Maler in Filmen - Das Mysterium der schaffenden

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Maler in Filmen - Das Mysterium der schaffenden
CLUB PASSAGE
PROGRAMMKINO
Seit den Urzeiten der Kinematografie gab und gibt
es immer wieder Versuche, Persönlichkeiten der
Weltgeschichte – darunter auch Vertreter der
schönen Künste – auf die Leinwand zu bringen und
sie somit als leibhaftige Menschen erlebbar werden
zu lassen. Je nach Quellenlage und Regisseur so,
wie sie wirklich waren – oder so, wie sie hätten
gewesen sein können. Im CLUB PASSAGE werden
im Oktober und November des zu Ende gehenden
Jahres Filme gezeigt, die sich in erster Linie mit
Ikonen der Bildenden Kunst befassen.
Das in Den Haag/Holland zu
Gemälde „Das Mädchen
jährige Griet (Scarlett Johansson), die nach dem
Tod ihres Vaters zum Familienunterhalt beitragen
muss, nimmt im Hause Vermeer eine Stelle als
Magd an. Zu ihren Aufgaben gehört es auch, das
Atelier zu putzen – mit äußerster Vorsicht natürlich.
Das junge Mädchen ist von Vermeers Bildern
fasziniert. Als der Maler eines Tages Griet beim
Putzen der Atelierfenster sieht, hat er sein Modell
gefunden. Vermeer, bisher nur von Menschen
umgeben, denen das Verständnis für seine Malerei
fehlt, ist begeistert, dass das Mädchen ein Auge für
Farben, Licht und Kompositionen hat. Griet, die bald
sogar das Farbenmischen übernehmen darf, ist
ständig an der Seite des Malers und langsam
entwickelt sich eine ganz besondere Beziehung
zwischen dem Maler und seinem Modell. Während
Vermeers Familie eifersüchtig die wachsende Nähe
zwischen ihm und der jungen Magd beobachtet,
werben auch der junge Schlachter Pieter (Cillian
Murphy) und Vermeers Patron, der reiche Van
Ruijven (Tom Wilkinson), um Griet. Die unterdrückte
romantische Leidenschaft zwischen Vermeer und
dem Mädchen vertieft sich in dem Maße, wie die
gemeinsame Arbeit zur Qual wird, doch eine
Verbindung der beiden in Alter, Bildung und
Herkunft so unterschiedlichen Menschen wäre ein
Skandal. Die Situation spitzt sich für Griet
dramatisch
zu,
als
Van
Ruijven
seine
Nachstellungen verstärkt und Vermeer in seinem
Drang nach Perfektion auf Gefühle keine Rücksicht
nimmt. Er setzt für seine Kunst sogar seine Ehe
aufs Spiel und Griet muss sich entscheiden...
Regisseur Webbers Hommage an die Kunst
spiegelt in jeder Einstellung die Faszination der
Filmemacher für Licht und die Bilder der großen
holländischen Maler wider und enthält alle
wesentlichen Elemente eines Dramas: Geld, Sex
und Macht. Dazu Colin Firth, der Darsteller des
Vermeer: „Der Film geht der Frage nach, welche
Macht eine Beziehung haben kann – eine
Beziehung wie die zwischen Künstler und Modell.
Es geht um ein Gemälde, das enthüllt wird – und
eine Familie zerstört.“
Scarlett Johansson (Griet), zum Zeitpunkt der
Dreharbeiten 17 Jahre alt, gehört zu den
vielversprechendsten Nachwuchsschauspielerinnen
Amerikas.
bewundernde
mit
dem
Perlenohrring“, eines der berühmtesten
Gemälde des niederländischen Malers Johannes
Vermeer van Delft, inspirierte in den 90er Jahren die
Schriftstellerin Tracy Chevalier zum Schreiben des
gleichnamigen
Romans.
Da
über
die
Entstehungsgeschichte des Bildes fast nichts
bekannt ist, reizte es die Autorin, eine Story über die
Beziehung zwischen dem Maler und seinem Modell
zu ersinnen. Der Roman wurde ein Welterfolg, seit
seiner Veröffentlichung 1999 wurden über 2
Millionen Exemplare verkauft. Die Drehbuchautorin
Olivia
Hetreed
adaptierte
–
in
enger
Zusammenarbeit mit der Schriftstellerin – den
faszinierenden Stoff für die Leinwand; inszeniert
wurde „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“
(GB/Lux 2003) schließlich von Peter Webber, der
damit sein Leinwanddebüt gab. Webber war bis
dahin als Dokumentarfilmer und vor allem durch
seinen dramatischen und kontrovers diskutierten
TV-Spielfilm „Men Only“, der den Absturz einer
Gruppe Hooligans in die Kriminalität beschreibt,
bekannt geworden.
In der holländischen Stadt Delft lebt um die Mitte
des 17. Jahrhunderts – es ist das Goldene Zeitalter
der Niederländischen Malerei – der Maler Johannes
Vermeer (Colin Firth) mit seiner Frau Catharina
(Essie
Davis),
seinen
Kindern
und
der
Schwiegermutter Maria Thins (Judy Parfitt). Das
prunkvolle Haus im Stadtzentrum hallt von
ständigem Kindergeschrei wider, weshalb sich der
hochsensible Maler in sein Atelier im ersten Stock
zurückzieht, um hier seine Auftragswerke zu malen.
Die aus ärmlichen Verhältnissen stammende 172
Im Alter von zwölf Jahren wurde sie 1998 von
Robert Redford in „Der Pferdeflüsterer“ besetzt, fünf
Jahre später avancierte sie in Sofia Coppolas
Überraschungserfolg „Lost In Translation“ an der
Seite Bill Murrays endgültig zum Star.
farbige Malerei, verbeißt er sich in seine Schatten
und dicken Farbaufträge. Schlimmer noch: In
seinem Privatleben zeigt sich Rembrandt von
Anstandsregeln und gängigen Konventionen
unberührt, er sucht seinen Umgang außerhalb der
„guten Gesellschaft“ und seine Frauen unter der
Dienerschaft. Und so beschließen die Notabeln der
Amsterdamer Gesellschaft, den Mann, dessen
Genie sie zuvor lauthals gepriesen hatten, zu
bestrafen. Von der Gesellschaft geächtet, stirbt der
ehemals hofierte Star der holländischen Kunstszene
1669 in großer Armut.
Die mit einem Budget von rund 20 Mio. Mark
überwiegend in Köln-Ossendorf und den WarnerStudios in Bottrop gedrehte Produktion wurde
prächtig und mit großer Liebe zum Detail
ausgestattet (so kopierte man rund ein Dutzend
Ölbilder mit den Gesichtern der Schauspieler,
darunter das weltbekannte Werk „Die anatomische
Vorlesung des Dr. Nicolaes Tulp“) von Philippe
Chiffre, der für sein Produktionsdesign einen
CÉSAR erhielt.
Ein weiterer bedeutender Maler Hollands, der 1606
geborene Rembrandt Harmensz van Rijn, animierte
bereits mehrere Regisseure zur Verfilmung seiner
Lebensgeschichte, so den Engländer Alexander
Korda, der 1936 die Hauptrolle in seinem als eine
der besten verfilmten Künstlerbiografien geltenden
Film dem britischen Charakterdarsteller Charles
Laughton übertrug. In der Reihe „heldischer“
Biografien, die von den Nationalsozialisten für ihre
Propaganda in Beschlag genommen wurden, fehlte
natürlich auch der Name des berühmten Holländers
nicht, und so übernahm im Kriegsjahr 1942 ein
Spezialist auf diesem Gebiet, der überzeugte Nazi
Hans Steinhoff, welcher sich bereits durch
Machwerke wie „Hitlerjunge Quex“ und den
antibritischen Historienfilm „Ohm Krüger“ die
Reputation seiner Auftraggeber verdient hatte, die
Regie. Nach einem neuerlichen Remake des
Stoffes, das 1977 Jos Stelling inszenierte, wagte
1999 der Franzose Charles Matton einen neuen
Versuch. Sein Film „Rembrandt“, der als
französisch-niederländisch-deutsche Koproduktion
entstand,
erzählt
in
Rückblenden
die
Lebensgeschichte des holländischen Meisters und
beleuchtet vor allem dessen Amsterdamer Jahre. In
den Vordergrund rückten der Regisseur und seine
Ko-Autorin Sylvie Matton dabei das private
Schicksal Rembrandts, der von Klaus Maria
Brandauer mit großer Souveränität verkörpert
wurde.
Rembrandt, der Sohn eines Müllers aus Leiden,
zieht im Alter von 25 Jahren in die aufstrebende
Handelsstadt Amsterdam, wo er ein gefeierter
Porträtmaler wird. Auf dem Höhepunkt seines
Ruhms heiratet er die schöne Saskia (Johanna Ter
Steege), die schon zehn Jahre später stirbt. Um
diese Zeit beginnt der Maler bereits in Ungnade zu
fallen, denn er weist Kompromisse weit von sich:
Fordert der Geschmack des Tages eine leichte und
In diesem Jahr erhielten für knappe drei Monate
Kunstfreunde aus aller Welt die Gelegenheit, in der
Nationalgalerie zu Berlin die umfassendste
Ausstellung zum Werk Francisco de Goyas zu
besichtigen – wenn auch unter Inkaufnahme einer
Wartezeit von bis zu 5 Stunden.
Der berühmte Spanier gilt als der bedeutendste
Wegbereiter der europäischen Moderne; viele seine
Bilder und Grafiken – darunter die „Schrecken des
Krieges“
–
spiegeln
wieder,
wie
der
experimentierfreudige und unbequeme Künstler
seine Zeit erlebte und beurteilte. Sein Leben
beschäftigte in der Vergangenheit auch deutsche
Künstler: Mit dem Plan, einen Film nach Lion
Feuchtwangers Roman „Goya oder Der arge Weg
zur Erkenntnis“ zu drehen, befasste sich der DDRRegisseur Konrad Wolf („Solo Sunny“), Sohn des
Schriftstellers Friedrich Wolf, seit Beginn der 60er
Jahre. Bereits im April 1963 hatte die DEFA bei
Marta Feuchtwanger die Rechte für „Goya“
erworben, auch ein erstes Szenarium lag vor. Wolf
sah im Thema des Buches, der Verantwortung des
Künstlers gegenüber seiner Zeit und Umwelt, ein
3
Aspekt stand im Vordergrund, wobei sich der
Regisseur bemühte, die Institution des Adels mit
satirischen Seitenhieben lächerlich zu machen. So
treibt der Maler seinen Spaß mit der in vollem Pomp
heraus geputzten Königsfamilie – die er porträtieren
soll –, indem er sie samt Kind und Hund wegen
vorgeblich ständig veränderter Lichtverhältnisse
minutenlang durch den Saal dirigiert.
Vier Jahre nach „Frühlingssinfonie“ und damit einem
Ausflug in die Welt der Musik wandte sich Peter
Schamoni 1986 wieder einem Maler zu: Nach Max
Ernst und Friedensreich Hundertwasser stand nun
einer der großen romantischen Landschaftsmaler im
Mittelpunkt eines Films. Mit „Caspar David
über die Jahrhunderte aktuelles Problem, welches
er sowohl historisch konkret als auch gleichnishaft
zu erzählen gedachte. Bis die erste Klappe fiel, war
Sommer – allerdings bereits der des Jahres 1969,
da ökonomische und organisatorische Probleme
den Drehbeginn immer wieder verzögert hatten.
Zu Beginn des Films ist Don Francisco de Goya y
Lucientes (Donatas Banionis) geachteter und
wohlhabender Hofmaler des katholischen Königs
Karl IV. (Rolf Hoppe) und dessen Gemahlin Maria
Luisa von Spanien (Tatjana Lolowa). Des Malers
Bilder zieren Galerien und Schlösser, jedoch sieht
er das Unvermögen des Hofes und seiner
skrupellosen Minister – und die Angst der
Regierenden, die Ideen der Französischen
Revolution könnten auch in Spanien Fuß fassen.
Goya wird zum sozialkritischen Beobachter seiner
Zeit, der sowohl den Glanz des Adels als auch das
Elend des Volkes in seinen Bildern fest hält. Je
mehr sich Goya vom Hochadel abgestoßen fühlt,
desto näher kommt er wahrhaft patriotisch
denkenden Landsleuten; so macht ihn sein Freund
und Mitarbeiter Esteve (Fred Düren) mit der
Sängerin Maria Rosario bekannt, die sich der
allmächtigen Inquisition entgegen stellt. Er lernt den
Philosophen Jovellanos kennen, dem Verbannung
und Exil nicht die Zuversicht rauben konnten. Aber
Goyas schmerzlicher Weg der Erkenntnis führt auch
zur Trennung von der von ihm bis zur
Selbstaufgabe gliebten und gehassten bildschönen
Herzogin Alba (Olivera Katarina) und zur Flucht
Goyas vor der Inquisition ins französische Exil.
„Goya“ (DDR/UdSSR 1969/70) – in Farbe sowie im
aufwändigen 70-mm-Format produziert – wurde
einer der teuersten DEFA-Filme der 70er Jahre.
Gedreht wurde in Bulgarien und Jugoslawien, auf
der Halbinsel Krim, im Kaukasus, in Leningrad und
natürlich in den Ateliers von Babelsberg.
Kameramann Werner Bergmann zu dem Film, für
welchen u.a. allein 120 Gemäldekopien angefertigt
werden mussten: „ ,Goya' (...) hat was von einer
großen Hollywood-Produktion. Das war auch die
Absicht; wir haben gesagt, der soll ruhig anfangen
wie ein Hollywood-Film, man soll das Geld sehen,
was wir glauben, da zu Recht rein zu stecken.“ Bei
allem betriebenen Aufwand erlag Konrad Wolf
jedoch nicht der Gefahr, seinen Film zu einem
Kostümfilm verflachen zu lassen. Der sozialkritische
Friedrich – Grenzen der Zeit“
(BRD
1986) suchte sich der Regisseur in einer Mischung
aus Dokumentar- und Spielszenen dem Leben und
vor allem dem Werk des deutschen Malers zu
nähern, der zu Lebzeiten nicht anerkannt war und
erst mehr als ein halbes Jahrhundert nach seinem
Tod
–
anlässlich
der
deutschen
Jahrhundertausstellung 1906 in Berlin – wieder
entdeckt wurde.
Der 1774 geborene Caspar David Friedrich gilt als
einer der Hauptmeister der frühromantischen
Malerei, die um 1802 in Dresden hervor trat. Die
Romantik, welche als vom Bürgertum getragene
Stilbewegung bis gegen die Mitte des 19.
Jahrhunderts das europäische Geistesleben
bestimmte, war eng mit der Auflehnung gegen die
napoleonische Fremdherrschaft und dem damit
einhergehenden
Erwachen
des
Nationalbewusstseins verbunden. Dem neuen
Gefühl für Heimat und Vaterland entsprach ein
neues enges Verhältnis zur Landschaft und ihrer
künstlerischen Darstellung.
Anders als in den biedermeierlichen Idyllen Ludwig
Richters findet man in Friedrichs Bildern oft eine
melancholische, bisweilen ernste bis düstere
Stimmung. Er galt daher als ein Künstler, der
„immer nur ein kleines Publikum hatte, weil er (...)
etwas zur Anschauung brachte, was die meisten
Menschen fliehen, nämlich die Einsamkeit.“ (W. v.
Kügelgen). Werke wie „Zwei Männer in Betrachtung
des Mondes“, „Das Eismeer“ oder die (inzwischen
so nicht mehr existierenden) “Kreidefelsen auf
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Rügen“ gehören heute zu den Kleinoden der
Galerien in aller Welt.
In Schamonis Film tritt der Maler nicht als Person in
Erscheinung; zu sehen sind vielmehr sein Werk und
die Landschaften, die es inspirierten. Dabei ist der
Maler immer zugegen: durch seine Bilder, seine
Gedanken und im dramatischen Meinungsstreit
seiner Zeitgenossen. Höhepunkt ist die Diskussion
um die Erteilung eines Lehrauftrages für
Landschaftsmalerei an der Dresdner Akademie der
Kunst. Dabei spielt die patriotisch-demokratische
Gesinnung des Malers eine ebenso große Rolle wie
seine Kunstauffassung, mit welcher er sich völlig
von den Traditionen der Akademie löste. Friedrich,
der die Kunst als Sprache der persönlichen
Empfindung mit ganz persönlichen und nicht
übertragbaren Gestaltungsmitteln verstand, stellte
mit Äußerungen wie: „Nicht unterwiesen zu sein, ist
oft für geistig begabte Menschen ein Glück. Das
viele Lehren und Unterweisen ertötet nur zu leicht
das Geistige im Menschen“ scheinbar den Wert
von Kunstschulen überhaupt in Frage. Er erhielt den
ersehnten Lehrauftrag nicht.
Schamonis Anliegen war es, in kleinen,
historisierenden Szenen den Geist der damaligen
Zeit einzufangen und den Motiven und Motivationen
des Landschaftsmalers nachzuspüren. So lässt er
den Zuschauer mit den Augen des Malers in die
Natur schauen, indem er (in der DDR unterstützt
von der DEFA) die realen Szenerien von 1986 – im
Harz, auf Rügen und in der sächsischen Schweiz –
mit Friedrichs Bildern vergleicht. Dies auch, um
angesichts heutiger zivilisationsgeschädigter und
industrieverpesteter Umwelt „zu zeigen, dass Teile
der scheinbar versunkenen Welt noch vorhanden
sind, - und mit allerletzter Anstrengung erhalten
werden müssen.“
Bestandteil der Pariser Künstlerszene und zum
Stammgast der verschiedensten Unterhaltungsetablissements, deren Akteurinnen er mit Vorliebe
zeichnet, malt und lithografiert; so entsteht auch das
berühmt gewordene Plakat für das legendäre
„Moulin Rouge“. Zwischen ihm und der Malerin
Suzanne
Valadon
entwickelt
sich
eine
leidenschaftliche Affäre, die von Rivalitäten,
Eifersüchteleien und Trennungen geprägt ist. Der
Tod van Goghs und die Trennung von Suzanne
lassen den Maler langsam zu Grunde gehen. Er
führt ein immer ausschweifenderes Leben, trinkt
exzessiv und wird trotz der Hilfe durch Freunde und
Familie zum syphilitischen Wrack, dessen Tage
gezählt sind – Henri de Toulouse-Lautrec stirbt
1901 im Alter von 36 Jahren.
Regisseur Roger Planchon stützte sich bei der
Realisierung des Films „Toulouse-Lautrec“ nicht
nur auf ein hervorragendes Schauspielerensemble,
zu dem neben Régis Royer (Toulouse-Lautrec) und
Elsa Zylberstein (Suzanne) auch Anémone und
Claude Rich (Als Henris Eltern) zählten, sondern
auch auf die Kunst des Kameramannes Gérard
Simon, in dessen Bildern sich nicht selten
Farbgebung
und
Lichtverhältnisse
der
Impressionisten wieder finden.
Der französische Theaterregisseur Roger Planchon
machte sich 1998 daran, die bewegte Biographie
eines der berühmtesten Maler der Moderne für die
Leinwand zu adaptieren, nämlich die seines
Landsmannes „Toulouse-Lautrec“ (F).
Dieser wurde 1864 auf dem Schloss seiner Familie
geboren, deren Jubel sich jedoch bald legte, als
sich herausstellte, dass der sehnlichst erwartete
Stammhalter
mit
einer
unheilbaren
Knochenkrankheit zur Welt gekommen war und ihm
nun
ein
mit
körperlichen
Behinderungen
beschwertes Leben als Zwerg bevor stünde.
Die Malerei wird – von Vater und Onkel gefördert –
für Henri de Toulouse-Lautrec schon früh zur
Passion, und als er 1882 mit seiner Mutter nach
Paris zieht, besucht er nicht nur professionelle
Lehrateliers, sondern auch die Stätten des
brodelnden Pariser Nachtlebens am Montmartre. Er
macht die Bekanntschaft anderer progressiver
Künstler, darunter die des ihm geistesverwandten
van Gogh. Toulouse-Lautrec findet seinen Stil, stellt
mit Erfolg selbst aus und wird schließlich fester
Seinem Film über einen der bedeutendsten Maler
der Moderne, Pablo Picasso, gab 1996 der
Regisseur James Ivory den (Original-) Titel
„Surviving Picasso“, was man wohl sinngemäß mit
„Picasso überleben“ übersetzen muss. Was auf den
ersten Blick befremdlich erscheint, wird jedoch im
Fortgang des Films, der den deutschen Verleihtitel
„Mein Mann Picasso“ (USA) trägt, deutlich.
Ivory erzählt die Geschichte der Liaison des ebenso
egozentrischen wie genialen Künstlers mit der 40
Jahre jüngeren Françoise Gilot. Beide lernten sich
1943 kennen, die junge Frau – gleichfalls Malerin –
musste jedoch bald feststellen, dass die
Aufmerksamkeit des machohaften Künstlers nicht
ihr allein galt. Seine früheren langjährigen Geliebten
sind ihm hörig und Picasso erwartet von Françoise
die gleiche Unterwürfigkeit. Sie erliegt zunächst
seinem Charme, verlässt ihn jedoch nach Jahren
der Demütigung unter Mitnahme der beiden
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Objektkünstler Jean Tinguely zusammen, mit dem
sie bis zu dessen Tod 1991 eine feste Lebens- und
Arbeitsgemeinschaft verband. Zu den wohl
berühmtesten Puppen der Kunstgeschichte wurden
ab 1965 die „Nanas“ - mit knalligen Pop-Farben
bemalte
und
mit
grellbetonten
Geschlechtsmerkmalen versehene Frauenpuppen,
mit denen de Saint Phalle in den Endsechzigern der
sexuellen Frau und dem weiblichen Prinzip
überhaupt
huldigte.
Höhepunkt
dieser
Schaffensphase war die „größte Hure der Welt“,
eine begehbare Riesenskulptur in Stockholm, die
den Titel „Sie – Eine Kathedrale“ trug.
Schamoni, der wie in vielen seiner Filme auch hier
mit dem Dresdner Kameramann Ernst Hirsch (u.a.
„Die steinerne Glocke“) zusammen arbeitete, lässt
die Künstlerin in seinem Dokumentarfilm selbst zu
Wort kommen, zeigt sie als Pop-Art-Ikone der 70er
in ihrem (auch mit geschriebenen und -inszenierten)
Spielfilmdebüt „Daddy“ - und der Regisseur zeigt die
Plätze in der Welt, an denen Niki de Saint Phalles
Kunstobjekte verstreut sind. Ein besonderes
Denkmal setzte sie sich selbst: Nahe dem
Städtchen Capalbio in der Toskana schuf sie
gemeinsam mit Tinguely in 15 Jahren den „Giardino
di Tarocchi“ mit Plastiken nach den Karten des
Tarot-Spieles – seit 1996 ein Wallfahrtsort für die
Fans der Niki de Saint Phalle, die 2001 im Alter von
71 Jahren in San Diego/Kalifornien verstarb.
gemeinsamen Kinder, um fortan ihr eigenes Leben
zu führen. In der Rolle der Françoise debütierte
Natasha Mc Elhone, eine der viel versprechenden
Entdeckungen der 90er Jahre, den Part des
Meisters übernahm der Mann, dem die Rolle des
Menschen fressenden Psychiaters Hannibal Lecter
in „Das Schweigen der Lämmer“ Weltruhm und
1992 den OSCAR als bester Hauptdarsteller
beschert hatte: Sir Anthony Hopkins. Der Engländer
mit
der
USA-Staatsbürgerschaft
verkörperte
seitdem in zwei weiteren Fortsetzungen den
kannibalischen Feingeist, was mitunter den Blick auf
seine weiteren Rollen verstellte, darunter „Amistad“,
„Wiedersehen in Howards End“ oder „Nixon“. In
„Mein Mann Picasso“ verkörperte Hopkins den
großen Maler Picasso mit einer Vitalität, welche die
trotz aller Widersprüche faszinierende Ausstrahlung
des Künstlers äußerst glaubwürdig vermittelt.
Der Münchner Filmemacher Peter Schamoni
widmete sich 1995 dem faszinierenden Werk einer
ebensolchen Frau: „Niki de Saint Phalle“
(D/CH). Die 1930 als Spross einer alten
französischen Adelsfamilie geborene Niki (deren
phallischer Name kein Pseudonym ist) wuchs ab
ihrem dritten Lebensjahr – nach der Umsiedlung
ihrer Eltern nach New York – als Amerikanerin auf.
1950 kehrte sie nach Paris zurück, um eine
künstlerische Karriere zu starten, zunächst als
Fotomodell. Berühmt wurde die Autodidaktin durch
ihre „TIRS“ genannten „Schießbilder“: Mittels
Karabiner wurde auf Farbbeutel geschossen, die
ihren grellbunten Inhalt über reliefartige GipsAssemblagen verströmten. Diese Happenings
sicherten Niki de S. Ph. zu Beginn der 60er Jahre –
als einer der ersten Frauen in der Männerdomäne
Kunst – einen festen Platz im Kreise der
kontroversen Gruppe der „Neuen Realisten“. Und:
Sie waren als gleichzeitige Akte der Zerstörung und
Schöpfung auch der militante Beginn einer
Aufarbeitung
offenbar
sehr
tief
gehender
Kindheitstraumata, zu denen die Zwänge eines
katholischen Elternhauses, insbesondere aber eine
als überlebensgroß erlebte Vaterfigur beigetragen
hatten. Bei der Entwicklung der „TIRS“ arbeitete die
sich selbst als „Terroristin der Kunst“ bezeichnende
Niki de S. Ph. erstmals mit dem Schweizer
Zehn Jahre hatte die seit 1991 in Hollywood
lebende Mexikanerin Salma Hayek („From Dusk Till
Dawn“) energisch darum gekämpft, die Hauptrolle in
einer Verfilmung der bewegten Lebensgeschichte
der wohl populärsten mexikanischen Malerin Frida
Kahlo zu spielen – eine Rolle, um die sich immerhin
auch zwei Hollywood-Diven wie Madonna und
Jennifer Lopez bemühten -, bis schließlich die
Broadway-Regisseurin Julie Taymor 2001 mit den
Dreharbeiten zu dem Film „Frida“ (USA/Mex.
2002) begann – mit Salma Hayek als Darstellerin
der Frida und zugleich als Ko-Produzentin.
Die lebensfrohe Frida (S. Hayek) wurde 1925 im
Alter von 18 Jahren bei einem Busunglück schwer
verletzt und hatte in der Folge 22 Operationen zu
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authentisch und glaubhaft darzustellen. Im Vorfeld
der
Dreharbeiten
erwirkte
sie
spezielle
Drehgenehmigungen für die Ruinen der von den
Azteken erbauten Stadt Teotihuacan, indem sie bis
zu Mexicos Präsident Vicente Fox vordrang. Die
leidenschaftliche
Schauspielerin
konnte
ihn
schließlich dazu bewegen, dem Team den Zugang
zu der verlassenen Stadt mit ihren einmaligen
Pyramiden zu ermöglichen. Zahlreiche Darsteller,
darunter Alfred Molina, Ashley Judd, Antonio
Banderas und Edward Norton, verzichteten Hayek
zu Liebe auf ihre Gage.
Als Regisseurin Taymor ihre Hauptdarstellerin
Malunterricht nehmen ließ – von dem sie glaubte,
dass er den Schauspielern helfen würde, ihre
Charaktere besser zu verstehen -, entdeckte Salma
Hayek in der Malerei ein Talent, von dem sie nie
ahnte, dass es vorhanden wäre. Für den Film
wurden Kopien der Gemälde (die nach dem Willen
der Regisseurin im Film teilweise ein faszinierendes
Eigenleben entfalten), Fresken und Wandmalereien
Diegos und Fridas allerdings von rund 50 SetMalern neu erschaffen. Die Erlaubnis für die
Rekonstruktion der Werke hatte Salma Hayek von
Dolores Olmedo, der langjährigen Geliebten Diegos,
erhalten, die nach dem Tod des Malers im Auftrag
des mexikanischen Volkes die Kunstwerke Riveras
und Kahlos verwaltete.
So erzählt „Frida“ nicht nur die Geschichte der
mexikanischen Malerin Frida Kahlo, sondern ist
letztlich auch ein Beleg für die Willensstärke und
Schauspielkunst einer Frau, die diesen Film gegen
viele Widerstände durchgesetzt hat.
überstehen. Monate lang war sie ans Bett gefesselt
und konnte nichts tun als malen, was für sie zur
Therapie der physischen und psychischen
Schmerzen wurde. Um die teuren Behandlungen
finanzieren zu können, verkauften Fridas Eltern fast
alles, was sie besaßen. Nachdem Frida mühsam
wieder gelernt hatte, zu laufen, präsentierte sie ihr
Werk dem berühmten Maler Diego Rivera (Alfred
Molina) und bat ihn um eine ehrliche Einschätzung
ihres Talents. Rivera war fasziniert von Fridas
Begabung – und noch mehr von ihrem Charme,
ihrer Schönheit und ihrer Beharrlichkeit.
Bald schon heirateten beide und wurden zu einem
der schillerndsten und aufregendsten Paare des 20.
Jahrhundert: Rivera untreu, exzentrisch und
egoistisch, zugleich aber auch ein großer Künstler;
ein Mann, der seinen politischen Idealen verpflichtet
war – und der seine Frau zutiefst liebte. Frida eine
temperamentvolle und optimistische Frau, die
Männer und Frauen liebte, vom Kommunismus
träumte und sich durch nichts von der Malerei
abhalten ließ. Und die unter den Affären ihres
Mannes litt. Beide hatten sich zwar nicht die Treue,
wohl aber die Loyalität versprochen. Als Frida die
Verbindung ihres Mannes mit ihrer Schwester
entdeckte – ein Vertrauensbruch, der die Grenzen
der Loyalität überschritt – verließ sie ihren Mann.
1937 bezog der russische Revolutionär und StalinGegner Leo Trotzki, dem die mexikanische
Regierung auf Drängen Diegos Exil gewährt hatte,
mit seiner Frau Quartier in Fridas Elternhaus. In den
folgenden beiden Jahren entwickelte sich aus der
zwischen der Malerin und ihrem Gast bestehenden
Anziehung eine Liebesbeziehung.
1953 erfüllte sich für Frida Kahlo ein lebenslang
gehegter Traum: Ihre erste Einzelausstellung in
Mexico-City. Wegen der Amputation ihres rechten
Beines nahm sie an der Eröffnung im Himmelbett
teil. Aber ihre Abhängigkeit von Schmerzmitteln und
eine entkräftende Serie von Infektionen und
Komplikationen machten ihr Leben unerträglich. Sie
verstarb am 1. Juli 1954, eine Woche nach ihrem
47. Geburtstag.
„Frida“ wurde ausschließlich in Mexico gedreht.
Salma Hayeks Bemühungen um den Film, der ihr so
viel bedeutete, erschöpften sich nicht allein in dem
Bemühen, die von ihr so verehrte Malerin
Mehr als zehn Jahre brauchte der Schauspieler Ed
Harris für die Realisierung seiner ersten Regiearbeit
„Pollock“ (USA 2000), die sich mit einem der
frühen Kunst-Popstars der USA befasst – Jackson
Pollock. Für Harris eine Herzensangelegenheit,
denn ihn faszinierten die Persönlichkeit und die
Bilder des Pop-Art-Malers Pollock, der in den 40er
und 50er Jahren für Aufregung sorgte, ein Leben
zwischen Genie und Wahnsinn lebte und das
Magazin „Life“ seinerzeit zu der Frage veranlasste:
„Ist Jackson Pollock der größte Künstler der
Vereinigten Staaten?“ Pollock, der aus beengten
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welchem er auch eine Hauptrolle spielte, näherte
sich Ed Harris ganz als „method actor“: ohnehin
über eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Maler
Pollock verfügend, setzte er sich nicht nur mit
dessen Bildern und Biografie auseinander, sondern
begann selbst zu malen und legte für die
Darstellung des letzten Lebensabschnitts 15 Kilo zu.
Dafür gab's eine OSCAR-Nominierung in der
Kategorie „Bester Hauptdarsteller“; die Trophäe mit
nach Hause nehmen durfte indessen Marcia Gay
Harden für ihre Darstellung der mit ihrem Ehemann
gestraften Frau des Jackson Pollock – OSCAR in
der Kategorie „Beste Nebendarstellerin“.
B.R.
Verhältnissen kam und für Alkoholexzesse wie auch
für eine fast autistische Leidenschaft für Jazz
bekannt war, lernte 1941 im Vorfeld einer
Ausstellung die Künstlerin Lee Krasner kennen, zog
mit ihr zusammen und durfte in der Folge erleben,
wie seine sowohl emanzipierte als auch
willensstarke
Partnerin
ihre
eigene
Arbeit
zurückstellte, um seinen Durchbruch zu befördern.
Ihre Bemühungen, die selbstzerstörerischen
Tendenzen
Pollocks
zu
kontrollieren
und
gleichzeitig Kontakte zu namhaften Galeristen und
Meinungsführern der New Yorker Kunstszene
herzustellen, hatten Erfolg: Aus dem abstrakten
Maler Jackson Pollock wurde der eigenwillig
gestylte Medienstar „Jack the Dripper“ - ein
Beiname, der sich auf die Entstehungsart seiner
Bilder bezog. Die wahrscheinlich berühmteste
Äußerung
Pollocks,
seine
„drip
paintings“
betreffend, ist zu einer Anekdote geworden und
taucht auch im Film wieder auf: die Vorhaltung,
auch die Abstraktion müsse ihren Ausgang doch
von der Anschauung der Natur nehmen,
beantwortet Pollock mit: „I am nature!“
Was folgte, waren nur wenige Jahre des Ruhms.
Das Nachlassen von Pollocks Kreativität ging einher
mit dem Verlöschen der Beziehung zu Lee Krasner,
sich steigerndem Alkoholismus und schwersten
Depressionen. Der Maler zog sich von der
Kunstszene zurück, hatte Affären mit wesentlich
jüngeren Frauen – und stieg schließlich 1956
erschöpft und des Lebens überdrüssig im
volltrunkenen Zustand ins Auto, um sich zu Tode zu
fahren. Dem Stoff seines ambitionierten Projekts, in
Oktober / November 2005
Maler in Filmen
Das Mysterium der schaffenden Seele
SO 02.10. bis MI
05.10.
„Das Mädchen mit dem
Perlenohrring“
SO 09.10. bis MI
12.10.
„Rembrandt“
SO
16.10. bis MI
19.10.
„Goya“
SO 23.10. bis MI
26.10.
„Caspar-David Friedrich Grenzen der Zeit“
SO 30.10. bis MI
02.11.
„Toulouse-Lautrec“
SO
06.11. bis MI
09.11.
„Mein Mann Picasso“
SO 13.11. bis MI
16.11.
„Niki de Saint Phalle“
SO 20.11. bis MI
23.11.
„Frida“
SO
27.11. bis MI
30.11.
„Pollock“
Einlass: 20.30 Uhr – Beginn: 21.00 Uhr
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