Arbeitsblatt 58 Krzysztof Kieslowski: Drei Farben. Blau (1993)

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Arbeitsblatt 58 Krzysztof Kieslowski: Drei Farben. Blau (1993)
Arbeitsblatt 58
Krzysztof Kieslowski: Drei Farben. Blau (1993)
Cineastik – Cineastik – Cineastik – Cineastik – Cineastik – Cineastik – Cineastik
Inhalt:
Bei einem Autounfall verliert die 33 Jahre alte Julie (Juliette Binoche) ihre Tochter Anna und ihren
Mann Patrice, einen Komponisten. Sie selbst überlebt und versucht nach einem halbherzigen
Selbstmordversuch im Krankenhaus alle Brücken hinter sich abzureißen.
Sie nimmt wieder ihren Mädchennamen an, wirft die unvollendete Komposition ihres Mannes zur
Vereinigung Europas auf den Müll und beauftragt einen Anwalt, ihren gesamten Besitz zu verkaufen und mit dem Erlös für ihre Mutter, das Hausmädchen und den Gärtner zu sorgen. Nur ein Glasperlenspiel, dessen Steinchen blau funkeln, nimmt sie mit in die neue Mietwohnung. Julie wählt
eine der extremsten Formen persönlicher Freiheit: die Einsamkeit.
Später begegnet sie einer jungen Anwältin, die von Patrice geschwängert wurde. Sie wird der
Frau und dem Kind ihr Anwesen überschreiben. Wie neu geboren taucht sie nach einem Bad im
Pool aus dem blauen Wasser auf. Jetzt ist sie auch in der Lage, Oliver (Benoît Régent), einen ehemaligen Assistenten des toten Komponisten, bei der Vollendung einiger Werke ihres Mannes zu
unterstützen. Die Erinnerungen holen Julie ein, aber sie hat inzwischen Abstand dazu gewonnen
und behält ein bestimmtes Maß an persönlicher Freiheit, auch wenn sie sich jetzt auf eine Beziehung mit Oliver einlässt.
Arbeitsblatt 88 – Drei Farben Blau – © MMMag. Dr. Christoph Thoma
Anselm-von-Canterbury-Akademie für Christliche Philosophie und Katholische Theologie
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Meinungen zum Film:
In „Blau“ geht es […] nicht um politische Kieslowski wollte […] nicht die Freiheit des MenFreiheit, sondern um die Freiheit des Einzel- schen in der Gesellschaft behandeln, da diese zunen und ihre Gefährdung durch Besitz und mindest in Frankreich mehr oder weniger selbstErinnerung. Der Tod geliebter Menschen wird verständlich ist, sondern die innere Freiheit eines
hier auch als Chance eines neuen Anfangs Menschen. Dieser Mensch ist Julie, die in ihrer
gedeutet. Logisch und geradlinig, klar und Vergangenheit gefangen ist und dementsprechend
kühl baut der polnische Regisseur seinen arti- nicht frei, ihr Leben zu gestalten. Sie versucht
fiziellen, erlesenen Film auf. Trotz oder gerade zwar, keine Gefühle an sich heranzulassen, um nie
wegen der Gefühlsaskese Julies – und der wieder so verletzt zu werden, wie durch den Verschauspielerischen Leistung der Hauptdarstel- lust ihrer Familie, jedoch gelingt es ihr nie ganz.
lerin Juliette Binoche – werden der Schmerz So gibt es immer wieder Situationen, in denen sie
und der Wille zum Überleben unmittelbar beispielsweise an die Musik ihres Mannes erinnert
nachvollziehbar.
wird und sie sich dem aufgestauten Kummer nur
„Wir haben versucht zu zeigen, was die drei schwer entziehen kann. Erst mit der Zeit bemerkt
historischen Begriffe ‚Freiheit‘, ‚Gleichheit‘ sie, dass sie ihre Vergangenheit aufarbeiten muss,
und ‚Brüderlichkeit‘ heute für uns bedeuten. um wieder ein glücklicheres Leben führen zu könFür uns, die wir die Freiheit schon haben, nen.
gleich sind und in der Brüderlichkeit ein ge- ‚Blau’ ist ein Film, der ganz auf die Hauptdarstelmeinsames Ideal sehen.“ Eine Wohlstandge- lerin Juliette Binoche zugeschnitten ist. Neben der
sellschaft also, die dennoch an den existenziel- grandiosen Musik und der zwar etwas eigenwillilen Fragen des Lebens nicht vorbeikommt.
gen, aber sehr passenden Optik, ist sie es, die den
Film fast ganz allein trägt. Wenn die von ihr verkörperte Figur Julie anfangs erfährt, dass ihre Familie tot ist und sie sich daraufhin das Leben
nehmen will, leidet man mit ihr, obwohl der Film
noch keine fünf Minuten läuft. Und obwohl Julie
beschließt, keine Gefühle mehr zu haben und
dementsprechend nur wenig Minenspiel zeigt,
sieht man ihr den inneren Schmerz ständig an.
Jedoch muss man sich als Zuschauer schon dar-
Abb.: Kryszof Kieslowski (1941-1996)
über im Klaren sein, dass es neben Binoche nicht
mehr viel gibt. Die Handlung ist, wie es die kurze
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Inhaltsangabe schon vermuten lässt, eher nebensächlich und dient nur dazu, zu erklären, warum
Julies Gemütszustand so ist wie er ist, nicht aber
dazu, einen Spannungsbogen aufzubauen. Deshalb
ist dieser Film sicher nicht jedermanns Sache und
man muss sich schon ziemlich darauf einlassen,
um ihn genießen zu können.
Information zum Text:
Quelle:
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www.dieterwunderlich.de/Kieslowski_blau.htm
www.arte.tv/de/Berlinale-auf-ARTE/1935890.html
www.dvd-center.de/lift.asp?url=http%3A//www.dvd-center.de/main/reviews/display.asp%3Fm%3D1%26id%3D7352
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