paint horses und ihre farbvererbung
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paint horses und ihre farbvererbung
PAINT HORSES UND IHRE FARBVERERBUNG Die Farbvererbung, d.h. die Vererbung der Scheckzeichnung, ist naturgemäß ein bedeutungsvolles Thema für den Paint Horse-Züchter. Bevor ich darauf näher eingehe, liegt es mir aber am Herzen, darauf hinzuweisen, daß sie nicht der wichtigste Gesichtspunkt in der Zucht von Paint Horses ist. Der Paint Horse-Züchter muß, wenn er Erfolg haben will, dieselben Gesichtspunkte an die erste Stelle setzen, wie es der Quarter Horse-Züchter tun muß. Abstammung, Gebäude, Disposition, Talent, Kooperations- und Leistungsbereitschaft bestimmen den Wert der Tiere, die als Zuchtmaterial Verwendung finden sollen, und bestimmen auch den Wert der Produkte, die diese Zucht hervorbringen. Mit anderen Worten, wenn meine Zuchttiere in Gebäude, Abstammung und Leistung einen Vergleich mit den besten Quarter Horses nicht zu scheuen brauchen, bin ich auf dem richtigen Weg. Denn dann habe ich, auch wenn ich ein einfarbiges Fohlen bekomme, immer noch ein attraktives Produkt, da sich verkaufen läßt. Wenn ich aber Zuchttiere mit hübscher Zeichnung auswähle, die anderweitig zu wünschen übrig lassen, und ich bekomme dann ein einfarbiges Fohlen, was habe ich dann anzubieten? Ein mittelmäßiges oder gar unterdurchschnittliches Fohlen, das kaum verkäuflich ist! Und einfarbige Fohlen gibt es immer. Die bleiben kaum einem erspart! Es sollte möglichst so sein, wenn ich ein einfarbiges Fohlen anzubieten habe, daß ein etwaiger Interessent schon vom Gebäude und von den Bewegungen her die Klasse des Tieres erkennen kann. Wenn er dann nach der Abstammung fragt, will ich ihm nicht Namen nennen müssen wie " Indian Lady " oder " Sonnyboy ", sondern Namen, die ihm etwas bedeuten, wenn er halbwegs Ahnung von Quarter Horses hat. Wenn ich ihm beispielsweise sage, daß der Vater des Fohlens von einem Champion-Sohn von Sonny Dee Bar ist und die Mutter eine Zippo Pine Bar-Tochter, dann brauche ich nicht lange zu reden oder viel zu erklären. Der Mensch weiß dann, daß dieses Fohlen die abstammungsgemäßen Voraussetzungen hat, ein erstklassiges Pleasure-Pferd zu werden, und vielleicht auch ein Halter Champion. Oder wenn man auf Reining-Pferde und Cow Horses ausgerichtet ist, gibt es andere Blutlinien: z.B. sind unser Stuten und die auswärtigen, die wir haben decken lassen, direkte Töchter und Großtöchter von Doc's Lynx, Colonel Freckles, Mr. Gun Smoke, Smokin Jose, Topsail Cody, Dry Doc's, Mr. San Peppy u.a. Fohlen aus solchen Eltern kann man immer verkaufen, auch wenn sie einfarbig sind. Die Leute kaufen sie aufgrund ihrer Eignung und Abstammung, weil sie etwas damit tun wollen, nicht nur, um sie anzuschauen. Wenn mein Zuchtmaterial aber außer einer hü bschen Zeichnung nichts zu bieten hat, und ich ein einfarbiges Fohlen bekomme, was habe ich dann noch ü brig? Der Paint Horse-Züchter ist zuerst Quarter Horse-Züchter, dann erst kommt die Farbe, gewissermaßen als Zuckerguß auf dem Kuchen. Ein hervorragender Kuchen ohne Zuckerguß ist immer noch ein hervorragender Kuchen. Ein dürftiger Kuchen mit schönen Zuckerguß mag manch einen täuschen können - wenn dieser dürftige Kuchen dann aber nicht einmal Zuckerguß abbekommt, wer will ihn dann noch haben? Um beim Beispiel des Kuchens zu bleiben, weil mit gerade kein besseres einfällt: Paint Horse-Züchter sind Leute, für die das Quarter Horse der beste Kuchen der Welt ist, die aber, wenn möglich, diesem Kuchen noch gern etwas Zuckerguß, sprich Farbe, geben wollen. Der Kuchen bleibt aber die Hauptsache, nicht der Zuckerguß. Okay, jetzt zur Farbe. Wenn Paint People von " Farbe "sprechen, meinen sie genau genommen das Fehlen derselben, nämlich weiße Abzeichen. Diese weißen Abzeichen treten, das ist inzwischen den meisten bekannt, in zwei Grundmustern auf, " Pattern " genannt: Tobiano und Overo. Beide Bezeichnungen sind angeblich argentinischen Ursprungs. Die Wissenschaft hat dem Züchter bislang nicht viel Verläßliches in punkto Scheckvererbung an die Hand gegeben. Nach dem derzeitigen Stand der Forschung gibt es wohl nur zwei Grundregeln, nach denen wir uns richten können, und die sind 1. die Tobiano-Zeichnung vererbt sich dominant; 2. die Overo-Zeichnung vererbt sich rezessiv. Was bedeutet das? Bezugspunkt ist die Grundfarbe (braun, schwarz, fuchs ect.) oder Einfarbigkeit des Pferdes. Die Erbanlage für Tobiano ist dominant über die Einfarbigkeit oder die Grundfarbe eines Pferdes. Wenn ein Pferd also die Erbanlage für Tobiano mitbekommen hat, so unterdrückt diese die Erbanlage für Einfarbigkeit (schwarz, braun, fuchs etc,.), was sich darin äußert, daß dieses Pferd (tobiano-mäßig) gescheckt wird. Anders ist es beim Overo. Wenn ein Pferd eine Overo-Erbanlage mitbekommen hart, zeigt sich das noch lange nicht so, daß dieses Pferd gescheckt wird. Die Erbanlage für Overo ist gegenüber der Erbanlage für die Grundfarbe des Pferdes rezessiv, d.h. die Grundfarbe oder Einfarbigkeit kann diese Overo-Erbanlage unterdrücken, so daß sie sich nicht im äußeren Erscheinungsbild des Pferdes zeigt. Nur dann kann ein Pferd mit Overo-Zeichnung geboren werden, wenn beide Elterntiere eine Overo-Erbanlage vererbt haben und diese sich dann gemeinsam gegen die Einfarbigkeit durchsetzen können. Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt für den praktischen Züchter: 1. Ein einfarbiges Pferd kann trotzdem eine Overo-Erbanlage haben. 2. Ein einfarbiges Pferd kann keine Tobiano-Erbanlage besitzen. 3. Ein Overo kann zusammen mit einem Nicht-Overo, also einem Pferd ohne Overo-Erbanlage, keinen Overo produzieren. 4. Ein Tobiano kann zusammen mit einem Nicht-Tobiano einen Tobiano produzieren. Aus 1. läßt sich das Folgende ableiten: a) Quarter Horses, die man als Zuchttiere für die Paint Horse-Zucht in Betracht zieht, können eine Overo-Erbanlage besitzen und diese auch weitervererben. b) Einfarbige Fohlen, die einen oder zwei Overo-Elternteile haben, können eine Overo-Erbanlage besitzen und diese auch weitervererben. c) Die Overo-Erbanlage kann eine oder auch mehrere Generationen überspringen. d) Einfarbige Fohlen aus Quarter Horse-Eltern sind einfarbigen Fohlen aus Overo-Eltern bezüglich der Overo-Vererbung gleichzustellen. e) Zwei Quarter Horse-Eltern mit Overo-Erbanlage können einen Overo produzieren. f) Zwei einfarbige Paint Horses mit Overo-Erbanlage können Overos produzieren. g) Overos, einfarbige Paint Horses mit Overo-Erbanlage und Quarter Horses mit Overo-Erbanlage können beliebig gepaart werden und so Overos produzieren. Aus 2. können wir folgendes ableiten. a) Quarter Horses können keine Tobiano-Erbanlage haben oder weitervererben. b) Einfarbige Fohlen aus einem oder zwei Tobiano-Elterntieren können keine Tobiano-Erbanlage haben oder weitervererben. c) Die Tobiano-Erbanlage kann keine Generation(en) ü berspringen. d) Ein Cropout (buntes Fohlen aus einfarbigen Eltern) kann darum kein Tobiano sein, sondern ist immer ein Overo. e) Einfarbige Fohlen aus Quarter Horse-Eltern sind einfarbigen Fohlen aus Tobiano-Eltern bezü glich der Tobiano-Vererbung gleichzustellen. f) Ein Tobiano kann, gepaart mit einem Quarter Horse oder einfarbigem Paint Horse, Tobianos produzieren. Ein Tobiano kann es also im Alleingang machen - er kann mit einem einfarbigen Partner (Nicht-Tobiano) ein Tobiano-Fohlen produzieren. Aber wie groß ist die Chance, daß er es tut? Dazu muß man sich vorstellen, daß jedes der beiden Elterntiere zwei Gene hat für jede Eigenschaft, die sie weitervererben. Eins von diesen beiden Genen wird weitervererbt, so daß das Fohlen wieder zwei bekommt, eins vom Hengst und eins von der Stute. Welches der beiden Gene des Hengstes vererbt wird, und welches der beiden Gene der Stute vererbt wird, ist reiner Zufall. Wenn wir davon ausgehen, daß die meisten Tobianos nicht reinerbig (homozygot) sind, also je ein TobianoGen und eins für Einfarbigkeit (Nicht-Tobiano-Gen) haben, dann stehen bei einer Anpaarung Tobino X Einfarbig die Chancen 1.3, denn dem einen Tobiano-Gen stehen 3 Nicht-Tobiano-Gene gegenü ber, die vererbt werden kännten, nämlich das eine Nicht-Tobiano-Gen des Tobianos und die beiden anderen Nicht-Tobiano-Gene des einfarbigen Partners. Sind beide Elterntiere nicht reinerbige Tobianos, so stehen die Chancen 2:2, da jeder Elternteil je ein Tobiano-Gen und ein Nicht-Tobiano-Gen hat. Es gibt aber auch reinerbige Tobianos, also solche, die zwei Tobiano-Gene mitbekommen haben. Solche Pferde können nur Tobianos zeugen bzw. produzieren, da sie kein anderes Gen als ein TobianoGen weitervererben können, und da das Tobiano-Gen, das sie vererben, ja dominant ist und das Gen für Einfarbigkeit, das die Fohlen vom anderen Elternteil mitbekommen haben werden, unterdrückt. Da werden jetzt manche ein Flackern in den Augen bekommen und sich vornehmen, einen solchen reinerbigen Tobiano zu erwerben. Denn dann kann je nichts mehr schief gehen, oder ? Da sind wir wieder beim eingangs erwähnten Gesichtspunkt: Wollen wir Farbe züchten, oder wollen wir gute Pferde züchten? Diese reinerbigen Tobianos sind nämlich äußerst selten, weil Mutter Natur sie nicht allzu oft zuläßt. Meistens sind die Embryonen, die zwei Tobiano-Gene haben, nicht lebensfähig. Die Stute resorbiert in diesen Fällen meistens, wird wieder rossig, erneut gedeckt, und trägt dann eine andere (nicht reinerbige) Frucht aus. Nur selten werden reinerbige Tobianos geboren. Und wie groß sind dann die Chancen, daß ein solcher reinerbiger Tobiano dann auch in anderer Hinsicht ein solches ausgezeichnetes Pferd ist, wie wir es für unsere Zucht haben wollen..? Es leuchtet ein, daß das kein befriedigendes Rezept wäre. Jedenfalls erscheint die Zucht von Tobianos vergleichsweise einfach - wenn einer der beiden Elterntiere ein Tobiano ist, besteht immer die Möglichkeit, daß ein Tobiano-Fohlen resultiert. Bei Overos ist es eine andere Geschichte, aber sind die Aussichten auf bunte Fohlen dabei wirklich schlechter? Der Unterschied liegt darin, daß ich beim Tobiano sehen kann, daß er die Erbanlage hat, sonst wäre er ja kein Tobiano. Ob ein Pferd eine Overo-Erbanlage hat, kann ich nicht unbedingt sehen. Ich kann es vermuten, aufgrund weißer Abzeichen an Kopf und Beinen, besonders dann, wenn sie zerrissen sind, aufgrund von Stichelhaaren, aufgrund blauer Augen und schließlich aufgrund seiner Abstammung. Hat ein Pferd erst einmal einen Overo gezeugt oder produziert, weiß ich allerdings, daß die Erbanlage vorhanden ist. Die Chancen auf bunte Fohlen sind bei einem solchen Pferd, gepaart mit einem Overo oder einem anderen Pferd, das bereits Overos produziert hat, keineswegs schlechter als bei Tobianos. Worauf achte ich bei der Abstammung eines Pferdes, wenn es darum geht, ob es ein guter Kandidat fü r ein Overo-Fohlen ist? Da gibt es zunächst einmal Linien, die besonders " overo-trächtig " sind, z.B. Leo, Three Bars/Doc Bar, Wiescamp-Pferde und andere. Berühmte Vererber heute, die Overos gezeugt haben, sind Sonny Dee Bar, Colonel Freckles, Mr. Gun Smoke, Sähne von Doc's Bar (wie z.B. Doc's Lynx, Doc's Oak, Doc's Quixote u.a.) Peppy San, Mr. San Peppy, Peppy San Badger, Smart Little Lena, Zippo Pine Bar, Impressive, Topsail Cody und viele andere - man kann sie nicht alle aufzählen. Da Linienzucht rezessive Erbanlagen verstärkt, kann man immer dann mit einer guten Chance rechnen, wenn Pferde liniengezogen sind, d.h. auf bestimmte Pferde mehrfach zurückgehen. Im Gegensatz zur Tobiano-Vererbung, wo die Genetiker ein bestimmtes Gen gefunden haben, das dafür verantwortlich ist, tappen sie beim Overo noch weitgehend im Dunkeln. Einem Gen konnten sie die OveroErbanlage nicht zuordnen, und was genau für diese Pattern verantwortlich ist, weiß man einfach noch nicht. Wer weiß, was da eines Tages noch herauskommen mag. Wichtig ist auch, zu beachten, daß Tobianos ebenso wie einfarbige Pferde eine Overo-Erbanlage haben können (und weitervererben können). Es kann deshalb vorkommen, daß aus einer Tobiano-Anpaarung ein Overo-Fohlen fällt. Das ist weiter nichts Verwunderliches. Beide Elterntiere hatten eben auch eine Overo-Erbanlage und haben diese weitergegeben, ein Tobiano-Gen wurde nicht vererbt (was die Overo-Anlage weitgehend unterdrückt oder unkenntlich gemacht hätte), und so wurde das Fohle ein Overo. Direkte Anpaarungen Tobiano X Overo werden in der Regel als solche eingetragen, aber es gibt genug Tobianos, die schlicht als Tobianos registriert sind, die aber in Wirklichkeit Tobianos/Overos sind, also beides. Ein geübtes Auge kann häufig bei solchen Tobianos (wie auch bei einfarbigen Pferden) eine wahrscheinlich vorhandene Overo-Erbanlage erkennen. Pattern-Beschreibung Bei der Beschreibung der Pattern kann nur angefü hrt werden, was dafür typisch ist. Es gibt immer Ausnahmen, und bei manchen Pferden kann nur der Kenner unterscheiden, um welche Pattern es sich handelt. Der Tobiano hat typischerweise weiße Beine bis hinauf zum Carpal- bzw. Sprunggelenk. Die weißen Abzeichen kreuzen den Rücken bzw. die Oberlinie, die Abzeichen am Kopf sind häufig gering oder fehlen nicht selten ganz. Typisch sind einfache, glatte, abgerundete Muster. Wenn es sich nicht um einen überwiegend einfarbigen Tobiano handelt, erscheint das Pferd wie eins, das weiß ist und dunkle Flecken darauf aufgemalt hat. Der Overo hat meistens ein Bein oder mehrere bis zum Huf dunkel, nicht selten auch alle vier. Er hat typischerweise viel Weiß im Gesicht, die Abzeichen kreuzen in der Regel nicht die Oberlinie oder doch wenigstens nicht den Rücken, und sie sind vielfach eher zerrissen und wild. Blaue Augen und weiß bis auf Unterlippe und Kinn gelten als Overo-Merkmal. Wenn es sich nicht um einen überwiegend weißen Overo handelt, so sieht ein Overo aus wie ein dunkles Pferd, auf das weiße Abzeichen aufgemalt wurden. Ob ein Paint Horse-Züchter nun Tobianos oder Overos züchtet, ist Geschmacksache, vielleicht hat er auch beides. Wichtig ist ,was anfangs besprochen wurde, daß er die Farbe nicht zur Hauptsache macht, sondern Pferde züchtet, denen jeder Quarter Horse-Kenner und Westernreiter Anerkennung zollen muß. H.O.