Nr. 4 / Dezember 2015

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Nr. 4 / Dezember 2015
arbeit
kda-report
wirtschaft
Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt
der Evang.-Luth. Kirche in Bayern (kda)
elkb
soziales
Nr. 4 / Dezember 2015
Hochproblematische Minijobs
Minijobber sind
arbeitsrechtlich normale
Teilzeitbeschäftigte, deren
Rechtsansprüche einige
Arbeitgeber nicht erfüllen.
Foto: fotolia.com
sind in Bayern
unterschiedlich
verteilt. Die Ungleichverteilung ist am Arbeitsort stärker, als am Wohnort. Bezieht
man die ausschließlich geringfügig Beschäftigten auf die Wohnbevölkerung zwischen 18 und 65 Jahren, so erhält man für das Jahr
2013 einen bayerischen Durchschnitt von 9,31 Prozent. Damit arbeitet fast jede/r zehnte Bewohner/in zwischen 18 und 65 Jahren
ausschließlich in einem dieser deutlich prekären Arbeitsverhältnisse
ohne Sozialversicherungsschutz und mangelnder Altersvorsorge.
Von ausschließlich geringfügig Beschäftigten spricht man, wenn
Arbeitnehmer/innen neben einem Minijob keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgehen. Geringfügige Beschäftigungen sind grundsätzlich versicherungsfrei. Daher besteht für die Beschäftigten kein
Sozialversicherungsschutz. Die einzige Ausnahme bildet die Rentenversicherung. Von der Rentenversicherungspflicht können sich die
Beschäftigten zudem befreien lassen. Diese Befreiung hat jedoch
weitreichende Folgen und verringert Ansprüche (zum Beispiel Altersrente) oder hebt sie sogar auf (beispielsweise im Bereich der Rehabilitation). Trotz des Verlusts von Versicherungsansprüchen waren
im Juni 2015 im Bayerndurchschnitt 83,2 Prozent der Minijobs von
der Rentenversicherungspflicht befreit.
Die sogenannten Minijobs
Schlechte Jobs für Arbeitnehmende
Damit sind fast alle ausschließlich geringfügig Beschäftigte nur
schlecht bis gar nicht sozialversichert. Hält diese Art der Beschäftigung über mehrere Jahre an, so ist das Risiko der Altersarmut signifikant erhöht. Neben der mangelnden sozialen Absicherung, die
schon in der Gegenwart besteht, trägt diese Beschäftigungsart erheblich zu einer weiter ansteigenden Altersarmut in der Zukunft bei.
Damit entstehen nicht nur individuelle, sondern auch gesellschaftliche Probleme.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat sich
in seinen IAB-Kurzberichten 18/2015 und 19/2015 unter anderem
mit geringfügig Beschäftigten befasst. Im erstgenannten Kurzbericht
attestiert es einen Nachholbedarf, was den bezahlten Urlaub und die
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall in Betrieben angeht. So geben
etwa ein Drittel der Minijobber/innen an, keinen bezahlten Urlaub zu
erhalten. Die Umfrage unter den Betrieben zeigt, dass 15 Prozent von
ihnen Minijobber/innen ohne legalen Grund keinen bezahlten Urlaub gewähren. In Bezug auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
gaben 46 Prozent der Minijobber/innen an, diese nicht zu erhalten.
21 Prozent der Betriebe leisten ohne legalen Grund keine Entgeltfortzahlung. Damit verstoßen nach Selbstauskunft 15 beziehungsweise
21 Prozent der Betriebe in Bezug auf Minijobber/innen gegen geltendes Arbeitsrecht. Etwa die Hälfte von ihnen tut dies laut IAB, obwohl
sie die Rechtslage kennen.
Im Kurzbericht 19/2015 geht es um die Arbeitsmarktsituation von
Aufstockern. Hier zeigt sich, dass jede zweite Person in einem Minijob nach einer anderen oder einer zusätzlichen Arbeit sucht. Sie suchen nach besser bezahlter Arbeit und/oder Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit. Aufgrund der schlechten Absicherung, aber
auch Aufgrund der vorenthaltenen Rechte, werden Minijobs nicht zu
Unrecht als eine sehr problematische Form der Beschäftigung angesehen.
www.kda-bayern.de
>>>
kda-report _ 2
Verteilung in Bayern
In der Betrachtung danach, wo die Arbeitsstelle sich
befindet, liegen 53 Landkreise und kreisfreie Städte
unter dem bayerischen Durchschnitt und 43 darüber.
Die geringste Quote hat mit 5,8 Prozent der Landkreis Coburg. In der Stadt Weiden liegt die Quote
mit 20,6 Prozent am höchsten. In die höchste Kategorie fallen ausschließlich Städte. In der Kategorie
mit den niedrigsten Quoten sind bis auf die Stadt
Fürth ausschließlich Landkreise. Damit lässt sich ein
deutliches Stadt-Land-Gefälle erkennen, auch wenn
neben Fürth die Städte München und Schwabach
unter dem bayerischen Durchschnitt liegen. Von den
Regierungsbezirken stehen Mittel- und Oberfranken
mit 8,8 Prozent am besten und Unterfranken mit 10,3
Prozent am schlechtesten da. Neben Unterfranken
fallen die Grenzregionen zu Tschechien, Österreich
und Schweiz auf. Hier zieht sich ein fast durchgängiges Band an Kreisen und kreisfreien Städten von
Cham bis Lindau, die unter dem bayerischen Durchschnitt liegen.
Aufgeschlüsselt nach dem Wohnort der Arbeitnehmenden liegen nur 34 Landkreise und kreisfreie
Städte unter dem bayerischen Durchschnitt und 62
darüber. Die geringste Quote mit 7,5 Prozent weisen
hier der Landkreis Coburg und die Stadt München
auf. Die Stadt Würzburg hat mit 11,9 Prozent die
höchste Quote. Ein klares Stadt-Land-Gefälle ist nicht
mehr erkennbar. Dagegen ist die Konzentration von
Kreisen und kreisfreien Städten in der niedrigsten Kategorie auffällig. Es handelt sich hierbei um München
(inklusive Landkreis), Ingolstadt, der Großraum Nürnberg sowie das nördliche und östliche Oberfranken.
Ausschließlich geringfügig Beschäftigte am Arbeitsort
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Ausschließlich geringfügig Beschäftigte am Wohnort
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Während in den Städten und ihren Großräumen
wahrscheinlich die Mieten für ausschließlich geringfügig Beschäftigte zu hoch sind und sie deshalb dort
nicht wohnen, lässt sich die überwiegend niedrige
Quote in Nord- und Ostoberfranken eher durch eine
Industriestruktur erklären, in der solche Beschäftigungsformen nicht oder nur sehr selten vorkommen
(siehe Grafik oben). Mittelfranken ist hier wieder der
Regierungsbezirk mit der geringsten Quote von 8,6
Prozent. Unterfranken nimmt dagegen auch hier den
traurigen Spitzenreiterplatz mit 10,4 Prozent ein.
In beiden Auswertungen fallen die Landkreise Coburg, Erlangen-Höchstadt, Forchheim, Fürth und Hof
sowie die Stadt Fürth in die niedrigste Kategorie. Die
Städte Aschaffenburg, Bamberg, Passau, Schweinfurt,
Weiden und Würzburg fallen dagegen jeweils in die
höchste Kategorie. Insbesondere hier bedarf es Anstrengungen, um Minijobs in auskömmliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse
zu überführen. Aber auch andere Landkreise und
kreisfreie Städte dürfen sich nicht ausruhen.
Es bleibt zu hoffen, dass die Einführung des Mindestlohns im Januar 2015 bereits in die richtige Richtung gewirkt hat. Zahlen hierzu liegen noch keine vor.
Es wird sicherlich nicht ausreichen, nur auf den Mindestlohn zu setzen. Hier sind Politik, Arbeitgeber und
Gewerkschaften gefordert.
Thomas Krämer
Daten: Statistisches Landesamt, Agentur für Arbeit, eigene Berechnungen
Hinweis
Grafiken über die Verteilung der geringfügigen Beschäftigung unter
www.kda-bayern.de/mitnehmen/kda-report
3 _ kda-report
Atlas zur Gleichstellung
von Frauen und Männern
in der EKD 2015
Gleichstellung will
direkte und indirekte Ungleichheit
beseitigen. Eine Herausforderung
auch für Kirche und Diakonie.
Foto: Norbert Feulner
erschienene erste
Gleichstellungsatlas der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) trägt erstmals umfangreiches
Zahlenmaterial über die Partizipation von Frauen und Männern am
kirchlichen Leben, an der Leitung, der Arbeitswelt Kirche und der
institutionalisierten Gleichstellung zusammen. Den Autorinnen des
Studienzentrums der EKD für Genderfragen in Kirche und Theologie
sowie der Konferenz der Frauenreferate und Gleichstellungsstellen
in den Gliedkirchen der EKD, unter ihnen auch die Frauengleichstellungsbeauftragte der Evang.-Luth. Kirche in Bayern (ELKB), Dr.
Johanna Beyer, ist die schwierige Aufgabe gelungen, ein durchaus
heterogenes Zahlenmaterial empirisch aufzubereiten. Der Atlas stellt
die Geschlechterverteilung unterschiedlicher Bereiche kirchlichen
Lebens übersichtlich und anschaulich dar und benennt Entwicklungspotentiale. Wir beleuchten hier besonders die Beschäftigungsverhältnisse in Kirche und Diakonie.
Der im März dieses Jahres
bundesweit 76 Prozent in den verfassten Kirchen und 78,5 Prozent in
den diakonischen Einrichtungen. Im Vergleich dazu stellen Frauen im
Gesamtdurchschnitt rund 46 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland. Bei den rund 100.000 Beschäftigten in Bayern, sind 75 Prozent
in der verfassten Kirche und 80 Prozent in der Diakonie weiblich.
Frauen und Männer im Pfarrberuf
Nahezu umgekehrt verhält sich die Geschlechterrelation bei den
Theologinnen und Theologen im aktiven Dienst. Hier liegt der Frauenanteil bei 33 Prozent insgesamt, in Bayern bei 32 Prozent. Zwar ist
der Frauenanteil seit 1991 um etliche Prozentpunkte gestiegen, allerdings übersteigt auch 2009 keine der Gliedkirchen wesentlich den
Anteil von ein Drittel Theologinnen. Diese Entwicklung spiegelt zum
einen den steigenden Anteil von Frauen in akademischen Berufen
generell, aber auch den steigenden Anteil weiblicher Theologiestudierenden im Besonderen wider. So lag an bayerischen Universitäten
2013 ihr Anteil bei 57 Prozent. Damit wird sich der Pfarrberuf trotz
einer insgesamt sinkenden Anzahl von Theologinnen und Theologen im aktiven Dienst vom Männerberuf hin zu einem gemischtgeBeschäftigte in Kirche und Diakonie
Mit 670.000 Beschäftigten, davon 230.000 in der verfassten Kirche schlechtlichen Beruf entwickeln. Allerdings wird diese, aus Genderund 440.000 in der Diakonie, gehören die Evangelische Kirche und Perspektive positive Einschätzung durch zwei Faktoren gebremst:
1. Die mittlere Leitungsebene ist zu 79 Prozent nach wie vor
Diakonie deutschlandweit zu den großen Arbeitgeberinnen. Der
überwiegende Teil der Beschäftigten sind Frauen. Ihr Anteil beträgt männlich besetzt. In Bayern sind es auf der Ebene der Dekanatsbezirke sogar 84 Prozent Männer
(2013). Frauen sind mit einem
Beschäftigte i.d. Diakonie nach Bundesländern 2008
Beschäftigte i.d. Gliedkirchen der EKD 2014
Anteil von 21 Prozent (EKD) und
16 Prozent (ELKB) erheblich unterrepräsentiert. Die Gliedkirchen
SchleswigHolstein
Baden, Pfalz, Kurhessen-Waldeck
MecklenburgVorpommern
Nordkirche
ReforHamburg
und Braunschweig weisen mit
mierte
Kirche
Bremen
Bremen
32 Prozent bis 42 Prozent bereits
Oldenburg
Hannover
Brandenburg
weitaus höhere Anteile an weibliSchaumburgBerlin-BrandenburgNiedersachsen
Berlin
chen Führungskräften auf mittleLippe
schlesische
SachsenOberlausitz
BraunAnhalt
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schweig
Lippe
2. Fast die Hälfte (48 Prozent)
Anhalt
Westfalen
NordrheinWestfalen
aller bayerischen Pfarrerinnen arKurhessenMittelbeitet im Teildienst, bei den PfarSachsen
Sachsen
deutschland
Waldeck
Thüringen
Rheinland
rern sind dies nur 14 Prozent. Die
Hessen
Frauenanteil in %
Frauenanteil in %
Teildienstquote der Theologinnen
Hessen
und
keine Angaben
bis 70
Nassau
im aktiven Dienst ist daher 3,4 mal
Rheinlandbis 76
71 – 73
Pfalz
77 – 80
74 – 76
so hoch wie die ihrer männlichen
81 – 84
77 – 79
85 und mehr
80 und mehr
Saarland
Pfalz
Kollegen. Damit lässt sich zum eiBayern
nen feststellen, dass der Teildienst
Bayern
BadenWürttemberg
Württemberg
im Pfarrberuf bereits eine etablierte Beschäftigungsform darstellt,
Baden
zum anderen auch als geschlechtersegregiertes
Erwerbsmuster
benannt werden kann.
>>>
kda-report _ 4
Teilzeit
In Bayern arbeiten von den insgesamt 27.300 Beschäftigten der
verfassten Kirche fast 19.600 und damit mehr als zwei Drittel in
Teilzeit. Über alle Berufsgruppen sind es vor allem Frauen, die Teilzeitarbeitsverhältnisse (79 Prozent) besetzen. Die Grafik unten veranschaulicht, dass fast die Hälfte (48 Prozent) der in der bayerischen
Landeskirche beschäftigten Frauen und 12 Prozent der männlichen
Beschäftigten in Teilzeit (ohne geringfügige Beschäftigung) arbeiten.
Zum Vergleich: Die entsprechende durchschnittliche Teilzeitquote
in Deutschland liegt für Frauen bei 45 Prozent und bei Männern bei
9 Prozent. Dieser geschlechtsspezifische Unterschied lässt sich zum
Teil mit der ungleichen Aufteilung von Familienarbeit erklären. Allerdings würde nach Ergebnissen des ersten Gleichstellungsberichts
der Bundesregierung fast jede zweite teilzeitbeschäftigte Mutter ihre
Arbeitszeit gerne ausdehnen, unter den Müttern mit weniger als 15
Wochenstunden sind es sogar fast drei Viertel. Des Weiteren ist für
die sozialen Berufe der Anteil unfreiwilliger Teilzeitarbeit zu thematisieren, der auf dem Phänomen der Überlastung durch Arbeitsverdichtung und Überstunden zurückgehen, wie bspielsweise in den
Pflegeberufen zu beobachten ist.
beschäftigten Frauen haben einen Minijob, das heißt, Männer arbeiten 1,7 mal so häufig in Minijobs wie Frauen (siehe Grafik unten). Besonders an diesem Punkt bedarf es einer genaueren Erhebung über
Art und Umfang der ausgeübten Tätigkeiten. Auch die besondere
Problematik der fließenden Übergänge zwischen Freiwilligenarbeit
und entlohnten Tätigkeiten in der Kirche, mithin des Abbaus regulärer Arbeitsplätzen und Abschmelzung des offiziellen Arbeitszeitvolumens wären dabei zu berücksichtigen.
Geringfügig Beschäftigte – Quoten in den Gliedkirchen und gliedkirchlichen Zusammenschlüssen der EKD
2014 – Frauen- und Männerquote in %
20
18
Anhalt
Baden
Berlin-B.-schlesische O.
Braunschweig*
13
Anhalt
9
13
k. A.
Bremen
8
14
Hannover**
15
Baden
Kurhessen-Waldeck
24
Berlin-B.-schlesische O.
Braunschweig*
Mitteldeutschland
17
Nordkirche
15
30
Hessen und Nassau
Kurhessen-Waldeck
44
22
Lippe
23
63
21
Oldenburg
67
9
40
18
Reformierte Kirche
42
26
Rheinland***
55
30
Sachsen
65
12
61
28
Westfalen
55
19
Württemberg
51
19
Durchschnitt
EKD, UEK, VELKD
46
14
10
53
19
19
20
40
26
31
14
23
Durchschnitt
21
25
33
0
1
41
Nordkirche
Schaumburg-Lippe
62
14
52
29
50 %
■ GfB-Quote: Anteil geringfügig beschäftigter Männer an allen männl. Beschäftigten der Kirche in %
■ GfB-Quote: Anteil geringfügig beschäftigter Frauen an allen weibl. Beschäftigten der Kirche in %
44
11
40
20
Reformierte Kirche
EKD, UEK, VELKD
63
9
Mitteldeutschland
Pfalz
73
21
Hannover**
21
20
Pfalz
Württemberg
k. A.
Bremen
29
16
Westfalen
57
55
39
Lippe
Schaumburg-Lippe
48
39
25
Sachsen
46
12
Bayern
30
18
Hessen und Nassau
Rheinland***
50
48
28
Oldenburg
Teilzeitquoten in den Gliedkirchen und gliedkirchlichen Zusammenschlüssen der EKD 2014
Frauen- und Männerquote in %
43
23
Bayern
53
39
50 %
■ Teilzeitquote: Anteil teilzeitbeschäftigter Männer (ohne geringfügig Beschäftigte) an allen Männern in %
■ Teilzeitquote: Anteil teilzeitbeschäftigter Frauen (ohne geringfügig Beschäftigte) an allen Frauen in %
Geringfügige Beschäftigung
In der Kirche sind Minijobs besonders weit verbreitet: Fast jede/r
vierte Beschäftigte der Gliedkirchen arbeitet in einem geringfügigen
Beschäftigungsverhältnis, im Bundesdurchschnitt ist es nur jede/r
Fünfte. Innerhalb der Kirche haben wir es mit einem geschlechterübergreifenden und mit einem wachsenden Phänomen zu tun. Es
gibt also anteilig immer mehr kirchliche Beschäftigungsverhältnisse,
sofern sie alleinige Erwerbsquelle sind, die nicht existenzsichernd
sind. Doppelt so viele Frauen wie Männer sind in dieser Form in der
Kirche prekär beschäftigt.
In der ELKB liegt der Anteil der geringfügigen Beschäftigung an
allen Beschäftigten besonders hoch: Hier arbeitet jede/r Dritte geringfügig (zum Vergleich: Nordkirche 16 Prozent; Württemberg 24
Prozent; Westfalen 18 Prozent). Fast die Hälfte (48 Prozent) aller in
der bayerischen Kirche beschäftigten Männer und 28 Prozent der
Was zu tun ist
Evangelische Frauenverbände, Diakonie Bayern sowie die Sachverständigenkommission des 1. Gleichstellungsberichtes der Bundesregierung fordern gleichermaßen, die versicherungs- und steuerrechtlichen Sonderregelungen von Minijobs abzuschaffen, da sie zwar
kurzfristig attraktiv erscheinen, jedoch Fehlanreize setzen: Sie führen
als alleinige Erwerbsquelle in berufsbiographische Sackgassen, erfüllen keine Brückenfunktion in den regulären Arbeitsmarkt und ziehen
erhebliche persönliche und gesellschaftliche Folgekosten durch eine
soziale Unterversicherung in der Alters-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nach sich.
Ein wichtiges Kriterium hin zur biblischen Verheißung von Frauen
und Männern als Partnerschaft von Gleichen in der kirchlichen Wirklichkeit sind gute Arbeitsbedingungen in Kirche und Diakonie. Wichtige Schritte und Aufgaben für die Zukunft sind daher: Die Förderung
von Frauen auf allen Führungsebenen, der Abbau von geschlechtsspezifischer Segregation und prekärer Beschäftigung sowie die Überprüfung der Arbeitsbedingungen. Für eine gute Analyse und zukunftsfähige Prozessgestaltung braucht es zudem detaillierte und einheitliche Statistiken.
Nina Golf
Literatur
Studienzentrum der EKD für Genderfragen, Konferenz der Frauenreferate und
Gleichstellungstellen in den Gliedkirchen der EKD (2015): Atlas zur Gleichstellung von
Frauen und Männern in der evangelischen Kirche in Deutschland – Eine Bestandsaufnahme
Grafiken: Studienzentrum der EKD für Genderfragen in Kirche und Theologie
Impressum
Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern (kda)
Gudrunstr. 33, 90459 Nürnberg | verantworlich: Dr. Johannes Rehm
Inhalt: Team der Wissenschaftlichen Referent/innen
Redaktion, Gestaltung: Norbert Feulner
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