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Frau Dr. Silke Opitz, Kunsthistorikerin, Weimar Die Vorliebe Dondeynes gilt der Malerei, obgleich er sich gerade in jüngster Zeit auch wieder der Bildhauerkunst - seinem ursprünglichen Studienfach - zuwendet. So ließ der Künstler 1998 die bronzenen Klemplastiken einer Tänzerin und eines Hundes in Edition gießen, welche als kombinierbare Einzelfiguren konzipiert sind. Der Mann mit Bussard und eine Sitzende Frau sind 1999 in Metall ausgeführt worden. Dondeyne zeigt sich auch als Plastiker dem Gegenständlichen verbunden. Mit seinen allansichtigen Gestalten folgt er der Natur und verfremdet diese nur leicht durch sichtbar belassenes Modelé sowie Längung der Körper. Obwohl hierin entfernt Giacomettis plastischen Werken ähnlich, sind Dondeynes Figuren nicht vom Ringen um ein existenzielles, weil als ephemer erfahrenes Menschenbild geprägt. Einerseits verleiht der Künstler seinen dreidimensionalen Gestalten symbolhafte Bedeutung durch die Beigabe verschiedener Attribute wie Kugel oder Tier. Andererseits sind die Figuren ihrer Haltung nach Ausdruck an sich, was besonders die emotional wie physisch bewegte Tänzerin verdeutlicht. Dieses fragile Bildwerk evoziert als solches zudem einen ungemein haptischen Reiz. Dondeyne hat sich der Malerei, jener von ihm favorisierten Gattung, weitestgehend als Autodidakt genähert. Die in den letzten Jahren meist in Mischtechnik entstandenen Gemälde künden hinsichtlich Komposition, Technik und Farbwahl von einem regelrechten Entwicklungsschub des Künstlers. Dieser widmet sich als Maler hauptsächlich zwei Themenkomplexen. Zum einen fasziniert ihn die Landschaft, welche er unmittelbar vor Ort in seinen Bildern festhält. Andererseits gilt sein Interesse der menschlichen Figur als solcher wie auch als vielschichtige Persönlichkeit in ihrer ambivalenten Beziehung zur Außenwelt. Der Landschafter Dondeyne pflegt die Pleinair-Malerei. Dabei an die Tradition der französischen Impressionisten anknüpfend, versteht es der Künstler, deren Motivwahl und Technik für sich zu aktualisieren (Spiegelung, 1989, AcryI/Karton; Große Seerosen, 1994, Acryl/Holz; Seerose.Noctürne, 1995, AcryI/Karton). So ist ihm weniger an einer naturalistisch-detailgetreuen Wiedergabe bestimmter Gegenden, Wald-, Feld- oder Wiesenstücke gelegen als vielmehr an der stimmungshaften Momentaufnahme der Natur. Dabei versucht er, den Augenblick der Synthese aus subjektiv Wahrnehmbaren und der Natur eigenen, ihr gleichsam abgelauschten Bewegung zu bannen. Ferner beschäftigt den Künstler besonders die malerische Umsetzung des Lichtes und dessen facettenreicher Wirkung. Die in Acryl oder Mischtechnik ausgeführten Landschaften von meist mittlerem Bildformat kennzeichnet ein lockerer, weicher Duktus und eine individuelle, in den letzten Jahren flächenhaftere Farbgebung. Dabei überwiegen gern intensive Blauund Rottöne in unterschiedlichem Mischverhältnis. Zudem lassen besonders jene in die Jahre 1996 bis 1999 datierenden Arbeiten (Sommer in Altenvers, 1996, AcryI/Karton; Magie der Stille, 1998, AcryVHolz; Die Lahn bei Kernbach, 1999, Acryl/Leinwand) das verfeinerte Gespür des Künstlers für den Bildausschnitt wie auch für die Binnengliederung erkennen. Innerhalb der besagten Werkgruppe fallen einige schmale Hochformate auf, die in seltener Perspektive das relativ unspektakuläre Motiv des Feldrandes zeigen. Wie aus der Untersicht aufgenommen, ist dem mit Korn- und Mohnblumen gesprenkelten Getreide fast die gesamte Bildfläche eingeräumt. Am weit entfernt scheinenden, weil hochangesetzten Horizont sind nur einzelne Bäume zu erkennen. Kompositon und Farbigkeit verleihen diesen panelhaften Bildern eine ungemein dekorative Wirkung und lassen somit an japanische Holzschnitte der Jahrhundertwende denken. Dondeynes figürliche Malerei wird von den sogenannten Menschenbildern bestimmt. Auch hier hält der Künstler den flüchtigen Eindruck des Momentes fest. Doch im Gegensatz zu den durchweg positivistischen Naturdarstellungen wirken vor allem die früheren Menschenbilder mitunter nachdenklich und im Ansatz schwermütig (Im Vorübergehen, 1989, Mischtechnik/Holz; Kreuzweg, Mischtechnikleinwand, 1989; Selbst im Vorübergehen, MischtechnikILeinwand, 1990). Lose miteinander verbundene Figurengruppen tauchen schemenhaft aus mattfarbigen Bildgründen auf bzw. verlieren sich in selbigen. Wie in kreuzförmig angeordneten Prozessionszügen schieben sich jene Menschenmassen aufeinander zu oder aber aneinander vorbei. Ihre Begegnung scheint schicksalhaft obgleich der Einzelne keine Beachtung erfährt. Nach den Indien- und Afrikareisen des Künstler hellte sich dessen Palette merklich auf, wobei er die frühere Art der Bildaufteilung zunächst beibehielt. Nun lösen sich individueller erfaßte, wenn auch in ihrer Haltung noch immer statische Gestalten aus dem Bildhintergrund (Leicht Afrikanisch, 1995, Mischtechnik/Holz; Die Kathedrale, 1997, Mischtechnik/Leinwand; Die Hand reichen, 1997, Mischtechnik/Leinwand). Während hier Tiefenräumlichkeit zumindest noch angedeutet wird, verzichtet Dondeyne in einigen späteren Arbeiten teilweise ganz auf die Perspektive. Die zuvor verhaltene Kolorierung weicht zudem kräftigeren, kaum nuancierten Farbtönen, welche in ihrer Wirkung heiter stimmen. Vergleichsweise scharf konturierte Einzelfiguren werden vor farblich konträre Flächen gesetzt (Die Großen und die Kleinen, 1998, Acryl/Holz; Und man sieht nur die im Lichte, 1998, Acryl/Holz). Durch die rhythmische Anordnung mehrerer solcher Farb-Figuren-Felder entwickeln die teilweise auch collagierten Arbeiten Struktur. Letztere fällt durch eingestreuten Sand und/oder Holzspäne mitunter gar reliefartig aus. Innerhalb des Bildaufbaus wird dadurch eine gesteigerte Dynamik erzielt, der auch die jetzt wesentlich bewegteren Figuren entsprechen. Konsequenterweise beschäftigt Dondeyne sich in seinen neuesten Werken dieser Art mit dem Thema Tanz (Let's dance, 1999, Mischtechnik/Holz; Tanz mit Vier, 1999, Acryl!Holz). Auch hier agiert der Artist oder aber eine Akrobatengruppe vor einer größeren Menschenmenge. Letztere fungiert hinsichtlich der Bildkomposition als Folie, vor der die verschiedensten Bewegungen und Posen der Einzelfiguren exerziert werden. Neben den Menschenbildern beschäftigt der Maler sich immer wieder mit dem vornehmlich weiblichen Akt (Grüner Akt, 1987, Lithokreide/Acryl; Primavera, 1996, Lithokreide/Acryl). Dabei gilt sein Augenmerk weniger dem individuellen Modell, als vielmehr dem menschlichen Körper in ruhigen, großzügig erfaßten Posen. So sind diese Leiber häufig im jeweils torsohaften Ausschnitt wiedergegeben. Kopf und Gliedmaßen werden nur angedeutet oder fehlen ganz. Farb- und Motivwahl lassen diese Figuren transparent und zerbrechlich erscheinen. Uberwiegend Grün-, Blauund Grautöne ziehen sich häufig über schwarze Lithokreide. Vor allem aber nutzt Dondeyne nicht den flächigen Farbauftrag sondern mit Kraft auf die Leinwand gebrachte und dennoch grafisch wirkende Schraffuren zur Vergegenwärtigung des empfindsamen, verletzlichen Menschen. Wie ein Netz spannen sich diese Liniengefüge um bzw. über die Gestalten und fungieren gleichzeitig als Gitter zwischen den Figuren und dem Betrachter.