Der Mann, der Heinz Erhardt "verschmitzt"

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Der Mann, der Heinz Erhardt "verschmitzt"
Der Mann, der Heinz Erhardt "verschmitzt"
Wo endet Patrick L. Schmitz, wo beginnt Heinz Erhardt? Diese Frage stellt sich
wieder am 20. März, wenn der Wahlfranke erneut den Schmunzelmeister mimt.
von PETRA MAYER
"Von der Pampelmuse geküsst" wurde der Wortakrobat der Wirtschaftswunderjahre. Und
verteilte mit drolligem Charme fortan feine Spitzen: Heinz Erhardt, von dem Wahrheiten
stammen wie "Solange es Haare gibt, liegen sich die Menschen in denselben". Oder etwa
die Erkenntnis "Man macht gewöhnlich viele Worte,wenn man nichts zu sagen hat". Nein,
ein Verfallsdatum kennen die Geniestreiche des Dichters, Schauspielers, Musikers und
Entertainers nicht, der 1979 starb, auf der Bühne aber noch heute Erfolge feiert. In
Bamberg widmet sich Patrick L. Schmitz seit nunmehr acht Jahren dem begnadeten
Komiker, an den er am Sonntag wieder in der Alten Seilerei erinnert. Über seine
Beziehung zu Erhardt, zur fränkischen Wahlheimat und zum hiesigen Publikum sprachen
wir mit dem 37-Jährigen.
"A weng assimiliert"
In Bamberg steht Patrick Ludovicus Schmitz seit 2004 im Rampenlicht. Als gebürtiger
Wiesbadener, der sich an der Schauspielschule Mainz ausbilden ließ, kam der kreative
Kopf ans E.T.A.-Hoffmann-Theater, wo er dem Ensemble bis 2015 angehörte. Tickt
Schmitz nach all den Jahren demnach wie ein waschechter Franke? "Tatsächlich habe ich
mich im Lauf der Zeit a weng assimiliert, nicht zuletzt dank meiner Bambercher Fraa", so
die prompte Antwort. Weiterhin schlägt aber auch ein hessisches Herz in dem Migranten "dank vieler Freunde, die ich noch in meiner alten Heimat habe".
Eine innige Beziehung entwickelte Schmitz, der vor 2004 in Wiesbaden und Mainz spielte,
auch zu den fränkischen Theaterfans: "Sie sind ein weniger forsches, uriges, sehr
dankbares und wohlwollendes Publikum." Mit einem "lachenden und einem weinenden
Auge" nahm der Akteur im vergangenen Jahr Abschied von der Bühne des E.T.A.Hoffmann-Theaters. "Vor allem bin ich traurig, weil es dieses familiäre Verhältnis mit dem
ganzen Team gab, das zusammenwuchs und plötzlich auseinandergerissen wurde." Im
Gegenzug freut sich der kreative Kopf als Schauspieler, Synchronsprecher, Sänger und
Regisseur "zu neuen Ufern aufzubrechen". Beispielsweise übernahm Schmitz am
Kulmbacher Theater "Das Baumann" die Inszenierung vom "Raub der Sabinerinnen".
"Was mir unglaublich viel Spaß machte", so der Wahlfranke. Als Künstler ist er genetisch
eben in mancherlei Hinsicht vorbelastet: "Meine Mutter war Opernsängerin, mein Vater
Bühnentechniker, meine Oma Balletttänzerin, mein Opa Entertainer, Musiker und
Zauberer ..." Alles klar: Ein 9-to-5-Job käme für Schmitz nie in Frage.
12 Kilos zugenommen
Über seine singende Mutter entwickelte Patrick Ludovicus in jungen Jahren auch eine
besondere Beziehung zu Heinz Erhardt. "Den fand ich immer schon großartig. Ebenso wie
Gerald Leiß, mit dem ich die Idee für ,Heinz und Heinz - das macht zwei!' entwickelte." Aus
einem anfänglichen Erhardt-Abend wurde eine ganze Reihe. Und irgendwann war Schmitz
auf der Bühne dann der Jahrhundert-Humorist - "ich habe mich seiner Stimme angenähert,
der ganzen Körperlichkeit - und das über die Jahre perfektioniert". Zumal der Hesse von
Natur aus mit keiner üppigen Haarpracht ausgestattet ist und die fränkische Küche lieben
lernte. "So habe ich in meiner Bamberger Zeit ganze zwölf Kilos zugenommen - zuletzt
noch einmal für die Karl-May-Spiele in Bad Segeberg, wo ich im vergangenen Jahr als
Heinz-Egon Winzigmann neben Winnetou und Old Firehand spielte." Schmitz ErhardtParodie verfolgten übrigens auch Gero Erhardt, der Sohn des Komikers, und Enkel Marek
als Premierengäste.
In der Alten Seilerei möchte Schmitz mit seiner Paraderolle natürlich auch junge Leute
erreichen, woran der 37-Jährige nicht zweifelt. "Warum sollte Erhardts intelligenter Humor,
der nur scheinbar albern ist, Jüngere nicht überzeugen?" So erlebte der Darsteller in all
den Jahren auch Kinder, die Gedichte des Sprachakrobaten auswendig konnten. Und
andere, die Erhardt nicht kannten, nach Schmitz' Auftritt als Winzigmann aber im Internet
aufstöberten. "Die sagten zu mir: Hey, wir sind da auf einen gestoßen, der ist ganz
genauso wie Du."
Auf alles vorbereitet
Sicher ist sich Schmitz auch, dass heutige Comedians von Erhardt viel lernen könnten.
"Alles sah immer so aus, als würde er improvisieren. Dabei war Erhardt ein Perfektionist,
der selbst für mögliche Zurufe der Zuschauer Antworten vorbereitete." An seinem Fleiß
und seiner Präzision hätten sich Komiker, "die wirklich gut sind, ein Beispiel genommen:
Hape Kerkeling beispielsweise, der in seiner Biographie über Erhardt als Vorbild schrieb".
Am 20. März erwartet Zuschauer ein Unterhaltungsprogramm mit Liedern und Gedichten
des Genies. Biographische Episoden leben auf - wie das erste Gedicht, das Erhardt als
Knirps ersann, oder das erste Treffen mit seiner späteren Frau.
Gibt's ein erklärtes Lieblingsgedicht, das Schmitz uns an dieser Stelle noch vortragen
könnte? "Nein, viele." Letztendlich entschied sich der Darsteller doch für folgende Zeilen:
"Es soll manchen Dichter geben, der muss dichten, um zu leben. Ist das immer so?
Mitnichten, manche leben, um zu dichten."
Noch'n Gedicht? Nein, alles andere muss bis Sonntag warten, wenn auch Franz Tröger als
Pianist um 20 Uhr die Bühne betritt. Und Schmitz wieder in seine Lieblingsrolle schlüpft,
der sich dabei aber keineswegs als Erhardt-Imitator sieht. "Ich spiele und zitiere den
Künstler nur mit Worten, Stimme und Figur - etwas Schmitz gehört aber dazu."
Ein neues Theater für Bamberg
Bei einem Auftritt in der Alten Seilerei wird es auch nicht bleiben. "Die Kooperation wird
ausgebaut", sagt der Wahlfranke. So plant Schmitz zusammen mit Schauspielkollegen
und Regisseur Ulrich Spies ein eigenes professionelles Theater aus der Taufe zu heben.
Aber dazu später ....

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