Originalartikel - Waldwissen.net

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WALD UND HOLZ
Mit einem 280 m langen und 15 mm
starken Seil unterstützt die Traktionshilfswinde «Alpine Synchrowinch»
den Radantrieb der Forstmaschine.
Traktionshilfswinden von Herzog Forsttechnik
Symbiose aus Rad und Seil
Traktionshilfswinden unterstützen den Radantrieb von Forstmaschinen am Hang und verhindern dadurch Bodenschäden. Besonders gut eignen sie sich für die Holzernte im gut erschlossenen Bergwald. Dort ist der Maschineneinsatz mit Hilfe von Traktionsseilwinden oft auch
wirtschaftlicher als andere Erntesysteme. An einer Maschinenvorführung bei Schaffhausen
­erläuterte der Erfinder dieser Spezialwinden, Klaus Herzog, deren Vorzüge, warnte aber auch
vor falscher Anwendung.
Von Ferdinand Oberer. Klaus Herzog hatte
bereits in den 1990er-Jahren die Idee,
Hilfsseilwinden für eine bodenschonende
mechanisierte Holzernte am Hang zu entwickeln. Dann kam der Orkan ­«Lothar»
und der Maschinenhersteller musste die
Entwicklung der Winde wegen anderer
Prioritäten auf Eis legen. 2004 war es aber
soweit: Herzog Forsttechnik brachte die
erste Traktionshilfswinde auf den Markt.
Seitdem etabliert sich die Spezialwinde
langsam aber stetig. In Deutschland sind
heute 30 Winden des Herstellers in Betrieb
und in der Schweiz drei.
Die Traktionshilfswinde dient vor allem
dazu, bei der maschinellen Holzernte im
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Hang den Radschlupf der Fahrzeuge zu
verhindern und damit Boden­
schäden
zu vermeiden. Mit der Entwicklung der
Winde wollte Klaus H
­erzog auch im
­Bergland eine nachhaltige mechanisierte
Holzernte ermöglichen. «In den 1980erJahren wurden Wald­böden an Hanglagen
entweder nachhaltig beschädigt oder es
blieben Bestände ungenutzt. Wo aber
stehen die grossen Holzreserven? Am
Hang», so der Forstmaschinenbauer aus
Zumholz.
Die Traktionsseilwinde bietet gegenüber herkömmlichen Hilfsmitteln wie
zum Beispiel Bogie-Bändern neben der
Bodenschonung noch weitere Vorteile:
Man kann mit Hilfe der Traktionsseilwinde auch bergauf fahren. Dadurch
­erspart man sich nach den sogenannten
Sinkfahrten durch den Bestand mit dem
Rückezug lange Fahrten über Forst­stras­
sen zurück zum oberen Ende der Rücke­
gasse – Fahrten, die Treibstoff und Zeit
kosten, Emissionen generieren, BogieBänder verschleissen, Strassen beschädigen und damit Waldbesucher verärgern.
Zudem lassen sich mit der Hilfswinde
Fahrfehler im Hang korrigieren. «Ohne
Winde gibt es nach einem Fahrfehler oft
keine andere Möglichkeit, als die Fahrt
bergab fortzusetzen und zu versuchen
wieder auf den rechten Weg zu kommen.
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An dieser Anzeige kann der Fahrer die
­aktuelle Zugkraft der Traktionshilfswinde
ablesen. Die Winde zieht mit einer Kraft
bis 10 t.
Klaus Herzog keinen Bedarf. Ausserdem
wäre es bei Kräften über 10 t schwierig,
verlässliche Ankerbäume zu finden. Bei
Bergabfahrten komme die Maschine
meist mit 2 t Windenkraft aus, bei Bergauffahrten in der Regel mit 5 bis 6 t.
Der «Ponsse Wisent Alpine»-Rückezug im Wald bei Schaffhausen. In diesem Hang mit
60% Gefälle könnte die Maschine ohne Traktionshilfswinde nicht arbeiten.
Keine Sicherheitswinde!
Das kostet Zeit, richtet Schäden im
Bestand an und ist oft gefährlich», so
­
Klaus Herzog.
Beim Harvestereinsatz erhöhe die Seilwinde ausserdem in kritischen Momenten die Standsicherheit der Maschine.
Insgesamt laufe die Maschine ruhiger
und verbrauche weniger Diesel, weil die
Traktionshilfswinde mit hohen Wirkungsgraden arbeite: «Fast jedes Kilogramm
Kraft der Winde dient dem Hangauftrieb», betont Klaus Herzog. Beim Rad­
Trotz des Arbeitskomforts und trotz
der Sicherheitsvorteile des Systems legt
Klaus Herzog Wert darauf, die Seilwinde
als Hilfswinde, nicht aber als Sicherheitswinde zu verwenden: «Das System unterstützt nur den Hangauftrieb bei der Fahrt
am Hang und darf nur dort eingesetzt
werden, wo die Forstmaschine selbstständig, ohne Seilunterstützung steht.»
Das ist auch eines der Kriterien, wonach
das KWF (Kuratorium für Waldarbeit und
Forsttechnik e.V.) die Seilwinde von Herzog Forsttechnik geprüft hatte. Die Winde
Klaus Herzog entwickelte die erste Trak­
tionshilfswinde und brachte sie 2004 auf
den Markt.
antrieb gehe durch Radschlupf dagegen
viel mehr Energie verloren.
Prinzip und Bedienung
Das Grundprinzip der Traktionshilfswinde ist einfach: Man verlagert einen
Teil der Vortriebsleistung von den Rädern
auf das an einem Ankerbaum befestigte
Seil. Der Seilzug entlastet somit den Radantrieb und unterstützt beim Bergabfahren die Bremsung.
Die Umsetzung der Idee erforderte
aller­dings die Anwendung und Entwicklung komplexer Technologien, denn die
Geschwindigkeiten des Radantriebs und
des Windenzugs müssen präzise aufeinander abgestimmt sein, damit das Zugseil
konstant gespannt bleibt.
Bei den Winden von Herzog Forsttechnik gibt der Fahrer die gewünschte Kraft
des Seilzuges vor. Die Synchronisation
zwischen Radantrieb und Winde übernimmt dann eine Steuerungselektronik.
Ändern sich Gefälle, Bodenbeschaffenheit oder Maschinengewicht (beim
Rückezug), muss der Fahrer die Zugkraft
über eine Funkfernsteuerung neu einstellen. Möglich sind stufenlose Einstellungen, wobei sich die aktuelle Zugkraft auf
einer Anzeige in der Führerkabine der
Maschine ablesen lässt. Die stufenlose
Einstellung bewährt sich vor allem bei
Böschun­gen und bei der Arbeit mit dem
Rückezug, bei der sich die Hangabtriebskraft mit zunehmender Ladung erhöht.
Als höchste Zugkraft kann man 10 t
einstellen und für höhere Zugkräfte sieht
Mit dieser Funksteuerung lässt sich die
Zugkraft der Traktionshilfswinde für die
automa­tische Synchronisierung zwischen
Radantrieb und Seilzug vorgeben.
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WALD UND HOLZ
Bei diesem Rottne H-20-Vollernter montierte Herzog die «Alpine Synchrowinch» als
Anbau­winde.
Der Unternehmer René Fischer arbeitet seit
August mit der Traktionshilfswinde.
von Herzog war die erste Traktionshilfswinde, die das KWF-Prüfzertifikat erhalten hatte.
Traktionshilfswinden dürften laut Klaus
Herzog auch nicht dazu verleiten, mit
schweren Maschinen in besonders
schwieriges Gelände vorzudringen. Vielmehr solle man mit der Traktionshilfswinde dort arbeiten, wo man deren Stärken am besten nutzen könne. Dies seien
in der Regel Hänge mit 40 bis 70% Neigung, die mit 150 bis 280 m langen
Rücke­gassen erschlossen sind.
und man ohne Bogie-Bänder auskommen sollte, arbeitet man doch mit schweren Maschinen», so Klaus Herzog.
Für solche Bedingungen gebe es kaum
effizientere Erntesysteme, denn solche
Bestände liessen sich mit konventionellen
Maschinen nicht befahren, das Rücken
mit Forstschlepper und Rückeseil sei meist
sehr aufwendig und teuer. Auch der Aufbau einer mobilen Seilkrananlage würde
sich aufgrund der kurzen Trassen kaum
lohnen.
Wichtig für die Arbeit mit der Trak­
tionshilfswinde sei die Rückegasse als
Dauererschliessung. «Auch wenn die
Hilfswinde Bodenschäden vermeiden hilft
Beim «Ponsse Wisent Alpine» ist die «Alpine Synchrowinch» in den Rahmen integriert.
­Technik und Leistung sind aber gleich wie bei der Anbauwinde für Harvester.
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Erfahrungen im Forstbetrieb
Bei der Maschinenvorführung, Anfang
November in Schaffhausen, zeigten zwei
Forstunternehmer in einem Bestand mit
30 bis 60% Hangneigung, wie man mit
Hilfe der Herzog-Spezialseilwinden nach
den Regeln der Kunst maschinell Holz
erntet.
Einer der beiden war der Rückeunternehmer René Fischer aus Oberhallau bei
Schaffhausen. Fischer arbeitet seit Ende
August mit einem 12-t-«Ponsse Wisent
Alpine»-Rückezug, der mit Traktionshilfswinde und anderen Annehmlich­
keiten
ausgestattet ist: «Zusätzlich zur Winde
hat Herzog den Forwarder mit einem ‹tiltbaren› (neigbaren) Kran und nivelliertem
Fahrersitz für die Arbeit am Hang ‹fit› gemacht», sagte René Fischer. Die Maschine
wäre zwar alleine mit der Seilwinde
«hangtauglich», doch die ­
«Extras» für
den Hang erleichtern dem Unternehmer
das Leben.
Um mit dem neuen Forwarder kostendeckend zu arbeiten, rechnet René ­Fischer
jährlich mit 1000 bis 1500 Betriebs­
stunden. In dieser Zeit sei der Rückezug
jedoch effizienter als Maschinen ohne
Traktionshilfswinde, denn: «Mit Hilfe der
Traktionswinde kann ich bergauf- und
bergabrücken und erspare mir dadurch
kilometerlange Kreisfahrten.»
Weitere Informationen
www.herzog-forsttechnik.ch

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