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Interview mit Frau Ellenberger; Mutter eines autistischen Jungen; BW Interviewer: Welche Aspekte umfasst Ihrer Meinung, nach das Gebiet der Inklusion? Frau Ellenberger: Zieldifferentes Unterrichten, gemeinsames Lernen in nicht nur ein paar Stunden, wie Sport oder Musik oder in Sachkunde, sondern ein generelles gemeinsames Lernen. Gemeinsamer Schulalltag, gemeinsame Ausflüge. Dass beide Seiten voneinander lernen und profitieren können. Und nicht in manchen Fächern wieder ausgesondert werden. Und dann irgendwelche feiern in der Sonderschule haben und nicht an der Weihnachtsfeier der normalen Schule teilnehmen können, zu der sie eigentlich gehören. Natürlich muss zieldifferent gelernt werden, wird auch an Förderschulen gemacht. Das sind Schulen, die sich auch nach außen öffnen. viele bisher noch ungeklärte Aspekte. Es hängt alles an der Frage, ob die Schüler, die in der Inklusionsgruppe sind, Schüler der Schule sind, zu der sie gehen oder auch Schüler der Sonderschule sind. Das Schulgesetz wird hier nächstes Jahr geändert. Im Moment läuft es hier noch so, dass die Inklusionsschüler Schüler der Sonderschule sind und dadurch kommt es zu Problemen. Die Beförderung ist zum Beispiel auch noch nicht geklärt. Wie kommen die Schüler zur Schule, wer kommt für die Kosten auf? Welcher Träger ist dafür zuständig, solche Dinge. I: Welche Aspekte der Inklusion sehen sie als grundlegend an? E: Der wichtigste Aspekt ist, dass man es zur Zeit nicht kostengünstig umsetzen kann. Für mich ist der wichtigste, dass es dann Schüler der Schule sind, in die sie dann hingehen und nicht Schüler der Sonderschulen. Das ist, was ich mir wünsche, aber was im Moment noch nicht umgesetzt worden ist. Dadurch entstehen dann große Probleme. Bei Elternabenden oder Informationsabenden ziehen dann zwei Schulen an einem Schüler, nämlich die Schule, in die er geht und die Schule, wo er dazu gehört. Das führt zu ganz großen Problemen. Viele Dinge sind nicht geklärt. Die Eltern bekommen nur unzureichend Auskunft von den Kooperationsstellen der Schulämter. Beispielsweise der Klassenteiler. Meiner Ansicht nach sollte der Klassenteiler, wenn eine Inklusionsgruppe in der Klasse ist, dann niedriger sein. Man kann nicht in eine bestehende Klasse noch Schüler hin einsetzen und sie dann, de facto, gar nicht dazu zählen. Das hat man in Skandinavien mit der PISA‐Studie auch gesehen, dass ein kleinerer Klassenteiler gut funktioniert. Wenn man jetzt über Inklusion redet muss man gucken, dass der Klassenteiler in doppeltem Sinne kleiner ist. Dann habe ich das Problem, dass mein autistisches Kind nicht in die Inklusionsgruppe fällt. Mein Sohn gilt als normal intelligent, bekommt eine Schulbegleitung, kommt aber nicht in eine Inklusionsgruppe, weil er dafür Schüler einer Sonderschule sein müsste. Ich müsste, de facto, mein Kind behinderter machen als es ist. Er müsste dann Schüler einer K‐ Schule(körperliche Behinderung) oder einer GB‐Schule (geistige Behinderung) sein. Und das ist er ja eigentlich von der Art der Behinderung nicht. Eigentlich fällt er nirgendwo drunter und dadurch habe ich große Probleme, was die Beschulung angeht. Normal intelligente Autisten werden von der Inklusion ausgeschlossen. Das kann doch nicht sein, dass man dort wieder Sondergruppen bildet. Es ist schlimm, was passiert. Ich fahre meinen Sohn jetzt jeden Tag entweder zum Bus, der dann durchfährt, was auch problematisch ist, da mein Sohn kein Gefahrenbewusstsein hat oder ich fahre jeden Tag 13 km zur Schule hin und auch wieder zurück. Die Beförderung ist nicht geklärt, ist es aber auch nicht in der Inklusionsgruppe im Moment. I: Was macht Ihrem Sohn das Leben am schwersten? 1 E: Dass er nicht adäquat betreut und gefördert werden kann. Ich werde mit ganz vielen Problemen, was das angeht, allein gelassen und die Inklusion würde mir im Moment, so wie sie läuft, auch nicht die Lösung bieten. Im Moment sind keine Förderstunden in der Schule und die werden wohl auch nicht durch Inklusion gegeben sein. Hausaufgabenbetreuung ist ein ganz großer Punkt und bei uns hier ein Kampf. Den normalen Schulen fehlen schon die Förderstunden, die sind gestrichen. Es gibt auch keine in der Schule hier und im Umkreis keine AG‐Stunden mehr. Und wenn jetzt noch die Lehrer, die schon wahnsinnig viel tun und unterrichten nun auch noch mit einer Inklusionsgruppe betreut werden, habe ich da ganz große Bedenken, dass sie ihrer Klasse gerecht werden können. I: Welche Hindernisse in der Umsetzung des Inklusionsgedankens sind für Sie die schwierigsten? E: Im Moment sind die fehlenden Gelder das größte Problem. Die Angst der Sonderschulen vor der Schließung. Wenn die Inklusion weiterhin in Kraft tritt, kämpfen die hier um jeden Schüler. I: Wie passt die gesellschaftlich allgemein akzeptierte Bedeutung von Exklusivität als etwas Erstrebenswertes in den Zusammenhang von Inklusion? E: Inklusion gehört bei mir schon von Grund auf dazu, es gehört schon von Kindergarten an eingeführt. So ist es eigentlich schon zu spät. Damit die ganzen Hemmungen und Berührungsängste schon von vorneherein abgebaut werden. I: Wenn Sie Möglichkeiten hätten, die Situation zu verbessern, was würden Sie tun? E: Ich würde mir wünschen, dass sich die Förderschulen für nicht behinderte Kinder öffnen. Dass man den umgekehrten Weg auch geht und nicht nur versucht, behinderte Kinder in normale Schulen zu bringen. Die Förderschulen sind im Normalfall gut ausgestattet, haben Sonderpädagogen da, haben die Räumlichkeiten, manchmal auch sogar Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung. Die Sonderschulen sollten sich für andere Kinder öffnen. Dann hätten wir die Gebäude schon, die Infrastruktur, die Schulbusse zum Teil auch und könnten den umgekehrten Weg gehen. Den Eltern von gesunden Kindern könnte man das auch schmackhaft machen. Sie wissen oft gar nicht, wie sie mit einer Inklusionsgruppe umgehen sollen. Die Aufklärung fehlt einfach. Eltern von normalen Kindern haben Angst, dass ihre Kinder zu kurz kommen, dass sie das Klassenziel nicht erreichen, weil der Stoff vielleicht langsamer vermittelt wird. Es besteht Unsicherheit auf beiden Seiten und Aufklärung wäre da wünschenswert. Aber Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung, kleinere Klassen – all das hat die Förderschule und das würde allen Kindern helfen. Die Ganztagsbetreuung ist da schon drin. Ich könnte mir vorstellen, dass dann die Akzeptanz der Eltern gesunder Kinder größer wird. Ich sehe im Moment das Problem, dass Inklusion von oben den Lehrern aufs Auge gedrückt wird. Die haben in ihrer Ausbildung wenig zum Thema gelernt. Ich würde mir wünschen, dass Inklusion schon viel früher beginnt und man nicht schon im Kindergarten beginnt, zu separieren. Zudem würde ich mir wünschen, dass es ein Kompetenzzentrum gäbe, wo ich, egal ob als Eltern von einem gesunden oder als Eltern von einem behinderten Kind Fragen beantwortet bekomme. Ich habe im Moment alle Ämter an mir dran und keiner weiß überhaupt Bescheid, weder die Kooperationsstelle am Schulamt, noch das Landratsamt, was die Beförderung von Kindern angeht. Ich habe viele Stellen und wenig Antworten. Auch bei der Lebenshilfe waren wir nicht willkommen, da sie nur geistig behinderte Kinder wollen. Und da wir ja Kinder haben, die eigentlich nicht geistig behindert sind, sind wir dort nicht willkommen. 2 I: Also schon wieder Exklusion in der Inklusion! E: Ja, also habe ich gedacht, jetzt mache ich selber was. Ich habe einen Autismus‐Abend hier im Schulkindergarten initiiert und die Frage gestellt, was mit einem Inklusionsantrag sei. Die Frage der Beförderung ist nicht geklärt. Wir haben hier eigentlich „kurze Beine – kurze Wege“, was natürlich schon wieder vom Tisch ist, weil versucht wird, Kinder zusammenzufassen und dann in irgend eine Grundschule zu tun, die eventuell nicht wohnortnah ist. Das Schulgesetz sagt im Moment, dass ich einen Inklusionsantrag für meinen Sohn stellen könnte, wenn er ein Schüler einer K‐Schule(körperliche Behinderung) oder einer GB‐Schule (geistige Behinderung) wäre, was er nicht ist. Dann konnte mir auf niemand sagen, wer die Aufsichtspflicht hätte. Ich habe ein autistisches Kind, was eben manchmal auch Fluchttendenzen hat. Ich weiß nicht, wie das dann umgesetzt wird. Wenn ein Sonderpädagoge dabei ist, gut aber wie sieht es aus in den Pausen, wer hat die Verantwortung? Das ist nicht geklärt. Es ist ein großes Problem und ich stehe allein gelassen da. Die andere Krux besteht in der Schulbegleitung. Er hat zur Zeit eine aber wenn er jetzt auf Grund des Stoffes das Klassenziel nicht erreichen und er so sitzenbleiben würde, dann würde ihm wiederum vom Landratsamt die Schulbegleitung gestrichen. Weil eine Schulbegleitung eine Integrationskraft ist und keine pädagogische Fachkraft und daher, im Falle eines Sitzenbleibens nicht mehr für ihn zuständig sei. Erst wenn er in der neuen Klasse Probleme wegen Mobbings oder Nicht‐Integriert‐Werdens hätte, könnte ich einen neuen Antrag auf Schulbegleitung stellen. Das ist zur Zeit die Situation. Wenn er sitzenbleiben würde und die Schulbegleitung gestrichen werden würde, was würde ich dann tun? Da sind ganz viele Fragezeichen. Und wir reden im Moment ja über Grundschule. Weiterführend ist ja noch ein ganz anderes Kapitel. Also mein Wunsch wäre, Förderschulen für normale Kinder zu öffnen und den Eltern dieser Kinder aufgrund der bestehenden Infrastrukturen den Besuch dort schmackhaft zu machen. Dann hätten die Förderschulen keine Angst mehr wegen der Schließung und könnten dort neue Wege gehen. Im gängigen Weg, in dem behinderte Kinder in eine normale Schule gesteckt werden, fehlt vielleicht der Fahrstuhl für ein körperbehindertes Kind oder für ein hörgeschädigtes Kind fehlt die Raumdämmung. Das hätten wir ja alles schon an den Sonderschulen. Das Geld müsste ja gar nicht dafür verwendet werden. I: Inklusive Maßnahmen auf dem Weg vom jetzigen zum Idealzustand stellen Brücken dar. Werden die Menschen über diese Brücken gehen? E: So, wie Inklusion im Moment eingesetzt wird, glaube ich das nicht. Ich habe schon zu viele Negativbeispiele gesehen und gehört. Die Angst vor dem Unbekannten ist zu groß. Die Aufklärung, was passiert da, wie wird es umgesetzt, sind genügend Lehrer da, wird mein gesundes Kind auch so gefördert, dass es die Schule gut durchlaufen kann, fehlt. Man müsste ihnen da die positiven Dinge mehr aufzeigen, Sozialverhalten beispielsweise. Aber ich denke auch, dass nicht jede Schule und nicht jedes Kind für Inklusion geeignet ist. I: Die Hardliner unter den Inklusionsbefürwortern gehen von Inklusion als Menschenrecht aus und fordern die 100%ige Umsetzung. Ist das im Sinn aller Betroffenen? E: Ich bin der Meinung, dass man das nicht so verallgemeinern kann. Es gibt Kinder, für die ist Inklusion super toll, eine tolle Chance auch, wenn Inklusion wohnortnah erfolgen kann. Dann 3 können auch die Eltern davon profitieren. Die Kinder können sich verabreden, können gemeinsam spielen. Wenn man die Wohnortnähe nimmt, hat man wieder das gleiche Problem. Gesunde und behinderte Kinder können dann nicht gemeinsam etwas machen. Aber ich kann nicht jedes Kind inkludieren. Sonderschulen haben auch ihre Berechtigung. Man muss überlegen, ob man dem Kind etwas Gutes tut. Es geht nicht bei allen Behinderungen. Man muss genau hinschauen, man muss alle Fälle genau anschauen und sehen, bei wem es geht und bei wem nicht. Bei meinem Kind wäre es fatal, wenn er in einer Inklusionsgruppe wäre, bei einer Klasse mit 30 Kindern. In dem Moment, in dem mir diese Alternative angeboten wird, würde ich ihn freiwillig in eine Förderschule tun, wo der Klassenteiler bei 10/12 Kindern liegt. Weil er mit der Menge der Kinder überfordert ist. Mit seiner Behinderung ist es schwierig, weil er vor allem neuen Angst hat. Er braucht sehr lange, um sich umzustellen. Ich stand jetzt dieses Jahr vor der Frage, Förderschule ja? oder nein?, weil wir eine ganz schlimme Hausaufgabensituation zuhause haben. Der pädagogische Dienst hat ihn begutachtet und ist zu dem Schluss gekommen, dass ich ihn in der normalen Grundschule belassen solle, da es ihm gut täte. Es bringt nichts, den sonderpädagogischen Dienst einzuschalten, da dem Kind mit zwei Stunden die Woche nicht geholfen wäre und zudem nochmal ein anderer Lehrer an ihm rumerziehen würde. Aber wenn es in der weiterführenden Schule dazu kommen sollte, dass ich die Auswahl hätte zwischen einer Klasse mit 30 Schülern und einer Inklusionsgruppe oder einer Förderschule, dann würde ich mich wahrscheinlich lieber zu einer K‐ oder anderen Förderschule entscheiden, je nachdem, wo er genommen würde. Mit seiner Behinderung kommt er sowieso nicht zum Tragen. Es ist jetzt wichtig, dass er mit gesunden, normalen Kindern zusammen ist, damit er sich normales Verhalten abgucken kann. Die lernt er nicht nebenbei, die muss er durch Nachahmen erlernen. In seinem Fall wäre es wichtig aber nicht mit 30 Kindern drum herum, weil das wieder eine Überforderung darstellen würde. Deshalb möchte ich das nicht über einen Kamm scheren. Ich finde Inklusion ganz toll, nur mit den Mitteln, mit denen das jetzt umgesetzt werden soll, also kostenneutral und keiner weiß, wie es gemacht wird, lasse ich mich nicht auf Experimente ein. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, ist das eine ganz tolle Sache. Ich kenne die UN‐ Konvention aber man muss ja schauen, was für das Kind das Wichtigste ist, damit es sich wohlfühlt. Man kann nicht einfach die Sachen umsetzen, damit sie umgesetzt sind. Man muss am Kind bleiben, damit es ihm gut geht. Ich möchte das von Fall zu Fall entschieden wissen, mit Eltern, mit Lehrern, mit dem Kind, soweit es geht, mit Ärzten. Schauen, was ist für dieses Kind wichtig. Ich lasse mein Kind, trotz dieser Beförderungsgeschichte in der Schule 13 Km entfernt beschulen, weil ich mein Kind nicht in einer Schule beschulen lassen möchte, in der ich merke, dass sie mein Kind nicht wollen. Wenn ich weiß, dass es nicht willkommen ist, bringt mir eine Inklusionsgruppe ehrlich gesagt gar nichts. Ich nehme den Schulweg dahin gerne in Kauf, weil diese Schule offen ist. Die hatten schon Außenklassen von einer GB‐Schule dort. Ich weiß, die heißen ihn dort willkommen und lassen sich auf dieses Experiment ein. Aber in Ordnung ist es eigentlich nicht, dass man dann die Nachteile auch hat. Aber wenn alle Seiten mitziehen, alle Seiten aufgeklärt werden und genaue Antworten bekommen, was wie dort läuft, dann ist es toll. So aber fallen viele Kinder durchs Netz, auch beispielsweise mit Migrationshintergrund. Wo die Eltern nicht wissen, wo es welche Hilfen gibt. Ich fühle mich, wie viele anderen Eltern auch, so allein gelassen – was ist die richtige Schule, wo bekommt man welche Hilfen, welche Rechte hat man, was steht mir zu? Es ist ein Irrsinn, was einem so begegnet. Ich bin allein erziehend, habe vier Kinder, das jüngste ist behindert. Ich muss mir meinen Lebensunterhalt allein verdienen durch die Scheidung und der ist, was meinen Unterhalt angeht, 4 eher am Minimum. Ich kann nicht mehr arbeiten, weil die Betreuung meines Sohnes so intensiv ist. Dann muss man zum Arzt fahren, zum Therapeuten, dann in Heidelberg ein Arzttermin und wieder fällt ein Tag weg. Ich arbeite teilweise selbstständig, teilweise angestellt und wenn ich selbstständig arbeite und ein Tag fehlt, dann ist das Geld eben weg. Es ist ein Irrsinn. Und die Geschwisterkinder fallen häufig durch. Es macht mich unendlich wütend, dass man so allein gelassen wird. Ich weiß, dass ich eigentlich auch für den älteren Sohn da sein müsste oder etwas mit ihm unternehmen müsste, aber ich kann es nicht, ich schaffe es nicht. Zwischen dem älterem Sohn und Arbeit, Haushalt und dem behinderten Sohn, der eigentlich den ganzen Tag wirklich Aufmerksamkeit braucht, fallen die anderen Kinder halt oft hinten rüber. Es tut halt unheimlich weh .Als Mutter tut es unheimlich weh, wenn man weiß, man versucht, sein Bestes zu geben aber man wird der Sache nicht gerecht. Und ich bin dann oft auch abends zu müde, um beim großen Sohn, der Gott sei Dank keine Probleme in der Schule hat, die Hausaufgaben zu kontrollieren oder mit ihm Vokabeln zu lernen. Viele Dinge fallen hinten über. Natürlich würde ich auch gerne noch mit dem Sohn zur Logopädie gehen aber es geht rein zeitlich nicht. Er hat Heilpädagogik und therapeutisches Reiten und damit ist mein Kontingent an Fahr‐ und Wartezeiten erschöpft. Mehr bekomme ich nicht hin. Und dann werden Sie auch noch von den Ärzten blöd angemacht, warum sie nicht noch hierhin und dorthin gehen und noch Ergo machen. Aber manchmal ist es eben auch wichtiger, er spielt oder man kommt mal zur Ruhe und atmet mal durch. Aber es ist ein ständiger Kampf. Um die Schulbegleitung zu bekommen, brauchen Sie ein ärztliches Gutachten. Diese Gutachten müssen sie aber privat bezahlen. Ich kämpfe seit Jahren um das „B“ in seinem Behindertenausweis. Er hat 70% und ein „H“ und mir wird das „B“ seit Jahren verweigert. Mein Kind ist orientierungslos und kann Gefahren nicht einschätzen und bekommt das „B“ verweigert. Er braucht die Begleitung. Ich habe ärztliche Gutachten, mehrere und bekomme es nicht. Und dann wäre die Beförderung über irgendeine Stelle vielleicht auch möglich. Es läuft seit über einem Jahr über den VdK eine Klage laufen und habe heute gerade Post bekommen, dass sich das Ganze verzögert, weil der ärztliche Dienst überlastet ist. Ich hätte mit meinem Kind Bus fahren üben können und wäre kostenlos mit ihm mitgefahren, wenn er das „B“ gehabt hätte. Oder wir bilden gerade einen Hund zum Autismus‐Hund aus. Um die Anerkennung dazu zu bekommen, wäre ich auf das „B“ angewiesen. Ich kämpfe und kann dies auch, kenne aber viele Fälle, wo die Eltern das nicht können, die dann durchs Raster fallen. Und dann hat man eben später die Probleme mit den Kindern. Das Geld sollte frühzeitig für die richtige Beschulung und Förderung eingesetzt werden. Dann hat man später auch mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt, den geeigneten Platz für diese Kinder zu finden. Würden die Mittel richtig eingesetzt, spart die Politik später Gelder. Es wäre richtig eingesetzt und damit wäre allen geholfen. Wie gesagt, ich kämpfe auf allen Ebenen. Manchmal habe ich mir gewünscht, mein Sohn hätte eine körperlich sichtbare Behinderung; ich weiß, das ist das böse und ich möchte auch den anderen Eltern mit körperlich behinderten Kindern nicht zu nahe treten, aber es ist einfach ein Spießrutenlaufen. Wenn sie einkaufen und er sortiert die Dosen und benimmt sich halt anders und man dann immer in Erklärungsnöte kommt. Weil viele Leute gar nicht wissen, was das für eine Behinderung ist und denken, das Kind ist schlecht erzogen. Der Scheidungsrichter hat den Autismus des Kindes als Trennungsproblematik angesehen. Unser Sohn hat Spezialinteressen, nämlich Sonnenschirme. Die sammelt er und er kettet sich daran, wenn wir zu Obi gehen. Der Richter sagte dazu, dass er dort eben Schutz wegen der Trennungsproblematik suche! Man wird so abgekanzelt, obwohl man schon Genfehler als Ursache gefunden hat. Die Schwerbehinderung wird nicht anerkannt, aber man soll die Kinder gut und zu selbstständigen Kindern erziehen. 5 Ich glaube, wenn jeder nur das macht, was er kann, dann kommen wir nicht weiter. Wenn jeder nur an seinen Problemchen rumdoktert, wird nichts geschehen. Wir brauchen mehr. Und hoffentlich wird es in der Zukunft besser! 6