Predigten Lesejahr A 2010/2011 ab dem 5. Fastensonntag
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Predigten Lesejahr A 2010/2011 ab dem 5. Fastensonntag
Predigten Lesejahr A 2010/2011 ab dem 5. Fastensonntag Christkönigsfest 34. So. A Mt, 25, 31 - 46 „Weltgericht“ – so nennen viele die Geschichte, die Jesus erzählte und die wir eben gehört haben. „Weltgericht“ – das soll heißen: Endgültiges Urteil, …unwiderrufliche Entscheidung über die Menschen, über alle Menschen, auch über Dich und mich, über uns alle hier. Und wie bei einem kleinen Amtsgericht bedeutet das am Ende: Freispruch für die einen oder Verurteilung für die anderen. Vielleicht werden sich jetzt einige wundern. Aber egal, ob das nur eine Beispielgeschichte von Jesus ist, um uns damit die Augen für das zu öffnen, worauf es im Leben ankommt, oder ob es als eine Beschreibung für ein wirkliches Geschehen in der Zukunft angesehen werden soll: ich trete jetzt hervor und rufe: „Herr Richter, ich erhebe Einspruch gegen dieses Verfahren! Erstens: Alle vor Gericht Gestellten wussten nicht, dass sich der König des Himmels mit allen Menschen identifizierte. Sie wussten nicht, dass Gott und Mensch eins sind. Weder die Freigesprochenen wussten es, denn sie fragten: „Herr, wann sahen wir Dich hungernd und wir speisten Dich, oder dürstend und wir tränkten Dich? Wann sahen wir Dich fremd oder nackt, oder krank oder im Gefängnis und standen Dir bei? Noch die Verurteilten wussten es, denn auch sie fragten: Herr, wann sahen wir Dich hungernd oder dürstend oder fremd oder nackt oder krank und im Gefängnis, und wir dienten Dir nicht? Wie kann man jemand richten und verurteilen, der nichts von dem Gesetz wusste, dass Gott und Mensch eins sind. Das ist nicht gerecht, Herr Richter. Zweitens: Ich beantrage das Gerichtsverfahren einzustellen und erst dann wieder aufzunehmen, wenn alle Menschen davon unterrichtet wurden, dass Gott und jeder Mensch eins sind, damit alle auch dieses Gesetz in ihrem Denken, Reden und Tun berücksichtigen können. Drittens: Sollte meinem Antrag nicht stattgegeben werden, klage ich Euch, Herr Richter, wegen Gesetzesbruch an, denn Ihr verstoßt gegen Euer eigenes Gesetz, da ihr einerseits verlangt, Gott und Mensch als Einheit zu sehen, denn Gott identifiziert sich mit den Schwachen, und liebt jeden Menschen bedingungslos. Ihr aber gebt auf ewig die Liebe zu jenen Menschen auf, die ihr zu ewiger Strafe verurteilt habt: zu ewigem Getrenntsein von Gott und Mensch. Viertens: Ich verlange daher, dass Ihr, Herr Richter, Euch zur Einhaltung Eures eigenen Gesetzes verpflichtet und alle Menschen mit ewiger Liebe rettet, um euch nicht selbst mit den verurteilten Menschen auf ewig zu verwerfen, denn ihr seid der ICH BIN BEI EUCH – auch für die Sünder. Ihr seid nicht der ICH BIN GEGEN EUCH“. Oder seid ihr nicht gekommen, die Verlorenen zu retten? So würde ich bei diesem Weltgericht auftreten und Gott an seine Identifizierung mit uns Menschen erinnern. Ich würde nicht loslassen, bis er allen die Chance gibt, ein Leben in Einheit mit Gott zu führen. Nun weiß ich aber, dass ich beim „Weltgericht“ nicht so aufzutreten brauche, denn Jesus, der Menschensohn, hat uns dieses Gleichnis, diese Geschichte deswegen erzählt, damit es gar nicht dazu kommen muss. Er ist ja nicht gekommen, um zu verurteilen, sondern um zu retten. Die Geschichte wird uns deswegen erzählt, damit wir erkennen: Daran entscheidet sich unser Leben: dass wir die Menschen als das Wichtigste, das Höchste, das Göttlichste erkennen. Dieser Menschenwürde, dieser Gotteswürde sollen wir dienen. Gott identifiziert sich so sehr mit uns, dass wir den Menschen als das Kostbarste ansehen sollen. Wahrer Gott und wahrer Mensch: untrennbar aber unvermischt. Das ist die Rettung des Menschen. Das essen und trinken wir jetzt bei der Kommunion in uns hinein. Das zu trennen, wäre die Verurteilung, die Verdammnis des Menschen. Das zusammen zu halten, ist unser Heil. Gott ist es, der das zusammenhält, denn er ist treu. Christ zu sein, ist das Leben in dieser Einheit und das Leben für diese Einheit. Es ist das Leben mit dieser Einheit. Dafür sollen wir immer aufstehen und Einspruch erheben vor Gott und den Menschen. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer poppenhausen.de www.katholische-kirche- 33. Sonntag i. Jahreskreis A Mt 25,14-30 Schade! Das Gleichnis hatte so gut begonnen. Ein Herr, der anscheinend sehr einfühlsam ist, vertraut drei Sklaven, die ihm gehören, seinen ganzen Besitz an. Er kennt seine Sklaven gut, denn er verteilt seinen Besitz so, wie es den Fähigkeiten des jeweiligen Sklaven entspricht. Er will keinen überfordern, sondern zeigt mit der Verteilung seiner 8 Silbertalente, wem er was zumuten kann. Man muss natürlich wissen, was ein Talent Silbergeld damals war. Es waren 42,5 Kilogramm Silber. Allein davon konnte man damals 20 Jahre lang leben. So gibt er dem Fähigsten 212,5 Kg Silber. Dem Zweiten vertraut er 85 Kg Silbergeld an. Und dem Dritten immerhin 42,5 Kg Silber. Summa summarum: 340 kg Silber. Eine stolze Summe! Ein riesiges Vertrauen setzt der Herr in seine Sklaven,… und dann geht er auf Reisen. Also nichts mit: „Kontrolle“, so nach dem Motto: „Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser“, sondern einfach nur „VERTRAUEN“. Der ganze erste Teil der Geschichte strotzt nur so von Vertrauen des Herrn in seine Diener. Und selbst dem, der nicht so große Fähigkeiten besitzt, vertraut der Herr ein ganzes Silbertalent an …, Geld für 20 Jahre Lebensunterhalt, für die Zeit einer ganzen Generation! So schildert Jesus das Himmelreich. Das heißt: So schildert Jesus die Beziehung Gottes zum Menschen. Gott gibt alles, was er besitzt, an uns Menschen weiter. Gott setzt sein ganzes Vertrauen in uns. Und selbst dem „Unfähigsten“ gibt er so viel, dass es ihn das ganze Leben lang erhalten kann. Das Gleichnis stellt uns eine Beziehung zwischen Gott und uns Menschen vor Augen, die uns Mut machen soll. Die Beziehung zu Gott ist keine Beziehung von „Herr und Sklave“, sondern eine Beziehung wie zwischen Vater und Sohn, wie zwischen Freunden, wo Gott dem Menschen vertraut, so dass nicht mehr der Unterschied zwischen Gott und Mensch eine Rolle spielt, sondern nur noch die Freundschaft: das Vertrauen! Jesus sagt uns damit: So ist es, wenn jemand sagt: „Ich glaube an Gott!“ Es bedeutet ebenso: Gott glaubt auch an mich. Gott vertraut mir, trotz meiner begrenzten Fähigkeiten. Gott vertraut mir, ohne mich zu kontrollieren, ohne mir drei zu reden, ohne mir zu sagen: „Das musst Du so machen und das so …“ Gott vertraut mir und macht mir Mut, voll Vertrauen zu handeln und zu leben. Das war eine meiner wichtigsten Grunderfahrungen, die ich in meiner Jugend mit meinem Glauben gemacht habe: Gott macht mir Mut zum Leben. Seine Beziehung zu uns ist eine Beziehung, in der Gott zuerst an uns glaubt. Mein Gottesglaube ist für mich bis heute ein unfassbares „Beschenktsein“ …, und natürlich auch eine Herausforderung. Ich frage mich oft, wie es Menschen geben kann, die unbedingt als Christen angesehen werden wollen, aber nichts von ihrem Glück zeigen, dass sie von Gott Beschenkte sind. Es ist, als hätten sie Angst davor, dass ihre Gottesbeziehung bekannt werden könnte. Wo vor sollte man Angst haben, wenn Gott uns sich anvertraut wie nachher in der Kommunion?! Das wäre so, als hätte jemand Angst zu sagen: Das ist mein Mann. Das ist meine Frau. Das sind meine Kinder. Das ist mein Freund, meine Freundin. So würde doch nur jemand handeln, der sich für sie schämt. Oder weil man selbst gar keine Beziehung mehr zu diesen Menschen hat. Welche Beziehung haben wir zu Gott? Eine, die uns Mut macht? Eine Beziehung, über die wir glücklich sind? Oder eine, bei der wir angstvoll zusammenzucken, wenn man uns fragt: Bist Du Christ? Bist Du katholisch? Gehst Du zum Gottesdienst? Oder: Was ist dir wichtig? Jesus erzählt uns in seiner Geschichte von zwei Dienern, die durch das Vertrauen, dass ihr Herr in sie setzte, so motiviert, so begeistert sind, dass sie das anvertraute Vermögen verdoppeln. Sie machen was aus seinem Geschenk. Das ist lebendiger Glaube: wo sich die Freude über das geschenkte Vertrauen vermehrt, wo der Glaube aus den Menschen eine Lebenskraft entstehen lässt, die nicht nur das Anvertraute bewahrt, sondern Neues hervorbringt. Wo aber der Glaube nur dabei stehen bleibt, was andere uns vor langer Zeit überliefert haben, der ist wie einer, der sein Geld unter das Kopfkissen legt, damit es nicht verloren geht, und nicht daran denkt, dass jedes Geld auf Dauer immer weniger Wert wird …: wegen Inflation höherer Lebenskosten, Wertsteigerungen der Waren, Immobilien, Dienstleistungen usw. Wer seine Gottesbeziehung ruhen lässt, wer sie eingräbt, der wird – wie jeder, der eine gute Beziehung vergräbt – am Ende mit einer kaputten Beziehung dastehen, genau wie jener Diener, der sich mit Vertrauen beschenken ließ und das Vertrauen sofort aus Angst vergrub. Wenn diese Angst doch wenigstens eine ehrliche Angst gewesen wäre, wo man sagt: „Herr, ich kann das nicht, ich habe nicht den Mut dazu!“ Nein, es war eine unehrliche Angst, die vorgibt, dass man das Vertrauen des Herrn annimmt…, die vorgibt, dass die Gabe gut verwaltet wird, um sie dann aber wie Müll zu vergraben. Warum möchten Menschen die Taufe, die Erstkommunion, die Firmung, die kirchliche Trauung, die Priesterweihe, wenn einem Gott egal ist, wenn einem egal ist, was aus diesen Vor-Gaben Gottes, was aus dieser Beziehung wird? Schade! Das Gleichnis hatte so gut begonnen! Und da macht einer aus Angst und falschen Unterstellungen alles kaputt. Da vergräbt einer die Liebe Gottes zu uns Menschen und alles bekommt einen schlechten Beigeschmack. Wir haben es also in der Hand, ob diese Geschichte in unserem Leben so endet, dass es am Ende über uns heißt: „Du bist ein schlechter und fauler Diener!“ …Oder ob es heißt: „Sehr gut. Du bist ein tüchtiger und treuer Verwalter dessen, was ich dir anvertraut habe.“ Also denken wir einmal darüber nach, was wir mit Gottes Talenten in unserem Leben machen wollen: mit den Geschenken der Taufe, mit der Kommunion, mit der Firmung. Wozu haben wir uns diese Talente schenken lassen? Lasst uns diese Gaben gut verwalten. Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de Allerseelen 2011 „Wir wollen Euch über die Verstorbenen nicht in Unkenntnis lassen, damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung haben“. (1 Thess 4,13) So hörten wir heute in der Lesung. Paulus will nicht, dass wir Christen hoffnungslos sind. Hoffnungslosigkeit bedeutet nämlich: „keine Perspektive mehr zu haben …, nichts mehr zu erwarten“. Und das ist das Schlimmste für unser Leben. „Leben“ verlangt danach, dass es weitergeht. Ein Leben, das nicht mehr weitergeht, ist tot! Ein Mensch ohne Hoffnung, ohne Erwartung ist also seelisch tot. Er hat keine innere Antriebskraft mehr. Er hat es aufgegeben, zu leben. Gott aber ist der Schöpfer des Lebens. „Gott“ und „Leben“ – das ist nicht zu trennen. Wer als Christ sagt: „Ich glaube an Gott“, der sagt automatisch: Ich glaube, dass wir leben werden. Ich glaube, dass unser Leben nicht endet, sondern sich in eine neue Lebensweise verwandelt. Denn Gott ist ewige Beziehung, ewige Liebe! Als Christ ist es nicht möglich zu sagen: „Ich glaube an Gott!“ zu sagen, ohne an das ewige Leben mit Gott zu glauben. Wir Christen kennen keinen Gott, der uns nur bis zum Tod liebt. Wir kennen keine Liebe Gottes, die im Tod ihre Grenze findet. Darum fasst Paulus seinen Glauben an Gott mit den Worten zusammen: „Dann werden wir immer beim Herrn sein“. Das, was wir jetzt schon für unsere Lebenszeit glauben, dass Gott immer bei uns ist, das glauben wir auch im Tod: „Dann werden wir immer beim Herrn sein“. Es gibt kein Ende dafür, dass Gott immer bei uns ist. Ansonsten gibt es keinen Gott. Damit hat aber eigentlich schon j e t z t unsere Auferstehung begonnen! Denn: derjenige. der weiß, dass er immer beim Herrn sein wird, der kann ganz anders mit der Frage nach dem Tod umgehen. Wer glaubt: Gott ist immer bei mir, der hat eine ganz andere Sichtweise; der hat eine Erwartung: eine Hoffnung, die nicht stirbt. Für uns Christen gilt nicht: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Nein! Unsere Hoffnung stirbt niemals, weil wir eine Hoffnung auf Gott haben, die unsterblich ist. Wir haben eine Hoffnung auf ewiges Leben, oder unsere Hoffnung ist nur Illusion, ist nur Blödsinn. Von einem Blödsinnglauben sollten wir uns befreien! Darum antwortet Jesus nicht auf die Aussage von Marta: „Ich weiß, dass Lazarus auferstehen wird bei der Auferstehung am letzten Tag“: Ja, Marta, Du hast Recht. Er sagt ihr: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“. „Auferstehung“ kommt für Jesus nicht irgendwann in der unbestimmten Zukunft. „Auferstehung“ ist da, wo jemand glaubt, dass Gott die ewige Liebe ist. So sollen auch wir gewiss sein, dass wir nicht erst an eine Auferstehung nach dem Tod glauben können. Ewiges Leben hat keinen Anfang. Es ist uns geschenkt vor der Erschaffung der Welt. Darum sagt Jesus: „Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt und jeder der lebt (!) und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst Du das?“ Ja, das glauben wir: Wir sind schon jetzt im ewigen Leben. Wir sind schon jetzt „Auferstandene“. Darum braucht keiner Angst um seine lieben Verstorbenen zu haben. Niemand kann die Liebe Gottes verlieren. Wir alle sind auf ewig geliebt und haben das unverlierbare Leben Gottes. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer HOCHFEST ALLERHEILIGEN www.katholische-kirche-poppnhausen.de 1. November 2011 Heute feiern wir das Fest aller Heiligen. Das Fest ist so bedeutend, dass Ihr dafür extra zwei Schulstunden „frei bekommt“, um das Fest auch feiern zu können. Unser Wort „heilig“ bedeutet: „Verbunden sein mit Gott“. Ein Heiliger ist also ein Mensch, der mit Gott verbunden ist. Durch unsere Taufe sind auch wir mit Gott verbunden. Wir sind Gottes Kinder. In der Lesung haben wir es gehört. Da hieß es: Seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: „Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es.“ (1 Joh 3,1) Also sind auch wir heilig. Wir sind nicht nur mit Gott verbunden. Als Kinder Gottes haben wir das Leben Gottes in uns. Aber heute feiern wir nicht nur das Glück, dass wir mit Gott verbunden sind. Wir feiern heute besonders die Menschen, die aus dieser Verbindung etwas gemacht haben. „Heilige“ sind nicht nur einfach Getaufte. „Heilige“ sind Menschen, die mit dieser Verbindung zu Gott ein wunderbares Leben geführt haben. Denkt nur an den Heiligen Bonifatius. Seine Verbindung mit Gott hat ihm Kraft und Mut gegeben, von England über das Meer zu fahren und zu den wilden Germanen zu gehen, die nicht lesen und schreiben konnten und die noch an Götter glaubten, die das Wetter machen würden, Donner und Blitz am Himmel erzeugen würden, wenn sie böse auf die Menschen sind. Bonifatius ging hin und gründete Klöster, Städte und verkündete den liebenden Gott. Er hatte ein abenteuerliches Leben. „Heilige“ haben immer ein spannendes Leben. Viele Menschen in unserem Land sind auch mit Gott verbunden. Sie sind getauft. Aber sie führen kein spannendes Leben mit Gott. Viele sind so mit Gott verbunden wie diese Figur hier. Ja, mit Gott verbunden – wie die Figur durch eine Schnur mit meiner Hand verbunden ist. Aber es ist eine ganz leblose Verbindung. Es ist keine interessante, keine lebendige und frohe Verbindung. Diese Verbindung ist wie tot. Wer aber eine lebendige Verbindung mit Gott hat, der hat ein spannendes Leben. Wer nicht nur sagt: „Ich glaube an Gott“, sondern auch mit Vertrauen in Gott lebt, der hat eine lebendige Verbindung, die froh macht. Seht: Ein echter Heiliger, eine echte Heilige, hat so eine Verbindung zu Gott. Figur zeigen und pendeln lassen Die Heiligen – wie wir sie heute verehren – sind Menschen, durch die man merkt: Gott machte sie lebendig! Gott ist bei ihnen in den Höhen und in den Tiefen des Lebens. Gott macht aus einem Menschen einen lebendigen Typen. Ein Heiliger lebt mit Vertrauen in Gott. Er weiß: Gott will mich. Gott liebt mich. Ein Heiliger betet und hört auf Gott, in dem er Gottes Wort, die Bibel liest. Ein Heiliger ist nicht nur getauft, sondern er will sich auch engagieren. Ein Heiliger geht nicht nur dann zum Gottesdienst wenn er Lust und Laune hat. Die Heiligen suchen die Verbindung mit Gott, weil sie IHN lieben. Man kann eine Verbindung zu Gott haben, die aber sehr leblos ist Aber lebendige Christen suchen eine Verbindung, die wirklich lebendig ist, die Freude macht und auch anderen Freude bringt. Darum feiern wir heute die lebendigen Christen, deren Glauben etwas bewirkt hat. Jeder von uns kann sich entscheiden: Wie soll mein Glaube aussehen: So: (1. Figur) langweilig, leblos? oder so: lebendig, interessant und frohmachend? (2. Figur) Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de 32. Sonntag im Jahreskreis A Wieder einmal hat sich Jesus eine Geschichte ausgedacht, um seinen Jüngern damit etwas deutlich zu machen. Sie hatten ihn nämlich gefragt, wann die böse Welt ein Ende hat und wann er als der Messias in Macht und Herrlichkeit ankomme. So stellte man sich damals – wie auch heute manche Leute – die Erneuerung der Welt vor: das Alte, das Böse vergeht mit einem Schlag und Neues kommt. So nach dem Motto: Gott muss gegen die böse Natur einen total neuen Anfang setzen. Doch wir wissen: Veränderungen entwickeln sich langsam. Man braucht einen langen Atem. Es braucht Zeit… Und so erzählt Jesus mal wieder eine Geschichte, um zu zeigen, worauf es beim „Warten auf Gott“ ankommt: Zunächst ist da ein Bräutigam. Er wird erwartet. Zehn Brautjungfrauen warten im Haus der Braut auf ihn, um – nach orientalischer Sitte – das Brautpaar von dort zum Fest zu geleiten. Doch die Ankunft verzögert sich – genauso wie sich die Ankunft einer neuen, total besseren Welt verzögert. Es dauert so lange wie sie es sich alle nicht gewünscht hatten. Und so werden alle 10 Brautjungfrauen im wahrsten Sinne des Wortes „des Wartens müde“ und schlafen ein. Doch es zeigt sich ein Unterschied zwischen den Brautjungfrauen. Fünf der 10 Brautjungfrauen hatten ihr eigenes Denken von der Ankunft des Bräutigams zum Maßstab gemacht. Sie konnten sich anscheinend nicht vorstellen, dass es länger dauern könnte, bis der Bräutigam kommt. Sie haben sich einfach nicht darauf eingestellt, dass es anders verlaufen könnte, als sie es sich gedacht hatten. Aber genau darauf kommt es in der Nachfolge Jesu immer wieder an! Das ganze Leben Jesu ist so gestrickt, dass man erkennen kann: Gott geht anders vor als wir es uns oft vorstellen. Gott ist gerade das Paradebeispiel für unseren Spruch: „Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!“ Wer nicht umdenkt, wer nicht die Möglichkeit in Betracht zieht, dass Gott auf anderen Wegen zum Ziel kommt, der verliert den Anschluss. Denken wir doch nur an Jesu Leben! Wer hätte gedacht, dass der Sohn Gottes im Stall zur Welt kommt – wo man ihn doch mit Macht und Herrlichkeit erwartete? Wer hätte gedacht, dass der Heilige Gottes sich mit unheiligen Zöllnern und Sündern abgibt? Wer hätte gedacht, dass man den, welchen man als Sohn Davids mit Hosianna-Geschrei in Jerusalem bejubelte, einige Tage später als Gotteslästerer und Verbrecher ans Kreuz schlagen würde?! Und „so Einen“ hat Gott als Messias bestätigt und auferweckt. Jesus, seine Botschaft und sein Leben sind wirklich das Paradebeispiel für die Erfahrung: „Erstens kommt ER anders und zweitens als man denkt.“ Wer das nicht erkannt hat, der erkennt Gottes Art und Weise nie. Der kennt Gott einfach nicht. Und so ist es nicht verwunderlich, dass der Bräutigam den törichten Jungfrauen am Ende der Geschichte sagt: „Ich kenne Euch nicht“. Denn auch sie kannten ihn nicht. Sie haben sich nicht auf ihn eingelassen. Sie dachten nur in ihrem engen Schema und waren nicht offen für neue Wege. Jesus macht damit deutlich: Man kann Gott nur verstehen…, man kann mir nur wirklich folgen, wenn man sich von vornherein darauf einstellt, dass Gott andere Wege, andere Zeiten nimmt als wir es gerne hätten. Dass muss man wissen, wenn man ihn erwartet, wenn man ihm folgen will. Das zusätzliche Öl der klugen Jungfrauen zeigt: Wir sind darauf gefasst, dass es ganz anders weiter gehen kann. Mit diesem Gleichnis will Jesus all denen, die seine Jünger sein wollen, die Augen für die Realität des Reiches Gottes öffnen. Gott, so sagt Jesus mit dieser Geschichte, richtet sich nicht nach unseren Planungen und Vorstellungen: wie wir es gerne hätten, oder weil das doch immer so war…. Gott geht Wege, auch zeitliche Wege, die unsere Vorstellungskraft übersteigen, so dass wir – wie in der Geschichte die Brautjungfrauen – müde werden und einschlafen dürfen. Es soll kein Warten sein, das uns kaputt macht. Aber das ist in der Geschichte auch gar nicht negativ. Alle schlafen ja ein: die Klugen und die Törichten. Das fatale in der Geschichte ist die dümmliche Einstellung der fünf Brautjungfern, die von vornherein so tun, als hätte sich der Bräutigam nach ihren Vorstellungen zu richten. Der Mangel an Öl für die Lampen ist also ein Bild für die falsche Vorstellung von Gott, die kein Licht für die Nachfolge gibt. Wer die falsche Vorstellung von Gott hat, der hat kein Licht für den Weg mit ihm, der sitzt kurz über lang bei Gott im Dunkeln. Wer zum Beispiel denkt: Gott hat mich verlassen oder nicht mehr lieb, weil es mir gesundheitlich oder wirtschaftlich oder erfolgsmäßig so schlecht geht, der hat seinem Glauben so zu sagen das Öl entzogen, so dass der Glaube ihm nicht mehr leuchten kann. Gott bringt Heil auch durch die Schwierigkeiten hindurch. Schließlich glauben wir doch einem Gott, der uns in Jesus gezeigt hat, dass sein Weg zum Hochzeitsfest auch durch das Kreuz gehen kann! Wie kann man Christ sein wollen, wie kann man Jesus folgen und ihn begleiten wollen, ohne das Zusatz Öl, das Vorrats Öl, dass für ein weitergehendes Denken steht. Jesus sagt doch immer wieder: „wenn Euer Denken nicht weit größer ist als das der Pharisäer…“ Christsein hat nichts mit kleinkariertem Denken zu tun. Aber Jesus – (und natürlich später in der 3. Generation der Christen der Evangelist Matthäus) – sah es ganz realistisch: 50 % derer, die sich bereiterklärt haben, Begleiter des Bräutigams zu sein, scheitern an ihrer eigenen Dummheit…, an ihrem Nichtwissen, ihrer Unkenntnis über den Gott und Vater Jesu, an ihrem kleinkarierten Denken. Mit diesem Gleichnis beruhigt Jesus die Jünger damals – wie heute – und sagt: Mindestens 50 % derer, die sich als Christen bezeichnen und den Bräutigam Christus begleiten wollen, müssen erst das Öl, die Erkenntnis, des Weges Gottes nachholen, bevor sie überhaupt Begleiter, Jüngerinnen und Jünger sein können. Darum ist es für mich logisch, dass viele nicht mehr zur Kirche kommen. Sie haben eine Vorstellung von Gott, die nicht langt, um Gott zu erwarten, um Gott interessant zu finden. Die haben eine so dumme, so törichte Vorstellung von Gott, dass sie gar nicht mit ihm Schritt halten können und so die Nachfolge aufgeben. Sie haben sich nie um das Öl, die brennende Beziehung gekümmert. Sie sind Gott nie so nahe gekommen, dass sie wie die Emmausjünger sagen konnten: Brannte nicht unser Herz, als wir mit ihm unterwegs waren? Jesus erzählt dieses Gleichnis natürlich nicht, um zu sagen: 50 % aller Getauften bleiben am Ende draußen vor. Er erzählt diese Geschichte, damit sie uns aufrüttelt und jeder sich fragt: Zu wem gehöre ich: zu den Klugen oder zu den Dummen? Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de 31. Sonntag - A - Mt 23, 1- 12 Wenn jemand von uns sagt: „Ich glaube an Gott“, dann bezeugt er, dass er ihren Lebensabläufen auch noch an eine unsichtbare, unbeweisbare Lebensbeziehung glaubt. Für uns Glaubende existiert nicht nur das, was wir sehen, fühlen, riechen, schmecken, berechnen und wissenschaftlich begründen können. Für uns Glaubende ist eine unbeweisbare Beziehung, die wir Gott nennen, ebenso wirklich da. Eine Beziehung, von der wir uns auf ewig geliebt wissen. Natürlich besteht ein Unterschied zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt. Weil die unsichtbare Welt Gottes nicht beweisbar ist, kann jeder, der nicht auf Gott vertraut, sagen: Da ist gar kein Gott. „Gott“ ist nur eine Erfindung der Menschen. Und so kann es sehr schnell passieren, dass jeder Mensch Zweifel bekommen kann. Hinzu kommt, dass auch die Menschen, die sagen: „Ich glaube an Gott“, nicht unbedingt besser, schlauer, perfekter sind als die, die sagen: „Da ist kein Gott!“ Auch gläubige Menschen können Fehler machen, ja sogar Schuld auf sich laden; sogar mehr, als Menschen ohne Glauben. Ob Gott da ist oder nicht da ist, bleibt auch dann unbewiesen, wenn alle Menschen bekennen würden: Wir glauben an Gott. Denn der Glaube beseitigt nicht die Grenzen der sichtbaren Welt. Er beseitigt nicht Krankheiten, Unfälle, Behinderungen, Fehler, Versagen und die Möglichkeit, schuldig zu werden. Denn zu unserem christlichen Glauben gehört, dass wir an den Gott glauben, der uns mit unseren Grenzen will; der uns mit unseren Grenzen liebt. Dadurch verlangt er in gewisser Weise nicht nur, dass wir sagen: „Ich glaube an Gott!“, sondern er verlangt von uns einen Glauben, der bekennt: „Ich glaube trotzdem an Gott“. Ich glaube an Gott, obwohl dieser Glaube uns nicht perfekt macht, obwohl dieser Glaube uns nicht ein für allemal vor Fehlern, Versagen, ja bösem Tun schützt. Wir können also nicht triumphierend sagen: „Wo man sich zu Gott bekennt, da läuft alles gut“. Wir müssen einsehen: auch ein Mensch mit wirklich lebendiger Gottesbeziehung kann versagen, ja sogar sündigen. Christlicher Glaube gründet also nicht auf einer Selbstverständlichkeit, sondern auf ein ganz unselbstverständliches Vertrauen in Gottes Liebe, eine Liebe, die eindeutig ist, obwohl wir selbst immer zweideutig sind und bleiben. Nicht: „Wir werden durch unseren Glauben perfekt“, sondern Gott bleibt trotz unserer Zwiespältigkeit der eindeutig liebende Gott. Das ist der Grund unseres Glaubens. Darum haben wir eben in der Lesung gehört, dass Paulus schreibt: Deshalb danken wir Gott unablässig dafür, dass Ihr das Wort Gottes, das Ihr durch uns empfangen habt, nicht als Menschenwort, sondern – was es in Wahrheit ist – als Gottes Wort angenommen habt; (1 Thess, 2, 13) Paulus war ja selbst ein Christenverfolger. Er hat Stefanus mitgesteinigt – mit umgebracht! Und er schreibt Jahre danach als Verkünder der Frohen Botschaft in seinem berühmtesten Brief, dem Römerbrief: „Ich begreife mein Handeln nicht: Ich tue nicht das, was ich will, sondern das, was ich hasse. (Röm 7,15) „Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will“ (Röm 7,19) Es ergibt sich also, dass ich mit meiner Vernunft dem Gesetz Gottes diene, mit dem Fleisch aber dem Gesetz der Sünde“. (Röm 7,25) Ein zerrissener Paulus, eine zwiespältige Person. Er selbst schreibt in diesem Brief: „Ich unglücklicher Mensch! Wer wird mich aus diesem Tod verfallenen Leib erretten?“ (Röm 7,24) Seine Antwort ist nicht: Aber durch den Glauben wer ist dann gegen uns?“ Er will also damit sagen: Wenn ihr wegen meiner Worte an Jesus an Jesus Christus wird alles besser, sondern: „Jetzt gibt es keine Verurteilung mehr für die, welche in Christus Jesus sind“. (Röm 8,1) Und er kommt zu dem Schluss: „Ist Gott für uns, Christus glaubt, dann nicht, weil ich so gut bin, sondern weil Gott so gut ist, der sogar mich – eine so zwiespältige Person - liebt und für sein Reich als Verkünder, als Apostel, auserwählt hat. Es ist genau das gleiche, was Jesus im Evangelium sagt: „Die Schriftgelehrten und die Pharisäer haben sich auf den Stuhl des Mose gesetzt. Tut und befolgt also alles, was sie Euch sagen, aber richtet Euch nicht nach dem, was sie tun, denn sie reden nur, tun aber selbst nicht, was sie sagen“ (Mt 22,2-3) Jesus fordert also „Glauben an Gott“, obwohl alle, die den Glauben verkünden, in ihrem Leben kein großes Vorbild sind. Jesus ruft zu einem Glauben an Gott auf, der sich nicht abhängig macht von den Menschen, die den Glauben verkünden, sondern allein auf Gottes „Trotzdem-Liebe“ gründet. Denn der, der auf Gott vertraut, soll nicht wegen eines Menschen auf ihn vertrauen, sondern trotz der Grenzen, trotz des Versagens der Menschen. Das Glück des Glaubens liegt nicht darin, in einer perfekten Glaubensgemeinschaft zu sein – das weiß jeder, der in einer Pfarrei lebt. Das Glück des Glaubens liegt in Gott, der das Unvollkommene liebt – so wie er einen gescheiterten, gekreuzigten Jesus zum Anführer des Lebens gemacht hat. Wer wegen eines Menschen, den er bewundert, an Gott glaubt, der wendet sich vom Glauben ab, wenn er diesen nicht mehr bewundert. Das Glück des Glaubens liegt darin, dass uns eine unvollkommene Kirche die vollkommene Frohbotschaft verkünden darf: Alle Menschen sind durch Gottes eindeutige bedingungslose Liebe gewollt und angenommen. Menschen, die nur dann glücklich sind, weil sie aufgrund von äußeren religiösen Zeichen oder kirchlichen Ämtern Beachtung finden, haben nichts mit dem Glück zu tun, das Gott gibt. Gott schaut nicht auf Äußeres. Gott liebt einfach ohne Unterschied. Menschen wollen oft nur mit Unterschieden lieben: wenn Ehrenplätze bereitgehalten werden, wenn sie Titel erhalten, wenn sie im Vordergrund stehen. Ein Christ weiß durch seine Taufe: Ich habe den höchsten Titel, den ein Mensch je bekommen kann: „Kind Gottes“! „Sohn/Tochter Gottes!“ Alles andere ist nur das Bedienen von Minderwertigkeitskomplexen. Als Christen wissen wir, dass Gott uns alle Ehre gibt. Denn Gott starb für uns Menschen, nicht für Gott! Aus der Ehre der Menschen kann man herausfallen, aber niemals aus der Ehre Gottes. Die Frage ist immer nur: Welche Ehre ist der Grund unseres Lebens?: Die Ehre der Menschen oder die Ehre, die Gott uns gibt. Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de 30. Sonntag i. Jahreskreis A Mt 22, 34-40 Heute Nacht bin ich zusammen mit 28 anderen Teilnehmern aus Israel zurückgekehrt. Natürlich bin ich da noch ganz erfüllt von den Eindrücken, die wir dort mitbekommen haben. Hoch im Norden, wo der Jordan in 2000 Metern Höhe entspringt, wanderten wir bei 30°C an seinen Quellen, erlebten Wasserrauschen, blühende Landschaften und tosenden Wasserfall. Herrlich frisch bei dieser Hitze. Dann fließt der Jordan hinab in den See Genezareth, um den sich herum die vielen Orte befinden, in denen Jesus wirkte: Kafarnaum, Magdala, Berg der Seligpreisungen, Tiberias usw. Und dann fließt der Jordan durch den See gen Süden vorbei an der ältesten Stadt der Welt, Jericho, zum tiefsten Punkt der Welt, in das Tote Meer. „Jordan“, dieser Name heißt: „der Herabsteigende“. In seinem Wasser wurde Jesus getauft, und er erfuhr wie der Heilige Geist auf ihn herabstieg: aus den Höhen bis in die tiefsten Tiefen menschlichen Lebens, den Tod. Die Erfahrung der Natur wird plötzlich zum Bild für Gottes Handeln. Menschenleben und Gottesleben werden eins. So sind wir auf unseren Wanderungen durch das Heilige Land ständig auf diese Übereinstimmungen und Hinweise gestoßen, dass natürliches Leben und übernaturnatürliches Leben durch den Glauben eine Einheit bilden, ohne die Natur zu durchbrechen. Denn Gott durchbricht nicht die Natur, sondern erhebt und vollendet sie, schenkt ihr göttliche Würde. Auch das eben gehörte Evangelium weckt in mir die Erfahrung, wie man mit dem Wort Gottes dort umgeht. An jedem jüdischen Jaus, ja in jedem jüdischen Hotelzimmer befindet sich am rechten Türsturz beim Eingang eines Zimmers eine solche Mesusah: eine Kapsel, in der die eben gehörten Worte stehen: Höre Israel, Du sollst den Jahwe, Deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft“. (Deut 6,4-5) Beim Betreten oder beim Verlassen des Zimmers, der Wohnung, des Hauses wird jeder dort an diese Worte erinnert. Welches jüdische Haus man auch betritt, auch jedes öffentliche Gebäude, immer begegnet man dort diesen Worten durch die Mesusah, die kleine Kapsel, in der auf einem Zettel steht: „Höre Israel, Du sollst den Herrn, Deinen Gott lieben …“ Ein Jude führt sich vor Augen: Gott gehört zu meinem Leben! Mehr noch: „Ich will ihn lieben, denn er ist mein Befreier“. Für uns Christen ist so ein Zeichen etwas Neues, Ungewohntes, denn wir kennen es nicht aus unserem Glaubensleben. Früher hatte man bei uns wenigstens ein Kreuz in der Wohnung. Es sollte uns an unsere Beziehung zu Gott erinnern. Haben wir noch ein Kreuz in unseren Lebensräumen? Viel wichtiger aber ist die Frage: Haben wir eine liebende Beziehung zu Gott, und zwar deswegen, weil er der Befreier unseres Lebens ist? Liebe zu Gott entsteht ja durch die Erfahrung: „Gott befreit mich! Gott befreit uns! Gott macht unser Leben reich – sogar im Dunkel des Lebens!“ Vor allem aber: Gott macht unser Leben weit. Er gibt Kraft durch seine Zusage: Ich bin Dir auf ewig treu. Ohne diese befreiende Erfahrung im Herzen ist Religion nur eine Art äußere kulturelle Hülle“. Ohne „die Freude an Gott“ ist Religion, ist Gottesdienst, ist Christsein leer und hohl und natürlich kraftlos. Ohne Liebe zu Gott, die nur entsteht, wenn ein Mensch durch seinen Glauben erlebt: „Gott, Du tust mir gut!“ Du tust allen Menschen nur gut !...ohne Liebe zu Gott, kann man auch den Menschen nicht wirklich lieben. Wie kann man als Christ sagen: „Ich liebe Dich!“, ohne den geliebten Menschen in der Liebe Gottes zu sehen zu wollen? Es wäre ein: „Ich liebe Dich nur bis zum Tod, nur solange „wie ich Dich lieben kann“. Man würde jemanden nur mit begrenzter Liebe lieben. Ein Christ liebt zwar „begrenzt“ aufgrund seiner Grenzen, aber er schenkt dem Geliebten die Hoffnung unbegrenzter, ewiger Liebe in Gott. Als Christen gibt es für uns gar keine Liebe zum Nächsten, wenn wir ihn nicht auch in der Hoffnung auf Gottes Treue lieben. Wie kann man als Christ jemanden lieben, wenn man ihn nicht in der ewigen unzerstörbaren Liebe Gottes sieht? Wir lieben nur wirklich, wenn wir den Mitmenschen nicht nur in der Weise lieben, „was Menschen möglich ist“, sondern wenn wir ihn in der göttlichen Liebe sehen, in dem, was Gott möglich ist! Wozu sollte man sonst als Christ sagen: Ich glaube an Gott!? Jesus sagt nicht nur: „Liebe Deinen Nächsten!“ Jesus sagt: „Liebe Gott, dessen Liebe nicht endet, und zwar dem Nächsten, aber auch Dir selbst zuliebe! Wie viele zitieren heutzutage Jesus nur mit dem Satz: „Liebe Deinen Nächsten!“ und lassen die Liebe zu Gott weg, dessen Liebe doch viel größer ist, viel treuer, ja unendlich! Gottes Liebe stört nämlich diejenigen, die nur ihren eigenen Maßstab der Liebe kennen. Allein Gottes Liebe geht weiter als unsere begrenzte Liebe. Denn durch Gottes Liebe werden alle Menschen einmal erlöste Menschen sein: auch die Übeltäter, die Verbrecher, alle, die die Liebe nicht nur begrenzten, sondern sie mit Füßen traten, wie Hitler, Stalin, Bin Laden, Gaddafi und wie sie alle hießen. Wer das als anstößig ansieht, macht sich und seine begrenzte Liebe zum Maßstab, aber nicht Gottes Liebe. Wer Gottes erlösender Liebe eine Grenze setzt, der hat nicht die wahre Allmacht Gottes erkannt …,der hat sich nie tiefer mit Gottes Willen beschäftigt …, der hat sich nicht zu dem Gott bekehrt, der gebietet: „Liebe Deine Feinde!“ Er hält sich an seine Worte „Liebe ohne den Gott“ - wie ihn uns Jesus verkündet - schließt von vornherein die Erlösung aller Menschen aus und will gar keine unendliche Liebe. „Liebe ohne Gott“ macht „die begrenzte Menschenliebe“ zum Götzen, zum Höchsten. „Liebe ohne Gott“ ist der Anfang der begrenzten, der engen und letztlich der zerstörten Liebe. Auf Jesus können wir uns nur berufen, wenn wir beides zusammenhalten: Gott und uns Menschen. Darum sagt er: „An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten“. Nur in diesem „Doppelpack“ - so möchte ich es einmal nennen - kann ein Christ, eine Christin von „Liebe“ sprechen. Für uns Christen gibt es gar keine sinnvolle Liebe ohne die Einheit von Gott und Mensch. Diese Einheit allein hilft uns, die Grenzen unserer Liebe zu überschreiten. Amen. Ferdinand rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de 29. Sonntag A Mt 22, 15-21 Beitrag für HitRadio FFH am 16. 10. 2011 Zwei Seiten einer Medaille Ich bin Pfarrer Ferdinand Rauch aus Poppenhausen. (Geräusch einer hingeworfenen Münze) Das war eine Münze. Jetzt liegt sie da - mit einer Seite nach oben. Die andere Seite ist nicht sichtbar, aber sie ist da. Denn „jede Medaille hat zwei Seiten“. Auch ein Tag besteht aus Tag und Nacht. Jedes Ding können wir gut, aber auch böse verwenden. Alles hat seine zwei Seiten. Auch Jesus wird einmal mit einer Münze konfrontiert…, einer Steuermünze, bei der auf einer Seite das Bild des Kaisers eingeprägt war. Der Kaiser ließ sich als Gott verehren. Die Gegner Jesu fragen: Ist es einem Gläubigen erlaubt, einem „Kaiser-Gott“ Steuern zu zahlen? Sie können nicht unterscheiden. Doch Jesus kennt die zwei Seiten einer Medaille und sagt: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört und Gott, was Gott gehört.“ Können wir in Konfliktfällen noch unterscheiden? Beide Seiten sehen zu können, ist wichtig, sonst sitzen wir in der Falle. Gottes Wort ist befreiend! (Geldmünze nochmals rollen lassen.) Pfarrer Ferdinand Rauch für Hitradio FFH www.katholische-kirche-poppenhausen.de 28. Sonntag im Jahreskreis A Mt, 22, 1-14 Hat Euch nicht jemand ganz wichtiges in der Geschichte von Jesus gefehlt? Wir haben vom König gehört, der die besonders erwählten Gäste zur Hochzeit seines Sohnes eingeladen hat. Wir hörten vom Königssohn, dessen Hochzeit bevorsteht. Und wir hörten von den Gästen. Aber eine Person fehlte ganz in diese Erzählung. Die Braut, die doch sonst immer die „wichtigste Person“ zu sein scheint. Das wäre ja wie ein Kirmesbursche ohne sein Mädel. Warum wird sie nicht einmal – wenigstens am Rande kurz erwähnt? Wer die Gleichnisse Jesu kennt, der weiß, dass die Braut niemals erwähnt wird! Denn der Bräutigam steht immer für Jesus und die Braut, das sind die Menschen …alle Menschen. Durch Jesus ist der ewige Bund, die Hochzeit für alle Menschen und mit allen Menschen gekommen. Nachher hören wir das im Zentrum unseres Gottesdienstes, wenn es heißt: „Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, Mein Blut, das für Euch und für alle vergossen wird…“ Das Gleichnis, mit dem sich Jesus an die Hohenpriester und Schriftgelehrten wendet, will also den religiösen Führern Israels sagen: Wenn Ihr von Gott sprecht, dann sprecht so von ihm, dass er die Menschen bedingungslos liebt wie ein Mann, der beim Eheversprechen sagt: „Ich nehme Dich an in guten und in schlechten Tagen. Ich nehme Dich bedingungslos an“. Das wollten aber die Hohenpriester und Ältesten nicht. Sie wollten, dass Gott nur die liebt, die das Gesetz achten. Bedingungslose Liebe von Gott – das lehnten sie ab. Gesetzesliebe ist auch viel einfacher. Man braucht nur seine Pflicht zu tun. Aber Gott verheiratet seinen Sohn an uns, an die Welt, weil es Gott nicht um Pflicht geht, sondern um Liebe, um liebende Beziehung! Wir kennen das alle von denjenigen, die immer wieder fragen: „Muss ich denn in die Kirche gehen?“ So fragt nur jemand, der Gottesdienst als Pflicht ansieht. Jemand, der eine lebendige Beziehung zu Gott hat, jemand, der im Herzen froh ist, dass er an Gott glauben kann, jemand, der Gottes Liebe liebt, der fragt nicht so. Der verlangt nach Gott, der hat Sehnsucht nach Gott, der will gern mit ihm zusammen sein. Doch die Hohenpriester und Schriftgelehrten kannten ihre Gottesbeziehung nur als Pflicht gegenüber dem Gesetz. Und so erzählt Jesus von dem König, der zur Liebeshochzeit seines Sohnes einlädt – aber die Geladenen wenden sich nur ihren Pflichten zu: der Arbeit auf dem Acker und der Arbeit in ihrem Laden. Sie merken gar nicht, dass sie Sklaven ihrer Pflichten sind. Die Einladung zum Fest der Liebe kommen sie nicht nach. Aber nicht nur, dass sie nicht hingehen…, sie wehren sich gegen die einladenden Diener, misshandeln sie, töten sie sogar. Genauso wie man diejenigen heutzutage schlecht macht, die sagen: Muss man auch noch den Sonntag zum Werktag machen? Vielen Leuten ist der Laden, der Gewinn wichtiger. Warum? Sie haben keine wirkliche Beziehung mehr zu Gott – ihre Beziehung ist die, wie sie Jesus in seinem Gleichnis erzählt: Acker…Laden…Geschäfte, ein beziehungsloses Leben im Reich Gottes, wo Gebet, Sakrament, Bibel, Glaube nur stören. Als der Evangelist Matthäus dieses Evangelium aufschrieb, da war Jahre zuvor ein schreckliches Ereignis eingetreten: Die Römer hatten wegen der Aufstände in Israel den Feldherrn Titus entsandt und Jerusalem und den Tempel dem Erdboden gleich gemacht. Mit diesem historischen Ereignis im Hinterkopf lässt Matthäus nun Jesus die Geschichte so weiter erzählen, als hätte Jesus schon gewusst, dass die Stadt Jerusalem in Schutt und Asche gelegt würde. Er schreibt: Nachdem sie die einladenden Diener misshandelt und umgebracht hatten, wurde der König zornig. Er schickte sein Herr, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen. Matthäus und die ersten Christengenerationen sehen in der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 – also etwa 40 Jahre nach Jesu Tod und Auferstehung – eine Art Strafgericht Gottes, weil man Jesus ans Kreuz geschlagen hatte, den Sohn Gottes. Die Christen der damaligen Zeit dachte so, auch wenn man es niemals so direkt ausdrückte. Mit dem Untergang Jerusalems verschwanden dann auch die Hohenpriester ganz aus der jüdischen Tradition. Die Christen sahen darin eine Art Bestätigung, dass der Alte Bund aufgehört hatte und der neue Bund durch Jesus in Kraft getreten war. Alle Völker waren nun zu den Eingeladenen geworden, weil das auserwählte Jüdische Volk nicht kommen wollte. Doch Matthäus merkte, dass sich auch bei den Christen eine Beziehungslosigkeit einschlich. Man kam zum Gottesdienst, aber ohne innere Einstellung – ohne innere Beziehung. Man war getauft, gefirmt, kam zur Eucharistie, aber ohne Beziehung. Darum erweiterte er das Gleichnis von der Hochzeit des Königssohnes. Was nämlich auffällt ist, dass es heißt: „Die Diener gingen auf die Straßen hinaus und holten alle zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich.“ Dass jemand böse oder gut war, spielte anscheinend keine Rolle, ob jemand Positives oder Negatives in seiner Lebensgeschichte aufweisen kann – das ist jetzt nicht wichtig. Wichtig ist, dass man der Einladung folgt und dass das „Eingeladen sein“ verändert hat. Das ist nämlich mit dem Hochzeitsgewand gemeint: „Ich habe mich umhüllt mit Gottes Liebe“, mit einer lebendigen Beziehung zu Gott. Doch einer ist zur Feier gekommen, ohne zu wissen, warum? Der König redet ihm sogar mit „Freund“ an. Er sagt: „Mein Freund…“ Der König hat ihn also mit aller Liebe akzeptiert. Doch der Mann bleibt stumm auf die Frage: „…wie konntest Du hier ohne Hochzeitsgewand, ohne lebendige Beziehung erscheinen?“ Leere Stummheit. Keine Erklärung, keine Erwiderung keine Antwort: nur Beziehungslosigkeit. nur beziehungsloses Mitläufertum. Wenn man solche Leute auf ihr Christsein anspricht, dann ist das für sie wie Heulen und Zähneknirschen – als würde man sie in die Finsternis werfen. Der Evangelist erzählt das, damit wir mit unserem Christsein nicht so leben. Wir sind nicht zu einer Religion der leeren Stummheit berufen. Wir sind nicht Christen, um auf die Frage „Warum bist Du hier?“ keine Antwort geben zu können: Wir sind hier, weil wir von Gott selbst eingeladen sind durch Jesus Christus. Gott ist unser Freund. Gott steht zu uns allen. Möge das unser Herz erfüllen: Gott hat uns gerufen, er hat uns eingeladen zum Fest der ewigen Liebe. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer 27. Sonntag im Jahreskreis A www.katholische-kirche-poppenhausen.de Mt, 21, 33 - 44 Heute ist Erntedankfest. Das Evangelium spricht in gewisser Weise heute auch vom „Ernten“ und vom „Danken“. Aber im Vordergrund stehen nicht all die Dinge, die heute hier so schön und gut gestaltet in den Altarraum gestellt wurden, um für die diesjährige Ernte zu danken. Im Evangelium geht es um andere Früchte. Es geht um die Früchte einer Beziehung, bzw. einer zerstörten Beziehung. In dem Gleichnis, das wir gehört haben, erkennen wir sofort die Beziehung Gottes zu seinem Volk Israel wieder. Es schildert, wie Gott, der mit einem Gutsbesitzer verglichen wird, einen gut ausgestatteten Weinberg anlegt: mit Zaun, Kelter und Turm darüber. Gott wird hier als eine Art „Investor“ dargestellt. Er gibt von sich, von seinem Reichtum, und schafft damit eine Grundlage - den Weinberg, den nun die Menschen bewirtschaften können. Gemeint ist von Jesus, dass Gott seinem Volk Israel die Grundlage gab, um dem Gottesvolk die Existenz zu sichern. Mit dem, was Gott vorgibt, können sie nun leben und arbeiten. Aus dieser Vorgabe, dieser Vor-Investition, ergibt sich eine Abgabe, eine Zurückgabe aus der jährlichen Ernte. Die „Vorgabe Gottes“ führt zur jährlichen „Wiedergabe“, zum jährlichen Dank, weil man durch diese Vorgabe leben und handeln kann. Auch wir danken nun für die Lebensgrundlagen und damit auch dafür, dass wir leben dürfen. Doch als die Diener Gottes, die Propheten, nach der Ernteabgabe des Volkes Israel fragen, da werden sie vertrieben, misshandelt, ja sogar getötet. Die Pächter, die von der Vorgabe Gottes lebten, wollen nichts mehr davon wissen, dass Gott in Vorleistung getreten ist. Sie anerkennen nicht mehr die Investition Gottes. Im Ablehnen und Töten der Diener Gottes versuchen sie, den Anspruch Gottes aus ihrem Leben zu vertrieben. Sie tun so, als hätte es diese Vorgabe Gottes nie gegeben. Indem sie die Diener Gottes töten, wollen sie Gott mundtot machen. Wir selbst haben in unserem Land vor ein paar Tagen so zu sagen erleben können, was es heißt: „Als nun die Erntezeit kam, schickte er seine Knechte zu den Winzern, um seinen Anteil an den Früchten zu holen“. (Mt 21,34). Bei seiner ersten Rede als Antwort auf die Begrüßung durch unseren Bundespräsidenten sagte unser Papst: Er sei gekommen, „um den Menschen zu begegnen und über Gott zu sprechen.“ Jeder Christ weiß, dass mit Gott „die Liebe zu uns Menschen“ gemeint ist. Derr Papst ist also gekommen, um die innerste Beziehung, die tiefste Sehnsucht der Menschen anzusprechen: ewiges Geliebt sein durch einen liebenden Gott. Das ist die Vorgabe Gottes, die Investition: nämlich die Hingabe Gottes an uns Menschen – das Geschenk der Liebe, um ein für alle Mal fest zu stellen: Der Lebensgrund, der „Weinberg“ Gottes, ist das Geliebt sein durch Gott, und damit die göttliche Würde für uns Menschen. Das wollten einige Abgeordnete des Bundestages nicht hören, und stellten sich damit ein geistiges Armutszeugnis aus. Genauso kam auch Jesus. Er verkündete, was er selbst als Vorgabe, als Investition Gottes bei seiner Taufe erlebt hatte: „Du Mensch bist Gottes Kind. Du bist das Licht der Welt. Du bist das Salz der Erde!“ An diese Vorgabe Gottes wollte der Papst erinnern. Dazu ist er gekommen. An diese Vorgabe Gottes erinnern wir uns hier an jedem Sonntag. Auch uns hat Gott in bedingungsloser Art und Weise als seine geliebten Kinder angenommen und damit versprochen, auf ewig zu uns zu stehen. Das ist so zu sagen der Weinberg, den Gott für uns angelegt hat, damit wir aus dieser Vorgabe leben und vertrauensvoll durchs Leben gehen können. Wer sich geliebt weiß, der kann anders leben. Es ist eine Vorgabe, für die Gott sich selbst hingibt: in Jesus. So wird aus dem Gleichnis, das Jesus den Hohenpriestern und Ältesten erzählte, um ihnen einen Glaubensspiegel vor zu halten, auch für uns ein Spiegel, in dem wir erkennen sollen, wie wir auf Gottes Anspruch reagieren. Verdrängen wir Gott aus unserem Leben? Sehr wahrscheinlich nicht, sonst wären wir nicht hier. Leben wir so aus seiner „Vorgabe der Liebe“, dass wir sagen können: „Danke, Gott, für die Ernte des Jahres. Danke für das Glück, dass wir um Deine Liebe wissen. Danke, dass Du unser Halt bist, unsere Seelennahrung. Danke, dass wir durch Dich unser Leben immer wieder anders sehen können, dass wir Hoffnung haben, wo die Welt am Ende ist. Danke, dass wir nicht immer nur sagen müssen „Zufall“, sondern dass wir sagen dürfen: „Du Gott, fügst alles gut!“ Danke, dass wir wirklich „Gott sei Dank!“ sagen können, ohne dass es nur eine Floskel ist. Danke, dass wir durch Dich, Gott, um unser ewiges Leben wissen, dass wir eine ewige Zukunft haben. Danke, dass wir nicht am Ende tot sind, sondern zur Vollendung bei Dir gelangen. Ich denke, wir haben Grund für unsere inneren, geistigen, seelischen Gaben Gott zu danken. Wir haben Grund, zu danken, dass wir an IHN glauben können. Wie viele zerstören ihr Inneres, ihr geistig-seelisches Erntefest, weil sie Gottes Anspruch in sich zerstören. Sie wollen selbst wie Gott sein und zerstören, damit in sich die schönste Gabe Gottes: nämlich ein auf ewig geliebter Mensch zu sein. Das meint Jesus, wenn er nach seinem Gleichnis spricht: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden“. Gott zu verwerfen – das bedeutet letztlich: Sich zu verwerfen. Denn ohne Gott sind wir nicht auf ewig geliebt; besitzen wir keine unverlierbare Würde, werden wir nicht über den Tod hinaus leben. Ohne Gott können wir noch nicht einmal „Erntedank“ feiern. Wem sollen wir für das Wunder des Lebens, des Wachsens und Reifens danken? Wem sollen wir für die Schönheit der Welt, der Blumen, des Sonnenauf- und Unterganges danken? Gott danken zu können, ist die Erfüllung des Lebens! Darum feiern wir hier immer wieder Eucharistie – Danksagung! Das ist mit „Abliefern der Früchte“ gemeint Danksagung. Keine Pacht der Welt ist preiswerter und gleichzeitig frohmachender als die Abgabe des „Gott sei Dank!“ Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer 26. Sonntag im Jahreskreis A www.katholische-kirche-poppenhausen.de 21, 28-32 Jesus trifft nach seinem Einzug in Jerusalem auf die Hohenpriester und die so genannten Ältesten, die zum 72-köpfigen Synedrion gehören. Jesus trifft also auf Menschen, die an Gott glauben, und zwar sehr entschieden. Gott steht für keinen dieser Hohenpriester und Ältesten irgendwie in Frage. Sie vertrauen auf Gott. Gott gehört einfach zu ihrem Leben. Doch sie haben von Gott eine andere Vorstellung als Jesus. Wenn sie von Gott sprechen, dann denken sie nicht an einen Gott, der zu einem Bauhandwerker, einem Zimmermannssohn sagt: „Du bist mein geliebter Sohn. An Dir habe ich Gefallen gefunden!“ Sie denken nicht an einen Gott, der bedingungslos „jeden Menschen“ als „sein Kind“ anerkennt und annimmt. Menschen aus anderen Völkern gehören für sie nicht zum „erwählten Gottesvolk“; ebenso sehen sie auch die so genannten „Zöllner und Sünder“ nicht mehr von Gottes Liebe umfangen. Wir sehen also: Man kann sehr wohl sagen: „Ich glaube an Gott!“, und doch ist das nicht der Glaube des Jesus Christus. Und auch der Satz: „Wir haben doch alle einen Gott“, zeigt sich als nicht besonders hilfreich, wenn man unter dem einen Gott zwar einen Gott in der Anzahl versteht, aber diesen Gott mit anderen Vorstellungen besetzt – also letztlich doch verschiedene Götter hat. Als Jesus also auf die Hohenpriester und Ältesten in Jerusalem trifft, trifft er auf Menschen, die eine andere Gottesvorstellung haben. Aber nicht nur auf eine andere Gottesvorstellung trifft Jesus. Er begegnet Menschen, welche die Macht haben, ihre Gottesvorstellung als die allein gültige Vorstellung von Gott durch zu setzen. Und zwar nicht, weil das in sich logisch ist, sondern mit sehr weltlichen Mitteln wie Strafen, Bußen und vor allem mit der Vorstellung von einem angstmachenden Gott, der Andersdenkende verdammt. Und so stellt Jesus, der ein anderes Gottesbild hat, den Hohenpriestern und Ältesten eine Art „Spiegel der Erkenntnis“ vor Augen, in dem er ein sehr raffiniertes Gleichnis erzählt. Dabei ist jedes Wort genau bedacht. Er beginnt mit einer Frage: „Was meint ihr?“ Er fordert die Hohenpriester und Ältesten zu einer Stellungnahme heraus. Sie sollen also selbst entscheiden, nicht er. Und dann spricht Jesus von einem Mann, der zwei Söhne hat. Damit stellt er nicht nur drei Personen vor, mit denen nun eine Handlung beginnt. Er stellt auch Beziehungen vor: die Beziehung zwischen einem Vater und seinen beiden Söhnen. Schließlich sieht Jesus das Verhältnis von Gott und uns Menschen als Vater-Sohn-Verhältnis. Er selbst erfuhr bei seiner Taufe dieses Gottesverhältnis. Und so erzählt Jesus ganz logisch weiter, dass der Mann in seiner Geschichte zum ersten Sohn geht und ihn auffordert, etwas für den Familienbetrieb zu tun. Er sagt: „Mein Sohn, geh und arbeite heute im Weinberg“. Und der Sohn antwortet: „Ja, Herr!“ Fällt uns dabei nicht etwas auf? Der Mann sagt zu seinem Sohn: „Mein Sohn…“ Der Sohn aber antwortet darauf: „Ja, Herr!“ und nicht: „Ja, Vater!“ Jesus macht mit diesen Anreden deutlich, in welcher Art Verhältnis sich dieser Sohn zum Vater sieht. Er sieht den Vater als „Herren“ an, als einer, dem er untertan ist, dem er dienen muss, der ihm Aufträge und Aufgaben zuteilt. Der Vater ist für ihn kein Vater, sondern ein Herr. Nicht die liebende Beziehung steht im Vordergrund, sondern ein distanziertes Verhältnis von „Oben und Unten“, von „Herr und Knecht“. Dieses falsche Verhältnis verführt den ersten Sohn dazu anscheinend aus Angst „Ja, Herr!“ zu sagen – also: „Ja, Herr! ich gehe in unserem Weinberg arbeiten“, aber er tut es dann nicht. Jesus macht damit deutlich: Ein Gottesverhältnis, das kein liebendes Verhältnis ist, führt letztlich zu nichts. Es ist zwar ein: „Ich glaube!“, aber dieser Glaube führt zu nichts …, ist letztlich ein leeres Bekenntnis. Und so fragt Jesus uns alle: Wie ist Dein Verhältnis zu Gott? Es ist schnell gesagt: „Vater unser im Himmel“…, aber ist es auch ein Gebet, ein Gespräch, eine Beziehung zwischen Vater und Sohn, zwischen Vater und Tochter? Jesus macht damit deutlich wie derjenige, welcher der erste Sohn sein will, der Haupterbe, im Herzen weit weg ist von „Gott, dem Vater!“ Er dient nur einem „Gott, dem Herrn“. Und er macht damit deutlich, dass dieses Verhältnis zu einer tragischen Verlogenheit führt: zu „Jasagern“, die in Wirklichkeit „Neinsager“ sind. Zu Menschen, die sich Christen nennen, aber nur „pro forma“ zu ihm gehören. Und dann stellt Jesus den zweiten Sohn vor, zu dem der Vater auch hingeht. Auch er soll im Familienbetrieb arbeiten. Doch dieser ist ganz ehrlich und frei. Er sagt etwas, was ein Sohn zum Vater sagen kann, aber nicht ein Knecht zu seinem Herrn. Er sagt: „Ich will nicht!“ So etwas kann man sich nur erlauben, wenn man in einem liebenden, nicht zerrütteten Verhältnis zum Vater steht. Der weitere Verlauf der Geschichte macht klar: Dieser so frech erscheinende, so rücksichtslos sich verweigernde Sohn, dieser Trotzkopf steht in einem liebenden Verhältnis zu seinem Vater. Diese Liebe weckt in ihm Reue. Denn nur Liebe bewirkt, dass es einem Leid tut. So lässt er sich dann doch auf den Vater ein und arbeitet im Familienbetrieb. Es soll Menschen geben, die dennoch irgendwie mehr Sympathien für den ersten Sohn hegen, weil er dem Vater gegenüber nicht unhöflich war und nicht „Nein!“ gesagt hat. Sie nennen das sogar Anstand. Den zweiten Sohn empfingen sie wegen seiner unverschämten Weigerung als „unanständig“. Ich liebe diese „unanständigen Leute“ im Evangelium und auch im wirklichen Leben. Denn in ihnen, in ihrem Herzen ist es lebendig. Sie ringen mit ihrer Liebe zu Gott und den Menschen. Manchmal dauert es, bis sie sagen: „Ich mache doch mit“. „Ich halte den Glauben für wichtig.“ „Ich bete mit.“ „Ich singe mit.“ „Ich engagiere mich.“ Sie haben wenigstens ein liebendes Verhältnis zu Gott. Liebe heißt ja in letzter Konsequenz: Du kannst machen, was Du willst. Ich liebe Dich trotzdem. Das aber war nicht die Vorstellung von Liebe bei den Hohenpriester und Ältesten, mit der sie an Gott dachten. Sie glaubten „ganz fest“ – aber leider „ganz fest an Gottes Liebe vorbei“. Was haben wir hier alle für ein Glück, dass wir Gott als unseren Vater lieben und nicht die Knechte Gottes sind. Wir sind seine geliebten Söhne und Töchter trotz unserer Schuld. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer 25. Sonntag im Jahreskreis A www.katholische-kirche-poppenhausen.de Mt 20,1-16 Das eben gehörte Gleichnis gehört zu meinem Lieblingsgeschichten, die Jesus erzählt hat. Ich habe es deswegen so gern; weil es viele Menschen tierisch aufregt. Sie können es nicht akzeptieren, dass ein Mensch, der nur eine Stunde arbeitet, am Ende genauso viel als Lohn bekommt wie diejenigen, die 12 Stunden gearbeitet haben. Sie regen sich darüber auf: das sei ungerecht. Manche sagen in ihrer Entrüstung: Das geht auf Dauer gar nicht. Und andere meinen ganz schlau zu sein, in dem sie sagen: Dann gehe ich am nächsten Tag auch erst zur 11. Stunde an die Arbeit. Durch solche Antworten wird sehr deutlich, dass diese Geschichte von Jesus den Hörern ziemlich nahe geht. Sie ist so gekonnt von Jesus ausgedacht und konstruiert, dass sie keinen kalt lässt. Vor allem aber ist sie so genial aufgebaut, dass die Gedanken der Menschen dabei offenbar werden. Für eingefleischte Katholiken ist diese Geschichte in gewisser Weise doppelt schrecklich. Einerseits finden sie diese Geschichte nicht in Ordnung. Andererseits wagen sie nichts gegen Jesus zu sagen. Er ist ja „Gottes Sohn.“ Also unterdrücken sie ihr Unverständnis, ihre Vorwürfe und Anklagen mit einem verbissenen Schweigen, denn sie verkneifen sich natürlich die Kritik an Gottes Sohn, der ja „unfehlbar ist“ – dessen Geschichte sie aber trotzdem nicht wirklich akzeptieren können. Ich finde daher dieses Gleichnis sehr interessant und überaus aufschlussreich. Denn dadurch zeigt sich, was in uns Menschen so vorgeht. Kaum ein Gleichnis hat die Christen so aufgeregt wie dieses. Möglicherweise hängt das daran, dass es hier um „Geld“ geht. Und beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf …, bei vielen sogar die Freundschaft mit Gott. Dabei zeigt jemand, der sich über diese Geschichte aufregt, nur dass er den Sinn dieses Gleichnisses nicht verstanden hat. Und wer den Sinn der Geschichte nicht verstanden hat, der muss sich über sie aufregen wie das berühmte HB-Männchen, das früher voll Wut unter die Decke ging. Die Aufregung ist umso stärker, weil ausgerechnet Jesus, an den man glaubt, diese Geschichte erzählt. Und wer kann schon was gegen Jesus sagen, ohne vom Glauben abzufallen. Genau deswegen aber hat Jesus diese Geschichte so erzählt, damit die Hörerinnen und Hörer erkennen, was sein Ruf „Denkt um!“ („Kehrt um!“) bedeutet. Wer nicht umdenkt, wer die Dinge der Welt nicht aus einer anderen Perspektive sehen kann, der kann nicht an Jesus als Gottes Messias glauben, denn zu Jesus gehört einfach das „Umdenken“ – also das Betrachten des Lebens von einer anderen Seite her. Jesus selbst ist die Fleischwerdung einer ganz neuen Sichtweise. Denn er ist nicht nur Mensch. Er ist wahrer Mensch und wahrer Gott. Zu ihm gehört untrennbar eine neue Sichtweise des Menschen und des menschlichen Lebens durch Gott. Und so erzählt Jesus dieses wunderbare Gleichnis aus seiner Perspektive, aus seinem Blickwinkel. Und sein Blickwinkel beinhaltet, wie Gott den Menschen sieht. Gott sieht den Menschen – jeden Menschen als sein „geliebtes Kind“. Und mit dieser Sicht will Gott, dass jedes seiner Kinder zur Fülle des Lebens kommt. Er will, dass jedes Leben gelingt. Und nicht nur das Leben einiger Leistungsstarker. Deswegen erzählt Jesus eine Geschichte aus dem Alltagsleben. Da gibt es - in seinem Beispiel – Menschen, die von der ersten Stunde des Tages an Arbeit bekommen. Das bedeutet: „Dieser Tag ist gerettet. Ich bin die Sorge los, dass ich am Abend mit leeren Händen dastehe. Ich bin von Anfang an angenommen. Ich muss dafür arbeiten – okay. Aber es ist eine Arbeit, die von Anfang an das glückliche Ende in sich birgt. Es ist eine Arbeit, die in sich die Zufriedenheit enthält: Mein Lohn ist mir gewiss! Ich werde mich und meine Familie ernähren. Ich kann mich nützlich machen. Ich bin gewollt und anerkannt.“ Die Arbeiter der ersten Stunde erleben den ganzen Tag von Anfang an als gelungenen Tag – als gelungenes Leben. Je später ein Arbeiter in dieser Beispielgeschichte angeworben wird, umso mehr schwindet für ihn die Hoffnung, dass er am Ende der Arbeitszeit wirklich glücklich ist. Denn das Denken der Menschen - als Arbeitgeber wie auch als Arbeitnehmer - kennt nur die Gedanken: Lohn gibt es entsprechend der Arbeitszeit, der Arbeitsleistung. Das aber heißt: der Arbeiter der letzten Stunde hat schon 11 Stunden Enttäuschung hinter sich. Elf Stunden lang die Erfahrung, die der Weinbergbesitzer im Gespräch mit den Letzten, die er anheuert, hört,: „Niemand hat uns angeworben“ (Mt 20,7). Elf Stunden lang die Erfahrung: Keiner will mich. Elf Stunden lang erleben zu müssen, wie ein erfüllter Tag dahinschwindet. Und als sie dann in der Elften Stunde angeworben werden ist doch nach dem alten Denken klar: Der Lohn ist zum Leben zu wenig …, jedenfalls nichts für ein glückliches Leben. Während die Arbeiter der Ersten Stunde 12 Stunden lang wissen: „Der Tag ist gerettet. Mein Leben ist gerettet, quälen sich die Arbeiter der letzten Stunde bis zuletzt mit dem Gedanken: der Tag bringt es nicht. Der Tag ist verloren. Mein Leben ist heute verloren. Welcher Arbeiter der Ersten Stunde will da wirklich tauschen? Doch der Weinbergbesitzer denkt ganz anders! Er sieht den Menschen anders. Er nennt sie „Freunde“; und wenn Jesus das sagt, dann meint er das ehrlich. Wer diese Geschichte nicht aus einer anderen Perspektive sehen kann, der findet das Verhalten des Weinbergbesitzers ungerecht. Der ist blind für die andere Seite. Der wird Jesus und die von ihm verkündete Liebe Gottes nie verstehen. Doch wer wie Jesus sehen kann, der wird auch entdecken, was er für ein Glück hat, von Jugend an, von der ersten Stunde an, glauben zu können und wie elend jemand dran ist, de bis zur letzten Stunde seines Lebens ohne Gottes Liebe leben muss. Ein wahrer Christ weiß: Gott hat mich angeworben, angenommen, und so weiß ich: Mein Leben geht auf Fülle zu. Aber: bis zur letzten Stunde „ohne Gott zu leben“ ist keine Erfüllung – sondern ist „Leben mit innerer Leere“. Je früher jemand mit Gott lebt, umso glücklicher ist er zu preisen. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de 24. Sonntag im Jahreskreis A Mt 18, 21 – 35 Heute ist der „11. September“. Früher war dieses Datum eine ganz normale Tagesbezeichnung. Seit 10 Jahren ist dieses Datum verbunden mit dem schrecklichen Anschlag auf das World-Trade-Center in New York, auf das Pentagon und auf ein weiteres verunglücktes Passagierflugzeug. Tausende von Menschen kamen qualvoll ums Leben. Zehntausende blieben innerlich verwundet, verletzt, terrorisiert zurück und tragen bis heute schwer an den Verlusten ihrer Liebsten – ihrer Kinder, Eltern, Ehepartner, Freunde und Kameraden. „11. September“. Früher einfach ein Datum. Heute der Inbegriff für Terror, Leid und der Anfang von weiteren Kriegen und Vergeltungsmaßnahmen. Ein Datum, das irgendwie bis heute anhält… „11. September“: Ein Datum, an dem vor 10 Jahren das Böse im Menschen sichtbar wurde und bis heute als Datum herumgeistert, an dem das Böse im Menschen wieder neu in Terroraktionen sichtbar werden könnte. Man befürchtet jedes Jahr eine Art „Jubiläumstag des Terrors“. Genau an diesem Tag trifft die historische Realität auf das überzeitliche Evangelium von der Vergebung und Versöhnung. Ein Zufall? Ich sage lieber: eine gute Fügung. Denn es ist gut, dass das Evangelium mit aller Kraft der Vergebung auf die Wunde der Rache und des Terrors trifft! Genauso wie die Frage des Petrus auf alle offenen Wunden des Herzens trifft wenn er fragt: „Herr, wie oft muss ich meinem Mitmenschen, der mein Bruder, meine Schwester ist, vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt?“ (Mt 18,21) Genau übersetzt aus dem griechischen Urtext lautet die Frage des Petrus: „Herr, wie oft wird sündigen gegen mich mein Bruder, und ich werde ihm vergeben?“ Es geht also gar nicht nur um die vergangenen Sünden, die uns verletzten und unser Leben negativ beeinflussten. Es geht auch um die zukünftige Haltung zu den kommenden Beeinträchtigungen und Verletzungen unseres Lebens. „Vergebung“ ist nicht nur auf das Zurückliegende bezogen, sondern bei Petrus auch auf die Zukunft. Petrus fragt: Wie oft wird sündigen gegen mich mein. Mitmensch und ich werde ihm vergeben? Es geht also um seine Einstellung in der Zukunft. Nicht nur: Wann ist Schluss mit den Wunden der Vergangenheit? , sondern: Wann ist bei mir in Zukunft damit Schluss, dass ich vergeben werde? Gibt es irgendwann eine Grenze der Vergebung? Habe ich die Grenze für die Zukunft schon festgelegt? Diese Frage bedeutet: Wann ist die Grenze der Liebe erreicht? Wann hört meine Liebe in Zukunft auf? Im Stellen dieser Frage erkennt jeder schon die Antwort: Liebe kennt kein Ende. Liebe hört niemals auf. Sie kennt keine Grenze, denn Liebe und Vergebung sind eins. „Aber!“ - Nun kommt das große „Aber“! „Natürlich“ fällt uns das schwer. Ich sage bewusst „natürlich“, denn die Natur wehrt sich gegen Verwundungen, Verletzungen. Das ist ganz „natürlich“ – wie wir sagen. Verletzungen beeinträchtigen unser Leben negativ. Sie zerstören die volle Lebensentfaltung. Aber schuldhafte Verletzungen sind da und werden immer da sein. Es wird niemals ein Ende haben mit den Lebensverlusten der Natur. „Vergeben“ – das ist nichts Natürliches! Natur vergibt nicht. Natur will Widerstände besiegen. Vergebung ist etwas Übernatürliches. Denn Vergebung bedeutet: Ich verzichte freiwillig auf etwas, was mir von der Natur her zusteht. Vergeben ist für Natur: Schwäche. Vergeben bedeutet aber nicht: Ich gebe auf, weil ich zu schwach bin, mich durch zu setzen. „Vergebung“ bedeutet: Ich bin so stark, innerlich so gefestigt, dass ich den Verlust auf mich nehmen kann, damit der Andere unbeschwert weiterleben kann, der sonst an den Folgen seines Bösen Tuns zugrunde gehen müsste. Um Vergeben zu können, müssen wir innerlich einen unüberwindlich festen Halt haben. Denn Vergebung hat mit Loslassen zu tun, mit „Weggeben“, mit „Ver-geben“, - also mit freiwilligem Verlust, damit ich weiterhin mit de Verursacher in Frieden leben kann. Ohne innere Sicherheit, ohne innere Überzeugung, dass ich „innerlich reich bin“, „innerlich erfüllt bin“, kann ich nicht wirklich vergeben. Wer innerlich arm ist, kann nicht vergeben. Darum erzählt Jesus die Geschichte von einem König und nicht nur von einem „reichen Mann“. Ein König ist in der biblischen Symbolsprache immer mehr als nur irgendein Mensch. Ein König ist ein Mensch mit höchster innerer Würde. Wir sagen: „…von Gottes Gnaden.“ Ein König ist jemand, der nach alter Vorstellung von Gott erwählt ist. Das ist aber durch unseren Glauben jeder Mensch! Aber nicht jeder weiß das, und nicht jeder erkennt das. Die meisten definieren sich nur über das, was sie haben, was sie können oder über ihre gesellschaftliche Stellung. Wenn das bröckelt, dann sehen sie sich vor dem Nichts stehen. Der König, von dem Jesus in seiner Beispielgeschichte erzählt, sieht zunächst wie die Natur es sieht: Angerichteter Schaden – Schuld – muss wieder gutgemacht werden. Doch der Diener appelliert an die Gnade, an das Erbarmen des Königs. Er bittet um Liebe, um Trotzdem-Liebe. Er appelliert an eine andere Ebene, an die Ebene des Königseins – der Gnade. Der Diener wendet sich an die übernatürliche Beziehung, die im Menschen liegt. Und siehe da: Der König kennt seine Würde, seine innere Kraft. Und diese innere Kraft bewegt den König zu einer ungeheureren Geste der Liebe, die der Diener nicht einmal erbeten hatte. Der Diener hatte nur gebeten: „Sei großmütig zu mir, und alles werde ich Dir zurückzahlen.“ Doch der König stundet nicht die Schuld. Nein, er erlässt die Schuld. Und was für eine Schuld: 10.000 Talente. Das sind 425 Tonnen Silbergold. Ein unermessliches Vermögen, das es in der gesamten Antike so nicht gab. Welcher Diener hätte das jemals zurückzahlen können? Der König schenkt dem Diener also diesen ungeheureren Betrag, so dass der Diener befreit leben kann. Denn mit dieser Schuld wäre der Diener nie wieder frei gekommen. Aber mehr noch! Damit nimmt der König die Schuld auf sich selbst. Jetzt ist er „pleite“! Es ist jetzt sein Verlust. – Alles weg, was er besaß, ...alles, was seine äußere Macht stützen und erhalten konnte ..., weil er innerlich ein König war: ein von Gott erwählter Mensch. Ein Mensch voll der Gnade. Die übernatürliche Beziehung im Herzen war ihm wichtiger als alles andere! Und diese Gnade „be-gnadete“ den Diener. Sie schenkte dem Diener das Leben neu. Doch der scheint die erlösende Begnadigung nicht erkannt zu haben. Wegen 100 Denare lässt er einen seiner Schuldner einsperren, obwohl sein Schuldner wie er an die Gnade, an das innere Königtum des Menschen appellierte. So wurde offenbar: Er war kein Mensch mit königlicher Gnade, kein Mensch mit innerer Festigkeit. Er war ein Sklave von Geld und Macht und äußerem Ansehen geblieben. Ein elender Diener der Natur. Kein Mensch von Gottes Gnaden. Kein königlicher Mensch. Wie werden wir handeln, wenn die verlorene Natur um Gnade bittet? Werden wir königlich sein, weil wir aus Gottes Gnaden leben? Werden wir festhalten an unserer übernatürlichen Beziehung, dem gnädigen Gott? Werden wir festhalten am Menschen oder an unserer Angst um uns selbst? Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de 23. Sonntag i. Jkr. A Mt 18, 15-20 Alles, was zwei von Euch gemeinsam erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten. Was möchten wir erhalten? Wovon träumt unser Herz? Wenn wir unsere kleinen Kinder danach fragen, dann würden sie wahrscheinlich in der Mehrzahl sehr konkret darauf antworten. Sie würden Dinge nennen wie „Spielsachen“, die sie in der Werbung entdeckt haben, oder wovon ein befreundetes Kind schwärmt, oder was viele andere Kinder schon haben. Davon träumt sein Kinderherz. Ältere Kindern und Jugendliche träumen von den großen Möglichkeiten, die in der Technik stecken und womit sie ihre Grenzen überwinden können, um Großartiges zu erleben – natürlich mit dem „ultimativen Kick“. Es muss Spaß machen, cool sein und etwas sein, was man bisher noch nicht so erlebt hat. Es soll so etwas an sich haben wie eine Art „Durchbrechung der Schallmauer“. Außergewöhnlich soll es sein, so dass man auch ein bisschen bewundert wird. Das brauchen Jugendliche. Wenn wir älter werden und erkannt haben, wie das Leben wirklich ist, nämlich begrenzt und durch Lebensbrüche angeknackst, dann träumt unser Herz immer mehr davon, trotz aller Grenzen, Fehler und Schwächen gewollt, angenommen und geliebt zu sein. Unser Herz träumt davon, dass unser Leben, trotz allem belastenden Unsinn, sinnvoll bleibt. In der Alltagssprache heißt das meistens: Wir wünschen uns „Zufriedenheit!“. Natürlich sind da auch immer wieder ein paar Kinderträume, mit denen man die Zufriedenheit herstellen oder sichern möchte. „Man gönnt sich dann mal was.“ Doch je älter wir werden, umso mehr wird deutlich: Zufriedenheit hängt damit zusammen, dass das Herz Liebe und Gemeinschaft und Geborgenheit erfährt. Darum gibt es auch schon Kinderherzen, die heutzutage vermehrt wie Erwachsene vom „Sinn des Lebens“ träumen, nämlich von Liebe und Geborgenheit, weil der Grund ihres Lebens, die Eltern, die Familie, zerstritten und getrennt sind. Sie träumen von Einheit und Geborgenheit und nicht nur von Spielsachen, nicht von Fun-Park-Besuchen, extremen Erfahrungen, was Spaß machen soll. Sie träumen von wirklicher und bleibender Freude, aus der Zufriedenheit kommen soll, ein sinnvolles Leben durch Versöhnung. Zu dieser Art Herzenstraum gehört auch das Träumen von Gott. Denn „Gott“ ist nach christlichem Glauben derjenige, der für diese bleibende Freude steht, aus der die versöhnte Zufriedenheit kommt. Er steht für ein sinnvolles Leben, trotz aller Brüche. Gerade durch Jesus Christus haben wir das aufgezeigt bekommen. Er heilte durch sein „Annehmen der zerbrochenen Menschen“ das scheinbar sinnlos gewordene Leben von Blinden, Taub-Stummen, Gelähmten, Verachteten und der durch eigene Schuld ins Abseits geratenen Menschen. Er sagte ihnen: „Durch mich seid Ihr trotzdem von Gott gewollt, geliebt und angenommen. Ich verkünde und lebe mit Euch und unter Euch die unzerstörbare Verbindung mit Gott mit aller Konsequenz. Er ließ ihr Herz wieder davon träumen, dass ihr Leben sinnvoll ist – trotzt aller Brüche im Leben und sogartrotz aller Sünde. Ohne Gott gibt es keinen Traum von einem geheilten, sinnvollen, versöhnten Leben, und zwar als Wirklichkeit. Ohne Gott ist dieser Traum nur Illusion, d. h. eine gedachte Möglichkeit ohne Verwirklichung. Darum hörten wir in der Lesung wie Gott den Propheten Ezechiel verantwortlich dafür macht, dass im Volk Israel der Traum vom sinnvollen Leben lebendig bleibt. Er sagt zum Propheten: „Ich gebe Dich dem Volk Israel als Wächter – und zwar als Wächter dafür, dass die heilbringende Beziehung zu Gott nicht abbricht“. Denn derjenige, der Gottes Anruf gehört hat, der also in einer lebendigen Beziehung mit Gott lebt, bekommt mit dieser Beziehung gleichzeitig die Verantwortung dafür, dass er diese Beziehung weitergibt. Wer „Leben mit Gott“ empfängt, steht in der Verantwortung dafür, dass er diese Beziehung weitergibt. Glauben und „Weitergabe des Lebens mit Gott“ gehören untrennbar zu dem Menschen, der sagen kann: „Gott sei Dank!“ Wer erfahren hat, wer geschenkt bekommen hat, Gottvertrauen ist gut und tut gut, der steht in der Verantwortung, das „Leben mit Gott“ weiter zu geben und zu erhalten. Wer die lebendige Herzensbeziehung geschenkt bekommen hat, so dass er Gottes Stimme, Gottes Geist, Gottes Leben in sich wahrnimmt, der hat Verantwortung dafür, dass er diesen Herzenstraum wachhält ...gegenüber seinen Kindern, seiner Familie, ... gegenüber den Menschen, mit denen er lebt. Es geht ja schließlich um den Sinn des Lebens, der so schnell verloren gehen kann, weil seine Kraft in einer unsichtbaren Beziehung liegt und nicht in einem sichtbaren Ding oder einer steuerbaren Technik. Diesem „Sinn des Lebens“ nicht mehr nachzukommen, auf die lebendige Beziehung nicht mehr zu hören, dass nennt Gott „Sünde“. Sich nicht mehr für die Weitergabe des „Lebens mit Gott“ zu interessieren, das zerstört nämlich die Kraft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe. Das meint auch Jesus heute im Evangelium, wenn er die anspricht, die auf ihn hören wollen, die ihm folgen wollen. Jesus sagt ganz bewusst: „Wenn Dein Bruder sündigt ..., also wenn derjenige, der durch den Glauben Dein Bruder oder Deine Schwester geworden ist, anfängt so zu leben, als gäbe es Gott nicht mehr, als sei es nicht mehr wichtig, das Leben mit Gott zu leben und weiter zu geben, dann sprich ihn persönlich darauf an. Sag ihm oder ihr, dass dadurch die Weitergabe der unsichtbaren Beziehung zu Gott zerstört wird. Der Satz: „Ich kann auch ohne die Gemeinschaft der Christen glauben“, bedeutet nichts anderes als: Mich interessiert nicht, wie es mit dem Glauben, der für mich gut ist und der mir gut tut, weitergeht. Ich habe kein Interesse daran, meine Glaubensfreude, den Sinn des Lebens an anderen weiter zu geben, ihn mit zu teilen oder zu fördern. Ich bin verantwortungslos, was den Glauben gegenüber anderen betrifft. Ich bin lieblos. Liebe aber ist untrennbar mit der Weitergabe des Lebens verbunden. Genauso wie keine christliche Ehe zustande kommt, wenn man sagt: Wir wollen unser Leben nicht weitergeben; wir wollen kein Kind. So sind wir alle aufgerufen, das „Leben mit Gott“ weiter zu geben: die Freude an der Verbindung mit Gott. Das Evangelium weist uns auf unsere Verantwortung hin, die Weitergabe „des Lebens mit Gott“ ist - wie die Weitergabe des menschlichen Lebens - von der Liebe abhängig. Darum sagt Jesus: Wenn zwei von Euch wirklich eins sind auf Erden - das heißt im Gottvertrauen -, dann mögen sie bitten, was sie wollen; mein Vater im Himmel wird es ihnen geben. Denn wo zwei oder drei zusammenkommen und in der Liebe eins sind, da bin ich in ihrer Mitte! Die lebendige Beziehung zueinander ist die Grundlage für die Gegenwart Jesu Christi. Nur Glaubensgemeinschaft bringt den lebendigen Christus in die Welt. So dürfen wir jetzt froh und dankbar sein, denn auch durch dieses gottesdienstliche Zusammensein ist Christus lebendig in unserer Mitte. Er nimmt unsere Glaubensgemeinschaft als seinen neuen gewandelten Leib und geht so durch die Zeiten und Generationen. So kann unser Herz die Wirklichkeit seines Traumes erleben: Gott ist da, wo wir gemeinsam glauben. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de 22. Sonntag im Jahreskreis A Mt 16, 21-27 Erinnern wir uns kurz an das Evangelium vom vergangenen Sonntag. Es schilderte so zu sagen die erste Hälfte der Antwort des Petrus auf die Frage Jesu: „Ihr Jünger, für wen haltet ihr mich?“ Petrus hatte etwas Ungeheuerliches gesagt, etwas, was sich nicht mehr steigern lässt. Er hatte zu Jesus gesagt: Du bist der Christus – das heißt: der Gesalbte Gottes, der endgültige Messias. Doch dann kam der Höhepunkt: „Du bist der Sohn des lebendigen Gottes“. Höheres können wir von einem Menschen nicht aussagen. Und Höheres wurde auch nie von einem Menschen ausgesagt. Gottes Kind zu sein, Gott als Vater zu haben, von Gott zu stammen – das ist das Höchste! Wenn wir einen Menschen in höchsten Tönen loben, wenn wir ihn so nah mit Gott verbunden sehen, dann baut sich schnell eine ungeheuer positive Erwartungshaltung zu diesem Menschen auf: die Erwartung von Erfolg, Macht, Herrlichkeit, von Gutsein und Lösung der Probleme, ja von Verhinderung des Bösen, des Leidens, der Niederlagen und der Enttäuschungen. Petrus, so haben wir im heutigen zweiten Teil der Antwort gehört, stellte sich unter dem „Christus, dem Messias Jesus“ jedenfalls einen Menschen vor, der als Christus nichts mit Leiden und Tod zu tun haben soll. Petrus sagt sogar: „Gott sei Dir gnädig, Herr; keinesfalls soll Dir dies geschehen“. Für Petrus besteht die Gnade, das Wohlwollen Gottes darin, dass diesem Messias Jesus nichts Böses geschieht, dass kein Leid, kein Tod an ihn herankommt, keine Niederlage oder Machtlosigkeit. „Gott und Probleme“, „Gott und Leid“, „Gott und Sterben“, „Gott und Niederlage“, das kann Petrus nicht zusammenbringen. Ja: das soll Gott verhindern! Damit spricht Petrus eine Vorstellung aus, die viele Christen haben, wenn sie denken: „Gott und Leid“ – das sei ein Widerspruch. Und, da sie Gott niemals gesehen haben, aber das Leid der Welt sehen, sagen sie oft: „Wenn ich das Leid sehe und an Gott denke“, der nach Ihrer Vorstellung das Leid nicht zulassen dürfe, „dann gibt es für mich keinen guten Gott“. Und wenn Gott nach ihrem Vorstellungsvermögen das Leid nicht verhindert, dann gibt es für sie nicht nur keinen guten Gott, sondern gar keinen Gott! Was wollen wir auch mit einem Gott, der nur nach Willkür liebt?! Sie sind wie Petrus, der es besser wissen will als Jesus. Deswegen heißt es von Petrus: „Er nahm Jesus beiseite und fuhr ihn an, bzw. setzte ihm zu!“ (Mt 16,22) Petrus ist also der Meinung, Jesus mache mit seiner Vorgehensweise alles falsch, alles kaputt. Sogar Gott soll das Leiden und Sterben Jesu verhindern. Gott soll die „verkehrte Ansicht des Jesus“ nicht zulassen. „Liebe ohne Leiden“ – das sei der gnädige Gott. „Liebe ohne Opfer, ohne Hingabe“ – das sei die Liebe Gottes! Genau diese verwirrte, diabolische Ansicht haben viele immer noch heute, die sich Christen nennen, und man fragt sich: Haben sie nie dieses Evangelium gehört? Petrus erhält daher sofort eine Abfuhr, indem Jesus sagt: „Geh fort, hinter mich, Satan“. So wie Petrus sich Jesus in den Weg gestellt hatte – so sagt Jesus: Geh mir aus dem Weg, also: „Hinter mich!“ Petrus hat Jesus zu folgen und nicht umgekehrt. Und Jesus nennt den Petrus ganz bewusst einen „Satan“. Der Ausdruck „Satan“ bedeutet in der Bibel: Ankläger gegen Gott und die Menschen. In der Bibel sucht diese literarische Figur immer einen Grund für die Menschen, um Gott an zu klagen, um sich von Gott zu trennen. Mit seiner Vorstellung verhält sich Petrus genau wie der biblische „Satan“. Er klagt den Sohn Gottes an, dass er falsche Wege ginge. Er klagt Jesus genauso an wie viele Menschen das gegenüber Gott machen, wenn der nicht in die Materie eingreift, wenn der das Unangenehme nicht verhindert. Sie machen Gott Vorwürfe oder lehnen ihn gleich ganz ab – so als wüssten sie besser, wie Gott zu sein habe: ein „Wünscheerfüller“ ihrer Vorstellungen! Den sie dann aber innerlich anklagen, wenn er ihre Wünsche nicht erfüllt; genauso wie Petrus den Sohn Gottes anklagt, den falschen Weg zu gehen, wenn er leidet und stirbt. Und das erstaunliche ist, solche Christusbekenner, solche Christen gibt es bis heute – besonders aber bei denen, die sich selbst als „streng gläubig“ bezeichnen. Was läuft da in solchen Köpfen schief? Jesus sagt es sehr klar und einsichtig: „Wenn einer hinter mir hergehen will, sagt Jesus, verleugne er sich, ...“ (Mt 16,24) Das bedeutet nichts anderes als: wenn einer mir folgen will, dann darf er sich nicht vor mich stellen, wie Petrus es tat. Dann darf er seine Vorstellung nicht vor die Verkündigung Jesu stellen. Jesus zu folgen heißt: zu allererst Jesu Vorstellung von Gott zu übernehmen. Denn wie will Jesus in einem Menschen wirken können, wenn der Mensch seine neuen Gedanken nicht in sich zulässt? Nur weil man sagt: Jesus ist der Christus. Jesus ist der Sohn Gottes – darum hat man noch lange nicht die neuen Gedanken, die neue Sichtweise Jesu übernommen. Das haben wir ja an Petrus gesehen. Wer sagt: Ich folge Jesus oder ich gehe in die Kirche, der muss ja das Gottesbild Jesu annehmen, seine Sicht von Gott. Jesus zu folgen, Christ zu sein, bedeutet, die Gedanken Jesu zu übernehmen. Wer seine bisherige Denkweise von Gott retten will, der wird das Leben mit Jesus Christus verlieren. Wer aber seine überholte bisherige „Denkweise über Gott“ wegen Jesus aufgibt und nach Jesus ausrichtet, der wird das Leben finden, die Fülle des Lebens. Denn niemand wird groß mit dem wahren Bild von Gott. Niemand! Das können wir nur in der Beschäftigung mit Jesus bekommen, der uns in seinem Evangelium damit beschenkt. „Ich glaube, dass Jesus der Sohn Gottes ist“, das ist schnell gesagt. Aber: „Ich glaube, dass Gott anders ist, als ich mir das bisher immer so gedacht habe, weil ich nie tiefer darüber nachgedacht habe,.....und deswegen will ich jetzt umdenken, auch wenn die anderen sagen „Du spinnst!“, das ist der Anfang der Nachfolge. Deswegen sagt er: „.....der nehme sein Kreuz auf sich!“ Das versteht Jesus unter „Kreuz auf sich nehmen“: Nicht zu denken, wie die Welt, sondern wie Gott! Wer wie Jesus denken will, wer wie Jesus versöhnt mit Gott leben will, obwohl das nicht bedeutet, von Kreuz und Leid frei zu sein, der muss sein Kreuz auf sich nehmen. Denn solchen Christen verzeiht die dumpfe Masse nicht. Aber solche Leute sind das Salz der Erde, das Licht der Welt, die Originale Gottes. Denn sie folgen wirklich nach. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de 21. Sonntag i. Jahreskreis A Unser Papst, Benedikt XVI., ist zurzeit auf dem Weltjugendtag in Madrid. Der Weltjugendtag steht diesmal unter dem Leitwort: „Verwurzelt in Jesus Christus und auf ihn gegründet“. An diesen Bäumen hier in Steinwand - beim heutigen Gottesdienst im Freien - sehen wir, was es heißt, verwurzelt zu sein, tief verwurzelt: sonst kann man nicht so groß werden. Etwa eine Million Jugendliche sind in Madrid zusammen gekommen. Sie nehmen teilweise oder ganz daran teil und leben bei diesem Treffen unseren Glauben. Sie singen, beten, diskutieren über wichtige Fragen des Lebens mit anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus aller Welt. So erleben sie, dass sie nicht nur in einer globalen Klimaund Wirtschaftswelt leben, sondern in einer globalen Glaubenswelt wie sie nur unsere katholische Kirche bieten kann, denn sie ist die Weltkirche. Die jungen Christinnen und Christen erleben, was ihnen kein Urlaub, kein Buch, keine filmische Reportage bieten kann, nämlich gleichaltrige junge Menschen aus allen Nationen der Welt mit einer Verwurzelung in Jesus Christus, die auf dem Bekenntnis gründet, was wir gerade im Evangelium gehört haben: Du bist der Christus, der Gesalbte, - in der jüdischen Sprache heißt das „Messias“ – der Sohn Gottes, des lebendigen“ (Mt 16,16) Die Aufgabe unseres Papstes ist es, als der Nachfolger des Petrus, diesen jungen Menschen mit seinem Amt durch seine Anwesenheit deutlich zu machen: Ja, Jesus Christus ist der Sohn des lebendigen Gottes. Das heißt: Ihr jungen Christen - IHR seid auf dem wahren Weg des Lebens. Ihr habt denjenigen als Euren Leitstern erwählt, der sein Leben für die größte Botschaft der gesamten Weltgeschichte hingab: dass alle Menschen aller Zeiten auf ewig geliebt sind, weil sie durch den Sohn des lebendigen Gottes ebenso geliebte Kinder Gottes sind wie Jesus Christus. Unser Papst ist in der Nachfolge des ersten Bekenners dieser Frohen Botschaft, in der Nachfolge des Heiligen Petrus der sichtbare lebendige Zeuge für den Glauben von uns allen als auch aller Milliarden Christen, die bis zu Petrus vor uns gelebt haben. In unserem Papst sind also rund 2000 Jahre Glaubensbekenntnis des Petrus und aller seiner Nachfolger lebendig gegenwärtig als auch der Glaube der gesamten gegenwärtigen Katholischen Kirche – das heißt: Welt umfassende Kirchengemeinschaft! Wo ein Papst ist, da ist der Glaube an Jesus Christus als dem Sohn Gottes lebendig, und daraus resultierend: der Glaube, dass alle Menschen geliebte Kinder und Erben der göttlichen Würde und des göttlichen Lebens sind und dementsprechend leben wollen und sollen. Denke niemand, dass Millionen Jugendliche und Familien oft viel Geld aufbringen, um an solchen Weltjugendtreffen teil zu nehmen, nur um den „Papst“ für einen kurzen Augenblick im Papamobil vorbeifahren zu sehen oder auf Riesenbildschirmen und Leinwänden, was man zuhause viel besser mitverfolgen könnte. So beeindruckend ist ein 84 Jahre alter Mann im altmodischen Outfit nun wirklich nicht für junge Leute. Was ihn anziehend macht, ist sein Glaube, weil der Inhalt des christlichen Glaubens der menschlichste, der natürlichste und gleichzeitig ohne logische Widersprüche der göttliche und übernatürliche Glauben ist, in dem nämlich alle Menschen durch Jesus Christus Gottes „Christen“, Gottes „Gesalbte“, Gottes Söhne und Töchter sind. Päpste kommen, Päpste gehen, aber der Inhalt, für den sie stehen, ist geblieben. Warum? Doch nicht wegen der Päpste! Sondern wegen der Millionen und Milliarden Menschen, die in den 2000 Jahren der Kirchengeschichte im Bekenntnis der Päpste (das Jesus Christus uns allen das göttliche Leben offenbarte), ihre Hoffnung auf den Sinn im Leben entdeckten. Ein Papst ist doch nicht deswegen in aller Welt von den Christen umjubelt, weil ER so toll ist. Mein Gott, was ist an so einem alten Mann für die Jungen Leute schon dran? Er ist willkommen wegen der Heilsbotschaft der ewigen Liebe Gottes zu uns Menschen, wegen des Lebenssinnes, der selbst dann noch einen Sinn hat, wenn man ungerecht am Kreuz endet. Ist es ein Fehler, Jugendliche zu haben, die Jesus Christus zujubeln, wenn sie dem klatschen, der im Namen Jesu Christi die Botschaft vom ewigen Geliebtsein, vom ewigen Sinn unseres zerbrechlichen Lebens verkündet? Oder ist Jesus Christus schon ein falsches Vorbild? Wozu wären wir dann heute hierher gekommen? Auch ein Gottesdienst ist nie etwas Ideales. Viele sagen: ist ja immer dasselbe. Ja, hier gibt es nichts anderes als die Botschaft: Gott ist da. Er hat uns mit ewiger Liebe angenommen. Wir sind seine Kinder. Und hier gibt es nichts anderes als ein kleines Stück trockenes Brot – trocken wie ein alter 84 jähriger Petrusnachfolger. Aber in diesem Brot ist der Geistleib Christi gegenwärtig wie im Papst und wie selbstverständlich in uns allen, die wir uns zu JESUS CHRISTUS bekennen. Wenn wir die Botschaft und den Leib Christi empfangen haben, dann lebt auch in uns der Sohn des lebendigen Gottes und stärkt und erneuert in uns Töchter und Söhne Gottes zu sein – Menschen mit ewigem Sinn. Nicht der Papst „an sich“ ist also der Felsen, auf dem Christus seine Kirche aufgebaut hat, sondern nur der Papst als der Bekenner: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Darum hat Jesus dem Felsenmann, dem Petrus, die Vollmacht gegeben, alles das mit Gottes Liebe zu verbinden, was der Einheit mit Gott und Mensch dient ..., und alles das zu lösen, was nicht der Einheit von Gott und Mensch dient. Wenn wir zur Heiligen Messe kommen, dann nehmen wir jedes Mal die Bindegewalt des Petrus in Anspruch, denn die Eucharistie verbindet uns mit Christus. Die Geschichte etlicher unserer Päpste mag nicht immer ruhmreich gewesen sein, genauso wie die Geschichte des Petrus nicht immer ruhmreich war. Aber dennoch hat Jesus Christus ihn gewollt und genommen – genauso wie er jeden von uns will, was auch nicht immer gerade die beste Wahl ist. Aber bei unserem Glauben geht es eben nicht darum, dass wir vollkommen sind, sondern von Gott vollkommen angenommen und geliebt sind. Das steckt im Bekenntnis des Petrus, dass der ungebildete Mann aus Nazareth der Sohn des lebendigen Gottes ist und wir durch ihn Töchter und Söhne Gottes. Wer das glaubt, der ist verwurzelt in Jesus Christus und auf ihn gegründet. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische–kirche-poppenausen.de Maria Himmelfahrt 15. August 2011 Wenn wir Menschen in einer ungewissen Situation stecken, in der wir nicht wissen, wie es momentan weitergeht – wie es in Zukunft weitergehen soll, dann würden wir gern in die Zukunft schauen. Wir würden gern wissen, was auf uns zukommt, um jetzt die richtige Entscheidung zu treffen. Denn wenn man einen Plan hat, einen weitergehenden Weg, dann kann man schon jetzt ganz anders leben. Wo wir aber keinen Weg sehen wie es weitergehen soll..., wo es ausweglos erscheint, da sind wir voller Sorge, voller Angst. Da bedrückt uns sozusagen der Gedanke an die Zukunft. Das heutige Fest der Aufnahme Mariens in die Herrlichkeit Gottes ist ein Fest, das uns die Angst vor der Zukunft nehmen will. Denn in Marias Verherrlichung ist uns dafür ein Bild gegeben, was einmal auf uns zukommt. Es ist das Fest unserer Zukunft, einer Zukunft des Heils ist und nicht des Verderbens. So können wir sagen: Das Fest „Mariä Himmelfahrt“ wie es der Volksmund nennt – ist ein Fest, das uns das Ziel unseres Lebens anzeigt. Unser Leben endet nicht in einer Sackgasse. Unser Leben endet nicht im Tod, sondern führt durch den Tod in eine lebendige Zukunft. Es ist ein fest, das uns die Angst vor der Zukunft nimmt und damit Kraft für unsere Gegenwart gibt. Wenn wir die Aufnahme Mariens in die Herrlichkeit Gottes feiern, so ist das also keine Weltflucht, wo wir uns mit irgendwelchen Jenseitsgedanken beschäftigen, sondern dieses Fest gibt für den, der in Marias Vollendung auch seine eigene Zukunft erkennt, schon jetzt - in der Gegenwart - Vertrauen und Kraft. Wer eine gute Zukunft hat, der kann die Gegenwart ganz anders leben. Wo die Zukunft des Lebens letztlich nur Tod und Verwesung heißt, da ist auch die Gegenwart geprägt von der Angst der Vergänglichkeit. Da ist letztlich alle Zeit immer nur „verlorene Zeit“. Das heutige Fest aber sagt uns: Es gibt keine verlorene Zeit. Unsere Lebenszeit, unsere Lebensgeschichte ist aufgehoben in Gott. Nichts geht verloren, weil wir auf ewig gewollt und geliebt sind. Darum jubelt Maria. Denn in Jesus Christus empfing sie nicht nur Gottes Sohn, sondern selbst das göttliche Leben, durch welches wir nicht verloren gehen. Gott in sich auf zu nehmen bedeutet, dass Gott sein Leben auf uns überträgt. Sein Leben wird eins mit unserem Leben. Und so hörten wir, wie sich die Freude daran überträgt, als das Kind im Leib der Elisabeth vor Freude, dass Christus gekommen ist, hüpft. Wir feiern das Fest der Übertragung des göttlichen Lebens in unser Leben, damit wir mit Zuversicht in die Zukunft schauen können und dadurch jetzt schon – in unserer Gegenwart – Freude und Vertrauen haben. Darum jubelt Maria: Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter. Sie erkennt, dass in ihrem Schicksal das Schicksal aller Generationen mitgeteilt wird. Alle haben Zukunft, alle werden aufgenommen in die Herrlichkeit Gottes. So gibt es keinen verlorenen Menschen. Wir finden uns alle wieder in Gottes Liebe. So gibt es keine verlorene Zeit, denn wir alle leben durch Gott in Ewigkeit. Als „Verlorene Zeit“ erscheint uns immer nur die Zeit, die wir selbst nicht in Gottes Liebe sehen können. Doch er wird alles „Verlorene“ in seiner Liebe bewahren. Maria hat selbst viel verloren. Am Ende auch Jesus. Aber durch Gott geht nichts verloren: Kein Kind Gottes, kein Mensch. Denn am Ende beginnt das Leben mit Gott neu. Darum ist dieses Fest so wichtig. Es gibt uns Lebensmut aus unserer Zukunft für unsere Gegenwart jetzt. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer 20. Sonntag im Jahreskreis A www.-katholische-kirche-poppenhausen.de (Mt 15,21-28) Jesus überschreitet eine Grenze. Zunächst hört sich diese Grenzüberschreitung ganz harmlos an – wie eine Art Wegbeschreibung. Denn es heißt ganz lapidar: Jesus entfernte sich, und zwar in die Landesteile von Tyros und Sidon. Doch die Nennung dieser beiden Orte Tyros und Sidon macht deutlich: Jesus überschreitet die Grenze vom jüdischen Land und betritt heidnischen Boden. Er geht in ein Gebiet, wo man glaubensmäßig ganz andere Vorstellungen von Gott hat. Auch dort glauben die Menschen an Gott, aber in einer verwirrten Weise. Sie verehren Gott in der Vorstellung von Göttern. Da gibt es einen Gott für das Wetter, eine Göttin für den Mond, wieder einen anderen Gott für die Fruchtbarkeit der Felder oder jeweils einen Gott für eine Stadt oder ein Gebiet. Als Jesus in dieses Gebiet geht, da kommt er also in den Bereich einer Gottesvorstellung, die seinem Glauben widerspricht. Dort glaubt man nicht an „einen Gott“, sondern an mehrere Götter. Dort glaubt jeder so zu sagen an das, was er will, was er gerade für richtig oder gut empfindet. Eigentlich sind es dort nicht die Götter, auf welche die Menschen hören, sondern die Menschen machen sich ihre Götter zurecht. Man könnte sagen: Die Heiden orientieren sich nicht an Gottes Willen, sondern an ihren eigenen Wünschen, die ihre Götter erfüllen sollen. Ein solcher Glaube aber bringt nichts. Denn so ein Glaube lässt den Menschen da stehen bleiben, wo er ist. Solcher Glauben bringt einen Menschen nicht voran. Ein solcher Glauben lässt einen Menschen nur um seine eigenen Vorstellungen, nur um sich selbst kreisen. Etwa nach dem Motto: „Gott, mach, was ich mir wünsche. Gott mach, was ich will, Gott, tu, was ich für richtig und gut ansehe“. Als müsse man Gott erst auf etwas Wichtiges Aufmerksam machen. Das ist heidnisches Glaubensverständnis. Es ist ein Glaube, der den Menschen nur um sich selbst kreisen lässt und ein Glaube, der enttäuscht, wenn die Gottheit die Wünsche nicht erfüllt. Man denkt dann: Gott hat etwas gegen mich. Er liebt mich nicht. Er bevorzugt andere. Jesus hingegen glaubt an den einen guten Gott, zum dem er letztlich ein solches Vertrauen hat, dass er sagen kann „...jedoch nicht wie ich will, sondern wie Du“ (Mt 26,39) Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe. Mit solch einer Gottesbeziehung wird der Mensch über sich und seine Wünsche hinausgeführt in einen Prozess der Veränderung, der Verwandlung, des Neuen Weges. Welchen Glauben würde Jesus bei uns antreffen, wenn er in unseren Landesteil, in unser Gebiet kommen würde? Führt uns unser Christusglaube über unsere eigenen, selbstgemachten Denkvorstellung und Wünschen hinaus oder haben wir einen Glauben, durch den Gott unsere Wünsche erfüllen soll? Als Jesus in das heidnische Gebiet geht, kommt ihm eine Kanaanäerin schreiend entgegen. Sie ruft Jesus mit der jüdischen Messiasformel an: „Erbarme Dich meiner, Herr, Sohn Davids!“ (Mt 15,22) Und sie klagt ihr Leid: „Meine Tochter ist böse besessen!“ In der Symbolsprache der Bibel ist ein Kind das Symbol für die eigene Zukunft. Es ist Symbol dafür, dass das eigene Leben weiterleben kann. Eine „böse besessene Tochter“ bedeutet aber: „ Mein Leben hat keine Zukunft. Mein Leben hat keinen Sinn. Mein Leben kann sich nicht richtig entfalten!“ In dieser Weise gibt es „viele zukunftslose Menschen“. Darum erscheint hier die Tochter auch gar nicht persönlich und wird am Ende die Tochter symbolisch durch die „Veränderung der Frau“ geheilt. Die kranke Tochter ist die Seele der Frau. In der Antike wurde sehr oft die eigene Seele eines Menschen als Kind dargestellt. Das Kind in der Frau, das Leben der Seele, das sich entwickeln will, das groß werden will, schreit, weil es sich nicht entwickeln kann, wenn es sich nur in sich selbst dreht. Heidnischer Glaube verhindert eine Weiterentwicklung. Das erinnert mich sehr stark an einen aus der Wochenzeitschrift Christ in der Gegenwart, wo es heißt: „Dass die Geburtenrate sinkt, liegt nicht daran, dass sich nur noch die wenigsten Paare Kinder leisten wollen – sie sinkt, weil Kinder bedeuten, dass man sich 18 Jahre lang festlegt.“ (CiG, Nr. 33/2011, S. 371) Neues Leben entsteht also, weil wir uns darauf festlegen. Ein Kind kommt also nur deswegen zur Welt, kann sich deswegen entwickeln, weil es grundsätzlich erfährt: Ein anderer hat etwas für mich übrig. Ein anderer lässt mir etwas von seinem Leben zukommen. (Z.B.: 18 Jahre) Ein anderer gibt sich für mich hin. Darum lebe ich. Gott ist es der sich in Jesus auf uns Menschgen für immer festlegt. Deswegen schweigt Jesus zunächst. Er geht nicht auf die Forderung seiner Jünger ein: „Mach was, damit sie nicht hinter uns her schreit“. Damit wäre der Frau auch nicht geholfen. Sie hätte weiterhin den falschen Glauben, man müsse nur genug Lärm machen, Heidenlärm, dann macht Gott, was ich will. Sie würde sich nur weiter um sich drehen, um ihre eigene Vorstellung. Jesus grenzt sich davon ab und sagt: „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt.“ (Mt 15,24) Er ist also nur zu denen gesandt, die sich nicht mehr von Gott lenken lassen wollen. Da hört die Frau auf zu lärmen. Sie fällt vor Jesus nieder. Sie bittet einfach: „Herr, hilf mir!“ Sie sagt nicht mehr: „Meine Tochter ist besessen.“ Sie erkennt: Ich brauche Deine Hilfe. Endlich hat sie erkannt: Ich bin es selbst, die Hilfe braucht. Es ist die unterentwickelte Seele in mir. Jesus, gib Du mir neue Zukunft.. Hilf mir! Da antwortet ihr Jesus und macht ihr mit einem oft falsch verstandenen Satz klar, um was es geht, in dem er sagt: „Es ist nicht recht, zu nehmen das Brot der Kinder und es den Hündchen hinzuwerfen.“ Jesus macht deutlich: Erkenne, gute Frau, worum es im Glauben geht. Es geht darum, sich als Gottes Kind zu begreifen und nicht vor Gott wie ein Hündchen zu leben, das nach Menschenbrot schnappt. Gott sieht den Menschen als sein Kind an und nicht als ein Hündchen, das je nach Laune des Tischherrn auch mal einen Happen bekommen darf. Jesus geht es darum, dass der Mensch begreift: Ich bin Gottes Tochter, ich bin Gottes Sohn. Ich habe göttliches Leben in mir. Gott hat mich gewollt. Er liebt uns als seine Kinder. Er ist eben keiner, der uns nach heidnischer Vorstellung wie Hunde behandelt. Gott will Kinder am Tisch – in seiner Gemeinschaft. Das ist das heilende Verständnis des Glaubens. Da antwortet die Frau: Aber auch denen gibt Gott von seinem Leben, die das aufgrund ihrer anderen Erziehung, ihrer anderen Kultur noch nicht verstanden haben, noch nicht so leben können. Dazu sagt Jesus: „Frau, Dein Glaube ist groß!“ Jesus bestätigt ihr: Ja, Gott hat auch für die sein Brot, seine Liebe übrig, die eine andere Glaubenseinstellung haben. Gott liebt auch die, die es aufgrund ihrer bisherigen Lebensgeschichte nicht besser wussten. Das hat die Frau geheilt, ihre Kinderseele. Denn jetzt hat auch sie Zukunft mit Gott. Und Zukunft mit Gott, das haben wir Christen, weil wir die Gewissheit haben: Wir sind Gottes Kinder. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-Kirche-Poppenhausen.de Patronatsfest in Sieblos am 10. August 2011 Joh 12, 24-26 Am heutigen Festtag erinnern wir an einen großartigen Menschen, den heiligen Laurentius, den Kirchenpatron von Sieblos. Warum war er ein großartiger Mensch? Weil Laurentius nicht an seinem Leben hing, sondern am Leben Gottes. Ja, Laurentius hing am Leben Gottes! Das bedeutet: Laurentius war davon überzeugt: Das wahre Leben ist das Leben, das Gott mir schenkt. Das wahre Leben ist nicht vergänglich. Und wenn das Leben von Gott nicht vergeht, nicht stirbt, dann braucht man keine Angst um sich und sein Leben zu haben. Unser heutiger Patron, den wir heute an seinem Todestag besonders ehren, stellt uns damit die Frage: Warum verehrst Du mich? Einfach nur so, weil das so Sitte ist? Weil man mich einen Heiligen nennt? Wenn Du mich verehrst, dann bitte nur wegen meiner Einstellung zum Leben: weil ich das Leben von Gott höher einschätze als das Leben der Natur, das vergängliche Leben der Welt. Wer den heiligen Laurentius verehrt, der verehrt mit ihm dessen Überzeugung, dass das wahre Leben von Gott kommt. Deswegen hing Laurentius am Leben Gottes und nicht am Leben der Welt. Aber zum Leben Gottes gehört nicht nur das ewige unzerstörbare göttliche Leben. Zum Leben Gottes gehört die Liebe zu den Menschen. Denn Gott starb nicht für Gott. Gott gab sich nicht für Gott hin, sondern für uns Menschen. Das ist der zweite Grund zur Verehrung unseres Kirchenpatrons. Er hängst nicht an der Liebe der Natur, die sagt: „Rette sich, wer kann“. .. ,sondern: Rette mit dem göttlichen Leben die Menschen. Wir verehren also die Lebenseinstellung des Heiligen Laurentius. Einen Heiligen zu verehren, nur weil man ihn einen Heiligen nennt, das ist keine christliche Verehrung. Ein Heiliger wird wegen seiner Lebenseinstellung verehrt. Eigentlich wird nur seine Lebenshaltung, seine Glaubenseinstellung verehrt. Im Kirchenpatron verehren wir das Vertrauen in das göttliche Leben, welches wir alle sichtbar in der Taufe empfangen haben. Wir verehren in Laurentius die Liebe Gottes zu den Menschen. Gott ist mit seiner Liebe in seinen Heiligen erschienen. Darum hieß es eben im Evangelium: „Wer an seinem Leben hängt, verliert es.“ (Joh 12, 25) In der griechischen Urschrift des Neuen Testamentes heißt das Wort „Leben“ ψυχμ (Psychä). Es steht dort nicht Biós (Bion) für biologisches Leben, sondern Psychä für „Lebenseinstellung“. Jesus sagt also: Wer an seiner bisherigen Lebenseinstellung hängt, der wird sein wahres Leben verlieren. Denn Christus allein bringt das wahre Leben. Wer aber durch Jesu Botschaft die bisherige Lebenseinstellung, die Angst um sich selbst, ablegt und Jesu Perspektive annimmt, der wird sein wahres Leben bewahren bis ins ewige Leben. Jesus macht also deutlich: Wer ihn oder wer Laurentius verehrt, der muss ein Umdenken vollzogen haben. Für den ist das Leben aus Gott wie bei Laurentius und Jesus höher und maßgebender als die selbst gemachte Lebenseinstellung, die man meistens gedankenlos angenommen hat. Wir verehren also heute in Laurentius einen Menschen, der sich für das Leben aus Gott entschieden hat. Und wer Laurentius verehrt, der sagt damit: Auch für mich ist das Höchste: das Leben aus Gott! Ob wir den Heiligen Laurentius wirklich so ehren wollen? Ihn zu verehren bedeutet eventuell: Ich verehre ihn, weil er mir zeigt, wie ich mich verändern soll. Wie ich umdenken soll, weil ich durch meinen katholischen Glauben die Angst um mich selbst verliere. Laurentius wurde wegen seines christlichen Umdenkens und Andersdenkens zum Märtyrer, das heißt: zum Zeugen für das Leben, das das damalige römische Gesellschaftsleben nicht mehr mitmachte. Ihn zu verehren, bedeutet: Wir wollen wie er „umdenken“, weil wir von Gott bedingungslos geliebt sind. Wir wollen nicht mehr nur mit dem Leben der Welt rechnen, sondern wir vertrauen auf das Leben aus Gott. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de Schulanfangs-Gottesdienst - 9. August 20011 Begrüßung: Liebe Schülerinnen und Schüler unserer Grundschule, besonders liebe neue Erstklässler! Ganz herzlich begrüße ich Euch am Anfang des Neuen Schuljahres zusammen mit Pfarrer Gittermann. Für die meisten beginnt ein neues Schuljahr. Für die Erstklässler aber beginnt jetzt überhaupt die ganze Schulzeit. Wer von Euch kommt denn heute in die 1. Klasse? Seid Ihr aufgeregt? Bestimmt sind viele aufgeregt. Das ist immer so, wenn etwas ganz Neues im Leben beginnt. Im nächsten Jahr sagt Ihr dann : „Ach, das kenne ich!“ Besonders begrüße ich aber auch Eure Lehrerinnen/Lehrer, allen voran Eure Schulleitern, Frau Niebling. Und ich begrüße natürlich Eure Eltern und Großeltern, alle, die zu diesem Gottesdienst gekommen sind. Wir wollen nämlich alle zusammen die neue Schulzeit mit Gott beginnen. Gott hat uns versprochen: „Ich bin immer bei Euch!“ Alles hat einen Anfang und ein Ende – aber Gott nicht. Gott sagt nicht: „Ich fange morgen an, bei Dir zu sein“ oder Ich höre jetzt mit Dir auf – ich verlasse Dich heute! Nein! Das gibt es nicht bei Gott. Gott ist der Einzige, der immer bei uns ist. Er verlässt uns nie – nicht einmal wenn wir sterben. Darum sagen die Menschen auch: Gott ist wie ein guter Hirte, der auf jeden Menschen aufpasst. Immer, wenn ein Mensch denkt: „Ich bin allein. Ich bin verlassen. Keiner ist bei mir“, dann sagt Gott uns ins Herz: „Fürchte Dich nicht, ich bin bei Dir!“ Darum beginnen wir mit Gott, damit wir immer wissen: Einer ist bei uns! Einer will uns immer! Einer hat uns immer lieb: unser guter Gott. Er ist wie ein guter Hirte. Deswegen singen wir das Lied: „ Gott, dafür will ich dir Danke sagen, dass Du in guten, in schlechten Tagen, neben mir stehst und mit mir gehst, Dich selbst mir gibst, weil Du mich liebst. Weil Du mich liebst, ohne zu fragen. Mit meinem Lied will ich Danke sagen. ( LIED Nach dem Lied wollen wir nun still werden. Wir wollen beten. Wir wollen im Herzen mit Gott sprechen. Wir beten auch mit unserem Körper. Wir nehmen die linke und die rechte Hand. So sind die Hände das Zeichen für die Gemeinschaft von Gott und Mensch. Wir falten die Hände und beten: Guter Gott. Du bist immer bei uns. Wohin wir gehen, wo wir sind: Du bist bei uns. Du begleitest uns auf allen unseren Wegen. Du bist wie ein guter Hirte, der auf jeden aufpasst. Darum sind wir nie allein. Keiner ist wie Du, denn Du bist immer bei uns. Du gibst uns Vertrauen. Du gibst uns Mut. Wer an Dich glaubt, hat keine Angst. Wer Dir vertraut, hat Frieden im Herzen. Heute bitten wir Dich: Sei bei uns in der Schulzeit. Schenke uns Deine Kraft für alle Aufgaben. Schenke uns Deine Liebe für unsere Gemeinschaft. Darum bitten wir durch Jesus Christus Deinen Sohn, der mit Dir lebt in alle Ewigkeit. Amen. BIBELSTELLE: PSALM 23: Gebet des Königs David Der Herr ist mein Hirte, / nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen / und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Er stillt mein Verlangen; / er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen. Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, / ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, / dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht. Du deckst mir den Tisch / vor den Augen meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl, / du füllst mir reichlich den Becher. Lauter Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang / und im Haus des Herrn darf ich wohnen für lange Zeit. LIED. Gott Du Bist ja bei mir. (Str. 1 – 4) Fürbitten: Guter Gott: Du bist unsichtbar. Aber durch Jesus wurde sichtbar wie Du bist. Du bist gut. Du liebst uns Menschen. Du hast uns so lieb, dass Du uns Dein Leben schenkst. Du schenkst uns Dein: ICH BIN BEI EUCH. Darum danken wir Dir Wir vertrauen Dir und bitten Dich im Deinen guten Geist. 1. Kind: Guter Gott Du bist wie ein guter Hirte. Du schaust auf uns mit Liebe. Gib uns immer Vertrauen zu Dir. Pfarrer: Guter Gott, erhöre uns. 2. Kind : Guter Gott. Du Bist wie ein guter Hirte. Du kümmerst Dich um uns. Steh uns bei, wenn wir Sorgen haben und traurig sind. Pfarrer: Guter Gott, erhöre uns. Pfarrer: Ja, guter Gott: Sei unser guter Hirte. Führe uns – Deine Herde – über Berg und Tal. Steh uns bei an guten und an schlechten Tagen Dann können wir Deine Liebe preisen, denn Deine Liebe ist so wunderbar. Vater unser LIED: Gottes Liebe ist so wunderbar. Zeichen: Bevor wir gleich auseinander gehen und uns ins Bürgerhaus aufmachen, wo wir miteinander den Anfang weiterfeiern, sollt Ihr noch ein kleines Zeichen erhalten. Nämlich ein Schäfchen. (Pfarrer zeigt eine große Wollschäfchenfigur) Natürlich nicht so ein großes Schaf wie ich es hier habe, sondern ein kleines Schäfchen. Das könnt Ihr auf Euren Ranzen kleben oder in Eure Mäppchen. Es soll Euch daran erinnern: Gott behütet mich wie ein guter Hirte. Ich und alle anderen: Wir sind seine geliebten Schäfchen. Am Ausgang darf sich jeder Schüler und jede Schülerin so ein Schäfchen mitnehmen. Und so wünschen wir Euch viel Freude und eine gute Gemeinschaft im neuen Schuljahr. Dazu gebe Gott uns jetzt seinen Segen. SCHLUSSLIED: Halte zu mir guter Gott. (Str. 1-3) Ferdinand Rauch als Pfarrer 19. Sonntag im Jahreskreis A www.katholische-kirche-poppnhausen.de Mt 14, 22 - 33 Am vergangenen Sonntag hörten wir wie Jesus den Mut hatte, mit ganz Wenigem an zu fangen, um 5000 Menschen satt zu machen. Die Jünger sagten: „Nichts haben wir hier außer 5 Brote und 2 Fische“. (Mt 14,17) Doch Jesus ließ sich das wenige bringen und segnete es. „Segnen“ bedeutet in der Sprache Jesu: „Leben vermehren“. Man beachte: „Leben vermehren“ – nicht Brote. Und zwar „Leben vermehren“ im Vertrauen auf Gott. Und so fing er an das Wenige zu teilen. Die meisten Leute haben keinen Mut, mit Wenigem zu beginnen. Sie fangen erst an, wenn alles da ist. Das heißt: Die meisten beginnen nie wirklich das Leben zu vermehren. Sie können den Segen nicht im Kleinen, im Geringen, im Wenigen erkennen. Selbst viele Christen haben nie kapiert, dass das Christentum mit einem Gekreuzigten Auferstandenen begann – mit einem Gescheiterten und nicht mit einem erfolgreichen Sieger. „Leben zu vermehren“ beginnt dort, wo wir uns durch Gottvertrauen davon tragen lassen, mit Wenigem zu beginnen, das Wenige zu teilen. Jesus begann damit, die Jünger teilten ebenso, und so teilte man das Wenige einander an alle weiter. Jeder gab das Wenige weiter, und alle wurden satt. 12 Körbe voll blieben sogar übrig – heißt es in symbolischer Sprache. Jesus hatte das Wenige in sein Gottvertrauen gelegt. Das Gottvertrauen hatte ihn getragen, und alle wurden davon satt. Mit dieser Erfahrung schickt Jesus seine Jünger auf den See Genezareth. Der See wird auch galiläisches Meer genannt, weil er so groß ist und wie das Meer bewegt sein kann. Sie hatten gerade erfahren: Gottvertrauen trägt zu neuen Ufern. Doch sie kommen nicht voran mit ihrem Boot. Es heißt: „Das Boot war bedrängt von den Wellen, denn es war entgegen der Wind“. (Mt 14,24) Diesmal kommen sie nicht deswegen nicht voran, weil zu wenig da ist, sondern weil der Gegenwind ihnen zu schaffen macht. Gegenwind bringt das Kirchenschiff nicht voran. Gegenwind lässt diejenigen, die Jesus nachfolgen wollen, so zusagen auf der Stelle treten, bzw. rudern. Diese Schilderung macht deutlich: Das, worauf die Jünger achten, ist das Negative, der Gegenwind. Genauso wie sie vor ein paar Stunden auf das „Wenige“ der 5 Brote und 2 Fische starrten und dann sagten: „Das geht nicht. Das bringt nichts. Das hat keinen Zweck“. Von Jesus hatten wir gehört, dass er auf einen Berg stieg, um zu beten. Das Bild vom Berg zeigt an: Jesus begibt sich in eine felsenfeste Beziehung, die alles überragt. Er macht sich fest in Gott, „dem Fels unseres Heils“, wie es im Psalmengebet heißt. Jesus lässt sich von seiner Gottesbeziehung tragen. In einem grandiosen Bild wird diese tragende Gottesbeziehung deutlich gemacht: Jesus kommt auf dem Meer umhergehend. Das ist ein Bild des Glaubens; keine Darstellung von materieller Wirklichkeit. Kein Mensch kann über das Wasser gehen – auch Jesus nicht. So denken nur die, die auch meinen, die Erde sei eine Scheibe. Aber jeder Mensch kann sich von Gott getragen wissen, so dass er nicht im Meer der Ängste und Widerstände untergeht. Ich habe das schon oft erlebt. Und auch andere haben mir schon oft gesagt: Wenn ich den Glauben nicht gehabt hätte, wäre ich untergegangen.“ Die Jünger aber sind so auf ihr Boot fixiert, das sie trägt, so dass sie es nicht glauben können, dass jemand über die Abgründe des Meeres, des Todes geht, ohne zu versinken. Dabei hat der Evangelist extra betont, dass Jesus in der Zeit der vierten Nachtwache zu ihnen über das Meer kommt. Wer die wichtigste Geschichte des Volkes Israel kennt – den Auszug aus Ägypten – der weiß: Israel zog ebenfalls in der Zeit der vierten Nachwache durchs Rote Meer. Doch hier teilt sich nicht das Meer, sondern etwas noch Größeres geschieht: Jesus geht auf dem Meer umher. Sein Gottvertrauen - so zeigt dieses Glaubensbild – trägt ihn, wo man sonst untergeht. Das verwirrt die Jünger. Das ist für sie gespenstisch. Sie schreien vor Furcht, denn sie haben Angst, einem Trugbild zu erliegen. Das heißt: Man weiß, dass es so was nicht gibt, keiner kann über das Wasser gehen. Jeder geht unter. Aber es erscheint bei Jesus doch so, als gäbe es so was. Ihre bisherige Lebenserfahrung, ihr bisheriges Wissen sagt Ihnen: Das kann es nicht geben! Aber sie erleben: Dieser Jesus geht nicht unter, wo man einfach untergehen muss. Im Grunde erleben sie schon jetzt, was sie erst an Ostern verstehen werden. Denn an Ostern feiern wir: der am Kreuz untergegangene Jesus ist doch nicht untergegangen. Er ist auferstanden. Er geht so zu sagen auf dem Meer des Todes, wo er doch untergegangen sein müsste. Das ist die Erfahrung der ewig tragenden Gottesbeziehung. Aber wem macht das keine Angst, wenn es heißt: Vertrau auf Gott, dann gehst Du nicht unter!? Sind nicht alle unsere Vorfahren im Tod untergegangen? Ja! Doch das Vertrauen in Gott zeigt uns: Und sie leben dennoch! Gott lässt keinen untergehen, der untergegangen ist. Darum spricht Jesus die Worte: Habt Mut, JaHWHe, fürchtet Euch nicht. Denn die Worte „ICH BIN ES“, sind der Gottesname JAHWE. Da will es Petrus wissen und sagt: Herr, wenn Du es bist, befiel mir, zu Dir zu kommen auf den Wassern! (Mt 14,28). Und als Jesus sagt: „Komm“, erlebt Petrus: Durch sein Wort werde auch ich getragen. Im Vertrauen auf die tragende Beziehung von Gott und Jesus erlebt Petrus, das diese Gott-Mensch-Beziehung auch IHN trägt. Doch gegen das Wort kommt nun der Gegenwind auf. Da sind sie wieder die Gegenstimmen: Geht nicht. Hat kein Zweck. Alles Hirngespinste. Die Realität ist anders. Ich habe Fehler. Ich bin schwach. Die Gegner sind stärker. Wer kennt nicht den inneren Gegenwind. Als Petrus darauf starrt, versinkt er. In seiner Not ruft er „Herr, rette mich“! Weil er wieder zu Jesus ruft, weil er von ihm Beistand erwartet, geht er nicht unter. Sofort hilft Jesus! Als Jesus dann in das Boot, in das Kirchenschiff, einsteigt, legt sich der Wind. Sie kommen in ruhiges Fahrwasser. Gleich steigt Jesus bei der Kommunion in unser Boot, in unseren Körper, in unseren Leib. Er will uns die Angst nehmen, die uns lähmt voran zu kommen. Er will uns die Angst nehmen, vor den aufgeblähten Gegenwinden, die durch Jesu Gegenwart verschwinden. Jeder von uns ist das Boot und wir alle sind das Kirchenschiff. Keine Angst. Haben wir Mut. Wir gehen nicht unter. Denn wir leben in einer Beziehung zu Gott, die uns ewig trägt. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer 14. Sonntag im Jahreskreis A www.katholische-kirche-poppenhausen.de Mt 11, 25 - 30 Ein tröstlicher Satz, den wir heute von Jesus gehört haben: „ Kommt her zu mir, alle, die ihr Euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde Euch ausruhen lassen“. (Mt 11,28) Das passt doch genau zu der Ferienzeit, die wir jetzt haben. Viele suchen in dieser Zeit die Ruhe durch das Abschalten von der Arbeit, vom Alltagstrott und von den Lasten der Verantwortung. Viele sind in diesen Tagen so etwas wie “ Aussteiger“, denn sie steigen aus dem Lebensrhythmus aus, durch den sie eigentlich leben ihr Geld verdienen und durch den sie das Aussteigen finanzieren können. Es ist schon komisch: Viele arbeiten, um mal so richtig ausruhen zu können ..., als gäbe es nur den Gegensatz: Arbeiten oder ausruhen. Ruft Jesus auch zu einer Art „Urlaub“ auf? Hat er eine Art „Wellness-Oase“ aufgemacht, zu der er uns einlädt? Natürlich nicht, denn „Urlaub“ oder „Ferien“, wie wir es kennen, gab es zurzeit Jesu nicht. Man konnte nicht 3 - 4 Wochen Ferien machen und dabei auch noch auf Reisen gehen oder sich mit „all inclusiv“ in ein Hotel einmieten. Natürlich meint Jesus das auch nicht mit seinen einladenden Worten: „Kommt alle zu mir, die ihr Euch plagt, ich werde Euch Ruhe verschaffen.“ Jesus lädt uns nicht zum „Aussteigen“ ein, sondern zum „Einsteigen“ – zum Einsteigen in seine Lebensbeziehung, die sein ganzes Leben verändert hat. In diese Lebensbeziehung – so sagt Jesus – kann man nicht durch irgendeine Weisheit oder Klugheit einsteigen. Es ist nichts, was man sich im Laufe des Erwachsenwerdens aneignen kann, sondern – wie Jesus sagt: Es ist eine Lebensbeziehung wie bei kleinen Kindern, bei Unmündigen. Man hat sie einfach, diese Beziehung. Das ist ja mit den Unmündige sind Kinder. Nicht jedes Kind entwickelt sich zu einem geistigen Überflieger, zu einem Weisen und Klugen. Jedes Kind ist aber einfach ein Kind. Jesus macht damit deutlich: Du musst nicht selbst entscheiden, wer Du vor Gott bist. Gott hat entschieden: „Du bist mein Kind!“ Du musst keinen Entwicklungsstand vorweisen. Du bist es einfach von Anfang an. Darum sagt Jesus: Ja – Vater, so hat es Dir gefallen. Darin besteht für Jesus alle Theologie, der ganze Inhalt von Religion: Gott hat offenbart, Gott hat enthüllt: alle Menschen sind seine Kinder. Und ER – Jesus – ist dafür so zusagen der „Garant“. Ihm hat er das anvertraut. Jesus ist so zu sagen der Prototyp, die Erstausgabe dieser Enthüllung. Und das erstaunliche ist: Jesus sagt: „Das ist alles!“ Wörtlich heißt es: „Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden. „ALLES“ ist also damit mitgegeben, wenn man erkennt: Gott ist der Vater der Menschen ! Das heißt: Gott hat uns alle als seine Kinder gewollt und durch Jesus wurde diese Lebensbeziehung enthüllt. Jeder, der das durch Jesus erkannt hat, lebt mit dieser Beziehung. Das ist alles! Hören wir es nochmals, was Jesus sagt: Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden, und keiner erkennt den Sohn außer dem Vater, auch den Vater erkennt keiner außer dem Sohn und wem immer der Sohn es enthüllen will. (Mt 11,27) Und wir sind es, denen er es mit diesen Worten enthüllt hat. Dieser Glaube ist wirklich. „kinderleicht“ und soll auch kinderleicht sein. Darum spricht Jesus von einem eigenartigen „Joch“, das nicht drückt und dessen Last leicht ist. Eigentlich ist das ja ein totaler Widerspruch. Ein Joch ist ja ein Zuggeschirr zum Anspannen von Zugtieren, die schwere Lasten ziehen sollen oder ein Tragjoch, dass zum Beispiel Wasserträger auf ihren Nacken und die Schultern nehmen, um schwere, große Gefäße tragen zu können. Jesus verwendet also für die Darstellung seines Glaubens an Gott einerseits das Joch, sagt aber, dass „das Einspannen in sein Gottesverhältnis“ nicht bedrückt und keine Last ist. Das heißt: Mit diesem Glauben wird man in ein Joch eingespannt; dennoch ist es leicht, ist es keine Last. Dieser Glaube ist keine Last, nicht bedrückend, obwohl man sich durch ihn einspannen lässt. Wir können daran unseren eigenen Glauben überprüfen. Empfinden wir unseren Glauben als eine bedrückende Last? Finden wir unser Gottesverhältnis schwer? Drückt uns unser Glaube – behindert er uns? Was für eine Beziehung haben wir zu Gott? Jesus sagt: Nehmt mein Joch auf Euch – also: Nehmt meine Art an, an Gott zu glauben, nehmt meine Vater-Sohn-Beziehung für Euch an und lernt von mir ..., so werdet ihr Ruhe finden für Eure Seele. Viele glauben gar nicht nach Jesu Art. Ihr selbstgebastelter Glaube bedrückt sie. Jesus macht mit diesen Worten noch einmal deutlich, worum es im Glauben geht: Unser Glaube soll sich an IHM ausrichten – wir sollen von ihm lernen. Dann wird der Glaube auch Ruhe schenken im innersten Selbst. Wer sich nicht an Jesus orientiert, der macht sich den Glauben schwer, weil dieser selbstgemachte Glauben gar nichts mit Jesus zu tun hat. Unser Glauben ist also etwas, wo wir nicht aussteigen müssen, wo wir das Geschirr nicht abwerfen, damit es uns leicht wird, – wie jetzt viele, wenn sie in Urlaub fahren. Im Gegenteil: wer sich von Gott einspannen lässt, der nimmt als Zuggeschirr für sein Leben die Anerkennung als Kind Gottes auf sich, der darf ruhen in ewigem Angenommen sein, der erlebt dadurch innere Freiheit. Darum ist Jesus in diese Welt gekommen. Er ist der „Einsteiger-Sohn“ und steigt niemals aus. Jetzt in dieser Eucharistie will er wieder in uns einsteigen mit der Heiligen Kommunion. Er lässt sich für uns einspannen. Er will uns damit stärken, das Joch des irdischen Lebens zu tragen. Sein Ruf: „Kommt alle zu mir!“ ist der Ruf, in seiner ewigen Beziehung von Gott und Mensch zu leben. So wünsche ich allen, die in diesen Tagen aus dem Arbeitsleben, dem Alltagstrott aussteigen, Kraft für ihr Leben zu schöpfen können. Der wahre Frieden, die wahre erholsame Ruhe liegt in der Geborgenheit einer unerschütterlichen Beziehung, in der man sich angenommen und geliebt weiß. Und diese Beziehung schenkt Gott – hat Gott sie uns von Anfang an geschenkt, denn wir sind Kinder Gottes. Ich wünsche allen diesen kinderleichten Glauben. Ferdinand Rauch als Pfarrer 13. Sonntag im Jahreskreis A www.katholische-kirche-poppenhausen.de Mt 10, 37- 41 Vater und Mutter sind normalerweise die bestimmenden Bezugspersonen für einen Menschen. Wir kennen ja so allgemeine Sprüche wie: „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ oder „Der ist ja ganz der Vater; sie ist ja ganz die Mutter“. Sprüche, die anklingen lassen wie sehr Eltern bestimmend sind für die Entwicklung ihrer Kinder. Manchmal sind Eltern oder ein Elternteil so sehr bestimmend, dass sie für ihre Kinder wie eine Art „Gott“ sind. (Im Grunde sehen alle Kinder ihre Eltern zunächst als Gott an, denn sie sind ihre Geschöpfe, die Eltern sind ihnen gegenüber „allmächtig“ und sie sind ihre Lebenserhalter – bis zu einem gewissen Entwicklungsstand) Manche Kinder können sich nie wirklich von ihren Eltern lösen und selbstständig ihren Weg gehen. Sie bleiben völlig abhängig von einem Vater, von einer Mutter, so dass sie nie wirklich erwachsen werden. Man spricht davon, dass solche Eltern ihren Kindern gegenüber total „dominant“ sind. Sie dulden keinerlei Widerspruch und brechen jegliche eigenen Ansprüche ihrer Kinder. Solche Kinder sind in gewisser Weise gebrochene Existenzen, weil ihre Eltern für sie unbewusst „wie Gott“ bleiben. Ähnlich ist es auch mit jenen, die ihre Kinder vergöttern. Sie möchten in ihren Kindern ihr eigenes Idealbild schaffen. Solche Kinder werden dann oft idealer gesehen als sie sind. Diese Kinder sind dann überfordert oder aber unterfordert, weil man sie vor allen Schwierigkeiten bewahrt. Wenn Jesus im heutigen Evangelium davon spricht, dass man ihn mehr lieben soll als die engsten natürlichen Bezugspersonen, dann will Jesus keinen Keil zwischen Eltern und Kindern treiben, dann will er keine guten Familienbeziehungen zerstören, sondern Jesus will verhindern, dass übertriebene Ansprüche von Eltern und Kindern den eigenen Lebensweg, die persönliche Entwicklung behindern. Jesus möchte nicht, dass Kinder zwar als Original geboren werden, dann aber als Kopie ihrer Eltern „gelebt werden“. Jesus selbst hat es am eigenen Leib erfahren, was es bedeutete 30 Jahre seinen Eltern untertan gewesen zu sein. Wer die Evangelien etwas genauer kennt, der weiß, dass selbst Maria zu denen gehörte, die ihn zurückholen wollte, weil er nicht mehr so war wie sie ihn kannten. (Mk 3,21). Maria beurteilt mit der Großfamilie zusammen ihren Jesus als einen, der „von Sinnen“ ist. Wenn Jesus davon spricht, dass man ihn mehr lieben soll als irgendeinen anderen Menschen, dann sagt er das deswegen, damit jeder Mensch sich zu einer eigenständigen Persönlichkeit vor Gott entwickelt und nicht zum familiären oder gesellschaftlichen Duckmäuser und Abklatsch wird. Das Mitläufertum, das Schielen danach, immer im Strom der Masse zu schwimmen, um eine Mehrheit hinter sich zu haben, weil man vor der eigenen Verantwortung Angst hat, das war nicht mehr der Weg Jesu, als er hörte, wie sehr Gott ihn liebte: „Du bist mein geliebter Sohn. An Dir habe ich Gefallen gefunden“. Mitläufer sind seiner nicht wert, der von sich sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“. Jesus sucht keine Mitläufer, die davon abhängig sind, ihr Fähnchen in den Wind zu hängen. Er sucht Menschen, die ihm folgen -..., aber nicht so, dass sie nun ihre Verantwortung an ihn abgeben, sondern die ihm folgen, damit sie nicht ihr eigentliches Leben unterdrücken. „Nachfolge“ bedeutet nicht: „Hannemann, geh Du voran“, „Nachfolge“ ist: durch Jesus meiner eigentlichen Berufung zu folgen, meinen eigenen Weg zu finden – auch mit Fehlern und Umwegen. Darum sagt Jesus auch nicht: „Folge mir nach, anerkenne mich als Deine wichtigste Beziehung: und alles wird gut – sondern Jesus sagt: „Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig!“. Zur Nachfolge gehört es für Jesus, dass man aneckt, weil man eben nicht der Spielball anderer ist, sondern: ... weil wir frei sind durch Christus. Ein echter Christ ist ein Original, kein angepasster Angsthase. Und zwar nicht nur kein Angsthase vor anderen, sondern auch vor seiner eigenen Unzulänglichkeit. Mit dem heutigen Evangelium macht Jesus deutlich: Jede/r, der zu ihm gehören will, muss sich verändern. Man ist nicht deswegen Christ, weil man getauft ist. Man ist Christ, weil man Vorstellungen von Gott abschüttelt, die nicht mit Jesus übereinstimmen. Man ist Christ, weil man das neue Gottesbild von Jesus übernimmt! Wer wegen Jesus die bisherige Lebenseinstellung zu Gott nicht aufgibt, verliert das wahre Leben. Denn er lebt in einer falschen Sichtweise weiter. Christsein ist nicht damit erfüllt, dass man ein anständiger Mensch ist, sondern dass wir wegen der Liebe Gottes entschiedene neue Wege gehen und wir einander zu einem intensiven Leben mit Gott führen. Christsein ist eben nicht „leben und leben lassen“, sondern leben mit Gott, der alle ewig in seiner Liebe leben lässt! Es ist nicht dasselbe Leben, ob wir mit ewiger bedingungsloser Liebe von Gott leben oder nicht. Es ist Aufgabe des Christseins, mit einer größeren Hoffnung, aus einer weitergehenden Liebe zu leben und das an andere weiter zu geben. Einem Christen kann es nie egal sein, ob man mit Gott lebt oder ohne. Einem Christen ist es wichtig, dass er selbst und alle anderen zum Vertrauen in die alles umfangende Liebe Gottes gelangen. Ein Christ, der behauptet, Gott sei zweitrangig, hat sein Christsein selbst aufgegeben. Dem sagt Jesus: „Du bist meiner nicht wert!“ Darum hörten wir in der Lesung, dass jene Frau, die dem Gottesmann Elischa Raum in ihrem Leben gab – symbolisch in einem extra gebauten Zimmer - , selbst ein unerwartetes neues Leben empfing – symbolisch in ihrem Sohn. Gott an „zweiter Stelle“, das ist der Tod des Glaubens und der größeren Lebenshoffnung. Denn zu Gott gehört immer der 1. Platz. Gott nimmt aber nicht die 1. Stelle ein, um alles andere ab zu werten, sondern um allem den richtigen Platz zu geben. Denn alles, was wir über Gott setzen, das macht die Welt kaputt. Wo wir aber das Vertrauen in Jesus an die Erste Stelle setzen, da wird das Leben bewahrt. Leider begnügen sich die meisten Menschen mit einem mittelmäßigen Leben. Womit begnügen wir uns? Ich möchte durch Jesus ein außerordentliches Leben führen, weil außergewöhnlich ist. Ferdinand Rauch als Pfarrer Fronleichnam SEINE Liebe www.katholische-kirche-poppenhausen.de 2011 Wisst Ihr, was ein Geheimnis ist? „Natürlich!“ werden sich die meisten jetzt sagen. Wer hat denn nicht sein „kleines Geheimnis“? Wir meinen damit: Ich weiß etwas, was Du nicht weißt. Ein „Geheimnis“ nennen wir also etwas, das verborgen ist, etwas, wozu wir keinen Zugang haben, etwas, das uns so zu sagen „verschlossen bleibt“. Darum möchten wir das Verborgene aufdecken, oder – wie wir sagen – „das Geheimnis lüften“. Haben wir das Geheimnis entschlüsselt, dann ist es kein Geheimnis mehr. Dann ist es offenkundig. Als Geheimnis hat es dann seinen Reiz verloren. Gleich feiern wir das „Geheimnis unseres Glaubens“. So ruft der Priester jedenfalls bei jeder Eucharistiefeier nach der Wandlung. Aber in unserem christlichen Verständnis bedeutet das Wort „Geheimnis“ etwas anderes als in unserer Umgangssprache. Das christliche Geheimnis meint nämlich nicht eine Art Rätsel, das man entschlüsseln müsste. Denn ein Rätsel ist nur solange interessant, solange es nicht gelöst ist. Ein christliches Geheimnis aber verliert seine Anziehungskraft nicht, auch dann nicht, wenn man es kennengelernt hat. Machen wir doch mal die Probe aufs Exempel: Ich stelle Euch ein Rätsel. Weil ich dieses Rätsel schon so oft bei meinen Vorträgen benutzt habe, kann es sein, dass der ein oder die andere mein Rätsel schon kennt. Aber die meisten kennen es wohl nicht. Also, mein Rätsel lautet: „Was ist grün und hat kleine blaue Streifen?“ Das ist schon alles! Also nochmal, weil es so schnell ging: „Was ist grün und hat kleine blaue Streifen?“ Na, habt Ihr es gelöst, entschlüsselt, erkannt? Noch nicht? Dabei ist es doch ganz einfach! Die Lösung heißt: Das, was grün ist und kleine blaue Streifen hat – ist: „eine Gurke mit Krampfadern.“ Ja, eine Gurke mit Krampfadern! Ein Jux-Rätsel – okay – aber ein Rätsel. Die Lösung führt zu einer verrückten Kombination, über die die meisten gern lächeln. Aber wenn wir dann die Lösung kennen, dann verliert das Rätsel seine Kraft. Denn ein Rätsel, dessen Lösung bekannt ist, hat seinen Reiz verloren. Und wenn ein anderer uns fragt: „Was ist grün und hat kleine blaue Streifen“, dann heißt es: „Kenne ich schon!“ Vielleicht entlockt uns die verrückte Kombination „eine Gurke mit Krampfadern“ nochmal ein müdes Lächeln. Aber ein gelöstes Rätsel hat eben seine Spannung, seinen Reiz, seine Kraft verloren. Das christliche Geheimnis aber verliert seine Kraft nicht, obwohl es bekannt ist! Denn das christliche Geheimnis hat nichts mit der Aufdeckung von etwas Verborgenem oder Verstecktem zu tun, sondern das christliche Geheimnis meint eine bleibende Kraft, obwohl es bekannt ist. Es ist die Kraft der offenbarten Liebe! Auch dazu ein kleines Beispiel: Ein echtes Geheimnis liegt in dem Satz: „Ich liebe Dich!“ Diese Zusage: „Ich liebe Dich!“ ist nichts Verstecktes, nichts Verborgenes. Es ist eine offene, klare Aussage! Das Geheimnis besteht darin, dass wir diesen Satz trotzdem immer wieder gerne hören! Immer wieder hören wir gern: „Ich mag Dich! Ich finde Dich gut! Ich freue mich, dass Du da bist! Ich liebe Dich! ... Obwohl wir das immer wieder hören, wird es nicht alt und uninteressant wie ein gelöstes Rätsel..., verliert es nicht seine Anziehungskraft! Das ist für uns Theologen das, was wir unter Geheimnis verstehen. Das christliche Geheimnis ist also kein Rätsel, dessen Lösung nur jemand Bestimmtes kennt, sondern Christen verstehen unter „Geheimnis“: die Kraft einer Verheißung, die Kraft eines Wortes, das Liebe und Treue von Gott verheißt..., so wie Jesus seit seiner Taufe aus der Kraft der Zusage Gottes lebte: “Du bist mein geliebter Sohn. An Dir habe ich Gefallen gefunden!“. Das Geheimnis unseres Glaubens liegt also darin, dass wir angezogen werden von der Zusage Gottes: „Ich bin bei Euch mit ewiger Liebe und Treue.“ Genauso sind wir immer wieder neu angezogen von der Zusage: „Das ist mein Leib. Das ist mein Blut für Euch.“ Da ist eine Kraft drin, die nicht vergeht, obwohl das nichts geheim gehalten wird Darum kommen 2000 Jahre lang Menschen und wollen den Leib Christi empfangen..., so wie wir am heutigen Tag! Das Geheimnis des Glaubens liegt nicht in etwas Heimlichem, nicht in etwas Verborgenem, das nur einige besondere Menschen erkannt haben oder wissen dürfen. Das Geheimnis unseres Glaubens liegt in der klaren und offenen Verkündigung: „Gott ist mit uns! Gott ist für uns da, und zwar mit bedingungsloser Liebe!“ Aber in dieser ganz offenen, einsichtigen Aussage liegt das Geheimnis von bleibender Hoffnung, bleibendem Vertrauen und bleibender Liebe. Darin liegt eine Kraft, die schon 2000 Jahre überdauert hat. Darum gehen wir mit diesem Geheimnis nachher durch unser Dorf. Wir verkünden das Geheimnis des Glaubens: dass Gott mit uns ist – und das ist kein Rätsel, das bei der Auflösung seine Anziehungskraft verliert, sondern ein offenes Geheimnis der schönsten Worte, die es gibt: „Gott liebt uns alle bedingungslos auf ewig!“ Das ist der Geist, der in diesem Brot enthalten ist. Das ist die Kraft, die wir in diesem Brot empfangen. Das ist das eigentliche Geheimnis des Jesus Christus, dem wir folgen. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de Dreifaltigkeitssonntag A 2011 Joh 3, 16-18 Liebe Gemeinde, heute begehen wir unser Pfarrfest. Es sieht aus, als würde es – wie man so sagt – ein „feucht-fröhliches“ Pfarrfest. Denn das Wetter ist nicht so angenehm um draußen zu feiern. Das macht aber nichts, denn wir haben als Christinnen und Christen durch unseren Glauben einen Sonnenschein im Herzen, den kein Unwetter vertreiben kann. Dazu haben wir das Glück, dass wir heute den Sonntag feiern, an dem wir das größte Geheimnis unserer Gottesvorstellung betrachten. Denn wir feiern heute das Fest des Dreifaltigen Gottes. Ich habe mir gedacht, wenn wir heute schon das Fest von Gottes Dreifaltigkeit an unserem Pfarrfest feiern, dann soll es dazu auch etwas zum dreimaligen Falten geben. Unser Gott ist also „dreifaltig“. Das heißt nicht, dass er drei Falten im Gesicht hat, sondern dass wir durch Jesus etwas entdeckt haben, wodurch sich Gottes Leben in drei besonderen Weisen entfaltet. Um das nicht nur zu verdeutlichen, sondern es Euch auch erleben zu lassen, habe ich Euch das Blatt gegeben, auf dem ganz wichtige Worte unserer christlichen Glaubenssprache stehen. Sie fallen sofort auf, weil sie groß geschrieben sind: Vater – Heiliger Geist – Sohn. Mit diesen Worten sprechen wir von Gott. Denn diese Worte entfalten, wer Gott ist, bzw. wie Gott ist. Sie machen deutlich: Wir können von ein und demselben Gott in drei verschiedenen Weisen sprechen, ohne dass dieser eine Gott in drei verschiedene Götter zerfällt. Die Worte ICH – DU – WIR, die darunter stehen, zeigen uns an: Zu Gott gehören das ICH, das DU und das WIR. Das ist genau wie bei uns: Wenn wir von uns als den Handelnden, den Aktiven sprechen, dann sagen wir „ICH“. Wenn wir von jemand anderes angesprochen werden, dann werden wir plötzlich zum „DU“. Und wenn wir von dem sprechen, was ICH und DU gemeinsam getan und erlebt haben, dann reden wir vom WIR, der unsichtbaren Gemeinschaft, dem gemeinsamen Geist, der gemeinsamen Geschichte, die uns dann verbindet. Wir stellen also fest: Jeder von uns ist ein ICH, ebenso ein DU und bildet so ein neues WIR. In uns stecken also DREI PERSONEN: ICH – DU – WIR; und doch ist jeder von uns ein einziger Mensch und keine drei. Genauso ist das auch mit Gott. Wir sind ja - laut Bibel - sein Abbild. Gott entfaltet sich also als ein Gott, der nicht nur ein ICH-GOTT ist, sondern ebenso ein DU-GOTT und ein WIR-GOTT. Die Bezeichnungen VATER - SOHN - HEILIGER GEIST wollen uns also sagen: Gott ist die Liebe des ICH zum geliebten DU, und weil Gott so ist, geht aus ihm der Geist der Gemeinschaft hervor, das WIR. Damit ist Gott genau das, was wir Menschen immer wieder suchen: Er ist die Einheit von „ICH - DU - WIR“. Darum gibt es von Gott her niemals die Reaktion: „Ich bin gegen Dich“ oder „Du lehnst mich ab“ oder „...von nun an sind wir getrennte Leute“. Das gibt es nicht bei Gott, oder besser: das gibt es nicht in Gott! Gott kennt keine Trennung. Er hat keine Trennungsgedanken in sich, weil er von Ewigkeit her ein Gott ist, zu dem auf ewig das WIR von ICH und DU gehört. Darum ist es wichtig, Gott als dreifaltigen Gott zu sehen, als einen Gott mit diesen drei personalen Grundzügen. Gott will niemals als der erscheinen, der „ICH – DU – WIR“ zerreißt, ablehnt oder aufgibt. In Gott bleiben diese drei Personalen Grundzüge auf ewig zusammen. Darum ist er ja unsere Hoffnung. Dieser Gott wird uns niemals verlassen! Wenn Gott nicht so wäre, wenn das DU und das WIR nicht zu seinem ICH gehören würden, dann wären wir verloren. Deswegen halten wir fest am Bekenntnis des EINEN GOTTES in DREI PERSONEN. Ein ICH-GOTT ist ein Gott, der sich vom DU abwenden kann, der den WIR-GEIST aufgibt. Der Dreifaltige Gott ist aber das lebendige WIR, oder es gibt ihn nicht. Darum haben wir auf unserem Zettel noch eine Spalte. Darauf steht: „Die ganze Welt und alle Menschen sind aufgenommen in die Liebe Gottes des Vaters zu seinem Sohn durch das WIR des Heiligen Geist.“ Das feiern wir heute: Weil dieser Gott mit seinem heiligen Geist immer das WIR schafft, hat er uns durch Jesus offenbart: die gesamte Schöpfung ist hineingenommen in die liebende Beziehung von Vater und Sohn durch den HEILIGEN GEIST. So lade ich uns nun ein, dass wir so zu sagen den „Dreipersonalen Gott“ als Dreifaltigen darstellen. Das gibt jetzt zwar ein bisschen Unruhe. Das gibt ein Geraschel. Aber das macht nichts. Nehmen wir unser Blatt und falten wir es in der Mitte zwischen den Worten „Vater und Heiliger Geist“. Wenn wir es nun so gefaltet haben, dann falten wir auch dieses doppelte Blatt noch einmal zwischen den Worten „Heiliger Geist und Sohn“. Jetzt öffnen wir unser zweifach gefaltetes Blatt und machen die dritte und letzte Faltung. Wir knicken den Abschnitt mit der Aufschrift „Sohn“ nach hinten. Jetzt können wir unser Faltblatt so anordnen, dass es eine Art Dreieck gibt, und der Abschnitt mit dem Bild von den Menschen, die die Weltkugel umfassen, wird in die Mitte eingeschoben. Und so haben wir das Bild vom Dreifaltigen Gott, in dessen Liebe wir durch den Heiligen Geist aufgenommen sind, und zwar deutlich sichtbar durch den Sohn. Dass ist der Kern unseres Glaubens an den Dreifaltigen Gott. Durch Jesus gehören wir in die Liebe des Vaters zum Sohn. So sind wir genauso geliebt wie Jesus Christus. Darum haben wir auch alle Grund zu feiern, denn ein Pfarrfest ist ein Ausdruck der Freude darüber, dass wir durch Jesus Christus auf ewig zu Gott gehören – und bei Jesus geht Vieles auch durch das Kreuz hindurch so wie wir vielleicht durch nicht so schönes Wetter hindurch müssen. Aber Gott hält trotz allem an der Gemeinschaft mit uns Menschen fest. Darum bilden Christen die sonntägliche Gemeinschaft derer, die erkannt haben: Gott hat uns in seine Vater-Sohn-Liebe aufgenommen. Pfarrgemeinde ist daher in erster Linie eine Gemeinde die Gott dankt und lobt, wie sie sich auf ewig angenommen weiß. Darum bilden wir Christen auch in der Katholischen Kirche die Gemeinschaft derer, die aus den Gläubigen aller Völker der Welt besteht. Alle nimmt Gott in seine Liebe auf, damit wir durch das Beispiel Christi das dreifaltige Leben entwickeln in Liebe von ICH und DU, so dass ein frohmachendes WIR entsteht. AMEN. Darum freuen wir uns heute besonders, dass wir nun sieben junge Christen, die vor 7 Wochen zur heiligen Erstkommunion gingen, als Ministranten aufnehmen dürfen. Sie zeigen damit: Gott ruft sie zum Dienst an der Gemeinschaft. Gottes Pfingstgeist ist in ihnen lebendig. Dienen auch wir einander – jeder nach seinen Gaben. Ferdinand Rauch als Pfarrer Pfingstmontag 2011 - A - www.katholische-kirche-poppenhausen.de Joh 15, 26 - 16, 3. 12-15 Ist das nicht seltsam? Wir feiern heute den Heiligen Geist, der aus der Liebesbeziehung von Vater und Sohn hervorgeht. Wie feiern den Geist der Liebe und Treue Gottes. Wir feiern etwas Wunderbares, und müssen trotz dieser wunderbaren Wahrheit hören: „Sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen, ja es kommt die Stunde, in der jeder, der euch tötet, meint, Gott einen heiligen Dienst zu leisten.“ Wieso sollte man jemanden ausstoßen, ja töten, wenn er der Überzeugung ist, dass Gott jeden Menschen auf ewig liebt, dass Gott jeden Menschen als sein Ebenbild geschaffen und als sein Kind angenommen hat? Das ist doch etwas Wunderbares, etwas Großartiges? Kann man das ablehnen, verstoßen, töten wollen? Man würde doch damit das Schönste und Beste, was es für uns Menschen gibt, zerstören: Einheit, Frieden, ewiges Geliebt- und Angenommen sein, die göttliche Würde eines jeden Menschen! Ist es wirklich möglich, dass irgendein Mensch der bei Verstand ist, einen anderen Menschen wegen dieser Überzeugung ausstoßen und töten will? Obwohl hier niemand ist, der es wagen würde, zu sagen: „Ja, man kann auch Gott dienen, in dem man Menschen dieser Überzeugung tötet!“ ..., so wissen wir doch alle, dass diese Haltung oftmals Alltagspraxis ist. Denn diese göttliche Würde, die uns durch Jesus offenbart wurde, hat ja auch derjenige, der uns stört, den wir nicht leiden können, den wir aus welchen Gründen auch immer - ablehnen. Einem „Störer“ göttliche, ewige Würde zu zugestehen, führt dazu, dass man diese Erkenntnis der göttlichen Würde, ablehnt. Dass man jemanden, der selbst seinem Feind die göttliche Würde zugesteht, zustimmen soll, ist kein Allgemeingut im Denken der Menschen. Denn dieser Geist, der allen Menschen göttliche Würde verleiht, stört jedes Feindbild und lässt denjenigen als verkehrt Denkenden dastehen, der Feinde ausstoßen oder beseitigen will. Der Geist Jesu sagt: Für Gott gibt es keinen weniger wertvollen Menschen. Alle sind seine geliebten Kinder. Gott hat keine Enkelkinder, keine weitere oder entferntere „Verwandtschaftsbeziehung, sondern Gott hat nur direkte Kinder! Gerade zur Zeit Jesu war das in der gesamten damaligen Welt ein Skandal, so zu denken. Das bedeutete ja: Der Kaiser in Rom hatte nicht mehr Würde als der zum Kreuzestod verurteilte Galiläer. Der Hohepriester als höchste kultisch-reine Person hatte die gleiche göttliche Würde wie ein schmutziger Kranker, Aussätziger und Sünder, mit denen Jesu verkehrte. Ein verurteilter Verbrecher bekommt einen Platz im Paradies zu gesagt. Das ist der Geist Jesu, der zwar das Großartigste verkündet, aber an dem viele Anstoß nehmen. Denn dieser Geist berücksichtigt nicht die verletzten Gefühle oder anerzogenen Werte, sondern fordert, dass über allem die göttliche Liebe steht. Viele Menschen, die zwar sagen: „Ich glaube an Gott!“, glauben nur an ihn, solange er mit ihren Denk- und Wertemustern übereinstimmt. Sobald aber Gottes Geist ihre private Einstellung stört oder über den Haufen wirft, ist Gott nicht mehr maßgebend, sondern nur sie selber. Sie machen sich und ihre Überzeugung selbst zu Gott. Der wahre Gott wird dann dem menschlichen kleinkarierten Denken unterstellt. Sehr wahrscheinlich haben wir alle schon so gedacht und gehandelt. Denn niemand ist so perfekt, dass ihn Jesu Geist noch nicht gestört hätte. Der Heilige Geist bringt uns zwar die Begeisterung für Gottes Liebe zu den Menschen. Er bringt uns damit aber auch gleichzeitig die Störung unserer Lebenseinstellungen, die der Liebe Gottes nicht entsprechen. Er hält uns den Spiegel seiner Liebe hin. Der Heilige Geist ist daher auch für alle in gewisser Weise ein „Quälgeist“. Das Wort „quälen“ bedeutet: „stechen“. Denn seine grenzenlose, seine bedingungslose Liebe sticht alle ins Herz, die seiner Liebe eine Grenze setzen. Und so sticht es natürlich unser Herz, wenn wir nicht nur hören: „Gott liebt mich“, sondern: „Gott liebt auch den, den ich nicht leiden kann. Der Heilige Geist hebt das Denken in „oben“ und „unten“, in „würdig“ und „unwürdig“ auf. Der Heilige Geist, der in jedem wohnt, der jeden Menschen zu Gottes Tempel macht, fordert uns also auf, in jedem Menschen die Würde zu suchen, die Gott in jeden hineingelegt hat. Er ist ein Unruhegeist für jeden, der sich der Liebe Gottes widersetzt. Wir können das durch ein einfaches Experiment selbst erfahren. Es ist ganz einfach! Wir müssen nur an jene Menschen denken, die wir ablehnen..., mit denen wir uns schwer tun..., die wir blöd finden..., die wir nicht annehmen können..., denen wir aus dem Weg gehen..., die wir meiden..., die uns einfach unsympathisch sind..., oder durch die wir uns gestört, verletzt fühlen... Was macht das in uns, wenn der Heilige Geist Jesu uns auffordert: „Bete für diesen Menschen, denn Gott liebt ihn. Segne diesen Menschen, wünsche ihm die Freude an Gottes Liebe. Lass Dich nicht von Deiner Ablehnung beherrschen, sondern von Gottes Liebe zu allen Menschen. Sind wir so im Heiligen Geist, dass er uns nicht stört – oder sticht es in unser Herz? Solange es uns stört, solange es uns ins Herz sticht, ist Heilung noch möglich. Schlimm ist es, wenn uns der Heilige Geist gar nicht mehr anrührt. Ja, der Heilige Geist tut auch weh – nämlich dort, wo eine offene Wunde ist: wo wir verletzt wurden, oder wo wir andere verletzten. Darum lehnen viele den Heiligen Geist ab, der ja aus der Beschäftigung mit Jesus kommt. Das heißt: viele lehnen die Beschäftigung mit Jesus ab, die Beschäftigung mit dem Evangelium, weil das Evangelium aufdeckt, wie es um uns steht. Man schiebt dann alle möglichen Begründungen vor – aber in Wirklichkeit bedeutet es: Man möchte nicht weitergehen. Man möchte stehenbleiben. Man will keine positive Veränderung. Aber wir sind hier, weil wir wissen: der Heilige Geist tut nicht weh, um zu quälen, sondern er ist wie ein Arzt. Er legt die Finger auf die Wunde, um zu heilen. Ein Quälgeist ist er nur für die, die sich seiner Liebe widersetzen. Heilender, heiliger Geist ist er für alle, die sagen: Gott, Deine Liebe ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer Pfingstsonntag 2011 www.katholische-kirche-poppenhausen.de - A- Joh 20, 19 - 23 Ein Zeitungsartikel, den ich gestern las, war überschrieben mit den Worten: „Den Käfig überschreiten“. Die Autorin dieses Artikels schrieb darin, dass die Botschaft von der Auferstehung gewohnte Horizonte, also gewohnte Lebensperspektiven und Denkmuster, sprenge und Pfingsten das Ereignis dafür sei, dass Menschen die geistige Weite erfassen und weiter denken, weiter sehen als bisher. Pfingsten sei das Fest, bei dem der Geist Jesu den Käfig des engen Denkens von Gott überschreite. Um das zu verdeutlichen, zitierte die Autorin den indischen Jesuiten Anthony de Mello, der kleine Weisheitsgeschichten sammelt und erzählt. In einer dieser Geschichten heißt es: „Ein Bär ging in einem sechs Meter langen Käfig hin und her. Als die Gitterstäbe nach fünf Jahren entfernt wurden, ging der Bär weiterhin diese sechs Meter hin und her, so als ob der Käfig noch da wäre. Für ihn war er da“. (Christ in der Gegenwart Nr. 24,2011, S. 257) „Armer Bär!“... kann man da nur sagen. Er kann den Käfig nicht überschreiten, obwohl der Käfig gar nicht mehr da ist. Gerade im Evangelium haben wir aber auch so einen „Bären“ geschildert bekommen. Die Jünger, so heißt es, hatten aus Furcht vor den Gegnern Jesu, die Türen verschlossen. (Joh 20,19) Sie hatten sich selbst eingesperrt, selbst in einen Käfig der Angst begeben. Sie waren nicht eingeschlossen worden; nicht andere hatten sie eingesperrt, sondern sie selbst haben sich aus Angst gefangen gesetzt, und damit selbst von der ganzen übrigen Welt ausgeschlossen. Dabei waren unter ihnen jene zwei – nämlich Petrus und Johannes – die am Morgen das offene und leere Grab gesehen hatten. Und Maria Magdalena hatte ihnen die Frohe Botschaft des Auferstandenen mitgeteilt. Eigentlich waren dadurch die Gitterstäbe des Angstkäfigs, des Todeskäfigs, der „Schluss- und Aus-Mentalität“ schon weggenommen. Aber um ein Jahrzehntelanges Denken, um eine über Jahrzehnte total verinnerlichte Vorstellung zu überwinden, braucht es Zeit. Schließlich war nicht in ihrer Denkvorstellung ein Verurteilter auferstanden, denn das hatten sie von Kindheit an gelehrt bekommen, dass ein Gekreuzigter verloren ist – auch bei Gott. Wo man so ein Denken von Kindheit an eingetrichtert bekommen hat, da kann man meistens nicht von einem Augenblick zum anderen „umdenken“. Wir sehen das ja daran, dass die Kirche das Pfingstfest, also das Abschlussfest von Ostern, erst nach 50 Tagen feiert. Der Durchbruch des Heiligen Geistes Jesu Christi bracht oft lange Zeit, obwohl Gott seinen Geist schon längst gegeben hat. Wir wissen ja, dass es in der sich anschließenden Geschichte vom Apostel Thomas auch nach 8 Tagen noch einmal heißt: „Die Türen waren verschlossen“. Obwohl die Jünger auf Thomas einredeten, dass ihnen der Auferstandene begegnet sei und dass er deswegen glauben solle, hatten sie sich zusammen mit ihm eingeschlossen. Seltsam, nicht wahr? Sie sind begeistert vom Auferstandenen. Sie wollen Thomas dazu bewegen an die Auferstehung zu glauben, aber sie sind immer noch 8 Tage danach eingeschlossen – selbst noch Gefangene ihrer Ängste. Sie sind wie der Bär in unserer Beispielgeschichte, der auch weiterhin nur seine 6 Meter hin- und hergeht, weil das so in ihm „drinsitzt“. Der Bär, und oft wir Menschen, verinnerlichen manche Vorstellungen und Erfahrungen, so dass wir nicht mehr darüber hinauskommen, obwohl gar kein Anlass mehr dazu besteht. Wir sind – wie wir sagen – so „eingefahren“, dass wir oft ein einspuriges Leben führen, ohne es zu merken. Leben wir vielleicht auch religiös wie hinter Gitterstäben, die aber gar nicht da sind? Einige bestimmt. Die zum Beispiel, die ihren Glauben hauptsächlich als Erfüllen von Geboten, Normen und so weiter ansehen, obwohl der Glaube aus der Freude an Gottes Liebe zu uns Menschen lebt. Oder die, die irgendwie Angst vor Gott haben, weil er sie angeblich bestrafe oder sogar für immer verdammen könne. Dabei straft Gott niemals. Nur wir tun uns Böses an, oder sind auf Rache aus. Oder die, die denken, weil Gott bedingungslos liebt, sei der Glaube reine Beliebigkeit. Die haben nie verstanden, dass Liebe und Treue zusammengehören, denn nur Liebe und Treue machen wirklich frei. Treue bringt keine Gitterstäbe hervor, sondern eine Beziehung, auf die man sich verlassen kann. Und das macht frei, wenn man sich auf jemanden verlassen kann! Darum hören wir am Pfingstfest auch jenes Evangelium, wo Jesus auf die Jünger zugeht, die hinter verschlossenen Türen hocken. Die Frohe Botschaft der Maria Magdalena hat sie nicht froh und angstfrei machen können. Sie konnten noch nicht über den Tod eines Gekreuzigten hinausdenken. Die Gitterstäbe des religiösen Denkens, dass Gott einen Gekreuzigten verlassen hat, hielt sie alle noch längere Zeit hinter Angsttüren verschlossen, denn sie konnten das Leben Jesu noch nicht auf sich selbst übertragen. Dass Gott auch den verlorensten Menschen rettet, hatten sie nicht denken können. Dass Gott durch eine Frau, durch Maria Magdalena, die Auferstehungsbotschaft verkünden lässt, lag nicht in ihrem Denkhorizont. Und so hocken sie hinter den Gitterstäben ihres Unglaubens, durch den sie Gott ganz eng sehen. Und wer Gott eng sieht, der sieht auch sich und sein Leben in Enge, in Angst. Denn das Wort Angst kommt von „eng“. Die falsche Sicht auf Gott ist immer die Sicht, die der Liebe Gottes eine Grenze setzt. Der Liebe Gottes eine Grenze zu setzen, würde bedeuten: Gott könnte irgendjemandem nicht verzeihen. „Nicht verzeihen zu können“ bedeutet ja: „nicht mehr miteinander leben zu können“, also einander auszuschließen: Gitterstäbe zu errichten. Doch Jesu Heiliger Geit will davon befreien. Die eigentlichen Gitterstäbe eines Käfigs für die Seele bestehen aus Unversöhnlichkeit. Vergebung öffnet die Menschen füreinander. Darum schenkt Jesus als erstes den Geist der Vergebung. Er befreit von den unsichtbaren Gitterstäben, die uns oft so einengen und voneinander trennen. Es ist aber nicht nur de Geist der Vergebung gegenüber anderen, sondern auch gegenüber sich selbst. Denn Viele bleiben unversöhnt mit ihrem Lebensschicksal. Wo man aber versöhnt ist, da wird das Leben weit. Und darum hörten wir, wie die Apostel das Haus verließen und alle Menschen diese Sprache verstanden, dass Gott sie durch Jesus Christus von den Gitterstäben befreite, die das falsche Denken gegenüber Gott gebracht hatten. Pfingsten zeigt: Gott lässt sich auf alle nieder, die ihm und seiner Liebe keine Grenzen setzten. Ferdinand Rauch als Pfarrer 7. Ostersonntag - www.katholische-kirche-poppenhausen.de A - Joh 17,1-11 a Wiederrum hören wir heute- wie am letzten Sonntag - aus den Abschiedsreden Jesu im Abendmahlssaal „Letze Worte“ ..., also wichtigste Worte, aus denen tiefe Erkenntnis und endgültige Wahrheit sprechen sollen. Dabei sind diese Worte in den Abschiedsreden noch einmal etwas Besonderes, denn sie sind nicht an die Jünger gerichtet, sondern an Gott, den Vater, selbst. Es sind Worte im Gewand des Gebetes, im Gewand des Gespräches Jesu mit dem Vater. Jesus beginnt dieses Gespräch mit den Worten: „Vater, die Stunde ist da“. Gemeint ist mit diesem, im Johannesevangelium immer wiederkehrenden Ausdruck: „die Stunde“ SEIN Tod am Kreuz, wo Jesus den tiefsten, den verlassensten Augenblick des Menschen mit Gottes ICH BIN BEI EUCH verbindet. Zu dieser Stunde, in der der „Menschentod“ mit dem „Gottesleben“ verbunden wird, sagt Jesus: „Vater, die Stunde ist da. Verherrliche Deinen Sohn, damit der Sohn Dich verherrlicht“. (Joh 17,1) Die schwierigste, die schwerste, die härteste Stunde menschlichen Lebens als den Augenblick zu bezeichnen, bei dem der leidende Mensch und sein Gott verherrlicht werden – das ist ein gewagtes „Letztes Wort“. Können wir das als „Letzten Willen“, akzeptieren als „Testament Jesu Christi“? Können wir in schweren Stunden sagen: Jetzt ist der Augenblick da, die Stunde, der Zeitpunkt, wo Gott mich verherrlicht und ich Gott verherrlichen kann? Es bedeutet, dass wir trotz unserer schlimmsten Erfahrungen, Gottes Liebe zu uns nicht anzweifeln, dass wir trotz schlimmer Ereignisse an Gottes Gute und Gnade festhalten. Das ist für Jesus die Verherrlichung Gottes: Keine Stunde, keinen Augenblick des Lebens von Gottes Liebe ab zu koppeln! Ob wir daran denken, Gott so zu verherrlichen? Für Jesus ist das im Abendmahlssaal mit Blick auf sein Kreuz anscheinend ganz wichtig für das Verhältnis von Mensch zu Gott. Darum spricht er es auch in einem Gebet aus. Die Verherrlichung Gottes und des Menschen besteht für Jesus darin, keinen Augenblick – nicht einmal den ungerecht erlittenen Tod am Kreuz – von der Güte und Liebe Gottes zu trennen. Wenn das bei jedem von uns geschehen würde, dann wäre schon viel gewonnen. Wenn wir bei schweren Lebensumständen – und letztlich auch bei Todeserfahrungen – nicht denken: „Gott hat mich verlassen“, sondern „Gott will diese Erfahrungen, diese Zeit verherrlichen, in dem wir trotzdem auf seine Liebe vertrauen,“ dann wäre genau das geschehen, was Jesus „verherrlichen“ nennt. Jesus ist ja gerade in die Stunde der scheinbaren Gottverlassenheit hineingegangen, um sie mit Gottes Kraft und Liebe zu verbinden. Seine Auferstehung bedeutet eben nicht einfach nur: Gott hat ihn wieder lebendig gemacht. Auferstehung bedeutet: Zu keinem Zeitpunkt hat Gott ihn verlassen. Jeder Augenblick – auch Kreuz und Tod – ist erfüllt von Gottes „ICH BIN BEI EUCH“. Mit diesem Vertrauen wird Gott verherrlicht und mit diesem Vertrauen wird auch der Mensch verherrlicht, denn unter dieser Sichtweise steht der Mensch in Gottes Gnade – so tief er auch gefallen sein mag. Wenn wir die Verbindung „Gott und Mensch“ durch irgendetwas aufgeben, geben wir die Würde des Menschen auf. Ein „Mensch ohne Gott“, ein Mensch - getrennt von Gott -, ist nur noch Materie, ist Verhandlungsmasse, ist nur noch Kosten-Nutzen-Faktor. Ein Mensch ohne Gott, ohne das Vertrauen: „Du bist bei mir“, sieht sich selbst als sinnlos an, beurteilt sich selbst nur nach Können und „Nicht-mehr-können“. Darum sagt Jesus ganz bewusst: „Ich habe Deinen Namen den Menschen offenbart ...“ (Joh 17,6) Er hat offenbart, dass der Name Gottes: „JHWH - ICH BIN BEI EUCH“ nicht nur in guten Zeiten gilt, sondern immer und ewig – auch in Kreuz und Leid. Was wäre das für eine Liebe Gottes, die bei Kreuz und Leid, bei Versagen und Schuld aufhören würde. Da, wo man sie am dringendsten braucht, wäre sie nicht mehr da, könnte sie nicht mehr positiv wirken. Darin besteht ja der Christliche Glaube, dass er uns die Angst nimmt, zu denken: wir seien verloren. Der Christliche Glaube will uns die Kraft geben zu einem Vertrauen, wodurch wir weder uns selbst, noch andere aufgeben. Dadurch wird Gott verherrlicht! Jetzt gleich, in der Kommunion tun wir sichtbar im Zeichen des Brotes das: Wir verleiben uns Christi Leib ein. Und damit vereinen wir Raum und Zeit unseres Lebens mit Gott. Wir nehmen das Leben Gottes in uns auf, und zwar nicht nur für die schönen Momente des Lebens, sondern für alle Augenblicke, die wir mit unserem Körper in der Zeit leben. Jesus verkündet uns eindrücklich: Verbinde jeden, und zwar wirklich jeden Augenblick mit Gott, dann verherrlichst Du ihn ..., und lasse nicht zu, irgendeine Lebenserfahrung getrennt von Gott zu sehen, von dem Gott, der Dich bedingungslos liebt. Jesus hat sich nie von Gott getrennt gesehen. Darum sagt er: „Alles, was mein ist, ist Dein, und was Dein ist, ist mein“. (Joh 17,10) So zu denken, so zu leben – das ist Nachfolge Jesu, denn dadurch verwandelt sich unser Leben ganz entscheidend. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer Pest und Hageltag 2011 Liebe Schwestern und Brüder, www.katholische-kirche-poppenhausen.de seit nun schon 364 Jahren ziehen wir am Tag nach Christi Himmelfahrt – am so genannten Pest- und Hageltag – bergauf hierher. Ich habe bewusst gesagt: „WIR“ ziehen nun seit 364 Jahren bergauf hierher, auch wenn keiner von uns so viele Jahre alt ist. Denn diese Tradition besteht nicht nur aus der Zeit, in der wir leben, sondern diese Tradition des Pest- und Hageltages geht über unsere Lebenszeit hinaus. Diese Tradition ist nicht gegründet für ein paar Jahre, nicht für eine Generation, sondern sie wollte von Anfang an alle kommenden Generationen zusammen führen und vereinen, weil der Grund für diese Tradition nichts Zeitliches ist, sondern die ewige Liebe und die Gemeinschaft Gottes. „364 Jahre“ sollen uns ein wenig vermitteln, was es heißt, auf ewig mit Gott zusammen zu leben. Bedenken wir, was in den vergangenen 364 Jahren alles kam und dann wieder verging und auf „Nimmerwiedersehen“ verschwand: Die Kaiser und Königreiche, die sich im Stiftungsjahr dieser Tradition bekriegten... Die Reiche kamen und gingen: die Revolutionen, die Neugründungen und erneuten Untergänge. Wir selbst haben hier Menschen unter uns, die hörten, dass sie in einem 1000 jährigen Reichen angekommen seien ..., und dann? ...Nach 12 Jahren waren diese 1000 Jahre vorbei wie ein Spuk. Wir selbst haben erlebt, wie Weltmächte untergingen, wie Grenzen und Mauern fielen. Bei all dem Kommen und Gehen ist unsere Tradition der Wallfahrt am Pest- und Hageltag geblieben. 364 Jahre sind es auf den Tag. Ein Hauch von Ewigkeit, von Beständigkeit, an dem wir teilhaben. Unsere Tradition mag im Trubel des großen Weltgeschehens geradezu wie ein Nichts erscheinen. Aber für uns hier ist dieser Tag zu einer Erfahrung geworden, dass es eine Beziehung gibt, die größer ist als aller „Trouble“ der vergangenen Jahrzehnte. Wir stehen zusammen mit unseren Vorfahren in einer Beziehung, die größer ist und stärker als alle Mächte der Welt. Wir stehen in einer Tradition, wo man selbst im Untergang nicht untergeht wie Jesus Christus durch Tod und Auferstehung deutlich macht. Das haben unsere Vorfahren erkannt und ein Zeichen der Hoffnung gesetzt, das nun seit 364 Jahren lebendig ist. Natürlich ist so ein Zeichen auch der Möglichkeit des Endes ausgeliefert. Wer so zu sagen „die Ewigkeit der Gemeinschaft mit Gott“ spürbar machen will wie wir heute, der darf nicht aufhören, diese Beziehung zu pflegen. Beziehungen müssen gepflegt werden. Im Lateinischen ist ein Pfleger ein „cultor“ – ein Mensch mit Kultur. Kultur ist kein Zufall. Kultur entsteht nicht durch Beliebigkeit, nicht durch „Vielleicht“ oder: „Mal sehen, ob ich Lust habe!“. Kultur entsteht durch Pflege! Und dass Wort „pflegen“ ist die Grundform von Pflicht und meint: „für etwas (Gutes) einstehen“. Was wir hier seit 364 zusammen mit unseren Vorfahren tun, das ist eine „Kultur des Einstehens für den Sinn des Lebens“, den allein Gott gibt. Nur Gott gibt ewige Gemeinschaft, ewiges Leben, ewiges Geliebtsein, ewig guten Sinn. Darum haben wir in der Lesung gehört: „Denn in Christus hat Gott uns erwählt vor der Erschaffung der Welt ..., er hat uns aus Liebe dazu bestimmt, seine Kinder zu werden durch Jesus Christus und zu ihm zu gelangen ...“ (Eph 3, 4-5) Wir pflegen, wir kultivieren durch alle Generationen die Hoffnung, das Vertrauen in die Liebe, welche die Grundlage allen geschöpflichen Daseins ist. Wenn uns also etwas an der Pflege - an der Kultur für den Sinn des Lebens - etwas liegt, dann müssen wir diesen Tag pflegen. Zunächst müssen wir unseren Kindern deutlich machen, dass wir mit unseren christlichen Traditionen grundsätzlich den Sinn des Lebens pflegen, den Sinn des Lebens kultivieren. Wir müssen ihnen sagen, was uns der Glaube und die Kultur des Glaubens bedeuten. Mit: „Das ist halt so. Das macht man so. Das war schon immer so“, würde ich mich auch nicht angesprochen fühlen. Da müssen wir schon ein Bekenntnis ablegen und sagen: „Das brauche ich für mein Leben. Das ist mir wichtig. Ohne den Glauben an Jesus Christus hätte mein Leben keinen ewigen Sinn“. Und wer einmal Menschen erlebt hat, die an den Rand ihrer Existenz gelangt sind, ob wirtschaftlich, beruflich, gesundheitlich oder familiär, der weiß wie sehr man da Gottvertrauen braucht. Wie oft höre ich bei Lebensgeschichten: Ich wüsste nicht, wie ich diese und jene Situation ohne meinen Glauben durchgestanden hätte . Das steckt hinter unserer 364 jährigen Tradition. „Pflege, Pflicht, Kultur“ bedeuten nicht: „Das ist so“, sondern dafür stehe ich mit meiner Überzeugung ein. Hinter jeder Pflicht steht für mich nicht: „Du musst, Du sollst, Du bist gezwungen...“, sondern: Ich stehe dafür ein, weil es gut ist, weil es dem Leben dient, auch wenn es manchmal schwer fällt oder sogar weh tut. Ansonsten wäre jede Pflicht zwanghaft und machte unfrei. Wir Christen kommen nicht als Gezwungene, sondern als freie, kulturbewusste Menschen. Das ist echte Kultur und höchste Kultur. Ja, was wir hier tun, ist Hochkultur, denn wir pflegen und kultivieren seit 364 Jahren mit dieser Tradition den Sinn des Lebens, und das ist wahrlich keine Nebensache. Und dieser Sinn liegt darin, dass wir auf ewig von Gott geliebt sind. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer Christi Himmelfahrt 2011 - A - www.katholische-kirche-poppenhausen.de Mt 28,16-20 „Aufgefahren in den Himmel, er sitzt zu Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters...“. So bekennen wir das Festgeheimnis des heutigen Tages in unserem Glaubensbekenntnis. So haben wir es auch durch die Lesung gehört, in der es hieß: „Gott hat Jesus im Himmel auf den Platz zu seiner Rechten erhoben.“ Und durch Bilder wurde uns früher vor Augen geführt wie Jesus von der Erde abhebt und im Dunst einer Wolke verschwindet. „Aufgefahren in den Himmel“ – wer diese biblische Bildersprache nicht versteht, der könnte denken, dass Jesus die Welt verlässt, ja dass der Himmel eine Art Raum ist, der ihn von uns trennt. Doch diese Bildersprache „Aufgefahren in den Himmel...“ hat überhaupt nichts damit zu tun, dass Jesus die Erde verlässt. „Aufgefahren in den Himmel“ bedeutet: die Auferstehung Jesu hat als Ziel, ganz und gar von Gott angenommen und geliebt zu sein. „Auferstehung“ ist nicht einfach ein Weiterleben nach dem Tod wie eine Art „schönes Herumgeistern“, sondern „Auferstehung“ führt in die vollkommene Liebe Gottes, des Vaters. Die sogenannte „Himmelfahrt Jesu Christi“ ist ein Sprachbild, das uns sagen will: Gott nimmt den Menschen mit seiner Lebensgeschichte in sich auf. Kein Augenblick des irdischen Lebens geht verloren, sondern wird aus Liebe und mit Liebe bei Gott aufbewahrt. So wie Du warst, so wie Du bist, so will Gott Dich ganz und gar als einmaligen Menschen, als sein einmaliges Kind bewahren. Denn Dein irdisches Leben macht dich zum einmaligen Menschen. In Jesus wird sogar deutlich, dass der scheinbar gescheiterte Mensch ganz und gar von Gott angenommen ist. Himmelfahrt bedeutet: Du bist endgültig auf ewig und unwiderruflich gewollt, geliebt und angenommen. Genau das ist bei all denen in Vergessenheit geraten, die einerseits auch von „Auferstehung“ reden, die aber mit Auferstehung das „Wiedergeboren“ meinen – die Reinkarnation. Bei der sogenannten Reinkarnation, der Lehre von der Wiedergeburt, geht man nicht davon aus, dass ein Mensch einmalig gewollt und von Gott auf ewig geliebt ist, sondern dass der Mensch solange immer wieder nochmals leben muss, bis er sich durch gutes Verhalten die Erlösung selbst verdient hat, um dann ins Nichts zu verschwinden. Menschen, die an die so genannte „Wiedergeburtslehre“ glauben, glauben nicht daran, dass sie geliebt sind. Denn Liebe macht einen Menschen einmalig! Liebe lässt einen Menschen bestehen, auch wenn er Fehler hat, ja sogar dann, wenn er sündig wurde. Bei der Reinkarnationslehre aber, muss der Mensch immer wieder neu geboren werden wegen seiner Fehler und Sünden. Bei der Reinkarnation gibt es kein Verzeihen, kein Vergeben. Noch nicht einmal das „Frau-sein“ wird einem vergeben, denn man kann nur als Mann aus dem Rad der Wiedergeburten aussteigen. Darum kann nach dieser Lehre auch nur ein Mann zum „Avatar“, zum „Dalai Lama“, zum „Erlösten“ werden. Mit Christi Himmelfahrt hat so ein liebloses Denken ein Ende. Jeder Mensch ist durch Jesus Christus als einmaliger Mensch geliebt und von Gott aufgenommen. Menschen, die an die Wiedergeburt glauben, verachten ihre eigene Lebensgeschichte – die sie mit diesem Glauben selbst als unannehmbar, selbst als ungeliebt abstempeln. Sie sehen sich selbst als verachtenswert an, so dass sie wieder und wieder von neuem leben müssen. Das ist die Vorstellung von einem ewigen Leben als Nichtgeliebter Mensch! Damit macht Jesus Christus Schluss; genauso wie er Schluss macht mit dem Denken, dass Gott jemanden verloren gingen ließe oder in eine Hölle verdamme. Ein Gott, der selber lehrt: „Liebe Deine Feinde!“ wird sich doch an sein eigenes Gebot halten, so dass er keinen Feind verdammt, sondern liebt. Das heutige Fest feiert die endgültige Annahme des Menschen durch Gott. „Aufgefahren in den Himmel“ – das bedeutet: Das Ziel Deiner Lebensgeschichte ist kein Scheitern, kein Ende, keine Bestrafung und keine Abweisung, sondern ewiges Angenommen sein trotz aller Brüche. Das heutige Fest ist die Bestätigung des ewigen Geliebtseins des Menschen. Das verkünden wir mit unserem Gang durch unser Dorf und die Natur. Wir gehen als selbstbewusste Menschen hinaus, die sich bewusst sind, dass die sogar als Gescheiterte „von Gott geliebte Menschen sind“. Nicht die, die wegbleiben sind selbstbewusst, nein! Das sind Menschen, die sich ihrer wahren Würde eben nicht bewusst sind. Die Menschen, die sich zu Christus bekennen, sind selbstbewusste Menschen, denn sie wissen für sich und für alle anderen mit, dass wir alle auf ewig von Gott geliebt sind. Wer sich nicht zu Jesus Christus bekennt, der macht sich und andere klein und gering. Das Fest der Himmelfahrt aber macht den Menschen auf ewig groß – weil er von Gott auf ewig angenommen und geliebt ist. Dieses Bewusstsein, diese Freude und diesen christlichen Stolz wünsche ich uns allen heute. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer poppenhausen.de www.katholische-kirche- 6. Ostersonntag 21 - A Joh 14, 15- Das Evangelium, das wir eben gehört haben, stammt aus den so genannten Abschiedsreden Jesu im Abendmahlssaal. Es geht also darum, dass Jesus seine letzten Worte an die Jünger richtet. „Letzte Worte“ sind wichtigste Worte. In „letzte Worte“ legt man die Inhalte hinein, die einem am wichtigsten sind ..., mit denen man den Kern seiner Lebenserkenntnis und Lebensbeziehung weitergeben will. Welche Worte, welche Inhalte würden wir als wichtigste Botschaft und Erkenntnis zum Beispiel an unsere Familie, an unsere Freunde, an unsere Vertrauten weitergeben wollen? Haben wir eine Lebenserfahrung eine errungene Erkenntnis, von der wir selber denken, dass sie für unsere wichtigsten Mitmenschen hilfreich, trostreich oder hoffnungsvoll ist?! Oder haben wir so gelebt, so unser Leben verbracht, dass wir nur hohle Allerweltsweisheiten von uns geben könnten? Haben wir so gelebt, dass wir am Ende solche „Letzte Worte“ sagen können, an die sich andere Menschen in der Weise erinnern, dass sie sagen: „Das waren wertvolle Worte; das waren sinnvolle Gedanken, diese Worte geben mir Kraft!? Die tragen mich immer wieder....? Wer solche Worte hat, der weiß, dass solche Worte immer aus einem Prozess des Durchringens hervorgegangen sind. Solche Worte hat man nicht einfach... Wahre Worte, wirklich Hoffnung schenkende Worte, Worte, die das Leben verändern, sind immer Worte, die daraus hervorgehen, weil Menschen etwas aus Liebe, aus Hingabe und tiefstes Vertrauen getan, gewagt, erlitten, durchgemacht und durchgestanden haben. Worte, die wirklich lebendig machen, sind durchlebte Worte, hinter denen durchlebte Liebe und Hingabe, durchlebtes Vertrauen und Glauben, Ängste und Leiden stehen. Solche Worte gab Jesus als „Letzte Worte“ in seiner Abschiedsrede vor seinem Tod an seine Jünger weiter. Es würde nun zu umfangreich sein, alle Worte Jesu in seiner langen Abschiedsrede hier zu behandeln. Ich kann hier nur ein-zwei herausgreifen. Das erste war heute im Evangelium der Satz: „Wenn ihr mich liebt...“ Diese Worte, die sich im Laufe der Abschiedsrede vielfach wiederholen, zeigen an, dass ein Christ nicht allein dadurch ein Christ ist, weil er sagt: „Ich glaube an Gott“, sondern dass er den menschgewordenen Gott liebt. Lieben kann man aber nur jemanden, für den man sich dauerhaft interessiert, auf den man sich einlässt und zu dem man irgendwann sagt: „Ich liebe Dich!“ An den in Jesus menschgewordenen Gott glauben wir, indem wir ihn lieben, weil er uns bedingungslos liebt. Es bedeutet aber auch, dass jeder, der glauben will, durch diese letzten Worte Jesu weiß: Glauben geht nicht ohne liebende Beziehung zu Gott. Und liebende Beziehung bedeutet: „Die Beschäftigung mit Jesus, mit Gott, macht mich glücklich!“ Wenn unser Glaube uns nicht glücklich macht, können wir Gott nicht wirklich lieben – können wir auch nicht wirklich glauben. Denn „glauben“ und „vertrauen“ können wir nur jemandem, der uns glücklich macht, weil er verlässlich ist. Für die Gottesbeziehung gilt das gleiche wie für eine gute Menschenbeziehung. Darum ist Gott Mensch geworden. Christsein ist lebendige Beziehung, lebendiger Austausch von Gott und Mensch. Darum ist ein weiteres wichtiges „Letztes Wort Jesu“: „An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in Euch“ (Joh 14,20) Das ist ein Wort, dass von der totalen Einheit und Durchdringung von Gott und Mensch spricht. Wäre das auch ein Vermächtnis, das wir wie „letzte bedeutende Worte“ an unsere Kinder, Familien und Freunde weitergeben würden? Was es bedeutet, möchte ich auf ganz einfache Weise optisch deutlich machen: Jesus sagt zum Abschied: Die große gelb strahlende Scheibe steht für den Vater. „Ich bin in meinem Vater“ Dafür legen wir die blaue Scheibe in das strahlende Gelb. „Ihr seid in mir“ Dafür legen wir die rote Schreibe in die Blaue „und ich bin in Euch“ Dafür legen wir die gelb-blaue Scheibe des im Vater seienden Christus auf die rote Scheibe. Jesus nimmt uns in sich auf und durchdringt uns und nimmt uns mit zum Vater. Das ist sein Vermächtnis, sein Testament, sein „letztes Wort“ für uns: Wir sind durch ihn in Gott. Wir sind auf ewig in Gott. Wir sind gerettet. Ich hoffe für uns alle, dass wir Worte, Gedanken Hoffnungen und Trostworte für die Menschen haben, die wir lieben – Worte des Lebens. Worte gibt es viele. Aber Worte, die dem Leben Sinn geben, das sind die wahren Worte. Die schönsten und sinnvollsten Worte, die es gibt, lauten: Gott, Du bist bei mir. Von allen Seiten umgibst Du mich mit Deiner ewigen Liebe. Stellen Sie sich einmal vor: Ihr Sohn, ihre Tochter, ihre Familie oder ihre Freunde würden sich einmal an Sie erinnern und sagen: Mein Vater, meine Mutter, mein Freund, meine Freundin sagte immer: „Gott ist bei Dir mit ewiger Liebe!“ Diese Worte vergesse ich nie. Sie hätten ihnen das Beste mitgegeben: Glauben, Hoffnung und Gottes Liebe. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer poppenhausen.de 5. Ostersonntag A Jesus sagt nicht: Ich bin wie ein Weg. Jesus spricht: Ich bin der Weg. www.katholische-kirche- Joh 14, 1-12 Er vergleicht sich nicht mit einem Weg, als würde er sagen: Ich bin so ähnlich wie ein Weg. Er identifiziert sich mit diesem Begriff. Normalerweise bezeichnet der Weg eine Strecke, die man angelegt hat, damit wir Menschen darauf zu einem bestimmten Ziel gelangen können, oder aber wir meinen damit den zurückgelegten Weg, den wir hinter uns haben. Solche Wege sind dann außerhalb von uns. Jesus aber spricht so vom „Weg“, dass er nicht vor oder hinter ihm liegt, sondern in ihm ist. Es geht also nicht um äußere Wegstrecken, sondern um den inneren Lebensweg, die innere Lebensgeschichte. Der innere Lebensweg ist für Jesus der Weg mit dem Vater: mit Gott. Aber auch innerlich gibt es für Jesus nicht einen Weg, auf dem ER geht und einen Weg, auf dem Gott, der Vater geht, sondern Gott und Jesus – das ist ein und derselbe Weg. In Jesus geht Gott durch die Welt. Darum sagt Jesus: Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. (Joh 14,9) Und ER fragt uns: „Glaubt Ihr nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist?“ (Joh 14,10) Jesus beschreibt also bei diesem Gespräch mit seinen Jüngern im Abendmahlssaal, in der Nacht vor seinem Tod, sein Verhältnis zu Gott und Gottes Verhältnis zu ihm. Gott geht in Jesus durch diese Welt, so dass Jesus der Weg des Vaters durch diese Welt ist. Und dieses Geschehen bezeichnet Jesus als “die“ Wahrheit – also als das, was ewig gültig ist, so dass man sich darauf absolut verlassen kann. Das ist für Jesus das wahre Leben: Gott geht im Menschen Jesus durch die Geschichte der Welt. Jesus ist der Weg Gottes durch die Zeit und in Ewigkeit, denn ER geht zum Vater. Es ist ein Weg der ewigen Gemeinschaft, des ewigen Beieinander Wohnens, des beieinander Bleibens wie in einem Haus. Der Mensch ist also durch Jesus Christus zum Weg Gottes mit uns Menschen geworden, zu einem gemeinsamen Weg von Gott und Mensch, und zwar durch alles hindurch, sogar durch den Tod hindurch. Alles geht Gott mit! Aber dabei bleibt Jesus nicht stehen. Er gibt seine Wahrheit nicht nur als „Seine Wahrheit“ weiter, sondern er offenbart damit auch unsere Wahrheit. Jesus sagt: „Ich gehe, um einen Platz für Euch vorzubereiten...., damit auch ihr dort seid, wo ich bin“. (Joh 14,2-3) Jesus will uns dafür die Augen öffnen, dass wir ebenfalls der Weg sind, auf dem – bzw. „in dem“ Gott durch die Geschichte der Welt geht. Denn wir sind alle Kinder Gottes. Niemand kommt in dieses Vater-Kind Verhältnis außer durch Jesus. Er allein ist der Weg, die Wahrheit und das Leben, denn nur durch IHN haben wir erkannt, dass Gott im Menschen lebt. Aber nicht als eine Art „Mietwohnung“, die Gott für eine gewisse Zeit bewohnt, sondern als seine „Eigentumswohnung“, die für immer und ewig zum „Vaterhaus Gottes“ gehört. „Gott wohnt uns inne“, sagt man dazu. Wir sind seine Wohnung in Zeit und Ewigkeit! Unser Leben, unser Körper, unsere Lebensgeschichte ist durch Jesus Gottes Wohnung geworden. Bei jeder heiligen Kommunion praktizieren wir das! Das ist eine so gewaltige Verkündigung, dass wir eigentlich ganz still werden müssten ..., dass jeder tief in sich hineinhorchen müsste, um zu bedenken: Gott geht jeden Augenblick in mir mit. Ich bin sein Weg in dieser Zeit. Ich bin sein Weg an diesem Ort, mit diesem Gesicht, mit diesem Alter, mit diesen Grenzen und Schwächen, mit diesen Fähigkeiten und jenen Fehlern ..., aber ich bin sein Weg. Ja, auch wir sind der Weg, die Wahrheit und das Leben! Wenn wir diesem „Vorangeher Jesus“ glauben, dann schenkt er uns, seinen Schwestern und Brüdern, diese Einsicht, diese Beziehung, diese wunderbare Erfahrung: Gott wohnt in mir, ich wohne in Gott. Ich bin der Weg Gottes, wo ich gehe, wo ich bin. Natürlich ist mir klar, dass sich bei jenen, die Gott immer in Distanz zu sich und zu anderen sehen, die zwar von der Menschwerdung Gottes reden, ihn aber gar nicht richtig Mensch werden lassen, dass solche Leute große Schwierigkeiten haben, Gott so nah an sich und an andere herankommen zu lassen. Aber das muss jeder selbst entscheiden, ob er in Distanz zu Gott oder in Einheit mit Gott leben will. Gott ist jedenfalls Menschgeworden. Christen sind dazu berufen, in Einheit mit Gott zu leben. Christen bekennen sich froh dazu, dass Gott in ihnen lebt und dass er in ihnen durch diese Welt geht. Christen leiden nicht an Minderwertigkeitskomplexen, sondern sind dazu berufen, zu sagen: Auch wir sind der Weg die Wahrheit und das Leben – nicht aus uns heraus, sondern weil Gott uns trotz Fehlern und Schwächen dazu gemacht hat. Das ist keine Überheblichkeit, sondern das ist die Annahme des Wortes Gottes. Denn Jesus selbst sagt am Ende unseres Evangelienabschnittes: Amen, amen, ich sage Euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen, und er wird noch größere vollbringen ...(Joh 14,12) Jesus will also, dass wir uns mit ihm so vereinigen, dass jeder von uns staunend und überwältigt sagen kann: Ich schwacher Mensch darf Christ/in sein: der Weg, die Wahrheit und das Leben durch Christus unseren Herrn. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer 4. Ostersonntag A www.katholische-kirche-poppenhausen.de Joh 10, 1 - 10 In diesem Jahr haben wir seit der Fastenzeit als besonderes Symbol des Glaubens die Ikonentür mit der Szene der Verkündigung der Menschwerdung Gottes an Maria und darunter: die vier Evangelisten, die dieses Glaubensereignis jeweils auf ihre Weise verkünden. Gerade im heutigen Evangelium spricht Jesus von der Tür. Eine Tür verbindet zwei Räume. Man könnte auch sagen: Eine Tür verbindet zwei Welten. Ohne Tür bleibt einem der andere Raum unzugänglich. Eine Tür ist nämlich der bewusst gewollte und geplante Zugang und Ausgang. Ansonsten müsste man erst einen Zugang hineinschlagen; ähnlich wie bei den Schildbürgern, die vergaßen, ihre Fenster ins Rathaus ein zu setzen. Man müsste den Raum aufbrechen, so wie es Diebe und Räuber tun, weil ihnen der Türhüter die Tür nicht öffnet. Denn sie haben nicht den Schlüssel zur Tür. Eine Tür ist also der bewusst angelegte, der gewollte Zugang, um zwei Räume zu verbinden. Eine Tür bezeugt: Die beiden Räume sollen zusammen gehören. Eine Tür verbindet daher ganz bewusst zwei unterschiedliche Räume. Man könnte auch sagen: Eine Tür verbindet geplant zwei unterschiedliche Welten. Und da Jesus dieses Bild der Tür als Beispiel für sich selbst nimmt, in dem ja Gott und Mensch vereint sind, macht er mit diesem Bild deutlich: Gott will die Verbindung dieser beiden Welten. Er hat das geplant. Die Tür macht zwar deutlich: Es sind zwei unterschiedliche Räume, aber die Tür verbindet sie. Gott will die Einheit dieser beiden Welten. Und dazu nimmt Gott Jesus „als Tür“. Anscheinend werden aber auch Verbindungswege zu Gott und den Menschen gesucht, die erstens nicht menschlich sind und zweitens das Leben rauben und vernichten. Es werden Verbindungswege von Gott zu Mensch und von Mensch zu Gott gesucht, die das Leben schädigen. Das ist das Bild für viele Arten von Religionen, Sekten und Glaubensvorstellungen, die zwar auch zu Gott und den Menschen vordringen wollen, die aber kein Leben in Fülle bringen, sondern, das Leben stehlen und vernichten! Wo zum Beispiel die Gläubigen etwas tun müssen, damit Gott sie liebt und ihnen beisteht. Das sind auch die Gottesvorstellungen, wo man Angst haben muss vor Gott. Sie gehen so weit, dass man meint durch Selbstmordattentate Gottes willen zu erfüllen, obwohl man damit Menschen brutal umbringt. Das meint Jesus mit den Dieben und Räubern, die anderswo einsteigen und nicht – wie der rechtmäßige Hirte – durch die Tür gehen. Das sind religiöse Vorstellungen, die das Leben letztlich berauben und vernichten. Nur, wer durch die bewusst angelegte Tür – also durch das Menschsein - geht , bringt das Leben in Fülle. Mit der bewusst angelegten, gewollten Tür, macht Jesus deutlich: Gott hat diese Tür zum Menschen gewollt, geplant ..., eine Tür, die sich durch persönliches Kennen und Vertrauen öffnet, weil der Türhüter den Hirten kennt, und wo der Hirte die Schafe persönlich kennt, denn er ruft sie einzeln beim Namen. Es geht um ein ganz enges persönliches Verhältnis, das gut tut. Es geht um eine Beziehung, die durch gegenseitiges Vertrauen das Leben schützt und das Leben zur Fülle bringt, weil der Glaube darin besteht, dass Gott nur gut ist – auch dann, wenn der Mensch sich schlecht verhält. Der rechtmäßige Hirte braucht keine Gewalt, um in den Raum der Schafe zu kommen, er braucht keine krummen Wege, die Angst machen, damit die Schafe parieren. Der wahre Hirte Jesus benutzt den Menschen nicht, so wie es Diebe tun, die dem Menschen das Leben rauben. Der wahre Hirte gibt sein eigenes Leben hin! Gott wird Mensch. Gott verbindet sich untrennbar mit uns Menschen. Gott und Mensch werden in Jesus eins. Diese Verbindung ist die Tür zum erfüllten Leben. Und so wird verständlich, dass Jesus nicht nur sagt: Ich bin der rechtmäßige Hirte, der durch die Tür geht, sondern: „Ich bin die Tür!“ Ich bin der Mensch, durch den Gott gegangen ist, um ganz vertraut zu sein mit den Menschen. Ich bin die geplante, gewollte Verbindung. Die Tür zum Leben besteht durch Jesus darin, dass das Menschsein selbst die Tür ist, die beide Welten verbindet, die beide „Leben“ verbindet: Das göttliche Leben und das menschliche Leben. Die Tür, von der Jesus spricht, ist nicht mehr außerhalb von ihm. Er ist die Tür! Jesus ist die Verbindung, die Vereinigung der beiden Welten: Gott und Mensch. Die Tür liegt nicht außerhalb von ihm. Darum sagt er: Wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden. Das heißt: Wer für sich selbst diese Einheit durch Taufe, Firmung und Eucharistie erkannt hat, der ist ebenso die Verbindungstür zwischen Gott und Mensch. Darin besteht ja die Fülle des Lebens, dass Gott und Mensch eins geworden sind. Darum enden unsere Gebete oft mit den Worten „durch Christus unseren Herrn!“ Wer durch ihn hindurchgeht, der nimmt ja seine Gestalt an, der wird selbst zum „Christus“, zum Christen, zum Kind Gottes. Wir feiern ja hier: “Sein Leib in unserem Leib“. Unser Glaube schenkt uns die Fülle des Lebens. Unser Glaube bestiehlt uns nicht an Lebensfreude, sondern schenkt Kraft und Mut, schenkt jedem Menschen unverlierbare Würde – selbst dem, der sich würdelos benimmt. Kein anderer Glaube verheißt allen Menschen ewiges Geliebtsein: so wie Jesus zum Beispiel dem Zöllner Zachäus Ansehen schenkt, als alle anderen diesen schief ansehen. So wie Jesus dem Verbrecher am Kreuz das Paradies verheißt. Jesus ist die Tür zur Fülle des Lebens, weil in ihm die Verbindung von Gott und Mensch eins geworden ist. In ihm ist der Zugang zu den beiden Welten gegeben. Wir beenden viele Gebete mit den Worten: „Durch Christus unseren Herrn“ – als wäre ER die Tür, durch die wir gehen. Wenn wir diese Worte „durch Christus unseren Herrn“ einmal auf uns beziehen, was hat sich denn „durch Christus unseren Herrn“ im Leben so verändert, dass wir sagen können: durch ihn bekomme ich Lebensfülle – durch Ihn bin ich gerettet, durch ihn ist mein Leben reich!? Können wir wirklich sagen: Durch ihn sind wir gegangen? Ist er für uns die Tür zu einem größeren Leben? Oder haben wir eine religiöse Prägung, wo alles nur „Pflicht“ ist, wo man empfindet: Ich muss nur, aber das bringt mir eigentlich nichts. Sind wir immer nur durch das gegangen, was Menschen, Autoritäten sagten, aber nicht durch Ihn, durch seine Worte Taten, nicht durch seine Lebensgeschichte? Wer nicht durch ihn, durch Jesus Christus in eine göttliche Weite, in neue Lebensräume findet, der ist nie wirklich durch IHN hindurchgegangen. Viele Menschen gehen nur durch religiöse Gebote, Traditionen und religiöse Zwangsvorstellungen hindurch, aber nicht durch ihn hindurch. Man kann durch viele religiöse Türen gehen. Doch die wahre Tür ist die, die immer ins Weite führt, selbst noch im Tod, selbst im Schuldig geworden sein, selbst im Verlust. Eine Religion, ein Glaube, wo man nicht durch alles hindurch zur Fülle des Lebens kommt, ist nicht der Glaube an Jesus, der sogar als Gekreuzigter Auferstandener den Frieden und die Freude an seine Jünger weitergab, die hinter verschlossenen Türen hockten. Jesus Christus allein ist die Tür, die durch alle Wände und Widerstände hindurch zum Glück führt, ins Weite - wie ein Hirt, der seine Hede auf die Weide bringt. Das wahre Leben, die befreiende Religion den menschlichsten Glauben gibt es nur durch Christus unseren Herrn. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer 3. Ostersonntag A www.katholische-kirche-poppenhausen.de Joh 21,1-14 An Ostern und am vergangenen Weißen Sonntag hörten wir Ostererzählungen, in denen die Jünger und Jüngerinnen Jesu dem Auferstandenen begegneten und so zum Glauben kamen, dass Jesus auferstanden ist. Diese Evangelien endeten mit den Worten Jesu: „Selig die nicht Sehenden und Glaubenden“ (Joh 20,29) Heute haben wir eine andere Art Ostergeschichte gehört. Sie spielt nicht mehr in Jerusalem, dem Ort des Todes und der Auferstehung Jesu. Sie spielt sich in Galiläa am See Genezareth ab, also dort, wo die sieben genannten Jünger von Kindheit an zuhause waren und wo sie auch nach Jesu Tod und Auferstehung wieder hingingen, um für sich und ihre Familien zu arbeiten. Die eben gehörte Geschichte macht nun deutlich, was die letzten Worte des Auferstandenen sagten: „Selig die nicht Sehenden und Glaubenden...“ Es geht darum, deutlich zu machen, dass sich der Auferstandene in neuer Weise zeigt, so dass die Jünger ihn in ihrem Lebensalltag entdecken können. Wir sehen nämlich Jünger wie Thomas, Nathanael, Jakobus und Johannes und andere, zu denen Petrus sagt: „Ich gehe fischen“. Denn sie sind Fischer. Der ganz normale Lebensalltag hat die Jünger Jesu eingeholt. Schließlich gilt auch für sie: irgend wovon muss man schließlich leben. Das gilt für jeden von uns. Und so gehen sie ihrer Arbeit nach, dem Fische fangen, genauso wie wir unserer Arbeit nachgehen, um leben zu können. Genauso wie die Schülerinnen und Schüler ihrer Arbeit nachgehen und die Grundlagen lernen. Die Grundüberzeugung: Gott schenkt ewiges Leben, Gott gibt ewige Zukunft, Gott verlässt keinen Menschen, diese Grundüberzeugung, die aus dem Tod und der Auferstehung Jesu kam, soll nun eine Grundüberzeugung für die alltäglichen Todes- und Auferstehungsgeschichten werden. Denn Tod und Auferstehung sind nicht nur Erfahrungen am Ende des Lebens, sondern überall da, wo wir sonst noch “am Ende sind“ – wo wir nicht mehr sehen wie es weitergehen soll und doch glauben dürfen. Der Alltag hat viele Todeserfahrungen in sich. Zum Beispiel: Erfolglosigkeit, Krankheiten, Arbeitslosigkeit, folgenschwere Fehler, Familienkrisen, Ehekrisen usw. Bei unseren sieben Fischern heißt das ganz nüchtern: „ ...aber in jener Nacht fingen sie nichts. Das ist nun nicht gleich etwas, wobei es direkt um Leben und Tod geht, aber es ist die Enttäuschung des neuen Tages. Alle Mühen waren umsonst. Als jemand fragt, ob sie nicht eine Zuspeise haben, nicht irgendeinen Happen, müssen sie sagen: „Nein!“ Sie können der Welt nichts geben. Da sagt ihnen eine Stimme: Werft das Netz auf der anderen Seite des Bootes aus: dort werdet ihr finden. Wir wissen als Hörer der Geschichte: das sagt Jesus. Die Apostel wissen das nicht. Sie lassen sich aber auf die Worte ein, die letztlich bedeuten: Gebt nicht auf! Macht weiter – macht anders weiter! Aber gebt nicht auf. So weltbewegend anders sollen sie ja gar nicht weitermachen: das Boot bleibt das gleiche, die Mannschaft bleibt dieselbe. Was sich ändert, ist nur die andere Seite, die hier natürlich „symbolisch“ zu verstehen ist. Denn die „rechte Seite“ ist in der biblischen Symbolik „die Seite Gottes“. Sie sollen also einfach dasselbe tun – nur unter dem Blickwinkel des Gottvertrauens. Ja, mit der Perspektive des Gottvertrauens sieht „Dasselbe“ anders aus. Erkennen kann man das nur, wenn man sein Leben und Handeln unter diesen Blickwinkel stellt. Und so erleben die sieben Apostel das Wunder. Wo vorher „nichts“ war – wie bei Jesu Tod am Kreuz, ...da erkennen sie plötzlich eine Fülle – wie an Ostern. Wie oft erlebe ich das in meinem Leben in meiner Arbeit. Aber oft muss ich erst das „Nichts“ erleben, bevor ich unter dem Blickwinkel des Glaubens die Fülle erfahre. Das sind dann immer die Augenblicke, wo ich riesige Freude über meinen Glauben empfinde und wo ich all die Menschen bedauere, die nicht glauben können, weil sie nichts sehen. Selig, die Nicht-Sehenden und (doch) Glaubenden. Wer sich von Jesus geliebt weiß, erkennt die Fülle immer wieder. Und so heißt es von jenem Jünger, den Jesus liebte, dass er zu Petrus sagt: „Es ist der Herr.“ (Joh 21,7) Die Szene, wo sie ans Land zurückkehren und ein fertiges Essen bereitet ist, macht noch einmal deutlich: Der Auferstandene sorgt für seine Jünger. Was auffällt ist, dass der Auferstandene zwar da ist, aber doch immer so, dass er nicht irgendwie endgültig festgelegt ist. Es heißt: Keiner aber wage von den Jüngern ihn auszuforschen: Du, wer bist Du? Wissend, dass es der Herr ist. Wir würden heute vielleicht sagen: Sie spürten, dass der Herr es ist, auch wenn sie ihn nicht sahen wie man einen Menschen üblicherweise sieht. Unser heutiges Evangelium zeigt uns sehr deutlich, dass wir mit der Auferstehung Jesu nicht allein das Leben nach dem Tod verbinden sollen. Auferstehung gehört ebenso als Erfahrung in das Leben vor dem Tod – also in das Leben jetzt! In dieser Hinsicht kann ich nur sagen: Ich bin dem Auferstandenen schon oft begegnet. Gerade in der vergangenen Karwoche und in den Ostertagen. Da geschah so Vieles, da ereignete sich so Überraschendes, dass ich nur sagen kann: Es ist der Herr. Ja, der Satz stimmt: Selig, die Nicht Sehenden und (doch) Glaubenden. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer 2. Ostersonntag A www.katholische-kirche-poppenhausen.de Joh 20, 19-31 Liebe Kommunionkinder, hier vorn steht Euer Bild mit der Überschrift: Ich bin der Weinstock - Ihr seid die Reben. Das sind Bild-Worte, mit denen Jesus sagen wollte: „Wer an mich glauben will!“, der muss eine lebendige Beziehung mit mir eingehen. Denn ich bin lebendig und nicht tot. Ohne lebendige Beziehung kann keiner an mich glauben.“ Und Jesus hat Recht. Wer nie auf ihn hört, wer nie in der Bibel liest, oder wenigstens im Gottesdienst Kontakt mit ihm aufnimmt, wo man seine Worte vorliest und seinen Auftrag erfüllt: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“, da gibt es keine lebendige Beziehung mit ihm. Da ist die Beziehung tot. Darum sagt Jesus: Ich bin der Weinstock – Ihr seid die Reben. Denn ohne den Weinstock vertrocknen die Reben und können keine schönen, süßen Weintrauben hervorbringen. Wer an Jesus glauben will, der muss mit ihm in lebendiger Verbindung stehen wie mit einem guten Freund. Ihr seid heute hier, um die wichtigste Verbindungsmöglichkeit mit Jesus auf zu nehmen. Er hat uns nämlich zwei Zeichen hinterlassen: Brot und Wein. Durch diese Zeichen will er sich mit uns verbinden, damit seine Bildworte Wirklichkeit werden: „Ich bin der Weinstock – Ihr seid die Reben.“ Als Jesus diese Zeichen einsetzte, ahnte er schon, dass man ihn bald töten werde. Denn es gab damals Menschen, die wollten nicht glauben, dass Gott diesen Jesus als seinen Messias gesandt hatte. Sie sagten: So einen einfachen Zimmermann, der sich mit allen Menschen abgibt - sogar mit Sündern und Außenseitern - so einen hat Gott niemals als Messias auserwählt. Was dieser Jesus sagt und tut, ist nicht von Gott, sondern richtet sich gegen Gottes Gebot. Und so nahmen sie Jesus bei Nacht und Nebel gefangen und verurteilten ihn zum Tod. Alle sollten sehen: Gott hat Jesus nicht gewollt. Wenn Gott diesen Jesus wirklich gewollt hätte, dann hätte Gott den Kreuzestod verhindert. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, dass Gott einen Menschen liebt, der schwach ist, der besiegt wird, den man als Verbrecher mit anderen Verbrechern hinrichtet. Für die Freunde von Jesus war der Tod am Kreuz auch ein Schock. Sie dachten ebenso: Gott hat ihn verlassen. Sie dachten: Jesus war anscheinend doch nicht der Sohn Gottes. Sonst wäre das nicht passiert. Doch an Ostern kam der Heilige Geist Gottes in ihr Herz und versöhnte die geschockten Jünger mit dieser schrecklichen Situation. Sie erlebten: Gott vergibt uns unsere Feigheit. Er vergibt uns unsere Angst. Er vergibt uns, dass wir weggelaufen sind. Darum erscheint uns der Jesus mit Wunden und sagt trotzdem: „Friede sei mit Euch!“ Ja, Gott vergibt allen Menschen, weil für Gott nicht das wichtig ist, was uns trennt, was uns entzweit, sondern für Gott ist wichtig, was uns verbindet. Darum erscheint der Auferstandene an Ostern zuerst mit dem Geist der Vergebung. Und so erleben die Jünger: es stimmt: Gott ist der Weinstock – und wir sind die Reben. Er lässt sich nicht von uns trennen. Und damit wir uns nicht trennen, gibt er den Geist zur Vergebung. Wo Vergebung herrscht, da kann eine Verbindung niemals reißen. Der eigentliche Tod ist die gegenseitige Ablehnung! Darum gehört zur Auferstehung die gegenseitige neue Annahme. Doch der Apostel Thomas kann das nicht glauben. Er kann nicht glauben, dass ein so verlorener Mensch wie der gekreuzigte Jesus von Gott geliebt wird und auferweckt wird. Und er kann nicht glauben, dass der gekreuzigte Jesus, dem die Menschen so was schrecklich Böses angetan haben, vergeben kann. Darum will er die Wunden von Jesus berühren. Er will sehen, ob Jesus wirklich vergeben hat, nachdem man ihn so gequält und verwundet hat. Würden wir den Menschen vergeben, die uns so geschlagen, so verhöhnt, so mit Dornen gekrönt und zu Tode gemartert haben? Thomas sagt: Das will ich sehen. Ich will Jesus mit den Wunden sehen und seine Wunden berühren. Wenn er dann immer noch gut ist und vergibt, dann will ich glauben. Aber im Herzen denkt er: Das gibt es nicht! Da Jesus kommt mit seinen Wunden. Die Wunden sind nicht weg. Nein! Aber in Jesus ist trotzdem kein Hass, keine Rache, sondern nur Liebe zu allen Menschen. Da ist Thomas überwältigt und denkt: Das kann nur Gott sein. Und er sagt: „Mein Herr und mein Gott!“ Thomas merkt: Auferstehung gibt es nur deswegen, weil Gott sich durch nichts von uns Menschen trennen lässt. Das neue Leben von Gott und Mensch hört niemals auf, weil Gott niemals aufhört, zu lieben, weil Gott vergibt. Neues Leben ist Versöhnung mit dem alten Leben – das ist Auferstehung und nicht einfach nur unendliches Weiterleben. Darum habe ich Euch in einem kleinen Tütchen drei Weinbeeren eingepackt. Diese Weinbeeren aus einer großen Traube sollen uns jetzt deutlich machen: Gottes Liebe zeigt ihre ganze Kraft und Fülle besonders dort, wo alles wie verloren und zerstört aussieht. Nehmt mal eine Weinbeere heraus: Nehmt sie zwischen Eure Finger und schaut sie an. In der Weinbeere ist der Saft. Der Saft ist eingeschlossen von einer dichten Hülle. Wir können den Saft der Beere nur bekommen, wenn wir die Hülle zerstören. Nur dann strömt der süße Saft heraus, den wir mögen. Stellt Euch einmal vor, Ihr würdet sie in den Mund nehmen, aber ihr würdet sie nicht zerbeißen, nicht zerdrücken, dann würdet ihr merken: Die Weinbeere ist zwar rund und heil, aber sie gibt uns nichts. Sie behält alles für sich. Sie ist zwar heil, aber sinnlos. Erst wenn wir sie zerbeißen, spüren wir, wie herrlich ihr Inhalt ist. Ihre Hingabe schenkt uns Freude. Tun wir‘s mal: zuerst nur in den Mund, ohne sie zu zerstören. Und dann zerbeißen: Jetzt gibt sie uns ihr Leben. Jesus sagt: „Ich bin der Weinstock – Ich gebe meine ganze Liebe in Euch. Ich liebe Euch auch dann, wenn ihr mir wehtut, wenn ihr mich so zu sagen totbeißen wollt. Gerade dann strömt meine Liebe umso süßer, umso stärker in Euer Herz. Erleben wir es nun mit der anderen Weinbeere noch einmal. - Mit ihrer Hingabe strömt ihr guter Inhalt zu uns. Und die dritte Weinbeere sagt: Sieh nur, und schmecke immer wieder neu: Das ist Liebe, wenn sich jemand hingibt, ohne sauer zu werden, sondern süß – also lieb zu bleiben. So ist Gott. Er liebt unendlich. Er beschenkt uns mit seiner „Trotzdem-Liebe“. Er sagt: Ich schenke Euch in der Vergebung der Sünden den Bund meiner ewigen Liebe. Denn nur wer vergibt, bleibt zusammen. Wer nicht vergibt, der trennt sich. Göttliche Liebe ist, wenn man trotz der Wunden liebt. Das meint Kommunion: Gottes ewige Liebe in sich einströmen lassen und seine Liebe, wie den Weinsaft in sich aufnehmen. Denn ER ist der Weinstock, wir sind die Reben. Wer mit ihm in Verbindung bleibt, der wird spüren: Ich bin besonders dann geliebt, wenn im Leben etwas zerstört wird. Dann strömt - wie bei einer Weinbeere – Gottes Heil am meisten zu mir. Wer das erkannt hat, der hat trotz allem Bösen Frieden und Freude. Das, liebe Kommunionkinder, schenke Gott Euch und uns allen - immer wieder mit der Heiligen Kommunion. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer 2. Sonntag der Osterzeit www.-katholische-kirche-poppenhausen.de A Joh 20, 19-31 Wenn ich mit Menschen über Auferstehung spreche, dann merke ich, dass viele darunter „das Leben nach dem Tod“ verstehen. Das ist nicht verkehrt. Doch es ist zu wenig! Zur Auferstehung kommt es nur, weil Gott sagt: Ich will Dich. Ich will dich bei mir. Ich will Dir meine Liebe schenken, die Dich auf ewig leben lässt. „Auferstehung“ ist also ein Vorgang der Liebe. Zur Auferstehung gehört die Liebe, die uns bedingungslos annimmt. Das so genannte „Leben nach dem Tod“ ist kein Leben ohne die Liebe Gottes zu uns. „Auferstehung“ bedeutet: Ich lebe nur noch, weil ich geliebt bin. Nicht: Ich lebe dann irgendwie weiter, sondern ich lebe, weil ich mit meiner Lebensgeschichte geliebt bin, auch wenn ich in meiner irdischen Lebensgeschichte gescheitert bin. Darum erscheint Jesus nach seiner Auferstehung auch nie als perfekter Jesus, sondern immer als der Gekreuzigte. „Auferstehung“ löscht nicht meine „Lebensgeschichte in Raum und Zeit“ aus. „Auferstehung“ bedeutet: weil ich vollkommen von Gott geliebt bin, darum bin ich mit meiner Lebensgeschichte – so schrecklich sie auch war – versöhnt. Jesus erscheint als Versöhnter. Die Liebe, die Jesus in seiner Auferstehung von seinem Vater erfährt, muss so etwas Überwältigendes gewesen sein, dass weder die körperlichen noch die seelischen Verletzungen, die er durch Verrat, Verleugnung, ungerechte Verurteilung, Folter und qualvollem Kreuzestod erlitten hatte, ihn zum Hass oder zur Rache verführten, noch sein Leben und seine Sendung zu den Menschen als sinnlos erfahren ließen. Die Liebe Gottes, des Vaters, muss so etwas absolut Unüberbietbares gewesen sein, dass Jesus alles vergibt, was man ihm angetan hatte und dass er völlig versöhnt lebt. Darum wird er auch im Evangelium des heutigen Sonntags als derjenige geschildert, der nicht nur einfach nach dem Tod lebt. Das glauben auch viele andere Religionen. Ich sagte: „Auferstehung“ ist mehr als nur „Leben nach dem Tod“. Die christliche Auferstehung bedeutet: versöhnt zu sein mit sich und der Welt durch Gottes Liebe. Daher ist Jesus eben nicht einer, der als Auferstandener im Himmel lebt – wie wir in alter Symbolsprache sagen - , sondern Jesus kehrt nicht eher zum Vater zurück, bis er die Versöhnungsliebe an seine Jünger weitergegeben hat. Es gibt keine Auferstehung zum Leben bei Gott ohne Versöhnung! Und zwar müssen nicht nur die Täter des Bösen um Vergebung bitten. Auch die Opfer der bösen Taten müssen vergeben können. Wer nicht vergibt, kommt nicht in das ewige Leben, denn „ewiges Leben“ entsteht aus Vergebung und Versöhnung, aus der Trotzdem-Liebe. Darum sagt Jesus als erstes: „Genauso wie mich der Vater geschickt hat, so schicke ich auch Euch“. Und er sagt damit: Ich schicke Euch als Schwache, Verwundbare, als Missverstandene, als Verletzte, Verleugnete, aber ich gebe Euch den Auferstehungsgeist, der ewigen Liebe Gottes. Darum könnt ihr vergeben. Und das kann Thomas nicht glauben. Er kann nicht glauben, dass ein so ungerecht behandelter Jesus, ein solch gequälter Mensch kommt und sagt: Ich bin mit meinem Leben und Sterben versöhnt. Das will Thomas sehen. In die Wunde will er fassen ...und dann sehen, ob Jesus immer noch versöhnt ist! Diesem Thomas geht es nicht nur darum, den Auferstandenen zu sehen, sondern den versöhnten Auferstandenen. Was wäre das für eine Auferstehung zum ewigen Leben, wenn die Auferstandenen Hass und Rache in sich trügen...Sie wären zu einem Leben ewiger Qual auferstanden, wo sie Hass gegenüber ihren Peinigern in sich trügen und Gedanken der Rache. Sie wären zu einem ewigen unversöhnten Leben verdammt. Auferstehung aber ist der Untergang des Hasses, der Rache. Gott erweckt uns aus Liebe und nicht, damit dasselbe bescheuerte Spiel von Krieg und Frieden auf höherer Ebene weitergeht. Darum gibt es auch keine Hölle! Jeder, der die Hölle als angeblich gerechten Ausgleich fordert, zeigt nur, dass er ein unversöhnter Mensch ist, der nie verstanden hat, was Auferstehung ist. Thomas aber hat an Jesus erkannt: Auferstehungsglaube führt zur Versöhnung, trotz aller Wunden. Denn Auferstehung geschieht durch die Liebe Gottes. Auferstehung ist also nicht einfach ein Weiterleben nach dem Tod, sondern ewige Versöhnung. So geschieht überall da, wo Menschen sich versöhnen, wo Menschen in Eintracht und Frieden leben „Auferstehung“. Ja, Auferstehung geschieht schon vor dem Tod. Das ganze Evangelium ist ja dazu da, damit das Leben aus Gottes Liebe auch schon vor dem Tod geschieht und nicht nur erst nachher Versöhnte Menschen sind auferstandene Menschen. Sie wissen, dass Gott zuletzt alles durch Christus mit sich versöhnt und fangen schon jetzt an als „Auferstandene“ zu leben. Nicht mehr Fehler, Schwächen, Sünden eines Menschen sind das Wichtigste für sie, sondern dass Gott bedingungslos zu jedem Menschen steht. Gottes Liebe allein kann uns zu neuen Menschen machen. Das meint der Ausruf des Thomas: „Mein Herr und mein Gott“ (Joh 20,28) Es ist das Staunen des Apostels über den Gott, der nicht nur nach dem Tod Leben schenkt, sondern ein Leben gibt, dessen Versöhnungskraft schon in diese Lebenszeit hineinwirkt. Der Glaube an ein ewiges Leben soll nämlich die Gegenwart verändern. Weil die Zukunft gewiss ist, darum soll sich jetzt etwas ändern. Glauben wir so an unsere Auferstehung, dass sie unser gegenwärtiges Leben positiv verändert? Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de Ostermontag 2011 Es könnte eine Szene aus einem „Krimi“ sein. Die Kamera zeigt: Ein bewachtes Grab öffnet sich durch ein Erdbeben. Die Bewacher werden durch eine Lichterscheinung bewusstlos und fallen in Ohnmacht. Sie liegen da wie tot. Kamera schwenkt: Drei Frauen, die zum Grab gehen, sehen: „Der Tote ist weg“, und sie erkennen: der Tote wurde erweckt. Sie eilen fort, um es den Freunden des Toten mitzuteilen. Sie sind voller Furcht. Wer wird ihnen das glauben? Das leere Grab kann man nachprüfen. Aber die Auferweckung eines Toten? Kann man das glauben? Auf dem Land vielleicht, in Galiläa. Aber hier, in der Stadt, wo man ihn verurteilte, wo man ihn umbrachte? Bestimmt nicht. Es gibt Dinge, die kann man nur in einer Umgebung des Angenommenseins glauben, wo man gut von einem Menschen denkt – wie in Galiläa, wo der tote Jesus beliebt war. Und da geht der Krimi auch schon weiter. Wieder ein Kameraschwenk: . Die wieder zu Bewusstsein gekommenen Bewacher melden ihren Auftraggebern, was geschehen ist. Diese beratschlagen, was zu tun ist, und bestechen die Wachen des römischen Stadthalters mit viel Geld. Sie sollen um Gottes Willen nichts von einer Himmelserscheinung sagen. Der Tote soll nicht mit dem Himmel, nicht mit Gott in Verbindung gebracht werden. Sie sollen sagen, sie seien eingeschlafen. Man würde den Dienstherrn Pilatus wegen dieser Nachlässigkeit im Dienst beruhigen. Sie sollen aber unbedingt das Gerücht verbreiten: Die Freunde des Toten, dieses Jesus von Nazareth, hätten den Leichnam gestohlen. Es soll alles wie eine betrügerische Inszenierung der Freunde Jesu aussehen. #Falls sie von „Auferweckung“ reden, soll dieses Gerede, als Betrug dastehen. Woher die Soldaten das so genau wissen, wo sie doch schliefen, lassen sie offen. Hauptsache die Auferweckung durch Gott steht als Betrug da. Soweit die Krimiszenen... Geschrieben wurde das Drehbuch zum Krimi von einem Freund des toten Jesus ..., einem Evangelisten, der selbst nicht dabei war. Klar, dass die Feinde Jesu von ihm als Betrüger dargestellt werden. Die Empfindungen und Ansichten der Frauen hingegen werden als unumstößliche Tatsachen dargestellt. Schließlich will der Drehbuchautor nicht nur etwas Spannendes erzählen. Er will damit überzeugen. „Überzeugungen“ aber gehen über Tatsachen hinaus. Zu dieser Überzeugung gehört nämlich das Eingreifen des unbewiesenen Gottes. Zu einer Überzeugung gehört immer der Glaube an etwas, das nicht bewiesen werden kann ..., wo man immer nur sagen kann: Ich glaube !...und nicht: Es ist Tatsache. Von etwas überzeugt zu sein, bedeutet: Ich vertraue darauf, dass es „so und so“ kommt, dass es so und ist, und zwar als Hoffnung für unser aller Lebensplanung. „Glauben“ bedeutet: Ich vertraue einer unbewiesenen Sichtweise, weil diese Sichtweise Hoffnung gibt, weil mir diese Sichtweise hilft, das Leben zu bestehen. Und darum geht es beim Osterglauben. Es geht darum, unser Leben und Sterben, die Höhen und Tiefen so zu sehen, dass wir uns nicht betrügen müssen, sondern ehrlich bestehen können. In unserem kleinen Auferstehungskrimi können die Gegner Jesu nur bestehen, in dem sie betrügen und den eigenen Selbstbetrug auf andere schieben, in dem sie sagen: Die Auferstehung ist ein Betrug der Jünger. Nein, der Auferstehungsglaube ist kein Betrug. Aber er ist auch nicht gegründet auf beweisbare Tatsachen. Überzeugungen gründen nie auf Tatsachen. Überzeugungen gehen über die Tatsachen hinaus – schenken eine größere Perspektive, die dem Leben aller Menschen dienen soll. Dabei ist wichtig, zu betonen: aller Menschen. – Eine Überzeugung soll nicht nur einer bestimmten Gruppe dienen. Die Überzeugung, dass Jesus auferstanden ist, leugnet keine Tatsachen dieser Welt. Die Auferstehung leugnet nicht, dass Jesus gestorben ist. Sie durchbricht nicht die Naturgesetze. Denn Auferstehung bedeutet nicht: Ein Toter kommt wieder zurück ins bisherige Leben ..., ein Toter wird nicht reanimiert. Auferstehung ist kein Betrug an den Menschen. Im Zentrum unserer heiligsten Feier bekennen wir sogar: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir ...“ Unser Glaube betrügt uns nicht! Und wir sagen dann nicht: „und Deine Auferstehung sehen wir als bewiesen an“ – sondern wir sagen: Deine Auferstehung preisen wir!“ Wir haben also eine Überzeugung, die uns froh macht. Wir haben eine Überzeugung, einen Glauben, der alle Menschen froh macht, weil in Jesus alle Menschen eine ewige Lebensperspektive erhalten. Das ist kein Betrug – das ist eine lebensfreundliche Überzeugung. Denn auch derjenige, der sagt: „Mit dem Tod ist alles aus“ – spricht eine Überzeugung (!) aus. Er hat dafür keine Beweise, dass mit dem Tod alles aus ist. Der Unterschied zu uns Christen ist aber: Er hat mit seiner Überzeugung keine Lebensperspektive, sondern nur eine Todesperspektive. Eine Perspektive zum Tod – das ist die schlimmste Aussicht, die man als Überzeugung weitergeben kann. Eine solche Aussicht als Lebenshaltung weiter zu geben, das nenne ich „Betrug am Leben“. Christsein ist kein Betrug, sondern ist die Überzeugung: „Ich habe Lebensperspektive!“ Und zwar nicht nur auf eine Art „Lebensverlängerung“ hin. Christsein ist das Vertrauen in das unendliche Geliebtsein vom Höchsten, von Gott, und zwar für alle Menschen! Christsein tut gut und ist gut. Denn „Christsein“ ist: erfüllt zu sein von der ewigen Liebe Gottes zu uns Menschen. Ein Christ braucht keine Angst zu haben, er sei im Nachteil gegenüber jenen, die sagen: Mit dem Tod sei alles aus. Nein, wir sind im Vorteil mit unserer Überzeugung, dass wir auf ewig geliebt sind. Denn für uns endet der Sinn des Lebens nie! Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de Ostersonntag 2011 Liebe Schwestern und Brüder durch unseren Glauben. Wie ihr seht, steht unser diesjähriges Osterfest ganz im Zeichen unseres Symbols: der Tür. Hier die Ikonentür mit dem Bild von dem Engel, der „den Gott im Menschen“ an Maria verkündete. Durch die Botschaft des Engels haben wir erkannt: Gott ist mit uns. Das ist der Schlüssel für das Verhältnis von Gott und Mensch – der Schlüsselrohling, der Universalschlüssel für das, was wir Glauben nennen: Gott ist mit uns. Denn jeder Glaube an einen Gott will die Tür dafür aufschließen, dass Gott auf die Menschen zukommt. Aber niemals vor Jesus hat man gehört, dass Gott mit seinem Kommen auch das Menschsein ganz angenommen hat, und zwar nicht als unbeschädigten Schlüsselrohling, sondern wie wir es am Karfreitag hier betrachteten: Gott nimmt den eingekerbten, den geschliffenen, den kaputten Jesus als Universalschlüssel für sein Reich, um durch ihn ein für alle Mal allen Menschen das Reich Gottes durch die Trotzdemliebe auf zu schließen, gerade den Menschen, die viele Kerben des Leids und des Verlustes erleben mussten. Jesus schließt allen Menschen die Tür zum Reich Gottes auf. Keiner kann mehr sagen: „Gott will mich nicht!“ Keiner kann mehr sagen: „Gott hat etwas gegen mich“, oder: „Gott hat mich verlassen“. Jedenfalls kann das keiner mehr sagen, der sich auf Jesus beruft. Denn Jesus hat mit seinem „Durchfallen“ bei den Herrschenden, mit seiner Niederlage gezeigt: Wer immer auch bei Menschen durchfällt, den erhöht Gott an sein Herz. Selbst zu denen, die Jesus „durchfallen ließen“, entgegnet er: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“. So schließt Jesus selbst für seine Feinde das Reich Gottes auf. Das verkündet ausgerechnet der, der bei seinen Feinden kläglich durchfiel. Und so wird Jesus zum Schlüssel und zur Tür für uns! Er schließt uns Gottes unbegrenzte, bedingungslose Liebe auf und öffnet die Tür zur unzerstörbaren Einheit von „Gott und uns Menschen“, so dass diese Tür nie mehr geschlossen werden kann. Wenn der „durchgefallene“ Jesus von Gott gehalten wird, dann ist er die Hoffnung aller Menschen. Und zwar nicht nur derer, die sich einigermaßen selbst halten konnten, sondern er ist die Hoffnung der Kleinen, Geringen, der Verlierer und Gescheiterten. Keiner soll sagen: „Ich bin verloren, oder ich habe ein sinnloses Leben gelebt“. Darum hat Jesus die wichtigste Tür aufgeschlossen, die es gibt. Kennen wir die wichtigste Tür des Lebens? Seltsamer Weise ist die wichtigste Tür unseres Lebens die Tür des Todes. Denn die Tür des Todes öffnet sich nie, um jemanden heraus zu lassen. Die Tür des Todes ist die Tür, die einschließt, die nie wieder herauslässt. Wie sagen wir doch?: Es ist noch keiner zurückgekehrt!“ Und es stimmt: Es ist noch keiner vom Tod zurückgekehrt ins vorherige Leben. Warum wohl nicht? Weil keiner zurückkehrt in ein Leben, das auf Tod zugeht, wo man wieder sterben muss, wenn man erfahren hat, dass Gott ewiges Leben schenkt. Warum sollte jemand Verlangen haben, wieder zu sterben? Auferstehung ist keine Auferstehung, um wieder zu sterben. Auferstehung ist ein Auferstehung zum ewigen Leben. Und ewiges Leben ist das Gleiche wie „ewiges Geliebtsein“. Die Tür des Todes ist seit Jesus nicht mehr die Tür des Unterganges, der Verwesung, des Lebensverlustes. Die Tür des Todes ist seit Jesus verwandelt in die Tür zum ewigen Geliebtsein. Wenn wir eben gehört haben, dass der Stein weggewälzt wurde, dann ist damit nicht gemeint: Jetzt kommt jemand aus dem Jenseits ins Diesseits, sondern der weggewälzte Stein verkündet: Der Tod verschließt nicht mehr das Leben, sondern selbst der Tod muss uns in eine ewige Gemeinschaft der Liebe führen. Es geht an Ostern nicht darum, dass der Tod aufgehoben wurde, sondern das der Tod nicht mehr die Bedeutung hat, die wir ihm ohne Jesus geben müssen. Ohne Jesus Christus, ohne den Auferstandenen ist der Tod immer nur Verlust, muss der Tod immer nur „Schluss und Aus“, immer nur endgültig negativ sein. Der Auferstandene hat ja keinen einzigen Tod verhindert. Alle Apostel – auch Maria – alle Menschen vor ihm und nach ihm starben und werden sterben. Aber seine Auferstehung gibt der Bedeutung des Todes einen anderen Stellenwert. Er ist eben nicht mehr das endgültige Aus, sondern er wird durch Jesu Auferstehung zum Tor, welches auch zum ewigen Leben führen muss. Wir feiern heute nicht, dass Jesus in das Diesseits zurückkehrte. Wir feiern heute nicht, dass der irdische Tod Jesu rückgängig gemacht wurde. Wir feiern, dass der Tod durch Jesu Auferstehung nicht mehr nur Tod bedeuten muss, sondern selbst der Tod durch Gott in eine neue Lebenschance verwandelt wird. Die Auferstehungsfreude beruht nicht in der Beseitigung der Todeserfahrung, sondern darin, dass ein Christ vertraut und bekennt: Der Tod ist nicht mein Ende, weil Gott trotz Tod neu mit mir lebt. Als in der Ostererzählung die Frauen Jesus an den Füßen festhalten wollen, sagt Jesus: „Fürchtet Euch nicht!“ – Also: fürchtet Euch nicht, mich zu verlieren und fürchtet Euch nicht, diese ungeheuerliche Botschaft vom scheinbaren Widerspruch von „Tod und Auferstehung“ zu bezeugen. Für Jesus ist der Tod nicht mehr nur noch Verlust, und zwar wegen der unzerstörbaren Liebe Gottes. Für Jesus ist durch die Liebe Gottes sogar der Tod noch ein Tor zum Leben. Darum steht, gestützt vom Gekreuzigten dort drüben das Bild eines Lebens-Tür aus lebendigen Zweigen und blühenden Blumen. Das Kreuz, das Todeszeichen ist durch den Glauben an die Auferstehung ein Kreuz, das den Weg durch die Tür des Lebens weist. Der weggerollte Stein bedeutet: Der Tod sperrt nicht mehr ein. Gott befreit zu einem neuen Leben. Der Tod ist nur ein Ende des Lebens, wenn wir der Tatsache des Todes höhere Bedeutung geben als dem Glauben an Gottes Liebe. Wer an Gottes Liebe glaubt, kann nicht mehr sagen: „Im Tod ist alles aus!“ Genauso wie niemand sagen kann: „Ich glaube an Gott“, wenn für ihn der Tod das letzte Wort hat. Darum soll jeder an diesem Osterfest das Bild von der Ikonentür erhalten, an dem der Schlüssel vom Karfreitag hängt. Es soll ein Zeichen sein, dass wir nach der Kommunion erhalten, wenn wir den Leib des Auferstandenen in unseren sterblichen Leib aufgenommen haben. Ein Zeichen, das uns daran erinnern soll: Wir haben das Wort Gottes aufgenommen: Du bist bei uns! Und das bleibt gültig auch im Tod. Das Wort stirbt nicht. Es führt uns zur Auferstehung. Wer diesem Wort glaubt, ist sogar schon jetzt auferstanden. Also lasst uns durch die Tür der Verheißung gehen und zur Auferstehung gelangen. JETZT! Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de Karfreitag 2011 Einen Schlüssel haben wir alle vor unserem Gottesdienst erhalten. Ein kleines Zeichen – passend zu unserem großen Symbol: der Tür. Tür und Schlüssel gehören zusammen. Der Schlüssel schließt eine Tür auf und gibt uns damit den Weg frei. Oder er verschließt die Tür und versperrt den Durchgang. So wird der Schlüssel auch oft im übertragenen Sinn angesprochen, wenn es z. B. heißt: „Das ist der Schlüssel zum Geheimnis...“, wenn man einen Weg gefunden hat, etwas Unzugängliches mit einer bestimmten Methode endlich zu erreichen. Und wenn wir nicht wollen, dass jemand Zugang zu unseren Geheimnissen bekommt, dann versuchen wir sie zu verschlüsseln. Der Schlüssel kann also öffnen oder verschließen. Unser heutiger Schlüssel ist ein „Rohling“. Er ist unbearbeitet. Er ist noch kein Schlüssel für ein ganz bestimmtes Schloss, für eine bestimmte Tür. Er ist noch „universal“ – also einer, in dem alles enthalten ist. Es ist ein Schlüssel für alle, für die Gesamtheit aller Möglichkeiten. Und so soll dieser Schlüssel ein Zeichen dafür sein, dass in ihm die Möglichkeit verborgen ist, Dein und mein ganz persönlicher Schlüssel zu werden. Dieser Schlüssel, den wir gerade in unserer Hand halten, soll kein Schlüssel für eine Tür in irgendeinem Gebäude sein, sondern ein Schlüssel für unser Herz – ein Symbolschlüssel für unser Innerstes. Denn wir sind nicht hier, um äußere Türen auf zu schließen. Wir sind hier, weil es hier den Schlüssel gibt, der unser verschlossenes Herz öffnen möchte. Denn ganz tief in unserem Herzen ist ein Geheimnis eingeschlossen, das seit der Empfängnis im Mutterlieb, seit dem Augenblick, als unser Leben begann, in uns eingeschlossen ist und heraus will, um unser Leben zur Fülle zu führen. Unsere große Ikonentür zeigt dieses Geheimnis mit der Szene von der Verkündigung des Engels an Maria an. Maria empfängt das göttliche Leben in Jesus: „Du bist voll der Gnade. Du bist von Gottes Leben und Liebe erfüllt.“ Jesus ist also der Schlüssel, der Universal-Schlüssel für das Geheimnis aller Menschen: „Gott ist mit uns. Ja: Gott lebt in uns!“ Aber der Schlüssel mit dem Namen „Jesus“ ist nicht nur der Universal-Schlüssel zu diesem Geheimnis des göttlichen Lebens in uns. Das wäre nur der glatte Schlüssel, der unbearbeitete Schlüssel. Jesus wurde durch sein Leiden und Kreuz, durch sein Lebensschicksal vom Stall bis zum Galgen zu einem Schlüssel mit tiefen Einkerbungen – ein Schlüssel mit Einschnitten, Rissen, Schlägen. Sein Leben lief nicht glatt wie unser unbearbeiteter Schlüssel-Rohling. Der wahre Lebensschlüssel ist niemals glatt, niemals unbehauen. Das wissen wir alle. Jeder von uns ist selbst eine Art Schlüssel, zu dem tiefe Kerben gehören. Das harte Leben hat uns geschliffen, hat uns Schläge versetzt, hat uns Lebensstücke herausgesägt, herausgefeilt. Natürlich nicht an der Werkbank, der Drehbank einer Werkstatt, sondern im Laufe unserer bisherigen Lebensgeschichte. Und so wurde aus uns Menschen mit allen Möglichkeiten ein ganz spezieller Mensch, der mit dem jeweiligen Lebensschicksal kein Universal-Schlüssel mehr ist, kein überall hinpassender Mensch mehr, sondern nur noch bestimmte Türen aufschließen kann, weil der Schlüssel nicht mehr in jedes Schloss der Menschenherzen passt. Was machen aus einem Menschen nicht ein kaputtes Elternhaus oder Schicksalsschläge, so dass man denkt: Da passe ich nicht mehr hin wie früher?! Was machen aus uns Menschen nicht Misserfolg und Niederlagen, Fehler und über den Haufen geworfene Lebenspläne, so dass man selbst von innen „zumacht“ und verschlossen wird oder zu anderen nicht mehr zu passen scheint. Manche finden sogar nicht mehr den Zugang zu sich selbst wegen Krankheit, Todesfall, Arbeitslosigkeit und Sorgen um die Zukunft. Mancher verliert den Schlüssel zu seiner innersten Herzenskammer, in der Gott lebt und hat keinen Zugang zu seiner Lebensverheißung: „Der Herr ist mit Dir, Du bist voll der Gnade“. Darum hat Jesus, der Universal-Schlüssel für die Tür zur innersten Herzenskammer, selbst alle Kerben, allen Schliff, alle Schläge, alles Leid auf sich genommen. Er wollte kein Schlüssel-Rohling sein, sondern der „Menschen-Schlüssel“, der Einschnitte hat, dessen Leben – wie das Leben aller Menschen – nicht glatt ist, sondern Zickzack-Kerben trägt. Er wollte – wie wir alle – nicht heil vor Gott stehen, sondern als der kaputte Mensch sein, der das Erbarmen des Vaters braucht und empfängt, ...weil Gott ihn trotzdem liebt. So wurde ER – der ungerecht leiden musste – zum wahren Schlüssel für uns Menschen. Mit einem glatten Leben kommt keiner durchs Leben. Der Schlüssel zur Tür des Reiches Gottes ist der Schlüssel mit den Kerben, den Wunden, mit dem, was weggeschliffen, weggefeilt wurde. Und das tut weh beim „Schlüssel“: Mensch. Können wir noch mit den Kerben, mit den Verlusten, mit dem eigenen Versagen durch die Tür zum Reich Gottes gelangen? Ja, sagt Jesus. „Dafür stehe ich als Gekreuzigter, als Erfolgloser, als kaputter Mensch!“ Als Zerschlagener, ohnmächtiger, leidender Sohn Gottes wurde er zum Schlüssel für alle Menschen, die leiden. Er wurde zum Schlüssel für die Tür mit dem Namen: „Ich liebe Dich trotzdem“. „Ich liebe Dich!“ – ist etwas Wunderbares. Aber. Ich liebe dich trotzdem!“ – das ist die Erlösung. Darum sagt Jesus, als er die letzte Kerbe als Menschen-Schlüssel erhielt: „Es ist vollbracht!“ Denn er weiß im Tod: Gott liebt mich trotzdem. Er liebt mich nicht nur bis zum Tod, sondern auf ewig. So wird er für jeden Menschen zum „Schlüssel für den Sinn des Lebens“ trotz erfahrener Sinnlosigkeit. Darum möchte ich uns alle einladen, gleich bei der Kreuzverehrung den Schlüssel mit nach vorn zu bringen und als Zeichen für uns selbst unter den Gekreuzigten zu legen. Sein Leiden, seine Angst, sein Tod sollen uns aufschließen für die Erfahrung: Trotz allem ist unser Leben nicht sinnlos. Trotz aller Verluste sind wir angenommen und gewollt. ER, Jesus Christus, ist der Schlüssel zu uns selbst, so dass wir unsere Lebensgeschichte geborgen in Gott wissen. Wir brauchen uns nicht zu verschließen, uns nicht zu verachten, denn Gott will mit jedem von uns das Tor seiner göttlichen Liebe öffnen, damit wir selbst noch im Tod sagen können: Es ist vollbracht. Wir sind trotz allem in Gott. Ferdinand Rauch als Pfarrer Gründonnerstag www.katholische-kirche-poppenhausen.de 2011 Einführung in den Gottesdienst: Wir feiern das Gedenken vom letzten Abendmahl Jesu. Aber es ist nicht nur ein Gedenken an ein Geschehen vor rund 2000 Jahren. Wir feiern das Abendmahl Jesu als Gegenwart. Wir feiern nicht: „Es war einmal ...“, sondern wir feiern: Das ist mein Leib, mein Blut. So sind wir nicht Zuschauer, sondern wir sind jetzt „Eingeladene“. Wir sind Teilnehmer. Als Zeichen dafür öffne ich unsere Ikonentür. - Große Ikonentür öffnen - Es wird sichtbar: ein kleiner Tisch mit Kelch und Hostienschale Darunter Waschschüssel mit Kanne und weißem Tuch Das Öffnen dieser Tür mit der Verkündigungsszene und den 4 Evangelisten darunter soll bedeuten: Was einmal in Jesus geschah, das soll – so verkünden die Evangelien – nun auch in und an uns geschehen. Denn durch die Evangelien wird das Einmalige in Jesus zum immerwährenden Geschehen in allen Generationen. Wir sind also heute Abend eingeladen, durch die Tür des Wortes Gottes zu gehen, um heute – wie beim ersten mal – mit Jesus zusammen zu sein. Er will uns hineinnehmen in das Geheimnis seines „Lebens mit Gott“, damit wir Menschen sind mit einer unvergänglichen Lebensfülle, trotz aller Verluste. Die Tür ist ein äußeres Bild. Sie soll uns helfen, die eigentliche Tür zu öffnen: unser Herz. Denn unser Herz, das oft von Angst erfüllt ist, soll gesättigt werden mit dem Vertrauen: Gott ist mit uns. Dazu rufen wir um sein Erbarmen. Predigt: Jedes Jahr feiern wir am Gründonnerstag das so genannte „letzte Abendmahl Jesu“. Und jedes Jahr hören wir den Bericht des Paulus, wie er, der Jesus selbst nie kennengelernt hat, durch andere Christen diese Tradition empfing und sie weitergab. Von Jesus aber hören wir ausgerechnet an diesem Abend nichts von der Gründung der Abendmahlfeier, sondern von einem anderen Zeichen: der Fußwaschung. Im Orient war die Fußwaschung nach der Heimkehr nötig, da man barfuß oder in offenen Sandalen ging. Ein Gastgeber hatte für die Fußwaschung der Gäste zu sorgen. Sie galt als niedrigster Sklavendienst. So zeigt uns das Verhalten von Jesus, was Gottesdienst ist: Gott dient uns, weil wir durch das „Gehen durch das Leben“ schmutzig werden. Damit ist nicht der äußere Schmutz gemeint, sondern der innere Schmutz. Wer durch das Leben geht, wird schmutzig. Wer durchs Leben geht, erfährt Ablehnung, Ärger, Enttäuschungen, Belastungen. Wer durchs Leben geht, bekommt Kratzer..., auf den legt sich der Staub und Dreck alles Unangenehmen, aller Ängste und Verluste. Wer durch Leben geht, kommt immer wieder mit schmutzigen Füßen nach Hause – nicht im Sinne des äußeren Schmutzes, sondern im Sinne des Staubes und Drecks, der sich auf unsere Seele legt, wenn wir durchs Leben gehen. Für diesen Seelenschmutz geht Jesus auf die Knie und wäscht seinen Jüngern die Füße. Jesus zeigt uns dadurch: Das ist Gottesdienst: „Gottes Dienst“, unsere Seele zu reinigen, unser Herz, das vom Schmutz der Gleichgültigkeit bedeckt ist, vom Schmutz mangelnder Liebe. Unsere Seele, unser Herz, das durchs Leben geht, ist bedeckt mit dem Staub der zerbröckelten Pläne, der vielen kleinen Frustrationen und vergeblichen Mühen. Wir alle gehen durchs Leben. Wir alle bekommen davon schmutzige Füße. Die schmutzigen Füße des Körpers kann ein Sklave waschen. Aber unsere Seele, unser Herz, unser innerster Lebenskern ist nichts Niedriges. Es ist das Höchste, was wir haben. Es ist unsere Selbstachtung, das ist unsere Würde. Die darf nicht jeder anfassen – sondern nur der, der würdig ist. Jesus wäscht in den staubigen Füßen der Apostel die geschundene Würde, die geschundene Seele. „Würde“ lebt nämlich nicht davon, dass ein Unwürdiger, ein Sklave ihr dient. Die Seele lebt davon, dass sie vom Höchsten berührt wird – nicht vom Niedrigen. Würde bekommt man nicht vom Niedrigen, sondern vom Höchsten. Die Seele lebt von der Liebe, vom Göttlichen, vom Höchsten. Darin besteht das Zeichen der Fußwaschung, das Jesus gibt. Er, der Sohn Gottes, der Höchste nimmt die staubig gewordene Seele in seine Hand und wäscht sie ab von all dem, was sich wie Dreck auf die Würde eines Menschen legt. Er schenkt unserem Leben, das im Laufe des Lebens dreckig wird, seine Zuwendung, seine Liebe, seine Würde ..., damit die Seele wieder aufgerichtet wird, damit sie befreit wird. „Du willst mir die Füße waschen, Herr?“ (Joh 13,6) fragt Petrus. Wer sonst? Ein anderer, der Sklave ist? Ein anderer, der uns nur Würde gibt, weil wir auf ihn herabschauen können? Ist das Würde, die aus dem Untertänigkeitsverhältnis von Oben und Unten stammt? Gewürdigt wird man nicht vom Unwürdigen, sondern nur vom Höchsten. Viele waschen gern ihre staubigen Füße in ihrem eigenen Erfolg, in ihrer Stärke, in ihrem Können ..., bis sie im Staub ihres „Nicht–mehr–Könnens“ liegen. Auch Jesus bekam die Füße gewaschen – die auf dem Kreuzweg dreckig gewordenen, am Kreuz mit Blut verklebten Füße ... Er bekam sie gewaschen durch Gott selbst, der ihn auferstehen ließ. Kein Sklave, keiner von den so genannten „Niederen“, sondern allein der Höchste kann so mit den Füßen unserer Seele umgehen, dass wir wirklich rein werden. Wer sich nicht von Gott berühren lässt an den „Seelenfüßen“, mit denen wir durch das Leben gehen, bleibt ungewaschen; dringt nicht zum Grund seiner Würde durch. Das heißt: dessen Würde bleibt vom Staub der Zeit bedeckt. Seine ewige Würde kommt nicht zum Vorschein. Gottesdienst ist der Dienst Gottes an unserer Würde. Genau das drückt auch das letzte Abendmahl aus, bei dem Jesus sagt: Das ist mein Leib für Euch. Das ist mein Blut für Euch. Gott will Platz nehmen in uns, die wir nur Staub sind und zum Staub zurückkehren – wie wir am Aschermittwoch hörten und uns mit Asche bezeichnen ließen. Gott dient unserer Würde, in dem ER selbst seinen Leib, sein Blut, sein Leben in unseren Staub legt und uns damit würdig macht. Wer da sagt: „Niemals sollst Du mir die Füße waschen“, der lässt sich nicht von Gott beschenken. Denn nur wer Würde hat, kann den falschen Angeboten der Welt widerstehen. Nur Würde gibt Kraft und Mut, für die Wahrheit zu leiden. Nur wer Würde hat, kann sich in Freiheit dem Leiden unterwerfen, ohne seine Würde zu verlieren..., so wie Jesus tat. Gottesdienste sind Begegnungen, bei denen Gott unserer Würde, unserer Freiheit dient, damit wir Kraft bekommen, einander zu würdigen und zu befreien. Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer Palmsonntag 2011 www. katholische-kirche-poppenhausen.de - Bußandacht- Wenn wir in diesen Tagen auf Jesus schauen, sein Leiden und Sterben, seine Ohnmacht, seine Niederlage – und das alles ohne seine Schuld – dann könnte in uns die Frage aufsteigen: Ist das das Ergebnis von Gottvertrauen? Sieht so das Ergebnis von „Glauben“ aus? Worin sollen wir das Gute des Glaubens entdecken, wenn Jesus so endet? Was ist der Gewinn seines Gottvertrauens? Worin liegt der Gewinn für Jesus bei all dem Verlust? Und zwar ein Gewinn, der letztlich größer ist als der Verlust der körperlichen Unversehrtheit, der Gesundheit, des gesellschaftlichen Lebens? Was ist größer als der Verlust jeglicher Anerkennung? Es gibt darauf nur eine Antwort von Jesus. Das Größte und Wichtigste, das Heiligste und Wertvollste, das Kostbarste, also der Gewinn des Lebens ist für ihn die Gemeinschaft mit Gott, von dem Jesus verkündet: „Dieser Gott hat ewige Liebe für mich. Er steht zu mir! Gott steht zu uns allen.“ Das ist für Jesus der eigentliche Sinn seines Lebens. Und jeder, der sagt: „Ich glaube an Jesus Christus!“ hat diesen Sinn, diese Gemeinschaft mit Gott auch für sich als das Kostbarste und Wertvollste anerkannt! Es ist die Gewissheit – auf ewig angenommen und geliebt zu sein. Diese Tür hat Jesus mit seinem Kreuz und Leiden, mit seinem Tod aufgestoßen. Darum ist er – wie der Holzschnitt auf unserem Gebetszettel – der „König, trotz Dunkel des Lebens“. „ Aufbruch“ steht auf unserem Gebetszettel. Ja, Jesus bricht alles auf – auch das Dunkel des Todes – um uns zu dem Gewinn seines Lebens zu führen. Und dieser Gewinn heißt: Gott ist mit mir, mit uns! Denn das Leben kommt zur Fülle, wenn ein Mensch erfährt: Du stehst zu mir und zwar auch dann, wenn mein Leben ganz dunkel geworden ist. Darum hat der Künstler diesen König, der die Tür, die Riegel, die Grabplatten öffnet, ganz dunkel gelassen. Nicht sein eigenes Licht, nicht seine eigene Kraft holt ihn aus dem Dunkel heraus, sondern der helle Hintergrund, der hinter all dem Dunkel leuchtet. Und dieser Hintergrund ist Gott. Auf dem Hintergrund seiner Liebe dürfen wir alle leben. Ferdinand Rauch als Pfarrer 5. Fastensonntag A www.kathiolische-kirche-poppenhausen.de Joh 11, 1- 45 Ist uns aufgefallen, dass wir eben eine Erzählung gehört haben, in der man ständig aneinander vorbei redete, vorbei dachte, und aneinander vorbei handelte? Jesus erhält die Nachricht: „Dein Freund ist krank.“ (Joh 11,3) Doch Jesus geht nicht gleich hin. Es heißt: „Als Jesus hörte, dass Lazarus krank war, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er sich aufhielt.“ Die Nachricht sollte ihn doch dazu bewegen, schnellstens zu kommen. Aneinander vorbeigeredet! Als er sich dann endlich auf den Weg macht, sagt Jesus: „Lazarus unser Freund schläft.“ (Joh 11, 11) Jesus hatte damit aber von dessen Tod gesprochen, während die Jünger meinen, er spreche von dem gewöhnlichen Schlaf. Wieder aneinander vorbeigedacht! Als Jesus dann unverhüllt sagt: „Lazarus ist gestorben.“, fährt er fort mit den Worten: „Ich freue mich für Euch, dass ich nicht dort war, denn ich will, dass ihr glaubt.“ Doch Marta und Maria, die Schwestern des Lazarus, sehen das ganz anders und sagen: „Herr, wärest Du hier gewesen, dann wäre unser Bruder nicht gestorben“. Sie danken ganz anders als Jesus. Ebenso die Leute, die hinter vorgehaltener Hand sprechen: „Wenn er dem Blinden die Augen geöffnet hat, hätte er dann nicht auch verhindern können, dass dieser hier starb?“ Das seltsamste „Aneinander-vorbei-Denken“ geschieht am Schluss. Der aus der Grabhöhle kommende Lazarus, der so dargestellt wird, als lebe er wieder und damit eigentlich in gewohnter Weise an der Gemeinschaft des Lebens teilnehmen müsste, wird nicht froh und jubelnd begrüßt. Jesus sagt: „Löst ihm die Binden und lasst ihn weggehen.“ (Joh 11,44) Mehr kann man ja wohl nicht aneinander vorbeilaufen, aneinander vorbei denken oder fühlen, oder? Alle wollten, dass Lazarus nicht von ihnen geht, dass er nicht stirbt, und als er dann angeblich wieder neu ins Leben der Welt zurückkehrt, sollen sie ihn weggehen lassen. Kein Wort der Freude, keine Umarmung, keine Begrüßung, keine Freude an Lazarus, sondern nur die Bemerkung: „Viele Juden, die zu Maria gekommen waren und gesehen hatten, was Jesus getan hatte, kamen zum glauben an Ihn“. Es geht also gar nicht um eine Wiederbelebung des Lazarus, sondern um den Glauben an Jesus. Es geht um den Glauben an Jesus, der nicht den Tod verhindert und der auch kein Leben schenkt, das wieder so ist wie vorher, sondern ein Leben, bei dem man die bisherige Art und Weise weggehen lassen muss. Wer denkt, Jesus könne die Gesetze der Natur aufheben, der denkt an ihm vorbei, der redet an ihm vorbei, der lebt an ihm vorbei. Das Evangelium macht uns also mit diesem Aneinander-vorbei-Denken deutlich, dass bestimmte Vorstellungen den Glauben verhindern, selbst wenn man sagt: „Ich glaube...“, weil man mit einem falschen Glauben an Jesus vorbei denkt. Jesus lehnt bestimmte Art und Weise von „Glauben“ ab. Er will nicht, dass man denkt: Ich glaube, Jesus verhindert Krankheit, Behinderung oder Tod. Wer das Wort „glauben“ in solcher Weise benutzt, denkt an Jesus vorbei, trifft in Wirklichkeit nicht mit Jesus zusammen. Wer meint, Jesus hätte wirklich Tote wiederbelebt, der ist aus den Kinderschuhen des Glaubens nie heraus gekommen. Jesus meint mit „glauben“ das Vertrauen, auch wenn es zu Krankheit, auch wenn es zum Tod kommt. Jesus repariert nicht durch den Glauben, was kaputt gegangen ist, sondern er schenkt die Kraft zu einem neuen Umgang mit dem, was wirklich nicht zu ändern ist. Darin besteht die Kraft und Wirkweise des Glaubens. Glauben heißt nicht: Ich glaube, dass Gott die Mängel der Welt behebt. Sondern „glauben“ heißt: Ich vertraue auf Gottes Kraft, in mir, so dass ich mit den Mängeln der Welt anders, neu, ja fruchtbringend umgehen kann. Unser Glaube ist kein „Reparatur-Glaube“, wo man Gott durch Beten als eine Art „Klempner“ ansieht und sagt: „Ich glaube, Gott kann alle Schäden beheben, wenn Er will .... Ich glaube ganz fest, dass ER so was kann.... Das ist nicht der Christusglaube! Unser christlicher Glaube ist ein Glaube, der andauernd Glaube bleibt, der andauernd vertraut: Du, Gott bist in Liebe bei uns, auch wenn das kaputte, das angeschlagene, das kranke Leben bleibt. Du bist genauso in Liebe bei uns, auch wenn Kreuz, Leid und Tod bleiben. Das ist nämlich Glaube, wenn wir „vertrauen“, ohne zu sehen, dass alles in Ordnung ist. Die meisten Menschen kommen nicht zu diesem Glauben des Gekreuzigten Auferstandenen, der im Untergang am Kreuz sagt: „Es ist vollbracht!“ und nicht: „Es ist alles aus!“ Glauben bedeutet immer: „Es ist vollbracht!“, weil Gott mit uns ist! Der Unglaube sagt: Es ist aus! Denn der Unglaube orientiert sich an dem, was die Welt als Lebensfülle ansieht. Und da ist es natürlich schnell aus! Der Glaube sieht in der Gemeinschaft mit Gott das Heil. Er richtet sich an Gott aus, welcher sagt: „Fürchte Dich nicht, ich bin bei Dir!“ Der wahre Glaube führt sogar zur Versöhnung mit den unabänderlichen Brüchen unseres Lebens und verliert trotzdem nie das Vertrauen in Gottes Liebe. Wer solchen Glauben hat, der ist schon jetzt auferstanden – wie Jesus sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben!“ Es geht für Jesus nicht mehr um die Auferstehung am letzten Tag. Auferstehung in Gottes Liebe kennt keinen Aufschub. Sie geschieht jetzt. Aufschub kennt nur der, der an Jesus vorbei denkt. Wer christlichen Glauben hat, der hat Frieden. Jetzt! Amen. Ferdinand Rauch als Pfarrer www.katholische-kirche-poppenhausen.de