Jahres verkaufte der Verbund 74,9 % seiner Tochterfirma Verbundplan
und 95,19 % der Anteile an der tschechischen
Tochtergesellschaft Aquatis a.s. an die internationale Engineering-Gruppe Jaakko Pöyry. Die
Verbundplan-Gruppe ist ein Engineering mit
Schwerpunkten in den Bereichen Energie,Verkehrs- und Infrastruktursysteme, Prüf- und
Messtechnik sowie Wasser- und Umwelttechnik. Der Verkauf galt als konsequenter weiterer
Schritt des Verbund, sich auf sein Kerngeschäft
zu konzentrieren.
Strategisches Verhalten der heimischen Stromunternehmen im Ausland
Betrachtet man die strategische Zielsetzung der
meisten etablierten Unternehmen, so suchen
diese nicht am heimischen Markt, sondern im
Auslandsgeschäft nach neuen Wachstumspotenzialen. Zwar haben die westlichen Landesversorgungsunternehmen bereits vor der Liberalisierung auf Basis von Langzeitverträgen mit
deutschen Unternehmen kooperiert, doch in
jüngster Zeit geben Elektrizitätsunternehmen
oder deren Muttergesellschaften ein verstärktes Engagement im Ausland als deklariertes Ziel
ihrer Unternehmensstrategien an. Die Kooperationen mit Deutschland setzen sich fort. Beispielsweise baut die Vorarlberger Illwerke AG
zusammen mit der deutschen EnBW Wasserkraftwerke. Die primären Zielgebiete sind jedoch die südlichen und osteuropäischen Nachbarländer Österreichs, wobei Italien aufgrund
der dort erzielbaren hohen Strompreise und
die osteuropäischen Länder wegen ihrer hohen
Wachstumspotenziale attraktive Märkte sind.
Die Expansionstätigkeiten beschränken sich
nicht nur auf das Stromgeschäft, sondern umfassen den gesamten Ver- und Entsorgungsbereich.
Auch international lässt sich beobachten, dass
einige große europäische Energieversorgungsunternehmen sich wieder aus branchenfremden
Aufgabenbereichen zurückziehen. E.On nähert
sich heuer dem Abschluss einer mehrjährigen
Serie von Firmenverkäufen außerhalb des Kerngeschäfts mit Strom und Erdgas. Deutschlands
größter Energiekonzern E.On befindet sich seither wieder in der Gewinnzone und ist seinem
schärfsten Konkurrenten, dem RWE-Konzern,
wieder dicht auf den Fersen. Im Kerngeschäft
Energie wurde für das Jahr 2004 zu Redaktionsschluss prozentual noch ein zweistelliger Ergebniszuwachs angegeben.
In den osteuropäischen Ländern verläuft das
Engagement im Stromgeschäft wegen der politisch hoch sensiblen Verbreitung von Atomkraftwerksunternehmen eher verhalten. Die Energie
AG hat sich in den vergangenen Jahren an drei
regionalen tschechischen Energieversorgungsunternehmen beteiligt. Im Frühjahr 2003 verkaufte das Unternehmen im Auftrag ihres Eigentümers Land Oberösterreich die bestehenden Beteiligungen an die deutsche E.On Energie. Die Energie AG versucht seither, sich
in Tschechien neu zu positionieren und künftig
verstärkt in den Bereichen Umwelt,Wärmecontracting, erneuerbare Energien und Kleinwasserkraft – fernab der sensiblen Atomstromthematik – zu engagieren. Im November 2003
stieg die Energie AG mit dem Kauf zweier Wassergesellschaften in den tschechischen Wassermarkt ein. Die Expansionstätigkeiten setzten
sich im heurigen Frühjahr mit der Übernahme
der Abfallwirtschaftsaktivitäten der deutschen
RWE Umwelt AG in Tschechien und Ungarn fort.
Im Juli 2004 errichtete die Energie AG eine
Niederlassung in Budweis (Energie AG Bohemia),
die in Zukunft alle Tschechien-Aktivitäten des
Konzernbereiches Energie wahrnehmen wird.
Gründe für die Orientierung vor allem der
deutschen (E.On, RWE), aber auch der österreichischen Energieunternehmen (u.a. auch OMV)
auf die mittel- und osteuropäischen Energiemärkte sind u.a.:
R nach wie vor hohe Kostensenkungspotenziale der dortigen Unternehmen und dadurch langfristig die Möglichkeit, Gewinne
zu erzielen,
R die noch nicht vollständig geöffneten
Energiemärkte und die Möglichkeit, die
beherrschende Stellung auf diesen Märkten
auszunützen („Early mover“-Vorteile) und
R die Nähe zu den eigenen Märkten
(Deutschland und Österreich).
Die strategische Ausrichtung der EVN hat, laut
der Investoreninformation zur Kapitalerhöhung
im Juli 2004, mittelfristig ebenfalls verstärktes
Engagement in mittel- und osteuropäischen
Ländern als Hauptziel. Demnach plant die EVN
in jene Länder zu expandieren, welche die Möglichkeit für die EVN-Gruppe bieten, ihre Energie-,Wasser- und thermischen Abfallverwertungsservices gemeinsam erfolgreich zu
vermarkten. Das Unternehmen plant daher –
durch Übernahmen oder Direktinvestitionen –
weiterhin die Chancen im Kerngeschäft Energie,
aber auch im Wachstumsmarkt der Wasser- und
thermischen Abfallverwertung in ausgewählten
Märkten Mittel- und Osteuropas zu nutzen. Die
EVN erhielt heuer bereits Aufträge für den Bau
einer Müllverbrennungsanlage in Moskau und
einer Kläranlage in Zagreb. Die Müllverbrennungsanlage in Moskau wird nach dem Vorbild
der seit Jahresbeginn 2004 in Betrieb befindlichen thermischen Abfallbehandlungsanlage der
AVN in Zwentendorf/Dürnrohr (Niederösterreich) gebaut. Der entstehende Dampf wird
auch zur Stromerzeugung verwendet werden.
Bereits im Sommer des Vorjahres erwarb die
EVN 100 % der WTE Wassertechnik GmbH,
einem Dienstleister in 11 europäischen Ländern
auf dem Gebiet der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung, von der Berliner Wasser Service
GmbH. Über die WTE betreibt die EVN in Moskau bereits zwei Abwasserentsorgungsanlagen
und errichtet derzeit eine Trinkwasseraufbereitungsanlage für die Stadt.Als Erdgasversorger
ist die EVN in Westungarn tätig. In Bulgarien
möchte die EVN ins Stromgeschäft einsteigen.
In einem Bieterverfahren wurden 67 % von sieben Stromverteilunternehmen in drei Paketen
zum Verkauf angeboten. Die EVN wurde einer
der drei Bestbieter. Der Abschluss der Verhandlungen über die Frage, welches der drei Pakete
zu welchen Bedingungen verkauft wird, wird für
Herbst 2004 erwartet.
79
Die Bewag treibt den Bau von Windkraftwerken nicht nur innerhalb Österreichs voran, sondern plant laut Pressemeldungen um e 100 Mio.
Windparkbau in Osteuropa. Zum Vergleich wurden im Jahr 2003 in Gesamtösterreich rd. e 300
Mio. in Windkraftwerke (davon Bewag rd. e 200
Mio.) investiert. Die Bewag ist in Tschechien und
Kroatien bereits über die 100-%-Tochter Austrian Wind Power GmbH vertreten, in Ungarn und
der Slowakei ist laut Presseaussendung der Bewag ein Markteinstieg in Vorbereitung.
80
Italien zählt laut Verbund zu den interessantesten Strommärkten in Europa, da das Strompreisniveau erheblich über jenem aller anderen
EU-Staaten liegt. Die italienischen Stromgroßhandelspreise liegen um rd. 50 % über dem EUDurchschnitt und sogar um rd. zwei Drittel
über dem österreichischen Preisniveau. Die Ursachen dafür sind knappe Leitungskapazitäten
und eine zu geringe inländische Stromerzeugung, die den Strombedarf nicht decken kann.
Die Stromimporte Italiens betrugen im Jahr
2003 51 TWh, was beinahe der Gesamtproduktion aller österreichischen Elektrizitätsunternehmen entspricht. Der Verbund hat deshalb
seine Aktivitäten im italienischen Strommarkt
weiter ausgebaut und seine Beteiligung am Joint
Venture Energia SpA durch eine Kapitalerhöhung im Ausmaß von e 150 Mio. von 26,6 % auf
37,5 % erhöht. Die Mehrheit an Energia SpA
hält die Mailänder Industriegruppe CIR. Das
Unternehmen plant bis 2007 drei Gaskraftwerke mit einer Leistung von je 760 MW zu errichten und wird zusätzlich über Produktionsmengen aus drei Kraftwerken, die von der italienischen ENEL erworben wurden, verfügen. Insgesamt wird die Energia in Italien bis 2007 über
rd. 23 TWh Strom aus eigener Produktion verfügen, was rd. drei Viertel der Stromproduktion
des Verbund in Österreich entspricht. (VerbundGesamterzeugung 2003: rd. 28 TWh). Die Energia SpA wurde vor fünf Jahren gegründet und
zählt nunmehr in Italien zu den fünf größten
Elektrizitäts- und Erdgasunternehmen.
Im Auslandsmarkt tritt der Verbund neben
Italien vor allem in Deutschland, aber auch in
Slowenien und Frankreich am Großkundenmarkt auf. In Deutschland werden vor allem
Stadtwerke beliefert, in den anderen Ländern
hat sich der Verbund auf Industriekunden
konzentriert.
Auch der Verbund versucht bei seiner Expansionsstrategie, den sensiblen Atomstrombereich
zu umschiffen. So gab der Verbund im Sommer
2004 ein verbindliches Angebot für den größten
slowakischen Stromerzeuger Slovenske elektrarne a.s. (SE) ab, das neben den Atomkraftwerken Jaslovské Bohunice und Mochovce zwei
Wärmekraftwerke und 34 Wasserkraftwerke
betreibt. Das Angebot des Verbund wurde exklusive des nuklearen Teils von SE gelegt. Der
Verbund erklärte in diesem Zusammenhang definitiv, nicht in Kernkraft investieren zu wollen.
Bereits vor 10 Jahren, beim Vorhaben, die Verbindungsleitung zwischen Wien-Bisamberg und
Bratislava-Stupava zu errichten, stieß der Verbund auf großen öffentlichen Widerstand,
da verstärkt Atomstromimporte befürchtet
wurden. Das Projekt wurde bis heute nicht
realisiert.
Neben den beiden Atomkraftwerken betreibt
die SE zwei Wärmekraftwerke und 34 Wasserkraftwerke. 2003 erzielte das Unternehmen einen Nettogewinn von 1,31 Mrd. Kronen (e 32,9
Mio.) bei einem Umsatz von 47,71 Mrd. Kronen.
80 % des in der Slowakei erzeugten Stroms entfallen auf die SE.
Der Verbund erwägt – auch aufgrund der langwierigen Bewilligungsverfahren in Österreich –,
Kraftwerksstandorte im benachbarten Ausland
zu suchen, aber auch ursprünglich für das Inland
geplante Projekte über die Grenzen zu verlegen.
So gilt beispielsweise Slowenien als interessanter
Standort, da die Genehmigungsverfahren vermutlich kürzer sowie die erzielbaren Margen höher sind. Bei Bedarf kann Strom von Slowenien
nach Südösterreich geliefert werden, was in Anbetracht der fehlenden innerösterreichischen
380-kV-Verbindungsleitung von Vorteil ist.
Auch die Tiwag betreibt eine sehr expansive
Absatzpolitik in Italien.Aus diesem Grund und
wegen der spezifischen Rechtslage in Italien
wurde im Mai 2003 die Tochtergesellschaft
Tiwag Italia Srl mit Sitz in Bozen gegründet.
Die Firma fungiert als Verkäufer der Produkte
und Dienstleisungen der Tiroler Wasserkraft
in Italien und ist für die Betreuung der Kunden
verantwortlich.Tiwag Italia Srl ist mittlerweile
sechstgrößter Stromimporteur in Italien. Gemeinsam mit der Südtiroler Elektrizitäts-Aktiengesellschaft (SEL) wurde im Jänner 2003
die SELTRADE AG, ein reiner Stromhändler,
ebenfalls mit Sitz in Bozen, gegründet. Die TIWAG Tiroler Wasserkraft AG hält an der SELTRADE einen Anteil von 9 %.
Die Salzburg AG hat im Frühjahr 2003 gemeinsam mit der VA Intertrading (Handelstochter
von voestalpine,VA Tech, Raiffeisen Landesbank
OÖ) und dem russischen Stromkonzern RAO
„UES of Russia“ den Stromhändler Terrawatt
gegründet. Die Unternehmen sind zu jeweils
einem Drittel an Terrawatt beteiligt.
Ausländische Unternehmen in Österreich
Neben den regionalen und überregionalen Zusammenschlüssen kam es in den letzten Jahren
auch zu ausländischen Beteiligungen an österreichischen Unternehmen, wobei die Beteiligungen vorwiegend aufgrund des 2.Verstaatlichungsgesetzes42 Minderheitsbeteiligungen darstellen. Im Gegensatz zu anderen europäischen
Strommärkten kann daher in Österreich
weiterhin von einer mehrheitlich im österreichischen Besitz befindlichen Stromwirtschaft
gesprochen werden.
Neben dem deutschen Energieunternehmen
RWE (indirekte Beteiligung von rd. 31 % an der
Kelag) hält EdF bzw. deren Tochterunternehmen
42
zum 2.Verstaatlichungsgesetz siehe Fußnote 17
EnBW Beteiligungen an verschiedenen österreichischen Stromunternehmen. So hält die EdF
eine 25%ige Beteiligung an der Estag (Holdingunternehmen der Steweag-Steg GmbH), die
EnBW zumindest 6 % am Verbund sowie nach
einer Erhöhung der Anteile inzwischen mehr als
10 % an der EVN AG. Die Vermutung, dass die
EdF ihren indirekten Anteil an der EVN auf
mehr als 35 % erhöhen könnte, hat sich nicht
bewahrheitet. Die Estag hat ihre Anteile an der
EVN von rd. 20 % auf unter 5 % reduziert. Die
über die Energie-Contracting Steyr GmbH
gehaltenen EVN-Anteile der Energie AG, an denen die Estag Vorkaufsrechte hatte, wurden im
August 2003 an die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich verkauft. Damit ist die EdF indirekt
über die Estag mit weniger als 5 % an der EVN
AG beteiligt. Die EVN AG befindet sich nunmehr
mit bis zu 34 % im Streubesitz. Zwischen deutschen Unternehmen und der Tiwag (E.On), der
VKW und der Vorarlberger Illwerke (jeweils
EnBW) bestehen darüber hinaus bereits seit
Jahrzehnten enge Vertragsbeziehungen im Erzeugungsbereich.
Damit sind zwar vereinzelt ausländische Unternehmen an österreichischen Unternehmen beteiligt, jedoch sind ausländische Unternehmen
kaum direkt am Markt aufgetreten.Am Strommarkt ist ausschließlich das deutsche Unternehmen EnBW über eine eigene Niederlassung in
Österreich tätig. Die EnBW hat laut Pressemitteilung ihr engagiertes Ziel, allen österreichischen Unternehmen ein Alternative zu bieten,
aufgrund der ihres Erachtens überhöhten Netztarife, verworfen. Die EnBW fokussiert ihre
Geschäftstätigkeit auf Industrieunternehmen
sowie ausgewählte Ketten und Dienstleister.
Mit dem 100 %-igen Verkauf der APC (Austrian
Power Vertriebs GmbH) an den slowenischen
Konzern Istrabenz, welcher im Zusammenschlussverfahren zur Energie Austria die Schlüsselauflage darstellte, gelangte ein völlig neues
Unternehmen als Energielieferant auf den
81
österreichischen Markt. Gleichzeitig mit dem
Verkauf der APC an die Istrabenz wurde ein
langjähriger (4,5 Jahre) Liefervertrag zwischen
Verbund und Istrabenz abgeschlossen, dessen
Konditionen gemäß den Zusagen nicht schlechter sein dürfen als für die an der Energie Austria
beteiligten Unternehmen.Weiters wurde vereinbart, dass der Verbund gemäß den Forderungen der EU-Wettbewerbsbehörde nicht aktiv in
Konkurrenz zur APC treten wird. Indirekt ist
der Verbund nunmehr ohnehin über die im Zuge der Energie Austria gegründeten Gemeinschaftsunternehmen „e&s neu“ am Großkundenmarkt vertreten.
82
Die APC hat laut Medienberichten 5.300 Kunden
und im Jahr 2003 einen geschätzten Umsatz von
e 80 Mio. erwirtschaftet und verkauft jährlich
3.000 GWh an österreichische Geschäftskunden.
Die APC hat in ihrem Kundensegement laut eigenen Angaben einen Markanteil von 14 %. Mit
dem Kauf sichert sich Istrabenz eine Ausgangsposition am österreichischen Großkundenmarkt. Neben dem Ausbau der Marktanteile
im österreichischen Strommarkt plant die Istrabenz, wie auch die österreichischen Unternehmen, als weiteres Ziel, sich auf den Strommärkten in Zentral- und Südosteuropa als namhafter
Anbieter zu positionieren.
Inwieweit der Wettbewerb, der bislang primär
innerösterreichisch stattfand und durch die Verwirklichung der Energie Austria potenziell geschwächt wird, durch das Auftreten der Istrabenz neuen Schwung erhält, bleibt abzuwarten.
Strategisches Verhalten von Erdgasunternehmen
Trotz deregulierter Erdgasmärkte auf Basis der
EU-Gasdirektiven ist der europäische Erdgasmarkt in eine Vielzahl von nationalen und regionalen Teilmärkten unterteilt, in denen nach wie
vor meist die etablierten Unternehmen als
quasi Angebotsmonopolisten Endkunden versorgen. Durch die langfristige Bindung über
Take-or-Pay-Verträge – rd. 95 % des Erdgasver-
brauchs werden über TOP-Verträge mit einer
Laufzeit von zumindest 25 Jahren abgedeckt –,
eine Vielzahl von nationalen Einzelregelungen
und eine hohe Konzentration im UpstreamBereich wird das Entstehen von regionalen
Märkten behindert.
Selbst die Zerteilung eines nationalen Marktes
ist in Österreich der Fall. Durch die fehlenden
Leitungsverbindungen zwischen Salzburg und
Tirol sowie Tirol und Vorarlberg ist der österreichische Erdgasmarkt in drei Teilmärkte
(Regelzonen) gesplittet. Der größte regionale
Markt in Österreich erstreckt sich auf die
Regelzone Ost (alle Bundesländer mit Ausnahme von Tirol und Vorarlberg). Jedoch liegt die
Marktkonzentration in allen sachlich relevanten
Märkten in der Regelzone Ost deutlich über
den kritischen Werten (Näheres dazu siehe Kapitel Konzentration des österreichischen Erdgasmarkts).Auch in Österreich wird der Großteil des Erdgasverbrauchs über langfristige TOPVerträge abgedeckt (vorwiegend aus Russland),
wobei die OMV Erdgas Hauptimporteur ist und
die regionalen Weiterverteiler (Landesgesellschaften) beliefert und gemeinsam mit der
Energie Allianz als Mitbewerber am Endkundenmarkt auftritt.
Strategisches Verhalten der heimischen Erdgasunternehmen in Österreich
Der österreichische Erdgasmarkt ist durch ein
hohes Transitvolumen gekennzeichnet. Nur etwa ein Viertel des nach Österreich gelieferten
Erdgases bleibt im Land. Die restliche Menge
wird nach Deutschland und Italien geliefert. Das
Marktvolumen des österreichischen Marktes
umfasste 2003 rd. 8,9 Mrd. m3. Der Endkundenmarkt ist dabei in zwei Segmente unterteilt:
R Belieferung von Endkunden ab 500.000 m3/
Jahr oder 5 Mio. kWh (Industriekunden),
R Belieferung von Endkunden bis 500.000 m3/
Jahr (Haushalte, Gewerbe- und kleine
Industriekunden).
Bei der Belieferung von großen Industriekunden
ab 500.000 m3/Jahr ist Econgas größter Anbieter. Wesentliche Wettbewerber der Econgas
sind Terragas GmbH und die Steirische Gas
Wärme. Daneben bietet auch die Kelag Erdgas
in diesem Segment an.
Mit CE Oil and Gas Trading hat sich über das
Gas-Release-Programm ein weiterer Erdgaslieferant im Marktsegment der großen Industriekunden etabliert.
Zur deutlichen Dominanz der Econgas versuchen die anderen Erdgasanbieter ein Gegengewicht zu erzeugen. So arbeiten Salzburg AG und
Ruhrgas Austria AG im Großkundengeschäft
seit Oktober 2003 zusammen. Salzburg AG hat
dabei ihr Großkundengeschäft in die Terragas
(rd. 8 Großkunden) eingebracht und dafür einen
Anteil von 24,9 % erhalten. Das Joint Venture
wurde auch explizit als Gegengewicht zu Econgas angekündigt.
Die Steirische Gas Wärme hat sich zu 80 % an
der Gas Alive GmbH beteiligt, einer Dienstleistungsgesellschaft für Industrie- und Gewerbekunden (z.B. Strukturierungsangebote), die auch
mit anderen Erdgashändlern zusammenarbeitet.
Neue ausländische Erdgasanbieter sind nicht auf
den Markt gekommen. Damit sind ausländische
Unternehmen weiterhin vor allem über Beteiligungen (GDF/EDF, RWE, E.On Ruhrgas) auf dem
österreichischen Markt tätig. Daraus lässt sich ableiten, dass es für ausländische Unternehmen
nach wie vor günstiger ist, über Beteiligungen als
direkt in den österreichischen Markt einzutreten.
Im Haushaltskundenbereich hat die Energie Allianz den größten Marktanteil, wobei die Belieferung und die Angebotsstellung über die regionalen Vertriebsgesellschaften der Wiengas, Begas,
Oberösterreichische Ferngas, EVN AG und Linz
AG erfolgt. Daneben sind Steirische Gas Wärme, MyElectric, Kelag und Unsere Wasserkraft
als Anbieter in der gesamten Regelzone Ost tätig. In den anderen beiden Regelzonen haben
die vormaligen Gebietsmonopolisten weiterhin
ihre dominante Marktstellung mit Marktanteilen
von nahezu 100 %.
Strategisches Verhalten der heimischen
Erdgasunternehmen im Ausland
Econgas und RAG sind bereits in Italien und
Deutschland als Anbieter tätig. Econgas plant
auch in Zukunft, diesen Geschäftsbereich auszuweiten. Gewinne aus den ausländischen Märkten können zudem die Marktposition am heimischen Markt stärken. Jedoch hat ein am heimischen Markt beherrschendes Unternehmen (nationaler Champion) auch die Möglichkeit, die
Expansion auf ausländischen Märkten auf
Kosten der heimischen Kunden zu finanzieren,
was zu einer Wohlfahrtsverschiebung zu Gunsten des Unternehmens oder der ausländischen
Konsumenten führt.
Tigas, ein Tochterunternehmen des Stromunternehmens Tiwag, konzentriert ihre Expansionstätigkeit vorwiegend auf angrenzende Regionen.
So hat die Tigas die beiden Südtiroler Erdgasgesellschaften Südgas und Energas übernommen.
Weiters hält die Tigas 30 % an der Selgas, die
ebenfalls in Südtirol tätig ist, wobei in Zukunft
eine engere Zusammenarbeit geplant ist. Die Investitionstätigkeit der Tiwag im Strombereich
unterstreicht die Bestrebungen der Tiroler Landesgesellschaft (Tigas ist im 99,79 %igen Besitz
der Tiwag), am Südtiroler Markt Fuß zu fassen.
Strategisches Verhalten von
Strom- und Erdgasunternehmen
Mit den Zusammenschlüssen zur Energie
Austria, die voraussichtlich am 1. Oktober 2004
ihre operative Tätigkeit aufnehmen wird, und
zur Econgas entstand durch die Beteiligung der
Energie Allianz an beiden Unternehmen ein quasi vertikal integriertes Strom- und Erdgasunternehmen. Einige beteiligte Unternehmen sind zusätzlich noch in anderen Bereichen tätig, die sowohl die vertikale als auch horizontale Integration der Strom- und Erdgasbereiche stärken.
83
84
Wie Abbildung 26 zeigt, sind die an den beiden
Großfusionen beteiligten Unternehmen in beiden Märkten auf allen Marktstufen vertreten und
nehmen jeweils eine marktbeherrschende Stellung ein (siehe Kapitel Marktkonzentration im
Strom- und Erdgasmarkt). Der Zusammenschluss
hat jedoch jeweils nur auf Handelsebene und im
Großkundenvertrieb stattgefunden.Weder ist eine
Fusion der beteiligten Unternehmen noch ein
Zusammenschluss der Netzbereiche kurz- und
mittelfristig vorgesehen. Im Rahmen des Zusammenschlusses haben sich Verbund und OMV Gas
verpflichtet, nicht mehr am Endkundenmarkt tätig zu sein, wodurch zwei potenzielle Konkurrenten zur Energie Allianz weggefallen sind.
Neben den Zusammenschlüssen zur Econgas
und Energie Austria sind der Verbund, die EVN,
die Energie AG – z.T. indirekt – an anderen österreichischen Landesgesellschaften mit nicht
unbeträchtlichen Anteilen beteiligt. Zwar besteht im Zuge des Zusammenschlusses zur
Energie Austria die Verpflichtung, auf einen Einfluss an den Beteiligungen (u.a. über Verzicht
der Ausübung der Stimmrechte) zu verzichten,
eine Verpflichtung zur Abgabe dieser Beteiligungen besteht jedoch nicht. Der Verzicht der
Stimmrechte bzw. wesentlicher Einflussrechte
ist nur bis Ende 2007 begrenzt. D.h., dass neben
einer bereits dominanten Marktposition auf beiden Märkten mittelfristig weitere Einflussmöglichkeiten auf Wettbewerber bestehen. Zusätzlich zeigt der Verbund seit geraumer Zeit vermehrtes Interesse an weiteren Anteilen von
Mitbewerbern (u.a. Estag).
Durch die Verbindung der Unternehmensbereiche Strom und Erdgas entstehen neben den dominanten Positionen der Unternehmen in den
jeweiligen Märkten zusätzliche Möglichkeiten
zum Marktmachtmissbrauch.Wesentlich betroffen sind dabei zwei Bereiche:
R Beeinflussung des Erdgaspreisniveaus für jene
Unternehmen, die in der Stromerzeugung
tätig sind (OMV Gas als Hauptimporteur),
R marktbeherrschende Stellung in jenen
Teilmärkten, die für einen funktionierenden
Strommarkt notwendig sind (z.B. Gaskraftwerke,Ausgleichsenergiemarkt).
Der erste Punkt bezieht sich auf die Möglichkeit
des dominanten Unternehmens (hier Econgas
z.T. auch über die Muttergesellschaft OMV Gas),
die Preise für Erdgas zu erhöhen, aber auch eine
Preisdifferenzierung zwischen eigenen Erzeugungseinheiten und Erzeugungseinheiten anderer
Marktteilnehmer vorzunehmen. Zudem haben
R Nationale Champions im Strom- und Erdgasbereich in Österreich
Abbildung 26
■ Strom ■ Gas
RAG
30 % (indirekt)
Belieferung von
Kleinkunden,Verteilung, Erzeugung
Bewag-Begas
Großkundenvertrieb, Handel
APT
Verteilung,
Erzeugung,
Förderung
EVN
e&t
Wien Energie
e&s neu
Verbund
35,12 %
Kelag
Quelle: E-Control
Salzburg AG
26,13 % (indirekt)
Linz AG
Energie AG
Energie Allianz Austria*)
OÖ Ferngas
Econgas
OMV
34,57 %
Stewag-Steg
*) Retailvertrieb
die Unternehmen die Möglichkeit, entweder im
Erdgasbereich im Upstream-Markt Gewinne zu
erzielen oder im Strombereich im DownstreamMarkt. Dies könnte dazu führen, dass (ausländische) Unternehmen daran gehindert werden, als
Erzeuger in den österreichischen Markt einzutreten. Dadurch sind die Kosten für die Konsumenten höher als sie im Wettbewerb wären, was zu
einer Verschiebung der Rente zugunsten des vertikalen Unternehmens führt. Der zweite Bereich,
in dem das integrierte Unternehmen die Möglichkeit der Marktbeeinflussung hat, betrifft den
Speichermarkt und den Ausgleichsenergiemarkt.
Selbst wenn die anderen Erdgasunternehmen die
Möglichkeit haben, langfristige Verträge direkt mit
dem Produzenten abzuschließen, hat das dominierende Unternehmen die potenzielle Möglichkeit, als Speicherbetreiber und Hauptanbieter am
Ausgleichsenergiemarkt für Erdgas die marktbeherrschende Stellung auszunützen. Eine Untersuchung der E-Control über mögliche Konvergenzen der Ausgleichsenergiemärkte für Strom
und Erdgas in Österreich zeigt jedoch, dass der-
zeit kein nachweislicher Zusammenhang der
Preis- oder Mengenentwicklung am österreichischen Markt vorliegt.
Um Kostenvorteile als Verbundunternehmen
im Downstream-Bereich zu nutzen, lagern die
Unternehmen Customer-care-Aktivitäten für
Privat- und Gewerbeunternehmen aus bzw.
bauen gemeinsame Kundencenter auf (Bsp.
Kundenzentrum der Wienenergie für die Bereiche Strom, Erdgas und Fernwärme). Dabei wird
ein gemeinsamer Name genutzt, der zu einem
höheren Bekanntheitsgrad und einer höheren
Kundenbindung beitragen soll.Wie Abbildung 27
zeigt, werden die Bereiche außerhalb Strom und
Erdgas für die Landesgesellschaften wichtiger
(Ausführliches siehe auch im Kapitel Strategisches Verhalten von Strom- und Erdgasunternehmen). Zu Beginn der 90er Jahre betrugen
beispielsweise die Erlöse der EVN aus Wärme,
Wasser und sonstigen Umsatzerlösen nur 4 %,
mittlerweile liegt derAnteil am Gesamtumsatz
bei 16 %.
R Umsatzerlöse nach Geschäftsbereichen – EVN
Abbildung 27
■ Stromerlöse ■ Gaserlöse ■ Wärmeerlöse ■ Wassererlöse ■ sonstige Umsatzerlöse (u.a.Telekom, Facility Management)
100 %
■3%
■1%
■8%
■2%
■3%
■ 10 %
■ 28 %
■ 37 %
■ 28 %
■ 68 %
■ 50 %
■ 56 %
■2%
■4%
80 %
60 %
40 %
20 %
0%
1991 / 92
Quelle: EVN
2001 / 02
2002 / 03
85
Marktverhalten
R
Werbeaktivitäten österreichischer Strom- und Erdgasunternehmen
Werbeausgaben sind Teil des Wirtschaftslebens.
Werbung erreicht Konsumenten u.a. über Hörfunk,TV, Plakatwerbung, in Zeitungen und Magazinen. Da überrascht es auch nicht, dass die
Werbeaktivitäten auch in der Strom- und Erdgaswirtschaft mit sehr hohen Ausgaben verbunden sind. Im Jahr 2003 haben die Werbeausgaben der Strom- und Erdgasunternehmen rd.
e 17,5 Mio. betragen (Strom rd. e 12,2 Mio.,
Erdgas rd. e 5,3 Mio.).
Mit den Werbeaktivitäten verfolgen die Unternehmen unterschiedliche Zielsetzungen. Die Literatur unterscheidet dabei zwischen drei verschiedenen Ansätzen von Werbung:43
86
1. Werbung soll Kunden überzeugen
(Änderung der Präferenzen bzw. Bindung
an das Unternehmen),
2. Werbung als Information (Verringerung
der Suchkosten),
3. Werbung als Ergänzung zum
beworbenen Produkt.
ad 1: Nach Ansicht des ersten Ansatzes zielt Werbung darauf ab, die Kundenpräferenzen zu beeinflussen, Loyalität zum Produkt aufzubauen und
sich von anderen Produkten zu unterscheiden,
wodurch die Nachfrage nach dem beworbenen
Produkt inelastischer wird.Weiters kann Werbung als Markteintrittsbarriere gesehen werden,
da u.a. Skalen- und Verbundeffekte vorliegen können (gemeinsame Werbung für mehrere Produkte). Zusätzlich stellen Werbeausgaben für neue
Unternehmen versunkene Kosten bei Marktaustritt dar. Dadurch kann Werbung wettbewerbsbeschränkend wirken, da sie keinen „wirklichen
Wert“ für Endkunden hat, sondern eine künstliche Differenzierung schafft und zu einer höheren
Konzentration des Marktes mit höheren Preisen
und Profiten für Unternehmen führt.
43
Bagwell (2003),The Economic Analysis of Advertising
ad 2:Viele Märkte sind durch unvollständige
Informationen – vor allem im Endkundenbereich – gekennzeichnet. Informationsbeschaffung kostet Geld und Zeit (Zeit = Geld), und
ein geringer Informationsstand kann zu einem
ineffizienten Marktergebnis führen. In diesem
Sinne kann Werbung als endogenes Produkt
verstanden werden, mit dem versucht wird, zu
einem durch die Verringerung der Suchkosten
effizienteren Marktergebnis zu gelangen. Nach
diesem Ansatz hat Werbung eine pro-kompetitive Wirkung, wenn Konsumenten auf Werbung
reagieren. In einem Markt mit vollkommener
Konkurrenz wären jedoch Werbemaßnahmen
nicht notwendig, da die Konsumenten vollkommen informiert sind und Werbemaßnahmen keinen Einfluss auf das Kaufverhalten bzw. die Präferenzen der Kunden haben.
ad 3: Entsprechend dem dritten Ansatz ist Werbung als Ergänzung zum beworbenen Produkt zu
sehen. Danach ändern sich durch Werbung die
Präferenzen der Kunden nicht. Informationen
können, müssen aber nicht enthalten sein. Stattdessen wird angenommen, dass die Präferenzen
der Kunden stabil sind und Werbung noch verstärkend wirkt. Beispielsweise soziales Ansehen:
Gekauft werden nur jene Produkte, die auch
entsprechend beworben werden, da über diese
das soziale Ansehen erhöht werden kann.
Im Strom- und Erdgasbereich kann der dritte
Ansatz unbeachtet gelassen werden, weder
Strom noch Erdgas werden als Prestigeprodukte gehandelt.Auch die Qualität des Produkts
unterscheidet sich bei einem Anbieterwechsel
nicht. Im Strombereich kann jedoch bei der Erzeugung eine Unterscheidung zwischen elektrischer Energie aus erneuerbaren Energieträgern
und aus fossilen Brennstoffen vorgenommen
werden, wodurch das Produkt „elektrische
Energie“ einen gewissen Qualitätsaspekt erhält.
Elektrische Energie aus erneuerbaren Energieträgern als Prestigeobjekt zu etablieren ist noch
nicht gelungen, da sich die Sichtbarmachung der
Konsumation des Produkts „Ökoenergie“ – die
zur Prestigebildung erforderlich wäre – sehr
schwierig gestaltet.
Näher zu betrachten sind somit der erste Ansatz „Werbung als Überzeugung und Bindung
von Kunden“ und der zweite Ansatz „Werbung
als Information“, wobei eine strikte Trennung
zwischen diesen beiden Ansätzen nicht vorgenommen werden kann.
Neben Preisen zählen Qualitätsaspekte zu jenen
Informationen, die der Konsument benötigt, um
eine Kaufentscheidung zu treffen. Preisinformationen werden nur selten von den Unternehmen
der Strom- und Erdgaswirtschaft im Vergleich zu
den Mobilfunkbetreibern über Werbungsmaßnahmen (u.a. über Außenwerbung, Presse) an
Endkunden weitergegeben. Diese Informationen
muss sich der Konsument über den Suchprozess
(u.a direkte Angebotseinholung, Internet – Homepages der Lieferanten,Tarifkalkulator der EControl) selbst einholen.Werbung wird jedoch
als Instrument, die Kunden über Qualitätsaspekte zu informieren, von einigen Unternehmen genützt. Dies betrifft vorwiegend Stromunternehmen, die elektrische Energie aus erneuerbaren
Energieträgern (meist Wasserkraft – oftmals als
„saubere Energie“ beworben) anbieten. Im Erdgasbereich findet diese Differenzierung aufgrund
fehlender Differenzierungsmöglichkeiten des
Produktes Erdgas nicht statt.
Ein Großteil der heimischen Unternehmen betreibt jedoch keine aktiven Marketingstrategien
zur Kundenneugewinnung.Werbung wird vorwiegend nicht als Informationsweitergabe, son-
dern zur Kundenbindung bzw. zur positiven
Darstellung des Unternehmens eingesetzt
(Image-Werbung: Bsp. umfangreiche Werbeaktivitäten des Verbund, der nicht mehr am Endkundenmarkt vertreten ist) bzw. als Warnung vor
anderen Unternehmen (Näheres dazu siehe Kapitel Haustürgeschäfte). In diesem Fall wirkt
Werbung anti-kompetitiv.Vorwiegendes Ziel ist
nicht, neue Kunden anzuwerben, sondern bestehende Kunden zu halten, was negative Auswirkungen auf die Elastizität der Nachfrage hat
(Nachfrage wird inelastischer).
Über die Produktdifferenzierung bei homogenen Gütern wie Strom und Erdgas mittels Werbung, gemeinsam mit einem bereits höheren Bekanntheitsgrad der Incumbents, werden Markteintrittsbarrieren erzeugt, die abschreckend auf
neue Marktteilnehmer wirken. Die ohnehin hohe Kundenloyalität ermöglicht den etablierten
Unternehmen, höhere Preise zu verlangen, was
zu höheren Profiten führt, ohne dass der Markteintritt neuer Unternehmen zu befürchten ist.
Ein neues Unternehmen ist mit höheren Eintrittskosten (Marketingkosten) konfrontiert als
ein Incumbent, der bereits ein erfolgreiches
Branding erreicht hat.Werbung zur Markenbildung erschwert durch einen zweiten Grund den
Markteintritt, da Werbekosten bei Marktaustritt
in der Regel versunkene Kosten darstellen.
Wie bereits erwähnt, schaffen Unternehmen
durch Werbung ein bestimmtes Image für ihr
Produkt bei den Kunden und bauen dadurch
nachhaltige Käuferpräferenzen auf. Neue Unternehmen müssen zumindest die gleichen Aufwendungen vornehmen, um den gleichen Bekanntheitsgrad zu erreichen. Die Amortisation
der Werbeausgaben bei geringem Kundenstock
wird jedoch nur mittel- bis langfristig möglich
sein.Werbung kann dadurch zu „reputational
87
monopolies“43 führen, da die daraus resultierende begrenzte Substitutionsfähigkeit der Produkte eine Eintrittsbarriere für den Neueinsteiger
bedeutet.
Werbeaktivitäten im Strombereich
Die Gesamtentwicklung der Werbeausgaben
aller Stromunternehmen in Österreich (Abbildung 28) zeigt, dass die Werbeaktivitäten im
Vergleich zu Beginn der Liberalisierung zurückgegangen sind. In den beiden darauf folgenden
Jahren waren die Werbeausgaben ähnlich hoch.
88
Neben der Gesamtsumme der Werbeausgaben
hat auch die Anzahl der werbenden Unternehmen seit Beginn der Liberalisierung weiter abgenommen. Der Anstieg der Werbeausgaben
Mitte 2003 und zu Beginn 2004 ist auf nur
wenige Unternehmen – vorwiegend als Imagewerbung u.a. im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen oder zur indirekten Beein-
flussung der politischen Meinungsbildung –
zurückzuführen.
Die Werbeaktivitäten der neuen Marktteilnehmer (neue Lieferanten sowie Vertriebsunternehmen der Landesgesellschaften) tendieren seit Ende 2002 gegen null. Zu Beginn der Liberalisierung
und auch im darauf folgenden Jahr waren die
neuen Unternehmen aktiv am Markt tätig.Ab
Dezember 2002 sind die Werbeausgaben deutlich zurückgegangen. Der Rückgang der Werbeausgaben vor allem der neuen Lieferanten deutet
auf eine Verringerung der Wettbewerbsintensität
hin, da gerade die neuen Lieferanten zu Beginn
der Liberalisierung den Wettbewerb stimuliert
haben, was u.a. auch für den deutlichen Rückgang
der Energiepreise verantwortlich war.Abgeleitet
kann daraus werden, dass die Werbewirksamkeit
nicht allzu groß ist und Kunden über Werbeaktivitäten nur selten zu einem Wechsel des Anbieters überzeugt werden können.
R Werbeausgaben der Stromunternehmen (gesamt) und der neuen Anbieter
Abb. 28
■ gesamte Werbeausgaben aller Stromunternehmen ■ gesamte Werbeausgaben neue Unternehmen
in e
3.500.000
3.000.000
2.500.000
2.000.000
1.500.000
1.000.000
500.000
0
Apr
Jun
Aug
Okt
2001
Dez
Quelle: Media Focus, E-Control
43
Bagwell (2003),The Economic Analysis of Advertising
Feb
Apr
Jun
Aug
Okt
2002
Dez
Feb
Apr
Jun
Aug
Okt
2003
Dez
Feb
Apr
Werden ausschließlich die Werbeausgaben der
neuen Marktteilnehmer (ohne die Vertriebstöchter der Landesgesellschaften) betrachtet,
ist die Entwicklung der Werbeaktivitäten noch
deutlicher rückläufig als nach dem ersten Jahr
der vollständigen Marktöffnung (siehe Abbildung
29). Zwar sind die gesamten Werbeausgaben
der neuen Anbieter vor dem 1. Oktober 2002
wieder leicht gestiegen, jedoch wurden die
Werbeaktivitäten danach fast vollständig eingestellt. Sowohl die Entwicklung der Werbeausgaben der neuen Anbieter als auch deren sehr geringe Marktanteile zeigen, dass eine Etablierung
am Strommarkt als neues Unternehmen
schwierig und vor allem kostenintensiv ist. Die
starke Position der Incumbents, die geringe
Wechselbereitschaft der Endkunden und der
geringe Bekanntheitsgrad der neuen Lieferanten
deuten darauf hin, dass trotz verhältnismäßig
hoher Werbeausgaben der neuen Lieferanten zu
Beginn der Liberalisierung der Markteintritt in
den österreichischen Strommarkt nur mit geringem Erfolg verbunden (geringe Wechselrate)
und nur mit einem sehr hohen Aufwand möglich
war. Da möglicherweise die Kundengewinnung
durch Werbemaßnahmen nicht den erwünschten Erfolgt gebracht hatte, haben die neuen
Lieferanten vorwiegend über Haustürgeschäfte
versucht, neue Kunden zu gewinnen. Der verstärkte Einsatz von Haustürgeschäften (ab Mitte
2002) zur Kundengewinnung geht mit dem
Rückgang der Werbeausgaben einher.Allerdings
sind im dritten Jahr der Liberalisierung von
Strom auch die Aktivitäten über Haustürgeschäfte deutlich zurückgegangen.
Eine weitere Splittung der Unternehmen nach
den Mitgliedern der Energie Austria, den restlichen Landesgesellschaften sowie den neuen
Lieferanten (inkl. der Vertriebsgesellschaften der
Landesgesellschaften) zeigt deutlich, dass die
Werbeausgaben der Energie Austria –
R Werbeausgaben der neuen Anbieter
(ohne Vertriebsfirmen der Landesgesellschaften)
Abbildung 29
in e
250.000
200.000
150.000
100.000
50.000
0
Apr
Jun
Aug
Quelle: Media Focus, E-Control
Okt
2001
Dez
Feb
Apr
Jun
Aug
Okt
2002
Dez
Feb
Apr
Jun
Aug
Okt
2003
Dez
Feb
Apr
89
auch aufgrund der Größe der Unternehmen –
am höchsten sind. Schwerpunkt der Werbeaktivitäten ist neben dem Jahrestag der Liberalisierung auch jener Zeitraum, in dem der Zusammenschluss zur Energie Austria in Brüssel
durch die Kommission beurteilt wurde (Frühjahr
2003). Bei der Betrachtung der restlichen Landesgesellschaften und auch der neuen Marktteilnehmer ist erkennbar, dass die Werbeaktivitäten
nach der vollständigen Liberalisierung des Strommarktes deutlich zurückgegangen sind.
Lediglich um den Oktober 2003 sind die Werbeausgaben bei den restlichen Landesgesellschaften angestiegen. Die Werbeausgaben bei
den neuen Marktteilnehmern blieben hingegen
im Oktober 2003 konstant niedrig.
90
Generell kann am Markt beobachtet werden,
dass die großen Unternehmen (darunter auch
die Unternehmen der Energie Austria) primär
Image-Werbung betreiben (u.a.Ankündigung
der österreichischen Stromlösung; heimische,
„saubere“ Wasserkraft;Werbung des Verbund,
der nicht im Endkundenmarkt auftritt). Diese
strategischen Maßnahmen führen, wie eingangs
im Kapitel beschrieben, zu höheren Markteintrittsbarrieren für neue Marktteilnehmer, zu
einer geringeren Nachfrageelastizität und zu
einer niedrigeren Wettbewerbsintensität.
Werbeaktivitäten im Erdgasbereich
Wie im Strombereich zeigt auch die Entwicklung der gesamten Werbeausgaben im Erdgasbereich jeweils deutliche Spitzen zum Liberalisierungsjahrestag. Bereits zum Zeitpunkt der
Liberalisierung des Strommarktes haben die
Unternehmen die Werbeaktivitäten intensiviert.
Zwischen Oktober 2001 und 2002 sowie Oktober 2002 und 2003 sind die Werbeausgaben
R Werbeausgaben der Unternehmen der Energie Austria,
der restlichen Landesgesellschaften und der neuen Anbieter
in e
Quelle: Media Focus, E-Control
Abbildung 30
■ Energie Austria ■ neue Lieferanten ■ restl. Landesgesellschaften
in einigen Monaten stark angestiegen. Diese
Spitzen sind jedoch vorwiegend den Unternehmen der Econgas zuzuordnen.
zur Liberalisierung des Erdgasmarktes und zum
ersten Jahrestag nach der Liberalisierung die
Werbeaktivitäten erhöht. Insgesamt
liegen die Werbeausgaben jedoch bei den restlichen Landesgesellschaften auf einem sehr
niedrigen Niveau.
Abbildung 32 zeigt die Entwicklung der Werbeausgaben der Unternehmen der Econgas im Vergleich zu den restlichen Landesgesellschaften.
Die an der Econgas beteiligten Unternehmen
haben sowohl zur Liberalisierung im Oktober
2002 und 2003 als auch im Zeitraum der Gründung der Econgas die Werbung intensiviert.
Der Einsatz der Werbung dient auch hier vorwiegend als Image-Werbung und weniger als
„Werbung zur Information“ (z.B. durch Preisoder Qualitätsangaben).Wie auch im Strombereich wirkt Werbung anti-kompetitiv und erhöht durch Beeinflussung der Präferenzen den
Bindungsgrad der Kunden und führt zu einer
Verringerung der Nachfrageelastizität. Die restlichen Landesgesellschaften haben vorwiegend
Vergleich der Werbeausgaben im Stromund Erdgasbereich
Der Vergleich der Werbeausgaben im Stromund Erdgasbereich zeigt auch weiterhin, dass die
Werbeausgaben im Strombereich deutlich über
jenen im Erdgasbereich liegen.Von April 2001
bis Mitte 2002 ist diese Entwicklung vorwiegend auf die um ein Jahr frühere Liberalisierung
des Strommarktes zurückzuführen. Die unterschiedliche Höhe der Werbeausgaben kann aber
sowohl auf den geringeren Wettbewerb als auch
auf die geringere Anzahl von Unternehmen im
Erdgasmarkt zurückgeführt werden.
R Werbeausgaben der Erdgasunternehmen
Abbildung 31
in e
1.400.000
1.200.000
1.000.000
800.000
600.000
400.000
200.000
0
Apr
Jun
Aug
Quelle: Media Focus, E-Control
Okt
2001
Dez
Feb
Apr
Jun
Aug
Okt
2002
Dez
Feb
Apr
Jun
Aug
Okt
2003
Dez
Feb
Apr
91
R Werbeausgaben der Unternehmen der Econgas und
Abbildung 32
der restlichen Landesgesellschaften
■ Econgas-Unternehmen ■ restl. GVU
in e
92
Quelle: Media Focus, E-Control
R Werbeausgaben der Strom- und Erdgasunternehmen im Vergleich
Abbildung 33
■ Strom gesamt ■ Gas gesamt
in e
3.500.000
3.000.000
2.500.000
2.000.000
1.500.000
1.000.000
500.000
0
Apr
Jun
Aug
Quelle: Media Focus, E-Control
Okt
2001
Dez
Feb
Apr
Jun
Aug
Okt
2002
Dez
Feb
Apr
Jun
Aug
Okt
2003
Dez
Feb
Apr
Die Strom- und Erdgasunternehmen nutzen
vorwiegend Tageszeitungen,Wochen- und Fachzeitschriften für Werbezwecke.Außenwerbung
(Plakatwerbung) wird ebenfalls von einem
Großteil der Unternehmen verwendet. Der Einsatz von Außenwerbung ist im Strombereich im
Verlauf eher konstant, mit leichten Spitzen zum
Jahrestag der Liberalisierung. Im Erdgasbereich
wird Außenwerbung ebenfalls vermehrt jeweils
im Oktober eingesetzt. Im Strom- und Erdgasbereich werden Hörfunk- und TV-Werbung
meist nur zum Jahrestag der Liberalisierung
und von nur wenigen Unternehmen eingesetzt.
R Werbeausgaben im Strom- und Erdgasbereich nach Werbeträgern
Abbildung 34
■ Gas Presse total ■ Gas HF/TV ■ Gas AW ■ Strom Presse total ■ Strom HF/TV ■ Strom AW
in e
2.500.000
2.000.000
93
1.500.000
1.000.000
500.000
0
Apr
Jun
Aug
Quelle: Media Focus, E-Control
Okt
2001
Dez
Feb
Apr
Jun
Aug
Okt
2002
Dez
Feb
Apr
Jun
Aug
Okt
2003
Dez
Feb
Apr
Marktverhalten
R
Haustürgeschäfte
R Haustürgeschäfte
Neben den Werbeausgaben, die in den letzten
Quartalen mit Ausnahme von wenigen Unternehmen deutlich rückläufig waren, haben auch
die Aktivitäten über Haustürgeschäfte der Vertriebsgesellschaften und der neuen Anbieter (u.a.
Unsere Wasserkraft, MyElectric) abgenommen.
94
Für neue Marktteilnehmer sind im Kleinkundenbereich Haustürgeschäfte derzeit die effektivste Möglichkeit, neue Kunden zu gewinnen.
Einerseits können bei Haustürgeschäften alle
notwendigen Informationen für den Lieferantenwechsel direkt beim Kunden eingeholt werden, denn es gibt in Österreich keine allgemein
zugängliche Datenbank mit allen für den Wechsel notwendigen Kundendaten (u.a. Zählpunkte).Andererseits hat sich in den ersten Jahren
der Liberalisierung gezeigt, dass Werbeaktivitäten wie Plakat-, Rundfunk- und TV-Werbungen
nur geringe Wirkung auf Endkunden in Bezug
auf das Wechselverhalten haben.
Auf die Methoden der Vermarktung der neuen
Lieferanten über Haustürgeschäft haben die Incumbents vorwiegend mit Pressemeldungen,
Benachrichtigung der Kunden über Unternehmenszeitschriften bzw. direkt per Post (Werbesendungen) oder auf Hausanschlägen sowie mit
Klagen reagiert.Auf den Internetseiten der Incumbents wird meist ausführlich vor Vertriebsmitarbeitern, die an der Haustüre versuchen,
Lieferverträge abzuschließen, gewarnt („kriminelle Methoden“, „dubiose Geschäftemacher“).
So sind auf einigen Internetseiten vorgefertigte
Rücktrittsformulare als Download sowie Informationen mehrsprachig erhältlich.
Entscheidet sich ein Kunde trotzdem, den Lieferanten zu wechseln, hat dieser bei Haustürgeschäften innerhalb einer Woche die Möglichkeit,
durch schriftliche Kündigung zurückzutreten.Angemerkt muss hier allerdings werden, dass den
Klagen einiger Landesgesellschaften gegen die
Verkaufspraktiken von Mitarbeitern externer Ver-
R
Multi Utility
triebsfirmen stattgegeben wurden, da sich diese
u.a. als Mitarbeiter der Landesgesellschaften ausgegeben haben – auch dies ist selbstverständlich
aus Sicht der Regulierungsbehörde abzulehnen.
Da eine Vielzahl von Endkunden einen geringen
Informationsstand betreffend die Liberalisierung
der Energiemärkte haben (u.a.Wechselmöglichkeiten, Einsparungspotenzial), bieten Haustürgeschäfte die Möglichkeit, die Kunden aufmerksam
zu machen, dass neue Anbieter auf dem Markt
tätig sind und diese zum Teil auch günstiger anbieten. Die Incumbents selbst werden außerhalb
ihres eigenen Netzbereiches nicht bzw. nur sehr
selten am heimischen Markt aktiv tätig.Viel
mehr scheint es, dass die Incumbents eher defensiv auf die wenigen neuen Anbieter reagieren
als aktiv neue Kunden anzuwerben (siehe auch
Kapitel Werbeaktivitäten österreichischer
Strom- und Erdgasunternehmen).
R Multi Utility
Nach wie vor verfolgen die horizontal integrierten Landesgesellschaften und Stadtwerke MultiUtility-Strategien. Diese Unternehmen werden
neben den Bereichen Strom und Erdgas weiters
in den Geschäftsbereichen Fernwärmeversorgung,Abfallwirtschaft,Telekommunikation (Internet und Kabel-TV) tätig und bieten ergänzende
Serviceleistungen an. Multi-Utility-Dienstleistungen wurden einerseits in den letzten Jahren ausgebaut, andererseits haben sich Unternehmen in
unterschiedlichen Märkten zusammengeschlossen (z.B. E.On und Ruhrgas). Die Unternehmen
verfolgen dabei primär folgende Ziele:
R Bindung der Kunden an das Unternehmen,
R Nutzung von Skalen- und Verbundvorteilen
in der Erbringungen des Produktes
Energie (u.a. gemeinsames Marketing,
Kundenservice-Hotline),
R Schaffung von Markteintrittsbarrieren für
neue Marktteilnehmer durch den erzeugten
Mehrwert eines Multi-Utility-Produktes,
R Risikostreuung durch Produktdiversifikation.
Marktverhalten
R
Nachfragereaktion Endkundenmarkt
Durch Multi Utility haben die Unternehmen
auch die Möglichkeit der Quersubventionierung
der im Wettbewerb stehenden Bereiche durch
jene Bereiche, die nicht liberalisiert sind bzw.
bei denen keine oder nur geringe Substitutionsmöglichkeiten gegeben sind; dies entweder direkt durch eine höhere Bepreisung der Bereiche, die nicht im Wettbewerb stehen, oder über
interne Verrechnungspreise, die Kostenverschiebungen zwischen den beiden Bereichen ermöglichen. Problematisch erweist sich hier die
Überprüfung der Kosten bzw. die Angemessenheit der Verrechnungspreise durch eine Regulierungsbehörde, da die Kompetenzen nur einen
Teilbereich (z.B. Netz im Strom- und Erdgasbereich, nicht aber deren Vertrieb oder im gesamten Fernwärmebereich) des Unternehmens
betreffen.
Bei Erzielung von Skalen- und Verbundvorteilen
haben die Unternehmen mit Multi-Utility-Strategien Wettbewerbsvorteile gegenüber Unternehmen, die nur in Teilbereichen tätig sind. Die Möglichkeit der Ausnützung dieser Kostenvorteile
kann zu Verdrängung und somit Verringerung der
Anzahl anderer Marktteilnehmer und schließlich
zu einer dominanten Marktstellung führen, die
nachteilig für die Konsumenten ist.Vor allem
Haushaltskunden werden über Multi- UtilityProdukte von Unternehmen gebunden, während
Großabnehmer meist getrennte Ausschreibungen für die unterschiedlichen Produkte (u.a.
Strom und Erdgas) und Dienstleistungen durchführen. Die Angebote von Haushaltskunden
beinhalten meist auch zusätzliche Gutschriften
bzw. Rabatte, wenn zwei oder mehrere Produkte von einem Unternehmen bezogen werden
(z.B. Strom und Erdgas). Die Multi-Utility-Produkte dienen durch die Nutzung einer gemeinsamen Marke bzw. eines gemeinsamen Namens
dabei vorwiegend der Verteidigung und Expansion von Marktanteilen und erschweren neuen
Lieferanten in den Markt einzutreten – fehlender bzw. geringer Bekanntheitsgrad gegenüber
den etablierten Unternehmen.
Um eine gemeinsame Marke im Rahmen des
Multi-Utility-Ansatzes zu nutzen, bieten Stromunternehmen vermehrt auch Internetdienstleistungen „aus der Steckdose“ an. So bieten die
Linz AG oder die EVN Internetdienstleistungen
über das Stromnetz an.Wienstrom bietet zwar
ebenfalls unter der Marke „Powerline“ Internetzugang an, dies jedoch über ein Glasfasernetz,
das zusätzlich zur Stromleitung verlegt wird.
Weiters bieten einige Energieunternehmen zusätzliche Leistungen bzw. Bonusprodukte an,
die nicht direkt mit dem Kerngeschäft eines Versorgungsunternehmens in Verbindung stehen. So
bietet beispielsweise die Kelag neben Strom
und Erdgas als Zusatzleistung auch die Kärnten
Card an. Die Leistungen, die über die Kärnten
Card bezogen werden können, stehen vorwiegend mit dem Eigentümer der Kelag (Land
Kärnten) und hier mit dem Tourismusbereich
im Zusammenhang.
Tabelle 15 gibt einen Überblick über die MultiUtility-Marketingmethoden der Strom- und Erdgasunternehmen und der neuen Vertriebsunternehmen. Neben Strom und Erdgas bieten die
Unternehmen oft auch Fernwärme,Wasserversorgung,Abfall- und Abwasserentsorgung sowie
Telekommunikationsdienstleistungen an. Den
Kunden werden zusätzliche Rabatte bei gleichzeitiger Abnahme mehrerer Angebote gewährt.
Durch die gemeinsame Nutzung der Retaildienstleistung und Betreuung von Endkunden
können aber Synergien genutzt werden. Zusätzlich führt Multi Utility zu einer stärkeren Kundenbindung und einer geringeren Wechselbereitschaft. Der Mehrwert von Multi Utility für
das Unternehmen gleicht somit die gewährten
Preisnachlässe deutlich aus.
R Nachfragereaktion Endkundenmarkt
Vergleicht man das Kundenverhalten im Massenkundenbereich mit dem Großkundenbereich, so ist ein großer Unterschied insbesondere im Wechselverhalten beobachtbar. Sowohl im
95
R Multi Utility – Marketingauftritt
der Elektrizitätsunternehmen – Privatkunden
Unternehmen
96
Strom
Erdgas
Fernwärme
Ab-/Wasser
Tabelle 15
Entsorgung/Abfall
Telekom/TV-Kabel
Verkehr
Bewag/Begas
Energie Graz
Energie OÖ AG
EVN AG
IKB
Kelag
Linz AG
My Electric
Salzburg AG
Select
Steweag-Steg
Switch
Tiwag
Unsere Wasserkraft
Verbund
VKW
Wienstrom
Quelle: Internetseiten der Unternehmen und Pressemeldungen, E-Control
R Wahlmotive für Stromanbieter 2004
Abbildung 35
■ Nicht-Wechsler ■ Wechsler ■ Planer
70 %
60 %
50 %
40 %
30 %
20 %
10 %
0%
Stromerzeugung
Quelle: OGM
Service
Versorgung
Tarif
Erdgas- als auch im Strommarkt liegt die Wechselrate im Großkundensegment wesentlich höher als im Kleinkundensegment. Demgegenüber
stellt das Kleinkundensegment von der Kundenanzahl her das größte Wechselpotenzial dar. Dieses Kundensegment kann daher maßgeblich zur
Belebung des Wettbewerbs beitragen. Die Motive und Gründe zum Wechsel bzw. Nicht-Wechsel können wichtige Informationen über etwaige
Wettbewerbshindernisse am Markt liefern.
Im Juni 2004 führte die Österreichische Gesellschaft für Marketing (OGM) im Auftrag der
E-Control bereits zum dritten Mal eine Umfrage zum Energiemarkt in Österreich durch. Hierfür wurden jeweils insgesamt 1.888 Privathaushalte in Österreich über ihre wechselrelevanten
Aspekte im Strom- und Erdgasmarkt befragt.
Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse dieser Umfrage zum Thema Wechselbereitschaft und Wechselmotive zusammengefasst.
Im Strommarkt kann nunmehr auf eine dreijährige Entwicklung zurückgeblickt werden.
Die Bereitschaft der Kleinkunden, einen Wechsel
durchzuführen, hat sich seit Beginn der Liberalisierung kontinuierlich verringert.Wollten im Juni
2002 noch 8 % der Haushalte den Stromanbieter wechseln, waren es im Juni 2003 nur mehr
5 % und im Juni 2004 nur 3 % Wechselwillige.
die planen, einen Wechsel durchzuführen, vorrangig den Tarif angeben, aber im Gegensatz zu
den tatsächlichen Wechslern die Art der Stromerzeugung als zweithäufigster Grund für den
geplanten Wechsel angeführt wird.
Bei der Wahl des momentanen Energieversorgers stehen für Erdgaskunden andere Motive als
bei Stromkunden im Mittelpunkt. Für die Erdgaskunden steht tendenziell die Versorgungssicherheit im Vordergrund, vor allem bei älteren
Personen und Personen mit besserer Ausbildung. Diesbezüglich gibt es auch ein starkes OstWest-Gefälle bei den österreichischen Erdgaskunden. Erdgaskunden aus Wien und Niederösterreich legen den Schwerpunkt stärker auf die
Versorgungssicherheit, während in Tirol und Vorarlberg eher der Gesamtpreis für die Wahl des
derzeitigen Erdgasanbieters als wichtigster
Grund genannt wird. Die Gründe für einen tatsächlichen Wechsel des Stromanbieters sind unverändert eindimensional. Für 97 % (2003: 96 %)
R Wahlmotive für Strom- und
Erdgasanbieter 2004
Abbildung 36
■ Gas ■ Strom
50 %
40 %
Auf die Frage, welcher Punkt für die Wahl des
derzeitigen Stromanbieters am wichtigsten war,
gaben im Juni 2004 51 % der Wechsler und 43 %
der Nicht-Wechsler an, dass die Höhe des Tarifes (Preis) dafür verantwortlich sei. Der am
zweithäufigsten genannte Grund für die Wahl
des momentanen Stromanbieters war für die
Kunden die gebotene Versorgungssicherheit, der
drittwichtigste Grund war das Kundenservice.
Erst danach wird die Form der Stromerzeugung
(d.h. umweltfreundliche Erzeugung,Atomstrom)
genannt. Im Juni 2003 hatte der Tarif gegenüber
der Versorgungssicherheit einen größeren Vorsprung als wichtigster Grund für die Wahl des
Stromanbieters. Interessant ist, dass diejenigen,
30 %
20 %
10 %
0%
Service
Quelle: OGM
Versorgung
Tarif
97
der Wechsler waren die Stromkosten ein besonders wichtiger Grund für den Wechsel des
Stromanbieters. Nicht viel anders verhält es
sich bei jenen Haushalten, die einen Versorgerwechsel planen, aber noch nicht vollzogen haben. Für Planer spielen Zusatzangebote und das
Unternehmensimage als Grund für den geplanten Wechsel eine stärkere Rolle. Dies ist aber
nur scheinbar der Fall, da die tatsächlichen
Wechsler diese Kriterien nicht mehr als Wechselgrund angeben.
98
Der Standpunkt, aus Prinzip wechseln zu wollen, steht bei den Planern viel stärker im Vordergrund als bei den Haushalten, die bereits gewechselt haben.Wie vorangegangene Umfragen
zeigen, wechselt tatsächlich nur ein Bruchteil
der so genannten Planer. Das relativiert zwar
die Aussage von 23 % (2004: 32 %) der „Wechsel-Planer“, aus Prinzip wechseln zu wollen,
doch geben immerhin 14 % (2003: 11 %) der
tatsächlichen Wechsler als besonders wichtigen
Grund an, „aus Prinzip, um unabhängig vom
langjährigen Lieferanten zu sein“, gewechselt
zu haben (Protestwechsler).
Auch die von der E-Control zuletzt durchgeführte Erhebung Ende 2003 zum Thema gewechselte Kunden und neu verhandelte Verträge vom 1. Jänner 2001 bis 30. September 2003
bestätigt, dass der Preis und die Ersparnis in
absoluten Zahlen eine zentrale Rolle bei der
Wechselentscheidung spielen. Die Umfrageergebnisse zeigen zudem, dass, je größer die
Abnahmemenge ist, die Einsparungen umso größer sind und die Endabnehmer den Lieferanten
umso öfters wechseln.
Bei der Frage nach der Preisschwelle, ab
welcher ein Haushaltskunde bereit wäre, den
Strom- oder Erdgaslieferanten zu wechseln,
ergibt sich wie bereits in früher durchgeführten
Erhebungen ein sehr ambivalentes Bild. So sind
beispielsweise die Stromkunden auf den ersten
R Motive gegen den Wechsel des Stromanbieters
Abbildung 37
■ Juni 2004 ■ Juni 2003 ■ Juni 2002
100 %
80 %
60 %
40 %
20 %
0%
Alternativanbieter
nicht bekannt
Quelle: OGM
Warte, bis
Preise sinken
Alle Anbieter
gleiche Preise
Preise nicht
transaparent
Wegen Versorgungssicherheit
Zu geringe
Ersparnis
Zufriedenheit mit
Stromlieferanten
Blick scheinbar bereit, den Stromanbieter schon
bei geringen Kostenersparnissen zu wechseln.
Die Erfahrung zeigt aber, dass der Großteil der
Stromkunden über die eigene Stromrechnung
einen nur geringen Informationsstand hat. Das
bedeutet für die Zukunft, dass die Stromkunden
nur dann in größerem Ausmaß tatsächlich
wechseln werden, wenn eine spürbare Senkung
der Stromrechnung – im Ausmaß von mindestens 10 % Kostenersparnis – zu erzielen ist. Bestätigung findet diese Interpretation bei den
Motiven der Nicht-Wechsler: Einer der Hauptgründe, beim alten Energieversorger zu bleiben,
sind die geringen Kostenersparnisse.
Um die Gesamtstromrechnung um 10 % senken
zu können, müsste ein neuer Energielieferant einem Haushalt mit durchschnittlichem Verbrauch
den Energiepreis um gut 40 % niedriger anbieten als der bisherige Lieferant. Stromkunden,
die bei 10 % Preissenkung nicht zum Wechsel
bereit sind, sind auch bei höheren Senkungen
kaum zum Wechsel zu bewegen.
Die Trennung von Strom- und Erdgaskosten
wurde von Kundenseite auch im zweiten Jahr
der Gasmarktliberalisierung noch nicht vollzogen, ein Kostengefühl dafür ist erst im Entstehen. Es liegt die Vermutung nahe, dass auch bei
den Erdgastarifen eine Kostenreduktion von bis
zu 10 % durchgeführt werden müsste, um die
Erdgaskunden zu einem Wechsel bewegen zu
können. Das würde eine Senkung von knapp
30 % des reinen Energiepreises für einen durchschnittlichen Haushalt erfordern.
Erwartungsgemäß steht als Motiv, warum Stromkunden nicht wechseln, die Zufriedenheit mit
dem jetzigen Stromversorger im Vordergrund.
Gegenüber früheren Befragungen haben die
Punkte zu geringe Kostenersparnis bei einem
Wechsel sowie die schwere Vergleichbarkeit der
Tarife signifikant zugelegt und werden als wesentliche Hemmschwellen für einen Versorgerwechsel genannt. Interessant ist, dass nach wie
vor ein Drittel der Haushaltskunden angeben,
keinen alternativen Stromanbieter zu kennen.
Eine signifikante Veränderung gegenüber 2003
gab es beim Thema Versorgungssicherheit, welches – wahrscheinlich aufgrund der großen
Stromausfälle im Herbst 2003 in den USA und
Italien – an Wichtigkeit zugelegt hat und die Kunden ihren langjährig bekannten Lieferanten treu
bleiben.Auffallend ist auch, dass sich heuer die
Wartehaltung bezüglich sinkende Kosten gegenüber dem Jahr 2003 erneut verstärkt hat. 2004 geben auch wesentlich mehr Kunden an, aufgrund
der geringen Preisunterschiede oder aufgrund
nicht transparenter Preise keinen Wechsel vorgenommen zu haben.Außerdem sind im dritten
Jahr der Liberalisierung alternative Stromanbieter immer weniger bekannt. Dies könnte eine
unmittelbare Folge der stark eingeschränkten
Werbeetats der Energieversorger und des
stärkeren Werbeauftritts (vorwiegend zur Imagepflege) der etablierten Unternehmen sein.
Die Befragungen nach gewechselten Kunden bestätigen, dass die Liberalisierung des Erdgasmarktes auch in ihrem zweiten Jahr noch nicht
in Schwung gekommen ist. Die Wechselquote
ist kaum auszumachen, und auch heuer wollen
nur 3 % der befragten Erdgaskunden wechseln,
wobei hier wie im Vorjahr der Großteil aus
Wien stammt. Bei den Motiven, die gegen einen
Wechsel des Erdgaslieferanten sprechen, gibt es
kaum signifikante Unterschiede zu den Stromkunden. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die
österreichischen Haushalte das Markt-Splitting
zwischen Strom- und Erdgasversorgung nach
wie vor nicht wahrnehmen.
Die Serviceleistungen der Energieversorger
haben sich im letzten Jahr tendenziell verbessert, wobei jene Haushalte, die angeben, wechseln zu wollen, hier die größten Kritiker der
Stromversorger sind. Die Österreicher waren
im Juni 2004 mit der Versorgungssicherheit sehr
zufrieden (99 %) und attestieren den Stromlieferanten erneut eine Verbesserung zum vorangegangenen Jahr (2003: 98 %). Geringfügige
Stromausfälle werden toleriert. Knapp fünfzig
Prozent der befragten Stromkunden meinen,
einen Stromausfall von bis zu einer Stunde
akzeptieren zu können.
99
Marktverhalten
R
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
R Zusammenfassung
R Zusammenschlüsse und Kooperationen im österreichischen Strom- und Erdgasmarkt reduzierten die Anbietervielfalt bzw. erhöhten die Marktkonzentration;
R Strategische Unternehmensziele werden vielfach von den öffentlichen
Eigentümern vorgegeben;
R Strom- und Erdgasunternehmen suchen Synergien über Multi Utility;
R österreichische Strom- und Erdgasunternehmen konzentrieren sich vermehrt
auf das Kerngeschäft (Versorgungsdienstleistungen) und nützen die Chancen
der Liberalisierung vor allem im Ausland;
R geringe Aktivitäten österreichischer Strom- und Erdgasunternehmen außerhalb
des eigenen Versorgungsgebietes;
R hohes Engagement von Elektrizitätsunternehmen im wettbewerblich
100
geschützten Ökostrombereich;
R Werbeaktivitäten der Strom- und Erdgasunternehmen in Österreich sind
zurückgegangen;
R Werbung wird größtenteils als Imagepflege verwendet.
R Schlussfolgerung
R Überwachung der Erfüllung der Auflagen aus den Zusammenschlussverfahren;
R Auswirkung der Zusammenschlüsse laufend evaluieren;
R Schaffung von regionalen Märkten im Strombereich und zumindest nationaler
Märkte im Gasbereich als nächster Schritt zur Erhöhung der Angebotsvielfalt
und Belebung des Wettbewerbs;
R zentrale Bereitstellung wechselrelevanter Kundeninformationen
(insbesondere über Neuanschlüsse) für alle Lieferanten belebt den Wettbewerb.
Marktergebnis
101
Marktergebnis
R
Preisentwicklungen am Strom- und Erdgasmarkt
Eine Untersuchung des Marktergebnisses betrifft sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite.Wesentliche Faktoren zur Beurteilung
des Marktergebnisses sind die Preisentwicklung,
die Entwicklung der Unternehmensperformance
(wie zum Beispiel Profitraten oder die PreisKosten-Margen), die Produktvielfalt und -qualität, aber auch die – von der Markttransparenz
abhängige – Möglichkeit für Kunden, Entscheidungen auf Basis möglichst objektiver und umfassender Informationen zu treffen.
Preisentwicklungen am Strommarkt
102
Entwicklungen am Großhandelsmarkt für Strom
In Zentraleuropa festigten 2004 die meisten
regionalen Großhandelsmärkte weiter ihre
Position. Dies gilt sowohl für den bilateralen
als auch für den börsenorganisierten Stromhandel. Die Geschäfte im kurzfristigen Bereich finden zunehmend an den Strombörsen statt.
Als Folge bestimmen die Börsenpreise meistens
die Preisbeildung auf dem OTC-Markt. Das
Handelvolumen der EEX z.B. ist mittlerweile auf
etwa 10 % des deutschen Jahresverbrauchs gestiegen.Von den etablierten europäischen
Strombörsen kann lediglich Nord Pool einen
größeren Marktanteil von über 30 % vorweisen
(siehe Abbildung 38). EEX in Leipzig hat über
100 Teilnehmer, von denen ca. 30 regelmäßig und
aktiv handeln.
Im langfristigen Handelsbereich ist der Markt
anders strukturiert. Die überwiegende Mehrheit der Geschäfte wird über den OTC-Markt
getätigt. Dementsprechend orientiert sich der
EEX-Futuresmarkt am OTC-Geschehen. Die
Entwicklung der Handelsvolumina am deutschen Forwardmarkt gibt Abbildung 39 wieder.
Beobachter gehen gegenwärtig in Deutschland
von einem Forwardvolumen von ca. 1.800 bis
2.500 TWh aus. Das entspricht etwa dem
R Gehandelte Stromvolumina vs. Marktanteile
Abbildung 38
ausgewählter Strombörsen 2003
■ Spotmengen (links) ■ Spotmengen vs. Stromverbrauch (rechts)
TWh
140
35 %
31,3 %
120
30 %
26,7 %
100
25 %
80
20 %
60
15 %
10,9 %
40
10 %
9,7 %
20
5%
2,5 %
1,7 %
0
0%
Nordpool
IPEX (Basis Juli 2004)
APX
EEX
EXAA
Powernext
Quelle: Nord Pool, EEX (European Energy Exchange), APX (Amsterdam Power Exchange), EXAA (Energy Exchange Austria), IPEX (Italian Power Exchange), Powernext
4–5-Fachen des jährlichen deutschen Stromverbrauchs. Da die Großhandelsmärkte in Deutschland und Österreich eng miteinander verflochten sind, kann für den heimischen Forwardmarkt von ähnlichen Verhältniszahlen ausgegangen werden. Demgemäß dürften die
Stromhandelsvolumina hierzulande 200 bis
250 TWh/Jahr betragen.
Die Energy Exchange Austria (EXAA) ist Österreichs Strombörse in Graz und wickelt als solche seit 21. März 2002 Stromkontrakte am
Spotmarkt ab. Händler können sowohl einzelne
Stunden als auch Gruppen von Stunden – ähnlich wie an der EEX – handeln. Im heurigen Jahr
wurden bis Mitte August täglich im Durchschnitt 4.920 MWh Strom gehandelt, was etwa
3,3 % des öffentlichen Stromverbrauchs in
Österreich entspricht. Diese Leistung ist trotz
steigender Handelsvolumina im Vergleich zu den
führenden europäischen Marktplätzen eher bescheiden. Das ist einerseits darauf zurückzuführen, dass EXAA im Vergleich zu EEX erst auf
eine kürzere Vergangenheit zurückblicken kann,
andererseits dass die beiden Börsen eng miteinander verbundene Märkte (Österreich und
Deutschland) bedienen und in direkter Konkurrenz zueinander stehen. Im Allgemeinen kann
man sagen, dass längerfristig diejenigen Marktplätze überleben, die mehr Liquidität anziehen
können. Mehr Liquidität zieht an sich neue
Marktteilnehmer an (Financial Traders, Banken,
Spekulanten), die wiederum selbst die Liquidität
erhöhen und dadurch die Börse noch attraktiver machen.
gehandelt. EXXA ist zudem über eine eigene
Plattform44 in die Versteigerung von grenzüberschreitenden Übertragungskapazitäten zwischen Österreich und der Tschechischen
Republik involviert.
Im ersten Halbjahr 2004 entwickelten sich
die Preise an den Spot- und Forwardmärkten
unterschiedlich. Der Grund dafür liegt in den
unterschiedlichen Faktoren, die diese zwei
Märkte beeinflussen.Während am kurzfristigen
Markt die Temperaturänderungen,Wassersituation,Windverhältnisse oder Verfügbarkeit der
Kraftwerke die Preise bestimmen, sind am Forwardmarkt die Erwartungen bezüglich dieser
Faktoren und auch der Entwicklung der Primärenergiepreise entscheidend.
103
R Entwicklung der deutschen
OTC-Handelsvolumina
im Forwardbereich
TWh
Um ihre Produktpalette zu erweitern, führte
die EXAA ab Ende Oktober 2003 ein neues
Handelsprodukt namens eSPREAD ein. Es ist
ein reines Finanzinstrument, um Preisunterschiede zwischen identischen Stromprodukten,
die aber an unterschiedlichen Orten gehandelt
und geliefert werden, abzusichern. Bis August
2004 wurden von den eSPREADS etwa 0,27 TWh
44
www.auction-office.at
Quelle:Vattenfall
Abbildung 39
104
2003 stiegen die Preise am Spotmarkt sowohl
durch angebots- (niedrige Wasserstände) als
auch nachfrageseitige Ereignisse (hoher Verbrauchszuwachs) stark an. Durch die wachsende Wasserkrafterzeugung im zweiten Quartal
dieses Jahres und die zunehmende Windeinspeisung stabilisierten sich die Preise im ersten
Halbjahr 2004. Sie lagen an der EEX bis zum
1.August des heurigen Jahres mit 27,47 e/MWh
(Base) sogar um 1 e/MWh unter dem Vergleichswert des Vorjahres (siehe Abbildung 40).
menhang auch die stark gestiegenen Primärenergiepreise eine Rolle gespielt haben.Abbildung 41 zeigt diese Entwicklung anhand monatlicher Durchschnittspreise an der EEX.
Im Allgemeinen lässt sich allerdings sagen, dass
die Spotpreise nach dem anfänglichen starken
Einbruch rund um den Beginn der Liberalisierung nunmehr einen steigenden Trend zeigen.
Der Grund dafür liegt einerseits im stetig wachsenden Verbrauch, andererseits in der Reduktion von überschüssigen Kraftwerkskapazitäten.
In der letzten Zeit dürften in diesem Zusam-
Die Importkohlepreise stiegen 2004 nach einer
jahrelangen stabilen Entwicklung auf eine Rekordhöhe und lagen im Juli 2004 mit knappen
80 USD/t mehr als zweimal so hoch wie der
langjährige Durchschnitt. Der Grund dafür liegt
in der stark steigenden Rohstoffnachfrage der
rasant wachsenden chinesischen Volkswirtschaft. Zu den steigenden Kohlepreisen kamen
Am Forwardmarkt befinden sich die Preise seit
dem Frühjahr 2003 im dauerhaften Steigen.
Diese Entwicklung steht in erster Linie mit zwei
fundamentalen Faktoren im Zusammenhang:
dem Anstieg der Kohlepreise und der erwarteten Kostenbelastung der CO2-Zertifikate.
R Entwicklung der Spotpreise (Base) an der EEX 2003 vs. 2004
Abbildung 40
■ 2003 7-Tage gleitender Durchschnitt ■ 2004 7-Tage gleitender Durchschnitt
e/MWh
50
40
30
20
10
0
7. Jän
Quelle: EEX
27. Jän
16. Feb
8. Mär
28. Mär
17. Apr
07. Mai
27. Mai
16. Jun
06. Jul
26. Jul
R Durchschnittliche Spotpreise für Grundlastlieferung an der EEX 2000–2004
Abb. 41
■ 2000 ■ 2001 ■ 2002 ■ 2003 ■ 2004
e/MWh
40
35
30
25
20
15
10
5
105
0
Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
Quelle: EEX
R Entwicklung der Kohle- und Stromforwardpreise 2005 (Juni–August 2004)
Abb. 42
■ Strom Futures 2005 Base EEX (links) ■ Kohle Futures 2005 API#2 (rechts)
e/MWh
35,5
$/t
84
82
35,0
80
78
76
34,5
74
72
34,0
70
68
33,5
66
64
33,0
62
16. Jun 18. Jun 22. Jun 24. Jun 28. Jun 30. Jun 02. Jul 06. Jul 08. Jul 12. Jul 14. Jul 16. Jul 20. Jul 22. Jul 26. Jul 28. Jul 30. Jul 03.Aug 05.Aug 09.Aug 11. Aug 13. Aug
Quelle: EEX, Platts
noch die ebenfalls explodierenden Frachtkosten, die die Importkohle aus Südafrika oder
Südamerika mit europäischer Endbestimmung
zusätzlich verteuerten. Die Entwicklung der
CO2-Zertifikatspreise scheint die Stromforwardpreise (siehe auch Kasten 7: CO2-Zertifikatspreise und deren Auswirkung auf die Strompreise) ebenfalls zu beeinflussen, ein genauso
klarer Zusammenhang wie zu den Kohlepreisen
ist allerdings nicht festzustellen. Den Einfluss
der Kohleforwardpreise auf die Stromforwardpreise zeigt Abbildung 42.
106
Der Forwardmarkt weist gewöhnlich eine typische zeitliche Struktur auf. Sieht man einmal
von der Saisonalität ab, tendieren Kontrakte
für spätere Liefertermine dazu, höhere Preise
zu haben als Kontrakte für zeitlich nähere Liefertermine.Am 17.August 2004 kostete z.B.
die Jahresbandlieferung für 2005 an der EEX
34,44 e/MWh, während der gleiche Kontrakt
für 2007 bei 35,23 e/MWh stand. Diese Marktstellung nennt sich „Contango“. Die Marktteilnehmer rechnen also damit, dass die Befriedigung der Nachfrage nach elektrischer Energie
in der ferneren Zukunft teurer sein wird als in
der nahen. Die erwähnte Marktstruktur kann
aber durch die Änderung der Erwartungen oder
durch unerwartete Ereignisse am Spotmarkt
kippen. Der Markt ist sodann in „Backwardation“.Abbildung 43 stellt die Preisgeschichte
des Forwardkontraktes 2005 (Base) und seine
relative Entwicklung zum Forwardkontrakt
2006 (Base) dar.
Entwicklung am Ausgleichsenergiemarkt
für Strom
Die Ausgleichsenergie dient zur permanenten
Erhaltung des Gleichgewichtes zwischen erzeugter Energie und momentanem Verbrauch
R Entwicklung der Forwardpreise 2005 vs. 2006
Abbildung 43
■ Y 05 Base (links) ■ Y 06 vs.Y 05 (rechts)
e/MWh
e/MWh
2,5
45
40
2,0
35
1,5
30
25
1,0
20
0,5
15
10
0,0
5
-0,5
0
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul
2002
Quelle: Platts
Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mär Apr Mai Jun
2003
Jul
Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mär Apr Mai Jun
2004
Jul
Aug
R CO2-Zertifikatspreise und deren Auswirkung auf die Strompreise
Kasten 7
Marktpreis des Emissionszertifikates,
vorherrschende Erzeugungsart am jeweiligen
regionalen Markt.
der Zertifikate in allen EU-Staaten de facto gratis
erfolgte. Die Tatsache, dass die Emissionsgrenze
national festgelegt wird, führt zu einem Anreiz zur
Überallokation, da jedes Land versucht,Wettbewerbsnachteile für die eigene Industrie zu vermeiden. Letztlich liegt es an der Entscheidung der Europäischen Kommission, über die Nationalen Allokationspläne Marktverzerrungen durch ungleiche Zertifikatszuteilung zu verhindern. Abbildung 44 zeigt
deutlich, dass im März 2004 nach dem Bekanntwerden der generösen Allokationspläne die Zertifikatspreise eingebrochen sind.
Der CO2-Zertifikatspreis wird idealerweise von den
Kosten bestimmt, die bei der Vermeidung einer
zusätzlichen Einheit CO2-Ausstoß anfallen. Diese
Logik kommt aber vorerst in der Zertifikatspreisentwicklung kaum zur Geltung, da die Erstallokation
In Bezug auf die möglichen Strompreissteigerungen
spielt – zumindest in der Theorie – keine Rolle, ob
die Zertifikate gratis verteilt wurden oder für Geld
erkauft werden mussten, da auch Gratiszertifikate
einen Marktpreis haben. Erzeuger, die den jeweiligen
Ab 2005 werden die Stromgroßhandelspreise durch
eine neue Kostenkomponente beeinflusst. Der
Marktpreis der Emissionszertifikate wird die Kosten
der kalorischen Stromerzeuger, die in Mitteleuropa
die Grenzproduktion maßgeblich beeinflussen, erhöhen und zu einer möglichen Preissteigerung beitragen. Inwieweit die erwartete Preissteigerung eintritt, hängt grundsätzlich von zwei Faktoren ab:
1.
2.
R Zertifikatspreise für 2005
e/tCO2
Quelle: Pointcarbon
Abbildung 44
■ Offer 2005 ■ Bid 2005 ■ Close 2005
107
Marktpreis der Zertifikate in ihre Preiskalkulation
nicht miteinbeziehen, erleiden einen Opportunitätsverlust. Dieser Opportunitätsverlust entspricht den
entgangenen Einnahmen aus dem Zertifikatsverkauf,
die die Erzeuger im Falle der Stromproduktionseinstellung hätten am Zertifikatsmarkt erzielen können.
In der Praxis gibt es allerdings eine Reihe von Argumenten (politisches Umfeld, Preiselastizität der
Nachfrage, Allokationsunsicherheit in der zweiten
Periode des Emissionshandelssystems), die die
Umwälzung der Opportunitätskosten auf den Großhandelspreis maßgeblich beeinflussen könnten und
eine volle Einpreisung in den Stromgroßhandelspreis
nicht vermuten lassen.
108
Die Struktur der Grenzerzeugungstechnologie
(CO2-Intensität) ist von Großhandelsmarkt zu
Großhandelsmarkt unterschiedlich. Demgemäß fällt
die Sensitivität der Erzeugungskosten in Bezug auf
die Zertifikatspreise in den verschiedenen Märkten
unterschiedlich aus. Abbildung 45 zeigt, dass in
Deutschland mit jedem e/t Zertifikatspreiserhöhung
etwa 0,8 e/MWh Kostenerhöhung einhergehen.
Das bedeutet, dass bei einem Zertifikatspreis von
10 e/tCO2 die Opportunitätskosten der Stromerzeugung um 8 e/MWh steigen. Da die deutschen
und österreichischen Großhandelsmärkte stark miteinander verbunden sind, würden alle preisrelevanten Kostenänderungen auf die heimischen Stromgroßhandelspreise durchschlagen. Die Analyse der
Forwardpreisentwicklung zeigt allerdings, dass die
Zertifikatspreise in die Strompreise gegenwärtig
nicht zur Gänze einfließen.
R Auswirkung der Zertifikatspreise
auf Großhandelspreise in unterschiedAbbildung 45
lichen Ländern (Märkten)
GB
Spanien
Italien
Niederlande
Frankreich
Deutschland
0,4
0,6
0,8
1,0
(e/MWh) per (e/t CO2)
Quelle: Cera
innerhalb der Regelzone und ist somit ein integraler Teil eines entwickelten Strommarktes.
Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich
aus Praktikabilitätsgründen hauptsächlich auf
das Ausgleichsregime der Regelzone Verbund
APG. Die marktmäßige Aufbringung der Ausgleichsenergie beschränkt sich im engeren Sinne
lediglich auf den Einsatz der Minutenreserve.
Für Minutenreserve können Marktteilnehmer
täglich bis 16 Uhr (außer an Wochenenden) Angebote für die Lieferung bzw. Rücknahme am
Folgetag bei der Verrechnungsstelle legen. Daraus wird eine sog. Merit Order List erstellt, die
eine Reihung der Angebote entsprechend den
gebotenen Preisen getrennt für Bezug und Lieferung enthält.APG als Regelzonenführer kann
bei Bedarf aus dieser Liste Minutenreserve abrufen. Die Anbieter erhalten im Falle eines Abrufes den angebotenen Arbeitspreis.
Um ein Mindestmaß an Minutenreserveleistung
zu gewährleisten, wurde neben dem zuvor beschriebenen Tagesmarkt die Funktion des – etwas irreführend bezeichneten – Market Makers
eingeführt. Dabei geht es um die monatliche
Ausschreibung einer bestimmten Minutenreserveleistung in Form von Dreistundenblöcken,
deren Höhe jeweils mit APG abgestimmt wird
(z.B. für September 2004 100 MW Lieferung
und 125 MW Bezug). Die Anbieter, soweit sie
den Zuschlag erhalten, bekommen den angebotenen Leistungs- und im Falle eines Abrufes den
Arbeitspreis. Die Market-Maker-Angebote werden täglich nach ihrem Arbeitspreis in die Merit
Order List eingereiht.
Die Kosten der eingesetzten Ausgleichenergie
werden monatlich im Zuge des Clearings mit
den Bilanzgruppenverantwortlichen (BGV) abgerechnet. Dabei gelangen nicht nur die Kosten
der eingesetzten Minutenreserve, sondern auch
andere „verwandte“ Kostenbestandteile zur
Verrechnung. Die Gesamtsumme setzt sich somit aus folgenden Teilkomponenten zusammen:
R abgerufene Minutenreserve,
R Naturalaustausch für die Sekundärregelenergie,
R ungewollter UCTE-Austausch,
R Market-Maker-Leistungskosten.
Die wesentlichste Kostenkomponente neben
den Market-Maker-Leistungskosten ist der Naturalaustausch für die Sekundärregelenergie.
Darunter versteht man die Kosten bzw. Erträge,
die bei der Aufbringung der Energie zur Abwicklung des Naturalaustausches mit der Verbund
APT als Vorhalter und Erbringer der Sekundärregelleistung erwachsen. Die eingesetzte bzw.
rückgenommene Energie wird jede Woche separat ermittelt und von APCS ausgeschrieben.
Da in den Sommermonaten der Jahre 2003 und
2004 die Regelzone generell unterliefert war,
dominierte die eingesetzte Sekundärregelenergie die Gesamtausgleichsenergiekosten. In diesen Perioden setzte der Regelzonenführer –
neben der Minutenreserve – die vorgehaltene
Sekundärregelleistung ein. Parallel zu dieser
Entwicklung ist der tendenzielle Rückgang der
absoluten Höhe der Market-Maker-Kosten zu
beobachten.Abbildung 46 zeigt die Zusammensetzung der Ausgleichsenergiekosten in der
Regelzone Verbund APG.
Die Ausgleichsenergiekosten bzw. -erträge einer
Bilanzgruppe ergeben sich einerseits aus den
viertelstündlichen Abweichungen zwischen Aufbringung (Erzeugung oder Fahrplanbezug) und
Lieferung (Kundenverbrauch oder Fahrplanlieferung), andererseits aus den Ausgleichsenergieverrechnungspreisen (Clearingpreis). Es gilt
der Grundsatz, dass die monatlichen Gesamtkosten des Ausgleichsenergiesystems genau
der Summe der verrechneten Ausgleichsenergiekosten bzw. -erträge aller Bilanzgruppen
entsprechen müssen.
Der Clearingpreis wird von der Verrechnungsstelle für jede Viertelstunde festgelegt. Der
Preis lässt sich durch die sog. Clearingformel
ermitteln. In diese Formel fließen die bereits erwähnten Kostenkomponenten ein. Die Basis des
Clearingpreises bildet im Falle eines Minutenreserveabrufes der Preis, der sich aus der Merit
Order List in der jeweiligen Viertelstunde ergibt. Im zweiten Schritt werden auf den Basispreis alle anderen Kostenkomponenten umgelegt.Anhand der Abbildung 47 und Abbildung 48
wird der grundsätzliche Zusammenhang zwischen der Höhe der Abweichung der Regelzone
und der Entwicklung des Clearingpreises dargestellt. Negative Werte der Regelzonenabwei-
109
chung deuten auf eine unterlieferte Regelzone
hin. In diesem Fall muss der Regelzonenführer
die fehlende Energie von den Regelkraftwerken
abrufen. Je höher die im System „fehlende“
Leistung, desto höher der Clearingpreis.
Auffallend ist, dass die Regelzone Tirol im Trend
eher unterliefert ist, während die Regelzone
APG durchaus ihre Richtung – je nach
Verhalten der Bilanzgruppen – des Öfteren
wechselt. In diesem Zusammenhang spielt der
Ökobilanzgruppenverantwortliche eine immer
stärker werdende Rolle. Eventuelle – aber unvermeidbare – Ungenauigkeiten in der Prognose
können sogar die ganze Richtung der Regelzone
bestimmen.
Die Clearingpreise können innerhalb eines
Tages stark schwanken und auch negativ sein.
Letzteres bedeutet, dass in solchen Fällen
Bilanzgruppen für die Abnahme der von ihnen
verursachten Überschussenergie durch den
Regelzonenführer sogar zahlen müssen.
R Monatliche Höhe und Zusammensetzung der
Ausgleichsenergiekosten in der Regelzone Verbund APG
e/Monat
110
Quelle: APCS
Abbildung 46
■ Market Marker ■ Kompensation für die Sekundärregelenergie ■ UCTE-Austausch ■ Abgerufene Minutenreserve
R Regelzonenrichtung und Clearingpreis in der Regelzone APG
■ Clearingpreis 7-Tage-Durchschnitt (links)
Abbildung 47
■ Abweichung der Regelzone 7-Tage-Durchschnitt (rechts)
e/MWh
MW
111
Quelle: APCS
R Regelzonenrichtung und Clearingpreis in der Regelzone TIRAG
Abbildung 48
■ Clearingpreis 7-Tage-Durchschnitt (links) ■ Abweichung der Regelzone 7-Tage-Durchschnitt (rechts)
e/MWh
Quelle: a&b
MW
Preisentwicklungen am Endkundenmarkt
für Strom
112
Gesamtstrompreisentwicklung
In Abbildung 49 wird die Entwicklung der Gesamtstrompreise (Netz + Energie + Steuern
und Abgaben) seit dem Jahr 1999 dargestellt.
Die erste Phase der Strommarktliberalisierung
führte, vor allem bei Großkunden, zu deutlichen
Preisreduktionen. Die Angebote lagen teilweise
weit unter den Großhandelspreisen.
Die weitere Entwicklung bis Juli 2002 ist durch
die Auswirkungen der Marktliberalisierung geprägt und weist deutliche Preisreduktionen auf.
Der Anstieg des Index zu Beginn des Jahres
2003 ist einerseits auf die im Ökostromgesetz
verankerten Zuschläge, andererseits auf gestiegene Großhandelspreise zurückzuführen. Aus
letzterem Grund wurden die Strompreise seither mehrmals erhöht, wobei einige Lieferanten
bereits für Herbst 2004 weitere Preiserhöhungen angekündigt haben.
Durch die Verdoppelung der Energieabgabe
(von 0,75 Cent/kWh auf 1,5 Cent/kWh) im Juli
2000 stieg der Index sprunghaft an. Im Kleinkundenbereich kam es erst mit der zweiten
Phase der Liberalisierung – der vollständigen
Marktöffnung – zu einer Reduktion des Strompreises, die jedoch durch die Einführung der
Öko- und KWK-Zuschläge zum Teil überlagert
wurde.
Strompreisentwicklung – Industrie
Die Preise für Industriekunden stiegen 2003
und 2004 weiter. Die Preisgestaltung am Endkundenmarkt wird grundsätzlich von zwei Faktoren bestimmt: der Wettbewerbsintensität und
der Entwicklung am Großhandelsmarkt. Erstere
reduzierte sich seit dem Beginn der Liberalisierung, soweit es die Anzahl der Anbieter betrifft.
Es ist zu befürchten, dass die Gründung der
R Entwicklung des Strom-VPI 1999–2004 für Haushalte (Index 1999 = 100)
Abbildung 49
links: Index 1999 = 100
104
102
Steigende Großhandelspreise
Vollständige Marktöffnung
1. Phase der Marktöffnung
100
Inkrafttreten des Ökostromgesetzes Jan. ’03
Einführung Ökound KWK-Zuschläge
98
96
Erhöhung der Energieabgabe
94
92
Jan 99
Mai 99
Sep 99
Quelle: Statistik Austria
Jan 00
Mai 00
Sep 00
Jan 01
Mai 01
Sep 01
Jan 02
Mai 02
Sep 02
Jan 03
Mai 03
Sep 03
Jan 04
Mai 04
Energie Austria (Österreichische Stromlösung)
diese Situation weiter verschärft oder zumindest nicht verbessert hat. Parallel mit der
Marktkonsolidierung kehrte allerdings auch
mehr Rationalität in die Preisgestaltung ein.
Gegenwärtig bekommen Industriekunden keine
Angebote mehr, die unter dem Großhandelspreisniveau liegen, was zu Beginn der Liberalisierung durchaus der Fall war. Die Lieferanten
stellen bei der Anbotsgestaltung mehr und
mehr auf die Forwardpreise ab. Diese Änderung
in der Preisgestaltung zusammen mit den gestiegenen Großhandelspreisen führte zu höheren Energielieferpreisen für Industriekunden. Es
ist allerdings anzumerken, dass neben den zum
fixen Preis vereinbarten Lieferverträgen kaum
auf variable (Spot) Elemente abstellende, indexierte Preisvereinbarungen existieren. Solche
Verträge sind auf entwickelten Strommärkten,
wie z.B. in Skandinavien, durchaus üblich. Die
Entwicklung der Großhandelspreise im Vergleich
zu den Energielieferpreisen für Industrie (ohne
Netzgebühren) zeigt Abbildung 50.
Die exakte Verfolgung der Preisentwicklung im
Industriekundensegment gestaltet sich schwierig.Verlässliche Primärquellen existieren kaum
bzw. geben den Gesamtpreis nicht nach ihren
Hauptkomponenten wie Energie, Netz sowie
Steuern und Abgaben wieder. E-Control entschied sich daher, ab 2003 diese Informationen
(insbesondere den Energielieferpreis) bei den
Industriekunden direkt zu erheben. Die Ergebnisse der bisherigen Erhebungen nach unterschiedlichen Abnahmekriterien geordnet enthält
Tabelle 16.
Ein Gutteil der Industriekunden steht im internationalen Wettbewerb. Günstige Strompreise
sind eine wichtige Vorbedingung für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Für die Betriebe sind letztlich nicht nur
R Entwicklung der Großhandelspreise und der Energielieferpreise
Abbildung 50
für Industriekunden 1999–2004
■ reiner Energiepreis Industrie ■ Großhandelspreis-Spot Base
e/MWh
35
30
25
20
15
10
5
0
vor der
Liberalisierung
Quelle: E-Control, EEX
1999
2000
2001
2002
2003
2004
(1. Halbjahr)
113
die reinen Energiepreise von Relevanz, sondern
die Gesamtpreise, die sie für den Bezug von
elektrischer Energie zu zahlen haben.Abbildung
51 zeigt, dass Österreich in dieser Hinsicht im
internationalen Vergleich im Mittelfeld liegt.
R Ergebnisse der Industriestrompreiserhebung*
in Cent/kWh
114
Tabelle 16
Volllaststunden
< 4,500 h/a
Volllaststunden
> 4,500 h/a
keine Volllaststundenkategorie
Jahresverbrauch < 10 GWh
3. Quartal 2003
1. Halbjahr 2004
2,93
3,59
2,69
3,21
2,84
3,43
Jahresverbrauch > 10 GWh
3. Quartal 2003
1. Halbjahr 2004
2,61
2,82
2,58
2,90
2,64
2,98
keine Jahresverbrauchskategorie
3. Quartal 2003
1. Halbjahr 2004
2,90
3,51
2,63
3,04
2,75
3,27
Quelle: E-Control
* ohne Netzkosten, Steuern und Abgaben inkl. allfällige Öko-Mehrbelastung
R Industriestrompreise inklusive Netzkosten
Abbildung 51
im europäischen Vergleich – 1. Quartal 2004 (35 GWh/Jahr)
■ exkl. Steuern und Abgaben ■ inkl. Steuern und Abgaben
Cent/kWh
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
Schweden
Quelle: Energy Advice
UK
Finnland
Frankreich
Österreich
Spanien
Belgien
Niederlande Deutschland
Dänemark
Italien
Schweiz
Strompreisentwicklung – Haushalte
Das Jahr 2004 brachte auch für die Haushaltskunden höhere Strompreise. Der Grund dafür
war – neben der Weitergabe von gestiegenen
Großhandelspreisen – die ab 1.April 2004 um
0,1 Cent/kWh erhöhten Zuschläge für die
Finanzierung der geförderten Ökostromerzeugungsanlagen. Die Netzgebühren blieben seit
November 2003 unverändert.
Die Betrachtung der längerfristigen Haushaltsstrompreisentwicklung zeigt, dass das inflationsbereinigte Preisniveau trotz Preis- und Abgabenerhöhungen über die Zeit relativ gleichmäßig verläuft. Merkliche nominelle Erhöhungen
brachten bisher die Einführung und später die
Erhöhung der Energieabgabe sowie die erwähnte heurige Energiepreiserhöhung.
Die Strompreise (Netz und Energie) ohne Steuern, Abgaben und Zuschläge gingen allerdings so-
wohl nominell als auch real gesehen seit längerem
zurück. Dazu trugen auch die von der E-Control
Kommission seit dem 1. Oktober 2001 mehrmals
verordneten Netztarifsenkungen bei (siehe Kapitel Systemnutzungstarife für Strom).
Die Entwicklung der Gesamtstrompreise innerhalb Österreichs verläuft nicht einheitlich, sondern weist eine starke geographische Streuung
auf. Die Abweichungen sind größtenteils auf die
unterschiedlichen Netztarife in den jeweiligen
Netzbereichen (ehem.Versorgungsgebiete der
Landesgesellschaften) zurückzuführen.Abbildung 53 zeigt, dass die Haushaltskunden im
Netzbereich der BEWAG am meisten für die
Stromversorgung zahlen, während elektrische
Energie am günstigsten im Netzbereich der
Stadtwerke Klagenfurt ist. Auffallend ist noch,
dass auf die Netztarifsenkungen der E-Control
Kommission von November 2003 die meisten
Energielieferanten mit anschließenden Energie-
R Entwicklung der Haushaltsstrompreise 1996–2004 (3.500 kWh/Jahr)
Abbildung 52
■ Steuern, Abgaben + Zuschläge ■ Energie ■ Netz ■ Netz + Energie
■ Preis real mit Steuern, Abgaben + Zuschläge ■ Preis real o. Steuern, Abgaben + Zuschläge
Cent/kWh
Quelle: E-Control, Eurostat
115
preiserhöhungen reagierten und damit nicht
den Preisvorteil an ihre Kunden weitergaben.
116
Darüber, ob die von den Lieferanten in Rechnung gestellten Energielieferpreise angemessen
sind, kann ein Vergleich mit den entsprechenden
Großhandelspreisen Aufschluss geben. Lieferanten haben grundsätzlich die Möglichkeit, die von
ihren Kunden benötigten Strommengen entweder am Spotmarkt oder am Forwardmarkt zu
decken.Auch wenn ein Unternehmen über eigene Kraftwerke verfügt und deren Erzeugungskosten unter dem Großhandelspreis liegen,
wird sich die Angebotslegung – zumindest theoretisch – am Großhandelsmarkt orientieren.
Aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht wird ein
Unternehmen auf dem Markt sein Produkt absetzen, wo es den höchsten Preis erzielen kann.
Wäre dem nicht so, würden die Lieferanten
bzw. ihre Erzeuger einen Opportunitätsverlust
erleiden. Die vorübergehende Inkaufnahme von
Opportunitätsverlusten kann allerdings aus
unternehmensstrategischen Überlegungen
durchaus Sinn machen. Mit niedrigeren Preisen
können Wettbewerber aus dem Markt gedrängt
bzw. vom Markteintritt abgehalten werden, um
anschließend aufgrund der gewonnenen Marktposition die Preise wieder zu erhöhen.
Da es an den Lieferanten liegt, die Energie für
ihr Kundenportfolio frei zu beschaffen, ist es
schwer, eine eindeutige Preisbenchmark festzulegen. Die Bewertung soll hier auf eine Kombination von Spot- und Forwardpreisen abstellen.
In der Abbildung 54 sind Angebote der einzelnen Stromlieferanten dargestellt. Die hellblauen
Balken weisen auf Offerte hin, die lediglich
Haushaltskunden angeboten werden, die sich im
„angestammten“ Netzbereich der Lieferanten
befinden. So wird z.B. der BEWAG-OptimaKomfort-Tarif nur Kunden verrechnet, die aus
Stromnetz der BEWAG angeschlossen sind.Alle
anderen Produkte werden österreichweit geliefert. Die Preise zeigen eine relativ große Streu-
R Haushaltsstromvergleich nach Netzgebiet inkl. Steuern,
Abgaben und Zuschläge (günstigster Anbieter, 3.500 kWh/Jahr)
Abbildung 53
■ BEWAG ■ Stewag ■ KELAG ■ Energie AG ■ Salzburg AG ■ Linz AG ■ EVN
■ Energie Graz GmbH ■ Tiwag ■ VKW ■ Wienstrom ■ IKB ■ Stw. Klagenfurt
Cent/kWh
17
16
15
14
13
12
Jan 02
Mär 02
Quelle: E-Control
Mai 02
Jul 02
Sep 02
Nov 02
Jan 03
Mär 03
Mai 03
Jul 03
Sep 03
Nov 03
Jan 04
Mär 04
Mai 04
R Haushaltsstrompreise und Margen – Juli 2004 (reine Energielieferung ohne
Netz u.Abgaben, 3.500 kWh/Jahr)
Abbildung 54
■ Haushalststrompreise – local player (l.) ■ Haushaltsstrompreise – landesweite Anbieter (l.)
■ Einkaufsbereich am Großhandelsmarkt (l.) ■ Preisspanne (r.)
e/MWh
117
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
1. Kärnten Pur Austria, 2. Der GuteStrom (UWK), 3.VKW-Home, 4. Switch, 5. My Electric, 6. Kärnten Pur 1, 7. Fairplus Privat, 8. H + L – STW Klgft, 9. Unsere Wasserkraft,
10. VKW-Hit, 11. Stadt + Strom Privat – IKB, 12. Optima – Wien, 13. Komfort Energie – Energie AG, 14. STW-Strom Privat, 15. Select Home – SSG, 16. Optima – EVN,
17. BEWAG – Optima Komfort, 18. Select Home – Graz, 19. Privat OK – Salzburg AG, 20. Optima – Linzstrom, 21. Klassik-Haushalt – Linzstrom
Quelle: E-Control
R Haushaltsstrompreise inkl. Netzkosten im europäischen Vergleich
(3.500 kWh/Jahr)
Abbildung 55
■ exkl. Steuern + Abgaben ■ inkl. Steuern + Abgaben
Cent/kWh
25
20
15
10
5
0
Finnland
Quelle: Energy Advice
UK
Frankreich
Österreich
Schweiz
Spanien
Schweden
Belgien
Deutschland Niederlande
Italien
Dänemark
ung.Während bei einigen Unternehmen die
Energieverkaufspreise deutlich über dem Großhandelspreisbenchmark liegen (z.B bei Klassik
Haushalt – Linzstrom etwa 33 %) ist diese
Preisdifferenz (Preisspanne) bei manchen österreichweit anbietenden Unternehmen deutlich
niedriger oder sogar negativ.
getrennt ausgewiesen.Während die Energiepreise sich am Markt durch Angebot und Nachfrage bilden, erfolgt die Festsetzung der Netzpreise durch die Regulierungsbehörde (E-Control Kommission).
Wie aus Abbildung 56 bis Abbildung 58 ersichtlich, sind die Netznutzungstarife seit Beginn der
Liberalisierung auf allen Netzebenen deutlich
gesenkt worden. Die Differenz der Netznutzungstarife zwischen den Netzbereichen ist
zwar durch die Senkung der Tarife reduziert
worden, jedoch zwischen den einzelnen Netzbereichen weiterhin gegeben. So liegen die
Netztarife der Stadtwerke Klagenfurt um 40 %
unter jenen der Bewag (Netzebene 7, nicht gemessene Leistung). Im Vergleich zu den Tarifen
zu Beginn der Liberalisierung konnten die Netznutzungstarife vor allem in den höheren Netzebenen deutlich angeglichen werden (siehe Abbildung 56).
Im europäischen Vergleich liegen die Endkundenpreise für Haushaltskunden im Mittelfeld. Im
Vergleich zu den großen Nachbarländern Italien
und Deutschland beziehen die österreichischen
Endkunden Strom (Energie und Netz) – sowohl
inklusive als auch exklusive Steuern – teilweise
deutlich günstiger (Abbildung 55).
118
Systemnutzungstarife für Strom
Mit der Liberalisierung des Strommarktes wurden erstmals die Komponenten des Gesamtpreises für den Bezug von elektrischer Energie
aufgeschlüsselt und die Netz- und Energiepreise
R Netznutzungstarife auf Netzebene 3 in Cent/kWh, 6.500 Benutzungsstunden in Cent/kWh
Abbildung 56
■ SNT-VO Stand 30. 9. 2001 ■ SNT-VO Stand 1. 1. 2003 ■ SNT-VO Stand 1. 11. 2003
Cent/kWh
1,50
1,00
0,50
0,00
Niederösterreich
Quelle: E-Control
Vorarlberg
Wien
Salzburg
ÖsterreichDurchschnitt
Oberösterreich
Tirol
Steiermark
Kärnten
Burgenland
R Netznutzungstarife auf Netzebene 5 in Cent/kWh, 3.500 Benutzungsstunden in Cent/kWh
Abbildung 57
■ SNT-VO Stand 30. 9. 2001 ■ SNT-VO Stand 1. 1. 2003 ■ SNT-VO Stand 1. 11. 2003
Cent/kWh
4
3
2
1
119
0
STEG
Innsbruck
Graz
Vorarlberg
KlagenOberfurt
österreich
Wien
Kärnten
Salzburg
Quelle: E-Control
Nieder- Österreich- Tirol
österreich Durchschnitt
Linz
Burgenland
Steiermark
R Netznutzungstarife auf Netzebene 7 in Cent/kWh, 3.500 kWh/Jahr in Cent/kWh,
nicht gemessene Leistung
Klein
walsertal
Abb. 58
■ SNT-VO Stand 30. 9. 2001 ■ SNT-VO Stand 1. 1. 2003 ■ SNT-VO Stand 1. 11. 2003
Cent/kWh
10
8
6
4
2
0
STEG
Klagenfurt
Quelle: E-Control
Wien
Innsbruck
Vorarlberg
Tirol
(2/3 DT,
1/3 ET)
Graz
Nieder- Österreichösterreich Durchschnitt
Linz
Klein- Salzburg
walsertal
Kärnten
OberSteier- Burgenland
österreich mark
Preisentwicklungen am Erdgasmarkt
120
stieg im Jänner 2004 wurde von der Erhöhung
der Erdgasabgabe bewirkt.
Gesamtgaspreisentwicklung
Der größte Einflussfaktor für die Entwicklung
des Erdgaspreises ist die Entwicklung von Ölpreisindizes. Nach wie vor sind die meisten Importabnahmeverträge an den Ölpreis gekoppelt,
da Öl als das wichtigste Substitutionsprodukt
für Erdgas zu sehen ist. Dies führt dazu, dass
sich – im Gegensatz zur Entwicklung des Verbraucherpreisindex für elektrische Energie
(Strom-VPI) – die einzelnen Ereignisse am Erdgasmarkt in Österreich nur teilweise in der
Entwicklung des Gas-VPI widerspiegeln (Abbildung 59). Im Vorfeld zur – und kurz nach der –
vollständigen Öffnung des Erdgasmarktes kam
es zu einem leichten Rückgang. Der darauf folgende Anstieg des Gas-VPI im Juli 2003 und zu
Beginn des Jahres 2004 ist vor allem auf Erhöhungen der Energiepreise durch die Unternehmen zurückzuführen. Der letzte markante An-
Importerdgaspreis
Die Entwicklung des Erdgasimportpreises spiegelt die Entwicklung des Ölpreises auf den
internationalen Rohölmärkten – zeitverzögert –
wider. Im Frühjahr 2003 kam es zwar zu einem
deutlichen Rückgang des Importerdgaspreises,
jedoch stieg er seit letztem Sommer mit den
konstant wachsenden Rohölpreisen wieder an.
Die weitere Entwicklung zeigt, dass der Erdgasimportpreisindex in den kommenden Monaten
weiter steigen und über jenem zu Beginn der
vollständigen Marktöffnung liegen wird. Ein
Rückgang des Erdgasimportpreisindex ist aus
derzeitiger Sicht frühestens zu Beginn des kommenden Jahres zu erwarten. Sollten jedoch die
Preise für Rohöl in den kommenden Monaten
weiter auf hohem Niveau bleiben, wird ein
Rückgang des Erdgasimportpreises immer un-
R Entwicklung des Gas-VPI (Index: Oktober 2002 = 100)
Abbildung 59
110
Vollständige Öffnung des Gasmarktes
100
Erhöhung der
Energieabgabe
90
80
Jan
Apr
Jul
Okt Jan
1997
Quelle: Statistik Austria
Apr
Jul
Okt Jan
1998
Apr
Jul
Okt Jan
1999
Apr
Jul
Okt Jan
2000
Apr
Jul
Okt Jan
2001
Apr
Jul
Okt
2002
Jan
Apr
Jul
Okt Jan
2003
Apr
wahrscheinlicher, was sich wiederum auch erhöhend auf die Endkundenpreise auswirken
könnte.Warum und in welcher Art sich der
Erdgaspreis am Preis seiner wichtigsten Substitutionsgüter orientiert, zeigt das Konzept des
anlegbaren Preises (siehe Kasten 8).
Die Preisbildung nach dem Anlegbarkeitsprinzip
wird auf allen Stufen der Erdgashandelskette angewandt. In der Praxis ist die Erdgaspreisbildung
nicht ausschließlich am Anlegbarkeitsprinzip
ausgelegt, sondern eine Mischung aus diesem
und der Kostenorientierung.
Die gemeinsame Betrachtung des Erdgasimportpreisindex und des Gas-VPI zeigt eine nur
geringe Korrelation der beiden Indizes. Dies ist
vor allem darauf zurückzuführen, dass der GasVPI neben dem Energiepreis auch von den Entwicklungen der Steuern, Zuschläge und Abgaben
sowie den Netzkosten beeinflusst wird.Ver-
gleicht man die Entwicklung der beiden Indizes
seit Beginn der vollständigen Marktöffnung im
Oktober 2002 (Index = 100), so wurde der anfängliche Anstieg des Erdgasimportpreises mit
Verzögerung an die Endkunden weitergegeben.
Der darauf folgende deutliche Rückgang des
Erdgasimportpreises im 2. Quartal 2003 spiegelt
sich hingegen – auch zeitverzögert – nicht in
der Entwicklung der Endkundenpreise wider.
Seit Sommer 2003 steigt der Erdgasimportpreis
wieder kontinuierlich an, und Ankündigungen
der Erdgaslieferanten lassen erwarten, dass die
Endkundenpreise für Erdgas in den kommenden
Monaten nochmals angehoben werden.
Trotz Liberalisierung der Erdgasmärkte in Europa ist es zu keiner Entkoppelung des Erdgaspreises vom Ölpreis gekommen. Ein Gas-zuGas-Wettbewerb hat sich bisher noch nicht
durchgesetzt. Mit einem Anstieg der Anbieter –
vor allem durch vermehrte Erdgasimporte über
R Entwicklung des Erdgasimportpreisindex (Index: Oktober 2002 = 100)
Abbildung 60
Prognose
130
120
Prognose
Vollständige Öffnung des Gasmarktes
110
100
90
80
70
60
Jan Mär
2001
Mai
Jul
Sep
Nov
Jan Mär
2002
Quelle: Statistik Austria, E-Control (Prognose)
Mai
Jul
Sep
Nov
Jan Mär
2003
Mai
Jul
Sep
Nov
Jan Mär
2004
Mai
Jul
Sep
Nov
Jan Mär
2005
Mai
Jul
121
LNG-Terminals, aber auch aufgrund einer Belebung des Handels an den Gashubs – könnte sich
mittelfristig der Erdgaspreis zumindest zum Teil
unabhängig vom Ölpreis entwickeln.Abbildung
62 zeigt, dass die Entwicklung des Erdgaspreises
bislang stark mit jener des Ölpreises korrelierte. Mit dreimonatiger Verzögerung schlagen sich
Ölpreissteigerungen und -senkungen auf den
Erdgasimportpreis nieder, wobei entsprechend
der derzeitigen Rohölpreisentwicklung ein Anstieg des Erdgasimportpreises in den nächsten
Monaten zu erwarten ist.Wie sich allerdings
der Rohölpreis in den nächsten Monaten entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Für die kommende Heizperiode führt ein anhaltend hoher Rohölpreis mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem
122
R Anlegbarer Preis45
Die Preisbildung nach der Anlegbarkeit wurde in
den 60er Jahren bei der Einführung des Energieträgers Erdgas in den Wärmemarkt entwickelt, damit
der Preis wettbewerbsfähig mit dem des Hauptkonkurrenten Heizöl gestaltet werden konnte. Der Substitutionswettbewerb46 ist dabei entscheidend für
die Funktionsfähigkeit des Preisbildungsprinzips, da
nur er gewährleisten kann, dass keine monopolistischen Preisbildungsspielräume entstehen können.
Der anlegbare Erdgaspreis stellt ein Anwendungsbeispiel der Preisdifferenzierung dar. Im Vergleich
zur einfachen Monopolpreisbildung sind die Wohlfahrtsverluste bei einer Preisdifferenzierung nach
der Anlegbarkeit des Preises niedriger. Der Anbieter
kann einen Großteil jener Konsumentenrente, die
bei der einfachen Monopolpreisbildung verloren
gehen würde, zusätzlich abschöpfen. Daneben führt
die Preisbildung nach der Anlegbarkeit zu einer Ausdehnung der Gesamtabsatzmenge über die Menge
hinaus, die ein Monopolist mit einem einheitlichen
Preis anzubieten bereit wäre.
Der Erdgaspreis ist „anlegbar“, wenn der unter
Berücksichtigung aller Anwendungsvor- und -nachteile des Erdgases berechnete Preis nicht teurer ist
hohen Importgaspreis, der auch im Endkundenpreis seinen Niederschlag finden könnte.
Erdgaspreisentwicklung – Industrie
Das Datenmaterial über die Entwicklung der
Erdgaspreise für Industriekunden ist nach wie
vor gering. Eine Umfrage „Liberalisierungseffekte am Strom- und Erdgasmarkt“ der E-Control
in Zusammenarbeit mit dem ÖEKV und der
OGM zeigt, dass die Industriekunden im Erdgasbereich deutliche Einsparungen des Energiepreises lukrieren konnten.Vergleicht man die Einsparungen mit jenen im Strombereich, so zeigt
sich, dass diese im Erdgasbereich relativ gering
ausgefallen sind (Näheres dazu siehe Kapitel
Strompreisentwicklung – Industrie).
Kasten 8
als der Preis für den Einsatz und die Systemkosten
des wichtigsten Substitutionsenergieträgers (bei
Haushalten z.B. leichtes Heizöl). Die Anlegbarkeit
wird somit durch die Zahlungsbereitschaft der Kunden bestimmt, die sich am individuellen Nutzen,
gemessen an den Kosten der besten verfügbaren
Alternative, orientiert. Grundlegend für die Berechnung sind somit die individuellen Opportunitätskosten. Die Untergrenze für den anlegbaren Preis sind
die Grenzkosten der Versorgung mit Erdgas.
Die Orientierung des Erdgaspreises an dem Preis
für die Substitutionsenergie erfolgt dabei in zwei
Schritten: zunächst in der Bestimmung des Basispreises, in dem auch die Systemkosten der Anwendung der Energieträger eingehen, und dann in der
Indexierung dieses Basispreises, dessen Entwicklung
an die Entwicklung der wichtigsten Substitutionsenergie (z.B. Ölpreis) „angelegt“ wird.
Die Preisbildung nach dem Anlegbarkeitsprinzip
wird auf allen Stufen der Erdgashandelskette angewandt. In der Praxis ist die Erdgaspreisbildung nicht
ausschließlich am Anlegbarkeitsprinzip ausgelegt,
sondern eine Mischung aus diesem und der Kostenorientierung. 47
Hans K. Schneider,Walter Schulz (1977), Gerhard Schulz (1996)
Im Gegensatz zum direkten Wettbewerb in den einzelnen Energieträgersektoren stehen beim Substitutionswettbewerb die Endenergieträger im Wettbewerb (z.B. im
Wärmemarkt Heizöl, Erdgas, Fernwärme, Strom).
47
Hans K. Schneider,Walter Schulz (1977)
45
46
R Vergleich Erdgasimportpreisindex und Gas-VPI
(Index: Oktober 2002 = 100)
Abbildung 61
■ Gas-VPI ■ Gas-Importpreisindex bzw. Gas-Importpreisindex Prognose
130
120
110
Vollständige Öffnung des Gasmarktes
100
90
123
80
Jan
2001
Mär
Mai
Jul
Sep
Nov
Jan
2002
Mär
Mai
Jul
Sep
Nov
Jan
2003
Mär
Mai
Jul
Sep
Nov
Jan
2004
Mär
Mai
Quelle: E-Control, Statistik Austria
R Entwicklung von Rohölpreis (Brent) und Erdgasimportpreis im Vergleich
(Index: Oktober 2002 = 100)
Abbildung 62
■ Rohölpreis (Brent) ■ Importgaspreis
130
120
110
Importgaspreis
100
90
80
Rohölpreis (Brent)
70
60
Jan
2001
Mär
Mai
Jul
Sep
Quelle: E-Control, Statistik Austria, EIA
Nov
Jan
2002
Mär
Mai
Jul
Sep
Nov
Jan
2003
Mär
Mai
Jul
Sep
Nov
Jan
2004
Mär
Mai
Jul
R Industriegaspreise inkl. Netzkosten im europäischen Vergleich
Abbildung 63
(11,63 GWh/Jahr, 1. Jänner 2004)
■ ohne USt. ■ ohne jegliche Steuern
Cent/kWh
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
124
0,0
Rumänien Estland Lettland Litauen
Polen
Tschechien
Spanien
UK
Ungarn Finnland Belgien
Frankreich
Slowakei Österreich
Portugal Deutsch- Schweden
land
Quelle: Eurostat
R Haushaltsgaspreisvergleich nach Netzgebiet inklusive Steuern und
Abbildung 64
Abgaben in Cent/kWh (günstigster Anbieter, 15.000 kWh/Jahr)
■ Salzburg AG ■ TIGAS ■ STFG ■ Kelag ■ VEG ■ Begas ■ Linz AG ■ OÖFG ■ Wiengas ■ EVN
Cent/kWh
5,75
5,25
4,75
4,25
3,75
Apr
2003
Quelle: E-Control
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
Jan
Feb
Mär
Apr
2004
Mai
Jun
Jul
Trotz der im Vergleich zu anderen Ländern frühzeitigen vollständigen Liberalisierung des Erdgasmarktes ist der Gesamtpreis (Netz und
Energie) für Industriekunden sowohl mit als
auch ohne Steuern und Abgaben einer der
höchsten in der Europäischen Union.
Erdgaspreisentwicklung – Haushaltskunden
Die Entwicklungen der Gesamtpreise (Netz,
Energie, Steuern und Abgaben) für Erdgas im österreichischen Haushaltskundenbereich sind im
Verlauf zwar ähnlich, sie finden jedoch auf sehr
unterschiedlichem Niveau statt.
So lag im Juli 2004 der Gesamtpreis des günstigsten Anbieters im Netzbereich der Salzburg AG
um rd. 22 % über jenem der EVN. Die Unterschiede sind vorwiegend auf ein ungleiches Niveau der Netztarife zurückzuführen, das im
Netzbereich der Salzburg AG das höchste in
Österreich ist. Bis Dezember 2003 haben sich
die Haushaltsgesamtpreise – berechnet auf Basis
des günstigsten Energiepreisangebots – in den
einzelnen Netzbereichen doch sehr unterschiedlich entwickelt.Während im Netzbereich der
VEG und der EVN die Gesamtpreise Mitte 2003
gesunken sind, kam es im Netzbereich der Tigas
zu einem deutlichen Anstieg des Energiepreises.
Die Reduktion im Netzbereich der EVN ist
hauptsächlich auf die Senkung der Netztarife
durch die Regulierungsbehörde zurückzuführen.
Anfang 2004 wurde die Erdgasabgabe durch den
Finanzminister erhöht, was zum Anstieg der Gesamtpreise in allen Netzbereichen geführt hat.
Mit Juni 2004 wurden die Netztarife durch die
Regulierungsbehörde in den meisten Netzbereichen ein weiteres Mal gesenkt, was in vielen
Netzbereichen zu einer Reduktion der Gesamtpreise der günstigsten Anbieter führte.
Abbildung 65 und Abbildung 66 zeigen, dass der
Energiepreis des Local Players mit Ausnahme
der Stadtwerke Klagenfurt gleich bzw. teilweise
R Vergleich der Energiepreise im Netzbereich des Local Players – günstigster
Anbieter vs. Local Player (31. Juli 2004, 15.000 kWh/Jahr, in Cent/kWh)
Abbildung 65
■ günstigster Anbieter exkl. Local Player ■ Local Player
Cent/kWh
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
Begas
Quelle: E-Control
Energie
Graz
Energie
Ried
Erdgas
OÖ
EVN
E-Werk
Wels
Kelag
Linz AG
Salzburg Stadtwerke Stadtwerke
AG
Bregenz Klagenfurt
STFG
TIGAS
VEG
Wiengas
125
deutlich höher ist als jener des günstigsten Anbieters. In manchen Fällen würde ein Wechsel
des Lieferanten dem Endkunden Einsparungen
beim Energiepreis von bis zu 20 % bringen. Beispielsweise kann ein Kunde der Linz AG mehr als
e 70 (inkl. Umsteigerbonus) im ersten und mehr
als e 50 in den darauf folgenden Jahren einsparen
(Stichtag 1. September 2004, jährlicher Verbrauch
von 15.000 kWh).Trotz dieser Preisunterschiede
und der Einsparungsmöglichkeiten sind die
Wechselraten weiterhin sehr niedrig. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch,
dass der Energiepreis der VEG um 6 % höher
ist als jener der Linz AG, doch ist dort physisch
kein alternatives Angebot möglich.
Zurückzuführen sind die teilweise doch deutlichen Preisunterschiede zum günstigsten Anbie-
ter auf die starke Stellung der Local Players
gegenüber neuen Lieferanten, auch wenn diese
Landesgesellschaften bzw.Vertriebsunternehmen
von Landesgesellschaften sind. Die geringe Wechselrate und der dadurch geringe Wettbewerbsdruck erlauben dem Local Player höhere Preise
zu verrechnen als ein alternativer Anbieter. Die
Stadtwerke Klagenfurt sind der einzige Local
Player, der ein günstigeres Energieangebot als
der günstigste Fremdanbieter hat.
Die getrennte Betrachtung der Kosten für Energie und Netz zeigt, dass das Energie- sowie das
Netzpreisniveau in den einzelnen Netzbereichen
sehr unterschiedlich ist.Während der Netzpreis
in Salzburg um 40 % über jenem der Stadtwerke
Bregenz liegt, zeigt sich bei den Energiepreisen
ein umgekehrtes Bild. So ist der Energiepreis bei
126
R Einsparungen bei günstigstem Anbieter im Vergleich zum Local Player –
Energie (31. Juli 2004, 15.000 kWh/Jahr)
Abbildung 66
19 %
20 %
10 %
0%
0%
0%
0%
0%
0%
-1 %
-2 %
-1 %
-4 %
-10 %
-12 %
-14 %
-16 %
-20 %
-20 %
-21 %
-30 %
Begas
Quelle: E-Control
Energie
Graz
Energie
Ried
Erdgas
OÖ
EVN
E-Werk
Wels
Kelag
Linz
AG
Salzburg Stadtwerke Stadtwerke
AG
Bregenz Klagenfurt
STFG
TIGAS
VEG
Wiengas
der Salzburg AG um 30 % niedriger als bei den
Stadtwerken Bregenz.Abbildung 67 zeigt, dass
diese Wechselbeziehung zwischen Netz- und
Energiepreis österreichweit zu beobachten ist.
In jenen Netzbereichen, in denen die Netzkosten
niedrig sind, ist der Energiepreis hoch und vice
versa. Dies deutet auf eine mögliche Quersubventionierung zwischen dem Leitungs- und Energiebereich hin bzw. könnte aufgrund des anlegbaren Preises zeitweise geringe oder negative Margen im Geschäft bedeuten.
Ohne Steuern und Abgaben liegt der Preis nur
in der Schweiz über jenem in Österreich. Durch
die höheren Steuern und Abgaben in Schweden,
Dänemark und Italien verschiebt sich die Position Österreichs etwas nach hinten an die viertteuerste Stelle.
Der europäische Vergleich der Haushaltsgaspreise zeigt ein ähnliches Bild wie jenes der Industriepreise, jedoch auf einem deutlich höheren Niveau. Österreich liegt auch hier im europäischen
Vergleich, sowohl bei der Betrachtung mit und
ohne Steuern und Abgaben, in der oberen Hälfte.
127
R Energiepreis Erdgas im Vergleich zu den Leitungsgebühren – Juni 2004
(15.000 kWh/Jahr)
Abbildung 67
■ Energiepreis (beim Local Player) ■ Netz ■ günstigstes Energieangebot (Regelzone Ost)
Cent/kWh
2,5
2,0
günstigstes Energieangebot (Regelzone Ost)
1,5
1,0
0,5
0,0
Stadtwerke
Bregenz
Quelle: E-Control
VEG
EVN
Wiengas
OÖFG
Linz AG
Begas
Energie
Graz
STFG
TIGAS
Kelag
Salzburg
AG
R Haushaltsgaspreise inkl. Netzkosten im europäischen Vergleich
(30.000 kWh/Jahr, 1. Quartal 2004)
Abbildung 68
■ exkl. Steuern + Abgaben ■ inkl. Steuern + Abgaben
Cent/kWh
7
6
5
4
3
2
1
128
0
Schweden
Dänemark
Italien
Österreich
Deutschland
Niederlande
Spanien
Schweiz
Belgien
Frankreich
UK
Quelle: Energy Advice
Systemnutzungstarife für Erdgas
Wie im Strombereich werden im Gasbereich
die Systemnutzungstarife behördlich festgelegt.
Mit Juni 2004 hat die Regulierungsbehörde die
Netztarife in allen Netzbereichen außer im
Netzbereich Tirol und Oberösterreich gesenkt.
Die Reduktion hat zwar zu einer Angleichung
der Netz-tarife auf nahezu allen Ebenen und
Zonen geführt, dennoch sind die Netztarife in
Österreich nach wie vor unterschiedlich hoch.
Auf der Ebene 2 differieren die Netznutzungstarife stark.Während im Netzbereich der Salzburg AG der Preis für die Netznutzung (Abbildung 72, Zone A, 2.800.000 kWh/Jahr, 3.200
kWh/h) bei rd. 1,7 Cent/kWh liegt, beträgt dieser im günstigsten Netzbereich für diese Verbrauchskategorie rd. 0,6 Cent/kWh. Umgekehrt
stellt sich dies bei einer höheren Abnahmemenge auf der Netzebene 2 dar, denn im Zuge der
Novelle der GSNT-VO 2004 wurden für Größtverbraucher neue Tarifzonen eingeführt, die in
den Netzbereichen Salzburg, Niederösterreich
und Wien zu sehr niedrigen Netztarifen bei großen Abnahmemengen geführt haben. Davon haben vor allem die Gaskraftwerke in diesen
Netzbereichen profitiert (siehe Abbildung 76
und Abbildung 77).
Auf der Netzebene 3 ergibt sich ein ähnlich divergierendes Bild, wo je nach Verbrauchsverhalten die Netznutzung fast immer in einem anderen Netzbereich am günstigsten ist. Beispielsweise bei einem Verbrauch von 15.000 kWh pro
Jahr zahlt ein nicht leistungsgemessener Kunde
im Netzbereich Steiermark mit 2,26 Cent pro
kWh um 70 % mehr als im Netzbereich Niederösterreich mit 1,32 Cent pro kWh (Abbildung
70). Bei einem Verbrauch von 80.000 kWh pro
Jahr liegen hingegen die höchsten Netztarife für
einen nicht gemessenen Kunden im Netzbereich
Salzburg und liegen um mehr als 80 % über jenen in Tirol, dem günstigsten Netzbereich für
diese Verbrauchskategorie (Abbildung 71).
R Tarifierungssystem der Nutzung von Erdgasleitungen in Österreich
Wie im Gaswirtschaftsgesetz vorgesehen, wird in
Österreich das Netznutzungsentgelt für die Inlandsversorgung durch die E-Control Kommission
bestimmt, während der Transitbereich nicht den
diesbezüglichen Bestimmungen unterworfen ist; d.h.,
dass eine Trennung zwischen Inlandsversorgung und
Transitbereich und eine Zuteilung der Kosten zwischen den beiden Bereichen vorgenommen werden
muss. Nur der Kostenblock für den Inlandstransport
fließt in die behördlich festgelegten Systemnutzungstarife für Erdgas ein.
Tarifebenen
Als Netzebenen, von denen bei der Bildung der
Systemnutzungstarife auszugehen ist, bestimmt
das GWG (§ 23b Abs. 1) folgende Tarifebenen:
1.
2.
3.
Fernleitungen (Definition siehe § 6 Z 15 iVm.
§ 23b Abs. 1 Z. 1),
Verteilerleitungen über 6 bar (Definition siehe
§ 6 Z. 60 iVm. § 23b Abs. 1 Z. 2),
Verteilerleitungen unter 6 bar (Definition siehe
§ 6 Z. 60 iVm. § 23b Abs. 1 Z. 3).
Da die E-Control Kommission Netznutzungstarife
für die Netzebene 2 und die Netzebene 3 festzulegen hat, werden die Kosten der Inlandsversorgung
auf den Fernleitungen (Netzebene 1) auf die untergelagerten Ebenen gewälzt.
Briefmarkenmodell
Das Tarifmodell, das für Österreich im Jahr 2002
gewählt wurde, ist eine Variante des Briefmarkenmodells. Das österreichische Erdgasnetz wird dabei als
„Gas-See“ betrachtet, bei dem es theoretisch keine
Bedeutung haben sollte, woher das Erdgas kommt
bzw. wo in Österreich sich der Kunde befindet.
Die Tarife der Ebenen 2 und 3 sind nach verbrauchten Kilowattstunden in Zonen und Staffeln gegliedert. Die ersten 7 der insgesamt 11 bzw. 13 Zonen
und Staffeln kommen für nicht leistungsgemessene
Endverbraucher zur Anwendung, die letzten 4 bzw.
48
Kasten 9
6 Zonen und Staffeln gelten für Endverbraucher
über 100.000 m3 Abnahmemenge mit einem Lastprofilzähler.
Mit 1. Juni 2003 wurde eine Novelle der GSNT-VO
erlassen, in der die Netztarife des Netzbereiches
Niederösterreich verändert wurden. Am 1. Juni 2004
trat eine weitere der GSNT-VO in Kraft, im Zuge
derer die Netztarife der österreichischen Erdgasnetzbetreiber angepasst wurden.
Kapazitätssystem
Das in Österreich installierte Bilanzgruppenmodell
basiert auf der Annahme eines Gas-Sees, dessen
Zulauf die Einspeisepunkte und dessen Ablauf die
Entnahmepunkte des Fernleitungsnetzes sind. Die
für den Netzzugang der Kunden erforderliche Kapazität und deren Verwaltung wird durch das „Rucksack-Prinzip“ bestimmt. Entsprechend dem Rucksackprinzip gehört die Kapazität dem Kunden und
geht im Falle eines Versorgerwechsels nicht verloren. D.h., dass die „Rucksack-Kapazität“ der Kunden
im Verteilernetz auf den jeweils zugeordneten Einspeisepunkt projiziert wird.
Im Falle des Versorgerwechsels bestimmt der alte
Versorger der Bilanzgruppe die dem Kunden zuzuordnende Kapazität. Durch die Zuordnung des Kunden zum neuen Versorger reduziert sich die aggregierte Kundenkapazität des alten Versorgers um dieselbe Größe.
Durch die oben dargestellte Vorgehensweise
bestimmt de facto der alte Versorger den Einspeisepunkt. Er könnte daher diesen so wählen, dass der
neue Versorger an „seinem“ Einspeisepunkt nicht
genügend Kapazität hat oder diese – zu Ungunsten
der Kunden48 – im vollen Ausmaß zugekauft werden
muss. Reservieren von Kapazitäten ist zudem kostenlos und unverbindlich, womit kaum Anreize für
eine optimale und somit effiziente Nutzung des
Leitungssystems gegeben sind.
Dies deswegen, weil im österreichischen System die freie Kapazität und die daraus resultierenden Kosten beim Einspeisepunkt des alten Versorgers nicht reduziert werden.
Darüber hinaus trägt der Versorger nicht die Kosten der Einspeisekapazität und hat somit auch keinen Anreiz, mit diesem sorgsam umzugehen.
129
R Netznutzungstarife, Ebene 3, 8.000 kWh/Jahr in Cent/kWh,
nicht leistungsgemessene Kunden
Abbildung 69
■ 8.000 kWh (vor Juni 2004) ■ 8.000 kWh (ab Juni 2004)
Cent/kWh
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
130
0,0
Salzburg
Kärnten
Tirol
Burgenland
Steiermark
Oberösterreich
Wien
Niederösterreich
Vorarlberg
Quelle: E-Control
R Netznutzungstarife, Ebene 3, 15.000 kWh/Jahr in Cent/kWh,
nicht leistungsgemessene Kunden
Abbildung 70
■ 15.000 kWh (vor Juni 2004) ■ 15.000 kWh (ab Juni 2004)
Cent/kWh
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
Salzburg
Quelle: E-Control
Kärnten
Tirol
Steiermark
Burgenland
Oberösterreich
Wien
Niederösterreich
Vorarlberg
R Netznutzungstarife, Ebene 3, 80.000 kWh/Jahr in Cent/kWh,
nicht leistungsgemessene Kunden
Abbildung 71
■ 80.000 kWh (vor Juni 2004) ■ 80.000 kWh (ab Juni 2004)
Cent/kWh
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
131
0,0
Salzburg
Kärnten
Tirol
Steiermark
Burgenland
Oberösterreich
Niederösterreich
Wien
Vorarlberg
Quelle: E-Control
R Netznutzungstarife, Ebene 2, Zone A, 2.800.000 kWh/Jahr, 3.200 kWh/h,
leistungsgemessene Kunden, in Cent/kWh
Abbildung 72
■ vor Juni 2004 ■ ab Juni 2004
Cent/kWh
4
3
2
1
0
Burgenland
Quelle: E-Control
Kärnten
Niederösterreich
Oberösterreich
Salzburg
Steiermark
Tirol
Wien
R Netznutzungstarife, Ebene 2, Zone B, 7.900.000 kWh/Jahr, 9.600 kWh/h,
leistungsgemessene Kunden, in Cent/kWh
Abbildung 73
■ vor Juni 2004 ■ ab Juni 2004
Cent/kWh
4
3
2
1
132
0
Burgenland
Kärnten
Niederösterreich
Oberösterreich
Salzburg
Steiermark
Tirol
Wien
Quelle: E-Control
R Netznutzungstarife, Ebene 2, Zone C, 31.300.000 kWh/Jahr, 14.200 kWh/h,
leistungsgemessene Kunden, in Cent/kW
Abb. 74
■ vor Juni 2004 ■ ab Juni 2004
Cent/kWh
1,5
1,0
0,5
0,0
Burgenland
Quelle: E-Control
Kärnten
Niederösterreich
Oberösterreich
Salzburg
Steiermark
Tirol
Wien
R Netznutzungstarife, Ebene 2, Zone D, 150.000.000 kWh/Jahr, 120.500 kWh/h,
leistungsgemessene Kunden, in Cent/kWh
Abb. 75
■ vor Juni 2004 ■ ab Juni 2004
Cent/kWh
1,0
0,5
133
0,0
Burgenland
Kärnten
Niederösterreich
Oberösterreich
Salzburg
Steiermark
Tirol
Wien
Quelle: E-Control
R Netznutzungstarife, Ebene 2, Zone E, 800.000.000 kWh/a, 200.000 kWh/h,
leistungsgemessene Kunden, in Cent/kWh
Abb. 76
■ vor Juni 2004 ■ ab Juni 2004
Cent/kWh
0,250
0,125
0,000
Burgenland
Quelle: E-Control
Kärnten
Niederösterreich
Oberösterreich
Salzburg
Steiermark
Tirol
Wien
R Netznutzungstarife, Ebene 2, Zone F, 1.150.000.000 kWh/a, 275.000 kWh/h,
leistungsgemessene Kunden, in Cent/kWh
Abb. 77
■ vor Juni 2004 ■ ab Juni 2004
Cent/kWh
0,250
0,125
134
0,000
Burgenland
Kärnten
Niederösterreich
Oberösterreich
Salzburg
Steiermark
Tirol
Wien
Quelle: E-Control
Ausgleichsenergiemarkt für Erdgas49
Entwicklung im Ausgleichsenergiemarkt
Im Gasjahr 2002/2003 wurden insgesamt rd.
240 Mio. m3 Ausgleichsenergie an die Ausgleichsenergieanbieter verkauft (dem Netz entnommen) und 125 Mio. m3 von den Ausgleichsenergieanbietern (in das Netz eingespeist) gekauft. Im Gasjahr 2003/2004 ist der Kauf von
Ausgleichsenergie im Vergleich zum Verkauf
deutlich zurückgegangen.Von Oktober 2003
bis Juni 2004 wurden rd. 19 Mio. m3 von den
Ausgleichsenergieanbietern gekauft, dagegen
rd. 150 Mio. m3 an die Ausgleichsenergieanbieter
verkauft. Damit zeichnet sich ein Rückgang des
Ausgleichsenergievolumens ab.Trotz der Dominanz von wenigen Akteuren am Ausgleichsenergiemarkt, insbesondere von Econgas und RAG,
ist die Preisentwicklung bisher relativ moderat
verlaufen. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen,
dass die Econgas auch die verbrauchsstärkste
Bilanzgruppe in der Regelzone Ost ist. Damit
würden die wichtigsten Ausgleichsenergieanbieter gleichzeitig von hohen Ausgleichsenergiepreisen am meisten belastet werden.
Im ersten Jahr nach der Einführung haben sich
als wesentliches Problem die Kosten der Bilanzgruppe Netzverluste und Eigenverbrauch herausgestellt. Da das Erdgasnetz kurzfristig als
Speicher fungieren kann, ist es möglich, dass Erdgasmengen, die in der Stunde vom Regelzonenführer und den Bilanzgruppen eingespeist worden sind, nicht wieder vollständig entnommen
werden.50 Die restlichen Erdgasmengen werden
buchungstechnisch den Bilanzgruppen Netzverluste und Eigenverbrauch zugeschrieben. Im ersten Jahr seit Einführung des Ausgleichsenergiemarktes haben sich dabei kumulierte Kosten für
Ausgleichsenergie von rd. e 3 Mio. ergeben.
Seit Oktober 2003 erstellt die E-Control einen Monatsbericht, in dem stündliche, tägliche und monatliche Entwicklungen dokumentiert werden. Dieser Monatsbericht ist auf der Homepage veröffentlicht.
50
Ebenso kann es sein, dass der Regelzonenführer und die Bilanzgruppen mehr Erdgas entnommen haben als von den Bilanzgruppen und den Ausgleichsenergieanbietern
eingespeist worden ist, dies wird dann buchungstechnisch den Bilanzgruppe Netzverluste und Eigenverbrauch als Verkauf aus dem Netz gutgeschrieben.
49
Um diese Kosten zu reduzieren, wurde bei der
Überarbeitung der Marktregeln ein Maßnahmenpaket beschlossen, das im Wesentlichen
Folgendes enthält:
R Änderung der Preisformel für Stunden ohne
Abruf von Ausgleichsenergie,
R Linepackermittlung und Veröffentlichung der
Linepacknutzung durch den Regelzonenführer AGGM,
R Erstellung eines Code of Conduct für die
optimale Netzfahrweise durch den Regelzonenführer AGGM,
R Monitoring der Kostenentwicklung durch
die E-Control.
Änderung der Preisformel
Die bisherige Preisformel sah für Stunden ohne
Abruf von Ausgleichsenergie vor, dass der
Mittelwert aus dem niedrigsten Kaufangebot
und dem höchsten Verkaufsangebot aus der
Merit Order gebildet wurde. Mit der Einführung
einer neuen Preisberechnung für die Stunden
ohne Abruf sollte vor allem erreicht werden,
dass die Bilanzgruppe Netzverluste und Eigenverbrauch beim Kauf von Ausgleichsenergie einen niedrigen Preis und beim Verkauf von Ausgleichsenergie einen hohen Preis erhält. Eine
weitere wesentliche Änderung ist, dass der
Preis erst am Monatsende auf Basis des Summendeltas aller Netzbetreiber in dieser Stunde
berechnet und nicht mehr am nächsten Tag
veröffentlicht werden kann.
Wenn die Netzbetreiber in Summe Erdgas aus
dem Netz abgegeben haben, wird der Durchschnitt der letzten sieben Ausgleichsenergiepreise für den Verkauf von Ausgleichsenergie
zum Ausgleichsenergiepreis für diese Stunde.
Wenn die Netzbetreiber umgekehrt in Summe
Gas ins Netz eingespeist haben, wird derDurchschnitt der letzten sieben Ausgleichsenergiepreise für den Kauf von Ausgleichsenergie zum
Ausgleichsenergiepreis für diese Stunde.
Auswirkung der geänderten Preisformel
Abbildung 78 zeigt die Auswirkung der neuen
Preisformel, die seit 1. Oktober 2003 umgesetzt
worden ist, auf die Kosten der Bilanzgruppe
Netzverluste und Eigenverbrauch. Im ersten
Monat Oktober 2003 haben die Bilanzgruppen
noch rd. e 90.000 Kosten tragen müssen, seither haben sie Erlöse zu verzeichnen – mit Ausnahme des Monats Februar 2004. Insgesamt liegen die seit der Einführung des Ausgleichsenergiemarktes im Oktober 2002 kumulierten
Kosten und Erlöse der Bilanzgruppe Netzverluste noch bei e 1,9 Mio.
Linepacknutzung
Diese Entwicklung ist jedoch nicht nur auf die
veränderte Preisformel, sondern auch auf eine
geänderte Fahrweise des Regelzonenführers
AGGM zurückzuführen. In dem von ihnen in
Abstimmung mit E-Control erstellten Code of
Conduct ist festgehalten, dass der Regelzonenführer versucht,Ausgleichsenergie in möglichst
vielen und gleich hohen Paketen abzurufen und
das vorhandene Linepack zur Verringerung von
Ausgleichsenergieabrufen zu nutzen, ohne die
Netzstabilität zu beinträchtigen.
Die Auswirkungen dieser Vorgangsweise und
der geänderten Preisformel lassen sich an der
Preisentwicklung (Abbildung 79) feststellen.Vor
allem die Unterschiede zwischen den Durchschnittspreisen und den Preispeaks (maximaler
Kaufpreis und minimaler Verkaufspreis) sind
deutlich geringer geworden.
Anhaltende Überlieferungssituation
Seit Etablierung des Marktes im Oktober 2002
ist eine starke Tendenz zur Überlieferung der
Bilanzgruppen zu erkennen. Dies ist auch darin
abzulesen, dass der Regelzonenführer verstärkt
Ausgleichsenergie auf Rechnung der Bilanzgruppen an die Ausgleichsenergieanbieter verkaufen
muss, wie Abbildung 80 zeigt. Grund dafür ist,
dass der kurzfristige Erdgashandel über den
135
R Entwicklung der Kosten der Gasbilanzgruppe Netzverluste und
Abbildung 78
Eigenverbrauch von Oktober 2002 bis Mai 2004
in e
350.000
300.931
250.000
Erlöse
149.606
150.000
122.182
108.735
36.043
50.000
-50.000
-8.877
-72.091
-89.016
-150.000
-60.426
-136.567
-139.036
65.998
-90.801
-140.975 -120.721
-250.000
-226.123
Kosten
-350.000
-450.000
136
-474.964
-550.000
-517.090
-549.581
-647.584
-650.000
Okt
2002
Nov
Dez
Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
2003
Nov
Dez
Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Quelle: E-Control
R Preisentwicklung am Ausgleichsenergiemarkt für Erdgas von
Abbildung 79
Oktober 2002 bis Mai 200451
■ Max. Preis Kauf AE ■ D-Preis Kauf AE ■ D-Preis Stunden ohne Abruf ■ D-Preis Verkauf AE ■ Min. Preis Verkauf AE
Cent/kWh
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
Okt
2002
Nov
Dez
Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
2003
Nov
Dez
Jan
Feb
Mär
Apr
Quelle: E-Control
51
Im Monat 02/04 gibt es keinen Preis für den Kauf von Ausgleichsenergie von den Ausgleichsenergieanbietern, weil dieser nicht stattfand: Es wurde im Februar 2004 nur
Ausgleichsenergie an Ausgleichsenergieanbieter verkauft.
Mai
Ausgleichsenergiemarkt stattfindet. Bilanzgruppen überliefern, und auf der anderen Seite kaufen
wiederum Bilanzgruppen oder die Ausgleichsenergieanbieter. Einzelne Bilanzgruppen handeln
einen nicht geringen Anteil ihres Erdgasverbrauchs über den Ausgleichsenergiemarkt Erdgas. Es gibt jedoch einen wesentlichen Unterschied zu einem Spotmarkt: Bei der Verkaufsund Kaufentscheidung kann sich der Marktteilnehmer nicht an den aktuellen Preisen orientieren, da die Ausgleichsenergiekosten erst zu
einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben
werden.Aufgrund der geringen Volatilität der
Ausgleichsenergiepreise für Erdgas ist das reisrisiko für den kurzfristigen Handel über den Ausgleichsenergiemarkt jedoch relativ gering. Dagegen haben Verkäufer und Käufer kein Mengenrisiko.Wenn der Verkäufer Erdgas einspeist, das
von anderen Händlern nicht abgenommen wird,
verbleibt es im Netz (d.h. es wird der Bilanzgruppe Netzverluste zugeschrieben), oder der
Regelzonenführer muss über den Abruf von Aus-
gleichsenergie Erdgas dem Netz entnehmen. Entnimmt ein Käufer mehr Erdgas, als eingespeist
wurde, stammt dieses entweder von der Bilanzgruppe für Netzverluste und Eigenverbrauch (d.h.
die Bilanzgruppe Netzverluste verkauft Erdgas)
oder der Regelzonenführer muss über den Abruf
von Ausgleichsenergie Erdgas ins Netz einspeisen.
Aufgrund eines fehlenden Spotmarktes wird der
kurzfristige Erdgashandel über den Ausgleichsenergiemarkt abgewickelt. Dies hat den wesentlichen Nachteil, dass das Marktrisiko auch von
am Handel unbeteiligten Unternehmen, nämlich
den Netzbetreibern (und anderen Bilanzgruppen) mitgetragen wird.Wünschenswert wäre
daher die Etablierung eines Spotmarktes, in
dem auch kurzfristig Erdgasmengen gehandelt
werden können.
Der Anteil des Gesamtumsatzes der Ausgleichsenergie am Erdgasabsatz in der Regelzone Ost
ist seit dem Beginn der Liberalisierung deutlich
R Monatliche Entwicklung von Kauf und Verkauf Augleichsenergie
im Gasjahr 2002/03 und 2003/04
Cent/kWh
Abbildung 80
■ Gesamtmenge Verkauf AE Gasjahr 2002/03 ■ Gesamtmenge Verkauf AE Gasjahr 2003/04
■ Gesamtmenge Kauf AE Gasjahr 2002/03 ■ Gesamtmenge Kauf AE Gasjahr 2003/04
500.000
400.000
300.000
200.000
100.000
0
-100.000
-200.000
-300.000
-400.000
-500.000
Oktober
Quelle: E-Control
November
Dezember
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
137
Marktergebnis
R
Konvergenzentwicklung der Strom- und Erdgasmärkte
zurückgegangen.Während im Oktober 2002
der Anteil noch bei rd. 6,5 % lag, ist dieser Anfang 2004 auf sogar unter 2 % gesunken (Abbildung 81). Seit Februar 2004 ist jedoch wieder
ein leichter Anstieg des Anteils am Gesamtabsatz von Erdgas zu beobachten.
138
Die Änderung der Preisformel und die geänderte Vorgangsweise des Regelzonenführers unter
Optimierung der Linepacknutzung haben zu einer geringeren Belastung der Bilanzgruppe
Netzverluste und Eigenverbrauch geführt. Positiv ist, dass sich der Ausgleichsenergieumsatz
am Gesamtabsatz der Regelzone nahezu halbiert hat. Eine weitere positive Entwicklung ist
die moderate Preisentwicklung trotz der geringen Zahl von Anbietern von Ausgleichsenergie.
Kritisch zu betrachten ist jedoch die anhaltende
Überlieferung des Marktes und die daraus
resultierenden möglichen Konsequenzen für
das Marktmodell.
R
Konvergenzentwicklung der
Strom- und Erdgasmärkte
Über die Beziehungen vom Strom- und Erdgasmarkt wird seit der Liberalisierung der beiden
Energiemärkte viel diskutiert. Die Beziehung
der Märkte zueinander ist vor allem wegen der
Tatsache, dass Erdgas als Primärenergieträger
zur Stromerzeugung verwendet wird, eine gesonderte Betrachtung wert. Im Strombereich ist
zu erwarten, dass zukünftig der Rahmen der
Wettbewerbsgestaltung – neben der Entwicklung des Kohlepreises – vom Erdgaspreis wesentlich mitgestaltet werden dürfte.
Die Spotmarktpreise an den Großhandelsmärkten für elektrische Energie werden neben nachfrageseitigen Faktoren vorwiegend durch die
Entwicklung der Primärenergieträger Erdgas
und Kohle beeinflusst. Die Kosten für Erdgas
und Kohle bestimmen die variablen Kosten der
R Anteil Gesamtumsatz Ausgleichsenergie am Gesamtabsatz
in der Regelzone Ost
Abbildung 81
7%
6%
5%
4%
3%
2%
1%
0%
Okt
Nov
Quelle: E-Control
Dez
Jan
2003
Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
Jan
2004
Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
Marktergebnis
R
Entwicklungen auf der Kundenseite
im Mittel- und Spitzenlastbereich eingesetzten
Kraftwerke. Da der Erdgaspreis durch die Anbindung an den Erdölpreis von dessen Entwicklung
abhängt, hat auch die Entwicklung des Erdölpreises einen Einfluss auf die Großhandelspreise.
Durch den in Zukunft vermutlich größeren Anteil
von Erdgas als Primärenergieträger von elektrischer Energie wird auch der Einfluss auf die Entwicklung des Strompreises weiter zunehmen.
Durch die Kopplung des Erdgaspreises an den
Ölpreis erhöht sich das Volatilitätsrisiko des
Strompreises. Um dieses Risiko zu reduzieren,
könnte in Zukunft der Markt für Dienstleistungen rund um Risikomanagement, das Erdgas und
Strom einbindet, an Bedeutung gewinnen. Mittels
Integration der beiden Bereiche kann das Risiko
eines steigenden Erdgaspreises und dessen Auswirkungen auf den Strompreis reduziert werden.
In Österreich sind die Landesgesellschaften und
Stadtwerke traditionell in beiden Bereichen tätig.Abgesehen von der Förderung von Erdgas
und vom überregionalen Transport (mit Ausnahme der OMV Erdgas) sind die Unternehmen in
allen Bereichen der Wertschöpfungskette vertreten.Auch für die Zukunft ist kaum anzunehmen, dass – abgesehen von OMV Erdgas und
RAG – die Strom- und Erdgasunternehmen
in Zukunft als Produzenten, also im Fördergeschäft, tätig werden. Die größten Synergieeffekte sind vorwiegend im Downstream-Bereich
(d.h. im Marketing- und Vertriebsbereich sowie
im Handel) und hier vor allem bei der Belieferung von Endkunden zu erwarten (siehe auch
Kapitel Multi Utility).
Mit den Zusammenschlüssen zur Energie
Austria und Econgas und der jeweiligen Teilnahme der Energie Allianz entsteht ein quasi vollständig integriertes Erdgas- und Stromunternehmen, auch wenn nur Teile der Wertschöpfungskette (Handel und Großkundenvertrieb)
von den Zusammenschlüssen direkt betroffen
sind. Beide Unternehmen haben in den jeweili-
gen sachlich relevanten Märkten eine marktbeherrschende Stellung (siehe Kapitel Marktkonzentration im Strom- und Erdgasmarkt).
Zusätzlich besteht die Gefahr, dass es über die
dominante Stellung im Erdgasmarkt – vor allem
als Hauptimporteur und Lieferant für Weiterverteiler – zu weiteren negativen wettbewerblichen Auswirkungen auf den Strommarkt
kommt.Auch haben die Erzeugungseinheiten
(Kraftwerke im Strombereich, Importeur im
Erdgasbereich) einen gesicherten Absatz von
Strom bzw. Erdgas, was ihnen – wie bereits in
der Beurteilung des deutschen Bundeskartellamtes beim Zusammenschluss E.On/Ruhrgas
festgehalten wurde – einen Vorteil gegenüber
anderen potenziellen Lieferanten gibt.
R
Entwicklungen auf der
Kundenseite
Das Wechselverhalten der Kunden sowie die
Verhandlungen bei Neuabschluss von Stromund Gasabnahmeverträgen sind ein wichtiger
Indikator dafür, ob und inwieweit die getroffenen Maßnahmen zu einer Belebung des Wettbewerbs geführt haben. Die E-Control hat deshalb
bereits zum zweiten Mal eine Untersuchung gemeinsam mit OGM und dem ÖEKV durchgeführt, die die Auswirkungen der Liberalisierung
der österreichischen Elektrizitäts- und Erdgasmärkte auf das Verbraucherverhalten untersuchen. Erstmals wurden bei der Untersuchung
die Auswirkungen auf den Erdgasmarkt berücksichtigt.
Auswirkungen im ersten Liberalisierungsjahr
im Strom- und Erdgasmarkt
In beiden Märkten hatten bereits vor der vollständigen Liberalisierung Großkunden die Möglichkeit, ihren Lieferanten zu wechseln bzw. in
Neuverhandlungen zu treten. Im Elektrizitätsmarkt wurden in den ersten drei Quartalen
2001 dementsprechend Vertragsverhandlungen
für rd. 19.500 GWh und Versorgerwechsel für
139
rd. 560 GWh Jahresbezug bei den Großabnehmern verzeichnet. Dies bedeutet, dass bereits
für mehr als 40 % der Gesamtabgabe eines Jahres im Vorfeld des 1. Oktober 2001 die Rahmenbedingungen aktiv durch die Abnehmer
geändert wurden.
Im Erdgasmarkt wurden für rd. 3.030 Mio. m3
oder etwa 37 % des Jahresbezugs Vorverhandlungen auf Initiative der Großabnehmer geführt.
Versorgerwechsel waren in diesem Bereich keine zu verzeichnen.
140
Im ersten Liberalisierungsjahr wechselten 9.900
Erdgashaushalte (0,9 %) gegenüber rd. 26.000
(0,7 %) Stromhaushalte ihren jeweiligen Versorger. Bezogen auf die Jahresabgabe entspricht
dies einem Anteil von 0,7 % im Erdgas und von
0,8 % im Strommarkt.Von den sonstigen Kleinabnehmern wechselten 200 Erdgaskunden
(0,2 %) bzw. 37.700 Stromkunden (3,2 %) den
Lieferanten. Der größte Teil der Versorgerwechsel im Bezug auf die Abnahmemenge entfällt auf
Großkunden. Da die Großabnehmer bereits vor
dem jeweiligen 1. Oktober die Möglichkeit eines
Versorgerwechsels bzw. von Neuverhandlungen
hatten und somit vertraglich gebunden waren,
wurden von dieser Gruppe im ersten Liberalisierungsjahr deutlich weniger Aktivitäten gesetzt als davor.Abbildung 82 zeigt den Gesamteffekt der Liberalisierung im Strom- und Erdgasmarkt im ersten Jahr52.
Von den Großabnehmern, die ihre Verträge neu
verhandelt haben, konnten im Strombereich im
ersten Liberalisierungsjahr für 21 % der bezogenen Energie Einsparungen bis zu 10 %, für 32 %
Einsparungen bis zu 20 % und für 48 % Einsparungen über 20 % erreicht werden. Keines der
befragten Unternehmen gab an, keine Einsparung erreicht oder gar eine Preiserhöhung in
Kauf genommen zu haben.
R Liberalisierungseffekte im Strom- und Erdgasmarkt im
Abbildung 82
ersten Jahr der vollständigen Marktöffnung, in % der Jahresabgabe
8%
7%
6%
5%
4%
3%
2%
1%
0%
Versorgerwechsel
Vertragsänderung
Quelle: E-Control
52
für Strom vom 1. Oktober 2001 bis 30. September 2002; für Erdgas vom 1. Oktober 2002 bis 30. September 2003.
Sonstige Vorteile
■ Gas ■ Strom
Im Erdgasmarkt wurden für 27 % der Energiemengen Einsparungen bis zu 10 % und für 4 %
Einsparungen über 10 % erreicht. Für 46 % der
Energiemenge konnten keine wesentlichen
Preisänderungen erzielt werden, und für 15 %
der Energiemenge lag der Preis höher als vor
der Vollliberalisierung.
Auswirkungen in den ersten zwei Jahren
der Liberalisierung im Strommarkt
Im zweiten Liberalisierungsjahr haben 28.400
Haushaltskunden oder 0,8 % sowie 14.800 bzw.
1,2 % der sonstigen Kleinabnehmer (zumeist
Kleinbetriebe) den Versorger gewechselt. Bezogen auf den Jahresenergiebezug sind dies 0,6 %
bzw. 1,6 %.
1.100 Großabnehmer haben einen Versorgerwechsel vorgenommen, und etwa 6.000 haben
neu verhandelt. Insgesamt haben somit 40,2 %
der Abnehmer für 36,0 % des Jahresbezugs
der Großabnehmer die Rahmenbedingungen
geändert.Verglichen mit dem ersten Liberalisierungsjahr ist bei den sonstigen Kleinabnehmern
und den Großabnehmern eine Verlangsamung
der Wechselrate (–61 % bzw. –32 %) zu verzeichnen, während bei den Haushalten ein Anstieg um 9 % stattgefunden hat. Demgegenüber
haben mit etwa 6.000 Vertragsänderungen dreimal so viele Großabnehmer ihre Verträge neu
verhandelt als im ersten Jahr.
Zusammengefasst kann festgehalten werden,
dass sich die beiden voll liberalisierten leitungsgebundenen Energiemärkte für den Großteil
der Abnehmer (vorwiegend im Haushaltsbereich) im Vergleich zu anderen liberalisierten
Märkten weniger flexibel darstellen. In den ersten beiden Jahren haben 1,5 % der Haushaltskunden und etwa 4 % der sonstigen Kleinabnehmer ihren Stromversorger gewechselt, während (statistisch gesehen) jeder Großabnehmer
R Auswirkungen auf den Energiepreis im ersten Jahr
Abbildung 83
der vollständigen Marktöffnung
Gas
Strom
1
10
2
9
8
7
4
5
6
Quelle: E-Control
1
9,00 %
Keine Angaben
0,00 %
1
2
27,00 %
Einsparung <10 %
20,80 %
2
3
0,00 %
Einsparung 10 –20 %
31,65 %
3
4
4,00 %
Einsparung 20 –35 %
23,90 %
4
5
0,30 %
Einsparung >35 %
23,65 %
5
6
46,00 %
Gleich gebliebene Kosten
0,00 %
6
7
3,00 %
Mehraufwand <10 %
0,00 %
7
8
2,00 %
Mehraufwand 10 –20 %
0,00 %
8
9
3,70 %
Mehraufwand 20 –35 %
0,00 %
9
10
5,00 %
Mehraufwand >35 %
0,00 %
10
5
4
2
3
141
R Liberalisierungseffekte im Strommarkt im zweiten Jahr – Zählpunkte
Abbildung 84
■ Versorgerwechsel (links) ■ Vertragsänderung (links) ■ Rate (rechts)
Zählpunkte in Tsd.
45 %
30
40 %
25
35 %
30 %
20
25 %
15
20 %
15 %
10
10 %
5
5%
142
0
0%
Haushalte
Sonstige Kleinabnehmer
Leistungsgemessene Abnehmer
Quelle: E-Control
R Liberalisierungseffekte im Strommarkt im zweiten Jahr – Jahresabgabe
Abbildung 85
■ Versorgerwechsel (links) ■ Vertragsänderung (links) ■ Rate (rechts)
GWh
8.000
40 %
7.000
35 %
6.000
30 %
5.000
25 %
4.000
20 %
3.000
15 %
2.000
10 %
1.000
5%
0
0%
Haushalte
Quelle: E-Control
Sonstige Kleinabnehmer
Leistungsgemessene Abnehmer
Marktergebnis
R
Entwicklung der Unternehmensperformance
entweder den Versorger gewechselt oder seinen Vertrag aktiv neu verhandelt hat. Das erste
Liberalisierungsjahr im Erdgasmarkt zeigt starke
Ähnlichkeiten mit dem Strommarkt, wobei jedoch eine etwas geringere Aktivität der Kunden
zu verzeichnen war. Generell kann sowohl aus
den Ergebnissen der Direkterhebungen bei den
Netzbetreibern über Versorgerwechsel als auch
aus den Stichprobenerhebungen über das
Wechselverhalten der Großabnehmer geschlossen werden, dass ein hoher Anteil an Versorgerwechseln bzw. an aktiven Neuverhandlungen die
Höhe der von den Kunden erwarteten Preisnachlässe widerspiegelt.Wechsel um des Wechsels willen oder aus anderen als Kostengründen
scheinen derzeit keine nennenswerte Rolle zu
spielen.Abzuwarten bleibt, inwieweit die von
den Großabnehmern bekundete Bereitschaft,
bei Unzufriedenheit verstärkt den Versorger
zu wechseln, tatsächlich umgesetzt wird.
R
Entwicklung der
Unternehmensperformance
Die steigenden Großhandelspreise in den letzten
zwei Jahren haben die Entwicklung der Stromunternehmen positiv beeinflusst.Vor allem jene
Unternehmen, die mit niedrigen Erzeugungskosten konfrontiert sind (u.a.Wasserkraftwerke des
Verbund), konnten ihre Performance verbessern.
So konnten die Umsatzerlöse des Verbund aufgrund des höheren Marktpreises und eines höheren Absatzvolumens im ersten Halbjahr 2004
im Vergleich zum ersten Halbjahr 2003 um 22 %
erhöht werden. Damit steigerte der Verbund seine Umsatzerlöse mit Ausnahme des Bereiches
„Sonstige“ in allen Bereichen: Erlöse aus Netz,
Energie und Ökostrom.
Die EVN konnte ebenfalls im Strombereich die
Erlöse im Vergleich zum 1. Halbjahr 2002/2003
erhöhen (+ 10 %), was vor allem auf die erhöhte
R Veränderung der Umsatzerlöse von österreichischen
Abbildung 86
Stromunternehmen in % 2002–200353
35 %
30 %
25 %
20 %
15 %
10 %
5%
0%
-5 %
-10 %
Kelag
Tiwag
Salzburg AG
Energie AG
VKW
EVN
Verbund
Bewag
Steweag-Steg
Quelle: Geschäftsberichte der Unternehmen, E-Control
53
Die Umsatzerlöse der EVN lagen im Geschäftsjahr 2002/03 um 2,9 % unter dem Vorjahreswert. Hauptverantwortlich für diesen Rückgang war der Entfall der Erlöse aus
dem Gasgroßkunden- und -handelsgeschäft infolge der Auslagerung an die Econgas. In dem bei der EVN verbliebenen Gas-Retailbereich war hingegen ein Anstieg der
Umsatzerlöse zu verzeichnen.
143
Produktion in den thermischen Kraftwerken sowie auf höhere Strompreise zurückzuführen ist.
Die Erdgaserlöse waren jedoch aufgrund der
Auslagerung der Großkunden an die Econgas
und der höheren Temperaturen rückläufig.
Wie der Verbund und die EVN haben sich auch
die Umsatzerlöse der meisten anderen großen
Energieunternehmen in Österreich und auch
auf europäischer Ebene erhöht, was vorwiegend
auf die höheren Marktpreise und den Anstieg
des Verbrauchs zurückzuführen ist. So konnten
Landesgesellschaften die Umsatzerlöse im Jahr
2003 im Vergleich zu 2002 vorwiegend zum Teil
deutlich steigern (Abbildung 86).
144
Die Entwicklung der Verbund-Aktie im Vergleich
zum ATX verläuft über den Großteil des Beobachtungszeitraums der letzten drei Jahre (August 2001 bis Juli 2004) parallel (siehe Abbildung
87). Das geringere Wachstum Mitte des Vorjahres konnte durch den deutlich stärkeren Anstieg der Verbund-Aktie im Vergleich zum ATX
seit Dezember 2003 ausgeglichen werden. So
erzielte die Verbund-Aktie seit Jahresbeginn ein
Plus von 56,1 % und lag damit deutlich über
dem ATX (+ 28,8 %). Gründe für den stärkeren
Anstieg dürften die endgültige Umsetzung des
Zusammenschlusses zur Energie Austria mit
1. Oktober 2004 (Aufnahme des operativen Geschäfts) und die gestiegenen Großhandelspreise
sein, die zu einer positiven Entwicklung des
Unternehmensergebnisses geführt haben.
Die Aktie der EVN entwickelte sich zu Beginn
des Beobachtungszeitraumes besser als jene
des Verbund. Seit Februar 2003 ist die Entwikklung jedoch unterschiedlich.Während sich
sowohl der ATX als auch die Verbund-Aktie
deutlich positiv entwickelt haben, war der Kurs
der EVN-Aktie rückläufig, hat sich erst zu Beginn des Jahres 2004 wieder erholt und liegt
derzeit bei einem Wert leicht über jenem vor
der Liberalisierung.
Der Verbund hat im Gegensatz zur EVN einen
größeren Kraftwerkspark mit einer Vielzahl von
Wasserkraftwerken. Bei gleich bleibenden Erzeugungskosten der Wasserkraftwerke und steigenden Großhandelspreisen wirkt sich dies positiv auf die Performance des Unternehmens
aus. Ein weiterer Grund für die positivere Entwicklung ist, dass der Verbund nach dem Verkauf
der APC keine Endkunden beliefert und nur
noch als reiner Erzeuger und Händler agiert.
Die EVN hingegen beliefert vorwiegend Endkunden und muss zusätzliche Strommengen am
Großhandelsmarkt (Börse oder OTC) zukaufen, um die Abgabe decken zu können. Die EVN
ist daher einem größeren Preisrisiko ausgesetzt.
Verantwortlich für die positive Entwicklung der
Aktienkurse von Versorgungsunternehmen in
den letzten Jahren sind neben höheren Großhandelspreisen weitere Faktoren: Der niedrige
Zinssatz begünstigt Aktien von Versorgungsunternehmen aufgrund der in der Regel hohen
Außenstände. Hohe Zinsen haben negative Auswirkungen auf die Anlagenamortisation, die
durch die hohen Investitionskosten in Kraftwerke und Netze lange sind. Zusätzlich werden Versorgungsunternehmen im Vergleich zu Unternehmen in anderen (schnelllebigeren) Wirtschaftsbranchen als stabile Veranlagung gesehen.
Wie Abbildung 88 zeigt, sind die Gewinnerwartungen bei europäischen Versorgungsunternehmen auch in den kommenden zwei Jahren hoch.
So prognostizieren Analysten ein Gewinnwachstum je Aktie beim Verbund von 2004 auf 2006
von 147 %. Die EVN konnte ebenfalls im Vergleich zur Entwicklung von 1999 auf 2003
die Gewinnerwartungen deutlich steigern
(2004–2006 von 145 %). Zurückzuführen ist
der Rückgang des Gewinns je Aktie von 1999
auf 2003 auf die im Vergleich zum Verbund
später einsetzenden Liberalisierungseffekte
und die hohen Abschreibungen. Die niedrigere
Gewinnsteigerung von 1999–2003 bei den
europäischen Unternehmen ist vorwiegend auf
die Akquisitionstätigkeiten zurückzuführen.
R Entwicklung der Verbund- und EVN-Aktien im Vergleich
Abbildung 87
zum ATX (Index: 1. Oktober 2001 = 100)
■ ATX ■ Verbund ■ EVN
145
Quelle: Verbund, EVN,Wiener Börse
R Stromkonzerne im Vergleich – Gewinn je Aktie, Änderung in %
Abbildung 88
■ 1999–2003 ■ 2004–2006 (Prognose)
200 %
100 %
0%
-100 %
Verbund
EVN
Hera
(IT)
Union
Fenosa
(E)
Quelle: Bloomberg in Wirtschaftsblatt (8. Juli 2004)
EDP
(P)
Iberdrola
(E)
Endesa
(I)
Enel
(I)
E.On
(D)
Electrabel
(B)
ASM
(I)
RWE
(D)
Acea
(I)
Fortum
(FIN)
Marktergebnis
R
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
R Zusammenfassung
R Stromgroßhandelsmarkt (bilateraler und börsenorganisierter Handel) in
Österreich, Deutschland und der Schweiz konnte Position festigen;
R Anstieg der Strompreise am Spotmarkt im Jahr 2003 und Stabilisierung im
Jahr 2004, Auswirkungen des CO2-Zertifikatshandels auf Strompreise offen;
R deutlicher Anstieg der Strom- und Gasgesamtpreise für Endverbraucher in
den letzten 12 Monaten trotz weiterer Senkung der Netztarife;
R Differenz zwischen Stromeinkaufs- und -verkaufspreisen (Margen), weisen
große Streuung bei Haushaltskunden auf;
R Entwicklung der Gaseinkaufspreise von der Rohölpreisentwicklung geprägt;
R Preissenkungen des Stromgroßhandels bzw. Erdgasimportpreises nur teilweise
an Endkunden weitergegeben;
146
R geringe Wechseldynamik bei allen Endkunden trotz zum Teil beachtlicher
Einsparungspotenziale im Strom- und Erdgasmarkt;
R im Strommarkt haben bisher 1,5 % der Haushalts- und 4 % der sonstigen
Kleinkunden gewechselt;
R jeder Großabnehmer hat im Strommarkt den Versorger gewechselt oder
seinen Vertrag aktiv neu verhandelt;
R Preis ist der wichtigste Grund für einen Wechsel bei Strom- und Gaskunden,
Wechselbereitschaft jedoch in beiden Märkten sehr niedrig;
R Stromunternehmen u.a. durch steigende Großhandelspreise positive
Ergebnisentwicklung.
R Schlussfolgerung
R Überwachung der Margen der Strom- und Erdgasunternehmen
zunehmend wichtig;
R Einhaltung Unbundlingvorgaben im Strom- und Gasmarkt zur Verhinderung von
Quersubventionierung und zur Gleichstellung aller Marktteilnehmer überwachen;
R zentrale Bereitstellung wechselrelevanter Kundeninformationen (inbesondere
über Neuanschlüsse) belebt den Wettbewerb im Strom- und Erdgasmarkt;
R Transparenz der Gewerbe- und Industriepreise steigern
R Effizienzverbesserungen im Netzbetrieb vergünstigen Netzentgelte.
R Abbildungsverzeichnis
Seite
Abbildung 1:
Abbildung 2:
Abbildung 3:
Abbildung 4:
Abbildung 5:
Abbildung 6:
Abbildung 7:
Abbildung 8:
Abbildung 9:
Abbildung 10:
Abbildung 11:
Abbildung 12:
Abbildung 13:
Abbildung 14:
Abbildung 15:
Abbildung 16:
Abbildung 17:
Abbildung 18:
Abbildung 19:
Abbildung 20:
Abbildung 21:
Abbildung 22:
Abbildung 23:
Abbildung 24:
Abbildung 25:
Energieverbrauch in Österreich nach
Energieträgern (ET) 1970–2002
14
Wirtschaftsfaktor Strom in Europa, 2000
15
Elektrische Energie nach Wirtschaftssektoren 1970 bis 2002
16
Erdgas nach Wirtschafssektoren
1970 bis 2002
16
Energieverbrauch pro Wohnung –
österreichweiter Durchschnitt
17
Veränderung Erdgasverbrauch 2002
und 2003 und Heizgradsummen
18
Strom- und Erdgasverbrauch im
saisonalen Jahresverlauf
18
Wirtschaftsentwicklung und Inlandsstromverbrauch in Österreich (Veränderung
zum Vorjahr)
19
Öffnungsgrad der Strom- und Erdgasmärkte
in Europa
20
Umsetzungsschritte zur Zielerreichung
gemäß Wasserrahmenrichtlinie
25
Anteil der Wasserkraft an der installierten
Engpassleistung (links) und der Erzeugung
(rechts) im Jahr 2002
26
Engpässe im europäischen Netzverbund
33
Entwicklung der Großhandelspreise
in Deutschland, den Niederlanden und
Österreich (Base)
33
Marktstufen Strom
37
Betätigungsfelder der Energieversorger 38/39
Ausbreitung der großen Elektrizitätsunternehmen in Europa
39
Übersicht Energie Austria
41
Entwicklung des Handelsvolumens am
Ausgleichsenergiemarkt für Erdgas,
Oktober 2003 bis Juni 2004
44
LNG-Lieferungen nach und
LNG-Nachfrager in Europa in Prozent
der Gesamtmenge – 2002
45
Geförderte Stromerzeugungsmengen
in Österreich
49
Marktanteile der größten Stromunternehmen
in Europa (Erzeugung)
60
Marktkonzentration in den europäischen
Märkten – Erzeugung (2002)
60
Marktkonzentration im österreichischen
Strommarkt
61
Marktkonzentration im österreichischen
Erdgasmarkt
65
Eigentumsverhältnisse in der österreichischen
Strom- und Erdgaswirtschaft
76/77
Seite
Abbildung 26: Nationale Champions im Strom- und
Erdgasbereich in Österreich
Abbildung 27: Umsatzerlöse nach Geschäftsbereichen –
EVN
Abbildung 28: Werbeausgaben der Stromunternehmen
(gesamt) und der neuen Anbieter
Abbildung 29: Werbeausgaben der neuen Anbieter (ohne
Vertriebsfirmen der Landesgesellschaften)
Abbildung 30: Werbeausgaben der Unternehmen der
Energie Austria, der restlichen Landesgesellschaften und der neuen Anbieter
Abbildung 31: Werbeausgaben der Erdgasunternehmen
Abbildung 32: Werbeausgaben der Unternehmen der
Econgas und der restlichen
Landesgesellschaften
Abbildung 33: Werbeausgaben der Strom- und Erdgasunternehmen im Vergleich
Abbildung 34: Werbeausgaben im Strom- und Erdgasbereich nach Werbeträgern
Abbildung 35: Wahlmotive für Stromanbieter 2004
Abbildung 36: Wahlmotive für Strom- und
Erdgasanbieter 2004
Abbildung 37: Motive gegen den Wechsel
des Stromanbieters
Abbildung 38: Gehandelte Stromvolumina vs.
Marktanteile ausgewählter
Strombörsen 2003
Abbildung 39: Entwicklung der deutschen OTC-Handelsvolumina im Forwardbereich
Abbildung 40: Entwicklung der Spotpreise (Base) an
der EEX 2003 vs. 2004
Abbildung 41: Durchschnittliche Spotpreise für Grundlastlieferung an der EEX 2000–2004
Abbildung 42: Entwicklung der Kohle- und Stromforwardpreise 2005 (Juni–August 2004)
Abbildung 43: Entwicklung der Forwardpreise
2005 vs. 2006
Abbildung 44: Zertifikatspreise für 2005
Abbildung 45: Auswirkung der Zertifikatspreise auf
Großhandelspreise in unterschiedlichen
Ländern (Märkten)
Abbildung 46: Monatliche Höhe und Zusammensetzung
der Ausgleichsenergiekosten in der
Regelzone Verbund APG
Abbildung 47: Regelzonenrichtung und Clearingpreis in
der Regelzone APG
Abbildung 48: Regelzonenabweichung und Clearingpreis
in der Regelzone TIRAG
Abbildung 49: Entwicklung des Strom-VPI 1999–2004
für Haushalte (Index 1999 = 100)
84
85
88
89
90
91
92
92
93
96
97
98
102
103
104
105
105
106
107
108
110
111
111
112
147
Seite
148
Abbildung 50: Entwicklung der Großhandelspreise
und der Energielieferpreise für
Industriekunden 1999–2004
113
Abbildung 51: Industriestrompreise inklusive Netzkosten
im europäischen Vergleich – 1. Quartal 2004
(35 GWh/Jahr)
114
Abbildung 52: Entwicklung der Haushaltsstrompreise
1996–2004 (3.500 kWh/Jahr)
115
Abbildung 53: Haushaltsstromvergleich nach Netzgebiet
inkl. Steuern,Abgaben und Zuschläge
(günstigster Anbieter, 3.500 kWh/Jahr)
116
Abbildung 54: Haushaltsstrompreise und Margen –
Juli 2004 (reine Energielieferung ohne
Netz und Abgaben, 3.500 kWh/Jahr)
117
Abbildung 55: Haushaltsstrompreise inkl. Netzkosten im
europäischen Vergleich (3.500 kWh/Jahr) 117
Abbildung 56: Netznutzungstarife auf Netzebene 3
in Cent/kWh, 6.500 Benutzungsstunden
in Cent/kWh
118
Abbildung 57: Netznutzungstarife auf Netzebene 5
in Cent/kWh, 3.500 Benutzungsstunden
in Cent/kWh
119
Abbildung 58: Netznutzungstarife auf Netzebene 7
in Cent/kWh, 3.500 kWh/Jahr
in Cent/kWh, nicht gemessene Leistung
119
Abbildung 59: Entwicklung des Gas-VPI
(Index: Oktober 2002 = 100)
120
Abbildung 60: Entwicklung des Erdgasimportpreisindex
(Index: Oktober 2002 = 100)
121
Abbildung 61: Vergleich Erdgasimportpreisindex und
Gas-VPI (Index: Oktober 2002 = 100)
123
Abbildung 62: Entwicklung von Rohölpreis (Brent)
Erdgasimportpreis im Vergleich
(Index: Oktober 2002 = 100)
123
Abbildung 63: Industriegaspreise inkl. Netzkosten im
europäischen Vergleich (500 GWh/Jahr,
1. Quartal 2004)
124
Abbildung 64: Haushaltsgaspreisvergleich nach
Netzgebiet inklusive Steuern und Abgaben
in Cent/kWh
(günstigster Anbieter, 15.000 kWh/Jahr)
124
Abbildung 65: Vergleich der Energiepreise im Netzbereich
des Local Players – günstigster Anbieter
vs. Local Player (15.000 kWh/Jahr,
in Cent/kWh)
125
Abbildung 66: Einsparungen bei günstigstem Anbieter
im Vergleich zum Local Player – Energie
(31. Juli 2004, 15.000 kWh/Jahr)
126
Abbildung 67: Energiepreis Erdgas im Vergleich zu den
Leitungsgebühren – Juni 2004
(15.000 kWh/Jahr)
127
Seite
Abbildung 68: Haushaltsgaspreise inkl. Netzkosten im
europäischen Vergleich (30.000 kWh/Jahr,
1. Quartal 2004)
Abbildung 69: Netznutzungstarife, Ebene 3,
8.000 kWh/Jahr in Cent/kWh,
nicht leistungsgemessene Kunden
Abbildung 70: Netznutzungstarife, Ebene 3,
15.000 kWh/Jahr in Cent/kWh,
nicht leistungsgemessene Kunden
Abbildung 71: Netznutzungstarife, Ebene 3,
80.000 kWh/Jahr in Cent/kWh,
nicht leistungsgemessene Kunden
Abbildung 72: Netznutzungstarife, Ebene 2, Zone A,
2.800.000 kWh/Jahr, 3.200 kWh/h,
leistungsgemessene Kunden, in Cent/kWh
Abbildung 73: Netznutzungstarife, Ebene 2, Zone B,
7.900.000 kWh/Jahr, 9.600 kWh/h,
leistungsgemessene Kunden, in Cent/kWh
Abbildung 74: Netznutzungstarife, Ebene 2, Zone C,
31.300.000 kWh/Jahr, 14.200 kWh/h,
leistungsgemessene Kunden, in Cent/kWh
Abbildung 75: Netznutzungstarife, Ebene 2, Zone D,
150.000.000 kWh/Jahr, 120.500 kWh/h,
leistungsgemessene Kunden, in Cent/kWh
Abbildung 76: Netznutzungstarife, Ebene 2, Zone E,
800.000.000 kWh/a, 200.000 kWh/h,
leistungsgemessene Kunden, in Cent/kWh
Abbildung 77: Netznutzungstarife, Ebene 2, Zone F,
1.150.000.000 kWh/a, 275.000 kWh/h,
leistungsgemessene Kunden, in Cent/kWh
Abbildung 78: Entwicklung der Kosten der Gasbilanzgruppe Netzverluste und Eigenverbrauch
von Oktober 2002 bis Mai 2004
Abbildung 79: Preisentwicklung am Ausgleichsenergiemarkt für Erdgas von Oktober 2002
bis Mai 2004
Abbildung 80: Monatliche Entwicklung von Kauf und
Verkauf Augleichsenergie im Gasjahr
2002/03 und 2003/04
Abbildung 81: Anteil Gesamtumsatz Ausgleichsenergie
am Gesamtabsatz in der Regelzone Ost
Abbildung 82: Liberalisierungseffekte im Strom- und
Erdgasmarkt im ersten Jahr der
vollständigen Marktöffnung,
in % der Jahresabgabe
Abbildung 83: Auswirkungen auf den Energiepreis im
ersten Jahr der vollständigen Marktöffnung
Abbildung 84: Liberalisierungseffekte im Strommarkt im
zweiten Jahr – Zählpunkte
Abbildung 85: Liberalisierungseffekte im Strommarkt
im zweiten Jahr – Jahresabgabe
128
130
130
131
131
132
132
133
133
134
136
136
137
138
140
141
142
142
Seite
Abbildung 86: Veränderung der Umsatzerlöse von
österreichischen Stromunternehmen
in % 2002–2003
143
Abbildung 87: Entwicklung der Verbund- und EVN-Aktien
im Vergleich zum ATX
(Index: 1. Oktober 2001 = 100)
145
Abbildung 88: Stromkonzerne im Vergleich – Gewinn
je Aktie, Änderung in %
145
Tabelle 1:
Tabelle 2:
Tabelle 3:
Tabelle 4:
Tabelle 5:
Tabelle 6:
Tabelle 7:
Tabelle 8:
Tabelle 9:
Tabelle 10:
Tabelle 11:
Tabelle 12:
Tabelle 13:
Tabelle 14:
Tabelle 15:
Tabelle 16:
Eckpunkte der Emissionshandelsrichtlinie
23
Zugeteilte Zertifikate je Sektor
in Österreich
24
Überblick über die sachlich und räumlich
relevante Abgrenzung des Strommarktes
31
Vergleich Strommarkt vor und nach
der Liberalisierung
36
Europäische Elektrizitätsunternehmen
im Vergleich – Jahr 2001
37
Überblick über sachlich und räumlich
relevante Abgrenzung des Erdgasmarktes
43
Speicherkapazitäten in Österreich 2004
48
Grenzüberschreitende Kapazitäten und
ihre Vergabe in Österreich
52
Vergleich zwischen Tarifsystemen
58
Marktkonzentration im österreichischen
Strommarkt
63
Marktkonzentration im österreichischen
Strommarkt – Gesamtabgabe an
Endkunden (2003)
63
Marktkonzentration im österreichischen
Erdgasmarkt
64
Marktkonzentration im österreichischen
Erdgasmarkt (Regelzone Ost) –
Gesamtabgabe an Endkunden
65
Überblick – Zusammenschlüsse und
Beteiligungen seit 2000
70/71
Multi Utility – Marketingauftritt der
Elektrizitätsunternehmen – Privatkunden
96
Ergebnisse der Industriestrompreiserhebung
114
Seite
Kasten 1:
Kasten 2:
Kasten 3:
Kasten 4:
Kasten 5:
Kasten 6:
Kasten 7:
Kasten 8:
Kasten 9:
Bundesweit einheitliche Stromkennzeichnung
Liquified Natural Gas
Umweltökonomische Betrachtung
von Förderungen
Verfahren zur Vergabe von Engpasskapazitäten im Strommarkt
Aufhebung des Bestimmungslandprinzips
Entry-Exit-System
CO2-Zertifikatspreise und deren
Auswirkung auf die Strompreise
Anlegbarer Preis
Tarifierungssystem der Nutzung von
Erdgasleitungen in Österreich
22
45
50
53
55
57
107
122
129
149