Chronik der Ereignisse im Irak März 2007 bis Juli

Transcrição

Chronik der Ereignisse im Irak März 2007 bis Juli
Chronik der Ereignisse im Irak
März 2007 bis Juli 2007
Frauen unter Terrorismusverdacht - Todesurteil löst Empörung aus
Die bevorstehende Hinrichtung von drei Frauen im Irak hat massive Proteste von
internationalen Menschenrechtsorganisationen hervorgerufen. Den Irakerinnen wird die
Beteiligung am Widerstand und an terroristischen Aktivitäten vorgeworfen. Aktivisten
befürchten, dass die Exekutionen weiteren Hinrichtungen von Frauen Vorschub leisten. Die
Todesurteile gegen Wassan Talib, Zaineb Fadhil und Liqa Omar Muhammad sowie gegen die
Irakerin Samar Sa'ad Abdullah, die fünf Familienmitglieder umgebracht haben soll, sollen ab
dem 3. März vollstreckt werden. Alle vier Frauen befinden sich im Gefängnis Khadamiya im
Norden von Bagdad. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation 'Amnesty International'
brachte die 25-jährige Muhammad während der Haft ein Kind zur Welt. Auch 31-jährige
Talib hat ihre dreijährigen Tochter bei sich. Talib und die 25-jährige Fadhil wurden vom
Zentralen Strafgericht des Irak (CCCI) am 31. August 2006 wegen der Ermordung von
Mitgliedern der irakischen Sicherheitskräfte im Bagdader Distrikt Hay al-Furat zum Tode
verurteilt. Beide Frauen bestreiten die Beteiligung an den Taten. Fadhil gibt an, zum
fraglichen Zeitpunkt im Ausland gewesen zu sein. Muhammad wurde am 6. Februar 2006
vom CCCI zum Tode verurteilt. Sie und ihr Ehemann wurden für schuldig befunden, im Jahr
2005 einen Beamten aus der 'Green Zone' entführt zu haben. Es ist nicht bekannt, ob die
Frauen Berufung gegen das Urteil einlegen. Aber selbst, wenn sie es täten, hätten sie wenig
Aussicht auf Erfolg. Amnesty zufolge wurde eine frühere Anfechtung des Urteils von
Abdullah bereits zurückgewiesen. Auch wurde den Frauen ein Rechtsbeistand verweigert -ein
klarer Verstoß gegen internationales Recht. Zudem ist die Todesstrafe für die Mutter
eines Neugeborenen mit UN-Bestimmungen nicht vereinbar. Viele irakische Juristen sehen in
dem Todesurteil den Versuch des irakischen Regimes, den Widerstand zu brechen. Etliche
Iraker haben Zweifel an der Schuld der Frauen. Für irakische Männer ist es eine Frage der
Ehre, ihre Frauen von Gewalttaten fernzuhalten. 2006 verurteilten irakische Gerichte 235
Menschen zum Tode und mehr als 6.000 zu lebenslanger Haft. Mehr als 2.000 Frauen sind
sogenannte Sicherheitsinternierte und werden als besonders gefährlich eingeschätzt.
Schätzungsweise 50 bis 100 Menschen wurden im Irak seit August 2004 hingerichtet, genaue
Angaben gibt es nicht. Im vergangenen Jahr wurde das Todesurteil an mindestens 65
Männern und Frauen vollstreckt, unter ihnen war auch der frühere irakische Staatspräsident
Saddam Hussein. Viele Iraker glauben, dass die Gewalt durch die bevorstehenden
Hinrichtungen weiter eskalieren wird. `Das wird nicht ungestraft bleiben`,sagt der 40-jährige
Fadhil Aziz aus dem Amiriya-Distrikt in Bagdad. `Die USA und ihre irakischen
Kollaborateure werden für die Verbrechen bezahlen, mit denen sie unsere Ehre verletzen.`
Auch könnten die Exekutionen die Massenflucht aus dem Irak verschärfen. `Ich werde meine
Familie weit wegbringen, aber sicher nicht hier bleiben und dieser Entwicklung zusehen`, sagt
Aziz. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass mittlerweile rund zwei Millionen Iraker
aus dem Land geflohen sind. Monatlich verlassen etwa 50.000 Menschen den Irak und
bringen sich in Syrien, Jordanien und dem Libanon in Sicherheit. Rund 40 Prozent der
irakischen Mittelschicht haben ihrem Land nach der US Invasion im Jahr 2003 den Rücken
gekehrt. Nach dem Sturz von Saddam Hussein wurde die Todesstrafe zunächst außer Kraft
gesetzt, im August 2004 aber wieder eingeführt. Die Kapitalstrafe steht im Irak auf
Verbrechen wie Mord, Entführung und die Bedrohung der nationalen Sicherheit. Zudem trat
im Oktober 2005 ein neues Anti-Terrorismus-Gesetz in Kraft, das die Todesstrafe für die
Planung, Finanzierung und Unterstützung von Terrorakten festschreibt. (IPS)
5. März 2007
Trotz der Bemühungen der USA um mehr Sicherheit im Irak sind mindestens 30 Menschen
bei einem Autobombenanschlag in Bagdad getötet worden. Bei dem Attentat in der Nähe
eines Büchermarktes seien zudem 65 Menschen verletzt worden, hieß es in
Sicherheitskreisen. Bei weiteren Anschlägen im Irak kamen mindestens sieben weitere
Menschen ums Leben. Irakische und US-Sicherheitskräfte nahmen unterdessen nördlich von
Bagdad sechs mutmaßliche El-Kaida -Mitglieder fest, darunter vermutlich ein Regionalchef
des Terrornetzwerks. Die Außenminister der Arabischen Liga forderten eine politische
Lösung für den Irak. Der Anschlag in Bagdad ereignete sich in einer Straße des kulturellen
Zentrums der irakischen Hauptstadt. Unter den Toten und Verletzten war den Angaben
zufolge eine größere Anzahl Frauen und Kinder. Noch am Abend war eine hohe
Rauchwolke über dem Explosionsort zu sehen. Im Süden der Hauptstadt starben zwei
schiitische Pilger bei einem Angriff von Bewaffneten auf ihre Prozession. In West-Bagdad
tötete ein Selbstmordattentäter einen Polizisten, in Baakuba kamen vier Polizeibeamte in
einem Hinterhalt ums Leben.
Der 70 Kilometer nördlich von Bagdad in Duluhija festgenommene mutmaßliche örtliche
El-Kaida-Anführer gehörte nach Angaben eines Sprechers des Innenministeriums der
Gruppe Islamstaat im Irak an. Diese hatte sich in der vergangenen Woche zur Entführung
und Ermordung von 14 Polizisten bekannt, um die angebliche Vergewaltigung einer
Sunnitin durch schiitische Polizisten zu rächen. Zum Islamstaat im Irak gehören mehrere
sunnitische Organisationen, die von El Kaida kontrolliert werden. Insgesamt wurden im Irak
bei Razzien von irakischen und US-Truppen am Montag 36 mutmaßliche Terroristen
festgenommen.
Ein britischer Soldat ist im Irak seinen Schussverletzungen erlegen, die er in der
vergangenen Woche erlitten hatte. Das teilte das Verteidigungsministerium am Montag in
London mit. Der 21-Jährige sei am Sonntag gestorben. Er war während einer Patrouille in
der südirakischen Hafenstadt Basra niedergeschossen worden. Die britischen Streitkräfte
haben damit seit Beginn des Irak-Kriegs im März 2003 134 Soldaten verloren.
Premierminister Tony Blair hatte vorigen Monat den Abzug von 1.600 der 7.100 britischen
Soldaten im Irak angekündigt
Die Außenminister der arabischen Länder forderten eine politische Lösung für den Irak. Die
Einheit, die Souveränität und die Unabhängigkeit des Irak seien zu achten, erklärten die
Außenminister der Arabischen Liga am Sonntagabend nach einem Treffen in der ägyptischen
Hauptstadt Kairo. Die «arabische und muslimische Identität» des Landes sollten bewahrt
werden. Um die Stabilität des Irak zu sichern und die derzeitige Krise zu meistern, sei eine
politische Lösung notwendig, «die die Probleme der konfessionellen Gewalt und des
Terrorismus lösen kann».
Die Minister hatten sich in Kairo getroffen, um das arabische Gipfeltreffen vorzubereiten, das
am 28. und 29. März in Riad stattfinden soll. Zur Sprache kam auch die internationale IrakKonferenz am kommenden Samstag, zu der Nachbarländer eingeladen sind.
6. März 2007
Auf ihrer Pilgerreise von Bagdad nach Kerbela sind am Dienstag mehr als 90 Schiiten getötet
worden. In Hilla, rund 100 Kilometer südlich der Hauptstadt, sprengten sich zwei
Selbstmordattentäter inmitten ihrer Gruppe in die Luft und rissen mindestens 93 Menschen
mit sich in den Tod. Etwa 150 wurden verletzt. Die Polizei erklärte, es habe noch weitere
Bombenanschläge gegeben. Außerdem sei mehrfach auf Pilger geschossen worden, die zu
Fuß unterwegs gewesen seien. Auch in Bagdad wurden Schiiten das Ziel tödlicher Angriffe.
Im südlichen Stadtviertel Dora wurden acht Pilger in ihrem Kleinbus erschossen, zwei weitere
fielen in der Nähe einem Autobombenanschlag zum Opfer. Im Stadtteil Jarmuk wurden fünf
Schiiten bei der Detonation von zwei Sprengsätzen in den Tod gerissen, mehr als ein Dutzend
wurden verletzt. Die amerikanischen Streitkräfte wurden Ziel von zwei schweren Anschlägen,
die neun Soldaten das Leben kosteten.
Ein 21-jähriger britischer Soldat erlag seinen Schussverletzungen, die er in der vergangenen
Woche bei einem Angriff unweit von Basra erlitten hatte. Ziel der Gewalt waren am Dienstag
nicht nur Pilger: In einem südöstlichen Vorort von Bagdad explodierte eine Autobombe in der
Nähe eines Polizeikonvois und tötete fünf Beamte. Bei einem ähnlichen Anschlag weiter
südlich kam ein Polizeikommandeur ums Leben. Die US-Streitkräfte setzten ihre Razzien im
schiitischen Bagdader Stadtteil Sadr City fort. Rund 600 Soldaten durchsuchten den
Nordwesten des Gebiets. Das irakische Parlament konnte am Dienstag mangels Anwesenheit
der Abgeordneten nicht zusammentreten. Nur rund ein Dutzend der 275 Parlamentarier kam
zu der Sitzung in der Grünen Zone von Bagdad. Aus Regierungskreisen verlautete, ein
weiterer Versuch werde wohl erst in der kommenden Woche unternommen. Die Vereinten
Nationen kündigten unterdessen die Eröffnung eines Büros in Jordanien an, um die fast zwei
Millionen irakischen Flüchtlinge besser unterstützen zu können
Nach UN-Schätzungen sind 1,8 Millionen Menschen aus dem Irak geflohen, zumeist in die
Nachbarländer Syrien und Jordanien.
US-Präsident George W. Bush hat ungeachtet schwerer Angriffe auf das US-Militär im Irak
von Fortschritten bei einer neuen Sicherheitsoffensive in dem Land gesprochen. `Irakische
und US-Truppen machen fast täglich allmähliche, aber wichtige Fortschritte, und wir werden
standhaft bleiben, bis wir unsere Ziele erreicht haben`, sagte Bush am Dienstag. Der Präsident
verteidigte seine Pläne, 21.500 weitere US-Soldaten in den Irak zu schicken. Sie sollen vor
allem in Bagdad eingesetzt werden. `Die Mission ist Amerikas Mission, und unsere
Niederlage würde die Niederlage Amerikas bedeuten`, betonte Bush. Die für kommenden
Samstag geplante internationale Konferenz im Irak bezeichnete er als Test für den Iran und
Syrien: Das Treffen werde zeigen, ob die Länder `wirklich an einer konstruktiven Rolle im
Irak interessiert` seien, sagte er. Die US-Regierung wirft beiden Staaten vor, Unruhe im Irak
zu schüren, was die Länder bestreiten. Der Irak hat Nachbarstaaten und die UN-Vetomächte
zu der Konferenz in Bagdad eingeladen, um das von Aufstand und Aufruhr heimgesuchte
Land zu stabilisieren. Nach den Worten des US-Botschafters im Irak gibt es aber keine Pläne
für bilaterale Gespräche mit dem Iran während des Treffens 07
7. März 2007
Nach den verheerenden Selbstmordanschlägen auf schiitische Pilger haben sunnitische
Extremisten im Irak am Mittwoch erneut Pilger angegriffen, die zu Fuß auf dem Weg nach
Kerbela waren. Nach Angaben der Polizei erschossen sie in Bagdads südlichem Vorort AlDura drei Pilger. Elf weitere Schiiten wurden bei der Attacke verletzt.
Nach Angaben von Krankenhausärzten hatten zwei Selbstmordattentäter am Dienstag in der
Nähe von Hilla 120 Pilger mit in den Tod gerissen. 170 weitere Menschen seien verletzt
worden.
Die irakische Nachrichtenagentur INA berichtete unterdessen, amerikanische und irakische
Soldaten hätten am Dienstagabend bei einer Razzia den lokalen Anführer der Terrorgruppe El
Kaida in Al-Makdadija, 110 Kilometer nordöstlich von Bagdad, festgenommen.
Auf einer Islamisten-Internetseite war zuvor eine Erklärung im Namen der Terrorgruppe
«Islamischer Staat im Irak» aufgetaucht, in der diese die Festnahme eines ihrer Anführer
dementiert. Das Innenministerium hatte am Montag erklärt, die Nummer Zwei der Gruppe,
Abdullah Latif al-Dschaburi, sei am Sonntag nördlich von Bagdad gefasst worden. Die USArmee berichtete derweil, amerikanische Soldaten hätten am Mittwoch in Samarra, in der
westlichen Anbar- Provinz und in Bagdad insgesamt 24 mutmaßliche sunnitische
«Terroristen» festgenommen.
Bei einem Anschlag auf ein Café im Irak sind am Mittwoch mindestens 30 Menschen getötet
worden. Weitere 29 Menschen seien verletzt worden, als sich ein Selbstmordattentäter in dem
Lokal in der Stadt Baladrus in die Luft gesprengt habe, teilten Sicherheitskräfte am Abend
mit. Das Attentat in der nordöstlich von Bagdad gelegenen Stadt ereignete sich demnach in
einem von der kurdisch-schiitischen Minderheit bewohnten Viertel.
Durch die Explosion einer Autobombe kamen laut Behördenangaben im Süden von Bagdad
sechs Polizisten ums Leben. Sie waren zum Schutz von schiitischen Pilgern abgestellt, die auf
dem Weg in die Stadt Kerbela waren. Bei dem Anschlag wurden außerdem vier Pilger getötet.
Zehntausende Schiiten wollen am Samstag in Kerbela das Ende der 40-tägigen Trauerperiode
feiern.
Drei US-Soldaten wurden nordwestlich von Bagdad getötet, als ihr Fahrzeug eine Straße
passierte, an deren Rand eine Bombe explodierte. Wie die US-Armee weiter mitteilte, wurde
ein Soldat bei dem Anschlag verletzt. Die Zahl der Todesopfer nach dem Anschlag in Hilla
vom Dienstag stieg unterdessen auf mindestens 117. Im Krankenhaus von Hilla würden noch
173 zum Teil sehr schwer verletzte Menschen behandelt, teilte ein Arzt mit.
8. März 2007
In Bagdad haben die Aufständischen ihre Terrorkampagne nach Einschätzung des neuen USKommandeurs David Petraeus in den vergangenen Wochen weiter verstärkt. Es bestehe
offenbar ein Zusammenhang mit der vor drei Wochen eingeleiteten Offensive für mehr
Sicherheit im Großraum Bagdad, sagte Petraeus am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in
Bagdad. Die Angriffe verfolgen offenbar das Ziel, einen Bürgerkrieg zwischen Sunniten und
Schiiten zu provozieren. Dies zu verhindern, sei von entscheidender Bedeutung, sagte der
General.
Die Demokraten im Weißen Haus wollen über den Abzug von amerikanischen Soldaten
abstimmen. Damit setzen sie Präsident Bush heftig unter Druck. Weiterhin sollen 100
Millionen Dollar für die Evakuierung bereitgestellt werden. Bush will weitere Soldaten in den
Irak schicken.
9. März 2007
Der amerikanische Präsident George W. Bush hat sein Veto gegen einen Vorstoß der
Demokraten angekündigt, die Truppen im Irak bis zur Wahl im Herbst nächsten Jahres
abzuziehen. Eine solche Entscheidung wäre rein innenpolitisch motiviert und würde nicht die
Verhältnisse im Irak berücksichtigen Die Abstimmung soll voraussichtlich in der am 19.
März beginnenden Woche stattfinden. «Ich bin der Ansicht, es sollte eine
Gewissensabstimmung sein», sagte die Abgeordnete Sheila Jackson Lee, eine von 71
Demokraten, die für ein schnelles Kriegsende eintreten. Und ihr Votum sei ein Truppenabzug
bereits bis Ende dieses Jahres und die sofortige Einstellung der weiteren Finanzierung für den
Militäreinsatz.
Bei einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage der Nachrichtenagentur AP mit dem
Institut Ipsos ergab sich eine Zustimmung für Bush von 35 Prozent Allerdings ist das immer
noch der schlechteste Wert für einen Präsidenten in seiner zweiten Amtszeit seit 56 Jahren.
Nach dem angekündigten Abzug britischer und dänischer Soldaten aus dem Irak hat Georgien
eine Aufstockung seines Irak-Kontingents auf mehr als das Doppelte angekündigt. Nachdem
derzeit 859 georgische Soldaten im Irak stationiert seien, werde Tiflis für die Dauer von
einem Jahr ein Kontingent von 2000 Soldaten stellen.Ende Februar hatte Großbritannien
mitgeteilt, in den kommenden Monaten seinen Truppenbestand von 7100 auf zunächst 550
Soldaten zu verringern. Dänemark kündigte zeitgleich den Abzug all seiner 460 Soldaten an.
Eine endgültige Entscheidung über die Entsendung weiterer georgischer Soldaten soll «in
naher Zukunft» fallen, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums. Allerdings muss
das Parlament der Truppenaufstockung erst noch zustimmen.
Im Irak ist einem Fernsehberichtzufolge ein hochrangiges Mitglied einer Al-Kaida-Gruppe
festgenommen worden. Es handele sich um Abu Omar Al-Bagdadi, dem Chef der Gruppe
Islamischer Staat im Irak, berichtete der staatliche Nachrichtensender Irakija am Freitag. Er
sei im Bereich Abu Ghraib in den westlichen Vororten Bagdads festgenommen worden. Die
Gruppe Islamischer Staat im Irak war erst im Oktober von dem Ableger der Al-Kaida im Irak
und anderen sunnitischen Extremistengruppen gegründet worden. Die Extremisten haben sich
zu einer Reihe größerer Anschläge im Irak bekannt, darunter die Entführung und
anschließende Erschießung von 18 Menschen - die meisten von ihnen Polizeibeamte - in der
vergangenen Woche
10. März 2007
Die Entführer von zwei im Irak entführten Deutschen haben mit der Hinrichtung ihrer Geiseln
gedroht, sollte die Bundeswehr nicht binnen zehn Tagen aus Afghanistan abziehen. In einem
am Samstag auf einer islamistischen Internetseite veröffentlichten Video verkündete die
islamistische Gruppe namens Kataeb Siham el Hak: «Wir geben der deutschen Regierung
zehn Tage von dem Tag dieser Veröffentlichung an, den Abzug ihrer Truppen aus
Afghanistan anzukündigen und zu beginnen
Bei den deutschen Entführungsopfern handelt es sich Medienberichten zufolge um eine Frau
im Alter von mehr als 60 Jahren und ihrem Sohn im Alter von etwa Mitte 20. Die beiden
werden seit Anfang Februar im Irak vermisst. Die Mutter ist laut Medienberichten mit einem
irakischen Arzt verheiratet, ihr Sohn, etwa Mitte 20, im irakischen Außenministerium tätig.
Nach dem Ultimatum an die Bundesregierung und der Hinrichtungsdrohung gegen die beiden
deutschen Geiseln im Irak hat der Krisenstab des Auswärtigen Amtes am Samstag unter
Leitung von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) getagt. Das sagte eine
Sprecherin des Außenministeriums in Berlin. Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.
Die irakische Regierung ist nach Angaben von Außenminister Hoschiar Sebari zufrieden mit
den Ergebnissen der ersten internationalen Irak-Konferenz in Bagdad. Sebari sagte am
Samstag zum Abschluss des eintägigen Treffens, es sei besonders wichtig gewesen, «dass ein
Dialog stattgefunden hat zwischen den Vertretern der USA, Großbritanniens, des Irans und
Syriens». Dabei sei es ausschließlich um Sicherheitsfragen gegangen. Wo und wann das
geplante Treffen der Anrainerstaaten auf Ministerebene stattfinden werde, sei noch unklar,
fügte er hinzu.
11. März 2007
Auf einer Internetseite von Islamisten ist nach dem Video mit der Todesdrohung gegen zwei
im Irak entführte Deutsche ein weiteres Video aufgetaucht. Darin wird von einer bisher
unbekannten Organisation namens «Stimme des Kalifats» wie in der ersten Aufzeichnung der
deutsche Abzug aus Afghanistan gefordert. Zu diesem neuen Band lag vom
Verteidigungsministerium in Berlin zunächst keine Stellungnahme vor. Spezialisten der
Bundesregierung werteten am Sonntag das neue Video aus, sagte eine Sprecherin des
Auswärtigen Amtes.
In der Aufzeichnung wird neben Deutschland auch Österreich mit Angriffen gedroht, falls sie
ihre Soldaten nicht aus Afghanistan zurückziehen. Das Band zeigt einen maskierter Sprecher
der Gruppe, der beide Länder auffordert, die Amerikaner nicht länger zu unterstützen. Der
Sprecher fragt rhetorisch, ob es denn wert sei, die wirtschaftliche Stärke und die Sicherheit
Deutschlands für «Bush und seine Bande» aufs Spiel zu setzten. Der Sprecher drohte mit
einer Frühjahrsoffensive in Afghanistan, «die die gesamte Welt noch vor ihrem Beginn in
Schrecken versetzen werde». Auf dem Video waren auch deutsche Soldaten in Afghanistan zu
sehen.
Die Kidnapper der beiden Deutschen im Irak hatten bereits am Samstag den Abzug der
Bundeswehr binnen zehn Tagen aus Afghanistan verlangt. Anderenfalls würden ihre Geiseln
getötet, teilte eine Gruppe namens «Brigade der Pfeile der Rechtschaffenheit» mit. Nach
Anschlagsdrohungen von Islamisten gegen Deutschland beschäftigen sich Fachleute der
Bundesregierung mit der Analyse des Droh-Videos. Die im Internet veröffentlichte
Videobotschaft, in dem eine Gruppe namens Stimme des Kalifats unter Androhung von
Anschlägen den Abzug deutscher sowie österreichischer Truppen aus Afghanistan forderte,
werde «derzeit von Spezialisten der Bundesregierung ausgewertet», sagte eine Sprecherin des
Auswärtigen Amtes am Sonntag in Berlin. Auch der wegen der
Morddrohung gegen zwei deutsche Geiseln im Irak einberufene Krisenstab des Auswärtigen
Amtes befasse sich mit dem Video. Die Entführer hatten mit der Hinrichtung ihrer Geiseln
gedroht, sollte die Bundesregierung nicht vor Ablauf eines zehntägigen Ultimatums mit dem
Abzug ihrer Soldaten in Afghanistan begonnen haben.
Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes setze seine Bemühungen um die Befreiung der
Geiseln im Irak auch am Sonntag intensiv fort, sagte die Sprecherin weiter.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) lasse sich laufend über den Stand der
Arbeit unterrichten.
12. März 2007
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat unterstrichen, dass sich die
Bundesregierung im Fall der beiden verschleppten Deutschen im Irak nicht dem Druck der
Entführer beugen will. Die am Wochenende bekannt gewordenen Forderungen könnten Teil
einer gezielten Eskalationsstrategie sein, sagte Steinmeier am Montag am Rande des UNMenschenrechtsrates in Genf. «Das sollten alle bedenken, die sich jetzt öffentlich dazu
äußeren», fügte er hinzu. Die Bundesregierung und er selbst würden sich daran nicht
beteiligen, sagte Steinmeier. «Die grundsätzliche Haltung der Bundesregierung ist bekannt:
Wir lassen uns nicht erpressen.» Der Krisenstab werde sich weiterhin um die Freilassung der
Deutschen bemühen.
Nach den jüngsten Internetdrohungen mutmaßlicher islamischer Terroristen sieht
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) auch für Deutschland eine große Gefahr von
Anschlägen. «Wir sind Teil eines weltweiten Gefahrenraums und auch in Zeiten, wo es uns
nicht betroffen hat, durften wir uns nicht der Illusion hingeben, als wären wir nicht genauso
bedroht wie die Spanier, die Engländer oder andere auch», sagte er am Montag dem RBB.
Schäuble machte gleichzeitig klar, dass in Afghanistan sowohl der Einsatz der Bundeswehr
als auch die Polizeiausbildung fortgeführt werde. Sie alle leisteten ihren Dienst, um das Land
zu stabilisieren, «letztendlich auch im Kampf für unsere eigenen Sicherheit». Die
Bundesrepublik dürfe sich dabei «nicht erpressen lassen», sagte Schäuble zu der
Morddrohung gegen zwei deutsche Geiseln im Irak. Vor dem Hintergrund, dass die jüngsten
Terrordrohungen per Internet verbreitet wurden, sagte Schäuble: «Wir machen national und
international alle Anstrengungen, um den Missbrauch der modernen
Informationstechnologien für solche verbrecherischen Zwecke zu bekämpfen.»
Im Irak sind am Wochenende fünf US-Soldaten gestorben, drei davon bei Kämpfen mit
Aufständischen. Eine Soldat wurde demnach bei Kämpfen in der sunnitisch-dominierten
Unruheprovinz Anbar getötet, wie das US-Militär am Montag mitteilte. Ein weiterer Soldat
kam bei einer Bombenexplosion im Nordwesten von Bagdad ums Leben, wo er einen
Luftangriff gegen Aufständische am Boden unterstützte. Der dritte schließlich erlag
seinen Verletzungen nach einer Explosion im nördlichen Irak. Zwei US-Soldaten starben in
Bagdad und in Tikrit im Norden des Irak bei nicht näher benannten Vorfällen, die nach USAngaben jedoch nichts mit Kämpfen zu tun hatten. Seit dem US-Einmarsch in den Irak im
März 2003 sind nach Zählungen der Nachrichtenagentur AFP rund 3200 US-Soldaten
gestorben.
13. März 2007
Das US-Verteidigungsministerium arbeitet an einer Rückzugsstrategie aus dem Irak für den
Fall eines Scheiterns der neuen Sicherheitsoffensive. Es wäre «verantwortungslos», wenn die
USA nicht über einen Rückzugsplan beraten würden, sollte die geplante Truppenaufstockung
die Gewalt in dem Land nicht eindämmen können, zitierte der Sprecher des Weißen Hauses,
Gordon Johndroe, am Montag US-Verteidigungsminister Robert Gates. Die Zeitung «The Los
Angeles Times» hatte zuvor unter Berufung auf Militärvertreter und Mitarbeiter des
Pentagons berichtet, die Rückzugspläne sollten wirksam werden, wenn die von Bush im
Januar verkündete Sicherheitsstrategie nicht erfolgreich sei oder vom Kongress behinderte
werde. In der Region gebe es eine Abneigung gegen die Präsenz von ausländischen Kräften,
zitierte die Zeitung einen hochrangigen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums. Die Zeit
zum Handeln sei relativ kurz bemessen.
Die neue Strategie orientiere sich an den Erfahrungen der USA in El Salvador in den 80er
Jahren. Im Bürgerkrieg in dem lateinamerikanischen Land (1981-1992) hatten die USA 55
Spezialkräfte eingesetzt, die die Armee in ihrem Kampf gegen die Rebellen berieten. Nach
Ansicht von Historikern gelang es, die Armee El Salvadors zu professionalisieren, ohne dass
die USA sich mit einem massiven Militäraufgebot engagieren mussten.
Im Pentagon gebe es derzeit starke Spannungen über das Vorgehen im Irak, berichtete die
«LA Times» weiter. Einige Mitarbeiter unterstützten den neuen Kommandeur der USTruppen im Irak, David Petraeus, der auf mehr Truppen im Irak setze. Auf der anderen Seite
habe auch der frühere Chef des Zentralkommandos der US-Armee, John Abizaid, viele
Anhänger. Abizaid hatte für eine rasche Übergabe der Verantwortung an die irakischen
Sicherheitskräfte plädiert.
Der irakische Regierungschef Nuri el Maliki besuchte am Dienstag in einer symbolischen
Geste die Stadt Ramadi in der Provinz El Anbar. Wegen der unsicheren Straße zwischen
Bagdad und Ramadi musste Maliki mit einem Hubschrauber eingeflogen werden. In einem
von der irakischen und der US-Armee genutzten Militärstützpunkt traf er den
Provinzgouverneur Dschawad el Bolani. Von den rund 3200 US-Soldaten, die seit der
Invasion im Irak im März 2003 umkamen, starben mehr als 35 Prozent in El Anbar.
Nach dem schweren Doppel-Selbstmordanschlag auf schiitische Pilger in der irakischen Stadt
Hilla nahmen irakische und US-Soldaten sieben Verdächtige fest. Auf einen Tipp hin seien
die Aufständischen vor zwei Tagen bei einer Razzia in einer Eisfabrik von Hilla ergriffen
worden, teilte die US-Armee mit. Die Soldaten hätten auch Waffen und Munition in dem
Gebäude gefunden.
Der irakische Präsident Dschalal Talabani hat vor einem schnellen Abzug der US-Truppen
aus seinem Land gewarnt. Die Regierung befürchte «offen gestanden», dass kurdische und
schiitische Milizen die Kontrolle übernehmen würden, wenn die US-Soldaten das Land
demnächst verlassen würden, sagte Talabani der jordanischen Zeitung «Al-Rai» (Dienstag):
«Hunderttausende ausgebildeter Kurden und Schiiten stehen bereit und wären in der Lage,
den gesamten Irak zu übernehmen.» Daher wäre ein US-Abzug nicht «im Interesse des
Landes», solange nicht eine «wirkliche irakische Streitkraft unter Beteiligung aller Teile des
irakischen Volkes» bereit stehe.
Bei einer Serie von Anschlägen in Bagdad sind am Dienstag insgesamt sieben Menschen ums
Leben gekommen, darunter drei Polizisten. In der Innenstadt wurden zwei Zivilisten verletzt,
als Unbekannte im Stadtteil Karrade eine Katjuscha-Rakete abfeuerten. Dabei sei es auch zu
größeren Sachschäden gekommen, berichteten örtliche Medien unter Berufung auf die
Polizei. Sechs Menschen wurden verletzt. Im Bezirk Al-Wasirija kamen nach einem Bericht
des arabischen Senders Al-Dschasira zwei Menschen ums Leben, als dort eine Bombe am
Straßenrand explodierte. Im Osten Bagdads starben laut dem Sender drei Polizisten, als
bewaffnete Männer das Feuer auf sie eröffneten.
Unterdessen wurde in der irakischen Stadt Ramadi eine Ausgangssperre verhängt.
Ministerpräsident Nuri al-Maliki war in die Stadt gereist, um sich vor Ort ein Bild der
Sicherheitslage in der Provinz Anbar zu machen, die an Syrien, Jordanien und Saudi-Arabien
grenzt. Auch der neue Befehlshaber der US-Truppen im Irak, General David Petraeus, hielt
sich in Ramadi auf. Er traf sich mit amerikanischen und irakischen Militärs.
14. März 2007
Bundespräsident Horst Köhler hat an die Entführer der im Irak verschleppten Deutschen
appelliert, ihre beiden Geiseln umgehend freizulassen. «Es gibt kein politisches Ziel, das die
Entführung oder die Tötung unschuldiger Menschen rechtfertigt. Keine Religion erlaubt ein
solches Verhalten», sagte Köhler in einer Video-Botschaft, die am Mittwoch in der ARD
ausgestrahlt wurde. Er verwies dabei auf die Drohung der Entführer, die beiden Geiseln zu
töten, wenn sich die Bundeswehr nicht aus Afghanistan zurückzieht. «Im Irak ist schon zuviel
unschuldiges Blut vergossen worden. Halten Sie ein! Geben Sie die Geiseln ihren Familien
zurück», wandte sich Köhler direkt an die Entführer.
Der Islamrat für die Bundesrepublik setzt sich für die im Irak entführten Deutschen ein. Der
Ratsvorsitzende Ali Kizilkaya appellierte am Mittwoch an einem ddp-Interview an die
Geiselnehmer, die Frau und ihren erwachsenen Sohn «so schnell wie möglich
freizulassen». Derartige Gewalttaten seien nicht aus islamischer Sicht zu rechtfertigen. Sie
dienten auch «keiner Sache».
Die Geiselnehmer hatten am Wochenende mit einem per Video-Botschaft übermittelten
Ultimatum die Bundesregierung unter Zugzwang gesetzt. Sie bezeichneten sich als Mitglieder
einer Islamistengruppe mit dem Namen «Pfeile der Rechtschaffenheit» und forderten,
Deutschland müsse innerhalb von zehn Tagen mit dem Abzug seiner Truppen in Afghanistan
beginnen. Sonst würden die Geiseln getötet.
Ein Selbstmordattentäter hat sich am Mittwoch auf einem Markt im Nordirak in die Luft
gesprengt und mindestens acht Menschen mit in den Tod gerissen. Die Polizei erklärte, der
Mann habe seinen Sprengsatz um die Mittagszeit gezündet, als besonders viele Kunden auf
dem Markt in Tus Chormato, 210 Kilometer nördlich von Bagdad, unterwegs gewesen seien.
25 Menschen hätten Verletzungen erlitten. Im Westen von Bagdad war ein Kontrollpunkt
der irakischen Streitkräfte Ziel eines Selbstmordanschlags. Zwei Zivilpersonen kamen nach
Angaben der Polizei ums Leben, vier weitere wurden verletzt.
Die Gewalt im Irakhat nach einem Bericht der US-Regierung zu Beginn des Jahres einen
neuen Höhepunkt erreicht. Im Januar und Anfang Februar habe es pro Woche
durchschnittlich 1047 Angriffe auf die US-geführten Truppen, irakische Soldaten, Polizisten
und Zivilisten gegeben. Ende Mai 2006 bis zum Jahreswechsel waren es im Schnitt noch 904
Angriffe wöchentlich, wie aus am Mittwoch vom Verteidigungsministerium in Washington
veröffentlichten Statistiken hervorgeht. Das Ministerium erklärte, die Gewalt resultiere
mittlerweile überwiegend aus einen Machtkampf zwischen den verschiedenen
Bevölkerungsgruppen des Landes. Damit habe sich der Konflikt im Irak geändert, da bisher
ein überwiegend von Sunniten geführter Aufstand gegen die ausländischen
Besatzungstruppen als Ursache gesehen wurde. Das Ministerium räumte eine begrenzte
Aussagekraft der Statistik ein: Die vorgelegten Zahlen spiegelten nur jene Angriffe wider, die
die US-geführten Truppen entweder selbst beobachtet hätten oder von denen ihnen berichtet
wurde. Deshalb zeigten sie nur einen Teil der Gewalt, der die Iraker ausgesetzt seien. Trotz
einer von den USA unterstützten Sicherheitsoffensive in Bagdad bleiben hier
Autobombenanschläge weiterhin ein großes Problem, wie das US-Militär unterdessen in der
irakischen Hauptstadt mitteilte. Diese Art der Anschläge habe im Februar seinen absoluten
Höhepunkt erreicht, sagte Generalmajor William Caldwell, ohne jedoch Zahlen zu nennen.
15. März 2007
Eine am Wochenende im Internet veröffentlichte Terrordrohung gegen Deutschland könnte
nach Angaben von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) von
«Trittbrettfahrern» lanciert worden sein. Möglicherweise sollte durch in dem Video geäußerte
Forderung nach einem Abzug deutscher Truppen aus Afghanistan eine Eskalation in der
innerdeutschen Diskussion bewirkt werden, sagte Steinmeier am Donnerstag nach einem
Treffen der EU-ASEAN-Außenminister in Nürnberg.
Zuvor hatten die Entführer der beiden deutschen Irak-Geiseln per Internetvideo eine
gleichlautende Forderung an die Bundesregierung gerichtet und mit der Ermordung der
Geiseln gedroht, falls ihre Forderung nicht erfüllt wird. Steinmeier räumte jedoch ein, man
könne nicht sicher sagen, wer für die Video-Botschaften verantwortlich sei.
Nach wochenlangen Debatten sind die US-Demokraten im Senat klar mit einem Vorstoß
gescheitert, ein Abzugsdatum für die amerikanischen Truppen aus dem Irak festzulegen.
Ihr Entwurf forderte Präsident George W. Bush auf, bis zum 31. März kommenden Jahres bis auf eine begrenzte Zahl - alle Soldaten aus dem Irak abzuziehen. Trotz der demokratischen
Dominanz im Oberhaus votierten am Donnerstag nur 48 Senatoren für die Vorlage, 50
dagegen. Für eine Annahme wären 60 Stimmen nötig gewesen.
Nach dem Plan hätte innerhalb von vier Monaten mit dem Abzug der Truppen begonnen
werden müssen. Zugleich wäre die Zustimmung des Kongresses zum Einmarsch im Irak aus
dem Jahr 2002 für ungültig erklärt worden. Für den Fall einer Annahme des Entwurfs hatte
das Weiße Haus bereits sein Veto angekündigt. Präsident Bush hatte wiederholt einen
Zeitplan für einen Abzug abgelehnt. Im Januar hatte er dagegen eine Aufstockung der
Truppen um 21 500 Mann angekündigt.
Unterstützer der demokratischen Initiative hatten argumentiert, dass die US-Strategie im Irak
gescheitert sei und dass die USA nicht «in einem irakischen Bürgerkrieg mitkämpfen»
sollten. Die Demokraten wollen den Abzug nicht nur mit einer Verbesserung der
Sicherheitslage im Irak, sondern auch mit einer Reihe von Gesetzes- und Reformvorhaben in
Politik und Wirtschaft verknüpfen.
Bei einem Bombenanschlag in derirakischen Hauptstadt Bagdad sind am Donnerstag vier US-
Soldaten ums Leben gekommen. Der Sprengsatz sei an einer Straße im Osten der Stadt
deponiert gewesen, teilte das US-Militär mit. Er sei nahe der Fahrzeuge der Soldaten
detoniert. Zwei weitere Soldaten seien verletzt worden. Kurz zuvor habe es bereits eine
Explosion gegeben, als die Soldaten von einem Durchsuchungseinsatz zurückkamen. In
Bagdad sind rund 100.000 irakische und US-Soldaten stationiert, die dort für Sicherheit
sorgen sollen. Mit den jüngsten Todesopfern stieg die Zahl der seit dem US-Einmarsch im
Irak 2003 getöteten US-Soldaten auf über 3200.
16. März 2007
Die Lage der beiden deutschen Geiseln im Irak ist nach Ansicht des Vorsitzenden des Bundes
Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Klaus Jansen, diesmal bedrohlicher als vor einem Jahr
die Situation der beiden entführten Sachsen. Indiz dafür sei, dass sich Bundespräsident Horst
Köhler während einer Auslandsreise an die Entführer gewandt und sich für die Geiseln
Hannelore Krause sowie ihren Sohn Sinan eingesetzt hat, sagte Jansen der «Sächsischen
Zeitung» (Freitagausgabe). «Das ist ein einmaliger Vorgang», der offensichtlich nach
Absprache mit allen deutschen Sicherheitsbehörden für erforderlich gehalten wurde. Daraus
könne nur der Schluss gezogen werden, das die Bundesregierung die am Wochenende
aufgetauchten Drohvideos sowie die darin enthaltenen Forderungen sehr ernst nehme, sate
Jansen. Man müsse davon ausgehen, dass die Geiselnehmer im jüngsten Entführungsfall
wahrscheinlich zumindest logistische Unterstützung aus dem deutschsprachigen europäischen
Raum erhalten. Nach Ansicht des BDK-Vorsitzenden ist die Gefahr des islamistischen
Terrorismus damit «an der Schwelle zur Bundesrepublik» angekommen.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat den Appell der Angehörigen der
beiden im Irak verschleppten Deutschen an die Entführer unterstützt. «Der bewegende Appell
der beiden Angehörigen zeigt, wie menschenverachtend diese Tat ist», erklärte Steinmeier am
Freitag in Berlin. «Ich unterstütze nachdrücklich den Appell, die beiden deutschen Geiseln im
Irak sofort gesund und unversehrt frei zu lassen.» Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes
arbeite weiter «mit Hochdruck», um eine sichere Rückkehr der Entführten zu ihren Familien
und Angehörigen zu ermöglichen.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat am Freitag vor Vertretern aus mehr als 90 Staaten um
Unterstützung für den jüngsten Irak-Plan geworben. Es sei herzzerreißend, die fast täglichen
Anschläge auf unschuldige Zivilpersonen zu sehen, die so viel Leid und Schmerz
verursachten, sagte Ban in New York. Er räumte ein, dass angesichts der Gewalt Zweifel am
Nutzen der Vereinbarung aufgekommen seien. Ein solcher Rahmen für die
Stabilisierung des Landes sei jedoch notwendig. Ban äußerte sich auf einer Hilfskonferenz in
New York, bei der um Unterstützung für den Plan (»Iraq Compact») geworben werden sollte.
Der Plan soll sicherstellen, dass die irakische Regierung in den kommenden fünf Jahren über
die notwendigen Finanzmittel verfügt, um politische und wirtschaftliche Reformen
durchzusetzen. Der irakische Vizepräsident Abel Abdul-Mahdi erklärte am Donnerstag, der
Plan sei von großer Bedeutung für die Stabilität des Iraks.
17. März 2007
Im Kampf gegen die zunehmende Gewalt im Irak wird die US-Armee früher als geplant
Verstärkung in das Land entsenden. Eine Brigade mit rund 2600 Soldaten werde bereits
Anfang Mai und damit 45 Tage früher als vorgesehen von Georgia aus aufbrechen, teilte die
Armee am Freitag mit. Damit steigt die Zahl der US-Soldaten, die zusätzlich im Irak
eingesetzt werden, auf knapp 30.000. Derzeit halten sich dort bereits 142.000 US-Soldaten
auf. US-Präsident George W. Bush und der US-Kommandeur für den Irak, General David
Petraeus, hoffen, die Lage in dem Golfstaat mit Hilfe von zusätzlichen Soldaten und
Militärpolizisten in den Griff zu bekommen. Nach Angaben des USVerteidigungsministeriums wurden zwischen Oktober und Dezember 2006 im Irak so viele
Angriffe verübt wie in keinem Quartal zuvor, seit die US-Armee 2003 in das Land
einmarschiert ist.
Bei einer Serie von Anschlägen mit Chlor-Gas sind im Irak mindestens zwei Polizisten
getötet und 350 Menschen verletzt worden. Wie die US-Armee am Samstag mitteilte,
ereigneten sich die Anschläge am Vorabend in kurzer Abfolge bei Falludscha und Ramadi,
westlich von Bagdad. Nach Informationen des irakischen Fernsehens kamen sechs Menschen
ums Leben, dies wurde jedoch von der US-Armee nicht bestätigt. Die Verletzten wurden mit
Atemwegserkrankungen, Hautproblemen und Brechreiz in verschiedene Krankenhäuser
eingeliefert. Beim schlimmsten der drei Anschläge wurde ein Lastwagen mit rund 750 Liter
Chlor-Gas in die Luft gejagt.
Rund 6000 Menschen haben am Samstag im Zentrum der griechischen Hauptstadt Athen
gegen den Irakkrieg demonstriert. Ähnliche Aktionen waren auch in anderen europäischen
Staaten sowie in den USA geplant. Kurz vor dem vierten Jahrestag des US-Einmarsches in
den Irak haben in Washington mehrere zehntausend Menschen gegen den Krieg protestiert.
Mit Plakaten und Parolen wie «USA raus aus dem Irak - Jetzt» zogen die Demonstranten am
Samstag vor das Pentagon. In der Nähe versammelten sich etwa tausend Kriegsbefürworter zu
einer Gegendemonstration. In San Francisco und Los Angeles wollten ebenfalls
Demonstranten auf die Straße gehen, um den Abzug der US-Truppen aus dem Irak zu fordern.
Auch in Europa gab es mehrere Protestmärsche gegen den Irak-Krieg. Der größte fand in
Istanbul statt, wo rund 6000 Menschen auf die Straße gingen. In Kopenhagen, Prag, Athen,
Thessaloniki und Nikosia folgten mehrere hundert Demonstranten dem Aufruf von
Friedensorganisationen. Eine Mehrheit der US-Bevölkerung hält den Einmarsch mittlerweile
für einen Fehler und befürwortet ein festes Datum für den Abzug der US-Truppen. Für
Montag sind in Washington und anderen US-Städten Mahnwachen geplant.
18. März 2007
Der Islamrat für Deutschland hat die Entführer der im Irak verschleppten Deutschen
aufgerufen, die Geiseln sofort freizulassen. «Diese Entführung hat mit dem Wesen
unserer Religion nichts zu tun und findet auch im Koran keine Rechtfertigung», sagte Ali
Kizilkaya, Vorsitzender des Islamrats, der Zeitung «Bild am Sonntag».
KRIEGSOPFER - Irakische Zivilisten: über 65 000 (Schätzung) - Rechte US-Medien halten
diese Zahl für zu hoch, das britische Medizinmagazin «Lancet» dagegen bezifferte sie mit
über 650 000 - Irakische Soldaten und Polizisten: mindestens 6260 - Ausländische Soldaten:
insgesamt 3465 (USA: 3207, Großbritannien: 134, übrige Koalitionstruppen: 124) Mitarbeiter ausländischer Firmen: 389 Tote - In- und ausländische Journalisten: 95 Tote,
darunter 59 Mordopfer - Angehörige internationaler Hilfsorganisationen: mindestens 81 Tote
BOMBENANSCHLÄGE UND ENTFÜHRUNGEN - Zahl der tödlichen Bombenanschläge:
insgesamt 1279, davon waren 439 Selbstmordattentate - Opfer von Bombenanschlägen:
11 233 Tote, 23 043 Verletzte - Opfer von Entführungen (nur Ausländer): 300, davon starben
54
DERZEITIGE TRUPPENSTÄRKEN - Irakische Armee: etwa 135 000 Soldaten Ausländische Truppen: rund 155 000 Soldaten aus 22 Nationen - Größte ausländische
Kontingente: USA (141 000), Großbritannien (7100), Südkorea (2300), Polen (900),
Australien (550)
GESCHÄTZTE KRIEGSKOSTEN - Tägliche Ausgaben der USA: mindestens 150 Millionen
US-Dollar - Gesamtkosten der USA: über 500 Milliarden Dollar (380 Milliarden Euro) bis
2008 - Gesamtkosten Großbritanniens: mindestens 5,3 Milliarden Pfund (7,7 Milliarden Euro)
In Spanien haben am Samstag zehntausende Menschen gegen den Irak-Krieg demonstriert.
Nach Angaben der Veranstalter waren die Proteste die größten ihrer Art in Europa. Allein in
der Hauptstadt Madrid beteiligten sich den Organisatoren zufolge 400.000 Menschen an dem
Protest anlässlich des vierten Jahrestages der US-geführten Invasion in den Irak.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig kämpfen an diesem Dienstag drei Iraker um
ihre Anerkennung als Flüchtlinge. Das Bundesamt für Migration hatte ihre Anerkennung als
Flüchtling im Jahr 2005 widerrufen und sich dabei auf die veränderten Verhältnisse im Irak
nach dem Sturz Saddam Husseins berufen. Die Leipziger Richter müssen nun klären, ob das
neue Zuwanderungsgesetz bei einer Änderung der Situation den Widerruf verlangt oder ob es
einen Ermessensspielraum lässt. Das Gericht verzeichnete 2006 eine Zunahme derartiger
Fälle. Nach Angaben von Präsident Eckart Hien werden Asyl-Anerkennungen verstärkt
widerrufen. Dies gelte besonders für den Irak und für Afghanistan. Nach dem Gesetz muss die
Flüchtlingsanerkennung unverzüglich widerrufen werden, wenn sich die Situation im
Heimatland verändert hat. Dies würde eine ständige Prüfung der Verfahren erfordern, was
kaum praktikabel ist.
19. März 2007
Die Bundesregierung will sich dem Ultimatum der Entführer der beiden deutschen Geiseln im
Irak weiter nicht beugen. Das machte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag einen Tag vor Ablauf der von den Geiselnehmern gesetzten Frist - in Berlin nach einem
Gespräch mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai deutlich. Merkel betonte, dass der
Krisenstab im Auswärtigen Amt alles tue, um das Leben der Geiseln zu schützen.
Vier Jahre nach dem Sturz Saddam Husseins bestimmen zunehmend Resignation und
Traumatisierung die Stimmung unter den Irakern. Das ist das Ergebnis einer umfangreichen
Umfrage unter mehr als 2000 Irakern, die das Meinungsforschungsinstitut `D 3 Systems` im
Auftrag von WDR/ARD, ABC News, BBC und der Zeitung USA Today durchgeführt hat.
In einer von Gewalt und einem fast vollständigen Zusammenbruch der zivilen Infrastruktur
geprägten Gegenwart glaubt nur noch eine Minderheit (42 %) der Befragten, dass es ihre
Kinder einmal besser haben werden. Kurzfristig rechnet sogar nur etwas mehr als ein
Drittel der Iraker damit, dass sich ihre Situation deutlich (12 %) oder teilweise (23 %)
verbessert. Bei früheren Umfragen in den Jahren 2004 und 2005 hatten noch rund 80 Prozent
der Befragten mit Optimismus in die Zukunft geblickt. Als dringlichstes Problem erleben die
Iraker die fehlende Sicherheit im Lande. 74 Prozent der Befragten fühlen sich in ihrer eigenen
Nachbarschaft nicht sicher - mehr als doppelt so viele wie bei der letzten Umfrage
im November 2005. Eine große Zahl von Irakern gibt an, dass Angehörige im eigenen
Haushalt (17 %) oder im engsten Familien- und Freundeskreis außerhalb des eigenen
Haushalts (47 %) unmittelbar Opfer von Gewalt wurden. Die Hauptschuld dafür wird den
USA und Präsident Bush zugerechnet (40 %), gefolgt von Al Quaida und ausländischen
islamistischen Kämpfern (18 %). 82 Prozent der Befragten haben kein Vertrauen in die
Besatzungstruppen, mehr als drei Viertel (78 %) lehnen ihre Anwesenheit ab bzw. halten sie
für eine wesentliche Ursache für die Gewalt im Lande (69 %). Allerdings befürworten nur 35
Prozent einen sofortigen Abzug, während eine Mehrheit die ausländischen Truppen erst
ziehen lassen will, wenn sich die Sicherheitslage verbessert hat und die irakischen
Sicherheitskräfte dies garantieren kann. Arnd Henze: `In diesem Widerspruch kommt die
ganze Hoffnungslosigkeit zum Ausdruck: Der gegenwärtige Zustand ist unerträglich, aber die
Alternative eines schnellen Abzugs weckt noch größere Ängste.` In diesem
Spannungsverhältnis finden Anschläge auf Besatzungstruppen erstmals die Zustimmung einer
Mehrheit der Bevölkerung: 51 Prozent der Iraker (94 % der Sunniten) halten Angriffe für
legitim, eine Verdreifachung gegenüber 2004. Nur eine Minderheit von 36 Prozent glaubt,
dass die Hinrichtung von Saddam Hussein den Versöhnungsprozess im Irak voranbringen
wird, während eine Mehrheit von 53 Prozent (bei den Sunniten 96 %) vom
Gegenteil überzeugt ist. In dieser, wie in einer Reihe weiterer Fragen, kommt eine extreme
Polarisierung zwischen Sunniten und Shiiten zum Ausdruck.
Neben der anhaltenden Gewalt bestimmt der Zusammenbruch der zivilen Infrastruktur den
Alltag der Menschen. In allen Bereichen des täglichen Lebens wird die Situation heute als
dramatisch schlechter empfunden als in den Jahren 2004 und 2005. Bis zu 88 Prozent der
Befragten beschreiben die Versorgung mit Strom und Wasser, das Gesundheitssystem und die
Schulen, die Arbeitsmöglichkeiten und lokalen Verwaltungen als schlecht bis sehr schlecht.
In keinem dieser Bereiche findet sich eine Mehrheit, die auch nur graduelle Verbesserungen
innerhalb des nächsten Jahres erwarten würde. Die Umfrage von WDR/ARD und Partnern
fragt erstmals nach den charakteristischen Symptomen traumatischer Erkrankungen wie
Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Wut und Depressionen. 71 Prozent der Befragten
bejahten mindestens drei von vier Symptomen. Arnd Henze: `Die Hoffungslosigkeit hat alle
Lebensbereiche erfasst. Das macht die Menschen krank.`
Fast jeder Dritte will das Land verlassen 30 Prozent der Befragten würden am liebsten den
Irak verlassen. Aus dieser Gruppe geben 42 Prozent an, die Auswanderung konkret zu planen.
Auf die Bevölkerungszahl von 25 Millionen hochgerechnet, sind das mehr als drei Millionen
weitere Flüchtlinge.
Mit Blick auf die weitere politische Entwicklung zeichnet die Umfrage ein gespaltenes Bild
der Stimmung im Irak. Eine deutliche Mehrheit (58 %) möchte an der Einheit des Landes
festhalten, nur 14 Prozent befürworten eine Spaltung des Irak in drei unabhängige Staaten.
Entgegen der gewünschten Struktur rechnen allerdings deutlich mehr (23 %) Befragte damit,
dass es innerhalb der nächsten fünf Jahre zur Spaltung des Landes kommen wird. Angesichts
der Probleme im Land befürwortet nur noch eine Minderheit von 43 Prozent eine
demokratische Regierungsform, während 34 Prozent einen einzelnen `Starken Führer` und 22
Prozent einen religiös-islamischen Staat wünschen. Auf längere Sicht gewinnt die Demokratie
allerdings wieder mehr Anhänger (53 %). Arnd Henze: `Hier zeigt sich auf deutlich
niedrigerem Niveau das gleiche Phänomen wie in den früheren Umfragen: Demokratie
erscheint als schönes Ideal - man traut ihr aber nicht die Kraft zu, konkrete Probleme zu
lösen.`
Bei der Explosion von zwei Autobomben in der nordirakischen Stadt Kirkuk sind am Montag
15 Menschen getötet worden. Nach Angaben der Polizei wurden 32 weitere Iraker verletzt, als
die Bomben in zwei verschiedenen Stadtteilen in der Nähe einer Polizeistation und neben
einer Polizeipatrouille detonierten.
In der Hauptstadt Bagdad starben drei Menschen durch die Explosion eines Sprengsatzes
neben einer schiitischen Moschee. Im zentralen Busbahnhof der Stadt Chalis nördlich von
Bagdad starb ein Zivilist, als Bewaffnete aus einem vorbeifahrenden Auto das Feuer auf
mehrere Menschen eröffneten. Die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak meldete unter Berufung
auf die Polizei, ein zweiter Zivilist sei verletzt worden.
20. März 2007
Das Schicksal der beiden vor rund sechs Wochen im Irak entführten Deutschen ist weiterhin
ungewiss. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte am Dienstag, der
Krisenstab setze seine Bemühungen um die Freilassung der im Irak lebenden Deutschen
Hannelore Marianne K. und ihres Sohnes intensiv fort. Weitere Informationen gab es nicht.
Am heutigen Tag läuft das Ultimatum der Entführer ab.
Auf den Tag genau vier Jahre nach Beginn des Irakkrieges und knapp drei Monate nach der
Exekution Saddam Husseins ist auch der frühere Stellvertreter des Ex-Diktators hingerichtet
worden. Der ehemalige irakische Vizepräsident Taha Jassin Ramadan starb am
Dienstagmorgen in Bagdad durch den Strang, berichtete der staatliche Fernsehsender AlIrakija unter Berufung auf Regierungsbeamte.
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), warnt vor einem Zerfall des
Irak. Erler forderte am Dienstag im RBB-Inforadio zum vierten Jahrestags des Beginns des
Irak-Kriegs, die Nachbarländer Syrien und Iran sowie andere Staaten in eine Friedenslösung
einzubeziehen. Derzeit gebe es «eine Art Bürgerkrieg, der längst die Existenz des Staates Irak
bedroht und der jederzeit eine ganze Region in Flammen setzen kann», betonte der SPDPolitiker. Deshalb bemühe sich Deutschland zusammen mit den anderen Staaten, zu einer
Stabilisierung der Situation beizutragen. Erler bezeichnete es als reale Gefahr, dass der Irak
am Ende eines Bürgerkriegs in einen sunnitischen, einen schiitischen und einen
kurdischen Teil zerfallen könnte. Das müsse man «auf jeden Fall versuchen zu verhindern»,
mahnte der Staatsminister. Er begrüßte zugleich, dass US-Präsident George W. Bush
inzwischen bereit sei, Länder wie Syrien und den Iran bei einer Regionalkonferenz in die
Suche nach einer Friedenslösung einzubeziehen.
Auch der CDU-Außenexperte Eckart von Klaeden mahnte weitere Beiträge zur Stabilisierung
der Lage im Irak an. Deutschland könne dafür außerhalb des Landes mehr als bisher machen,
sagte Klaeden im Deutschlandfunk. So habe er beispielsweise die Gründung einer deutschirakischen Handelskammer vorgeschlagen, die ihren Sitz zunächst außerhalb des Irak nehmen
könne. Auch könnte mehr als bislang im Norden des Irak investiert werden, der zum großen
Teil als befriedet gelte.
Eine klare Mehrheit der Briten hält den Irak-Krieg inzwischen für einen Fehler. In einer am
Dienstag veröffentlichten BBC-Umfrage erklärten 55 Prozent, die Invasion im Irak habe
Großbritannien nicht sicherer gemacht. Nur fünf Fünf Prozent gab an, sich nun sicherer zu
fühlen. «Nach vier Jahren Krieg sind die meisten Menschen in diesem Land der Ansicht, dass
die USA und Großbritannien falsch lagen, als sie 2003 militärisch gegen den Irak vorgingen»,
sagte Nick Sparrow vom Umfrageinstitut ICM Research. Mehr als die Hälfte der Befragten
(51 Prozent) erklärten zudem, sie würden der britischen Regierung nicht glauben, wenn sie
erkläre, dass eine Militäraktion gegen ein Land notwendig sei, weil es eine Bedrohung für die
nationale Sicherheit darstelle. 32 Prozent glauben der Regierung weiter. 57 Prozent der Briten
sind aber weiterhin dafür, Truppen ins Ausland zu entsenden, um bei Naturkatastrophen zu
helfen oder einen Völkermord zu beenden.
Bei einem Gefecht zwischen sunnitischen Extremisten und der Polizei im Westirak sind am
Dienstag nach Informationen des Nachrichtensenders Al-Arabija 42 Menschen ums Leben
gekommen. Ein Reporter des Senders berichtete, bei den Kämpfen südlich von Falludscha
seien zehn Polizisten und 32 Angehörige der Terrorgruppe El Kaida im Zweistromland
getötet worden. In der westlichen Anbar- Provinz haben einige lokale Stämme gegen die ElKaida-Gruppen mobil gemacht. Der Terrorgruppe gehören auch muslimische Kämpfer aus
anderen Ländern an.
21. März 2007
Das Geiseldrama um die zwei im Irak verschleppten Deutschen dauert weiter an. Der
Krisenstab im Auswärtigen Amt bemühe sich weiter um eine Lösung, sagte ein Sprecher am
Mittwoch. `Es gibt nichts Neues, was wir nach außen geben würden.` Die Geiselnehmer
hatten gedroht, die 61-jährige Hannelore Krause und ihren 20 Jahre alten Sohn zu töten, falls
die Bundeswehr nicht mit dem Rückzug aus Afghanistan beginne. Das Ultimatum lief am
Dienstag aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte es strikt abgelehnt, die Forderung zu
erfüllen.
Die US-Armee hat nach eigenen Angaben bei einer Razzia in einer Waffenfabrik im Irak fünf
verdächtige Extremisten getötet. Die Anlage 20 Kilometer nördlich von Bagdad sei
anschließend durch einen Luftangriff zerstört worden, sagte ein Sprecher des US-Militärs am
Mittwoch. Als die Soldaten das Gebäude durchsucht hätten, seien sie auf zahlreiche
bewaffnete Männer gestoßen. Aus Selbstschutz hätten sie fünf Extremisten getötet, erklärte
der Sprecher. Drei weitere Verdächtige seien festgenommen worden. Es sei auch tonnenweise
Sprengstoff entdeckt worden. Das US-Militär hat seine Einsätze nördlich von Bagdad
verstärkt. Aufständische haben seit Beginn der US-geführten Offensive für mehr Sicherheit in
der Hauptstadt Bagdad vermehrt Anschläge in der Region verübt.
Die US-Luftwaffe hat am Mittwoch im Irak nach eigenen Angaben eine Bombenfabrik von
Aufständischen zerstört. Bei der Operation in der Nähe von Tadschi im Nordosten des Landes
hätten amerikanische Soldaten außerdem fünf «Terroristen» getötet und drei Verdächtige
gefangen genommen, berichtete das Militärkommando in Bagdad. Die Tatsache, dass nach
dem Luftangriff auf das Gebäude vier große Explosionen zu beobachten gewesen seien, deute
auf ein großes Sprengstofflager hin.
Bei Razzien nahmen die US-Truppen am Mittwoch im Irak 23 mutmaßliche Aufständische
gefangen. In der Provinz Wasit gingen den irakischen Sicherheitskräften nach Informationen
der irakischen Nachrichtenagentur Aswat al-Irak innerhalb von zwei Tagen 72 Verdächtige
ins Netz. Die Agentur berichtete weiter, die Polizei habe in Al-Madain südlich von Bagdad
die Leichen von zwei Mordopfern gefunden. Bei Attentaten in Falludscha und Bagdad
wurden ein Polizist, ein Zivilist und ein ehemaliger Armeeoffizier getötet.
Eine religiöse Stiftung, die für den Erhalt der goldenen Moschee in der nordirakischen Stadt
Samarra zuständig ist, kündigte am Mittwoch Protestaktionen gegen die Regierung des
schiitischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki an. Ein Mitarbeiter der Stiftung sagte Aswat
al-Irak, die Regierung habe ihr Versprechen, den im Februar 2006 bei einem Terroranschlag
teilweise zerstörten Schrein wieder aufzubauen und den Zugang für Pilger zu sichern, nicht
eingelöst. Der Anschlag, bei dem die goldene Kuppel der Moschee eingestürzt war, hatte eine
Welle der Gewalt und Gegengewalt zwischen Schiiten und Sunniten ausgelöst. Der doppelte
Schrein ist den Imamen Ali al-Hadi und Hassan al-Askari gewidmet, die vor allem von den
schiitischen Muslimen verehrt werden.
Ein ranghohes Mitglied der radikalen Bewegung des Schiitenführers Moktada Sadr ist nach
zweieinhalb Jahren aus US-Militärhaft entlassen worden. «Ahmed el Schaibani ist auf
Wunsch des Ministerpräsidenten freigelassen worden», teilte ein Pressesprecher von
Regierungschef Nuri el Maliki am Mittwoch mit. Sadrs Büro bestätigte die Freilassung. Das
US-Verteidigungsministerium bezeichnete Sadrs Mehdi-Armee in einem Bericht im
Dezember als die derzeit gefährlichste irakische Miliz.
22. März 2007
Zwei Tage nach Ablauf eines Ultimatums ist das Schicksal der beiden im Irak entführten
Deutschen weiter ungewiss. «Der Krisenstab ist unvermindert bemüht, die beiden Geiseln in
Sicherheit zu bringen», sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Donnerstag auf ddpAnfrage. Zu möglichen Kontakten oder neuen Forderungen machte er keine Angaben.
Bei seinem ersten Besuch in Bagdad hat der neue UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am
Donnerstag einen drastischen Eindruck von der Lage im Irak bekommen. Während einer
gemeinsamen Pressekonferenz mit Ministerpräsident Nuri al-Maliki in der vom
Militär abgesperrten «Grünen Zone» duckte sich Ban hinter dem Rednerpult, als eine laute
Explosion das Gebäude erschütterte und Mörtel von der Decke bröckelte. Während der UNGeneralsekretär zusammenzuckte, blieb Al-Maliki ganz ruhig und zuckte kaum mit der
Wimper. Ban erklärte, die Vereinten Nationen wollten sich, sobald die Sicherheitslage es
erlaube, wieder verstärkt im Irak engagieren, sowohl im politischen Prozess als auch im
humanitären Bereich. Die UN hatten ihre Aktivitäten in Bagdad nach Anschlägen auf ihre
Mitarbeiter stark zurückgeschraubt. Wie die meisten Besuche hochrangiger Politiker im Irak
war auch Bans Bagdad-Reise aus Sicherheitsgründen bis zur Ankunft geheim gehalten
worden.
In der südirakischen Hafenstadt Basra lieferten sich am Donnerstag Anhänger zweier
schiitischer Parteien heftige Gefechte. Augenzeugen berichteten, Anhänger der Bewegung des
radikalen Predigers Muktada al-Sadr hätten ein Parteibüro der Fadhila-Partei in Brand
gesteckt. Kämpfe gab es auch rund um das Haus des Provinzgouverneurs Mohammed alWaili. Augenzeugen sahen mehrere Verletzte. Die Behörden verhängten eine Ausgangssperre.
Hunderte von britischen und irakischen Soldaten bezogen in den Straßen Stellung.
Die Fadhila-Partei, die ebenso wie die Sadr-Bewegung zu der Schiiten-Allianz von
Ministerpräsident Nuri al-Maliki gehörte, hatte sich vergangene Woche von der Allianz
losgesagt. Die von dem Geistlichen Mohammed al-Jakubi geleitete islamische Partei, die mit
15 Abgeordneten im Parlament vertreten ist, hatte diesen Schritt als Zeichen gegen die Gewalt
zwischen Schiiten und Sunniten bezeichnet. Die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak berichtete
unterdessen, Unbekannte hätten in der Nacht zum Donnerstag in Basra die Frauenrechtlerin
Tuhfa al-Bidschari in ihrem Haus ermordet.
Die US-Armee erklärte, die multinationalen Truppen hätten in den vergangenen Tagen in
Basra und Hilla Kais al-Chasali, den früheren Sprecher Al-Sadrs in der Pilgerstadt Nadschaf,
seinen Bruder Laith und weitere Angehörige seines Netzwerks gefangen genommen. Sie
sollen in die Entführung und Ermordung von fünf amerikanischen Soldaten in Kerbela im
vergangenen Januar verwickelt sein. Das Militärkommando berichtete weiter, ein US-Soldat
sei am Mittwoch in Bagdad von Aufständischen getötet worden.
Der Bewilligungs-Ausschuss des US-Senats hat einem Etatentwurf zugestimmt, der 122
Milliarden Dollar (91,5 Milliarden Euro) für den Irakkrieg und den Einsatz in Afghanistan
vorsieht. Zugleich schreibt er aber auch einen Abzug der US-Truppen aus dem Irak bis März
2008 vor. Gleichzeitig mit der Entscheidung des Senatsausschusses begann am Donnerstag in
Washington das US- Repräsentantenhaus mit der Debatte über ein fast gleich lautendes
Gesetz, das jedoch den Truppenrückzug bis Ende September 2008 terminiert. Allerdings gilt
es als wenig wahrscheinlich, dass es im Senat die erforderliche Mehrheit von 60 der 100
Stimmen für ein solches Haushaltsgesetz gibt. Die Demokraten haben dort 51 Sitze. Präsident
George W. Bush hatte ohnehin schon gedroht, mit einem Veto die Verknüpfung des Etats mit
dem Abzugstermin zu verhindern.
23. März 2007
Der stellvertretende irakische Regierungschef, Salam el Subaji, ist am Freitag bei einem
Doppelanschlag in Bagdad schwer verletzt worden. Der Zustand des sunnitischen Politikers
war nach Krankenhausangaben «nicht stabil». Bei dem zweifachen Sprengstoffanschlag in
der Nähe von Subajis Haus wurden nach Angaben aus irakischen Sicherheitskreisen ein
Berater von Ministerpräsident Nuri el Maliki und drei weitere Menschen
getötet. Außer Subaji seien neun weitere Menschen verletzt worden, unter ihnen Subajis
Bruder sowie ein Kind. Subaji wurde laut US-Armee zur Behandlung in ein USMilitärkrankenhaus in der streng bewachten grünen Zone Bagdads gebracht.
Den US-Truppen im Irak ist es einem Regierungsbericht zufolge bis vergangenen Oktober
nicht gelungen, alle unbewachten Waffenlager zu sichern. Es gebe zu wenig Soldaten,
um die Depots zu schützen, aus denen Aufständische Munition stehlen und damit Sprengsätze
bauen würden, heißt es in einem am Donnerstag in Washington veröffentlichten Bericht der
Rechenschaftsbehörde GOA. Das Verteidigungsministerium habe offenbar keine
Bestandsaufnahme der Lager und der dadurch entstehenden Bedrohung für US-Soldaten und
andere gemacht.
24. März 2007
Bei neuen Anschlägen und Gefechten im Irak sind am Samstag mindestens 56 Menschen ums
Leben gekommen. Allein bei einem Sprengstoffanschlag auf ein Polizeirevier im Bagdader
Bezirk Dura wurden 20 Menschen getötet und 19 verletzt. Die Attentäter hätten vor dem
Gebäude einen mit Sprengstoff beladenen Lastwagen zur Explosion gebracht, berichteten
irakische Medien unter Berufung auf die Polizei. Unter den Opfern waren zahlreiche
Polizisten.
In der Stadt Hilla, rund 100 Kilometer südlich von Bagdad, starben mindestens elf Iraker, als
eine Moschee mit Mörsern beschossen wurde. Kurz zuvor war dort bereits ein mit Sprengstoff
beladener Lastwagen explodiert. Mindestens zehn Menschen kamen ums Leben, als sich ein
Selbstmordattentäter in der Stadt Tal Afar an der Grenze zu Syrien in die Luft sprengte. Drei
Menschen wurden nach Angaben der Nachrichtenagentur Aswat al-Irak verletzt.
In Iskandariyah südlich der Hauptstadt explodierte vor einer schiitischen Moschee eine
Autobombe. Nach Polizeiangaben starben fünf Menschen. Die Moschee wurde größtenteils
zerstört. In Kirkuk im Norden des Landes wurden zwei irakische Soldaten getötet und drei
verletzt, als Bewaffnete das Feuer auf ein Armeefahrzeug eröffneten, wie ein Armeesprecher
berichtete.
In Suwayrah südlich von Bagdad eröffneten US-Soldaten nach Angaben von Augenzeugen
das Feuer auf ein Auto. Ein ehemaliger Offizier der irakischen Armee und sein Fahrer seien
ums Leben gekommen, ein Insasse sei verletzt ins Krankenhaus gebracht worden, hieß es
weiter. Das US-Militär äußerte sich zunächst nicht zu dem Vorfall.
Nach US-Angaben wurden drei mutmaßliche Terroristen bei einer Razzia amerikanischer
Soldaten in Rutbah 350 Kilometer westlich von Bagdad getötet. Ein vierter mutmaßlicher
Terrorist habe sich selbst in die Luft gesprengt, heiß es weiter. In Mossul im Norden des Iraks
seien neun mutmaßliche Terroristen gefasst worden. In Bagdad gingen den Amerikanern den
Angaben zufolge zwei Terror-Verdächtigte ins Netz, während ein mutmaßlicher Kurier des
Terrornetzes El Kaida östlich von Balad festgenommen wurde.
US-Präsident George W. Bush hat deutlich gegen Beschlüsse der oppositionellen Demokraten
im Kongress Stellung bezogen. Er werde der Forderung nach einem Truppenabzug aus dem
Irak bis August 2008 nicht nachgeben, kündigte er am Samstag in seiner wöchentlichen
Radioansprache an. Bush kündigte erneut an, das Gesetz über Zusatzausgaben für die
Einsätze der US-Armee im Irak und in Afghanistan in Höhe von 124 Milliarden Dollar (gut
93 Milliarden Euro) mit seinem Veto zu blockieren.
26. März 2007
Das Schicksal der im Irak entführten deutschen Geiseln bleibt ungewiss. Man sei weiter «in
großer Sorge`, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin. Der
Krisenstab setze seine Anstrengungen in enger Zusammenarbeit mit «relevanten Stellen und
unseren Partnern intensiv fort». Nicht kommentieren wollte der Sprecher Medienberichte,
wonach US-Soldaten am Sonntag in Bagdad erfolglos nach den Entführten gesucht haben
sollen.
Der rumänische Regierungschef Calin Tariceanu strebt einen Abzug der rumänischen
Truppen aus dem Irak bis Weihnachten an. «Es ist Zeit, unsere Soldaten nach Hause zu
holen», sagte Tariceanu am Montag bei einem Treffen mit Bürgermeistern in Bukarest. «Ich
werde darum kämpfen, alle Gegner davon zu überzeugen, dass unsere Soldaten an
Weihnachten zu Hause mit ihren Familien essen», fügte der Regierungschef hinzu. Der
Rückzug solle gemäß einem mit den Verbündeten vereinbarten Zeitplan erfolgen.
Die irakische Regierung hat sich erstmals in den Konflikt zwischen dem Nachbarland Iran
und Großbritannien um die Gefangennahme von 15 britischen Marineangehörigen
eingeschaltet. Außenminister Hoschiar Sebari habe Teheran aufgefordert, die Briten
freizulassen, berichtete der Nachrichtensender Al-Arabija am Montag. In einem Telefonat mit
seinem iranischen Kollegen Manuchehr Mottaki am Sonntagabend habe Sebari außerdem
betont, die Soldaten seien in irakischen Hoheitsgewässern gefangen genommen worden.
27. März 2007
Bei Anschlägen im Irak sind am Dienstag über 70 Menschen getötet worden, davon allein 50
in der Stadt Tel Afar. Insgesamt seien dort drei Autobomben gezündet worden, eine davon in
der Nähe des Busbahnhofs, berichteten irakische Agenturen am späten Dienstagabend. Über
120 Menschen seien verletzt worden. Die nordirakische Stadt, 60 Kilometer westlich der
Provinzhauptstadt Mossul, war von US-Präsident George W. Bush als Beispiel genannt
worden, wie gut die Strategie der US-Armee und der irakischen Verbündeten funktioniere.
In der Stadt Ramadi riss ein Selbstmordattentäter vor einer Gaststätte mindestens 17
Menschen mit in den Tod. Dies berichtete die irakische Nachrichtenagentur Aswat al-Irak aus
der 110 Kilometer westlich von Bagdad gelegenen Stadt. 32 weitere Gäste und Passanten
erlitten Verletzungen. Der Attentäter hatte einen mit Sprengstoff vollgepackten Lastwagen
vor dem Lokal in die Luft gesprengt.
Im Westen von Bagdad wurde der Sohn des sunnitischen Scheichs Thahir al Dari getötet, als
sich vor dessen Haus mehrere Selbstmordattentäter mit zwei Autos in die Luft sprengten. Der
Scheich, der an der Spitze eines Clans steht, der sich mit anderen Stämmen gegen den
irakischen El-Kaida-Ableger zusammengeschlossen hat, blieb unverletzt, wie Aswat al-Irak
meldete.
Bei einem Anschlag auf einen Begräbniszug südlich von Bagdad wurden am Dienstag
mindestens vier Menschen getötet. Zahlreiche weitere Trauergäste erlitten Verletzungen, als
Bewaffnete das Feuer im Dorf Asrija eröffneten, wie Augenzeugen berichteten.
In der südirakischen Stadt Nadschaf stürmten US-Soldaten das Anwesen des schiitischen
Geistlichen Mohammed al-Tabatbaie, eines engen Vertrauten des radikalen Predigers
Muktada al-Sadr. Bei einem Feuergefecht mit Wachleuten des Hauses töteten die Amerikaner
zwei Männer und verletzten drei weitere. Al-Tabatbaie hatte sich zum
Zeitpunkt der Razzia nicht dort aufgehalten.
Das irakische Parlament erneuert am Dienstag den geltenden Ausnahmezustand um einen
weiteren Monat. Ausgenommen ist lediglich die Autonomie-Region Kurdistan. Im Irak gilt
der Ausnahmezustand seit November 2004.
Im nordirakischen Kirkuk sind zwei katholische Ordensschwestern ermordet worden. Die 85und 79-jährigen Nonnen seien am Montag in ihrer Wohnung erstochen aufgefunden worden,
berichtete der Nachrichtensender «El Dschasira» am Dienstag unter Berufung auf die örtliche
Polizei. Bislang gebe es keine Hinweise auf Motiv oder Täter der Morde an den chaldäischen
Christinnen. Angesichts der fortdauernden Gewalt ist die Lage für Christen im
Irak sehr schwierig. Zuletzt entschied die Kirchenleitung, die einzige theologische
Ausbildungsstätte aus Bagdad in den vermeintlich ruhigeren Norden zu verlegen.
28. März
In der Debatte um ein Datum für den Abzug der amerikanischen Truppen aus dem Irak sind
US-Präsident George W. Bush und der demokratisch geführte Kongress auf
Konfrontationskurs gegangen. Bush warf am Mittwoch den Demokraten vor, sie wollten alle
Anstrengungen der USA im Irak zunichte machen und die irakische Regierung schwächen.
Zuvor hatte sich der US-Senat erstmals mit knapper Mehrheit für ein nicht verbindliches
Abzugsdatum aus dem Irak bis zum 31. März kommenden Jahres ausgesprochen. Bush
kündigte daraufhin sein Veto an. Vor zwei Wochen hatte der US-Senat noch gegen ein
Abzugsdatum votiert. Den Ausschlag für den Abstimmungserfolg von 50 zu 48 Stimmen gab
dieses Mal der republikanische Senator und Irak-Kriegskritiker Chuck Hagel (Nebraska). «Im
Irak gibt es keine militärische Lösung», sagte Hagel. Das Land sei kein Preis, den man
gewinnen oder verlieren könne. Auch der demokratische Senator Ben Nelson aus Nebraska
stimmte dieses Mal mit seiner eigenen Partei. Vor dem Senat hatte bereits das von den
Demokraten beherrschte Abgeordnetenhaus einen Entwurf vorgelegt, der den Rückzug aller
US-Soldaten bis zum 31. August 2008 vorsieht.
Das Schicksal der beiden entführten Deutschen im Irak ist weiter ungewiss. Der Krisenstab
setze seine Anstrengungen in enger Zusammenarbeit mit «relevanten Stellen und unseren
Partnern intensiv fort», sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Mittwoch. Einzelheiten
wollte er nicht nennen. Die 61-jährige Frau und ihr 20-jähriger Sohn waren Anfang Februar in
Bagdad verschleppt worden. Die Geiselnehmer hatten damit gedroht, die beiden
umzubringen, falls Deutschland seine Truppen nicht aus Afghanistan abziehen sollte. Diese
Forderung hatte die Bundesregierung kategorisch abgelehnt. Ein Ultimatum der Entführer war
Anfang vergangener Woche abgelaufen.
Schiitische Todesschwadronen haben in einem sunnitischen Viertel der nordirakischen Stadt
Tel Afar am Mittwoch Dutzende Menschen erschossen. In das Krankenhaus der Stadt seien
60 mit Einschüssen übersäte Leichen von Kindern, Frauen und Männern gebracht worden,
sagte ein Arzt der Nachrichtenagentur Aswat al-Irak. Nach Augenzeugenberichten seien
Polizisten außerhalb ihrer Dienstzeit sowie Milizionäre von Haus zu Haus gegangen und
hätten willkürlich Männer durch Kopfschüsse getötet.
29. März
Bei erneuten Anschlägen in hauptsächlich von Schiiten bewohnten Gebieten im Irak sind am
Donnerstag knapp 130 Menschen ums Leben gekommen. In der Hauptstadt Bagdad sprengte
sich ein Selbstmordattentäter auf einem Markt im Bezirk Schaab in die Luft und riss 76
Menschen mit in den Tod, die meisten davon Frauen und Kinder. Ungefähr gleichzeitig
detonierten drei Autobomben in der Stadt Chalis nördlich von Bagdad, dabei wurden
Polizeiangaben zufolge 53 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt. In den vergangenen
Tagen hatte sich die Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten verschärft. Erst am Mittwoch
erschossen Bewaffnete bei einem mutmaßlichen Vergeltungsangriff auf ein sunnitisches
Viertel der Stadt Tal Afar nahe der syrischen Grenze bis zu 70 Männer. Am Vortag waren
dort bei zwei Bombenangriffen 85 Menschen getötet worden. Der US-Senat stimmte
unterdessen mit 51 zu 47 Stimmen für einen Gesetzentwurf, der Präsident George W. Bush
weitere etwa 122 Milliarden Dollar vor allem für den Krieg im Irak und in Afghanistan
zugesteht. Allerdings knüpfte der Senat dies an die Bedingung, dass die US-Kampftruppen bis
Ende März 2008 aus dem Irak abgezogen werden. Bush hatte angekündigt, sein Veto gegen
das Gesetz einzulegen
30. März
Das japanische Kabinett hat sich am Freitag dafür ausgesprochen, die
Luftwaffenunterstützung für den Irak um weitere zwei Jahre zu verlängern. Außenminister
Taro Aso begründete die Initiative mit der aktuellen Lage in dem Golfstaat. Eine
Verlängerung des im Juli auslaufenden Irak-Gesetzes sei daher absolut notwendig, wurde er
in einer Erklärung der Regierung zitiert. Die Vorlage wird nun dem Parlament vorgelegt, das
der Empfehlung folgen dürfte. Japan hatte seine 600 Bodentruppen 2006 nach mehr als zwei
Jahren aus dem Irak abgezogen. Obwohl der Einsatz kein Kampfeinsatz war, hatte er die
pazifistische japanische Verfassung ausgereizt und viel öffentliche Kritik auf sich gezogen.
Derzeit hat das asiatische Land, ein enger US-Verbündeter, noch rund 200 Streitkräfte der
Luftwaffe in Kuwait stationiert, von wo aus sie das im Irak aktive US-Militär unterstützen.
Die irakischen Behörden haben am Freitag 18 schiitische Polizisten festgenommen, die an
einem Massaker an sunnitischen Zivilisten in der nordirakischen Stadt Tel Afar beteiligt
gewesen sein sollen. Dies berichtete die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak unter Berufung auf
die Provinzpolizei in Mossul. Schiitische Todesschwadronen, die sich aus Polizeiangehörigen
zusammensetzten, hatten in der Nacht zum Mittwoch 70 Sunniten willkürlich in ihren
Häusern erschossen. Die Bluttat war als Vergeltung für Bombenanschläge gedacht, denen in
Tel Afar wenige Stunden zuvor 80 Schiiten zum Opfer gefallen waren. Bereits in den ersten
Stunden nach dem Massaker waren 18 schiitische Polizisten festgenommen worden. Nach
Angaben der Provinzregierung in Mossul waren sie aber kurze Zeit später «auf Druck der
Bevölkerung» wieder freigelassen worden. Zunächst war nicht klar, ob es sich um dieselben
Beamten gehandelt hatte, die am Freitag festgenommen wurden.
Der radikale schiitische Geistliche Muktada al Sadr hat die Iraker zu einer
Massendemonstration gegen die Präsenz der US-Truppen aufgerufen. «Der Abzug des
Besatzers bedeutet Stabilität für den Irak, den Sieg des Islams sowie die Niederlage des
Terrorismus und der Ungläubigen», erklärte der Prediger in einer Botschaft, die während des
Freitagsgebets in Kufa sowie im Bagdader Stadtteil Sadr City verlesen wurde. Das
«unterdrückte irakische Volk» solle seine Stimme erheben gegen «Besatzung, Zerstörung und
Terrorismus», forderte Al Sadr. Am 9. April, vier Jahre nach der Eroberung Bagdads durch
die US-Streitkräfte, sollten die Iraker für den Abzug der ausländischen Truppen auf die Straße
gehen. «Nach vier Jahren hat der Irak weder (Trink-)Wasser, noch Strom, Benzin oder
Sicherheit und befindet sich überdies mitten im Aufruhr», hieß es in der Erklärung, die das
Datum 25. März trug. Weiter warf der schiitische Geistliche den USA vor, den Irak in der
arabischen Welt isoliert zu haben - kein Land kümmere sich mehr darum, «dass der Irak in
Trümmern liegt».
31. März
Der irakische Justizminister Haschim al-Schibli hat offenbar aus Unzufriedenheit mit der
Politik der schiitisch geprägten Regierung seinen Rücktritt eingereicht. Der sunnitische
Minister habe erklärt, er könne sich mit «gewissen Tendenzen in der Regierung» nicht mehr
identifizieren, berichtete der Bagdader Fernsehsender Al- Scharkia am Samstag unter
Berufung auf Ministeriumskreise. Ministerpräsident Nuri al-Maliki muss den Rücktritt noch
annehmen. Al-Schibli war bei den Wahlen im Dezember 2005 als Kandidat der
überkonfessionellen Irakischen Liste des gemäßigt- schiitischen Ex- Ministerpräsidenten Ijad
Allawi ins Parlament gewählt worden. Zunächst war nicht bekannt, welche konkreten
Maßnahmen der von Schiiten und Kurden dominierten Regierung unter Al-Maliki zu seinem
Rücktritt geführt haben. Bei einer Serie von Anschlägen wurden indes am Samstag
mindestens elf Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt. Fünf Iraker starben, als ein
Sprengsatz in einem abgestellten Pkw vor einem Krankenhaus in der Bagdader SchiitenVorstadt Sadr-City explodierte. 23 weitere Personen erlitten Verletzungen, bestätigte das
Innenministerium in Bagdad. In Hilla,100 Kilometer südlich von Bagdad, wurden bei einem
ähnlichen Anschlag nach Polizeiangaben zwei Menschen getötet und 23 verletzt. In der
hauptsächlich von Turkmenen bewohnten Stadt Tus Churmatu, 180 Kilometer nördlich von
Bagdad, tötete eine Autobombe zwei Menschen, elf weitere wurden verletzt. In Suweira
wurden ein Passant durch einen Sprengsatz getötet und drei weitere verletzt.
Nach dem Doppelanschlag von Tal Afar im Irak ist die Zahl der Opfer auf 152 gestiegen. 347
weitere Menschen seien verletzt worden, teilte das Innenministerium am Samstag in Bagdad
mit. Bislang war nach dem gegen Schiiten gerichteten Anschlag vom Dienstag die Rede von
85 Toten und rund 200 Verletzten gewesen. Der Anschlag von Tal Afar rund 400 Kilometer
nördlich von Bagdad ist damit nach dem Anschlag von Sadr City derjenige mit den meisten
Opfern seit dem US-Einmarsch im Irak im März 2003. Im November vergangenen Jahres
waren in Sadr City 202 Menschen getötet worden. Nach dem Anschlag war es in einem
sunnitischen Viertel zu Racheangriffen gekommen, bei denen mindestens 70 Sunniten getötet
worden.
1. April 2007
Die Zahl getöteter Zivilisten, Soldaten und Polizisten im Irak ist im März gegenüber dem
Vormonat um 15 Prozent gestiegen. Insgesamt seien im vergangenen Monat 2078 Iraker ums
Leben gekommen, davon 1869 Zivilisten, teilte das irakische Verteidigungsministerium am
Sonntag mit. Durchschnittlich seien dies täglich 67 Tote gegenüber 64 im Februar. Die Zahl
getöteter «Terroristen» sank dagegen laut den Angaben des Ministeriums von 586 auf 481.
Wie sich aus Angaben des US-Verteidigungsministeriums ergibt, starben im März auch 85
US-Soldaten und weitere Angehörige der Armee im Irak. Seit Mitte Februar ist ein
Sicherheitsplan in Kraft, um die Gewalt in der irakischen Hauptstadt Bagdad einzudämmen.
Die schiitisch dominierte irakische Regierung will Araber, die aus der von den Kurden
beanspruchten erdölreichen Provinz Kirkuk im Norden des Iraks wegziehen wollen, materiell
entschädigen. Die umstrittene Entscheidung könnte nach Ansicht von Beobachtern das
Rücktrittsgesuch von Justizminister Haschim al-Schibli ausgelöst haben. Der sunnitische
Politiker bestätigte dies nicht ausdrücklich, sondern erklärte am Samstag lediglich, dass er
sich mit «gewissen Tendenzen in der Regierung» nicht mehr identifizieren könne. Das von
Schiiten und Kurden getragene Kabinett unter Ministerpräsident Nuri al-Maliki beschloss
demnach, dass umzugswillige Araber aus der Provinz Kirkuk 20 Millionen Dinar (12 000
Euro) und ein Stück Land erhalten. Den Plänen zufolge soll bis Ende des Jahres in einem
Referendum darüber entschieden werden, ob die Provinz Kirkuk der kurdischen AutonomieRegion im Nordirak angeschlossen werden soll. Die Volksabstimmung ist auch in der im
Oktober 2005 gebilligten neuen irakischen Verfassung vorgesehen. Die Kurden begründen
ihren Anspruch auf Kirkuk damit, dass diese Provinz mehrheitlich kurdisch gewesen war, bis
unter der Diktatur von Saddam Hussein Zehntausende Angehörige dieser Volksgruppe von
dort vertrieben und Araber aus dem mittleren und südlichen Irak an ihrer Stelle dort
angesiedelt worden waren. Vor allem die sunnitischen Araber und die turkmenische
Volksgruppe im Nordirak lehnen die Eingliederung Kirkuks unter direkte kurdische Kontrolle
heftig ab.
Der irakische Vizepräsident Tarik al Haschimi hat Sunniten und Schiiten am Sonntag
aufgefordert, auf Racheakte zu verzichten und in Frieden miteinander zu leben. Die
Streitkräfte rief Al Haschimi dazu auf, die Menschen gerecht zu behandeln. In seiner im
Fernsehen übertragenen Rede zum Geburtstag des Propheten Mohammed sprach sich der
sunnitische Vizepräsident außerdem für eine Belebung der Generalamnestie für Gefangene als
Grundlage für eine Versöhnung aus.
Bei Anschlägen im Irak sind am Wochenende sechs US-Soldaten und ein Brite ums Leben
gekommen. Das US-Militär teilte am Sonntag mit, zwei Soldaten seien südwestlich der
Hauptstadt Bagdad während einer Kontrollfahrt bei einer Detonation getötet worden. Bei
einer zweiten Explosion seien weitere vier US-Militärs ums Leben gekommen. Zudem starb
in der Provinz Anbar ein US-Soldat, was den Angaben zufolge aber nicht auf
Kampfhandlungen zurückzuführen war. Das Verteidigungsministerium in London teilte mit,
ein britischer Soldat sei am Sonntag nach einem Angriff in der südlichen Stadt Basra
Schussverletzungen erlegen. Damit stieg die Zahl der im Irak verstorbenen US-Soldaten seit
Beginn des Einmarsches in das Land im März 2003 auf 3253. Großbritannien hat 136
Todesopfer zu beklagen, andere an dem Einmarsch beteiligte Länder 124. Nach Schätzungen
von Friedens-Aktivisten starben zudem mindestens 60.000 irakische Zivilisten.
2. April
Im Irak sind die Leichen von 19 entführten Zivilisten aus einem schiitischen Dorf gefunden
worden. Den Männern sei in den Kopf und in die Brust geschossen worden, hieß es in Kreisen
der Polizei am Montag weiter. Die Toten wurden unweit der Provinzhauptstadt Bakuba
gefunden, die 65 Kilometer nördlich von Bagdad liegt. Bewaffnete hatten die Zivilisten aus
einem Dorf nahe der Stadt Bakuba am Sonntag nach Polizeiangaben an einem falschen
Kontrollpunkt nördlich von Bagdad gestoppt und umgebracht. Vor einem Monat hatten
Bewaffnete nahe Bakuba 14 Polizisten entführt und getötet. Der Ort ist Hauptstadt der
Provinz Dijala, in der Sunniten, Schiiten und Kurden beheimatet sind.
Bei einem Selbstmordanschlag in der nordirakischen Stadt Kirkuk sind am Montag
mindestens zwölf Menschen getötet worden. Der Attentäter brachte seinen mit Sprengstoff
beladenen Lastwagen vor einem Büro der irakischen Kriminalpolizei zur Explosion. Rund
200 wurden verletzt, teilte die Polizei weiter mit. Deshalb wurde mit einem Ansteigen der
Todeszahl gerechnet. Unter den Opfern waren auch viele Kinder, da das angegriffene
Polizeigebäude gleich neben einer Schule liegt. In der Bagdader Vorstadt Bajaa wurden vier
Passanten getötet, als ein geparktes Sprengstoffauto in der Nähe eines Gerichtsgebäudes
explodierte. Das US-Militär tötete nach eigenen Angaben bei Kämpfen im nordirakischen
Mossul sechs Aufständische, die an der Vorbereitung von Autobomben-Anschlägen beteiligt
gewesen sein sollen. Sechs US- Soldaten wurden in den letzten 48 Stunden bei
Patrouillenfahrten im Südwesten von Bagdad durch Sprengfallen getötet.
Im Völkermordsprozess gegen einen Cousin von Ex-Machthaber Saddam Hussein, Ali
Hassan Al-Madschid, forderte der Staatsanwalt die Todesstrafe. Al-Madschid, der wegen der
von ihm angeordneten brutalen Giftgas-Angriffe auf kurdische Zivilisten den Beinamen
«Chemie-Ali» erhielt, ist wegen seiner Beteiligung an der so genannten AnfalMilitärkampagne in den Jahren 1987 und 1988 angeklagt. Dabei waren nach unabhängigen
Schätzungen 50.000 bis 100.000 Kurden ums Leben gekommen. Vor dem Sondertribunal für
Regime-Verbrechen verlangte der Staatsanwalt auch für vier Mitangeklagte die Todesstrafe.
Im Irak sind in den ersten drei Monaten dieses Jahres nach Angaben des Irakischen Komitees
zum Schutz von Journalisten 18 irakische Reporter getötet worden. Weitere 19 seien
festgenommen worden. In dem Bericht wirft die Organisation der Regierung in Bagdad vor,
nichts gegen die «zunehmenden Verletzungen» der Rechte von Journalisten im Irak zu tun,
die sich negativ auf die Pressefreiheit auswirkten.
3. April
Nach langem Schweigen haben die Entführer der beiden Deutschen im Irak der
Bundesregierung ein neues Ultimatum gestellt. In der Nacht zum Dienstag verbreiteten sie ein
Video über das Internet, in dem sie ihre Forderung nach einem Abzug der Bundeswehr aus
Afghanistan binnen zehn Tagen bekräftigen. Der Film zeigt die 61-jährige Hannelore Krause
und ihren 20-jährigen Sohn Sinan verzweifelt um Hilfe flehend. Der Krisenstab des
Auswärtigen Amts wertete das Video aus und beriet über mögliche Konsequenzen. „Es ist
bitter, mit ansehen zu müssen, wie hier zwei Menschen vor laufender Kamera erniedrigt und
gedemütigt werden“, sagte Sprecher Martin Jäger. „Wir sind in großer Sorge um das
Schicksal der beiden Geiseln. Und wir arbeiten weiter sehr hart daran, dass die beiden zu
ihren Familien zurückkehren können.“ Sie befinden sich inzwischen seit zwei Monaten in der
Hand der Kidnapper. Die Gruppe „Pfeile der Rechtschaffenheit“ hatte bereits am 10. März in
einem Video ein zehntägiges Ultimatum verkündet. Nach Ablauf geschah zunächst jedoch
nichts. In dem neuen Video drohen die Entführer erneut mit der Ermordung ihrer Geiseln für
den Fall, dass die Bundesregierung die Forderungen nicht erfüllt. Hannelore Krause bittet
Deutschland und Österreich vor laufender Kamera weinend darum, zu handeln. Deutschland
sei ein sicheres Land gewesen, bevor es diese „teuflische Allianz“ mit den USA eingegangen
sei, um etwas zu bekämpfen, was als Terrorismus bezeichnet werde. Das afghanische Volk
habe jedoch keine Angriffe auf Berlin gestartet oder deutsche Fabriken zerstört. Auch hätten
Muslime keine Bomben in Deutschland hochgehen lassen. Wo sei da der Terrorismus, fragt
Krause. Die Videobotschaft soll gegen Mitternacht im Internet verbreitet worden sein. Eine
Stunde später wurde sie vom Krisenstab im Auswärtigen Amt in Berlin entdeckt. Die
Experten werteten das Video noch in der Nacht intensiv aus. „Es liegen inzwischen erste
Einschätzungen vor“, sagte Ministeriumssprecher Jäger am Mittag. Einzelheiten nannte er
nicht. Am Nachmittag wollte der Krisenstab zu einer weiteren Sitzung zusammenkommen.
Indonesien wirbt für eine muslimische Armee für den Irak. Sie solle die Truppen der USgeführten Koalition ersetzen und nach deren Abzug für eine Stabilisierung des Golfstaates
sorgen, sagte der indonesische Präsident Susilo Bambang Yudhoyono am Dienstag bei einer
Irak-Konferenz, zu der sich 20 hochrangige Geistliche aus der gesamten islamischen Welt in
Bogor auf Java versammelt hatten. Einer solchen Ablösung müsse allerdings eine Versöhnung
von Sunniten und Schiiten im Irak vorausgehen, sagte Yudhoyono weiter.
Fünf Aufständische sind am Dienstag im Irak bei der vorzeitigen Explosion ihres mit
Sprengstoff beladenen Fahrzeugs getötet worden. Der Vorfall ereignete sich in der von
Gewalt heimgesuchten Ortschaft Chalis, 62 Kilometer östlich von Bagdad, wie die Polizei in
der Provinzhauptstadt Bakuba bestätigte. Dort haben Unbekannte seit Montag zehn Elektriker
der örtlichen Strom-Werke verschleppt, berichtete die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak. Am
Dienstag wurden in dem Ort die Leichen von fünf verschleppten Polizisten in einem
Straßengraben gefunden. Bewaffnete erschossen am helllichten Tag auf dem Marktplatz der
Ortschaft einen Händler.
Das US-Militär tötete nach eigenen Angaben in Falludscha, 70 Kilometer westlich von
Bagdad, mit einem Luftschlag sechs Aufständische. Sie sollen einem Netzwerk zur
Einschleusung ausländischer Gotteskämpfer angehört haben. Das US-Militär in Bagdad teilte
mit, dass bei Kampfhandlungen in der westlichen Provinz Anbar am Vortag insgesamt drei
US-Soldaten getötet wurden.
4. April
Der Militäreinsatz der USA im Irak hat einer neuen Umfrage zufolge das Vertrauen der USBürger in die Außenpolitik ihres Landes tief erschüttert. 84 % der Befragten gaben in einer
am Mittwoch vorgelegten umfassenden Studie des Fachmagazins „Foreign Affairs“ an, dass
sie über die derzeitige Lage der USA in der Welt besorgt seien. 82 % glaubten, dass die Welt
für die USA und ihre Bürger immer gefährlicher werde, während 68 % davon ausgingen, dass
das Ausland eine negative Meinung von den USA habe. Weitere Militäreinsätze im Ausland
lehnen die US-Bürger demnach vehement ab. Nur 8 % hießen einen Einsatz gegen den Iran
gut. Mit dem Gefühl der Bedrohung geht ein tiefes Misstrauen in die Außenpolitik der
eigenen Regierung einher: 59 % gehen nach eigenen Bekunden davon aus, dass die Regierung
von US-Präsident George W. Bush sie in außenpolitischen Fragen belüge. Nur 36 % glaubten
an die Fähigkeit der Regierung, einen neuen Terroranschlag nach dem Beispiel des 11.
September 2001 zu verhindern. 74 % sprachen sich dagegen aus, dass die USA wie im Irak
aktiv am Aufbau von Demokratien im Ausland mitwirken.
Die Teilnahme der Bagdader Regierung an einer in diesem Monat geplanten internationalen
Irak-Konferenz in Istanbul ist noch ungewiss. So gut wie alle anderen potenziellen
Teilnehmer hätten bereits zugesagt. An der geplanten Außenministerkonferenz sollen der
Irak, dessen Nachbarländer, die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates und die
G8-Staaten, darunter Deutschland, teilnehmen. Sie würde erstmals seit Jahren die
Außenminister der USA und des Irans an einen Tisch bringen.
Im Irak verschleppten Bewaffnete in Armeeuniformen unterdessen in der Nähe der Stadt
Kerbela 22 Schäfer. Augenzeugen zufolge fuhren die Entführer mit ihren Opfern in Richtung
der nordwestlich von Kerbela gelegenen Provinz Anbar davon. Kerbela ist eine der heiligen
Städte der irakischen Schiiten. Die Provinz Anbar gehört zu den Kerngebieten der Sunniten.
In der nordirakischen Stadt Kirkuk überfielen ebenfalls am Mittwoch Bewaffnete einen
Kleinbus. Dabei erschossen sie mindestens fünf Mitarbeiter eines Elektrizitätswerks. Die
Opfer waren auf der Fahrt zu ihrem Arbeitsplatz. Unter ihnen waren ein Ingenieur und vier
Monteure. Aufständische und Terroristen im Irak versuchen in jüngster Zeit vermehrt, die
ohnehin lückenhafte Infrastruktur des Landes mit gezielten Angriffen zu sabotieren.
US-Truppen und irakische Einheiten setzten am Mittwoch den sechsten Tag in Folge
gemeinsamen Operationen in der nordirakischen Ortschaft Dur fort. Dabei nahmen sie bislang
128 mutmaßliche Aufständische gefangen, berichtete die Nachrichtenagentur Aswat al- Irak.
5. April
Nach dem folgenschwersten Bombenanschlag im ganzen Irak-Krieg haben irakische
Sicherheitskräfte zwei mutmaßliche Täter festgenommen. Wie das US-Militär am Donnerstag
mitteilte, wurden die beiden Männer bereits am Dienstag in einem Haus nördlich von Tal
Afar verhaftet. In dem westirakischen Ort kamen bei dem verheerenden Attentat in der
vergangenen Woche 152 Menschen ums Leben. Rund 350 Menschen wurden verletzt, als ein
mit Sprengstoff beladener Lastwagen in einem schiitischen Wohngebiet detonierte. Danach
kam es zu zahlreichen Vergeltungsschlägen in einem sunnitischen Teil von Tal Afar. Nach
US-Angaben könnten die verhafteten Männer auch für weitere Anschläge auf amerikanische
und irakische Truppen verantwortlich sein. Die Sicherheitskräfte nahmen bei ihrem Einsatz
auch 19 weitere „verdächtige Personen“ fest.
Bei Gefechten und Anschlägen sind im Irak zehn irakische, fünf amerikanische und vier
britische Soldaten getötet worden. Außerdem ging ein amerikanischer Armee-Hubschrauber
am Donnerstag südlich von Bagdad zu Bruch, wie das US-Militärkommando in der irakischen
Hauptstadt bestätigte. Augenzeugen wollten Beschuss durch Aufständische beobachtet haben.
Beim schwersten einzelnen Zwischenfall mit fremden Truppen starben in der Nacht zum
Donnerstag im Westen der südirakischen Stadt Basra vier Briten, als ihr Kampfpanzer auf
einen massiven Sprengsatz fuhr, teilte ein britischer Militärsprecher in Basra mit. Auch ein
Zivilist, der als Übersetzer arbeitete, wurde den Angaben zufolge getötet, ein weiterer
britischer Soldat schwer verwundet. In der nordirakischen Großstadt Mossul griffen
Aufständische am Donnerstag einen irakischen Armee-Kontrollpunkt in der Nähe eines
Gefängnisses an. Bei dem heftigen Gefecht wurden zehn irakische Soldaten getötet, berichtete
die irakische Nachrichtenagentur Aswat al-Irak unter Berufung auf Sicherheitskreise. Nach
Angaben des US- Militärkommando waren am Vortag bei zwei separaten Sprenganschlägen
im Großraum Bagdad vier US-Soldaten ums Leben gekommen und vier weitere verletzt
worden. Ein fünfter GI wurde im Osten von Bagdad bei einer Aufklärungsmission getötet, als
seine Einheit von Heckenschützen beschossen wurde. Der irakische Ministerpräsident Nuri
al-Maliki nahm indes am Donnerstag den Rücktritt seines Justizministers Haschim al-Schibli
an. Al-Schibli hatte vor einer Woche seine Demission eingereicht, weil er sich, wie er damals
gesagt hatte, mit «gewissen Tendenzen in der Regierung» nicht mehr identifizieren könne. Zu
seinem Nachfolger bestellte Al- Maliki den bisherigen Staatsminister für parlamentarische
Angelegenheiten, Safa al-Din al-Safi.
6. April
Die US-Regierung bereitet nach einem Bericht des US-Fernsehsenders NBC die Entsendung
von zusätzlichen 12 000 Nationalgardisten in den Irak und nach Afghanistan vor. Die
zusätzlichen Kräfte sollten dann Anfang 2008 für ein Jahr entsandt werden. Präsident George
W. Bush hatte erst kürzlich die Aufstockung der US-Truppen im Irak um 21 500 Soldaten
angekündigt. Die demokratische Mehrheit im Kongress setzt sich dagegen für einen Abzug
der amerikanischen Soldaten aus dem Irak im kommenden Jahr ein.
Bei einem Selbstmordanschlag auf den sunnitischen Fernsehsender Bagdad TV ist dessen
Vize-Direktor Thair Ahmed Dschaber getötet worden. Zwölf weitere Journalisten und
Mitarbeiter des TV-Senders wurden verletzt, berichtete das in New York ansässige Komitee
zum Schutz von Journalisten (CPJ) in der Nacht zum Freitag unter Berufung auf Angehörige.
Der Attentäter brachte seinen mit Sprengstoff beladenen Müllwagen am Donnerstag vor der
Sendeanstalt zur Explosion. Dabei wurde das Gebäude, in dem die Büros und Redaktionen
untergebracht waren, völlig zerstört.
Zwischen dem Regime von Saddam Hussein und dem Terrornetz El Kaida hat es einem
bislang geheim gehaltenen Bericht des US-Verteidigungsministeriums zufolge so gut wie
keine direkte Kooperation gegeben. Wie die «Washington Post» am Freitag unter Berufung
auf das Pentagon-Papier weiter berichtete, ergab die Auswertung im Irak sichergestellter
Dokumente sowie Verhöre Saddams und seiner Vertrauten, dass der Kontakt Bagdads mit
Osama bin Ladens Terrororganisation sehr begrenzt gewesen sei. US-Geheimdienste hätten
zudem schon vor dem Beginn des Irak-Krieges darauf hingewiesen, es gebe «keine
schlüssigen Anzeichen» für eine Kooperation. US-Vizepräsident Dick Cheney hatte vor und
nach der Invasion des Irak im März 2003 immer wieder betont, El Kaida operiere im Inneren
des Landes. Erst am Donnerstag sagte er in einer Rundfunksendung, die Terrororganisation
habe im Irak noch vor Kriegsbeginn Fuß gefasst.
Ein Selbstmordattentäter hat sich am Freitag vor einem Polizeikontrollpunkt im
westirakischen Unruheherd Ramadi mit einem chlorgefüllten Tanklaster in die Luft gesprengt
und mindestens 25 Menschen mit in den Tod gerissen. Wie Polizeiquellen in der irakischen
Hauptstadt bestätigten, wurden mehr als 30 Menschen verletzt. Die amerikanischen und
britischen Truppen verzeichneten in den vergangenen 48 Stunden erhöhte Verluste. Bei
Anschlägen und Gefechten kamen sieben Amerikaner und vier Briten ums Leben. Der
Anschlag in Ramadi, 110 Kilometer westlich von Bagdad, trug nach Ansicht von Beobachtern
die Handschrift des Terrornetzwerks El Kaida im Irak. Dessen Kämpfer hatten bereits zuvor
gelegentlich mit Chlorgas beladene Tanklaster als eine Art fahrende Chemie-Bombe
eingesetzt. Das US-Militär begann indes am Freitag nach eigenen Angaben in der
südirakischen Stadt Diwanija zusammen mit irakischen Truppen eine Offensive gegen
radikale schiitische Milizen. Dabei wurden ein Iraker getötet und vier weitere verletzt, wie die
irakische Nachrichtenagentur Aswat al-Irak berichtete.
Beim schwersten einzelnen Zwischenfall mit fremden Truppen seien in der Nacht zum
Donnerstag im Westen der südirakischen Stadt Basra vier Briten gestorben, als ihr
Kampfpanzer auf einen Sprengsatz fuhr, teilte ein britischer Militärsprecher in Basra mit.
Auch ein Zivilist, der als Übersetzer arbeitete, wurde den Angaben zufolge getötet, ein
weiterer britischer Soldat schwer verwundet. Bei verschiedenen Kampfhandlungen kamen
nach Angaben des US- Militärkommandos insgesamt sieben amerikanische Soldaten ums
Leben. Bei einem Angriff von Aufständischen auf einen irakischen Armee-Kontrollpunkt bei
einem Gefängnis in der nordirakischen Großstadt Mossul seien am Donnerstag zehn irakische
Soldaten getötet worden, meldete Aswat al-Irak.
7. April
US-Truppen und irakisches Militär haben am Samstag den zweiten Tag in Folge ihre
Offensive gegen radikale schiitische Milizen in der südirakischen Stadt Diwanija fortgesetzt.
US-Flugzeuge bombardierten in den Morgenstunden mutmaßliche Stellungen von
Aufständischen, teilte das US-Militärkommando in Bagdad mit. Neue Angaben zu Opfern
wurden zunächst nicht bekannt. Am Tag zuvor waren nach US-Angaben drei Milizionäre
getötet, sechs verletzt und 27 festgenommen worden. Die Aufständischen, die mit
Panzerfäusten und Schnellfeuergewehren bewaffnet sind, gehören zur so genannten MahdiArmee des radikalen schiitischen Predigers Muktada al-Sadr.
Der Geistliche wird seit dem Februar, als die US-Truppen mit massiven Verstärkungen in der
Hauptstadt Bagdad vermehrt gegen irreguläre Milizen vorzugehen begannen, von den
Amerikanern im Iran vermutet. In Samarra, 125 Kilometer nördlich von Bagdad, raste ein
Selbstmordattentäter mit seinem mit Sprengstoff beladenen Fahrzeug in einen
Polizeikontrollpunkt. Bei der anschließenden Explosion starben fünf Ordnungshüter,
berichtete die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak. Das US-Militärkommando gab indes am
Samstag bekannt, dass am Vortag bei zwei separaten Bombenanschlägen auf US-Patrouillen
in Bagdad zwei Soldaten getötet und sieben verletzt worden sein.
Die ursprünglich im April in Istanbul geplante internationale Irak-Konferenz wird nun am 3.
und 4. Mai im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich stattfinden. Dies bestätigten der
irakische Außenminister Hoschiar Sibari in Bagdad sowie das ägyptische Außenministerium
in Kairo am Samstag. An der Außenminister-Konferenz sollen neben dem Irak dessen
Nachbarn, die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, die G8-Staaten, darunter
Deutschland, sowie Ägypten, Bahrain und Vertreter internationaler Organisationen
teilnehmen. Sie würde erstmals seit Jahren die Außenminister der USA und des Irans an einen
Tisch bringen.
US-Truppen haben am Samstag in Bagdad ein ranghohes Mitglied des Terrornetzwerks Al
Kaida getötet, wie ein irakischer Militärsprecher mitteilte. Der aus Libyen stammende Abu
Baraa al Libi wurde demnach während einer Razzia erschossen, bevor er einen
Sprengstoffgürtel zünden konnte. Bei dem Einsatz im westlichen Stadtteil Ghasilija sei
außerdem ein weiterer Al-Kaida-Kämpfer getötet worden.
Britische Soldaten könnten einem Zeitungsbericht zufolge deutlich länger als bisher
angenommen im Irak stationiert bleiben. Der «Sunday Telegraph» berichtete am Sonntag
unter Berufung auf Geheimpläne ranghoher Militärvertreter vom vergangenen Monat, dass
britischen Truppen noch bis 2012 dort bleiben könnten. Der Bericht steht im Gegensatz zu
Äußerungen von Regierungschef Tony Blair, der vor kurzem eine erste Truppenreduzierung
von 7100 auf 5500 Soldaten bereits zur Mitte des Jahres angekündigt hatte. Im Irak starben
bereits 140 britische Soldaten.
8. April
Der 4. Jahrestag des Sturzes des Regimes von Saddam Hussein ist für die Iraker kein Feiertag.
Die irakische Regierung gab am Sonntag bekannt, der 9. April sei ab sofort wieder ein
normaler Arbeitstag. Die Bewegung des radikalen Schiiten-Führers Muktada al-Sadr hat für
diesen Montag große Protestdemonstrationen gegen die US-Militärpräsenz angekündigt. Die
Behörden in Bagdad verhängten ein 24-stündiges Fahrverbot. Eine nächtliche Ausgangssperre
ist in der irakischen Hauptstadt ohnehin in Kraft.
Das US-Militärkommando in Tikrit berichtete derweil, bei einem Sprengstoffanschlag von
Aufständischen in der Provinz Dijala seien am Samstag vier amerikanische Soldaten getötet
worden. Ein fünfter Soldat sei bei der Attacke verletzt worden. Laut US-Armee wurden bei
einer amerikanisch-irakischen Militäraktion in Dijala in den vergangenen zwei Wochen 30
«Terroristen» getötet und 24 Verdächtige festgenommen.
In der irakischen Kleinstadt Mahmudija fielen am Sonntag mindestens 17 Menschen einem
Sprengstoffanschlag zum Opfer. Muaijid al-Ameri, der Bürgermeister der 30 Kilometer
südlich von Bagdad gelegenen Ortschaft, erklärte, 26 weitere Iraker seien verletzt worden, als
die ferngezündete Autobombe auf einer Straße im Industrieviertel explodiert sei. Eine weitere
Autobombe detonierte in Bagdads südlichem Al-Ilam- Viertel. Nach Angaben des staatlichen
Fernsehsenders Al-Irakija starben fünf Menschen, 20 wurden verletzt. Die irakische
Nachrichtenagentur INA berichtete, die Polizei habe in der Hauptstadt am Sonntag zwölf
Leichen von Mordopfern gefunden.
In der südirakischen Hafenstadt Basra übergab das britische Militär unterdessen einen
weiteren Stützpunkt an die irakische Armee.
9. April
Vier Jahre nach der Eroberung Bagdads durch US-Truppen haben zehntausende Iraker den
Abzug der ausländischen Soldaten gefordert. «Besatzer raus!» skandierten die Teilnehmer
eines Pilgermarsches von Kufa nach Nadschaf, zu dem der radikale schiitische Geistliche
Muktada al Sadr aufgerufen hatte. Trotz der angespannten Lage endete der Pilgermarsch nach
drei Stunden friedlich, Ausschreitungen wurden nicht bekannt. «Wir hoffen, dass es am
nächsten Jahrestag einen unabhängigen und befreiten Irak geben wird, mit voller
Souveränität», sagte Salah al Obaidi, ein ranghoher Vertreter von Al Sadrs Organisation in
Nadschaf. Al Sadr selbst nahm nicht an der Kundgebung teil - der radikale Prediger ist seit
Monaten nicht mehr in der Öffentlichkeit erschienen. Einem Marsch der Anhänger Al Sadrs
von Basra Richtung Norden schlossen sich 30 Politiker der sunnitischen Irakischen
Islamischen Partei an. Sie bekundeten Einigkeit mit den Schiiten in dem Ziel, den Irak von
allen Besatzungstruppen zu befreien.
Bei einem Bombenanschlag in Mahmudija südlich von Bagdad wurden am Sonntag
mindestens 18 Menschen in den Tod gerissen. Nach Angaben der irakischen Streitkräfte war
der Sprengsatz in einem Lieferwagen versteckt und explodierte neben dem städtischen
Krankenhaus. US-Soldaten nahmen am Sonntag in Bagdad einen ranghohen Al-Kaida-Führer
und zwei mutmaßliche Mitstreiter fest. Bei einer Razzia im Haus eines sunnitischen
Abgeordneten in Bagdad entdeckten irakische und US-Truppen ein umfangreiches
Waffenlager - unter anderem mehr als 30 Kalaschnikows, drei Pistolen, 13 Mörsergranaten
und zwei Kilogramm Sprengstoff. Mindestens zehn US-Soldaten kamen am
Osterwochenende bei Anschlägen und Gefechten ums Leben. Damit sind nach einer Zählung
der Nachrichtenagentur AP seit Kriegsbeginn im März 2003 schon 3.280 amerikanische
Militärangehörige im Irak getötet worden. Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki
führte unterdessen politische Gespräche in Tokio. Japan sagte dem Irak eine Finanzhilfe von
rund 103 Milliarden Yen (645 Millionen Euro) zu.
10. April
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), hat vier Jahre nach dem Sturz
von Diktator Saddam Hussein eine vernichtende Bilanz des Irak-Kriegs gezogen. «Wir haben
im Irak keinen Frieden, mehr als vier Millionen Flüchtlinge fordern uns heraus. Hinzu
kommen 35 000 tote Zivilisten im vergangenen Jahr», sagte Erler am Dienstag der Deutschen
Welle. Er sprach von einer «ziemlich erschütternden Bilanz». «Dass der Zusammenhalt des
Irak in Frage steht, ist eine Gefahr für die gesamte Region», warnte der Staatsminister. Mit
Blick auf eine Lösung des Konflikts bezeichnete Erler die Einbindung Syriens und des Iran
als unverzichtbar.
Der SPD-Politiker äußerte die Hoffnung, dass eine regionale Versöhnungskonferenz sowie
eine Konferenz der Nachbarstaaten «viel leisten» könne. Ohne einen Einfluss auf die
verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen werde es hingegen «wahrscheinlich nicht
möglich sein, die größte Gefahr einzudämmen, dass es zwischen diesen Gruppen im Irak
bürgerkriegsähnliche Zustände gibt, die sich zunehmend verstärken».
Im Irak hat eine Selbstmordattentäterin am Dienstag 16 Menschen mit in den Tod gerissen.
Amerikanische und irakische Truppen lieferten sich in Bagdads Al-Fadhl-Viertel heftige
Gefechte mit Aufständischen, bei denen nach Angaben von Augenzeugen mindestens 20
Iraker ums Leben kamen. Die US-Armee teilte mit, vier ihrer Soldaten seien am Montag im
Irak getötet worden.
Im Al-Fadhl-Viertel in Bagdad waren den ganzen Tag über Schüsse zu hören. Bewohner des
Viertels berichteten, die US-Armee habe auch Kampfflugzeuge eingesetzt. Unter den Toten
seien mehrere Frauen und Kinder. Ein Augenzeuge sagte, «die Truppen sind am Morgen mit
einer Namensliste von Verdächtigen gekommen, nach denen sie suchten». Gegenwehr sollen
nach Angaben des sunnitischen Rates der Religionsgelehrten nicht nur militante Gruppen
geleistet haben, sondern auch Anwohner, die darüber wütend gewesen seien, dass das Militär
zwei junge Männer erschossen habe.
11. April
Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki ist am Mittwoch zu Gesprächen über die
Wiederaufbauhilfe für sein Land in Südkorea eingetroffen. Als weitere Themen seiner
geplanten Unterredungen mit der südkoreanischen Regierung nannte das Präsidialamt in
Seoul den Ausbau der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder - darunter
den Vorstoß südkoreanischer Firmen im Irak - sowie die Situation in der Golfregion und
Nordostasien. Südkorea stellt im Irak das drittgrößte Truppenkontingent nach den USA und
Großbritannien. Derzeit sind es im Norden des Landes etwa 2300 Soldaten.
Die Lage der Menschen im Irak verschlimmert sich nach Ansicht des Internationalen
Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) immer mehr. Die Situation der Zivilisten sei
«unerträglich und inakzeptabel», heißt es in einem am Mittwoch in Genf vorgestellten IKRK-
Bericht. Besorgt zeigte sich das Rote Kreuz unter anderem über die Lage der schätzungsweise
600.000 Binnenflüchtlinge.
Der irakische Staatspräsident Dschalal Talabani rief die Parteien seines Landes dazu auf, «die
Reihen zu schließen». Nach einem Treffen mit Vertretern der schiitischen Fadhila-Partei, die
im vergangenen Monat die Schiiten-Allianz von Ministerpräsident Nuri al-Maliki verlassen
hatte, erklärte er: «Es ist falsch, sich einfach herauszuhalten, alle müssen zusammenarbeiten,
um einen demokratischen Irak zu schaffen.»
Indessen gingen die gewaltsamen Auseinandersetzungen im Irak am Mittwoch weiter. Bei
Gefechten zwischen irakischen Soldaten und Aufständischen wurden in Bagdad vier irakische
Soldaten und 21 mutmaßliche Extremisten getötet. Wie das irakische Militär am Mittwoch
weiter mitteilte, wurden bei den Kämpfen innerhalb von 24 Stunden außerdem 13 Soldaten
verletzt, 67 Verdächtige wurden gefangen genommen. Die US-Armee teilte mit, ihre Soldaten
hätten am Mittwoch im Bagdader Vorort Arab Dschabur fünf mutmaßliche El-KaidaTerroristen festgenommen, darunter den Anführer der sunnitischen Extremisten in dem
Vorort. Das US-Militär hatte zuvor Berichten widersprochen, wonach ein amerikanischer
Hubschrauber am Dienstag in Bagdad von Aufständischen abgeschossen worden sein soll.
US-Präsident George W. Bush sucht nach Informationen der «Washington Post» einen
«Oberaufseher» für die Kriege im Irak und in Afghanistan. Mindestens drei pensionierte VierSterne-Generäle, die das Weiße Haus angesprochen habe, hätten abgewinkt, berichtete die
Zeitung am Mittwoch. Bisher ist die stellvertretende nationale Sicherheitsberaterin Megan
O'Sullivan Chefkoordinatorin für die Kriege.
12. April
Die Organisation Pro Asyl hat an die deutsche EU-Präsidentschaft appelliert, ein Programm
zur Aufnahme irakischer Flüchtlinge zu initiieren. Zudem müsse in ganz Europa ein
Abschiebestopp für alle Regionen Iraks gelten, forderte Pro Asyl am Donnerstag in Berlin.
Von zwei Millionen irakischen Flüchtlingen hätten 2006 lediglich 19.400 die EU erreicht.
Davon seien 2.100 nach Deutschland gekommen, von denen nur 189 einen Schutzstatus
erhalten hätten. Die meisten Iraker fliehen seit Beginn des Krieges vor vier Jahren den
Angaben zufolge in die Nachbarstaaten Syrien und Jordanien. In der kommenden Woche soll
die Flüchtlingsthematik bei einer internationalen Irak-Konferenz in Genf (17. und 18. April)
und beim Treffen der EU-Innen- und Justizminister in Luxemburg auf der Tagesordnung
stehen.
Das US-Verteidigungsministerium hat die Einsatzdauer der US-Soldaten im Irak, in
Afghanistan und an anderen Krisenherden der Welt um drei Monate verlängert. USVerteidigungsminister Robert Gates kündigte am Mittwoch in Washington an, die Soldaten
müssten statt bisher 12 künftig 15 Monate an ihrem jeweiligen Einsatzort bleiben. Dies sei
vor allem notwendig geworden, um die Anfang des Jahres von US-Präsident George W. Bush
angekündigte Erhöhung der amerikanischen Truppenstärke im Irak beibehalten zu können. Im
Irak befinden sich derzeit rund 150.000 US-Soldaten, ihre Zahl könne noch bis 160.000
steigen, hieß es. In Afghanistan sind etwa 25.000 US-Soldaten.
In der schwer bewachten «Grünen Zone» in Bagdad hat ein Selbstmordattentäter am
Donnerstag in der Kantine des irakischen Parlaments einen Abgeordneten mit in den Tod
gerissen. 22 Menschen wurden verletzt. Zu dem Anschlag bekannte sich nach einem Bericht
des US-Nachrichtenmagazins «Time» das Terrornetz El Kaida. Die so genannte Grüne Zone
im Zentrum Bagdads galt bislang als sicher. Dort hatte es bisher erst zwei
Selbstmordanschläge gegeben. Im Oktober 2004 hatten sich dort zwei Attentäter in die Luft
gesprengt. Damals waren fünf Menschen ums Leben gekommen, darunter vier Amerikaner.
Im September 2005 hatten US-Soldaten einen Selbstmordattentäter mit einer Autobombe an
einer Absperrung am Eingang der Zone aufhalten können.
13. April
Auch nach Ablauf des zweiten Ultimatums der Entführer war das Schicksal der beiden im
Irak verschleppten Deutschen weiter ungewiss. Der Sprecher des Auswärtigen Amts in
Berlin, Martin Jäger, erklärte am Freitag in Berlin, die Regierung setze «unvermindert
intensiv» ihre Anstrengungen fort, die Geiseln frei zu bekommen. Die Kidnapper hatten mit
der Ermordung der 61-jährigen Hannelore Krause und ihres 20-jährigen Sohnes Sinan
gedroht, falls die Bundeswehr nicht innerhalb von zehn Tagen aus Afghanistan abgezogen
wird. Bereits am 10. März hatten sie in einer Videobotschaft über das Internet ein ähnliches
Ultimatum gestellt. Krause und ihr Sohn waren am 6. Februar in Bagdad verschleppt worden.
14. April
Neues Blutvergießen in einem irakischen Wallfahrtsort: Bei einem Bombenanschlag in der
schiitischen Pilgerstadt Kerbela starben am Samstag nach offiziellen Angaben mindestens 36
Menschen. 168 weitere Menschen wurden verletzt, als ein Sprengsatz neben
Straßenverkaufsständen vor einem Busbahnhof explodierte. Die von Schiiten betriebene
irakische Nachrichtenagentur Nadschaf-News sprach von 47 Toten.
Fast zeitgleich sprengte sich nahe Bagdad ein Selbstmordattentäter erneut auf einer Brücke,
die in die Stadt führt, in die Luft. Er riss mindestens zehn Menschen mit in den Tod. Die
Brücke wurde nur leicht beschädigt. Erst zwei Tage zuvor hatte ein Selbstmordattentäter eine
Tigris-Brücke in Bagdad zerstört und dabei ebenfalls zehn Iraker getötet. Bei einem
Selbstmordattentat an einer Straßensperre der Armee in Baidschi nördlich von Bagdad starben
nach Angaben der Nachrichtenagentur Aswat al-Irak vier irakische Soldaten, fünf Soldaten
wurden verletzt.
Der Sprengsatz in Kerbela explodierte in einem belebten Viertel nur rund 200 Meter entfernt
von der Grabmoschee Husseins, des im Jahr 680 in einer Schlacht gefallenen Enkels des
Propheten Mohammed. Der imposante Bau mit seiner goldenen Kuppel ist einer der
wichtigsten Wallfahrtsorte für schiitische Muslime aus aller Welt. Nach dem Anschlag
demonstrierten nach Angaben von Augenzeugen Hunderte wütender Menschen in Kerbela
gegen die Regierung. Sie forderten den Rücktritt des Gouverneurs und des Stadtrates. Einige
von ihnen zündeten Polizeiwagen an und warfen Steine auf Gebäude der Provinzverwaltung.
15. April
Die USA haben im Zuge ihres verstärkten Einsatzes in Bagdad im vergangenen Monat 1000
Iraker festgenommen. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der Menschen, die sich im Irak in
US-Gewahrsam befinden, auf 18.000, wie die «Washington Post» am Sonntag unter Berufung
auf die für die Gefangenen zuständige US- Militärpolizei berichtete. Sie zitierte deren
Sprecher Phillip Valenti mit den Worten, es handele sich um Zivilisten mit verschiedenen
politischen, religiösen und ethnischen Hintergründen. Etwa 250 Gefangene stammten aus
Drittländern. Alle würden auf der Basis von geheimdienstlichen Erkenntnissen und Verhören
«als wahre Bedrohung» für die Koalitionstruppen, die irakischen Sicherheitskräfte und für die
Stabilität im Irak eingestuft, sagte Valenti. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in den
beiden von den USA betriebenen Gefangenenlagern in dem Land liege bei einem Jahr, aber
8000 Menschen seien länger festgehalten worden, davon 1300 zwei Jahre.
Bei mehreren Sprengstoffanschlägen sind am Sonntag im Irak rund 30 Menschen ums Leben
gekommen. Zwei britische Soldaten starben beim Absturz von zwei Militärhubschraubern
nördlich von Bagdad.
Die irakische Polizei berichtete unterdessen, in Bagdads Al-Schurta-Viertel seien am Sonntag
18 Menschen getötet worden, als zwei Autobomben auf einem Markt detonierten. 45 Iraker
seien verletzt worden, hieß es. Mehrere Tote und zahlreiche Verletzte gab es auch bei der
Explosion weiterer Autobomben in den Vierteln Al-Amil und Karrade sowie in der
nordirakischen Stadt Mossul. Bei der Explosion eines Sprengsatzes in einem Bus starben in
Nord-Bagdad nach Angaben des Nachrichtensenders Al-Arabija sechs Menschen.
Die Zahl der Opfer des Autobomben-Anschlages in der schiitischen Pilgerstadt Kerbela vom
Samstag stieg nach Polizeiangaben auf 40. Präsident Dschalal Talabani rief «alle Staaten und
alle islamischen Kräfte auf, die Stimme zu erheben, um diese Straftat in aller Deutlichkeit zu
verurteilen».
16. April
Alle sechs Minister der Bewegung des radikalen Schiiten-Predigers Muktada al-Sadr haben
am Montag aus Protest ihre Ämter in der Regierung des Iraks niedergelegt. Der
Fraktionsvorsitzende Nassar al-Rubai begründete die Entscheidung der Sadr-Bewegung mit
der Weigerung des schiitischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki, «die Befugnisse der
ausländischen Besatzungstruppen genau festzulegen». Außerdem habe Al-Maliki bis jetzt
keinen Zeitplan für den Abzug der Truppen vorgelegt. Der staatliche Fernsehsender AlIrakija berichtete, der schon vor Monaten untergetauchte Prediger Al- Sadr habe den
Regierungschef aufgefordert, die sechs Ministerposten nun mit «qualifizierten Kräften zu
besetzen und nicht auf der Basis eines Quotensystems».
Für negative Schlagzeilen hatte vor allem der zur Sadr-Bewegung gehörende Ali alSchammari gesorgt. Nachdem wichtige Posten im Gesundheitswesen unter seiner Führung
vor allem mit Sadr-Anhängern besetzt worden waren, hatten sunnitische Patienten und ihre
Angehörigen oft Angst, die Krankenhäuser zu betreten, in denen sich teilweise Milizionäre
von Al-Sadrs Mahdi-Armee herumtrieben. Die Sadr-Bewegung stellt 30 der insgesamt 275
Abgeordneten im Parlament.
US-Außenamtssprecher Sean McCormack wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass
die Abgeordneten der Sadr-Bewegung im Parlament blieben und weiterhin an der Debatte
über wichtige Vorhaben wie das Erdölgesetz teilnähmen. Tausende von Anhängern der SadrBewegung protestierten am Montag in der südirakischen Hafenstadt Basra gegen die
Provinzverwaltung. Sie forderten den Rücktritt von Gouverneur Mohammed al-Waili.
Beobachter sprachen von einem Machtkampf zwischen schiitischen Gruppen.
Die US-Armee teilte unterdessen mit, amerikanische Soldaten hätten während einer Razzia
nahe der westirakischen Stadt Ramadi am Montag versehentlich drei irakische Polizisten
erschossen. Bei einem ähnlichen Vorfall in Bagdad wurde nach Angaben der US-Armee ein
bewaffneter Mann von amerikanischen Soldaten erschossen. Augenzeugen hätten später
erklärt, bei dem Getöteten handele es sich um einen Iraker, der für einen Sicherheitsdienst auf
der Straße zum Internationalen Flughafen gearbeitet habe.
In der 400 Kilometer nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Mossul erschossen Aufständische
an einer Straßensperre 13 irakische Soldaten. Fünf weitere Soldaten wurden nach Angaben
der Nachrichtenagentur Aswat al-Irak verletzt, als die Angreifer aus einem Lastwagen heraus
das Feuer auf die Soldaten eröffneten.
17. April
Einen Tag nach dem Rücktritt von sechs schiitischen Ministern hat der irakische
Ministerpräsident Nuri al-Maliki am Dienstag seinen umstrittenen sunnitischen
Verteidigungsminister Abdul Kader al-Obeidi entlassen. Irakische Medien berichteten, AlMaliki selbst wolle das Amt kommissarisch für zwei Monate übernehmen, bis ein neuer
Minister gefunden sei. Die stärkste Fraktion der Sunniten im Parlament, die Irakische
Konsensfront, hatte mit ihrem Auszug aus der Regierung gedroht, falls Al-Maliki den
Verteidigungsminister nicht entlassen sollte. Schon seine Ernennung im Juni 2006 war
umstritten gewesen, weil er nach dem Krieg an größeren Militäroperationen gegen
Aufständische im westirakischen Falludscha beteiligt gewesen war.
Wie die US-Armee am Dienstag berichtete, wurden bei insgesamt vier tödlichen Attacken am
Montag in Bagdad vier amerikanische Soldaten getötet und fünf weitere Soldaten verletzt. In
Muschada nördlich von Bagdad konnten Soldaten nach Angaben des US-Militärs einen
schweren Anschlag verhindern. Sie fanden einen Müll-Lastwagen, der nach einem Unfall im
Straßengraben lag. Der Lastwagen sei mit Benzin und Sprengstoff beladen gewesen, hieß es.
Zuvor hatte die US-Armee von einem Sprengstoffangriff in Falludscha berichtet, bei dem
bereits am vergangenen Samstag zwei amerikanische Soldaten getötet und zwei weitere
verletzt wurden. Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira berichtete unter Berufung auf
die Armee, zwei weitere US-Soldaten seien am Montag in der Anbar-Provinz getötet worden.
Amerikanische und irakische Soldaten töteten bei einer Offensive gegen mutmaßliche
Extremisten in der Provinz Wasit nach Angaben der Nachrichtenagentur Aswat al-Irak am
Dienstag 25 mutmaßliche Extremisten. Durch die Explosion einer Autobombe in der
nordirakischen Sunniten-Enklave Howaidscha starben laut Polizei ein Zivilist und ein
Polizist.
Vier Jahre nach den deutsch-amerikanischen Verstimmungen über den Irak-Krieg hat sich das
Deutschlandbild in den USA wieder normalisiert. Das geht aus einer am Dienstag von der
deutschen Botschaft in Washington vorgestellten Meinungsumfrage hervor. Danach hat auch
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen positiven Effekt auf die Beziehungen zwischen
beiden Ländern. «Wir sind wieder da, wo wir waren. Wir haben wieder den Normalzustand
erreicht», sagte Botschafter Klaus Scharioth.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die Nachbarländer des Iraks aufgefordert, ihre Grenzen
für irakische Flüchtlinge nicht zu schließen. Ban wandte sich am Dienstag per Video an die
Delegierten einer Konferenz des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Genf und erklärte,
auch andere Länder müssten sich um das Schicksal der Menschen bemühen. Bis zu 50.000
Menschen fliehen jeden Monat aus dem Irak, bislang rund zwei Millionen. «Für die
Nachbarländer bedeutet das, die Grenze geöffnet zu lassen», sagte Ban zu den mehr als 450
Delegierten aus 60 Ländern. «Für andere Länder bedeutet das, weiter Asyl zu gewähren oder
andere Formen des Schutzes zu leisten.» Die UNHCR-Konferenz stellt den ersten Versuch
dar, das Schicksal der Flüchtlinge international zu diskutieren. Zum Auftakt sagte der UNHochkommissar für Flüchtlinge (UNHCR), Antonio Guterres, die internationale
Gemeinschaft müsse sich bemühen, die Situation der Iraker zu erleichtern. Jordanien hat
bereits 750.000 irakische Flüchtlinge aufgenommen, was rund 14 Prozent seiner Bevölkerung
entspricht. In Syrien halten sich nach Schätzungen mehr als eine Million Menschen aus dem
Irak auf. Guterres lobte auch Ägypten, den Libanon, den Iran und die Türkei für die
Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Irak.
Ein Anführer der irakischen Aufständischen erklärte unterdessen am Dienstag, seine Gruppe
habe mit der Herstellung eigener Raketen begonnen. Eine entsprechende Tonaufnahme, die
im Internet veröffentlicht wurde, wurde Abu Omar al Baghdadi zugeschrieben, dem Chef der
Dachorganisation Islamischer Staat Irak. Der Organisation gehört auch die Al Kaida im Irak
an. Die Raketen mit den Bezeichnungen Al Kuds 1 oder Jerusalem 1 verfügten über eine
große Reichweite und Treffsicherheit, sagte die Stimme auf dem Band. Einzelheiten wurden
nicht genannt. Bisher setzen die Aufständischen Raketen aus der Sowjetzeit ein, die zumeist
aus den Beständen des Regimes von Präsident Saddam Hussein stammen. Die USA haben
dem Iran vorgeworfen, die Aufständischen mit Waffen zu versorgen. In Basra setzten
hunderte Demonstranten die Protestaktionen gegen Gouverneur Mohammed al Waili fort. Die
Demonstranten werfen Al Waili die mangelnde Versorgung mit Wasser und Strom in Basra
vor. Hinter den Forderungen nach seinem Rücktritt könnten allerdings auch politische Motive
stehen: Der Gouverneur gehört einer schiitischen Organisation an, die mit der des radikalen
Geistlichen Muktada al Sadr rivalisiert.
18. April
Die Vorsitzende des Menschenrechts-Ausschusses im Bundestag, Herta Däubler-Gmelin
(SPD), hat die Innenminister von Bund und Ländern aufgefordert, die fast 20.000 anerkannten
irakischen Flüchtlinge nicht abzuschieben. Die Widerspruchsverfahren, die gegen die Iraker
eingeleitet worden seien, würden letztlich zur Abschiebung führen.
Die Regierung in Bagdad will sich intensiver um rund vier Millionen geflüchtete und
vertriebene Iraker kümmern. Auf dieses Versprechen des irakischen Außenministers Hoshyar
Zebari verwies UN- Flüchtlingskommissar António Guterres am Mittwoch zum Abschluss
einer Irak-Flüchtlingskonferenz in Genf. «Die Regierung (in Bagdad) ist bereit und wirklich
entschlossen, die Führung bei der Fürsorge und Verbesserung der Lebensbedingungen für alle
Iraker zu übernehmen, die im Lande und darüber hinaus vertrieben wurden», sagte Guterres.
Zwei Millionen Menschen halten sich nach UN-Erkenntnissen vor allem in Syrien und in
Jordanien auf, rund 1,9 Millionen leben im Irak außerhalb ihrer Heimatorte. Auch die
Europäische Kommission will bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Irak in die EU
helfen, wie ein Sprecher von EU- Justizkommissar Franco Frattini am Mittwoch in Brüssel
mitteilte. Die europäischen Innenminister beraten an diesem Freitag in Luxemburg über das
Problem irakischer Flüchtlinge. Nach Diplomatenangaben haben die 27 EU-Staaten
zusammen im vergangenen Jahr etwa 20 000 irakische Asylbewerber aufgenommen. Davon
kamen rund 9000 nach Schweden. In der Bundesrepublik wurden demnach 2100 Menschen
aus dem Irak aufgenommen. Im Verlauf der Genfer Tagung war die Befürchtung vor einer
Entwicklung des irakischen Flüchtlingsproblems vergleichbar mit dem Schicksal der
Palästinenser laut geworden, nach der viele Iraker nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren
könnten. «Meine Regierung kennt ihre Pflichten gegenüber ihren Bürgern, wo immer sie auch
leben, und wir werden sie nicht aufgeben», sagte Zebari. Guterres sagte, die internationale
Gemeinschaft sei sich nun des Flüchtlingsproblems stärker bewusst und er rechne mit
weiterer internationaler Unterstützung und auf konkrete Taten. Mehrere Länder, darunter auch
die Europäische Union und die USA, sagten weitere Mittel zur Unterstützung der Flüchtlinge
zu. Der Irak selbst will seinen Landsleuten zunächst mit etwa 25 Millionen Dollar (18,4
Millionen Euro) helfen.
Der UN-Hochkommissar kündigte auch an, dass die Vereinten Nationen in Bagdad wieder
einen internationalen Vertreter einsetzen wollen. Es wäre das erste Mal nach der
Bombardierung des UN-Hauptquartiers dort vor fast vier Jahren. Bisher sitzen internationale
UN-Vertreter in der jordanischen Haupstadt Amman und halten von dort die Verbindung im
Lande mit Hilfe von Irakern aufrecht.
Bei einer Serie verheerender Terroranschläge sind in der irakischen Hauptstadt an einem
einzigen Tag bis zu 180 Menschen ums Leben gekommen. Allein im Bagdader Stadtteil AlSadrija wurden durch die Explosion einer Autobombe nach Angaben des Nachrichtensenders
Al-Arabija rund 120 Menschen getötet. Weitere 150 Iraker seien bei der Explosion in der
Nähe eines Marktes verletzt worden. Zwei weitere Autobomben detonierten im Viertel
Karrade und auf einem Platz in der Nähe der Vorstadt Sadr-City. Alle Anschläge wurden in
vorwiegend von Schiiten bewohnten Vierteln verübt.
19. April
Der Irak könnte nach einer neuen Studie über fast doppelt so große erschließbare
Erdölreserven verfügen als bislang angenommen. Wie die «Financial Times» berichtete,
gehen Experten der amerikanischen Energie-Consultingfirma IHS nach umfangreichen
Untersuchungen davon aus, dass in den westlichen Wüstengebieten des Landes weitere rund
100 Milliarden Barrel (je 159 Liter) lagern.
Einen Tag nach der verheerendsten Terrorserie seit Monaten sind bei einem
Autobombenanschlag in Bagdad laut Augenzeugen weitere 13 Menschen getötet und 25
andere verletzt worden. Der Sprengsatz explodierte in der Nähe eines bekannten Restaurants
im Stadtteil Al-Dschadrija im Süden der Hauptstadt, wie das irakische Staatsfernsehen AlArabija meldete. Eine Frau und zwei Männer starben nach Polizeiangaben, als eine
Mörsergranate in einem Wohnviertel in der südlichen Vorstadt Al-Safaranija einschlug. In der
Stadt Al-Kut erschossen Unbekannte einen irakischen Soldaten aus einem vorbeifahrenden
Auto heraus.
Überraschend traf am Donnerstag US-Verteidigungsminister Robert Gates in der irakischen
Hauptstadt ein, wie der arabische Sender El- Dschasira meldete. Die irakische AntiKorruptionsbehörde gab unterdessen bekannt, dass sie Ermittlungsverfahren gegen drei
Minister von Al-Malikis Kabinett eröffnet habe. Weitere juristische Schritte seien aber nur
mit Einverständnis des Ministerpräsidenten möglich, sagte der Vorsitzende der Behörde, der
Richter Radhi al-Radhi der regierungsnahen irakischen Tageszeitung «Al-Sabah».
Irakische Extremisten mit Verbindung zu Al-Kaida haben eigenen Angaben zufolge 20
entführte Soldaten und Polizisten erschossen. Veröffentlichte Videoaufnahmen zeigten einen
maskierten Extremisten, der den knienden Irakern mit einer Pistole in den Hinterkopf schießt.
Eine Gruppe von Aufständischen im Irak hat in einer im Internet verbreiteten Erklärung eine
Gegenregierung ausgerufen. In dem „islamischen Kabinett“ sei der Führer der
Terrororganisation Al Kaida im Irak zum „Kriegsminister“ erklärt worden, hieß es. Die
Organisation „Islamischer Staat des Iraks“, der acht sunnitische Gruppen von Aufständischen
angehören, scheint sich damit als Alternative zur von den USA unterstützen Regierung in
Bagdad unter Ministerpräsident Nuri al-Maliki präsentieren zu wollen.
20. April
US-Verteidigungsminister Robert Gates hat die irakische Regierung aufgefordert, mehrere
umstrittene Gesetze und Gesetzentwürfe mit dem Ziel einer Versöhnung im Lande zu ändern.
Das irakische Staatsfernsehen berichtete, Gates habe nach einem Treffen mit
Ministerpräsident Nuri al-Maliki am Freitag erklärt, zur Beschleunigung der Aussöhnung
zwischen den politischen, ethnischen und religiösen Gruppen müssten unter anderem der
Entwurf für das Öl- Gesetz und das Gesetz über die Entfernung früherer Funktionäre der
Baath-Partei des Ex-Präsidenten Saddam Hussein aus dem Staatsdienst revidiert werden. Die
Mehrheit der irakischen Sunniten lehnt die von der schiitisch- kurdischen Regierungsmehrheit
geplanten Änderungen bei der Verteilung der Öl-Einnahmen ab. Denn danach würden die
Menschen in den vorwiegend von Sunniten bewohnten Provinzen nicht wie bisher an den
Einnahmen aus den Ölfeldern beteiligt. Die wichtigsten bekannten Ölfelder des Landes liegen
in Regionen im Norden und Süden, in denen Schiiten und Kurden die Bevölkerungsmehrheit
stellen.
Die EU-Staaten sind mehrheitlich gegen eine verstärkte Aufnahme irakischer Flüchtlinge, wie
sie die Vereinten Nationen und Flüchtlingsorganisationen fordern. Stattdessen müsse den
Flüchtlingen in ihrer Heimatregion geholfen werden, sagte Bundesinnenminister Wolfgang
Schäuble (CDU) am Freitag nach einem Ministerrat unter seiner Leitung in Luxemburg.
21. April
Zur Eindämmung der wachsenden Gewalt will das US- Militär in der irakischen Hauptstadt
Bagdad eine knapp fünf Kilometer lange Mauer um ein vorwiegend von Sunniten bewohntes
Viertel errichten. Ein führender irakischer Polizeivertreter, Kassem Atta, bestätigte am
Samstag einen entsprechenden Bericht der britischen Zeitung «The Guardian». Mit dem Bau
des 3,5 Meter hohen Betonwalls um den Stadtteil Adhamija sei bereits begonnen worden, da
die Spirale der Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten dort völlig außer Kontrolle zu geraten
drohe. Atta sagte vor Journalisten, dieser sowie weitere Schutzwälle seien Teil des im Februar
vorgelegten Sicherheitsplans der irakischen Regierung für Bagdad. Damit solle die
Bewegungsfreiheit von bewaffneten Extremisten eingeschränkt werden. An jeder
Schutzmauer werde es nur einen Eingang und einen separaten Ausgang geben.
Im von Schiiten dominierten östlichen Bagdader Viertel Sadr City wurden zwei Iraker bei
einem Anschlag getötet. Acht weitere seien verletzt worden, als ein Sprengstoffbus nahe
einem Kontrollpunkt explodierte, berichtete die irakische Nachrichtenagentur Stimme des
Irak. Im nordirakischen Kirkuk stürmten Bewaffnete das Haus einer kurdischen Familie und
erschossen Vater, Mutter und die 18 und 8 Jahre alten Töchter, teilten Sicherheitskreise mit.
Bei einer Sprengstoffexplosion in der zentralirakischen Provinz Diwanja wurde in der Nacht
zu Samstag ein 25 Jahre alter polnischer Soldat getötet, wie das Verteidigungsministerium in
Warschau bekannt gab. Nach Angaben des US-Militärs starb ein amerikanischer Soldat bei
einem Patrouillengang südwestlich von Bagdad durch einen Sprengsatz. Aus
Sicherheitskreisen verlautete, dass das britische Konsulat in Basra im Südirak vor
Morgengrauen mit fünf Katjuscha-Raketen beschossen worden sei. Menschen seien nicht zu
Schaden gekommen.
22. April
Zwei Selbstmordattentäter haben am Sonntag vor einer Polizeistation in Bagdad zehn Iraker
mit in den Tod gerissen. Ein Polizeisprecher sagte, die beiden Attentäter hätten ihre
Autobomben gleichzeitig vor der Al-Baija-Polizeistation im Viertel Al-Aalam gezündet. 58
weitere Menschen seien bei dem Doppelanschlag zum Teil schwer verletzt worden.
Der irakische Regierungschef Nuri el Maliki hat einen Baustopp für die Mauer um ein
Sunniten-Viertel in Bagdad gefordert. «Ich bin gegen die Mauer und ihr Bau wird gestoppt
werden», sagte Maliki am Sonntag.
Bewaffnete haben am Sonntag 23 Fabrikarbeiter in der nordirakischen Stadt Mossul
umgebracht. Drei weitere Personen wurden nach Krankenhausangaben schwer verletzt.
Offenbar handelte es sich um einen Racheakt an Mitgliedern der kurdischen Jasidi-Sekte.
Mitglieder der Sekte hätten vor mehreren Wochen eine Frau ihres Clans gesteinigt, die zum
Islam übergetreten war, sagte ein Brigadegeneral. Polizeikreisen zufolge hatte sich die Frau in
einen islamischen Mann verliebt und war mit ihm vor einigen Monaten davongelaufen. Die
Jasidis sind eine vorislamische kurdische Sekte und leben überwiegend im Nordirak und in
Syrien.
23. April
Bei drei Selbstmordattentaten im Irak sind am Montag mindestens 31 Menschen ums Leben
gekommen. In Bakuba nordöstlich von Bagdad riss ein Attentäter mit einer Autobombe vor
einer Polizeiwache zehn Menschen mit in den Tod. Wie die Polizei weiter berichtete, wurden
zehn weitere Menschen verletzt. Unter den Opfern waren mehrere Polizisten.
In Mossul tötete ein zweiter Selbstmordattentäter nach Informationen aus Sicherheitskreisen
zehn Menschen, als er eine Autobombe vor dem Büro der Kurdischen Demokratischen Partei
(KDP) zündete. 18 Menschen erlitten Verletzungen bei dem Anschlag auf das Büro der
Partei, deren Vorsitzender der Präsident der kurdischen Autonomieregion im Nordirak,
Massud Barsani, ist.
Ein weiterer Attentäter sprengte sich in einem Restaurant in Bagdad mit einem
Sprengstoffgürtel in die Luft. Laut Polizei tötete er acht Menschen und verletzte 14 weitere
Besucher des Restaurants. Das Lokal liegt im Stadtviertel Karrade Mariam in der Nähe der so
genannten Grünen Zone, in der das Regierungsgebäude und die US-Botschaft liegen. Die USArmee berichtete unterdessen, amerikanische Soldaten hätten am Montag bei Razzien im
Westirak und nördlich von Bagdad 19 mutmaßliche Extremisten festgenommen.
Bei drei Bombenanschlägen in der irakischen Stadt Ramadi sind am Montag nach
Polizeiangaben 15 Menschen getötet worden. Mehr als 28 Menschen seien verletzt worden,
teilte die Polizei mit. Die Sprengsätze explodierten in der Nähe eines Restaurants und eines
Marktes. Ramadi gilt als Hochburg von Aufständischen, die gegen die von den USA
unterstützte Regierung kämpfen.
24. April
Bei einem Selbstmordattentat sind im Irak neun US-Soldaten getötet und 20 weitere verletzt
worden. Ein Attentäter sprengte sich beim Vorbeifahren der US-Patrouille am Montag in der
Unruheprovinz Dijala in die Luft, wie die Armee am Dienstag mitteilte. Ein irakischer Zivilist
sei bei der Detonation verletzt worden. Der Anschlag ereignete sich den Angaben zufolge in
der Nähe eines US-Militärstützpunkts.
Damit stieg die Zahl der seit dem Einmarsch im Irak im Jahr 2003 getöteten US-Soldaten auf
3 330, wie eine auf Pentagon-Zahlen basierende Zählung der Nachrichtenagentur AFP ergab.
Ein Selbstmordattentäter hat sich nahe der irakischen Stadt Ramadi mit einem Lastwagen in
die Luft gesprengt und mindestens 25 Menschen mit in den Tod gerissen. 44 Personen seien
verletzt worden. Der Anschlag in der Region Albufarradsch habe offenbar einer
Polizeipatrouille gegolten.
25. April
Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Polizeistation sind im Irak am Mittwoch mindestens
neun Menschen getötet worden. 16 weitere seien verletzt worden, teilte die Polizei am
Mittwoch mit. Die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak meldete, bei einem Sprengstoffangriff
auf eine Polizeipatrouille seien in der Nacht zum Mittwoch auf einer Landstraße zwischen
Tus Chormato und Salman Beg, nördlich von Bagdad, zwei Polizisten getötet worden. Zwei
Zivilisten starben bei der Explosion eines Sprengsatzes neben einer Tankstelle im östlichen
Bagdader Stadtteil Al-Schaab.
Das US-Militär hat eigenen Angaben zufolge ein hochrangiges Mitglied der Al-Kaida im Irak
getötet, dessen Gruppe Kinder als Selbstmordattentäter eingesetzt haben soll. Die USSoldaten hätten Mohammed Abdullah Abbas al-Issawi bei Kämpfen in der westlichen
Provinz Anbar getötet, teilte die Armee am Mittwoch mit. Bei den Gefechten am Freitag sei
ein weiterer Aufständischer getötet und ein dritter in Gewahrsam genommen worden. Den
Angaben zufolge soll Issawi hinter mehreren Selbstmordanschlägen mit Chlorgas stecken.
Geheimdienstinformationen wiesen daraufhin, dass seine Gruppe zwölf bis dreizehnjährige
Kinder als Fahrer für die mit Sprengsätzen beladene Fahrzeuge benutzt habe, teilte das USMilitär mit. Im vergangenen Monat hatte bereits ein hochrangiger Mitarbeiter im USVerteidigungsministerium erklärt, die Aufständischen im Irak hätten bei zwei Anschlagen im
März Kinder eingesetzt.
Mehr als 700.000 Iraker haben nach UN-Angaben wegen der Kämpfe zwischen Sunniten und
Schiiten seit Anfang 2006 ihr Zuhause verloren. 117.901 Familien hätten seit dem Anschlag
auf das Schiiten-Heiligtum von Samarra im Februar 2006 wegen der anhaltenden Gewalt ihre
Häuser und Wohnungen verlassen müssen, teilte die UN-Unterstützungsmission für den Irak
(UNAMI) am Mittwoch mit. Hinzu kämen 1,2 Millionen Iraker, die schon vor dem Anschlag
ihr Zuhause verloren hätten. Der Anschlag auf das Mausoleum der El-Askari-Moschee in
Samarra wird sunnitischen Kämpfern des Terrornetzwerks El Kaida zugeschrieben.
26. April
Ungeachtet der Vetodrohungen von Präsident Bush und intensiver Bemühungen des Weißen
Hauses, die Verabschiedung eines Gesetzes zu verhindern, das einen Zeitplan für den
Truppenrückzug aus dem Irak vorsieht, hat das amerikanische Repräsentantenhaus in der
Nacht zum Donnerstag eine entsprechende Vorlage gebilligt. 218 Kongressmitglieder
stimmten für den Gesetzentwurf, nach dem die amerikanischen Streitkräfte spätestens vom 1.
Oktober an aus dem Irak abziehen sollen, mit dem Ziel, den Rückzug amerikanischer
Kampftruppen bis zum 1. April 2008 zu beenden.
Pat Tillman wurde im Irak von eigenen Kameraden erschossen. Die Armeeführung verklärte
seinen Tod zur Heldengeschichte. Nun will die Opposition klären, wie Soldaten-Schicksale
für Propaganda ausgeschlachtet wurden.
Unbekannte ermordeten am Donnerstag zwei Frauen aus der Sippe des früheren irakischen
Präsidenten. Die Polizei berichtete, bewaffnete Männer hätten das Haus eines Bruders von
Saddams berüchtigtem Cousin Ali Hassan al-Madschid ("Chemie-Ali") gestürmt und dessen
Frau sowie eine Tochter ermordet. Madschid steht derzeit wegen seiner Beteiligung an
Giftgasangriffen und anderen Militäroperationen gegen die Kurden in den achtziger Jahren
vor Gericht.
Bei Anschlägen wurden 17 Menschen getötet. In Bagdad detonierte im Bezirk Jadriya eine
Autobombe und riss sechs Menschen in den Tod, wie Sicherheitskreise aus Polizei und
Innenministerium mitteilten. Bei einem zweiten Anschlag in der Nähe eines Marktes in der
Innenstadt starben zwei Menschen. In Chalis rund 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt raste
am Morgen ein Selbstmordattentäter mit seinem Wagen in einen Kontrollpunkt der irakischen
Armee. Neun Soldaten starben und 15 wurden verletzt. Der Anschlag war bereits der dritte in
der Provinz Dijala in dieser Woche. Dort kommt es derzeit fast täglich zu heftigen Gefechten
zwischen irakischen und US-Soldaten einerseits sowie Aufständischen und Al-QaidaKämpfern andererseits.
27. April
Bemerkenswert ist es allemal, wenn ein Direktor der CIA auspackt. Zumal wenn es, wie im
neuen Buch von George Tenet, der Bill Clinton und George W. Bush als Geheimdienstchef
diente, um die Vorbereitung des Irak-Krieges geht. Was Tenet beschreibt, sind ein paar
weitere Steinchen in einem Mosaik, dessen Bild in seinen Konturen zwar längst bekannt ist,
das sich nun aber noch klarer abzeichnet: Die US-Invasion im Irak war ausgemachte Sache,
ehe die CIA – fälschlicherweise – die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak
bestätigte.
Doch das macht das Buch noch nicht wirklich spannend. Brisant werden die Einlassungen aus
einem anderen Grund. Tenet wirft Präsident Bush und seinem Vize vor, ihn und die CIA
wider besseres Wissen zum Sündenbock gemacht zu haben für die Fehlentscheidung, Krieg
gegen Irak zu führen. Hier behauptet ein Insider, einer der über Jahre die
Entscheidungsmechanismen in Washington aus nächster Nähe beobachten konnte, nichts
weniger, als dass die Bush-Regierung lügt und die amerikanische Öffentlichkeit bewusst
manipuliert. Nach der Verurteilung von Dick Cheneys früherem Bürochef wegen Meineids,
nach den Unaufrichtigkeiten von Bushs Intimus, Justizminister Alberto Gonzales, in der
Affäre um die Entlassung von Bundesanwälten, hallt dieser Vorwurf in Washington nur noch
mächtiger wider.
Die demokratischen Bewerber um die amerikanische Präsidentschaft haben am
Donnerstagabend an einer Debatte in Orangeburg (South Carolina) ihre Kräfte gemessen. Die
Teilnehmer erhielten reichlich Raum, um den Kurs der Administration Bush zu brandmarken.
Aber sie wurden nie gezwungen, eigene Widersprüche zu erklären oder einen plausiblen Weg
aus dem irakischen Morast aufzuzeigen.
Am Freitag fand die Polizei in Bagdad die Leichen von 26 Irakern, die offenbar von
Extremisten ermordet worden waren. Unklarheit herrschte über Berichte über einen
Selbstmordanschlag in Tal Afar mit neun Toten, den irakische Behörden dementierten.
28. April
Der zweite verheerende Bombenanschlag in der irakischen Stadt Kerbela innerhalb von zwei
Wochen hat mindestens 68 Menschen in den Tod gerissen. Etwa 180 weitere wurden nach
Behördenangaben verletzt, als sich ein Attentäter am Samstag in die Luft sprengte. Die
meisten Opfer des Anschlags in der Nähe des Imam-Hussein-Schreins, der zu den größten
Heiligtümern der Schiiten zählt, waren auf dem Weg zum Abendgebet. Vor zwei Wochen
hatte ein Anschlag in der Stadt 47 Menschen getötet. Unterdessen kündigte Iran die
Teilnahme an der Irak-Konferenz Ende der Woche in Ägypten an. Dies gilt wegen Teherans
Einflusses auf die Schiiten im Irak als wichtig. Auch Bundesaußenminister Frank-Walter
Steinmeier reist nach Ägypten.
30. April
Vor mehr als zwei Monaten hat die bislang ehrgeizigste Sicherheitsoffensive in Bagdad
begonnen. 50000 zusätzliche irakische und etwa 13000 amerikanische Soldaten sind seither in
die Hauptstadt eingerückt, zwei weitere US-Brigaden sollen bis Juni folgen. Doch die Lage in
der Stadt verschlechtert sich ständig. Die Zahl der verheerenden Anschläge steigt wieder an.
Und es sterben mehr Soldaten als in den vergangenen Monaten; 90 Gls waren es bis vorigen
Freitag im April. Iraks Regierung gibt seit Anfang des Jahres keine Zahlen mehr bekannt,
weder zivile noch militärische.
Am Mauerbau rund um den Stadtteil Adhamija entzündete sich heftiger Streit. Das Vorhaben
war mit der Regierung abgesprochen; irakische Beamte waren vergangenes Jahr eigens nach
Belfast gereist, um sich mit dem Prinzip von "bewachten Siedlungen" vertraut zu machen.
Kaum aber regte sich in Bagdad erste Kritik, ließ Iraks Premierminister Nuri al-Malilri das
gemeinsame Projekt fallen; der Mauerbau müsse gestoppt werden, ordnete er an. Nun werden
in einigen Stadtteilen weiterhin Mauern errichtet, in anderen nicht.
1. Mai 2007
Bagdad - Fast ein Jahr nach dem Tod des El-Kaida-Anführers im Irak, Abu Mussab alSarkawi, soll dessen Nachfolger von irakischen Aufständischen getötet worden sein. Al-Masri
soll nach dem Tod des Jordaniers Al-Sarkawi, der bei einem US-Luftangriff im Juni 2006
ums Leben gekommen war, Anführer der Terrorgruppe im Irak geworden sein. Der
ägyptische Terrorist ist auch unter dem «Kampfnamen» Abu Hamsa al-Mudschahir
aufgetreten. Nach Angaben des Innenministeriums in Bagdad kam der Ägypter Abu Ajub alMasri bei einem Gefecht zwischen rivalisierenden sunnitischen Extremistengruppen nördlich
der irakischen Hauptstadt ums Leben. In den vergangenen Monaten waren wiederholt Kämpfe
zwischen den zum Teil aus anderen islamischen Ländern stammenden El-Kaida-Terroristen
und irakischen Widerstandsgruppen gemeldet worden. Auf einer Islamistenseite im Internet
tauchte am Dienstag ein Dementi im Namen der Gruppe «Islamischer Staat im Irak» auf, in
der es hieß, Abu Hamsa al-Mudschahir sei nicht getötet worden und «kämpft immer noch
gegen die Feinde Gottes. Im Irak sind viele Menschen der Meinung, Abu Ajub al-Masri sei
eine «Erfindung» der US-Armee. Die amerikanischen Streitkräfte äußerten sich zunächst
nicht zu den Berichten über den Tod Al-Masris. Sie erklärte, US-Soldaten hätten bei einer
Razzia westlich von Tadschi fünf «Terroristen» getötet und sechs Verdächtige gefangen
genommen.
Der Vorsitzende des iranischen Sicherheitsrates, Ali Laridschani setzte unterdessen seine
Gespräche mit schiitischen Politikern und Geistlichen im Irak fort.
Extremisten erschossen nach Informationen der Nachrichtenagentur Aswat al-Irak in AlLatifija südlich von Bagdad fünf Zivilisten. In einem Wohnviertel des Al-Beija-Viertels in
Süd-Bagdad wurden laut Innenministerium vier Zivilisten getötet, als Mörsergranaten ein
Wohnviertel trafen. Die irakische Nachrichtenagentur INA berichtete, Extremisten hätten in
der Nacht zum Dienstag in Iskandarija das Feuer auf einen Kleinbus eröffnet und elf
Menschen erschossen.
Ein Sprecher der Grenzpolizei im nordirakischen Autonomiegebiet der Kurden teilte mit, die
türkische Armee habe bei ihren Operationen gegen die Kurdische Arbeitfderpartei PKK am
Dienstag mehrere Granaten auf ein Dorf auf irakischem Gebiet abgefeuert.
2. Mai
Washington/Bagdad - Mit seinem Veto hat US-Präsident George W. Bush die Festlegung
eines Termins für den Abzug der US-Soldaten aus dem Irak verhindert. Am 4. Jahrestag des
offiziellen Endes der Kampfhandlungen im Irak-Krieg legte er Einspruch gegen einen
Gesetzentwurf ein, der die Finanzierung des Irak-Krieges mit dem Beginn des Truppenabzugs
bis spätestens zum 1. Oktober verbindet. Ein Abzugsplan sei ein Datum für ein Scheitern,
sagte Bush am Dienstag (Ortszeit) in Washington. Es mache keinen Sinn zu sagen, wann der
Abzug beginne, damit sich Terroristen den Tag im Kalender anstreichen könnten. Nach einer
Umfrage des Pew-Meinungsforschungsinstituts befürworten derzeit 59 Prozent der USBürger ein Abzugsdatum im Kriegsetat. Ein Lösungsvorschlag des republikanischen
Minderheitsführers im Abgeordnetenhaus Roy Blunt sieht nun vor, dass statt eines
verbindlichen Termins für den Beginn des Abzuges der irakischen Führung mit der Kürzung
von nicht militärischer Hilfe gedroht werde, falls sie Zielvorgaben für die politische
Aussöhnung nicht erfülle.
Die Regierung in Bagdad will bei einer an diesem Donnerstag im ägyptischen Badeort
Scharm el Scheich beginnenden Irak-Konferenz die Diskussion über einen Abzugsplan
ausklammern. Bei dem internationalen Treffen soll ein «Pakt für den Irak» beschlossen
werden, in dem sich die Regierung in Bagdad zu Reformen verpflichtet. Dafür soll der Irak
nach den Vorstellungen Washingtons Hilfe bei Wirtschaftsprojekten und der Schaffung von
Arbeitsplätzen erhalten. Zu der Konferenz werden auch die Außenminister der USA,
Deutschlands und des Irans, Condoleezza Rice, Frank-Walter Steinmeier und Manuchehr
Mottaki, erwartet.
In Bagdad erklärte am Mittwoch ein Mitarbeiter von Außenminister Hoschiar Sebari, die
Regierung wolle nicht, dass die Frage des Truppenabzugs bei der Irak-Konferenz in Ägypten
diskutiert werde. Der Truppenabzug sei bei den Vorbereitungstreffen für die zweitägige
Konferenz der einzig strittige Punkt gewesen. Die zur Schiiten-Allianz von Ministerpräsident
Nuri al-Maliki gehörende Bewegung des radikalen Predigers Muktada al-Sadr erklärte
dagegen, 133 der insgesamt 275 Abgeordneten des Parlaments forderten einen Zeitplan für
den Abzug aller ausländischen Truppen.
Bei neuen Anschlägen und Gefechten sind am Mittwoch im Irak mindestens 29 Menschen
getötet und Dutzende weitere verletzt worden. In Mahmudijah südlich der Hauptstadt
Bagdad starben bei einem Bombenanschlag auf einen Bus und durch den Beschuss eines
Wohnviertels mit Granaten nach offiziellen Angaben 14 Menschen. Mindestens 20 wurden
verletzt. Bei einem Autobombenanschlag in Bagdad seien zehn Menschen getötet und 35
verletzt worden, verlautete aus Sicherheitskreisen.
Bei einem Granatenangriff auf das Abu-Tschir-Viertel starben drei Menschen, mindestens
acht wurden verletzt. In einer Grundschule in Iskandirija wurde ein kleines Mädchen durch
eine Granate getötet und ihre Lehrerin verletzt. In Amara im Südirak wurde ein Polizist
erschossen.
3. Mai
Nach dem Veto von US-Präsident George W. Bush gegen einen Kriegsetat mit einer IrakAbzugsklausel lenken die Demokraten ein. Wie sich am Donnerstag zunehmend abzeichnete,
soll jetzt nach einem Kompromiss gesucht werden, der die Freigabe von weiteren Geldern für
die Kriege im Irak und Afghanistan ermöglicht, aber zugleich den Druck auf die irakische
Regierung erhöht. Danach solle die Regierung in Bagdad etwa der Verlust von Milliarden
Dollar an nichtmilitärischer Hilfe angedroht werden, wenn sie nicht härter gegen die
gewalttätigen Milizen im Land vorgeht und kein Gesetz zur Verteilung der Umsätze aus
Ölverkäufen verabschiedet wird. Zudem könne ein neuer Entwurf die Forderung enthalten,
dass Bush dem Kongress alle 30 Tage über die Entwicklung im Irak Bericht erstattet, hieß es
in der «Washington Post».
Die Teilnehmer der internationalen Irak-Konferenz im ägyptischen Scharm el Scheich haben
erste Maßnahmen zur Stabilisierung des Landes beschlossen. Der Fünfjahresplan zur
Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Lage des Iraks sei einstimmig
angenommen worden, teilte ein UN-Vertreter am Donnerstag in dem Badeort am Roten Meer
mit. Die britische Außenministerin Margaret Beckett sagte dem Land zusätzliche 200
Millionen Dollar (rund 147 Millionen Euro) an Wiederaufbauhilfe zu. Bei einem
Raketenanschlag in Bagdad starben vier Mitarbeiter der US-Botschaft.
Der Fünfjahresplan war bereits im Juli 2006 zwischen dem Irak und der UNO vereinbart
worden und wurde am Donnerstag offiziell verabschiedet. Der Plan, der unter anderem die
Verstärkung irakischer Sicherheitskräfte und die Erschließung weiterer Wirtschaftshilfen
vorsieht, solle dem Land «politische Stabilität und dauerhafte Sicherheit» bringen, sagte UNGeneralsekretär Ban Ki Moon. Zudem wollten sich die Teilnehmerstaaten um einen
Schuldenerlass für den Irak von 30 Milliarden Dollar bemühen, teilte Ban mit.
`Die Konferenz ist auch deshalb wichtig, weil es hier gelungen ist, die Nachbarstaaten
einzubeziehen», sagte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in
Ägypten. «Wir müssen uns an Anstrengungen beteiligen, bis der Irak in der Lage ist, sich
selbst zu stabilisieren.» Dafür reiche Geld nicht aus, sagte der Außenminister und sprach von
einem deutschen Beitrag unter anderem bei der Ausbildung von Sicherheitskräften und der
beruflichen Bildung. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), sagte im
RBB, Deutschland habe dem Irak bereits Schulden in Höhe von 4,3 Milliarden Euro erlassen
und kürzlich 2,2 Millionen Euro für Hilfsmaßnahmen bereitgestellt.
Rice traf sich am Rande der Konferenz zu einem Gespräch mit ihrem syrischen Kollegen
Walid Muallem. Die Unterredung sei «offen und konstruktiv gewesen», sagte Muallem und
kündigte weitere Gespräche über die Lage im Irak an. Zuvor hatte Rice bereits eine kurze
Unterredung mit dem iranischen Außenminister Manuschehr Mottaki geführt. Die beiden
Treffen könnten einen Wechsel in der US-Außenpolitik signalisieren. Auch die britische
Außenministerin Beckett kam mit Mottaki zu einer Unterredung zusammen, berichtete ein
Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP.
Iraks Regierung und die US-Armee machten widersprüchliche Angaben zum Tod eines
Anführers des Terror-Netzwerks El Kaida im Irak. Iraks Vize-Innenminister Hussein Ali
Kamal erklärte, irakische und US-Soldaten hätten Abu Omar el Baghdadi bei einem Angriff
im Westen der Hauptstadt Bagdad getötet. US-Armeesprecher William Caldwell sagte
hingegen, bei dem Toten handele es sich um den «Informationsminister» von El Kaida im
Irak, Muharib Abdulatif el Dschuburi. Die Organisation soll enge Kontakte zum
Terrornetzwerk El Kaida im Irak haben. Das amerikanische Militär bestätigte die Angaben
zunächst nicht.
Erst am Dienstag hatte das irakische Innenministerium bekannt gegeben, der Anführer der ElKaida-Terroristen im Irak, Abu Ajub al- Masri, sei bei einer Auseinandersetzung zwischen
sunnitischen Terrorgruppen im Irak ums Leben gekommen. Auch hierfür gab es am
Donnerstag keine Bestätigung.
Unterdessen wurden bei einem Raketenangriff auf die schwer bewachte Grüne Zone in
Bagdad vier philippinische Mitarbeiter der amerikanischen Botschaft getötet. Das bestätigte
die US-Botschaft nach Angaben des Nachrichtensenders CNN. Bei Anschlägen in Bagdad
wurden nach Berichten irakischer Fernsehsender drei US-Soldaten getötet. Ihr Jeep sei auf
eine Mine gefahren.
4. Mai
Am zweiten Tag der Irak-Konferenz in Ägypten haben sich die Teilnehmerstaaten in einer
Abschlusserklärung auf die Unterstützung der irakischen Sicherheitskräfte geeinigt. Die
Delegierten begrüßten am Freitag die Angebote arabischer und anderer Staaten, die
Entwicklung der bewaffneten Kräfte des Irak zu unterstützen, hieß es in der Erklärung, die der
Nachrichtenagentur AFP vorlag. An der zweitägigen Konferenz nahmen Vertreter von rund
sechzig Ländern und Organisationen teil. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier
(SPD) lobte den Dialog des Irak mit den Nachbarstaaten. Nach den Gesprächen zwischen USAußenministerin Condoleezza Rice und ihrem syrischen Kollegen Walid Muallem vom
Vortag trafen sich am Freitag Experten beider Länder.
Der irakische Außenminister Hoschjar Sebari sagte, am Rande der Konferenz hätten auf
Expertenebene Gespräche zwischen den USA und dem Iran stattgefunden. Der iranische
Außenminister Manuschehr Mottaki beschuldigte die USA während einer Rede auf der
Konferenz, den Terrorismus im Irak zu unterstützen und Angriffe auf die Nachbarländer zu
planen. Damit dämpfte Mottaki Hoffnungen, der seit 1980 unterbrochene Dialog zwischen
beiden Ländern könne wieder aufgenommen werden.
Die Konferenzteilnehmer sprachen sich für eine möglichst schnelle Übergabe der
Verantwortung für die Sicherheit von den US-geführten Truppen an die irakischen
Sicherheitskräfte aus. Dabei wollten sie das Land unterstützen, hieß es in der Erklärung. Es
wurde allerdings kein Zeitplan für einen Rückzug der US-Truppen gefordert.
Bei drei Bombenanschlägen und bei Gefechten in der irakischen Provinz Anbar sind
insgesamt fünf amerikanische Soldaten getötet und elf verwundet worden, wie die USStreitkräfte am Freitag mitteilten. Ein Bombenanschlag ereignet sich am Freitag, die übrigen
Vorfälle bereits am Donnerstag. In der rund 100 Kilometer südlich von Bagdad gelegenen
Stadt Hillah wurden am Freitag fünf Menschen bei einem Anschlag auf eine schiitische
Moschee getötet. Die Bombe detonierte in einem in der Nähe der Moschee abgestellten
Wagen. Rund 30 Menschen wurden verletzt.
5. Mai
Der zweite Mann an der Spitze des Terrornetzwerks El Kaida, Eiman al-Sawahiri, hat die
Abzugsdebatte in den USA als Zeichen für die Frustration und das Scheitern des Irak-Krieges
bezeichnet. Leider würden im Falles eines Truppenabzuges die Kämpfer im Irak der
Möglichkeit beraubt, die in einer historischen Falle sitzenden US-Truppen zu zerstören, heißt
es in einer am Samstag verbreiteten Videobotschaft Al-Sawahiris. Er bete deshalb, dass alle
US-Soldaten getötet würden, um jenen in den USA und Europa, die für das Blutvergießen
verantwortlich seien, eine unvergessliche Lektion zu erteilen. Die USA und Europa müssten
ihr gesamtes System der Ideen und der Moral verändern.
Das auf Terrorismus spezialisierte private Intelcenter in Washington hat das mehr als eine
Stunde lange Videointerview übersetzt und hält es für authentisch. Es ist die zweite
Videobotschaft des El-Kaida-Vizes in diesem Jahr.
Der von den irakischen Behörden für tot erklärte Anführer des Terrornetzwerks El Kaida im
Irak, Abu Ajub el Masri, hat sich offenbar zu Wort gemeldet. In einer am Samstag
verbreiteten Internetbotschaft stellt sich der Sprecher mit Masris zweitem Namen Abu Hamsa
el Mudschaher vor und dementiert Berichte über Zwistigkeiten zwischen einzelnen
Sunnitengruppen. Er äußert sich jedoch nicht zu den Angaben über den angeblichen Tod
Masris. Am Dienstag hatte ein Sprecher des irakischen Innenministeriums erklärt, es gebe
glaubwürdige Informationen, dass Masri bei internen Streitigkeiten unter Aufständischen
getötet worden sei.
Ein Selbstmordattentäter hat vor einem irakischen Militärstützpunkt nahe Bagdad 15
Menschen mit in den Tod gerissen. Bei den Opfern handelte es sich vor allem um
Polizeirekruten. Der Täter habe sich in eine Schlange nahe dem Gefängnis Abu Ghraib
eingereiht, wo die Rekruten um Arbeit anstanden, erklärte die Polizei am Samstag. Den
Sprengsatz trug er in einer Weste am Körper. 22 weitere Opfer erlitten bei dem Anschlag in
der Provinz Anbar Verletzungen. Die Aufständischen haben im Irak in der Vergangenheit
immer wieder von den USA ausgebildete irakische Sicherheitskräfte ins Visier genommen.
Nachdem die US-Armee im Februar eine Sicherheitsoffensive gegen die Aufständischen in
der Hauptstadt Bagdad gestartet hat, haben die Rebellen ihre Angriffe verstärkt in
Umlandregionen verlegt.
6. Mai
Im Irak haben Aufständische erneut ein verheerendes Blutbad auf einem Markt angerichtet.
Bei der Explosion einer Autobombe im Al-Baija-Viertel im Süden der irakischen Hauptstadt
starben am Sonntag nach Angaben von Polizisten und Augenzeugen mindestens 42
Menschen. Mehr als 70 weitere Menschen wurden verletzt. Polizei und Armee riegelten nach
dem Anschlag alle umliegenden Straßen ab. Bei der Explosion einer weiteren Autobombe im
Stadtteil Mansur im Westen Bagdads starben nach Polizeiangaben drei Menschen, elf
Menschen wurden verletzt.
Bei mehreren Zwischenfällen wurden am Sonntag im Irak neun US-Soldaten getötet,
berichtete der US-Nachrichtensender CNN. Allein bei einem Bombenanschlag in der Provinz
Diyala nordöstlich der Hauptstadt seien sechs US-Soldaten und ein Journalist ums Leben
gekommen. Nach der Zählung der US-Streitkräfte sind laut CNN seit Beginn des Irakkriegs
im März 2003 insgesamt 3377 US-Soldaten ums Leben gekommen. In den ersten sechs
Maitagen habe die US-Armee bereits 25 Soldaten im Irak verloren.
Mit neuen Straßensperren und zusätzlichen Truppen versuchen die irakische Regierung und
die US-Armee seit Mitte Februar die Zahl der Anschläge in Bagdad zu reduzieren.
Auch aus anderen Landesteilen wurden erneut Anschläge gemeldet. In der nordirakischen
Stadt Samarra rissen zwei Selbstmordattentäter sieben Menschen mit in den Tod, darunter den
Polizeidirektor der Stadt. Nach Angaben des Nachrichtensenders Al-Arabija sprengte sich
ein Attentäter vor einer Polizeistation von Samarra in die Luft und tötete sechs Menschen.
Acht weitere Iraker seien bei dem Anschlag verletzt worden, hieß es. Aus Polizeikreisen hieß
es, ein zweiter Attentäter habe sich neben dem Konvoi von Polizeidirektor Abdul Dschalil
Hassun in die Luft gesprengt, der dabei getötet wurde. Am Vorabend hatten Aufständische in
Samarra bereits zwei hochrangige Polizeioffiziere sowie einen irakischen Soldaten getötet.
Der saudische Außenminister Prinz Saud al-Feisal hat sich unterdessen besorgt über die
Sicherheitslage gezeigt: «Die Situation im Irak wird doch immer schlimmer», sagte Al-Feisal
der arabischen Tageszeitung «Al-Hayat» (Samstag). «Wir fürchten, dass das Land in einen
Bürgerkrieg abgleitet.»
In der Republikanischen Partei von US-Präsident George W. Bush gibt es Anzeichen für eine
wachsende Ungeduld in der Irak-Politik. Die Unterstützung seiner Partei könnte ins Wanken
geraten, falls in drei bis vier Monaten keine Erfolge erkennbar seien, sagte am Sonntag der
Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner. Zunächst müsse
Bushs Plan einer Truppenverstärkung um 30.000 Mann eine realistische Chance bekommen,
sagte Boehner in Washington. «Aber wenn es September oder Oktober wird, wollen die
Abgeordneten wissen, wie gut das funktioniert, und wenn nicht, was dann der Plan B ist.»
7. Mai
Bei zwei Selbstmordanschlägen in der Nähe der Stadt Ramadi wurden am Montag mindestens
13 Menschen getötet, Dutzende wurden verletzt, wie die Polizei mitteilte. Der erste Angriff
wurde auf einem Markt verübt, der Attentäter riss acht Menschen in den Tod. Eine
Viertelstunde danach brachte ein weiterer Selbstmordattentäter sein mit Sprengstoff beladenes
Auto an einer Straßensperre der Polizei zur Explosion. Dort wurden fünf Menschen getötet,
darunter zwei Polizisten. Ramadi liegt 115 Kilometer westlich von Bagdad und ist ein
Zentrum der sunnitischen Aufstandsbewegung im Irak. Bei zwei Anschlägen in Bakuba
wurden am Montag zwei Soldaten und zwei Polizisten getötet. Bakuba gilt als Hochburg
sunnitischer Aufständischer. Fünf Menschen kamen bei einem Granatenangriff im Stadtteil
Baijaa im Westen Bagdads ums Leben. Zwei weitere Personen wurden verletzt. Nahe Kirkuk
wurde die Leiche eines Polizisten entdeckt, sie wies Folterspuren auf.
Zu einem Selbstmordanschlag auf ein Rekrutierungszentrum der
irakischen Armee in Abu Ghraib mit 15 Toten bekannte sich die Gruppierung Islamischer
Staat Irak, die Verbindungen zu Al Kaida haben soll. In einer Erklärung im Internet sprach
die Gruppierung von mindestens 100 Toten als Folge des Anschlags vom Samstag. Zugleich
warnte sie die Iraker davor, sich den Streitkräften anzuschließen.
Am Wochenende kamen im Irak nach Angaben der Streitkräfte weitere zehn US-Soldaten
ums Leben. Sechs Soldaten von ihnen wurden bei einem Bombenanschlag am Sonntag in der
Provinz Dijala getötet, auch ein russischer Journalist wurde bei der Explosion in den Tod
gerissen. Dabei handelt es sich um den 27-jährigen Fotografen Dmitri Tschebotajew, wie die
russische Ausgabe des Nachrichtenmagazins «Newsweek» am Montag in Moskau mitteilte.
Er war mit US-Truppen zwischen Bagdad und Bakuba unterwegs.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) verstärkt seine Hilfsmaßnahmen im
Irak. Zur Versorgung von etwa 660.000 bedürftigen Menschen mit Wasser, Lebensmitteln
und Medikamenten sind nach Angaben des IKRK zusätzlich 35 Millionen Schweizer Franken
(21,3 Millionen Euro) notwendig. Damit beläuft sich das Gesamtbudget für den Irak im Jahr
2007 auf 91 Millionen Franken (55 Millionen Euro).
Eine Allianz sunnitischer Extremisten, der Islamische Gottesstaat im Irak, gab unterdessen die
Entführung von neun irakischen Soldaten und Polizisten in der Provinz Dijala bekannt. In
einem im Internet veröffentlichten Video waren die Geiseln zu sehen, unter denen auch
hochrangige Offiziere sein sollen. Die Entführer forderten die Freilassung aller sunnitischen
Frauen aus irakischen Gefängnissen. Die Gruppe Islamischer Gottesstaat im Irak gehört zum
El-Kaida-Netzwerk.
8. Mai
Bei einem Selbstmordanschlag in der irakischen Stadt Kufa sind am Dienstag 45 Menschen
ums Leben gekommen. Nach Angaben der Polizei wurden mehr als 80 weitere Menschen
verletzt, als der Attentäter sein mit Glas beladenes Fahrzeug in einem Marktviertel der
vorwiegend von Schiiten bewohnten Stadt in die Luft sprengte. Kufa liegt etwa 170 Kilometer
südlich von Bagdad und ist eine Hochburg der Anhänger des radikalen Schiiten-Führers
Muktada al-Sadr. In der schiitischen Pilgerstadt Kerbela hatten Terroristen in den
vergangenen Wochen zwei schwere Anschläge auf Zivilisten verübt.
Die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak berichtete, in der Provinz Dijala habe ein
Selbstmordattentäter am Dienstag vor einer Polizeistation einen Sprengstoffgürtel gezündet.
Er riss nach Polizeiangaben drei Polizisten mit in den Tod. Elf weitere Menschen
wurden bei dem Anschlag in der Ortschaft Dschalula verletzt. Laut Aswat al-Irak ermordeten
Extremisten in einer Grundschule in Dijala ein Lehrerehepaar vor den Augen der Schüler und
des Kollegiums. Wie die Agentur unter Berufung auf die Polizei meldete, drangen die Mörder
am Montag in die Grundschule in Chalis ein, fesselten beide Lehrer und erschossen sie.
Nach Informationen der Agentur fand die Polizei am Montag innerhalb von 24 Stunden
erneut 30 Leichen von Mordopfern in Bagdad. Damit hat die Gewalt religiöser Fanatiker und
krimineller Banden in der Hauptstadt bereits wieder das gleiche Ausmaß erreicht wie vor der
Umsetzung des neuen Bagdad-Sicherheitsplans der irakischen und amerikanischen Armee vor
knapp drei Monaten. Am Dienstag seien vier Mitarbeiter des Hochschulministeriums tot
aufgefunden worden, berichtete Aswat al-Irak unter Berufung auf einen Sprecher
desMinisteriums. Bei den Getöteten, die am Montag verschleppt worden seien, handele es
sich um drei Leibwächter des Ministers und einen Fahrer.
Amerikanische Soldaten nahmen am Montag und Dienstag nach Angaben der US-Armee 13
mutmaßliche El-Kaida-Terroristen im Irak gefangen. Einer von ihnen wurde bei einer Razzia
in Bagdad gefasst, die sich gegen eine Terrorzelle richtete, die Autobomben mit gefährlichen
Chemikalien präpariert haben soll.
9. Mai
Der amerikanische Vizepräsident Dick Cheney traf am Mittwoch zu einem unangekündigten
Besuch in Bagdad ein.
Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sagte seinem irakischen Kollegen
Abdul Kader al-Obeidi weitere Unterstützung im Kampf gegen die Gewalt im Irak zu.
Deutschland werde in diesem Jahr erneut 350 irakische Soldaten ausbilden, sagte Jung bei
einem Besuch Obeidis am Mittwoch in Berlin. Die Soldaten werden in der Wartung von
Autos und Lastwagen geschult.
Bei dem Terroranschlag im irakischen Kurdengebiet gab es neben 19 Toten auch 70
Verletzte. Wie der Sender Al-Irakija weiter berichtete, explodierte in Erbil ein Lastwagen vor
dem Innenministerium. Die kurdische Regionalregierung in Erbil sprach von 14 Opfern und
87 Verletzten. Bei einem Angriff von US-Soldaten auf eine illegale Straßensperre im Irak
wurden zwei mutmaßliche Extremisten und fünf weitere Menschen getötet, darunter zwei
Kinder. In der Provinz Dijala wurde ein US-Soldat von Aufständischen erschossen.
10. Mai
Bei einem US-Luftangriff im schiitischen Bagdader Stadtteil Sadr City sind am Donnerstag
mindestens drei Menschen getötet und drei verletzt worden. Wie die US-Streitkräfte
mitteilten, waren Soldaten bei einer Razzia gegen Waffenschmuggler kurz nach Mitternacht
unter Beschuss geraten. Bei dem Luftangriff seien dann drei Aufständische getötet worden.
Ärzte und die irakische Polizei sprachen hingegen von acht getöteten und neun verletzten
Bewohnern. Drei Häuser seien beschädigt worden. Nach US-Militärangaben waren die
Soldaten auf der Suche nach einer Gruppe Aufständischer, die Waffen und Sprengstoff vom
Iran in den Irak schmuggelten. Sie sollen auch Kämpfer zur Ausbildung in den Iran geschickt
haben. Vier Verdächtige seien festgenommen worden.
Wie die örtlichen Behörden weiter mitteilten, überrollte ein US-Panzer ein Zelt, in dem Gäste
einer Trauerfeier übernachteten. Drei Personen seien dabei verletzt worden. Aufnahmen der
Fernsehnachrichtendienstes APTN zeigten ein zerstörtes Zelt mit umgeknicktem Gestänge
und demolierten Plastikstühlen. Die US-Streitkräfte nahmen nicht Stellung.
US-Vizepräsident Dick Cheney forderte bei einem Besuch in Bagdad die irakische Führung
auf, sich stärker für eine Versöhnung der Konfliktparteien im Land einzusetzen. Dabei gehe
es nicht nur um Fragen der Sicherheit, sondern auch um politische Themen, sagte Cheney am
Mittwoch in der irakischen Hauptstadt.
Mit Al-Kaida verbündete irakische Extremisten haben einem Video zufolge neun entführte
Polizisten und Armeeangehörige getötet. Ein islamisches Sharia-Gericht habe die Hinrichtung
angeordnet, nachdem ein Ultimatum an die irakische Regierung abgelaufen sei, hieß es in
dem Video, das am Donnerstag auf einer Internetseite veröffentlicht wurde. Zu sehen war,
wie ein Extremist den Entführten mit einer Pistole in den Kopf schoss. Die Opfer knieten auf
einem freien Feld. Die Gruppe `Islamischer Staat im Irak` hatte nach der Entführung am
Montag unter anderem die Übergabe jener Sicherheitskräfte gefordert, die an der
mutmaßlichen Vergewaltigung einer sunnitischen Muslimin beteiligt gewesen sein sollen. Die
irakische Regierung erklärte, medizinische Untersuchungen hätten ergeben, dass die Frau
nicht vergewaltigt worden war.
11. Mai
Als Premierminister Großbritanniens will Gordon Brown die Politik seines Landes, darunter
auch in Sachen Irak, grundlegend ändern und von der seines Vorgängers Tony Blair abheben.
Ein Rückzug der britischen Truppen aus dem Irak ist jedoch nicht vorgesehen.
Brown erklärte zur Beteiligung Großbritanniens am Irak-Krieg: «Ich akzeptiere, dass wir
Fehler gemacht haben.» Jedoch müsse und werde London seine «Verpflichtungen gegenüber
dem irakischen Volk erfüllen». Diese stünden in Übereinstimmung mit Versprechen
gegenüber den Vereinten Nationen.
Die vom Abgeordnetenhaus verabschiedete Vorlage sieht die Freigabe von zunächst nur
knapp der Hälfte der beantragten Etatmittel von insgesamt etwa 95 Milliarden Dollar (70
Milliarden Euro) vor. Bush soll dann im Juli dem Kongress darüber Bericht erstatten, ob es
Fortschritte im Irak entsprechend von Zielvorgaben für die Bagdader Führung gegeben hat.
Erst danach soll über die Bewilligung der Restgelder entschieden werden. Die Demokraten,
aber auch Republikaner fordern als Zielvorgaben von der Führung in Bagdad und vom
Parlament, dass ein Erdölgesetz, ein Gesetz für Provinzwahlen sowie eines zur Aussöhnung
schnell verabschiedet werden. Bush war in den vergangenen Tagen zunehmend auch unter
Druck der eigenen Republikaner geraten.
Die von islamistischen Fanatikern bedrohten irakischen Christen haben der Regierung in
Bagdad Tatenlosigkeit vorgeworfen.
Das US-Militär teilte am Freitag mit, Aufständische hätten am Donnerstag im Irak drei
amerikanische Soldaten getötet. Das Militärkommando in Tikrit gab bekannt, bei einer
Sprengstoffattacke in der Provinz Dijala sei ein Soldat ums Leben gekommen. Neun weitere
US-Soldaten hätten Verletzungen erlitten. Die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak meldete
unter Berufung auf die Armee, zwei weitere US- Soldaten seien bei Angriffen in Süd-Bagdad
und in der Stadt Diwanija getötet worden. Nach Angaben der irakischen Nachrichtenagentur
INA wurden am selben Tag in Bagdad 20 Leichen von Mordopfern gefunden. Sechs Leichen
habe die Polizei in der nordirakischen Stadt Mossul entdeckt.
Die US-Armee teilte weiter mit, bei einer Razzia der amerikanischen Truppen gegen
sunnitische Extremisten seien am Freitag in Tadschi nördlich von Bagdad vier «Terroristen»
getötet worden. Seit Donnerstag hätten die US-Soldaten außerdem neun mutmaßliche
Mitglieder von Terrorzellen gefangen genommen, die Autobombenanschläge verübt haben
sollen.
Bei zwei Selbstmordanschlägen in Bagdad sind am Freitag mindestens 23 Menschen in den
Tod gerissen worden. Die mit Sprengstoff beladenen Autos explodierten am Abend kurz
hintereinander in dem überwiegend von Schiiten bewohnten Stadtviertel Safaranija im
Südosten der irakischen Hauptstadt. Unter den Toten waren mehr als zehn Polizisten, etwa 60
Menschen wurden verletzt. Die Anschläge ereigneten sich nahe der Dijala-Brücke über den
Tigris. Diese wurde stark beschädigt. Auch zwei US-Soldaten kamen bei Bombenanschlägen
im Irak ums Leben, elf weitere wurden verwundet.
12. Mai
Bei einem Angriff auf eine US-geführte Militärpatrouille im Süden der irakischen Hauptstadt
Bagdad sind fünf Soldaten getötet und drei offenbar verschleppt worden. Die Attacke habe
sich am frühen Samstagmorgen rund zwanzig Kilometer westlich der Stadt Mahmudija
erreignet, sagte der Sprecher der US-Armee, General William Caldwell. Die angegriffene
Einheit habe aus sieben US-Soldaten und einem irakischen Übersetzer bestanden. Ob der
Iraker unter den Getöteten war, blieb zunächst unklar.
Im Irak verschwinden nach einem Zeitungsbericht jeden Tag bis zu 300 000 Barrel Rohöl etwa 15 Prozent der Tagesproduktion - in dunklen Kanälen. Damit gingen dem irakischen
Staat täglich bis zu 15 Millionen Dollar (11 Mio Euro) an Einnahmen verloren, berichtete die
«New York Times» am Samstag unter Berufung auf den Entwurf eines Berichts des USRechnungshofes. Die Zahlen nähren nach Angaben des Blattes den Verdacht, dass inzwischen
korrupte Beamte, Schmuggler und Aufständische einen bedeutenden Teil der irakischen
Erdölproduktion kontrollieren. Danach wird das Öl mit Hilfe korrupter Beamter abgezweigt,
um beispielsweise Milizen zu finanzieren. Erdölexperten halten es den Angaben zufolge
allerdings auch für möglich, dass Fehler bei der Abrechnung für Diskrepanzen sorgen oder
dass Rohöl beispielsweise nach Anschlägen auf Ölleitungen versickert.
13. Mai
Der Iran und die USA wollen schon bald direkte Gespräche über die Verbesserung der
Sicherheitslage im Irak führen. Das US-Präsidialamt bestätigte am Sonntag eine
entsprechende Meldung der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur Irna. Damit solle eine
konstruktive Rolle Irans im Irak angestrebt werden. Es werde dabei nicht um die Beziehungen
der USA zum Iran gehen.
Al Hakim, der Vorsitzende des Obersten Rates für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI),
kündigte an, seine Partei werde sich in Oberster Islamischer Rat des Iraks umbenennen. Der
Verzicht auf den Begriff «Revolution» trage der neuen politischen Lage Rechnung.
Nach Angaben des US- Nachrichtensenders CNN beteiligten sich am Sonntag 4000 Soldaten
an der Suche nach den drei vermissten US-Soldaten in Al-Mahmudija südlich von Bagdad.
Diese Region wird wegen der zahlreichen Angriffe radikaler Gruppen auf Soldaten, Polizisten
und Angehörige der jeweils anderen Religionsgruppe «Todesdreieck» genannt.
In Bakuba, 60 Kilometer nordöstlich von Bagdad, warfen bewaffnete Rebellen am Sonntag
zwei Männer in Handschellen aus dem Auto und erschossen sie vor den Augen entsetzter
Passanten. «Dies ist das Schicksal von Verrätern», riefen die Täter, bevor sie davonfuhren.
Die sunnitischen Aufständischen betrachten Soldaten, Polizisten oder Übersetzer für die USTruppen als Verräter.
Bei einem Selbstmordanschlag in Machmur bei Mossul, 450 Kilometer nördlich von Bagdad,
kamen am Sonntag nach unterschiedlichen Angaben bis zu 32 Menschen ums Leben. Wie der
Gesundheitsminister der Regierung des autonomen Kurdengebiets, Zarijan Othman, weiter
mitteilte, wurden 115 Menschen bei dem Angriff auf das Hauptquartier der Demokratischen
Partei Kurdistans (KDP) verletzt. Das irakische Innenministerium in Bagdad gab die Zahl der
Todesopfer dagegen mit zehn an.
Bei einem Bombenanschlag im Zentrum Bagdads kamen nach Berichten der irakischen
Nachrichtenagentur Aswat al-Irak am Sonntag zwölf Menschen ums Leben. 41 weitere seien
verletzt worden. Wie es hieß, explodierte ein in einem am Straßenrand abgestellten Fahrzeug
versteckter Sprengsatz, als eine Polizeipatrouille vorüberkam. Am Samstag waren nach
Angaben der Polizei an verschiedenen Orten in Bagdad die Leichen von 17 Irakern gefunden
worden.
14. Mai
Bei zwei Bombenanschlägen in Bagdad sind am Montag mindestens 13 Menschen getötet und
sieben weitere verletzt worden. Nach Behördenangaben detonierten zwei Autobomben in
verschiedenen Stadtteilen der irakischen Hauptstadt. Durch die Explosion eines Sprengsatzes
in einem Parkhaus im Stadtbezirk Al-Karada wurden zwölf Menschen getötet und vier
weitere verletzt. Bei der zweiten Explosion auf einer Straße im Osten Bagdads kam ein
Mensch ums Leben, drei weitere Menschen wurden verletzt.
Während einer Razzia in Bagdad gegen militante Gruppen wurden nach irakischen
Militärangaben sieben Extremisten getötet und 111 weitere festgenommen. Wie es weiter
hieß, wurden dabei Waffen und Sprengstoff sichergestellt.
Im südlichen Bagdader Vorort Al-Safarania wurden zwei irakische Zivilisten getötet und 14
andere verletzt, als eine Sprengladung in der Nähe einer Polizeistreife explodierte. Unter den
Verletzten waren auch Polizeibeamte. An anderer Stelle wurden nach Polizeiangaben,
ebenfalls durch eine Bombenexplosion, drei US-Soldaten getötet. Von US-Seite gab es dazu
keine Bestätigung.
Vier Menschen, darunter drei Polizisten, wurden in der nordöstlich von Bagdad gelegenen
Provinzhauptstadt Bakuba bei einem bewaffneten Überfall auf eine Polizeiwache getötet und
vier weitere verletzt.
Bei Angriffen bei Basra und Bagdad sind ein dänischer Soldat und zwei US-Soldaten getötet
worden. Nahe der südirakischen Stadt Basra wurde ein Sprengsatz gezündet, als eine dänische
Militärkolonne vorbeifuhr, teilten die dänischen Streitkräfte in Kopenhagen mit. Zwei
dänische Soldaten seien verwundet worden. In Bagdad wurde eine US-Patrouille angegriffen,
teilten die amerikanischen Streitkräfte mit.
15. Mai
Die japanische Mission im Irak soll fortgesetzt werden. Das Unterhaus in Tokio beschloss am
Dienstag, den Einsatz von Transportflugzeugen für humanitäre Lieferungen um zwei Jahre zu
verlängern. Die Stationierung von Bodentruppen zu humanitären Zwecken wurde im Juli
2006 aufgegeben, doch sind Soldaten der Luftwaffe in Kuwait vor Ort, um eine Luftbrücke
nach Bagdad aufrecht zu erhalten.
Vor einem Militärgericht in Washington hat am Dienstag das erste Verfahren gegen einen
US-Offizier wegen der Misshandlung von Gefangenen im Lager Abu Ghraib im Irak
begonnen. Der 51-jährige Oberstleutnant Steven Jordan muss sich in dem Verfahren wegen
Misshandlung, Behinderung der Justiz, Pflichtversäumnissen und Missachtung von Befehlen
verantworten. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 22 Jahre Haft. Im Zusammenhang mit
dem Gefängnis-Skandal waren in den USA bislang nur niederrangige Soldaten angeklagt und
verurteilt worden, nicht jedoch Angehörige höherer Dienstgrade.
In der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am Dienstag bei Sprengstoffanschlägen mindestens
fünf Menschen ums Leben gekommen, 15 weitere wurden verletzt. Wie irakische Medien
berichteten, explodierten zwei Bomben in der belebten Innenstadt. Am selben Tag wurden
nach Medienberichten auf einem Friedhof in Kerbela, 100 Kilometer südlich von Bagdad,
über 90 nicht identifizierte Leichen entdeckt. Im Großraum der nordirakischen Industriestadt
Kirkuk wurden nach Polizeiangaben 14 in der Ölindustrie Beschäftigte entführt. Eine Gruppe
der Entführer trug Uniformen der irakischen Armee und hatte eine Straßensperre errichtet.
In Mosul, ebenfalls im Norden des Landes, fassten Soldaten der US- geführten Koalition
während morgendlicher Razzien nach eigenen Angaben zehn mutmaßliche Extremisten. In
Falludscha, 70 Kilometer westlich von Bagdad, und in Tadschi nahmen Soldaten der
Koalition insgesamt neun Verdächtige fest. Die Razzien richteten sich den Angaben zufolge
gegen die Organisationen Ansar Al-Sunna und El-Kaida.
16. Mai
US-Präsident George W. Bush hat nach wochenlanger Suche und mehreren Absagen den neu
geschaffenen Posten eines Koordinators für die Kriege im Irak und in Afghanistan besetzt.
Neuer «Kriegs-Zar», wie der Koordinator in den US-Medien genannt wird, soll der DreiSterne-General Douglas Lute (54) werden.
Der britische Prinz Harry wird entgegen früheren Ankündigungen nicht im Irak eingesetzt.
Das britische Militär habe sich nach Prüfung aller Risken dagegen entschieden, berichtete der
Sender BBC am Mittwoch. Der junge Leutnant sei sehr enttäuscht.
In der Affäre um die Misshandlung irakischer Gefangener durch niederländische Soldaten
sind neue Einzelheiten an die Öffentlichkeit gelangt. Wenige Wochen vor der
Veröffentlichung eines Untersuchungsberichts zu den Vorwürfen berichtete der
niederländische Fernsehsender Nova am Dienstagabend, drei Geheimdienstoffiziere hätten
2003 wahrscheinlich gegen Verhörrichtlinien im Irak verstoßen. Sie hätten den irakischen
Gefangenen bei der Befragung Säcke über den Kopf gestülpt und zudem Elektroden
eingesetzt. Nova berief sich dabei auf Auszüge des Untersuchungsberichts, der Mitte Juni
veröffentlicht werden soll.
Bei einem Chlorgasanschlag in der irakischen Stadt Bakuba sind mindestens 35 Menschen
getötet worden. Wie Sicherheitskräfte am Mittwoch mitteilten, wurden bei dem Anschlag in
der Nacht außerdem mehr als 50 Menschen verletzt, einige von ihnen lebensgefährlich. Die
US-Armee hatte Anfang des Jahres Anschläge mit Chlorgas im Irak als eine neue Taktik der
Aufständischen eingestuft. Chlorgas kann starke Verätzungen hervorrufen und bis hin zu
tödlichen Vergiftungen führen.
Irakische und amerikanische Soldaten waren am Dienstag in Bakuba, etwa 60 Kilometer
nordöstlich von Bagdad, mit Razzien gegen Milizen vorgegangen, die seit Monaten die Stadt
kontrollierten. Bei Razzien gegen das Terrornetz El Kaida in der Nacht zum Mittwoch
wurden nach Angaben des US-Militärs im West- und Nordirak insgesamt 30 mutmaßliche
Extremisten festgenommen. In Bagdad kamen bei einer Bombenexplosion in einer
Industriezone nach Medienangaben ein Iraker ums Leben, drei weitere wurden verletzt.
Bei Kämpfen zwischen der schiitischen Mahdi-Miliz und der Polizei wurden am Mittwoch in
der südirakischen Stadt Nasirija mindestens zwei Iraker getötet und rund 20 weitere verletzt.
Zuvor war ein Mitglied der Mahdi-Miliz verhaftet worden. Die so genannte Mahdi- Armee,
die größte Miliz im Irak, war im Juni 2003 von dem radikalen Schiiten-Führer Muktada alSadr gegründet worden.
Nach Anschlägen und Gefechten mit mindestens 19 Toten ist in der irakischen Stadt Mossul
am Mittwoch eine Ausgangssperre verhängt worden. Die irakische Nachrichtenagentur
Stimme des Irak berichtete unter Berufung auf die örtliche Polizei, bei Kämpfen mit
irakischen Sicherheitskräften seien 15 Bewaffnete ums Leben gekommen. Später explodierten
sechs Autobomben. Dabei wurden vier Polizisten getötet. 30 weitere Menschen wurden
verletzt. Aufständische sprengten zudem zwei Brücken in der Stadt 400 Kilometer nördlich
von Bagdad in die Luft. Menschen wurden kamen dabei nicht zu Schaden.
17. Mai
Britische Experten haben in einer der bislang dramatischsten Studien zur Entwicklung im Irak
den Zusammenbruch und die Zersplitterung des Landes in verfeindete Herrschaftsgebiete
vorausgesagt. Die Regierung in Bagdad sei mittlerweile gegenüber mehreren lokal begrenzten
Bürgerkriegen und Aufständen völlig machtlos, erklärten Experten der anerkannten
außenpolitischen «Denkfabrik» Chatham House.
Es gebe im Irak nicht «einen» Bürgerkrieg, sondern «viele Bürgerkriege und Aufstände». Zu
einem großen Teil sei die Terrororganisation El Kaida in Aufstände, Anschläge und Kämpfe
verstrickt, erklärte der Leiter der Studie, der Nahost-Experte Gareth Stansfield.
Das Papier empfiehlt den USA und Großbritannien, viel stärker als bisher die Nachbarstaaten
des Irak für Bemühungen um die Befriedung des Landes zu gewinnen. Vertreter des Irans und
der USA wollen nach iranischen Angaben am 28. Mai im Irak über die schwierige Lage in
dem Land sprechen. Es werde ausschließlich um den Irak gehen, betonte Irans Außenminister
Manuchehr Mottaki bei einem Außenministertreffen der Organisation der Islamischen
Konferenz am Donnerstag in Islamabad. Die USA wollen ihren Irak-Botschafter Ryan
Crocker entsenden. Teheran und Washington haben seit 1979 keine diplomatischen
Beziehungen mehr miteinander.
Der amerikanische Fernsehsender ABC berichtete, zwei seiner irakischen Mitarbeitern seien
in Bagdad ermordet worden. Kameramann Ala al-Din Asis (33) und der Toningenieur Saif
Laith Jussif (26) seien am Donnerstag in ihrem Auto angegriffen und getötet worden.
Arabische Nachrichtensender berichteten, südlich der Hauptstadt seien am Donnerstag drei
US-Soldaten bei einer Sprengstoffattacke ums Leben gekommen.
Am Donnerstagabend wurden bei Razzien gegen Aufständische in Bagdad zwei US-Soldaten
getötet und neun verletzt, hieß es aus US-Militärkreisen.
18. Mai
In der Provinz Dijala nördlich von Bagdad töteten Unbekannte nach Angaben eines
Parlamentssprechers vom Freitag einen Neffen von Parlamentspräsident Mahmud alMaschhadani sowie einen Leibwächter des sunnitischen Politikers.
Die irakische Nachrichtenagentur INA meldete, am Freitag hätten rund 50 Aufständische
einen US-Militärstützpunkt in Bakuba, 60 Kilometer nordöstlich von Bagdad, angegriffen.
Sechs der Angreifer, die nach Augenzeugenberichten laut «Allahu akbar» (Gott ist groß)
riefen, seien getötet worden.
Ein Selbstmordattentäter riss an einer Straßensperre in Dscharf al-Sachr südlich von Bagdad
drei Polizisten mit in den Tod. Am Ufer des Tigris bei Al-Suwaira fand die Polizei fünf
Leichen von Mordopfern. Unter den Getöteten sei ein zwölf Jahre alter Junge, der zwei Tage
zuvor entführt worden sei, hieß es. Das US-Militärkommando meldete, amerikanische
Soldaten hätten am Freitag im Nordosten von Bagdad sechs mutmaßliche Angehörige einer
Schiiten-Miliz gefangen genommen.
19. Mai
Der scheidende britische Premierminister Tony Blair hat den Irakern am Samstag bei einem
Überraschungsbesuch in Bagdad die weitere Unterstützung seines Landes zugesichert.
Wenige Stunden vor Blairs Landung in der hermetisch abgeriegelten «Grünen Zone» in
Bagdad schlugen dort drei Katjuscha-Raketen ein, wie der Korrespondent des britischen
Senders BBC berichtete. Dabei wurde ein Wachmann getötet. In der Zone liegt der
Regierungssitz. Nach offiziellen Angaben habe es keinen Anhaltspunkt dafür gegeben, dass
der Angriff Blair galt. Blair sagte den Irakern zu, dass Großbritannien auch nach seinem
Rücktritt Ende Juni standhaft an ihrer Seite bleiben werde. Es gebe «echte Zeichen für einen
Wandeln und Fortschritt» im Irak, erklärte er nach Gesprächen mit Ministerpräsident Nuri alMaliki und Präsident Dschalal Talabani bei seiner siebten Reise und voraussichtlich letzten
Reise in den Irak.
Der frühere US-Präsident Jimmy Carter (82) griff den scheidenden Premierminister in
ungewöhnlich scharfer Form an. Blairs «unentwegte Unterstützung» für den Irak-Krieg sei
eine «große Tragödie für die Welt», sagte Carter in einem BBC-Interview. Auf die Frage, wie
er Blairs Verhalten gegenüber Bush einschätze, antwortete Carter: «Widerwärtig, ergeben,
blind, offensichtlich unterwürfig.» Die Außenpolitik der Regierung von George W. Bush
kritisierte Carter als die schlechteste in der Geschichte der USA.
Bei der Suche nach drei vor einer Woche im Irak entführten amerikanischen Soldaten nahmen
US- geführte Koalitionstruppen neun Verdächtige nahe Amirijah fest. Irakische
Sicherheitskräfte nahmen in Bagdad insgesamt 152 Verdächtige fest, vier Bewaffnete wurden
erschossen. Britische Soldaten verhafteten in Basra ein führendes Mitglied der Bewegung des
radikalen Schiitenpredigers Muktada al-Sadr, berichtete die irakische Nachrichtenagentur
weiter.
Bewaffnete Angreifer in Uniformen haben am Samstag ein Dorf westlich von Bagdad
überfallen und 15 Männer erschossen. Bei den Opfern handelte es sich um schiitische Kurden,
wie die Partei Patriotische Union Kurdistans (PUK) auf ihrer Website mitteilte. Nach
Angaben eines irakischen Generals drangen die Angreifer am frühen Morgen in die Ortschaft
Hamid Schifi ein und trieben die Bewohner aus ihren Häusern. Anschließend hätten sie die
Männer von ihren Frauen und Kindern getrennt und erschossen. General Nasim Scherif
machte für die Tat das Terrornetzwerk Al Kaida verantwortlich. Hamid Schifi liegt in der
Unruheprovinz Dijala, etwa 100 Kilometer westlich von Bagdad.
Wie das US-Militär am Sonntag mitteilte, wurden in West-Bagdad am Vortag sechs
amerikanische Soldaten und ein irakischer Übersetzer bei einem Anschlag getötet.
Bei der Explosion einer Autobombe in Bagdad sind am Samstag mindestens elf Menschen
ums Leben gekommen. Die Zahl der Verletzten wurde von der unabhängigen Agentur
«Stimmen des Iraks» mit 20 angegeben. Ein Selbstmordattentäter hatte den Sprengsatz in
seinem Wagen in der Näher eines Marktes im Westen der irakischen Hauptstadt gezündet.
20. Mai
Im Irak ist neben einer von schiitischen Milizionären besetzten Moschee nach Angaben
sunnitischer Geistlicher ein Massengrab mit Dutzenden von Leichen gefunden worden. Die
Mahdi-Armee ist die Miliz der Bewegung des zu Jahresbeginn untergetauchten SchiitenPredigers Muktada al-Sadr.
Der Kommandeur der US-Truppen im Irak, General David Petraeus, erklärte unterdessen,
mindestens zwei der drei amerikanischen Soldaten, die am 12. Mai in der Nähe von AlMahmudija entführt worden seien, seien noch am Leben. Er wisse, dass die Soldaten von
einer Extremistengruppe mit Verbindungen zu El Kaida verschleppt worden seien, erklärte er
in einem Interview mit der Zeitung «Army Times».
Augenzeugen berichteten am Sonntag von Kämpfen zwischen britischen Soldaten und
Angehörigen der Mahdi-Armee in der südirakischen Hafenstadt Basra. Über mögliche Opfer
der Gefechte in einem Arbeitervorort wurde zunächst nichts bekannt.
Die regierungsnahe irakische Zeitung «Al-Sabah» berichtete am Sonntag, die Arabische Liga
plane für den kommenden Juli eine Irak-Versöhnungskonferenz in Ägypten. An diesem
Treffen sollten auch Anhänger des sunnitischen «Widerstandes» und der Sadr-Bewegung
teilnehmen.
Im Westen Iraks ist am Sonntag ein mit Chlorgas beladener Lastwagen in einen
Polizeikontrollpunkt gerast. Durch das austretende Gas seien elf Menschen verletzt worden,
sagte ein Stammessprecher in der Provinz Anbar. Die Polizei habe das sich nähernde
Fahrzeug beschossen. Der Laster sei dann explodiert und habe den Kontrollposten in Sangura
nördlich von Ramadi gerammt. Für die Angriffe werden Al-Kaida-Extremisten verantwortlich
gemacht.
21. Mai
Die Entführer eines chaldäisch-katholischen Priesters aus Bagdad haben Lösegeld für seine
Freilassung gefordert. Wie der Weihbischof der mit Rom unierten Kirche, Schlemon
Warduni, nach Angaben des katholischen Nachrichtendienstes Asianews vom Montag aus
Rom mitteilte, haben diese Kontakt zum chaldäischen Patriarchat in Bagdad aufgenommen.
Der Pfarrer der Mar-Pithion-Kirche, Nawzat Hanna, war am Wochenende nach einem
Krankenbesuch in Bagdad verschleppt worden. Die chaldäische Kirche beklagt in diesem
Zusammenhang wachsende Gewalt gegen Christen in der irakischen Hauptstadt.
Das schwer gesicherte irakischeParlament ist am Montag von einer Granate getroffen worden.
Abgeordneten zufolge landete ein Geschoss auf dem Dach über dem Büro von
Parlamentspräsident Mahmud al-Maschhadani.
Im Irak ist ein britischer Soldat seinen Wunden aus einem Gefecht mit Aufständischen
erlegen. Der Brite habe während eines Kampfes nach einem Angriff auf einen Öl-Konvoi am
Montag in der südlichen Stadt Basra Schussverletzungen erlitten, teilte das
Verteidigungsministerium in London mit.
Bei Angriffen von Extremisten sind am Montag im Irak mindestens zehn Menschen getötet
worden. In Al-Iskandarija südlich von Bagdad starben nach Informationen der irakischen
Nachrichtenagentur INA zudem vier Angehörige eines Stammes, die sich ein Gefecht mit
Extremisten lieferten. Nach Angaben der Agentur starben sieben Zivilisten als Terroristen in
der Ortschaft Hibhib das Feuer auf einen Kleinbus eröffneten. In Bagdad kamen bei einem
Sprengstoffangriff auf eine Patrouille der irakischen Armee drei Soldaten ums Leben.
Die US-Armee teilte mit, amerikanische Soldaten hätten in Al-Karmah vier irakische Männer
und einen Jungen befreit, die von Extremisten entführt worden waren. Die fünf Iraker seien
von den Entführern gefoltert worden.
Die säkulare INA-Partei von Ex-Regierungschef Ijad Allawi berichtete, über dem Haus
Allawis in Bagdad sei am Sonntag ein unbemanntes Spionageflugzeug abgestürzt. Zu
möglichen Verletzen oder Schäden sowie zur Herkunft des Spionageflugzeugs wurde nichts
bekannt. Allawi forderte die Regierung auf, den Vorfall untersuchen zu lassen. Allawi war
von 2004 bis 2005 Ministerpräsident einer Übergangsregierung gewesen.
22. Mai
Im Streit um die Finanzierung des Militäreinsatzes im Irak haben die US-Demokraten
Bereitschaft zum Einlenken gegenüber Präsident George W. Bush signalisiert. Nach Angaben
aus Parteikreisen vom Montag (Ortszeit) soll der neue Gesetzentwurf für den Kriegshaushalt
keine Fristen für einen Rückzug der Truppen aus dem Irak enthalten.
Terroristen haben am Dienstag in Bagdad mehr als 40 Menschen getötet. Insgesamt 30
Menschen starben, als zwei Autobomben auf einem Markt im Al-Amel-Viertel und an einer
Straßenkreuzung im Al-Baija-Viertel explodierten. 75 Menschen wurden nach Polizeiangaben
verletzt. Ein Polizeioffizier und ein Zivilist starben bei zwei Explosionen in Ost-Bagdad.
Beim Einschlag von Mörsergranaten auf einem Universitätsgelände in dem vorwiegend von
Sunniten bewohnten Stadtteil Adhamija wurden drei Studenten getötet. Der
Nachrichtensender Al-Arabija berichtete, acht Studenten seien bei einem Angriff auf einen
Bus gestorben.
23. Mai
Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF benötigt nach eigenen Angaben 31 Millionen Euro für die
Grundversorgung irakischer Kinder. Ihre Lebensumstände hätten sich aufgrund von Gewalt
und Vertreibung dramatisch verschlechtert, erklärte UNICEF am Mittwoch. Jedes fünfte Kind
sei mangelernährt, mehr als zwei Drittel hätten keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser
.
Die US-Armee berichtete am Mittwoch, bei dem folgenschwersten Angriff auf US-Soldaten
seien am Vortag in Bagdad drei Männer gestorben. Bei einer Patrouille seien mehrere
Sprengsätze in ihrer Nähe detoniert. Zwei weitere Soldaten seien in der westlichen AnbarProvinz getötet worden. In Bagdad starben zwei US-Soldaten, als ein Sprengsatz neben ihrem
Fahrzeug explodierte. Drei Soldaten seien bei diesem Angriff verletzt worden, hieß es. Ein
weiterer Soldat wurde laut Armee in West-Bagdad erschossen, ein anderer starb bei einer
Sprengstoffattacke südwestlich der Hauptstadt.
Aus irakischen Sicherheitskreisen hieß es, ein Attentäter habe sich in einem Kaffeehaus in
Mandali nordöstlich von Bagdad mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft gesprengt und
mindestens 20 Menschen mit in den Tod gerissen. Rund 25 Iraker wurden verletzt. Ein
zweiter Attentäter riss drei Menschen mit in den Tod, als er in einem Einkaufsviertel in der
Ortschaft Dschibla nahe der Stadt Hilla, 100 Kilometer südlich von Bagdad, neben einer
Busstation eine Autobombe zündete. Die Polizei berichtete von 15 Verletzten.
Die regierungsnahe irakische Zeitung «Al-Sabah» berichtete am Mittwoch, amerikanische
und irakische Soldaten hätten einen Anführer der Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak
gefangen genommen. Ahmed Mazhar al-Assawi, der Chef der Terrorgruppe in der Stadt
Bakuba nordöstlich von Bagdad, sei am Dienstag bei einer Razzia in der Umgebung von
Chan Bani Saad gefasst worden.
Die irakische Polizei meldete unterdessen den Fund eines Toten, bei dem es sich um einen
von drei am 12. Mai verschleppten US-Soldaten handeln könnte. Seine Leiche wies den
Angaben zufolge Folterspuren auf.
24. Mai
Ein Selbstmordattentäter hat am Donnerstag während einer Trauerfeier im Irak 25 Menschen
getötet. Der staatliche Fernsehsender Al-Irakija berichtete, Dutzende von Menschen seien bei
der Attacke in der westlichen Aufständischen-Hochburg Falludscha verletzt worden. Der
Attentäter habe seinen Sprengsatz gezündet, während die Leiche des Verstorbenen zum
Friedhof getragen worden sei.
Das irakische Parlament vertagte unterdessen eine Abstimmung über die Ernennung von
sechs neuen Ministern auf den kommenden Sonntag. Die sechs «Unabhängigen» waren von
Ministerpräsident Nuri al-Maliki ausgewählt worden, nachdem die sechs Minister der
Bewegung des radikalen Schiiten-Predigers Muktada al-Sadr vor mehr als einem Monat
zurückgetreten waren.
Die regierungsnahe Zeitung «Al-Sabah» berichtete am Donnerstag, die Regierung habe den
Kommandeur der irakischen Armee in der Stadt Bakuba entlassen und den Justizbehörden
übergeben. General Schakir al-Kaabi soll gefährliche Terroristen gegen Bestechungsgeld aus
dem Gefängnis freigelassen haben.
Ein Zivilist starb bei einem Sprengstoffanschlag auf Tagelöhner in Bagdads Schiiten-Vorstadt
Sadr-City. Elf weitere Menschen wurden durch die Attacke auf einem Platz nach Angaben
des Innenministeriums verletzt. Augenzeugen hatten zunächst von «zahlreichen Toten»
gesprochen. Da auf dem Platz, auf dem sich morgens immer Bauarbeiter versammeln, in den
vergangenen drei Jahren schon fünf schwere Anschläge verübt worden waren, hat die Polizei
das Gelände umzäunt. Südlich von Kirkuk starben nach Informationen der
Nachrichtenagentur Aswat al-Irak sechs Menschen durch eine Bombenexplosion.
Arabische Medien berichteten unterdessen, bei der Leiche, die am Mittwoch südlich von
Bagdad im Euphrat gefunden worden ist, handele es sich um einen der drei amerikanischen
Soldaten, die am 12. Mai während eines Angriffes nahe der Ortschaft Al-Mahmudija
verschleppt worden waren. Dies habe eine Identifizierung durch die US-Armee ergeben.
In der Nähe von Bagdad sind bei einem Bombenanschlag zwölf Menschen getötet worden.
Aufständische hätten in Husseinijah, 30 Kilometer nördlich von Bagdad, zunächst einen Bus
mit Schusswaffen angegriffen und dabei eine Bombe zurückgelassen, die zu Hilfe eilende
Menschen töten sollte, teilte die US-Armee am Donnerstagabend mit.
25. Mai
Nach dem Repräsentantenhaus stimmte auch der Senat für das Gesetz, das entgegen der
ursprünglichen Forderung der Demokratischen Partei keinen Zeitplan für den Abzug der USSoldaten enthält. Die Präsidentin des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi,
kündigte einen baldigen neuen Anlauf an, einen Kurswechsel im Irak durchzusetzen.
Angesichts der weit verbreiteten Kritik am Irak-Krieg bedeutet das Gesetz einen
empfindlichen Rückschlag für die Demokraten, die sich in der Abstimmung gespalten
zeigten: Pelosi stimmte gegen das Gesetz, der Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid dafür.
Von den Bewerbern um die demokratische Präsidentschaftskandidatur votieren mit Hillary
Clinton und Barack Obama die aussichtsreichsten Kandidaten ebenfalls mit Nein, Joseph
Biden stimmte dafür.
Präsident George W. Bush sollte das Gesetz am Freitag unterzeichnen. Die Verabschiedung
setzte den Schlussstrich unter ein monatelanges Kräftemessen zwischen der demokratischen
Mehrheit im Kongress und dem republikanischen Präsidenten. Das Gesetz gilt dabei als
Etappensieg Bushs, der sein Veto gegen den verlangten Truppenabzug von Oktober an
eingelegt hatte. Die Demokraten verbuchten als Erfolg, dass die Finanzmittel erstmals an
Bedingungen geknüpft sind. So werden Wiederaufbauhilfen im Umfang von zunächst 1,6
Milliarden Dollar von konkreten Fortschritten bei der Befriedung und Demokratisierung des
Iraks abhängig gemacht. Bush soll Mitte Juli und Mitte September dem Parlament
Rechenschaft darüber ablegen, ob sich das Land 18 Zielvorgaben - so genannten `benchmarks
- annähert. Er bezeichnete zuletzt den Sommer als entscheidende Phase im Irak und stimmte
die US-Bürger auf weitere Opfer ein. Angaben der US-Armee zufolge wurden im Irak weitere
sechs US-Soldaten getötet. Allein am Freitagabend wurden drei US-Soldaten getötet, wie ein
Militärsprecher am Samstag mitteilte. Danach wurde ein Soldat durch eine Bombe in der der
Provinz Dijala nordöstlich von Bagdad getötet. Ein weiterer starb bei einer Schießerei mit
Aufständischen in Bagdad, der dritte in der westlichen Unruheprovinz El Anbar. Damit
drohen die Verlustzahlen in diesem Jahr den zweiten Monat in Folge einen Rekord zu
erreichen.
Eine von der Al-Kaida geführte Gruppe im Irak hat `härtere Tage` für die US-Soldaten in dem
Golfstaat angekündigt. Die Organisation Islamischer Staat im Irak bezog sich in ihrer am
Freitag im Internet veröffentlichten Erklärung auf eine Rede von Präsident George W. Bush
vom Vortag.
Aufständische sprengten in Bagdad eine wichtige Brücke über den Tigris. Im südirakischen
Kufa trat erstmals seit Monaten wieder der radikale Schiitenanführer Moktada al-Sadr auf.
Dessen Mehdi-Miliz hatten die USA zu einem der Hauptziele ihrer jüngsten
Sicherheitsoffensive erklärt. Jüngsten Umfragen zufolge haben inzwischen 76 Prozent der
US-Bürger den Eindruck, der Irak-Krieg nehme einen schlechten oder sehr schlechten
Verlauf. Nur 20 Prozent sagten, die jüngste Truppenverstärkung habe die Lage verbessert.
26. Mai
Bei einer Reihe von Explosionen in einem belebten Geschäftsviertel der irakischen
Hauptstadt Bagdad sind am Samstag mindestens sieben Menschen getötet worden. 34 weitere
Menschen wurden verletzt, einige von ihnen schwer, berichtete die irakische
Nachrichtenagentur Aswat al-Irak unter Berufung auf Polizeiangaben. Unterdessen wurden in
der südirakischen Stadt Basra bei Kämpfen zwischen britischen Truppen und Mitgliedern der
so genannten Mahdi- Miliz des radikalen Schiiten-Führers Muktada al-Sadr mindesten vier
Aufständische getötet. Bereits in der Nacht zum Samstag waren nach Angaben des britischen
Militärs sieben Milizionäre bei einem Luftangriff getötet worden.
In Bagdad zündeten Unbekannte am Mittag zunächst eine Autobombe in der Nähe eines
Marktes im Bezirk al-Baya. Anschließend hätten sie Mörsergranaten auf den von Sunniten
und Schiiten bewohnten Stadtteil geschossen. Zuvor hatten amerikanische Kampfflugzeuge
den Stadtteil Sadr City bombardiert. Dabei seien 10 Menschen ums Leben gekommen, sagte
der Abgeordnete Salih al-Ekeily, der für die Sadr-Bewegung im irakischen Parlament sitzt
Britische Kampfflugzeuge griffen in der Nacht zum Samstag Stellungen der Mahdi-Miliz in
Basra an. Dabei seien sieben Aufständische getötet worden, teilte die britische Armee am
Samstag in Basra mit. Der Luftschlag sei eine Reaktion auf heftige Angriffe der
Aufständischen gewesen. Berichte, wonach bei dem Luftangriff acht Zivilisten getötet worden
seien, wies der Militärsprecher zurück.
Die Mahdi-Armee hatte ihre Angriffe am Freitag deutlich verstärkt, nachdem ihr örtlicher
Führer bei einem gemeinsamen Einsatz irakischer und britischer Truppen getötet worden war.
Auch am Samstag dauerten die Kämpfe in Basra an. Wie Aswar al-Irak berichtete, wurden
dabei mindestens vier Aufständische getötet und vier weitere verletzt. Auch ein britischer
Soldat sei verletzt worden, berichtete die irakische Nachrichtenagentur unter Berufung auf die
britische Armee.
27. Mai
Die US-Truppen im Irak haben nach eigenen Angaben 42 Menschen aus der Hand von AlKaida-Mitgliedern befreit. Die Geiseln seien in einem Versteck nordöstlich von Bagdad
festgehalten worden, teilte Generalmajor William Caldwell am Sonntag mit. Einige der
Betroffenen, alles irakische Zivilpersonen, seien gefoltert worden und wiesen unter anderem
Knochenbrüche auf. Es handelte sich dem Militärsprecher zufolge um die bislang größte
Anzahl befreiter Gefangener von Al Kaida im Irak. Caldwell erklärte, irakische Hinweise
hätten die US-Truppen zu dem Versteck in der Provinz Dijala geführt. «Die Menschen in
Dijala sprechen sich gegen die Al Kaida aus», sagte er. Einige der Befreiten seien vier Monate
lang festgehalten worden und müssten medizinisch behandelt werden.
Nach wiederholten Angriffen seitens schiitischer Extremisten im Irak führten amerikanische
und irakische Truppen am Sonntag Razzien im Bagdader Stadtteil Sadr City durch. In der
Hochburg des radikalen schiitischen Predigers Muktada al Sadr gab es keine größeren
Zwischenfälle, lediglich ein Verdächtiger wurde festgenommen. Die Razzien erfolgten zwei
Tage, nachdem Al Sadr erstmals seit Monaten wieder in der Öffentlichkeit aufgetreten war. In
einer Predigt in Kufa forderte er am Freitag vor 6.000 Gläubigen ein Bündnis aus Schiiten
und Sunniten, um die US-Truppen aus dem Irak zu vertreiben. Am selben Tag wurde auch ein
ranghoher Kommandeur seiner Mahdi-Miliz im Südirak getötet. Daraufhin gerieten die
britischen Truppen im Umkreis von Basra unter Granatbeschuss der Aufständischen.
In Kut südöstlich von Bagdad kündigten 70 Polizisten am Sonntag ihren Job und gaben ihre
Dienstwaffen zurück. Zur Begründung erklärten sie, sie hätten Angst vor Attacken der MahdiMiliz. Die amerikanischen Streitkräfte im Irak meldeten derweil den Tod von zehn weiteren
US-Soldaten. Zwei von ihnen seien bei Bombenanschlägen in Dijala und in Bagdad ums
Leben gekommen. Vier weitere seien am Samstag bei Bombenanschlägen südlich und
nördlich von Bagdad in den Tod gerissen worden. Ferner sei ein Marineinfanterist bei einem
Kampfeinsatz in der westlichen Unruheprovinz Anbar ums Leben gekommen.
28. Mai
Die US-Geheimdienste haben die Probleme mit der Terrororganisation El Kaida im Irak
sowie einen wachsenden Einfluss des Irans im Irak schon vor dem Krieg vorausgesagt. Dies
berichtete der Nachrichtensender CNN am Freitagabend unter Berufung auf einen Bericht des
Senats-Geheimdienstausschusses. Die Schaffung einer stabilen Demokratie im Irak werde ein
«lange, schwierige und wahrscheinlich turbulente Herausforderung werden», zitiert CNN aus
dem Geheimdienstbericht. Eine amerikanische Besetzung des Iraks würde auch zu einer
wachsenden Zahl vorn Terrorangriffen und anderen Operationen von El Kaida führen, hieß
es. Zudem würde wahrscheinlich der politische Islam gestärkt.
Die US-Regierung erwägt nach einem Bericht der Zeitung «New York Times» bis Mitte
kommenden Jahres ein Drittel oder mehr der im Irak stationierten amerikanischen Truppen
abzuziehen. An entsprechenden Planspielen werde derzeit gearbeitet, berichtete die Zeitung
am Samstag unter Berufung auf informierte Kreise. Derzeit sind etwa 146.000 US-Soldaten
im Irak. Diese Zahl könne bis Mitte 2008 auf 100.000 schrumpfen.
Am Montag, dem Memorial Day der USA, kamen mindestens zehn US-Soldaten im Irak ums
Leben. Der Mai ist damit der bislang tödlichste Monat für die US-Truppen im Irak in diesem
Jahr. Nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AB wurden mindestens 112 US-Soldaten
getötet. Am Memorial Day gedenken die Vereinigten Staaten ihrer Kriegstoten.
Angesichts der anhaltenden Gewalt im Irak haben die USA und der Iran erstmals seit fast drei
Jahrzehnten wieder offizielle Gespräche geführt. Delegationen unter der Leitung der
Botschafter beider Länder im Irak trafen sich am Montag in der scharf bewachten Grünen
Zone im Zentrum Bagdads. Einen Durchbruch gab es in der ersten Gesprächsrunde nach USAngaben nicht.
Es habe keine sofort messbaren positiven Resultate gegeben, sagte US-Botschafter Ryan
Crocker in einer Telefonkonferenz. Es sei aber ermutigend, dass der Iran sehr ähnliche
Vorstellungen über die Zukunft des Iraks habe. Beide Länder wünschten sich einen stabilen,
sicheren, demokratischen, föderalen und friedlichen Irak. Allerdings gebe es auf iranischer
Seite einen Widerspruch zwischen den politischen Erklärungen und der ausgeführten Politik,
sagte Crocker. Er habe deshalb die iranische Delegation aufgefordert, die Unterstützung für
sunnitische und schiitische Milizen im Irak sofort zu beenden. Die Iraner hätten darauf nicht
sofort geantwortet, sondern eine Antwort in naher Zukunft in Aussicht gestellt. Es sei aber bei
dem Treffen nicht darum gegangen, den Iran auf eine Anklagebank zu setzen und einen
juristischen Fall aufzurollen.
Bei einem Autobombenanschlag wurden am Pfingstmontag in Bagdad mindestens 16
Menschen getötet, knapp 30 wurden verletzt. Das teilte der Polizeioffizier Qassem Atta mit.
Zunächst war unter Berufung auf Polizeiquellen von mindestens 20 Toten und 72 Verletzten
die Rede gewesen. Der Sprengsatz sei in einer Hauptstraße im Zentrum der irakischen
Hauptstadt detoniert.
29. Mai
Im Irak sind erneut fünf Ausländer von Bewaffneten verschleppt worden. Wie das
Außenministerium in London am Dienstagabend mitteilte, handelt es sich um britische
Staatsbürger. Erste Berichte arabischer Medien, wonach auch Deutsche unter den Entführten
seien, bestätigten sich nicht. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte am Abend
in Berlin: «Es hat sich bisher nicht bestätigt, dass deutsche Staatsangehörige entführt worden
sind. Das scheint so zu sein.» Vertreter der britischen Botschaft stünden in Kontakt mit
irakischen Behörden, um die Krise zu lösen, hieß es in London. Einer der Briten ist
Angestellter der amerikanischen Management-Beratungsfirma BearingPoint.
Der britische Rundfunksender BBC berichtete, die in Kampfanzüge gekleideten Entführer
seien mit dutzenden Polizeiautos über die Palästina-Straße vor dem Finanzministerium
vorgefahren und ungehindert an den Wachen vorbei ins Ministeriumsgebäude gegangen, aus
dem sie ihre Geiseln verschleppt hätten.
Frustriert hat Cindy Sheehan, eine der prominentesten Irak-Kriegsgenerinnen in den USA,
ihren Protest für beendet erklärt. Sheehans Sohn Casey wurde 2004 als Soldat bei einem
Gefecht im Irak getötet. Daraufhin startete sie ihre Anti-Kriegskampagne, die sie bis vor die
Tore von Präsident George W. Bushs Ranch im texanischen Crawford führte, während er dort
Urlaub machte. Bush traf sich einmal mit Sheehan kurz nach dem Tod ihres Sohnes. Eine
weitere Begegnung gab es jedoch nicht. Für viele galt sie in den USA als `das Gesicht` des
Kriegsprotests. Doch dieses wolle sie nicht mehr sein, schrieb Sheehan. Sie sei überzeugt,
dass ihr Sohn `für Nichts gestorben` sei und `von seinem eigenen Land getötet wurde`, das
von einer Kriegsmaschinerie geführt werde, `die sogar kontrolliert, was wir denken`. Sie
rechnete aber nicht nur mit der Bush-Regierung, sondern auch mit den Demokraten ab. Diese
hätten sich gegen sie gewandt, als sie von ihnen dasselbe verlangte, wie von den
Republikanern. Auch der Anti-Kriegsbewegung stellte sie ein schlechtes Zeugnis aus: Hier
würden persönliche Eitelkeiten häufig vor Frieden und Menschenleben gestellt.
Bei der Explosion von zwei Autobomben in Bagdad sind am Dienstag mindestens 40
Menschen in den Tod gerissen worden. Der erste Anschlag richtete sich gegen Passanten auf
dem Tajaran-Platz, wo sich zahlreiche Geschäfte und Bushaltestellen befinden. Dort kamen
nach Polizeiangaben 23 Menschen ums Leben, 68 wurden verletzt. Der Sprengsatz befand
sich in einem abgestellten Kleinbus. Die Explosion erfasste nach Angaben eines
Augenzeugen eine Reihe von Bussen, die auf dem Platz auf Fahrgäste warteten. Mehr als eine
Stunde später explodierte eine weitere Bombe in einem abgestellten Auto am Rand einer
Geschäftsstraße im westlichen Stadtteil Amil. Dort kamen nach Polizeiangaben 17 Menschen
ums Leben, 55 wurden verletzt.
30. Mai
Der Mai ist zusammen mit dem Februar 2004 der tödlichste Monat für Journalisten im Irak.
Wie die Menschenrechtsorganisation `Reporter ohne Grenzen` am Mittwoch mitteilte, wurden
in den vergangenen Tagen drei einheimische Journalisten getötet. Damit stieg die Zahl der
Todesopfer unter Medienvertretern im Irak im Mai auf neun. So viele Journalisten kamen seit
dem Beginn des Irak-Kriegs vor vier Jahren nur im Februar 2004 ums Leben. Diesen Monat
sind unter den Opfern acht irakische Journalisten und ein russischer Fotograf. Schon jetzt sind
im Irak-Krieg so viele Mitarbeiter von Medien umgekommen wie seit 25 Jahren in keinem
anderen Konflikt.
Die Vereinigten Staaten nehmen demnächst die ersten 59 Flüchtlinge aus dem Irak auf. Das
US-Ministerium für Innere Sicherheit habe bislang in über dreihundert Fällen Gespräche
geführt, von denen mehr als siebenhundert Iraker betroffen seien, teilte Ressortchef Michael
Chertoff am Dienstag (Ortszeit) mit. Das Ministerium habe dafür im Vorfeld verbesserte
«Durchleuchtungsverfahren» entwickelt. «Die ersten 20 Fälle mit 59 Betroffenen sind
gebilligt worden, und diese Flüchtlinge werden in den kommenden Wochen in die USA
einreisen.» Die US-Regierung will bis zu 7000 von den irakischen Flüchtlingen aufnehmen,
die am meisten gefährdet seien, weil sie für die US-Truppen in ihrem Land gearbeitet hätten.
Ein Anschlag mit Mörsergranaten auf einen US-Militärstützpunkt in der irakischen Stadt
Falludscha hat am Mittwoch sein Ziel verfehlt und stattdessen ein Wohnviertel getroffen.
Dabei kamen nach Polizeiangaben neun Zivilpersonen ums Leben, 15 weitere wurden
verletzt. Einschläge wurden im Gerichtsgebäude und anderen Häusern des Viertels
verzeichnet. In der Stadt Hamsa südlich von Bagdad wurde der Konvoi eines
Polizeikommandeurs von einer Bombe getroffen. Dabei wurden zwei Sicherheitskräfte getötet
und zwei verletzt, wie aus Polizeikreisen verlautete. Im schiitischen Viertel Sadr City in
Bagdad schlug ein Anschlag auf eine Polizeipatrouille fehl. Getötet wurden eine Zivilperson,
vier weitere wurden laut Polizei verletzt.
31. Mai
Bei einem Selbstmordanschlag in der mittelirakischen Stadt Falludscha sind am Donnerstag
mindestens 30 Polizeianwärter ums Leben gekommen. Irakische Medien berichteten weiter
unter Berufung auf Polizeihinweise, 20 andere Bewerber für den Polizeidienst seien verletzt
worden.
Bei Angriffen und Anschlägen auf US-Soldaten in Bagdad und Umgebung wurden vier
amerikanische Soldaten getötet und zehn andere verwundet. Wie die US-Streitkräfte
bekanntgaben, war am Vortag am Rande Bagdads auch ein hoher irakischer Polizeibeamter
von fünf Bewaffneten erschossen worden. Bei einem anschließenden Feuergefecht mit USgeführten Koalitionssoldaten kam einer der Attentäter den Angaben zufolge ums Leben.
Am Mittwoch hatte sich nach Angaben der US-Armee vom Donnerstag in dem vorwiegend
von Sunniten bewohnten Stadtteil Adhamija ein Selbstmordattentäter mit einer Autobombe in
die Luft gesprengt. Acht Soldaten und und drei Iraker erlitten Verletzungen.
Unterdessen ging im Irak die Suche nach dem am Dienstag entführten britischen
Computerfachmann und vier britischen Personenschützern weiter. Nach
Augenzeugenberichten hatten die Entführer bei der Geiselnahme reguläre Kampfanzüge
getragen und konnten deshalb offenbar ungehindert vorgehen.
1. Juni 2007
US-Präsident George W. Bush schickt eine seiner engsten Beraterinnen zur Unterstützung der
irakischen Regierung nach Bagdad. Meghan O'Sullivan, die das Weiße Haus bis vor kurzem
in Sicherheitsfragen zum Irak und zu Afghanistan beraten hatte, solle US-Botschafter Ryan
Crocker unterstützen, kündigte Bush am Donnerstag (Ortszeit) in Washington an. Dort solle
sie in der Botschaft präsent sein und die irakische Regierung beraten, sagte er nach einem
Besuch des irakischen Präsidenten Dschalal Talabani.
US-Marineinfanteristen haben während eines Massakers in der nordirakischen Stadt Haditha
auch Frauen und Kinder aus nächster Nähe mit Kopfschüssen getötet. Zu den Opfern gehörten
unter anderem eine 66 Jahre alte Frau, die unbewaffnet war. Auch ein im Bett liegendes
junges Mädchen sei erschossen worden, sagte Militärankläger Paul Atterbury am Donnerstag
(Ortszeit) während einer Anhörung in Camp Pendleton in Kalifornien.
Die Marines töteten den Angaben zufolge ebenfalls einen Iraker, dem zuvor eine Granate ein
Bein abgerissen hatte. Der Staatsanwalt zeigte nach US-Medienberichten auch eine Aufnahme
mit zwei Frauen, drei Mädchen und einem kleinen Jungen, die im Bett erschossen wurden einige mit Schüssen in den Kopf.
Bei neuen Anschlägen und Angriffen in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am Freitag
mindestens 14 Menschen getötet worden. Bei Granatenbeschuss auf einen Markt im
Südwesten Bagdads seien zwölf Menschen ums Leben gekommen und 40 weitere Menschen
verletzt worden, teilte ein Krankenhausarzt mit. Der Markt sei mehrfach beschossen worden.
Unter den Getöteten seien auch Kinder, hieß es. Im Norden der Hauptstadt wurden ebenfalls
durch Granatenbeschuss ein Mensch getötet und drei verletzt. Im Stadtteil Chadra starb
Angaben von Sicherheitskräften zufolge ein Mensch durch einen Bombenanschlag am Rand
einer Straße.
2. Juni
Unbekannte haben in der Nacht zum Samstag in der nordirakischen Stadt Kirkuk Teile einer
Brücke in die Luft gesprengt. An der Brücke sei erheblicher Sachschaden entstanden, hieß es
nach Polizeiangaben. Menschen seien nicht zu Schaden gekommen. Bei einer Reihe von
Razzien, unter anderem außerhalb Bagdads sowie in Falludscha, nahmen Koalitionstruppen
nach Angaben eines US- Armeesprechers acht mutmaßliche Terroristen fest, darunter auch
einen örtlichen Anführer des Terrornetzes El Kaida. Ein mutmaßlicher Extremist sei getötet
worden. Einzelheiten lagen nicht vor.
Nach irakischen Medienberichten starben im Mai fast 2000 Iraker bei Anschlägen. In dem
«verrückten Krieg» seien im vergangenen Monat 1949 Iraker ums Leben gekommen,
berichtete die Zeitung «Al-Sabah» am Samstag. Nach Medienangaben starben im selben
Zeitraum rund 125 US- Soldaten im Irak. Mit einem neuen Sicherheitsplan versucht die
irakische Regierung in Zusammenarbeit mit den Koalitionstruppen seit Februar, die Gewalt
im Land in den Griff zu bekommen. Nach Angaben der arabischen Senders El Arabija stieg
die Zahl der Opfer im Mai im Vergleich zu den Vormonaten um 30 Prozent.
US-Soldaten haben bei einem Angriff auf Rebellen im Irak drei Kinder getötet. Die Truppen
hätten mutmaßliche Extremisten beschossen, die nahe der Stadt Falludscha Bomben am
Straßenrand platziert hätten, erklärte das Militär. Ein Aufständischer sei verletzt worden; der
Vorfall werde untersucht. Einheimische sagten, die am Freitag getöteten Kinder seien
zwischen sieben und elf Jahre alt gewesen. Das US-Militär gibt selten Stellungnahmen ab, in
denen es von Zivilisten berichtet, die durch US-Soldaten getötet wurden. Einheimische sagen
seit langem, solche Vorfälle gebe es öfter. Im Norden des Landes zerstörten Aufständische
derweil am Samstag eine Brücke, die die Städte Kirkuk und Erbil mit Bagdad verbindet. Der
Polizei zufolge löste die Sprengung ein Verkehrschaos in der Gegend aus. Die Extremisten im
Irak nehmen bei Anschlägen immer wieder Brücken ins Visier. Beobachter vermuten mehrere
Gründe dafür. Ziel könnte etwa sein, die Bevölkerung zu verunsichern und durch die
erzwungenen Umwege zu frustrieren.
3. Juni
Britische Militärführer wollen den künftigen Premierminister Gordon Brown einem
Zeitungsbericht zufolge auf einen baldigen Rückzug aus dem Irak festlegen. Sie wollten ihm
einen Zeitplan für einen Truppenabzug binnen zwölf Monaten unterbreiten, berichtete der
«Sunday Telegraph». Stattdessen sei vorgesehen, dass sich die britischen Streitkräfte stärker
auf den Kampf gegen die Taliban in Afghanistan konzentrierten.
Angesichts zunehmender Spannungen in der Kurdenregion hat Iraks Ministerpräsident Nuri
al-Maliki die Türkei vor einer Invasion im Nordirak gewarnt. Eine Offensive gegen kurdische
Rebellen verschlimmere die Probleme in der Region nur, erklärten Maliki und KurdenPräsident Masud Barsani auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Samstag im
nordirakischen Erbil. Ungeachtet dessen beschossen türkische Soldaten am Sonntag erneut
eine Hochburg kurdischer Rebellen im Nordirak, wie Barsani mitteilte. Die Türkei hatte erst
in den letzten Tagen ihre Truppenpräsenz an der irakischen Grenze weiter ausgebaut. Dies
löste Befürchtungen bei Nato-Partnern wie den USA aus, türkische Soldaten könnten im
Rahmen ihrer Frühjahrsoffensive gegen PKK-Rebellen im Südosten der Türkei auch in das
Nachbarland eindringen.
Die Türkei vermutet Aufständische der PKK hinter einem Bombenanschlag mit mehreren
Toten vor eineinhalb Wochen in der Hauptstadt Ankara. Nach einem weiteren
Bombenanschlag vergangene Woche, bei dem 12 Türken ums Leben kamen, näherte sich die
Armee mit Panzern der irakischen Grenze. Am Samstag kam es zudem zu einem Zwischenfall
zwischen bewaffneten kurdischen Kräften und türkischen Militärs im Nordirak. Nach
türkischen Angaben wurden Soldaten, die seit der Ära von Saddam Hussein noch in kleiner
Zahl im Land sind, von den Kurden beschimpft. Die verbale Attacke habe zwar auf einem
Missverständnis beruht. Dennoch drohte die türkische Armeeführung mit einer harschen
Reaktion, sollte sich ein solcher Zwischenfall wiederholen.
Am Sonntag riss die Explosion einer Autobombe in einem belebten Geschäftsviertel der
schiitischen Ortschaft Balad Rus in der Unruheprovinz Dijala mindestens zehn Menschen in
den Tod. Wie die Polizei mitteilte, erlitten rund zwei Dutzend Iraker Verletzungen. In einem
westlichen Stadtteil von Bagdad töteten Bewaffnete einen Polizisten und einen Angehörigen.
Die Gefechte in Diwanija begannen bereits am Samstagabend. Irakische Soldaten und
Polizisten riegelten auf der Suche nach ranghohen Mitgliedern der Mahdi-Miliz einen Markt
ab. Einer der Gesuchten wurde nach Militärangaben gefasst, allerdings wenig später von
Gesinnungsgenossen befreit. Mit Unterstützung der amerikanischen Luftwaffe setzten die
irakischen Truppen ihren Einsatz am Sonntag fort. Ein irakischer Militärsprecher erklärte, die
Gefechte hätten einen Soldaten und zwei weitere Menschen das Leben gekostet. Die
Gesuchten seien nicht gefunden worden, allerdings habe man mehrere Waffenlager entdeckt.
Am Samstag wurden insgesamt mindestens 57 Menschen getötet oder tot aufgefunden. Allein
26 Leichen mit Folterspuren wurden in Bagdad entdeckt. Die US-Streitkräfte meldeten am
Sonntag den Tod von insgesamt sieben Soldaten.
4. Juni
Die von den US-Truppen angeführten Soldaten im Irak kontrollieren vier Monate nach
Beginn der Sicherheitsoffensive in Bagdad nur etwa ein Drittel der Hauptstadt. Wie das
Militär am Montag weiter mitteilte, wurden seit Februar 18.000 zusätzliche US-Soldaten in
Bagdad stationiert.
In der nordirakischen Stadt Mossul sind nach Polizeiangaben ein Priester und drei seiner
Assistenten ermordet worden. Wie die Sicherheitskräfte am Montag mitteilten, wurden die
vier Katholiken nach dem Gottesdienst am Sonntag in der Nähe ihrer Kirche tot aufgefunden.
Polizeikreisen zufolge wurden sie aus einem Auto gezogen und erschossen. In der DreiMillionen-Stadt Mossul leben Menschen zahlreicher Glaubensrichtungen.
Zwei Zivilisten starben am Montag durch die Explosion eines Sprengsatzes neben einem
Kloster in Bagdads südlichem Vorort Safaranija. Nach Angaben von Aswat al-Irak wurden
zehn weitere Menschen verletzt. Die Agentur berichtete weiter, ein Selbstmordattentäter habe
sich in einem Krankenwagen vor einem Gebäude der medizinischen Fakultät der Universität
Bagdad in die Luft gesprengt. Außer dem Attentäter sei niemand zu Schaden gekommen.
Bei einer Razzia in Bagdad töteten die US-Truppen am Montag nach eigenen Angaben einen
«Terroristen», der Waffen und Sprengstoff aus dem Iran beschafft haben soll. Am Sonntag
waren bei einer Sprengstoffattacke in Bagdad vier amerikanische Soldaten getötet worden.
Das Militärkommando berichtete am Sonntagabend außerdem von einem weiteren Anschlag
am Samstag in West-Bagdad, bei dem ein Soldat starb. Damit haben die Aufständischen
allein am Samstag sieben US- Soldaten getötet.
5. Juni
Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency Deutschland hat gegen 57 deutsche
Unternehmen beim Bundeswirtschaftsministerium Beschwerde eingelegt. Hintergrund sei
deren Verwicklung in den «Öl-für-Lebensmittel»-Skandal im Irak, teilte Transparency
Deutschland am Dienstag in Berlin mit. Im Rahmen des Programms der Vereinten Nationen
sollen die Firmen, darunter unter anderem Babcock Borsig, DaimlerChrysler, Linde und
Siemens, insgesamt 1,9 Millionen Dollar (rund 1,4 Millionen Euro) Schmiergelder an den
Irak gezahlt haben. Weltweit sollen 2253 Unternehmen gesetzeswidrige Zahlungen an den
Irak geleistet haben. Der Regierung unter Saddam Hussein gelang es der AntiKorruptionsorganisation zufolge zwischen 1999 und 2002 insgesamt 1,8 Milliarden Dollar
aus dem Hilfsprogramm an den Vereinten Nationen vorbei auf schwarze Konten zu
schleusen.
Die irakische Regierung muss für eine Verlängerung des Mandats der ausländischen
Besatzungstruppen künftig das Parlament um Erlaubnis bitten. Das beschlossen die
Abgeordneten am Dienstag in Bagdad mit klarer Mehrheit. Für den Beschluss stimmten die
Anhänger des radikalen schiitischen Geistlichen Muktada al Sadr, die sunnitischen
Parlamentsmitglieder und eine weitere schiitische Fraktion. Die schiitischen und kurdischen
Anhänger des Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki stimmten dagegen.
Bei einer neuen Serie von Gewalttaten sind im Irak am Dienstag 27 Menschen getötet
worden. Ein Selbstmordattentäter riss nach US-Militärangaben 15 Menschen mit in den Tod,
als er in Amerijah, 50 Kilometer westlich von Bagdad, auf einem Markt seinen Sprengsatz
zündete. 13 weitere Passanten wurden verletzt.
In Bagdad wurde nach US-Militärangaben eine Selbstmordattentäterin getötet, bevor sie vor
einem Rekrutierungszentrum der irakischen Polizei ihren Sprengsatz zünden konnte. Bei
mehreren anderen Gewalttaten in Bagdad wurden im Laufe des Tages nach Angaben
irakischer Sicherheitskräfte zehn Menschen getötet.
6. Juni
Die türkische Regierung hat Medienberichte über einen Großeinsatz ihrer Armee gegen
Kurden-Rebellen im Nordirak zurückgewiesen. Allerdings räumte ein Militärvertreter, der
anonym bleiben wollte, ein, in den vergangenen Tagen habe es einen `begrenzten Einsatz`
gegeben. Wie viele Soldaten daran beteiligt waren, sagte er nicht. Von einer
`grenzüberschreitenden Operation` könne aber keine Rede sein, betonte er am Mittwoch. Es
sei durchaus üblich, dass türkische Soldaten bei der Verfolgung von Rebellen in dem bergigen
Grenzgelände auf irakisches Territorium gelangten. Zuvor hatte ein Bericht auf der Website
`DEBKAfile` für gehörigen Wirbel an den Finanzmärkten gesorgt. Der Ölpreis kletterte auf
über 71 Dollar, nachdem der Bericht die Runde machte. 50.000 Soldaten sollen demnach als
Vorhut einer Invasionstruppe abkommandiert worden sein, um im Nordirak gegen Mitglieder
der separatistischen kurdischen Arbeiterpartei PKK vorzugehen. Seit längerem wird
spekuliert, ob die die Türkei einen großangelegten Militärschlag gegen die schätzungsweise
4000 Rebellen vorbereitet, die sich in der nordirakischen autonomen Kurdenregion
verstecken, um von dort aus Anschläge in der Türkei vorzubereiten.
In Bagdad sind am Mittwoch ein chaldäisch-katholischer Priester und fünf jugendliche
Christen verschleppt worden. Die dem Vatikan nahe stehende Nachrichtenagentur Asia News
berichtete in Rom, die Gruppe habe ein Priesterseminar in der irakischen Hauptstadt gebucht.
Ein Vertreter des geistlichen Oberhauptes der irakischen Schiiten, des Großajatollahs Ali alSistani, ist in der Pilgerstadt Nadschaf ermordet worden. Nach Angaben des Senders Stimme
des Iraks erschossen drei Unbekannte am Mittwoch Scheich Raheem al- Hesnawi vor seinem
Haus in Nadschaf, rund 160 Kilometer südwestlich von Bagdad.
Wie der Sender weiter berichtete, wurden bei zwei zeitgleichen Autobombenanschlägen am
Mittwoch in einem Schiitenviertel im Norden Bagdads sieben Iraker getötet und 25 verletzt.
Auch angrenzende Gebäude und Fahrzeuge seien durch die Wucht der Detonationen
beschädigt worden.
7. Juni
Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Polizeiwache sind am Donnerstag im Nordirak zehn
Menschen getötet und 22 weitere verletzt worden. Unter den Verwundeten seien fünf Briten,
erklärte die Polizei. Den Angaben nach raste der Attentäter mit einem mit Sprengsätzen
beladenen Lastwagen in das Polizeipräsidium der Ortschaft Rabea, nordwestlich der Stadt
Mossul. Auch eine benachbarte Behörde sei durch die Explosion zerstört worden. Es war
zunächst unklar, warum die Briten sich in der Gegend aufhielten. Viele Briten arbeiten im
Irak bei privaten Sicherheitsfirmen.
In Mossul wurde eine Journalistin erschossen, die Angaben ihres Arbeitgebers zufolge auf der
Todesliste der örtlichen Al-Kaida-Gruppe stand. Die Leiche Sahar al-Haideris sei im Viertel
Al-Hadbaa im Nordosten der Stadt gefunden worden, teilte die unabhängige
Nachrichtenagentur Aswat al-Irak mit. Ein Agenturkollege der Mutter von drei Mädchen
wurde im Mai erschossen. Im vergangenen Monat wurden im Irak zwölf Journalisten getötet,
so viele wie in keinem anderen Monat zuvor seit dem Einmarsch der US-Truppen vor mehr
als vier Jahren.
Im Südirak wurde bei einem Angriff auf eine britische Patrouille Armeeangaben zufolge ein
Soldat getötet. Die Einheit sei mit Maschinengewehren und Panzerfäusten beschossen
worden, teilte das Militär mit. Die Patrouille war auf der Suche nach Extremisten im Bezirk
Al-Atija nordwestlich von Basra. Die Soldaten nahmen fünf Männer fest und hoben den
Angaben zufolge ein umfangreiches Waffenlager aus.
8. Juni
Bei zahlreichen Anschlägen und Überfällen im Irak sind am Freitag mindestens 63 Menschen
getötet worden. In Bakuba, 60 Kilometer nordöstlich von Bagdad, richteten Unbekannte im
Haus eines Polizeioffiziers ein Massaker an. Nach Informationen des TV-Senders Al-Arabija
töteten sie die Ehefrau und zwei Brüder des Offiziers sowie elf Wachleute. Vier Kinder des
Offiziers seien entführt worden, hieß es.
Bei der Explosion einer Autobombe vor einer schiitischen Moschee in Dakok, nahe der
nordirakischen Stadt Kirkuk, wurden mindestens 19 Besucher des Freitagsgebets getötet, wie
die Polizei mitteilte. Bei einem Anschlag auf einen Markt im Süden des Iraks starben
mindestens 15 Menschen. Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira berichtete, auf
einem Markt in der Ortschaft Al-Karna nördlich von Basra seien kurz hintereinander zwei
Sprengsätze detoniert. 30 Menschen wurden nach Angaben des Senders verletzt.
In der südirakischen Stadt Kurna wurden bei der Explosion einer Autobombe nach
Krankenhausangaben mindestens 16 Menschen in den Tod gerissen. Der Sprengsatz
detonierte in einem geparkten Kleinbus an einem Busbahnhof.
Die US-Armee tötete bei Razzien in der westlichen Anbar-Provinz nach eigenen Angaben
einen mutmaßlichen «Terroristen» und nahm zwölf Verdächtige fest.
9. Juni
Seit vielen Generationen haben die braunen Fluten von Euphrat und Tigris irakische Fischer
und ihre Familien ernährt. Doch der jahrelange Krieg, der Gewalt und Gesetzlosigkeit mit
sich bringt, bedroht jetzt auch die Fischbestände der beiden mächtigen Ströme. Mit
Handgranaten, Elektrokabeln und Gift plündern Wilderer das Wasser. Die Fischer dagegen
kommen mit leeren Netzen nach Hause. «Iraks Fische sind die Opfer dieser schrecklichen
Verbrechen», sagt Faik Salim, ein alter Fischer in Kut, rund 175 Kilometer stromabwärts der
Hauptstadt Bagdad.
US-Präsident George W. Bush hat in seinem Gespräch mit Papst Benedikt XVI. versichert,
dass die irakische Führung hart um eine Tolerierung der christlichen Minderheit im Irak ringe.
Der Papst habe seine «große Besorgnis» geschildert, dass die Christen im Irak schlecht
behandelt werden könnten, berichtete Bush am Samstag nach seinem Treffen mit dem Papst
im Vatikan.
Die irakische Regierung hat am Samstag gegen Angriffe der türkischen Artillerie auf Ziele im
Nordirak protestiert. Das Außenministerium habe dem türkischen Geschäftsträger einen
Protestbrief wegen der Angriffe in den Provinzen Erbil und Dohuk geschickt, bei denen
schwerer Schaden entstanden sei. Die Bevölkerung sei in Panik ausgebrochen. Nach Angaben
eines Sprechers der kurdischen Sicherheitskräfte im Irak griff die türkische Artillerie am
Samstagmorgen rund 45 Minuten lang Ziele an der Grenze zur Türkei an. Das türkische
Außenministerium bestätigte den Empfang des Protestbriefs, äußerte
sich aber zunächst nicht zu den Angriffen selbst.
Die türkische Armee verlangt von der Regierung grünes Licht für einen Vormarsch nach
Nordirak, um dort gegen Lager der kurdischen Rebellengruppe PKK vorgehen zu können;
bisher gibt es aber keinen Parlamentsbeschluss für eine Truppenentsendung. Regierung und
Armee hatten am Mittwochabend Berichte über einen ersten Vorstoß türkischer Truppen nach
Nordirak dementiert.
Bei verschiedenen Gewalttaten im Irak sind am Samstag mindestens 26 Menschen getötet
worden. Allein bei bei einem Selbstmordanschlag auf eine Kaserne der irakischen Armee
nahe Iskandarijah, rund 60 Kilometer südlich der irakischen Hauptstadt Bagdad, kamen zwölf
Soldaten ums Leben, wie Ärzte und Sicherheitskräfte mitteilten. Der Selbstmordattentäter sei
mit einem mit Sprengstoff präparierten Lastwagen in die Kaserne gerast. Mindestens 30
weitere Soldaten seien verletzt worden.
Im Osten der irakischen Hauptstadt starben nach Angaben von Sicherheitskräften bei der
Explosion eines Sprengsatzes fünf Insassen eines Kleinbusses. Zwölf weitere Insassen seien
verletzt worden, verlautete aus einem Krankenhaus. Die meisten von ihnen hätten schwere
Verbrennungen erlitten. In einem Schiitenviertel im Nordosten Bagdads kamen bei einem
Autobombenanschlag auf eine Polizeipatrouille zwei Menschen ums Leben. Nach
Polizeiangaben wurden sechs Polizisten und sechs Zivilisten verletzt, nach
Krankenhausangaben waren es sechs Polizisten und zwei Zivilisten. Bei Zusammenstößen
zwischen Sicherheitskräften und Bewaffneten wurde in Bagdad ein weiterer Polizist getötet.
Bei einem Angriff mit Mörsergranaten auf ein Gefängnis in dem von den US-Truppen
geführten Camp Bucca im Süden des Irak wurden nach Angaben der US-Armee sechs
Gefangene getötet und 50 weitere verletzt. Angehörige der US-Armee seien nicht verletzt
worden. In Camp Bucca sitzen 13.000 Gefangene ein. Insgesamt zählen die Gefängnisse unter
US-Aufsicht im Irak 19.000 Insassen.
10. Juni
Die US-Armee erwägt nach Presseinformationen, ihre derzeit im Irak stationierten 150.000
Soldaten ab Mitte 2008 auf ein Kontingent von etwa 50.000 zu verringern. Diese Soldaten
sollen dann für mehrere Jahre vor Ort bleiben, wie die «Washington Post» am Sonntag unter
Berufung auf ranghohe Offiziere und Militärexperten berichtete. Laut «Washington Post»
sollen die 50.000 verbleibenden Soldaten 10.000 Soldaten einschließen, die die irakischen
Sicherheitskräfte ausbilden und beraten. 10.000 weitere Armeeangehörige sollen für
Logistik und Befehlsgewalt eingesetzt werden. Hinzu kämen Sondereinsatzkräfte für den
Kampf gegen das El-Kaida-Netzwerk von Osama bin Laden im Irak.
Im Irak haben US-Truppen und irakischen Sicherheitskräfte am Wochenende zwei
Selbstmordanschläge vereitelt. Das US-Militärkommando in Bagdad teilte am Sonntag mit,
irakische Soldaten hätten am Samstag in Bakuba an einer Straßensperre zwei Männer
erschossen, die vorgehabt hätten, sich mit ihren Sprengstoffwesten dort in die Luft zu
sprengen. Ein Anschlag auf einen US-Militärstützpunkt am Sonntag, bei dem der Fahrer eines
Lastwagens einen Sprengstoffgürtel zur Explosion habe bringen wollen, sei ebenfalls in
letzter Minute verhindert worden. Der Attentäter sei verletzt worden, hieß es.
Ein gewaltiger Sprengsatz hat eine Autobahnbrücke südlich von Bagdad teilweise zum
Einsturz gebracht. Auslöser war allem Anschein nach eine Autobombe, die von einem
Selbstmordattentäter gezündet wurde, wie Sicherheitsbeamte am Sonntagabend mitteilten.
Die wichtigste Nord-Süd-Verbindung im Irak wurde damit unterbrochen. Mehrere USSoldaten sowie einen irakische Zivilperson wurden bei dem Anschlag verletzt, Einzelheiten
dazu waren vorerst nicht bekannt.
Wie die US-Armee mitteilte, wurde im Süden Bagdads am Sonntag ein amerikanischer Soldat
getötet. Einen weiteren US-Soldaten töteten Aufständische nach Armeeangaben am Samstag
in der Provinz Dijala. Gleichentags seien in der Provinz bei einem Angriff mit
Kampfhubschraubern acht Aufständische getötet worden.
Ein Attentäter riss am Sonntag acht Polizisten mit in den Tod, al er sich vor einer
Polizeiwache nördlich der Hauptstadt Bagdad in die Luft sprengte. Zudem seien etwa 50
Menschen verletzt worden, teilte die Polizei mit. Der Attentäter habe einen mit Sprengstoff
beladenen Lastwagen zur Explosion gebracht. Mehrere Gebäudeteile seien eingestürzt und
viele Polizisten unter den Trümmern verschüttet worden. Mehr als 30 Beamte seien unter den
Verletzten.
In der Nacht zu Sonntag kamen bei Gefechten zwischen US-Streitkräften und Aufständischen
in Bagdad drei Menschen ums Leben, 17 weitere wurden verletzt. Die US-Soldaten seien bei
einer Razzia im Bezirk Neu-Bagdad unter Beschuss genommen worden, teilte die Polizei mit.
11. Juni
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat sich am Montag für eine stärkere Rolle der Vereinten
Nationen im Irak ausgesprochen. Wenn es die Umstände erlaubten, erwäge er auch eine
Ausweitung der Präsenz von UN-Kräften, erklärte Ban in einem Bericht an den UNSicherheitsrat. Allerdings hätten die UN aus Sicherheitsgründen Personal aus der südlichen
Stadt Basra abziehen müssen, wo sich ein bedeutender Ölhafen befindet. Auf längere Sicht
wollten die Vereinten Nationen jedoch wieder in Basra und auch verstärkt in Erbil im Norden
mit einem Sitz präsent sein.
Die US-Armee erklärte am Sonntagabend, bei einem Treffen in Tikrit zwischen 150
sunnitischen Scheichs und Vertretern der Provinzverwaltung einschließlich dem Gouverneur
Hamud Schekti sei am vergangenen Mittwoch vereinbart worden, «Salaheddin künftig
gemeinsam gegen El Kaida und andere Terroristen zu verteidigen». Jede Aktion der
sunnitischen Gruppen soll demnach mit Zustimmung und unter Überwachung der
Polizeiverantwortlichen der Provinz erfolgen, wie Oberstleutnant Mark Edmonds, der USMilitärchef in Salaheddin mitteilte.
Ungeachtet der feindlichen Stimmung zwischen den USA und dem Sudan arbeiten die
Geheimdienste der beiden Länder einem Zeitungsbericht zufolge bei der
Informationsbeschaffung im Irak zusammen. Der US-Auslandsgeheimdienst CIA stütze sich
zunehmend auf die Erkenntnisse des sudanesischen Geheimdiensts Muchabarat aus dem
Irak, berichtete die «Los Angeles Times» am Montag unter Berufung auf USGeheimdienstkreise. Die Erkenntnisse der sudanesischen Agenten über die El Kaida und
andere Gruppen im Irak hätten sich oftmals als besser erwiesen als die Informationen aus
CIA-eigenen Quellen. Der Sudan habe im Irak inzwischen ein ganzes Netzwerk von
Informanten, die Erkenntnisse über die Aufständischen zusammentrügen. Der Wert des Sudan
für die CIA liegt dem Bericht zufolge darin, dass das Land als ein Sprungbrett für
internationale Islamisten auf dem Weg zum Kampfeinsatz im Irak dient. Der sudanesische
Geheimdienst könne in diesen Strom der Extremisten unerkannt eigene Informanten
einschleusen. Die Kontakte zur CIA hätten sich für die sudanesische Regierung inzwischen zu
einem wichtigen Kanal für die Kommunikation mit der US-Regierung entwickelt.
Ein Selbstmordattentäter hat eine Brücke über der Autobahn südlich von Bagdad zum
Einsturz gebracht und drei US-Soldaten mit in den Tod gerissen. Der Angreifer sprengte sich
nach Militärangaben am Sonntagabend bei Mahmudija in seinem Auto in die Luft. Die
gewaltige Detonation riss einen Teil der Brücke ein und zerschnitt damit eine wichtige NordSüd-Verbindung im Irak.
12. Juni
Im Irak bilden sich in diesen Tagen merkwürdige Allianzen. Die amerikanischen Truppen
verbünden sich mit den sunnitischen Stämmen, von denen einige einst maßgeblich an dem
Aufstand gegen die Besatzungsmacht USA beteiligt waren. Damit wollen sie die sunnitischen
El-Kaida-Terroristen zurückdrängen und ein Gegenwicht zu den von der Regierung teilweise
geduldeten Aktivitäten der Schiiten-Milizen bilden. Der Iran, der im Mai einen Dialog mit
den USA über die Gewalt im Irak begonnen hat, unterstützt gleichzeitig die Schiiten-Milizen,
die zum Teil die Amerikaner angreifen, sich aber gelegentlich auch gegenseitig beschießen
und sunnitische Zivilisten massakrieren.
Die einzige Gruppierung, die inzwischen weitgehend isoliert da steht, ist die Terrorgruppe El
Kaida, der nicht nur irakische Islamisten, sondern auch Fanatiker aus anderen islamischen
Staaten angehören. Nachdem die El-Kaida-Terroristen in den Jahren 2004 und 2005 in den
vorwiegend von Sunniten bewohnten Landesteilen noch zahlreiche Sympathisanten gefunden
hatten, kämpfen inzwischen sogar einige sunnitische Widerstandsgruppen gegen die selbst
ernannten «Heiligen Krieger», die mit ihren Autobomben-Anschlägen auf Zivilisten den Hass
vieler Iraker auf sich gezogen haben. «Ich glaube, dass die US-Truppen im Moment dringend
auf die Zusammenarbeit mit den Stämmen angewiesen sind», sagte der irakische Journalist
Ahmed al-Assad. Anders seien die Anschläge von El Kaida, die den Hass zwischen Sunniten
und Schiiten schürten, nicht zu stoppen.
In der westlichen Anbar-Provinz, die für die US-Truppen lange Zeit das gefährlichste Pflaster
im gesamten Irak war, arbeitet die amerikanische Militärführung seit einigen Monaten mit
dem von einigen sunnitischen Stammesführern gebildeten Rat zur Rettung von Anbar
zusammen. Der Rat erhielt Waffen und Ausrüstung für seine Kämpfer, die zum Teil dem so
genannten irakischen Widerstand nahe stehen.
Das Ergebnis: Die El-Kaida-Terroristen wurden vielerorts vertrieben und können sich in
Anbar nicht mehr sicher fühlen. Sie flohen teilweise in die Provinz Dijala, in der sowohl
Sunniten als auch Schiiten, Kurden und Turkmenen leben. Dort gibt es inzwischen auch
Bemühungen, das Anbar-Modell der Kooperation mit den Amerikanern zu kopieren. «Die
Strategie der Amerikaner geht im Moment auf, aber wer weiß, ob die von ihnen unterstützen
Gruppen diese Waffen nicht eines Tages auf die Besatzer richten werden», kommentiert ein
Beobachter in Bagdad.
Außerdem tun sich mittlerweile auch unter den Verbündeten neue Gräben auf. Der 35 Jahre
alte Führer des Stammes der Dulaim in der Anbar-Provinz, Ali Hatem Suleiman, nannte den
Vorsitzenden des Rettungskomitees, Abdul Sattar Abu Rischa, in einem am Dienstag
veröffentlichten Interview mit der irakischen Nachrichtenagentur INA einen «Verräter», der
«seine Überzeugungen, seine Religion und sein Volk für Geld verkauft». Er und elf weitere
Stammesführer wollten sich von Abu Rischa distanzieren, weil dessen Gefolgsleute in den
Schmuggel von Öl verwickelt seien und Reisende auf der Straße von Bagdad nach Jordanien
ausraubten.
Die meisten irakischen Regierungsparteien stehen der Strategie der US-Truppen skeptisch
gegenüber. Der schiitische Ministerpräsident Nuri al-Maliki betont immer wieder,
«Saddamisten» und bewaffnete Gruppen könnten nicht an der nationalen Versöhnung
teilhaben.
Aufständische im Irak haben zum dritten Mal binnen drei Tagen eine Brücke bei einem
Anschlag schwer beschädigt. Betroffen war am Dienstag wieder eine Brücke über der
wichtigsten Nord-Süd-Autobahn des Landes. Sie wurde bei dem Anschlag 60 Kilometer
südlich von Bagdad zu 60 Prozent beschädigt, war aber noch für PKW nutzbar, die einspurig
passieren konnten, wie die Behörden mitteilten.
In Bakuba, der Hauptstadt der Provinz Dijala, kam es am Dienstag zu heftigen Gefechten
zwischen irakischen und amerikanischen Soldaten auf der einen und Aufständischen auf der
anderen Seite. Dabei wurden nach Angaben von Polizei und Krankenhausmitarbeitern
drei Soldaten und 15 Rebellen getötet. Die Kämpfe hinderten Studenten in mehreren
Universitäten daran, ihre Abschlussprüfungen abzulegen, wie die Polizei mitteilte.
Die Terrorgruppe Islamischer Staat des Iraks veröffentlichte unterdessen ein Video von 14
verschleppten Mitgliedern der Sicherheitskräfte. Die Männer würden binnen 72 Stunden
getötet, sollten nicht verschiedene Forderungen erfüllt werden, hieß es auf der Aufnahme.
Unter anderem sollten alle weiblichen Gefangenen freigelassen werden.
13. Juni
Nach der Zerstörung der goldenen Kuppel der Grabmoschee von Samarra im vergangenen
Jahr haben Extremisten nun auch die beiden Minarette der Moschee in die Luft gesprengt. Die
Moschee zählt zu den wichtigsten Wallfahrtstätten der Schiiten im Irak. Politiker und
Geistliche appellierten nach dem Anschlag am Mittwoch an die Schiiten, sich nicht zu
Racheakten gegen Sunniten hinreißen zu lassen. Ministerpräsident Nuri al-Maliki verhängte
in Bagdad bis auf weiteres eine Ausgangssperre, um Gewaltakte zu verhindern. Die Partei des
radikalen Schiiten-Führers Muktada al-Sadr kündigte an, ihre Mitarbeit im Parlament aus
Protest einzustellen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und die EU zeigten sich tief besorgt.
Die Polizei in Samarra berichtete, Unbekannte hätten am Morgen Sprengsätze an den beiden
Minaretten angebracht. Die Explosion habe die Türme fast vollständig zerstört. Vor der
Explosion seien auf dem Moschee-Gelände Mörsergranaten eingeschlagen. Das Areal sei von
Einheiten der Armee und des Innenministeriums bewacht worden.
Bei einem ersten Anschlag auf die Moschee am 22. Februar 2006 war die mit Gold bedeckte
Kuppel des Bauwerks stark beschädigt worden. Der Terrorakt hatte eine Welle der Gewalt
zwischen Sunniten und Schiiten mit schon über 15 000 Toten ausgelöst. Die Grabmoschee
beherbergt die Reliquien von zwei Geistlichen aus dem 9. Jahrhundert, die von den Schiiten
als rechtmäßige Nachfolger des Propheten Mohammed angesehen werden.
Die USA machten das Terrornetzwerk El Kaida für den neuen Angriff auf die Moschee
verantwortlich. El Kaida habe die Absicht, neue Gewalt zwischen den Religionsgruppen im
Irak zu säen, sagte der Sprecher des Weißen Hauses Tony Snow in Washington. Die
Terroristen wollten, dass sich die Iraker gegenseitig bekämpften und nicht mehr El Kaida. Die
irakische Regierung und die USA wollten alles tun, damit El Kaida diesmal keinen Erfolg
damit habe.
UN-Generalsekretär Ban warnte vor Vergeltungsanschlägen. Er rief die Iraker auf, aus dem
Teufelskreis von Gewalt und Rache auszubrechen. Die deutsche Präsidentschaft der
Europäischen Union erklärte: «Offensichtliches Ziel dieses schweren Anschlags ist es, die
konfessionelle Gewalt im Irak weiter eskalieren zu lassen und ethnisch-konfessionelle Gewalt
zu schüren.» Die Täter müssten ermittelt und in einem rechtstaatlichen Verfahren zur
Verantwortung gezogen werden.
Das religiöse Oberhaupt der irakischen Schiiten, Großajatollah Ali al-Sistani, rief die
Gläubigen angesichts dieser erneuten Beschädigung des Heiligtums zur Selbstbeherrschung
auf. «Die Iraker sollen nicht denjenigen folgen, die eine Spaltung herbeiführen wollen», sagte
er einem seiner Vertrauten zufolge. In der zentralirakischen Pilgerstadt Nadschaf marschierten
nach Angaben der Nachrichtenagentur Aswat al-Irak wütende Schiiten zu Al-Sistanis Büro.
Sie gaben der Regierung und den US-Truppen die Schuld an dem Angriff auf das Heiligtum.
Der Vorsitzende der religiösen Stiftung der Sunniten in Samarra, Scheich Ahmed al-Samarai,
verurteilte den Anschlag. Der sunnitische Rat der Religionsgelehrten sprach von einem
«Terrorakt» und verlangte den Rücktritt der Regierung. Regierungschef Al-Maliki und das
Parlament forderten die Iraker auf, Ruhe zu bewahren.
Dass es im Irak überhaupt zu einer Gruppenbildung entlang konfessioneller Trennlinien
gekommen ist, lastet Henner Fürtig vom Institut für Nahost-Studien in Hamburg vor allem der
Politik der USA seit dem Sturz Saddam Husseins 2003 an. Die Entstehung nach Religion und
Volksgruppe getrennter Wohnviertel in Bagdad etwa sei früher undenkbar gewesen: `Unter
der Baath-Partei war das eine weitgehend säkulare Gesellschaftsstruktur.` Die Unterschiede
zwischen Sunniten und Schiiten sowie Arabern und Kurden seien im Zuge der Herausbildung
eines gemeinsamen Nationalgefühls im modernen Irak zwar nicht verschwunden, aber längst
von Gegensätzen etwa zwischen Arm und Reich oder Stadt und Land überlagert gewesen.
`Der grundlegende Fehler war, dass die USA nach dem Sturz Saddams nicht bei diesen neuen
Identitäten angesetzt haben`, sagt Fürtig. So sei bei der Schaffung der Übergangsregierung im
Frühjahr 2003 reflexartig zu einem ethnischen und religiösen Proporzsystem gegriffen
worden. `Das hat die Menschen quasi in ein religiöses und ethnisches Korsett gezwungen.`
Als Folge würden bis heute praktisch alle politischen Anliegen in ein entsprechendes
Vokabular verpackt. `Wenn die USA wirklich demokratisieren wollten, hätten sie im Grunde
bei den Mittelschichten ansetzen müssen`, sagt Fürtig. Dabei habe es diese im Irak mehr als in
den meisten anderen Ländern der Region gegeben. `Man hat die scheinbar leichteste Lösung
gewählt, die aber langfristig die größten Probleme aufwirft`, resümiert der Wissenschaftler.
Nach Einschätzung Steinbergs begann die Zerstörung des gemeinsamen Nationalgefühls zwar
schon unter Saddam. Dessen Regime habe sich in den 80er und 90er Jahren immer stärker
eingeigelt und dabei - vor allem nach dem Schiiten-Aufstand 1991 - zunehmend auf die
Sunniten gestützt. Diese Entwicklung sei aber `seit 2003 massiv verstärkt worden` angefangen mit der Auflösung von Armee und Sicherheitsdiensten. `Für die Sunniten war das
ein Signal, dass sie in diesem neuen Staat marginalisiert werden sollten.` Seit etwa 2005
hätten die USA aus solchen Fehlern gelernt und drängten ihre Verbündeten in allen
Volksgruppen zu Kompromissen etwa bei der Verteilung der Öleinnahmen oder bei einer
Verfassungsreform. `Es ist aber zu spät. 2005 waren die Sunniten politisch schon so stark
marginalisiert, dass die anderen Gruppen nicht mehr bereit waren, ihre Stellungsgewinne
aufzugeben`, sagt Steinberg. Als derzeit wichtigste Entwicklung bezeichnet er die
Verlagerung der Gewalt aus Bagdad in andere Gebiete. `Das verdeutlicht, dass es nicht nur
den sunnitisch-schiitischen Bürgerkrieg gibt.` So verschärfe sich im Norden der Konflikt um
die Übernahme der Stadt Kirkuk durch die Kurden, was bei Arabern und Turkmenen auf
Widerstand stoße. Im Süden dagegen zeichneten sich zunehmende Spannungen zwischen
militanten Gruppen und dem dort dominanten Obersten Rat für die Islamische Revolution ab,
bei denen es um die Machtverteilung in einer künftigen Südregion aus mehreren überwiegend
schiitischen Provinzen gehe. `Ich glaube, dass wir im kommenden Jahr relativ deutlich zwei
bis drei Teil-Konflikte sehen werden`, sagt Steinberg deshalb.
14. Juni
Nach dem Sprengstoffanschlag auf die Goldene Moschee in der irakischen Stadt Samarra hat
Regierungschef Nuri al- Maliki eine Beteiligung der Sicherheitskräfte an dem Terrorakt
eingeräumt. «Es gibt Hinweise darauf, dass diejenigen, die mit dem Schutz der Moschee
beauftragt waren, eine Rolle bei dem Anschlag gespielt haben», sagte der schiitische
Ministerpräsident am Donnerstag im staatlichen Fernsehen. Aus der irakischen Bevölkerung
kommen schon seit Jahren Klagen, dass die Sicherheitskräfte von Extremisten unterwandert
und korrupt seien.
In Bagdads Schiiten-Vorstadt Sadr-City und in den schiitischen Pilgerstädten Nadschaf und
Kerbela protestierten am Donnerstag Tausende von Irakern gegen den Terror von Samarra.
Wahrscheinlich als Racheakt nach dem Anschlag auf die Grabmoschee, die ein Heiligtum der
Schiiten ist, zündeten Fanatiker in der Nacht zum Donnerstag drei sunnitische Moscheen an,
wie die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak berichtete. Auch eine weitere schiitische Moschee
in der nordöstlich von Bagdad gelegenen Provinz Dijala war Ziel eines Anschlags. Dort
sprengten Extremisten die Kuppel des Gebäudes. In Basra seien zudem mindestens vier
sunnitische Moscheen unter Beschuss geraten. Nach Angaben von Augenzeugen wurde ein
Zivilist getötet.
Die Gruppe Islamischer Staat im Irak hat laut einem am Donnerstag auf ihrer üblichen
Webseite veröffentlichten Video 14 irakische Soldaten und Polizisten hingerichtet. Das vom
El-Kaida-Netzwerk kontrollierte Bündnis sunnitischer Gruppierungen hatte am Montag
mitgeteilt, es werde die 14 in seiner Gewalt befindlichen Geiseln töten, falls nicht innerhalb
von 72 Stunden alle sunnitischen Frauen aus den Gefängnissen im Irak freigelassen würden.
Auf dem jetzt veröffentlichten Video sind 14 Männer in Uniform mit verbundenen Augen und
hinter dem Rücken gefesselten Händen auf dem Boden knieend zu sehen. Ein Mann, der eine
Kapuze mit Augenschlitzen trägt, tötet jeden der 14 durch einen Genickschuss.
Zu den Forderungen der Gruppe gehörte auch, ihr die dem irakischen Innenministerium
unterstellten Polizisten zu übergeben, die beschuldigt werden, die Sunnitin Sabrina el
Dschanabi vergewaltigt zu haben. Ein von arabischen Fernsehsendern im Februar
ausgestrahltes Video mit entsprechenden Aussagen der Frau hatte heftige Kontroversen
ausgelöst.
Im Irak sind innerhalb der vergangenen zwei Wochen drei einheimische Agenturjournalisten
getötet worden. Wie die unabhängige Nachrichtenagentur Aswat al-Irak am Donnerstag
mitteilte, kam einer ihrer Mitarbeiter zu Wochenbeginn bei einem Bombenanschlag in der
Unruheprovinz Dijala ums Leben. Ein Zweiter wurde vergangene Woche in der nördlichen
Stadt Mossul von Aufständischen erschossen. Zudem wurde Ende Mai ein Journalist der
Nachrichtenagentur Nasar al-Radhi getötet. Der Irak gilt als weltweit gefährlichster Ort für
Journalisten. Laut der Organisation `Reporter ohne Grenzen` kamen dort seit dem USEinmarsch im Irak 2003 insgesamt 182 Medienvertreter ums Leben.
Ein Angriff mit mehreren Mörsergranaten hat am Donnerstag die streng gesicherte Grüne
Zone in Bagdad erschüttert. Augenzeugen zufolge stiegen in der Nähe des Parlaments in der
irakischen Hauptstadt weiße Rauchschwaden auf. Angaben über Opfer lagen zunächst nicht
vor. In der Grünen Zone liegen zahlreiche Regierungsgebäude sowie die britische und die US-
Botschaft. Wegen einer mehrtägigen Ausgangssperre nach einem Anschlag auf ein
schiitisches Heiligtum in der Stadt Samarra war der Großteil der Hauptstadt am Donnerstag
menschenleer.
15. Juni
Bei der Unterstützung einer Militäraktion im Irak ist am Freitag ein US-Kampfflugzeug
abgestürzt. Die US-Luftwaffe bezeichnete den Absturz der F-16 offiziell als Unfall. Über das
Schicksal des Piloten machte sie zunächst keine Angaben. Die F-16 ist das am meisten
eingesetzte Kampfflugzeug im Irak-Krieg. Die Maschine, die von einem einzelnen Piloten
geflogen wird, gilt als sehr zuverlässig. Zuletzt stürzte am 27. November vergangenen Jahres
eine F-16 ab, der Pilot kam dabei ums Leben.
Im Irak sind nach Angaben des Teheraner Außenministeriums drei iranische Diplomaten von
US-Truppen festgenommen und verhört worden. Wie die amtliche Nachrichtenagentur IRNA
am Freitag meldete, verurteilte Außenamtssprecher Mohammed Ali Hosseini den Vorgang.
Die Diplomaten seien auf dem Weg vom Irak nach Iran festgenommen worden, wo sie das
Wochenende bei ihren Familien verbringen wollten. Sie seien zunächst von irakischen
Polizisten festgenommen, später aber von US-Soldaten mehrere Stunden festgehalten und
verhört worden. Hosseini sagte, die irakischen Behörden seien über die Reisepläne der
Diplomaten informiert gewesen. US-Stellen in Bagdad wollten sich nicht zu dem Vorgang
äußern. Der irakische Regierungssprecher Ali al Dabbagh bestätigt aber im wesentlichen die
iranischen Angaben. Eine US-Militärstreife habe die Diplomaten nach einer Befragung frei
gelassen.
16. Juni 2007
Die Serie der Vergeltungsschläge schiitischer Extremisten auf sunnitische Moscheen im Irak
reißt nicht ab. Am Samstag wurde die Al-Aschra al-Mubaschra-Moschee in Basra im Süden
des Landes Ziel einer Attacke Unbekannter. Nach Angaben der «Unabhängigen
Nachrichtenagentur» (Independent Newsagency) wurde das Gebäude bei einer
Bombenexplosion stark beschädigt. Augenzeugen sagten, Bewaffnete in Polizeiuniformen
hätten das Gotteshaus in der Innenstadt in den frühen Morgenstunden angegriffen. Seit dem
Angriff auf die Goldene Moschee der Schiiten in der Stadt Samarra am Mittwoch hat es
zahlreiche Anschläge auf sunnitische Moscheen gegeben. Nach Angaben sunnitischer
Religionsgelehrter gab es seit Mittwoch mindestens 20 solcher Attacken - unter anderem in
Bagdad, Hilla, Basra und Bakuba.
Unterdessen traf US-Verteidigungsminister Robert Gates am Freitag zu einem
unangekündigten Besuch in der irakischen Haupstadt ein. Er äußerte sich dabei unzufrieden
über mangelnde Fortschritte der irakischen Führung bei der Aussöhnung der verfeindeten
Gruppen. «Ehrlich gesagt, sind wir enttäuscht», sagte Gates vor Journalisten. Eines der Ziele
seines Besuchs sei, die Regierung in Bagdad zu drängen, die Aussöhnung etwa durch
entsprechende Gesetze voranzutreiben.
Insgesamt biete das Land ein «gemischtes Bild», sagte der Pentagon-Chef weiter. Während es
in manchen Gegenden weiterhin Gewalt gebe, öffneten andernorts Freizeitparks und Märkte.
Für Gates war es der vierte Besuch im Irak seit seinem Amtsantritt im Dezember. Derweil
stürzte im Irak ein US-Kampfflugzeug vom Typ F-16 ab. Wie der Fernsehsender CNN am
Freitagabend berichtete, kam der Pilot dabei ums Leben. Die Absturzursache sei unklar. Der
Kampfjet habe Bodentruppen unterstützt, hieß es. Die US-Luftwaffe habe eine Untersuchung
eingeleitet.
17. Juni
Vier Tage nach dem Anschlag auf die Goldene Moschee in Samarra haben die irakischen
Behörden die ganztägige Ausgangssperre in Bagdad wieder aufgehoben. Sofort füllten sich
die Straßen der irakischen Hauptstadt mit Menschen, die zur Arbeit oder zum Einkaufen
gingen. US-Außenminister Robert Gates äußerte sich am Samstag bei seinem Besuch in
Bagdad optimistisch über die Wirkung der Verstärkung der US-Truppen im Irak.
Premierminister Nuri el Maliki sicherte Gates weitere Bemühungen seiner Regierung um die
Aussöhnung der Konfliktparteien zu. Bei einem Autobombenanschlag in Kirkuk kamen zwei
Sicherheitskräfte ums Leben. Mutmaßliche sunnitische Extremisten hatten am Mittwoch auf
die Mosche der schiitischen Pilgerstadt Samarra einen Sprengstoffanschlag verübt, dabei
stürzten die beiden Minarette ein. Aus Sorge, der Anschlag könnte die Gewalt zwischen den
Religionsgruppen wieder anfachen, verhängten die Behörden daraufhin in Bagdad neben der
üblichen nächtlichen eine ganztägige Ausgangssperre. Am Samstag beschlossen die irakische
Regierung und die UN-Bildungsorganisation UNESCO den Wiederaufbau des schwer
beschädigten schiitischen Heiligtums.
Gates traf am Samstag in Bagdad mit Maliki zusammen. Der US-Verteidigungsminister
äußerte sich optimistisch über die Verstärkung der US-Truppen im Irak. Die volle Wirkung
der erhöhten Soldatenzahl mache sich zwar erst jetzt bemerkbar, aber in manchen Bereichen
gebe es schon Verbesserungen bei der Sicherheitslage. Maliki habe Gates versichert, dass sich
die Regierung ernsthaft bemühe, alle Parteien in den politischen Prozess einzubinden, teilte
Malikis Büro nach dem Treffen mit.
In der nordirakischen Stadt Kirkuk kamen am Sonntag zwei Sicherheitskräfte ums Leben.
Vier Menschen seien bei dem Anschlag in der Nähe des Büros der Patriotischen Union von
Kurdistan (PUK) verletzt worden, teilte die Polizei weiter mit. Bei mehreren Einsätzen der
US-Truppen im Irak wurden nach US-Militärangaben vom Sonntag zehn mutmaßliche
Aufständische getötet und drei festgenommen. Der radikale Schiitenführer el Sadr rief die
Iraker zu einem Marsch auf Samarra auf. Mit der Demonstration sollten sie am 5. Juli gegen
den Anschlag auf die Goldene Moschee protestieren, erklärte er. Gleichzeitig griff er
Großayatollah Ali Sistani, das Oberhaupt der irakischen Schiiten, an. Die Mitglieder der
schiitischen Gemeinschaft - und insbesondere Sistani - schwiegen zu allen Missetaten der
USA, Großbritanniens und Israels gegen Schiiten, kritisierte Sadr.
In Bagdad ist Zeitungsmitarbeitern zufolge die Leiche eines entführten irakischen Journalisten
gefunden worden. Sie sei neben einer Moschee im schiitischen Stadtteil Sadr City entdeckt
worden, sagte am Sonntag ein Mitarbeiter der Zeitung `Al-Sabah`, dessen Herausgeber der
Tote war. Dem Anschein nach sei der Mann am Donnerstag getötet worden - einen Tag nach
seiner Entführung.
18. Juni
Britische Soldaten haben am Montag im Osten des Iraks bis zu 36 mutmaßliche schiitische
Milizionäre getötet, die Waffen und Sprengstoff aus dem Iran ins Land gebracht haben sollen.
Ein Arzt in der 320 Kilometer südöstlich von Bagdad gelegenen Stadt Amara sagte, 36
Leichen seien in das Allgemeine Krankenhaus gebracht worden. Es sei aber unklar, ob es sich
bei den Toten ausschließlich um Milizionäre handele oder ob auch Zivilisten darunter seien.
Mehr als 100 Menschen seien bei den Kämpfen in Amara und Madschar al-Kebir nahe der
iranischen Grenze verletzt worden, hieß es. Auf britischer Seite habe es keine Opfer gegeben.
Das Militärkommando der multinationalen Truppen in Bagdad meldete, die Soldaten hätten
20 «Terroristen» getötet. Sechs Verdächtige seien verletzt worden. Nur ein mutmaßlicher
Terrorist sei gefangen genommen worden. Die Soldaten hätten den Kampf mit Hilfe der
Luftwaffe für sich entscheiden können. «Die Terroristen haben heute Morgen festgestellt,
dass es für sie keinen sicheren Ort gibt», erklärte ein Militärsprecher. Die Nachrichtenagentur
Aswat al-Irak berichtete unter Berufung auf einen irakischen Armeesprecher, in der nördlich
von Bagdad gelegenen Provinz Dijala werde bald eine große Militäroperation gegen
Terroristen beginnen. Vor allem Angehörige der Terrororganisation Islamischer Staat im Irak
waren in den vergangenen vier Monaten aus anderen Landesteilen geflüchtet und in Dijala
untergetaucht. Der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki erklärte derweil, er werde nicht
zulassen, dass die US-Truppen Waffen an die Stammesführer verteilen. Die regierungsnahe
Zeitung «Al-Sabah» berichtete, der schiitische Ministerpräsident habe bei einem Treffen mit
Journalisten erklärt: «Die Regierung wird nicht zulassen, dass irgendjemand an irgendjemand
anderen Waffen liefert.» Die US-Armee hatte zuerst in der Anbar-Provinz sunnitische
Stämme unterstützt, die gegen die Terroristen der El Kaida kämpfen. Über ähnliche
Abmachungen wird auch in anderen Unruheprovinzen verhandelt. Die Zeitung meldete
außerdem, in der südirakischen Stadt Basra seien 350 Soldaten aus der Armee entlassen
worden, weil sie an Angriffen auf sunnitische Moscheen beteiligt gewesen sein sollen.
Südlich von Bagdad starben am Montag neun Menschen, als in einer Warteschlange vor einer
Tankstelle zwei ferngezündete Autobomben explodieren. Nach Polizeiangaben wurden bei
der Explosion in der Nähe von Mahmudija 25 weitere Menschen verletzt.
In der westlichen Stadt Falludscha kamen bei drei Explosionen insgesamt drei Menschen ums
Leben, wie die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak berichtete. Die US-Armee teilte mit, zwei
amerikanische Soldaten seien am vergangenen Samstag durch einen Sprengstoffangriff in
Bagdad getötet worden. Die sunnitische Vereinigung der Muslimschüler meldete am Montag
die Zerstörung einer Moschee in der Bakuba durch Beschuss eines US- Panzers am Vortag.
Dabei seien fünf Iraker getötet worden.
19. Juni
Bei einem verheerenden Selbstmordanschlag sind am Dienstag nahe einer schiitischen
Moschee in Bagdad mindestens 72 Menschen getötet worden. Weitere 130 Personen hätten
Verletzungen erlitten, bestätigte das Innenministerium in der irakischen Hauptstadt.
Unterdessen begann im Norden von Bagdad eine neue groß angelegte US-Offensive. 10.000
amerikanische und irakische Soldaten gehen in der Provinz Dijala gegen Stützpunkte und
Verstecke des Terrornetzwerks El Kaida im Irak vor. In den ersten Stunden wurden dabei 22
mutmaßliche Aufständische getötet. nach Angaben des Innenministeriums jagte der Attentäter
seinen mit Sprengstoff beladenen Lastwagen nahe der schiitischen Moschee im
Geschäftsviertel Chilani in die Luft. Durch die gewaltige Detonation stürzte ein Teil der
äußeren Mauer des Gotteshauses ein. Zu dem hohen Blutzoll kam es aber vor allem, weil sich
der Terroranschlag in nächster Nähe zu einem belebten Markt ereignete. Das Viertel selbst
gilt als konfessionell gemischt. Zunächst war nicht klar, ob der Anschlag gezielt gegen die
schiitische Moschee gerichtet war oder ob der Attentäter den Markt - und damit eine
maximale Opferzahl - im Visier hatte. Rund 10 000 amerikanische und irakische Truppen
rückten mit Panzern und Kampfhubschraubern in Bakuba, der Hauptstadt der Provinz Dijala,
ein. 22 mutmaßliche Aufständische wurden in den ersten Stunden der Militäroperation
«Arrowhead Ripper» (Pfeilspitze) in der Umgebung der 60 Kilometer nördlich von Bagdad
gelegenen Stadt getötet, wie das US-Militärkommando in Bagdad mitteilte. Aber auch die
irakischen Verbände hatten Verluste.
Bei einem Angriff auf einen Militärkonvoi in Chalis, 62 Kilometer östlich von Bagdad, seien
6 Soldaten getötet und 16 verletzt worden, bestätigten irakische Militärquellen. Ziel der groß
angelegten Operation sei es, «den Einfluss von El Kaida in der Provinz zu brechen und die
Bedrohung der Bevölkerung durch El Kaida im Irak zu beenden», erklärte General Mick
Bednarek, der Vize-Kommandeur der an der Operation beteiligten 25. US-Infanteriedivision.
Die Provinz Dijala war zu einer Hochburg von Aufständischen und El-Kaida-Kämpfern im
Irak geworden, seit die Amerikaner ihre Truppen vor mehreren Monaten in der Hauptstadt
Bagdad zusammengezogen hatten. Die Verstärkung der US-Militärpräsenz in Bagdad sollte
die Sicherheitslage dort erheblich verbessern, brachte aber bislang eher mäßige Ergebnisse.
Der Irak-Krieg ließ inzwischen die Zahl der Flüchtlinge weltweit zum ersten Mal seit fünf
Jahren wieder deutlich steigen. Wie das UN- Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR)
am Dienstag in seinem in Genf veröffentlichten Jahrresbericht festhielt, hatte die Zunahme
gegenüber 2005 rund 14 Prozent betragen. Der Großteil dieses Anstiegs ging auf das Konto
der Gewalt im Irak, vor der 2006 rund 1,5 Millionen Bewohner aus dem Land geflohen
waren. Die meisten von ihnen gingen nach Syrien oder Jordanien.
Bei einem der schärfsten Angriffe seit Wochen haben Extremisten knapp ein Dutzend
Granaten auf das streng gesicherte Regierungsviertel von Bagdad abgefeuert. Ob es bei der
Attacke am Dienstag Opfer gab, war zunächst unklar. Reuters-Reporter berichteten von
etlichen Rauchfahnen, die am Westufer des Tigris aufstiegen. Die so genannte Grüne Zone, in
der sich neben Regierungsgebäuden und die US-Botschaft befindet, ist bereits mehrfach zum
Ziel extremistischer Angriffe geworden.
20. Juni
US-Soldaten und irakische Armeeverbände haben am Mittwoch ihre Offensive nördlich von
Bagdad den zweiten Tag in Folge fortgesetzt. Allein am Vortag seien 30 mutmaßliche ElKaida-Kämpfer getötet sowie 14 Sprengsätze und zwei Waffenlager entdeckt worden, teilte
das US-Militärkommando in Bagdad mit. Ein drittes Waffen- und Munitionslager der
Aufständischen sei durch einen Präzisionsschlag aus der Luft zerstört worden. An der
Operation «Pfeilspitze» sind in der nördlich von Bagdad gelegenen Provinz Dijala rund 10
000 amerikanische und irakische Soldaten beteiligt. Die Provinz gilt als eine Hochburg des
Terrornetzes El Kaida im Irak, seitdem das US-Militär seit Jahresbeginn seine Kräfte auf die
Hauptstadt konzentriert und andere Landesteile vernachlässigt hatte. In Bagdad wurden
indessen die Opfer eines verheerenden Selbstmordanschlags vom Vortag beigesetzt. Der
Attentäter hatte sich mit einem Lastwagen vor einer schiitischen Moschee im Zentrum der
irakischen Hauptstadt in die Luft gesprengt. Mindestens 78 Menschen waren dabei nach
Polizeiangaben vom Mittwoch gestorben, 224 verletzt worden. Der irakische
Ministerpräsident Nuri al-Maliki bezeichnete die Bluttat in einer schriftlichen Erklärung als
«weiteren Beweis dafür, dass Terroristen und Saddam-Anhänger darauf beharren, die
Flammen des konfessionellen Zwists zu schüren und alle Werte und Heiligtümer zu
entehren».
Unbekannte Bewaffnete sprengten am Mittwoch im Süden von Bagdad drei sunnitische
Moscheen in die Luft. Personen kamen dabei allerdings nicht zu Schaden, berichtete die
Nachrichtenagentur Aswat al-Irak unter Berufung auf die Polizei.
Irakische und US-Soldaten haben 24 Kinder aus einem Waisenhaus des Schreckens in Bagdad
gerettet. Wie das US- Militärkommando in der irakischen Hauptstadt erst am Mittwoch
mitteilte, empfingen die Soldaten vor zehn Tagen bei der Durchsuchung des Waisenhauses
unbeschreibliche Bilder des Elends und Schreckens. 24 Jungen im Alter zwischen 3 und 15
Jahren vegetierten nackt und unterernährt, zum Teil an ihre Betten gefesselt, in dunklen,
fensterlosen Räumen. Als sie aus ihrer verliesartigen Unterkunft befreit wurden, konnten viele
von ihnen nicht einmal mehr auf ihren Beinen stehen. In Nebenräumen fand das Militär
genügend Lebensmittel und Kleider, mit denen die Jungen hätten versorgt werden können.
Die Kinder seien in ein anderes, besser geführtes Waisenhaus gebracht worden, hieß es in der
Mitteilung. Die Gründe für ihre Vernachlässigung durch das Personal, das bei der
Durchsuchung anwesend war, würden noch untersucht.
21. Juni
Die völlig verwahrlosten 24 Waisenkinder aus einem öffentlichen Kinderheim der irakischen
Hauptstadt Bagdad sind in ein anderes Kinderheim gebracht worden. Die zum Teil bis aufs
Skelett abgemagerten Jungen im Alter zwischen drei und 15 Jahren würden nun im Bagdader
Dar-el-Hanan-Waisenhaus betreut, berichtete ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP am
Donnerstag. Dort bekamen sie Kleider und Betten. US-Soldaten hatten die Jungen entdeckt
und sie wegen ihres apathischen Zustands zunächst für tot gehalten. Die Jungen mussten in
einen dunklen Raum ohne Fenster dahinvegetieren, wie ein Armeesprecher berichtete.
Ein Selbstmordattentäter hat sich am Donnerstag mit seinem Tanklastwagen vor dem Rathaus
der nordirakischen Stadt Suleiman Beg in die Luft gesprengt. Dabei riss er mindestens 16
Menschen mit in den Tod, 68 wurden verletzt, wie die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak
unter Berufung auf die irakische Armee bestätigte. Die Ortschaft liegt in der zwischen
Kurden, sunnitischen Arabern und Turkmenen umstrittenen, erdölreichen Region Kirkuk, 90
Kilometer südlich der gleichnamigen Provinzhauptstadt. Das US-Militär setzte indessen den
dritten Tag in Folge seine Offensive im Norden von Bagdad fort. Dabei geht es gegen
Stellungen und Verstecke von Aufständischen und El-Kaida-Kämpfern in der Provinz Dijala
und deren Hauptstadt Bakuba, 60 Kilometer nördlich von Bagdad, vor. Eine so genannte
Präzisionsbombe verfehlte dabei ihr Ziel, ein Waffenlager der Rebellen in Bakuba, und traf
ein Wohnhaus. Elf Zivilisten seien verletzt worden, teilte das US-Militärkommando in
Bagdad mit. Bei einem Mörserangriff auf eine südliche Vorstadt von Bakuba töteten die
Aufständischen mindestens 3 Zivilisten und verletzten 15 weitere, bestätigten irakische
Polizeiquellen. Außerdem sprengten die sunnitischen Rebellen eine schiitische Moschee in ie
Luft. In den ersten beiden Tagen der Offensive seien 41 feindliche Kämpfer getötet, 5
Waffenlager ausgehoben, 25 Sprengsätze entdeckt und 5 mit Sprengfallen versehene Häuser
zerstört worden, gab das US- Militär weiter bekannt. An der Offensive sind rund 10000
amerikanische und irakische Soldaten beteiligt. Die Provinz Dijala wurde zum Rückzugsraum
für Aufständische und mutmaßliche Terroristen, seitdem das US-Militär zu Jahresbeginn
seine Kräfte auf die Hauptstadt Bagdad konzentrierte und deshalb andere Landesteile
vernachlässigen musste. Starke Verluste erlitt die US-Armee in den letzten Tagen in Bagdad
und der Provinz Anbar. Insgesamt kamen dort 14 US-Soldaten seit Dienstag nach Angaben
des US-Militärs bei Anschlägen und Kämpfen ums Leben, fünf weitere wurden verwundet.
22. Juni
Das US-Militär hat am Freitag seine Großoffensive in der zentralirakischen Provinz Dijala
den vierten Tag in Folge fortgesetzt und mit einem Hubschrauber-Einsatz 17 Aufständische
getötet. Gleichzeitig wurden bei einem Selbstmordanschlag in der westirakischen Provinz
Anbar bis zu 20 Polizisten getötet. Zu dem Hubschrauber-Einsatz kam es, nachdem USSoldaten in der Nähe von Chalis, 62 Kilometer östlich von Bagdad, einen verdächtigen
Kleinbus beobachtet hatten, der einen Kontrollpunkt der irakischen Polizei zu umfahren
trachtete. Die von den Helikoptern abgefeuerten Raketen zerstörten das Fahrzeug völlig, gab
das US-Militärkommando in Bagdad bekannt. Die getöteten Männer sollen nach diesen
Angaben dem Terrornetzwerk El Kaida im Irak angehört haben. Die auf mehrere Wochen
angelegte Offensive mit rund 10 000 amerikanischen und irakischen Soldaten soll die ElKaida-Zellen in Dijala eliminieren. In der ethnisch und konfessionell gemischten Provinz
konnten sunnitische Aufständische und Extremisten neue Hochburgen errichten, seitdem das
US-Militär im Februar seine Kräfte auf die Hauptstadt Bagdad konzentriert und andere
Landesteile vernachlässigt hat. Bei verschiedenen Aktionen im gesamten Irak tötete das USMilitär am Freitag zwei weitere Aufständische und nahm 37 fest. In der Provinz Anbar
richtete ein Selbstmordattentäter ein Blutbad an. Nach Augenzeugenberichten sollen bis zu 20
Polizisten getötet worden sein, als sich der Extremist mit seinem Fahrzeug vor der
Polizeiwache von Bagdadi, 180 Kilometer westlich von Bagdad, in die Luft sprengte. Weitere
10 Beamte hätten Verletzungen erlitten, berichtete die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak.
Anbar, in früheren Zeiten eine Hochburg sunnitischer Aufständischer und El-Kaida-Kämpfer,
galt zuletzt als eher ruhig. Dort hatten sich die ortsansässigen Rebellen offen gegen die
fundamentalistischen Gotteskämpfer der El Kaida gewandt.
23. Juni
Die regionalen Führer des Terrornetzwerks El Kaida in der zentralirakischen Provinz Dijala
haben angesichts einer Offensive amerikanischer Truppen das Weite gesucht. Rund 80
Prozent der Mitglieder der Führungsebene der El Kaida seien inzwischen - am fünften Tag
der Offensive - längst entkommen, teilte der US- Korpskommandant im Irak, General Ray
Odierno, in der Nacht zum Samstag in einer Videokonferenz mit. «Sie wussten, dass diese
Operation kommen würde, sie sahen sich die Nachrichten an, sie wussten, dass wir eine
Razzia machen würden», sagte Odierno.
Bei Bombenanschlägen auf ihre Patrouillen und Fahrzeuge starben indes allein am Samstag
sieben US-Soldaten im Irak. Rund 10000 amerikanische und irakische Soldaten gehen seit
Dienstag in der nördlich von Bagdad gelegenen Provinz gegen Aufständische und El-KaidaZellen vor. In der ethnisch und konfessionell gemischten Region konnten sunnitische
Aufständische und Extremisten neue Hochburgen bilden, nachdem das US-Militär im Februar
seine Kräfte auf die Hauptstadt Bagdad konzentriert und andere Landesteile vernachlässigt
hatte. Irakische Medien berichteten am Samstag von erbittertem Widerstand der El-KaidaKämpfer in der Provinzhauptstadt Bakuba (60 Kilometer nördlich von Bagdad). Beim
Vorrücken im Stadtbezirk Chatun stieß das US-Militär am Vortag auf eine Folterkammer.
Messer, Sägen und Blutflecken kündeten von grausigen Foltermethoden der El Kaida. In
einem nahe gelegenen Haus fanden die US-Soldaten 45 mit Sprengstoff gefüllte
Metallbehälter, Material zur Herstellung von Bomben und mehrere Computer.
Bei einem Kampfeinsatz im Nordwesten von Bagdad starben am Samstag vier US- Soldaten,
als ihr Fahrzeug auf eine von den Aufständischen ausgelegte Mine fuhr, teilte das USMilitärkommando in der irakischen Hauptstadt mit. Zwei US-Soldaten wurden am selben Tag
in Bagdad und einer in Tikrit (180 Kilometer nördlich von Bagdad) bei ähnlichen Anschlägen
getötet. In Basra starb in der Nacht zum Samstag ein britischer Soldat an den Verletzungen,
die er am Vortag bei einem Bombenanschlag auf seine Patrouille erlitten hatte. Unbekannte
Bewaffnete, die als Polizisten getarnt einen vorgetäuschten Kontrollpunkt errichtet hatten,
töteten in der südirakischen Provinz Kerbela sechs Zivilisten.
24. Juni
Im Prozess um den Völkermord an den Kurden während des Saddam-Regimes hat ein
irakisches Sondergericht am Sonntag einen der Hauptangeklagten zum Tode verurteilt. Die
Richter verhängten die Höchststrafe gegen Ex-Verteidigungsminister Sultan Haschim. Nach
Angaben des arabischen Fernsehsender Al-Dschasira wurden zwei weitere Angeklagte zu
lebenslanger Haft verurteilt, ein Angeklagter wurde freigesprochen. Zwei weiteren
Angeklagten droht ebenfalls der Tod durch den Strang, darunter dem als «Chemie-Ali»
berüchtigten Cousin von Ex-Machthaber Saddam Hussein, Ali Hassan al- Madschid. Die
Urteile sind noch nicht rechtskräftig und müssen noch von einer Berufungskammer bestätigt
werden. Bei der so genannten «Anfal»- Kampagne gegen die Kurden waren von Saddams
Truppen und Geheimdiensten Ende der 80er-Jahre Hundertausende irakische Kurden getötet
und vertrieben worden. Der ursprüngliche Hauptangeklagte war Saddam Hussein selbst. Das
Verfahren gegen ihn wurde aber eingestellt, nachdem er auf Grund des Urteils in einem
anderen Prozess am 30. Dezember des Vorjahrs hingerichtet worden war.
25. Juni
Eine Reihe von Selbstmordanschlägen hat am Montag im Irak mindestens 32 Menschen das
Leben gekostet. Der folgenschwerste Anschlag ereignete sich in einem Hotel in Bagdad, wo
sich trotz zahlreicher Sicherheitsvorkehrungen ein Selbstmordattentäter in die Luft sprengte
und mindestens zwölf Menschen tötete. 21 weitere Menschen wurden nach Polizeiangaben
verletzt. Der Mann betrat gegen Mittag mit einem Sprengstoffgürtel die Lobby des MansourHotels und zündete seine Bombe vor der Rezeption. In dem Hotel am Ufer des Tigris sind
unter anderen die chinesische Botschaft und Mitarbeiter von Medienorganisationen
untergebracht. Auch Mitglieder des irakischen Parlaments wohnen dort. Ein Hotelangestellter
erklärte, in und vor dem Gebäude gebe es insgesamt drei Kontrollposten. Bei allen Opfern
handele es sich um Iraker, zumeist Beschäftigte des Hotels. Unter den Toten ist nach
Polizeiangaben auch der frühere Gouverneur der Provinz Anbar, Fassal al Guud, der als ein
Führer des Rettungsrats von Anbar mit irakischen und US-Stellen gegen den Einfluss von Al
Kaida in der Provinz kämpfte. Auch der Dichter Rahim al Maliki zählt nach Informationen
einer Regierungsorganisation zu den Opfern. In Beidschi 250 Kilometer nördlich der
irakischen Hauptstadt griff ein Selbstmordattentäter ein Polizeirevier an. Die Explosion seines
Lastwagens riss mindestens ebenfalls neun Menschen in den Tod, es gab laut Polizei
mindestens 21 Verletzte. Nach US-Militärangaben waren unter den Verletzten auch fünf USSoldaten. In Hilla südlich von Bagdad sprengte ein Attentäter sein mit Sprengstoff beladenes
Fahrzeug an einem Kontrollpunkt in der Nähe der Provinzverwaltung in die Luft, wie die
Polizei mitteilte. Mindestens acht Menschen kamen ums Leben, 31 wurden verletzt. Ein
weiteres Anschlagsziel am Morgen war ein irakisch-amerikanischer Kontrollpunkt in der
Nähe von Beidschi, bei dem zwei irakische Soldaten getötet wurden. Drei weitere erlitten
Verletzungen. Eine fünfte Bombe detonierte in einem Auto im Stadtzentrum von Mossul im
Norden Iraks. Dabei wurde nach Polizeiangaben ein Mensch getötet, 20 wurden verletzt. Bei
Granateneinschlägen im Bagdader Bezirk Fadhil wurden laut Polizei zwei Zivilpersonen
getötet und drei verletzt.
26. Juni
Gegen den irakischen Kulturminister Assad Kamal al- Haschemi ist Haftbefehl wegen des
Verdachts der Anstiftung zum Mord erlassen worden. Der sunnitische Politiker werde wegen
«terroristischer Akivitäten» gesucht, berichtete der arabische Fernsehsender Al-Dschasira am
Dienstag. Al-Haschemi soll vor mehr als zwei Jahren, als er noch als einflussreicher
Geistlicher tätig war, zum Mord am Politiker Mithal al-Alusi angestiftet haben. Bei dem von
maskierten Bewaffneten verübten Anschlag im Februar 2005 auf den Konvoi des Politikers
waren dessen beiden Söhne getötet worden. Al- Alusi selbst blieb unversehrt. Die Polizei
durchsuchte am Dienstag das Anwesen Al-Haschemis in Bagdad durch und nahm sechs seiner
Leibwächter fest. Sie sollen damals den Anschlag ausgeführt haben, berichtete die
Nachrichtenagentur Aswat al-Irak. Al-Haschemi war bei der Razzia nicht anwesend. Er
gehört der sunnitischen Irakischen Islam-Partei (IIP) an, die 44 Mandate im 275 Sitze
umfassenden Parlament hat. Al-Alusi ist der einzige Abgeordnete der von ihm gegründeten
Liste Irakische Nation. In Deutschland war er im August 2002 aufgefallen, als er zusammen
mit anderen Exil-Irakern die irakische Botschaft in Berlin besetzte. Dabei hatten die
Oppositionellen den damaligen Geschäftsträger und einen weiteren Angestellten gefesselt und
fünf Stunden lang festgehalten. Mit der Aktion wollten sie auf die damals noch bestehende
Diktatur von Saddam Hussein aufmerksam machen. In Bagdad erschossen unterdessen
Unbekannte einen schiitischen Stammesscheich aus dem Südirak in seinem Wagen. Dem
Anschlag fiel auch einer seiner Begleiter zum Opfer, meldete Aswat al-Irak. Am Vortag
waren bei einem Selbstmordanschlag in einem Bagdader Hotel sechs sunnitische
Stammesführer ums Leben gekommen. Sie hatten an einer Konferenz von Clanchefs aus der
westlichen Provinz Anbar teilgenommen, die mit dem US-Militär und der schiitischkurdischen Regierung zusammenarbeiten. Insgesamt waren bei dem Anschlag zwölf
Menschen gestorben, unter ihnen ein bekannter Fernseh-Moderator und Dichter. Bei einem
Kampfeinsatz in Bagdad wurde am Montag ein US-Soldat durch einen Sprengsatz getötet,
wie das US-Militär am Dienstag mitteilte. Damit starben am Montag insgesamt zwei GIs bei
Einsätzen.
27. Juni
Bei zwei Anschlägen im Irak sind nach Berichten von Polizei und Augenzeugen am Mittwoch
mindestens zehn Menschen getötet worden. Im Samarra, 100 Kilometer nördlich von Bagdad,
kamen fünf Polizisten bei der Explosion einer Bombe ums Leben. Zwei Zivilisten seien
anschließend im Feuer der Sicherheitskräfte zu Tode gekommen, teilte die Polizei mit. Im
Norden Bagdads gab es einem Augenzeugen zufolge drei Tote, als in der Nähe eines
Marktplatzes eine Bombe explodierte. Die Polizei sprach dagegen von zehn Verletzten nach
einer Detonation im Bezirk Suleich.
14 Mitglieder des Terrornetzwerks El Kaida im Irak sind im Norden des Landes getötet
worden, als sie in ihrem Versteck einen Tanklaster für einen Anschlag mit Sprengstoff
präparierten und die Ladung vorzeitig explodierte. Der Vorfall ereignete sich in der Nacht
zum Mittwoch in einem Dorf bei Scharkat, 250 Kilometer nördlich von Bagdad, wie die
Polizei in der Provinzhauptstadt Tikrit mitteilte. Den eintreffenden Sicherheitskräften bot sich
in der Terroristen-Werkstatt ein Bild der Verwüstung. Bewohner umliegender Gehöfte seien
bereits dabei gewesen, die in der Umgebung weit verstreuten Leichenteile einzusammeln,
hieß es. Bei einem Bombenanschlag auf eine irakische Polizeistreife wurden am Mittwoch in
Bagdad drei Menschen getötet und zehn weitere verletzt, berichtete die Nachrichtenagentur
Aswat al-Irak. In der Schiiten-Vorstadt Sadr-City töteten US-Soldaten bei einer Schießerei
vier Zivilisten, meldete die selbe Agentur unter Berufung auf Augenzeugen. Am Vortag
bombardierten britische Tornado-Jagdflugzeuge eine Stellung der Aufständischen in Salman
Pak, 30 Kilometer südlich von Bagdad. Dabei seien sechs mutmaßliche Rebellen getötet
worden, teilte das US-Militärkommando in Bagdad in der Nacht zum Mittwoch mit. In der
irakischen Hauptstadt wurde am Vortag der Verwaltungsdirektor der Bagdader Universität
ermordet. Nehad al-Rawi sei von unbekannten Bewaffneten auf dem Heimweg von der Arbeit
erschossen worden, berichtete Aswat al-Irak. Ein weiterer Mordanschlag galt am selben Tag
dem Journalisten Hamed Sarhan. Auch er wurde auf dem Heimweg von der Arbeit
erschossen, bestätigte die irakische Journalisten-Gewerkschaft am Mittwoch.
28. Juni
Die irakische Polizei hat am Donnerstag 20 enthauptete Leichen entdeckt. Die Toten wurden
bei Salman Pak, 30 Kilometer südöstlich von Bagdad, am Ufer des Tigris gefunden. Sie
waren in Zivilkleidung und hatten keine Ausweise bei sich, berichtete die Nachrichtenagentur
Aswat al-Irak. Die Hände waren auf dem Rücken gefesselt. Der Hintergrund des Massakers
war zunächst unklar. Bei einem Anschlag auf einen Kleinbus- und Sammeltaxistand im
südlichen Bagdader Stadtteil Bayaa wurden am selben Tag mindestens 30 Menschen getötet.
50 weitere wurden verletzt, bestätigte ein Polizeisprecher in der irakischen Hauptstadt. Die
Autobombe explodierte während der morgendlichen Hauptverkehrszeit, als der TaxiTreffpunkt besonders belebt war. Bayaa ist ein mehrheitlich von Schiiten bewohnter Stadtteil.
Bereits in der Nacht zuvor war ein anderer schiitischer Stadtteil von Bagdad Schauplatz eines
Anschlags. In Kadhimija starben bei einem Bombenanschlag in der Nähe des Schreins des
Imams Mussa al-Kadhim 10 Menschen. 15 Iraker wurden bei diesem Anschlag im Norden on
Bagdad verletzt, meldete Aswat al-Irak. Drei britische Soldaten wurden in der Nacht zum
Donnerstag in der südirakischen Stadt Basra getötet, als ein Sprengsatz neben ihrem Fahrzeug
explodierte. Ein weiterer Soldat erlitt bei dem Anschlag Verletzungen, bestätigte ein Sprecher
der britischen Truppen in Basra. Das angegriffene Fahrzeug war Teil eines
Nachschubkonvois.
Bei zwei Bombenanschlägen sind in Bagdad sechs US- Soldaten ums Leben gekommen. Fünf
Amerikaner wurden am Donnerstag im Süden von Bagdad getötet und sieben weitere verletzt,
als bei einem Kampfeinsatz in ihrer Nähe ein massiver Sprengsatz explodierte, wie das USMilitärkommando in der irakischen Hauptstadt am Freitag mitteilte. Anschließend hätten
Aufständische den amerikanischen Trupp außerdem noch mit Panzerfäusten und Gewehren
angegriffen. Bei einem weiteren, ähnlichen Bombenanschlag am selben Tag wurde im Osten
von Bagdad ein US-Soldat getötet und ein weiterer verletzt. In der westirakischen Stadt
Falludscha tötete das US-Militär nach eigenen Angaben drei Rebellen. Den ersten von ihnen
erschossen US- Soldaten, als sich dieser bei einer Durchsuchung mit einer Handgranate
zeigte. Die beiden anderen wurden den Angaben zufolge bei der Verfolgung weiterer
Aufständischer getötet. Darüber hinaus habe das US-Militär bei der Aktion in der Stadt 70
Kilometer westlich von Bagdad 16 weitere verdächtige Männer festgenommen. Unbekannte
sprengten in der Nacht zum Freitag eine sunnitische Moschee in Muktadija, 110 Kilometer
nordöstlich von Bagdad, in die Luft. Das Gotteshaus stürzte komplett ein, Tote oder Verletzte
gab es aber dabei nicht, bestätigte die Polizei in der Provinzhauptstadt Bakuba. Am 13. Juni
hatten Extremisten die beiden Minarette der Goldenen Moschee in Samarra gesprengt. Der
den Schiiten heilige Schrein war bereits am 22. Februar des Vorjahrs bei einem
Bombenanschlag schwer beschädigt worden.
29. Juni
Der wichtigste sunnitische Block im irakischen Parlament hat seine Mitarbeit in der
Regierung ausgesetzt. Die Einheitsfront rief ihre sechs Minister am Freitag dazu auf, die
Regierung wegen eines Haftbefehls gegen einen von ihnen, Kulturminister Assaad Kamal el
Haschemi, zu boykottieren, wie Parteimitglied Omar Abdel Sattar Mahmud in Bagdad
erklärte. Demnach verurteilt die Einheitsfront, die über 44 der 275 Sitze im Parlament verfügt,
den Haftbefehl als unrechtmäßig. Sie fordert eine Fortsetzung der Ermittlungen in dem Fall,
eine Rehabilitierung des Ministers und eine Bestrafung der Sicherheitskräfte. Ein irakisches
Gericht beschuldigte Haschemi kürzlich terroristischer Aktivitäten. Anlass für den Haftbefehl
war nach Angaben des Parlamentariers Mithal Allussi ein Attentat auf den Minister, bei dem
zwei seiner Söhne ums Leben kamen. Sein Wagen sei im Februar 2005 in Bagdad von
bewaffneten Angreifern beschossen worden, hatte Allussi am Dienstag gesagt. Nach ihrer
Festnahme hätten zwei der Attentäter ausgesagt, im Auftrag des heutigen Ministers gehandelt
zu haben. Nach Angaben der Parlamentsfraktion, der Haschemi angehört, nahmen
Sicherheitskräfte 42 Wachleute in Abwesenheit des Ministers an dessen Haus fest. Laut
Allussi versteckte sich Haschemi bei einem irakischen Funktionär in der stark gesicherten
«Grünen Zone».
30. Juni
Irakische und US-Truppen haben im Irak nach eigenen Angaben 26 Aufständische mit
mutmaßlichen Verbindungen in den Iran getötet. 17 weitere Rebellen seien bei zwei
Einsätzen am frühen Samstagmorgen in dem Bagdader Schiitenviertel Sadr City
festgenommen worden, teilte die US-Armee mit. Die Aufständischen hätten Kontakte zu
«iranischen Terrornetzwerken», hieß es in der Erklärung weiter. Die irakischen und USTruppen gehen in jüngster Zeit verstärkt gegen Extremisten in dem nordöstlichen Stadtteil der
irakischen Hauptstadt vor. Aufständische in Sadr City schmuggeln nach US-Angaben Waffen
aus dem Iran in den Irak und werden in Lagern im Nachbarland ausgebildet.
Das US-Militär hat am Samstag bei zwei Razzien in der Bagdader Schiiten-Vorstadt SadrCity nach eigenen Angaben 26 Terrorverdächtige getötet. Bewohner der betroffenen Viertel
und irakische Regierungskreise sprachen hingegen von mehreren zivilen Opfern. Bei den
Durchsuchungen seien außerdem 17 weitere mutmaßliche Terroristen festgenommen und
Waffen und Sprengstoff sichergestellt worden, berichtete das US-Militärkommando in
Bagdad. Nach dessen Darstellung sollen die getöteten und festgenommenen mutmaßlichen
Terroristen «enge Verbindungen zu iranischen Terrornetzen» unterhalten haben.
Indes kamen am selben Tag bei einem Selbstmordanschlag in der zentralirakischen Stadt
Muktadija mindestens 20 Menschen ums Leben. 22 andere Menschen seien verletzt worden,
berichtete die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak unter Berufung auf die Behörden in der Stadt
110 Kilometer nordöstlich von Bagdad. Der Attentäter habe seinen Sprengstoffgürtel vor
einem Rekrutierungsbüro der örtlichen Polizei gezündet, hieß es. Nach Angaben der
sunnitischen Irakischen Islam-Partei (IIP) wurden am Samstag im Morgengrauen in der
südlichen Bagdader Vorstadt Dora zehn Sunniten getötet und sieben weitere entführt.
«Milizen, unterstützt von der irakischen Polizei» hätten zudem zahlreiche Häuser in Brand
gesetzt, hieß es auf der Internet-Seite der Partei am Samstag. Der Angriff sei Teil einer Serie
von Attacken auf gewisse sunnitische Wohngebiete gewesen, bei denen es darum gehe, «die
demographische Zusammensetzung in Bagdad zu verändern».
Das US-Militär hat inzwischen zwei seiner Soldaten wegen vorsätzlichen Mordes an drei
Irakern angeklagt. Die beiden GI's sollen zwischen April und Juni dieses Jahres in der Nähe
von Iskanderija, 40 Kilometer südlich von Bagdad, in drei Fällen Iraker erschossen haben,
teilte das US-Militärkommando am Samstag mit. Anschließend sollen sie neben die Leichen
Waffen gelegt haben, um den Eindruck zu erwecken, dass ihre Mordopfer bei
Kampfhandlungen getötet wurden. Die beiden Angeklagten warten nunmehr im USMilitärgefängnis in Kuwait auf ihren Prozess.
Bei Falludscha, 70 Kilometer westlich von Bagdad, tötete das US-Militär nach eigener
Darstellung am Freitag einen hohen Funktionär der El Kaida im Irak. Der bei einem
Kampfeinsatz ums Leben gekommene Abu Abdel-Rahman al-Masri sei dem Militärführer der
El Kaida im Irak, Abu Ajub al-Masri, direkt unterstellt gewesen, teilte das USMilitärkommando mit.
02. Juli 2007
Bei Anschlägen und Gefechten im Irak sind fünf amerikanische Soldaten ums Leben
gekommen. Die US-Streitkräfte erklärten am Montag, die Soldaten seien bei mehreren
Zwischenfällen am Sonntag getötet worden. Im Westen von Bagdad wurde eine
amerikanisch-irakische Patrouille Ziel eines Bombenanschlags. Aufständische schossen
danach auf die Soldaten und töteten einen von ihnen. Zwei irakische Polizisten wurden
verletzt. Ein zweiter Soldat kam ums Leben, als seine Patrouille im Süden der Hauptstadt
angegriffen wurde, wie die Streitkräfte erklärten. Drei weitere Soldaten wurden bei Kämpfen
in der Provinz Anbar getötet. Insgesamt stieg die Zahl der getöteten US-Soldaten seit Beginn
des Irak-Kriegs 2003 nach einer Zählung der Nachrichtenagentur.
03. Juli
Bei einem Selbstmordanschlag auf das Anwesen eines sunnitischen Stammesscheiches
wurden am Dienstag in der Nähe von Falludscha, 70 Kilometer westlich von Bagdad, vier
Menschen getötet. Der Scheich selbst blieb unversehrt, meldete die Nachrichtenagentur
Aswat al- Irak. Im nordirakischen Kirkuk starben am selben Tag zwei Iraker bei einem
Autobombenanschlag, 18 weitere wurden verletzt, bestätigte die örtliche Polizei. Die
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wirft indessen der kurdischen
Regionalverwaltung im Nordirak vor, Häftlinge in den Sonder-Gefängnissen der
Sicherheitsorgane misshandeln und foltern zu lassen. «Die Gefangenen berichteten von einer
breiten Palette von Misshandlungen, darunter Schläge mit Kabeln, Schläuchen, Holzstöcken
und Eisenstangen», hieß es in einem Bericht der Organisation, der am Dienstag in der
Regionshauptstadt Erbil präsentiert wurde.
04. Juli
Bei Autobomben-Anschlägen sind mindestens 27 Menschen ums Leben gekommen. Der
schwerste Angriff erfolgte am Dienstagabend im Bagdader Stadtteil Schaab. 18 Menschen
wurden getötet und 40 weitere verletzt, als ein Sprengsatz in der Nähe eines belebten Marktes
detonierte, berichtete die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak am Mittwoch. Die meisten Opfer
seien Frauen und Kinder gewesen, hieß es. In Beidschi, 200 Kilometer nördlich von Bagdad,
explodierte am Mittwoch vor einem Restaurant eine weitere Autobombe, als eine
Polizeistreife vorbeifuhr. 6 Menschen, unter ihnen ein Polizist, wurden getötet, 17 weitere
erlitten Verletzungen, meldete Aswat al- Irak unter Berufung auf die örtliche Polizei. In
Bagdad riss ein Selbstmordattentäter am selben Tag 2 Polizisten mit in den Tod, als er sich
mit seinem Wagen vor einem Kontrollpunkt in die Luft sprengte. In der zentralirakischen
Provinz Dijala nahmen indes Verbände der sunnitischen Widerstandsgruppe «Armee von
1920» den offenen Kampf gegen Zellen der Terrorgruppe El Kaida im Irak auf. Im Bezirk
Muktadija brachten die Aufständischen, die neuerdings vom US-Militär unterstützt werden,
mehrere Dörfer unter ihre Kontrolle, sagten Augenzeugen. Bei den Gefechten sollen 15 ElKaida-Kämpfer getötet worden sein.
In Afghanistan ist offenbar ein Deutscher entführt worden. Der Bundesbürger werde seit
Donnerstag vergangener Woche vermisst, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes Martin
Jäger am Mittwoch in Berlin. Es sei nach den vorliegenden Hinweisen von einer Entführung
auszugehen. Laut Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) handelt es sich bei dem
Vermissten um den Mitarbeiter eines Unternehmens. Laut Außenamtssprecher sind die
Botschaft in Kabul und alle weiteren relevanten Stellen eingeschaltet und bemühen sich um
eine «rasche Lösung des Falles». Im Ministerium sei am Samstag ein Krisenstab gebildet
worden. Jäger sagte, der Vorfall habe sich nicht «im Bereich des Regionalkommandos Nord»
ereignet, also dem Verantwortungsbereich der Bundeswehr im nördlichen Afghanistan. Nach
Informationen des Nachrichtensenders N24 handelt es sich bei den Entführern «nicht um die
Taliban, sondern eher kriminelle Kreise». Die mutmaßlichen Entführer gehören demzufolge
offenbar zu Gruppierungen, die überall in Afghanistan «in engen Bündnissen mit örtlichen
Machthabern» stehen und mutmaßlich in den Drogenhandel verstrickt sind. «Spiegel online»
berichtete, bevor der Mann im Südwesten des Landes entführt worden sei, habe er einige
Tage mit afghanischen Begleitern in der Region verbracht.
05. Juli
Bei der Explosion einer Autobombe während einer Hochzeit im Süden der irakischen
Hauptstadt Bagdad sind am Donnerstag mindestens 17 Menschen getötet worden. Das
Brautpaar und mindestens zwei Dutzend weitere Personen seien verletzt worden, teilten
Sicherheitskräfte am Abend mit. Die Explosion habe sich vor einem Fotostudio im
überwiegend von Schiiten bewohnten Viertel Abu Tschir ereignet. Das Brautpaar und seine
Gäste hätten an dem Fotostudio für die Hochzeitsfotos angehalten, als ein
Selbstmordattentäter in den Auto-Konvoi gerast sei, berichtete ein Anwohner: «Ich habe zwei
völlig ausgebrannte Minibusse gesehen - die Leichen waren noch darin.» Andere
Augenzeugen hätten berichtet, dass der Attentäter von Sicherheitskräften gejagt worden sei,
sagte der Mann. Als der Täter in den Hochzeitskonvoi gerast sei, sei sein Fahrzeug explodiert.
Auch Läden und Restaurants in der Nähe seien durch die Wucht der Detonation schwer
beschädigt worden.
06. Juli
Eine der wichtigsten Öl-Pipelines im Südirak ist am Freitag durch einen Bombenanschlag
beschädigt worden. Ein Sprecher des irakischen Ölministeriums teilte mit, der Sprengsatz sei
direkt unter der Leitung deponiert worden und habe mehrere Brände ausgelöst. Die Pipeline
führt zu einer Raffinerie in der Hauptstadt Bagdad, deren Produktion durch den Anschlag
wahrscheinlich auf die Hälfte reduziert wird.
Bei einem Granatenangriff sindin Bagdad sieben Mitglieder einer Familie im Schlaf getötet
worden. Die Familie verbrachte die Nacht zum Samstag Angaben des Innenministeriums
zufolge auf dem Dach ihres Hauses in dem mehrheitlich sunnitischen Viertel Fadhil im
Zentrum der irakischen Hauptstadt. Bei dem Angriff seien auch zwei Nachbarn verletzt
worden. In der unmittelbaren Nachbarschaft des Viertels liegen mehrere vor allem von
Schiiten bewohnte Bezirke. Nach dem Angriff brach nach Angaben eines Bewohners ein
Gefecht aus, das eine halbe Stunde anhielt. Es war zunächst unklar, ob es dabei Opfer gab.
07. Juli
Selbstmordattentäter haben am Samstag und in der Nacht zuvor im Nordirak bei drei
Anschlägen fast 140 Menschen mit in den Tod gerissen. Bei einem der verheerendsten
Terrorakte seit Monaten wurden allein bei Tus Churmatu, 170 Kilometer nördlich von
Bagdad, nach Angaben der Provinzregierung 100 Menschen getötet. 120 Personen erlitten
Verletzungen, als sich der Attentäter mit einem mit Sprengstoff beladenen Lastwagen auf
einem belebten Dorfmarkt in die Luft sprengte. Die Ortschaft wird von schiitischen
Turkmenen bewohnt. Zunächst hatten Augenzeugen von 30 Toten gesprochen. Der
Gesundheitsminister der Provinzregierung in Tikrit, Hassan Sein al-Abbedin, gab aber wenige
Stunden später vor Journalisten die Zahl der Toten mit 100 an. Augenzeugen berichteten auch
von ausgebrannten Geschäften und eingestürzten Wohnhäusern. Bereits am Vorabend war in
der Nähe von Chanakin, 180 Kilometer nordöstlich von Bagdad, ein Selbstmordattentäter mit
seinem Fahrzeug in einen kurdischen Begräbniszug gerast. Bei dieser Explosion starben 20
Menschen, zehn wurden verletzt, wie die Polizei mitteilte. In einem anderen Dorf zwischen
Chanakin und der Provinzhauptstadt Bakuba tötete ein weiterer Selbstmordattentäter auf
einem Markt mit seinem Fahrzeug nach Angaben der Nachrichtenagentur Aswat al-Irak 17
Menschen.
In dem Gebiet um Chanakin leben vor allem Kurden, es liegt aber außerhalb der kurdischen
Autonomieregion, in der es um die öffentliche Sicherheit besser bestellt ist. Das Gebiet liegt
in der zentralirakischen Provinz Dijala, wo das US-Militär derzeit versucht, das Terrornetz El
Kaida zu vertreiben, das sich in den sunnitischen Siedlungsgebieten der konfessionell und
ethnisch gemischten Provinz starke Positionen eingerichtet hat. Bei Kampfeinsätzen in
Bagdad wurden am Freitag insgesamt fünf US- Soldaten getötet, gab das USMilitärkommando in der irakischen Hauptstadt am Samstag bekannt. Einer von ihnen starb
bei der Explosion eine Hohlladungsmine, die unter seinem Fahrzeug explodierte. Die vier
anderen kamen durch konventionelle Sprengsätze ums Leben, zwei von ihnen bei einer
Fußstreife. Ein britischer Soldat wurde in der Nacht zum Samstag in Basra getötet, als seine
Einheit von Aufständischen angegriffen wurde, wie das britische Militärkommando
bestätigte.
08. Juli
Zwei Autobomben haben am Sonntag in Bagdad nahezu zeitgleich insgesamt 5 Menschen
getötet und 20 weitere verletzt. Eines der Fahrzeuge explodierte nahe einer Brücke, das
andere vor einem Restaurant, bestätigte die Polizei in Bagdad. In beiden Fällen handelte es
sich um abgestellte Autos, deren Sprengladung durch Fernzündung zur Explosion gebracht
wurde. Beim Mörserbeschuss eines Wohnhauses starben in der Nacht zum Sonntag in Bagdad
5 Menschen, 3 weitere wurden verletzt, berichteten Augenzeugen.
Insgesamt sind am Wochenende im Irak etwa 250 Menschen durch Anschläge ums Leben
gekommen
09. Juli
Bei zwei nahezu zeitgleichen Bombenanschlägen in der Nähe des wichtigsten Busbahnhofs
Bagdads sind am Montag nach Polizeiangaben vier Menschen getötet worden. Dabei seien
zudem 21 Menschen verletzt worden, teilte die Polizei weiter mit. Vom Ort des Anschlags im
Zentrum der irakischen Hauptstadt aus brechen häufig Reisende in die schiitisch dominierten
südlicheren Städte auf.
Im Nordirak sind bei einem Bombenanschlag am Montag neun irakische Soldaten getötet
worden. 20 weitere seien verletzt worden, teilte die Polizei mit. Der nahe der Stadt Balad in
der Provinz Salahuddin platzierte Sprengsatz sei am Straßenrand explodiert, als die Soldaten
in einem Lastwagen vorbei fuhren.
10. Juli
Bei einem Mörserangriff auf die so genannte Grüne Zone in Bagdad sind am Dienstag drei
Menschen getötet und 18 weitere verletzt worden. Das US-Außenministerium erklärte am
Dienstag in Washington, bei den Getöteten handele es sich um einen US-Armeeangehörigen,
einen Iraker und einen Staatsangehörigen eines zunächst nicht identifizierten Landes. Unter
den 18 Verletzten seien fünf weitere US-Bürger. Mehrere Mörsergranaten waren zuvor in der
"Grünen Zone", dem hochgesicherten Regierungs- und Botschaftsviertel in der irakischen
Hauptstadt, eingeschlagen. In den vergangenen Wochen waren immer wieder Granaten und
Raketen in der "Grünen Zone" niedergegangen. Bewaffnete erschossen im Nordirak fünf
irakische Polizisten und verletzten drei weitere. Der Vorfall ereignete sich laut Polizei an
einem Kontrollpunkt bei Samarra. Die Angreifer seien mit Autos vorgefahren und hätten das
Feuer auf die Polizisten eröffnet. Seit dem Anschlag auf die Goldene Moschee von Samarra,
einem der wichtigsten Schiiten-Heiligtümer im Irak, Mitte Juni haben die Spannungen
zwischen Schiiten und Sunniten in der Stadt weiter zugenommen.
Die vor fünf Monaten im Irak entführte Deutsche Hannelore Krause ist frei. Das bestätigte
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch in Berlin. Ihr Sohn Sinan
befinde sich weiter in Geiselhaft. Seine Mutter sei in der Obhut der deutschen Botschaft in
Bagdad. Hannelore Krause sei bereits am Dienstag freigelassen worden, erklärte der SPDPolitiker. Die in Bagdad verheiratete Hannelore Krause war 155 Tage im Irak verschleppt.
Steinmeier sagte, die Bundesregierung sei erleichtert. Er könne zu den Hintergründen der
Freilassung aber keine Angaben machen. Es bleibe «die drängende Ungewissheit» über das
Schicksal ihres Sohnes Sinan, sagte der Minister. Man werde alles dafür tun, seine
Freilassung zu erreichen. Die 61 Jahre alte Hannelore Krause und ihr Sohn waren am 6.
Februar in Bagdad verschleppt worden. Die Kidnapper hatten mit ihrer Ermordung gedroht,
falls die Bundeswehr nicht innerhalb einer bestimmten Frist aus Afghanistan abgezogen
werde. Am 14. März hatte auch Bundespräsident Horst Köhler in einer Videobotschaft an die
Geiselnehmer appelliert, ihre beiden Opfer freizulassen.
11. Juli
Nach 155 Tagen Geiselhaft haben die Entführer die Deutsche Hannelore Krause im Irak frei
gelassen - ihren 20 Jahre alten Sohn halten sie weiterhin gefangen. Die mit einem irakischen
Professor verheiratete 62-Jährige appellierte nach ihrer Freilassung an die Bundesregierung,
die Bundeswehr aus Afghanistan abzuziehen und damit das Leben ihres Sohnes zu retten.
Mutter und Sohn waren am 6. Februar mit Waffengewalt aus ihrer Wohnung in der irakischen
Hauptstadt verschleppt worden. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gab die
Freilassung am Mittwoch in Berlin bekannt. Die Bundesregierung ging nicht auf den Appell
der bereits am Dienstag Freigelassenen ein, den der Nachrichtensender Al-Arabija verbreitete.
Der Hintergrund der Entführung ist nach wie vor unklar. Es gab von offizieller Seite auch
keine Stellungnahme, ob und in welcher Höhe Lösegeld gezahlt worden ist. Die Frau trug
während des Interviews ein Kopftuch und ein schwarzes Gewand. Sie dankte den Entführern,
dass sie gut behandelt worden sei. Mit Blick auf die Forderung ihrer ehemaligen Peiniger
sagte sie, das «Land der Muslime» sei immer noch besetzt. Mit eindringlichen Worten bat sie
ihre Entführer, ihren Sohn Sinan freizulassen und ihm nichts anzutun. «So sehr wir erleichtert
sind über die Freilassung von Hannelore Krause, so bleibt die Ungewissheit über das
Schicksal des Sohnes», sagte Steinmeier in Berlin. Er sicherte zu, die Bundesregierung werde
weiter alles tun, um auch den jungen Mann möglichst schnell frei zu bekommen.
Der Krisenstab im Auswärtigen Amt tagte am Mittwoch erneut. Man arbeite «mit Hochdruck
an der Freilassung des Sohns», sagte ein Sprecher. Er wollte keinen Kommentar zu dem TVAuftritt von Hannelore Krause abgeben. Steinmeier hatte mitgeteilt, die Frau befinde sich in
der Obhut der deutschen Botschaft in Bagdad. Krause und ihr Sohn waren am 6. Februar aus
ihrem Haus in der irakischen Hauptstadt von mehreren bewaffneten Männern verschleppt
worden. Die Täter nennen sich «Brigade der Pfeile der Rechtschaffenheit». Nach wie vor ist
unklar, ob es sich bei der Entführergruppe um politisch motivierte Täter oder LösegeldErpresser handelt. Ultimaten der Entführer nach dem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan
waren ergebnislos verstrichen. Auch Bundespräsident Horst Köhler hatte in einer
Videobotschaft an die Geiselnehmer appelliert, ihre Opfer freizulassen. Mehrmals hatten die
Geiselnehmer Video-Botschaften ins Internet gestellt. In einer dieser Aufnahmen flehte die
Frau die Bundesregierung an: «Bitte lassen Sie uns nicht hier sitzen, wir sind doch auch
Deutsche.» Sie hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel eindringlich um Hilfe gebeten.
12. Juli
In der irakischen Hauptstadt Bagdad haben drei bewaffnete Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma
eine Bank ausgeraubt und dabei laut Innenministerium rund 388000 US-Dollar (etwa 282000
Euro) erbeutet. Ein Sprecher des Ministeriums erklärte weiter, die Täter hätten rund 366000
US-Dollar und 282 Millionen irakische Dinar (rund 22500 US-Dollar) aus den Tresoren der
Privatbank entwendet. Von ihnen fehle jede Spur. Der Raub in der Privatbank Dar al-Salam,
an der die in London ansässige HSBC-Bank beteiligt ist, hatte in Bagdad anfangs großes
Erstaunen ausgelöst, weil das Innen- und das Finanzministerium zunächst erklärt hatten, es sei
Bargeld in Höhe von 282 Millionen US- Dollar entwendet worden.
Im Irak hat ein Selbstmordattentäter auf einer Hochzeitsfeier sieben Gäste mit in den Tod
gerissen. Vier weitere Personen seien bei dem Anschlag in der nördlichen Stadt Tal Afar
verletzt worden, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Unklar blieb zunächst, ob auch die
Braut und der Bräutigam, ein irakischer Polizist, unter den Verletzten waren. Der Attentäter
hatte den Angaben nach versucht, sich gewaltsam Zutritt zu der Feier zu verschaffen, war von
einigen der Gäste aber aufgehalten worden und zündete daraufhin seine Sprengstoffweste. Tal
Afar liegt rund 400 Kilometer nordwestlich von Bagdad und hat sowohl schiitische als auch
sunnitische Bewohner. Im März waren dort bei einem verheerenden Bombenanschlag mehr
als 150 Menschen getötet worden.
13. Juli
Amerikanische Soldaten haben bei einer Razzia gegen mutmaßliche schiitische Extremisten
in Bagdad am Freitag sechs irakische Polizisten getötet. Das amerikanische Militärkommando
in Bagdad erklärte, bei der Operation seien auch Kampfjets eingesetzt worden. Außer den
Polizisten seien auch «ungefähr sieben Terroristen» ums Leben gekommen. Der Angriff, bei
dem die Polizisten getötet wurden, sei erfolgt, nachdem die US-Soldaten während der Razzia
von Hausdächern, von einer Kirche und von einer Polizei-Straßensperre aus beschossen
worden sein. Bei der Razzia hätten die Soldaten den Anführer einer Terrorzelle gefangen
genommen, hieß es in der Erklärung des US-Militärs. Der Polizeioffizier sei an Angriffen auf
die US-Truppen beteiligt gewesen und habe enge Beziehungen zu den iranischen
Revolutionsgarden unterhalten. Bei Razzien gegen mutmaßliche sunnitische Extremisten
töteten die amerikanischen Truppen nach eigenen Angaben zwei Verdächtige und nahmen 19
weitere Männer fest. Unbekannte griffen eine Straßensperre der Polizei vor dem
Innenministerium in Bagdad an und töteten fünf Polizisten. Die Nachrichtenagentur Aswat alIrak berichtete, weitere zwölf Polizisten seien bei der Attacke verletzt worden. In den
vorwiegend von Schiiten bewohnten zentralirakischen Städten Nadschaf und Diwanija sowie
in Al-Makdadija nördlich von Bagdad herrschte am Freitag eine kurzfristig verhängte
Ausgangssperre. Ein Sprecher der Stadtverwaltung der Pilgerstadt Nadschaf begründete die
dort am Vorabend verhängte 24-stündige Ausgangssperre mit dem Risiko möglicher
Racheakte von Terroristen. Die irakischen Sicherheitskräfte hätten jüngst bei Razzien mehrere
Anführer von Terrorzellen festgenommen, «die andere zu Ungläubigen erklären». Die
Razzien wurden am Freitag fortgesetzt. In der 280 Kilometer südlich von Bagdad gelegenen
Stadt Diwanija hatte die US-Armee in der Nacht zum Donnerstag mehrere Häuser
bombardiert. Mehrere schiitische Politiker hatten den Angriff sowie eine Razzia der USArmee in Ost-Bagdad scharf kritisiert, bei der am Donnerstag laut Polizei mindestens 19
Iraker getötet worden waren.
14. Juli
Bei einem Angriff auf eine schiitische Großfamilie sind südlich der irakischen Hauptstadt
Bagdad acht Männer erschossen worden. Drei weitere männliche Familienmitglieder seien
verletzt worden, teilte die Polizei am Samstag mit. Frauen und Kinder blieben den Angaben
zufolge dagegen unverletzt. Der Überfall habe sich im Morgengrauen in der überwiegend von
Sunniten bewohnten Stadt Dschbela ereignet. Der Ort liegt rund 65 Kilometer südlich von
Bagdad.
Ein für die «New York Times» arbeitender einheimischer Journalist ist bei einem Anschlag in
Bagdad getötet worden. Wie die Zeitung am Samstag mitteilte, war ihr Mitarbeiter Khalid
Hassan mit seinem Auto auf dem Weg ins Büro am Vortag von bewaffneten Männern zum
Halten gezwungen worden. Die Täter hätten mit automatischen Waffen auf ihn geschossen.
Während Hassan seine Angehörigen noch mit dem Mobiltelefon informieren konnte, sei ein
zweiter Wagen herangefahren, dessen Insassen den Verletzten mit zwei gezielten Schüssen in
den Kopf und den Nacken ermordet hätten. Der betreffende Stadtteil Bagdads gilt als
außerordentlich gefährlich. Erst am Donnerstag war bei Gefechten in dem im Osten der
irakischen Hauptstadt gelegenen Schiiten-Viertel Al-Amin ein einheimischer Fotograf der
Nachrichtenagentur Reuters zusammen mit seinem Fahrer getötet worden. Nach Angaben
einer in New York tätigen Journalisten-Organisation sind seit Beginn des von den USA
geführten Einmarsches im März 2003 mindestens 110 Journalisten im Irak ums Leben
gekommen.
15. Juli
Bei einem Anschlag in Hilla, etwa 100 Kilometer südlich der Hauptstadt, gab es außer neun
Toten auch drei Verletzte. Unter den Ermordeten seien auch Frauen und Kinder, teilte die
Polizei mit. Bei der Explosion einer Autobombe in Bagdad wurden am Samstag in einem
belebten Viertel nahe einer Tankstelle zwei Menschen getötet. Drei irakische Soldaten kamen
bei einem Angriff auf einen Kontrollpunkt nördlich von Bakuba ums Leben, fünf wurden
verwundet.
Bei einem Autobombenanschlag im Zentrum der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am
Sonntag zehn Menschen getötet worden. Das Fahrzeug sei nahe eines belebten Platzes in dem
vorwiegend von Schiiten bewohnten Viertel Dschadrija in die Luft gesprengt worden, erklärte
die Polizei. 25 Personen seien verletzt worden.
16. Juli
Beim schwersten Anschlag gegen Kurden seit mehr als drei Jahren hat ein
Selbstmordattentäter am Montag in der nordirakischen Stadt Kirkuk 78 Menschen mit in den
Tod gerissen, darunter viele Frauen und Kinder. Ein Polizeisprecher erklärte, 183 weitere
Iraker seien verletzt worden, als der Attentäter vor dem Sitz des kurdischen Olympischen
Komitees in Kirkuk einen Lastwagen voller Sprengstoff in die Luft sprengte. Auch ein
Kulturzentrum der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) und ein Büro der kurdischen
Sicherheitskräfte in dem gleichen Gebäudekomplex wurden durch den Anschlag zerstört. Die
PUK ist die Partei von Staatspräsident Dschalal Talabani. In Kirkuk leben Kurden, Araber
und Turkmenen. Seit dem Sturz des Regimes von Ex-Präsident Saddam Hussein haben die
Spannungen zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen in der Vielvölkerstadt
zugenommen. Die meisten Araber und Turkmenen lehnen die Bestrebungen der Kurden ab,
die 250 Kilometer nördlich von Bagdad gelegene Stadt in das nördlich gelegene kurdische
Autonomiegebiet einzugliedern. Der schwerste Anschlag gegen Kurden seit dem Sturz von
Diktator Saddam Hussein vor mehr als vier Jahren wurde am 1. Februar 2004 in den
Hauptquartieren der Kurden-Parteien KDP und PUK in Erbil im Autonomiegebiet selbst
verübt. Dabei rissen zwei Selbstmordattentäter 117 Menschen mit in den Tod. Die Explosion
vor dem Sitz des Olympischen Komitees am Montag war so heftig, dass in dem Viertel
zudem mehrere Geschäfte und 20 Fahrzeuge zerstört wurden. Auf der Straße hätten nach der
Explosion Dutzende verkohlte Leichen und Verletzte gelegen, die um Hilfe geschrien hätten,
berichteten Augenzeugen. Die Sanitäter und das Personal in den Krankenhäusern seien
überfordert gewesen. Das Viertel wird von den Sicherheitskräften der Kurdenparteien
bewacht. Eine zweite Bombe detonierte nach Polizeiangaben kurz darauf in einem am
Straßenrand geparkten Auto auf einem Markt in einem ebenfalls vorwiegend von Kurden
bewohnten Teil der Stadt. Durch die Explosion auf dem Al-Hasir-Markt, der in der Nähe
eines Busbahnhofs liegt, sei ein Mensch verletzt worden, hieß es. Am Mittag sprengte sich
zudem ein Selbstmordattentäter südlich von Kirkuk neben einer Polizeipatrouille in die Luft.
Nach Polizeiangaben wurde ein Offizier getötet. Zehn weitere Polizisten hätten Verletzungen
erlitten. Ministerpräsident Nuri al-Maliki erklärte, die Anschläge in Kirkuk zeigten, «den
Bankrott und den Misserfolg» der «seelisch kranken» Terroristen. Da die Terrorgruppen in
Bagdad und den angrenzenden Provinzen Anbar und Dijala von den Sicherheitskräften stark
unter Druck gesetzt würden, verübten sie nun im Norden Anschläge auf Zivilisten. Die Zahl
der Anschläge ist nach US-Angaben in den Unruheprovinzen um die Hauptstadt rückläufig.
Dennoch gehen die Gewalttaten auch dort weiter. Am Montag starben bei einer
Polizeipatrouille im Nordosten Bagdads nach Angaben der Agentur Aswat al-Irak vier
Polizisten. Die US-Armee tötete bei ihren Razzien gegen mutmaßliche sunnitische
Extremisten zwei Verdächtige. Das Militärkommando in Bagdad erklärte, 25 weitere
«mutmaßliche Terroristen» seien festgenommen worden.
17. Juli
Im Irak sind bei Gewalttaten erneut mehr als 40 Menschen getötet worden. Allein in einem
Dorf in der Provinz Dijala brachten Unbekannte in Militäruniformen 29 Bewohner um. Wie
ein Vertreter der Sicherheitskräfte am Dienstag weiter mitteilte, riegelten die Täter am
Montag den Ort nördlich von Bagdad ab, drangen in mehrere Häuser ein und eröffneten das
Feuer. US-Streitkräfte sind mit Hilfe irakischer Truppen in den vergangenen Wochen
verstärkt gegen Extremisten in der ethnisch gemischten Region vorgegangen. Die
Provinzhauptstadt Bakuba gilt als eine Hochburg von Al-Kaida. In Bagdad wurden beim
Angriff auf eine Armeestreife mindestens zehn Menschen getötet. Vier der Toten waren nach
Polizeiangaben Soldaten. Elf Menschen seien verletzt worden. Bei der Explosion einer
Autobombe im Stadtzentrum kamen vier weitere Menschen ums Leben. Wie die Polizei
mitteilte, detonierte der Sprengsatz vor der iranischen Botschaft in der Nähe der besonders
gesicherten Grünen Zone. Die Bewegung des einflussreichen irakischen Schiitenpredigers
Moktada al-Sadr nahm unterdessen nach einmonatigem Boykott ihre Arbeit im Parlament
wieder auf. Als Grund nannte ein Fraktionssprecher die Entscheidung des Parlaments, die
Regierung zum stärkeren Schutz von Moscheen aufzurufen. Sadrs Block, der 30 von 275
Sitzen hält, war im Juni aus Protest gegen einen Anschlag auf eine Schiiten-Moschee aus dem
Parlament ausgezogen. Bereits im April hatte Sadr seine sechs Minister aus dem Kabinett
zurückgezogen. Grund war die Weigerung der Regierung, einen Termin für den Abzug der
US-Truppen festzulegen.
18. Juli
Bei Bombenanschlägen im Irak sind am Mittwoch mindestens sechs Menschen getötet
worden. Sprengsätze seien am Straßenrand im Südosten der Hauptstadt Bagdad detoniert,
teilte die Polizei mit. Bei den Attentaten im Bezirk Al-Amin seien zudem fünf Menschen
verletzt worden. Ort des Anschlags war den Angaben zufolge eine Haltestelle, von der aus
Busse Menschen in das Zentrum bringen, die aus dem schiitischen Süden kommen.
Ein führender Mann des Terrornetzwerkes El Kaida ist von den US-Truppen im Irak
gefangengenommen worden. Der Iraker namens Chaled el Maschhadani sei der hochrangigste
Einheimische der El Kaida in dem umkämpften Land, teilte US-General Kevin Bergner am
Mittwoch in Bagdad mit. Maschhadani wurde demnach schon am 4. Juli im nordirakischen
Mossul festgesetzt und wird seither verhört. Der US-Offizier betonte dabei, die Aussagen des
Irakers hätten erneut unter Beweis gestellt, dass die meisten Anschläge im Irak von
Ausländern verübt würden. "Maschhadani ist der bedeutendste irakische Führer im irakischen
El-Kaida-Netzwerk", sagte General Bergner. Er habe dem El-Kaida-Führer im Irak, dem
Ägypter Abu Ajub el Masri, sehr nahegestanden. Der von den US-Truppen gefangene Iraker
sei Propagandachef der diversen Terrorzellen gewesen und habe als entscheidender
Verbindungsmann zwischen dem in Irak anwesenden Masri, dem Gründer der Bewegung
Osama bin Laden und dessen Nummer zwei Aiman el Sawahiri gedient, die beide in Pakistan
vermutet werden. Der US-Offizier betonte, Maschhadanis Vernehmung habe klar gezeigt,
welche entscheidende Rolle Ausländer bei El Kaida in Irak spielten. Die Versuche, die
Anschläge als Akte eines national motivierten Widerstandes darzustellen, seien damit erneut
widerlegt worden, sagte Bergner. Als Beispiel nannte der General PropagandaAufzeichnungen des Netzwerkes, auf denen ein gewisser "Omar el Baghdadi" (Omar aus
Bagdad) zu hören gewesen sei. Dieser so genannte irakische "Führer des islamischen Staates
Irak" sei eine Erfindung, seine Reden von einem Schauspieler gesprochen worden, versicherte
Bergner. Ende Juni hatte die US-Armee verkündet, sie habe einen kurz zuvor getöteten,
führenden El-Kaida-Mann als einen Ägypter identifiziert.
19. Juli
Bei einer Bombenexplosion in Bagdad sind am Donnerstag vier US-Soldaten und ihr
irakischer Übersetzer getötet worden. Der Sprengsatz ging nach Angaben der Armee bei
Kämpfen im Ostteil der irakischen Hauptstadt hoch. Bombenanschläge bringen der USArmee im Irak die meisten Verluste bei. Seit der US-geführten Invasion im März 2003 kamen
nach Zählungen der Nachrichtenagentur AFP auf Grundlage von Angaben des USVerteidigungsministeriums mindestens 3625 US-Soldaten im Irak ums Leben. Unterdessen
müssen sich zwei US-Soldaten wegen des Mordes an einem Iraker in der Nähe der
nordirakischen Stadt Kirkuk verantworten. Ihnen werde die "vorsätzliche Tötung" des
Mannes im Juni vorgeworfen, teilte die US-Armee mit. Der Vorfall sei den Vorgesetzten von
anderen US-Soldaten gemeldet worden. Genauere Angaben zu der Tat wurden zunächst nicht
gemacht.
20. Juli
Das US-Militärkommando berichtete am Freitag, Aufständische hätten am Vortag in Bagdad
zwei amerikanische Soldaten getötet. Die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak meldete unter
Berufung auf die Polizei, in der Stadt Mossul sei bei einem Hubschrauberangriff der USTruppen am Freitag ein Zivilist getötet worden. Ein weiterer Mann, zwei Frauen und zwei
Kinder hätten Verletzungen erlitten, als die Amerikaner eine Wohnsiedlung im Al-MithakViertel im Südosten der Stadt beschossen hätten.
21. Juli
US-Soldaten und irakische Sicherheitskräfte haben bei zwei Razzien in Bakuba 18
Aufständische getötet. Dies berichtete die irakische Nachrichtenagentur Aswat al-Irak am
Samstag unter Berufung auf die irakische Armee. Bei den Aktionen am Freitag und in der
Nacht zum Samstag seien 62 weitere Aufständische festgenommen worden, hieß es weiter. In
der Provinz Diyala nordöstlich von Bagdad läuft derzeit eine groß angelegte
Sicherheitsoffensive gegen Aufständische. Bakuba ist die Hauptstadt der Provinz. Bei einem
Luftangriff der US-Armee und den irakischen Sicherheitskräften im Nordosten Bagdads
kamen derweil laut Augenzeugen mindestens 17 Zivilisten ums Leben. Der Angriff habe
Stellungen der Aufständischen gegolten, berichtete die unabhängige Nachrichtenagentur
weiter. Es seien auch einige Zivilisten verletzt worden. Bei der Explosion einer Bombe an
einer befahrenen Straße im Osten Bagdads wurden am Samstag nach Angaben des arabischen
Fernsehsenders Al-Dschasira 5 Zivilisten getötet und 12 verletzt. In Nadschaf, 160 Kilometer
südlich von Bagdad, wurde unterdessen ein Mitarbeiter von Großajatollah Ali al-Sistani
getötet. Sheikh Abdallah Fallak sei nach Angaben aus dem Büro des Geistlichen erstochen
worden, berichtete Aswat al-Irak.
23. Juli
Bei Gefechten und Anschlägen sind am Montag im Irak mehr als 30 Menschen getötet
worden. Durch die Explosion zweier Autobomben in Bagdads Innenstadt-Viertel Karrade
starben nach Angaben der irakischen Nachrichtenagentur INA zehn Menschen, darunter zwei
Polizisten. 15 weitere Menschen seien verletzt worden, als die Sprengsätze auf einem Markt
und vor dem Gebäude der Passbehörde detoniert seien. Ein irakischer Militärsprecher in
Bakuba, 60 Kilometer nordöstlich von Bagdad, erklärte, amerikanische und irakische
Soldaten hätten bei Kämpfen in der Umgebung von Bakuba 18 El-Kaida-Terroristen getötet.
62 Verdächtige seien festgenommen worden. Nahe der Ortschaft Balad Rus hätten die
Soldaten vier Familien befreit, die dort von Extremisten festgehalten worden seien. Der
Nachrichtensender Al-Arabija berichtete, bei der Explosion eines Sprengsatzes in Balad
nördlich von Bagdad seien fünf irakische Soldaten getötet worden. Die US-Armee berichtete
am Montag, Aufständische hätten bereits am Samstag in Bagdad einen amerikanischen
Soldaten getötet.
24. Juli
In Hilla spielten sich am Dienstagmorgen schreckliche Szenen ab, nachdem sich ein
Selbstmordattentäter auf einem Markt neben dem Krankenhaus für Geburtshilfe und
Kinderkrankheiten in die Luft gesprengt hatte. Auf der Straße lagen Leichenteile. Der
Eingang des Krankenhauses und 22 Geschäfte lagen in Schutt und Asche. Unter den Toten
waren laut Polizei auch Angehörige einer Polizeipatrouille, die sich zum Zeitpunkt der
Explosion in dem belebten Viertel aufgehalten habe. Die 100 Kilometer südlich von Bagdad
gelegenen Stadt Hilla, in der sunnitische und schiitische Araber leben, war schon mehrfach
Schauplatz schwerer Anschläge.
25. Juli
Bei einer Razzia und anschließenden Gefechten irakischer und US-Soldaten mit
mutmaßlichen schiitischen Aufständischen sind am Mittwoch im Osten Bagdads sechs
Menschen getötet worden. Zehn hätten Verletzungen erlitten, erklärte ein Polizeisprecher
weiter. Die Soldaten seien von Kampfhubschraubern unterstützt worden. Auf Bildern der
Fernsehnachrichtenagentur APTN waren mehrere beschädigte Häuser zu sehen. Gezeigt
wurde außerdem die Bestattung der sechs Todesopfer im Stadtteil Sadr City. Das Viertel ist
eine Hochburg der Mahdi-Miliz des schiitischen Geistlichen Muktada al Sadr.
Zwei Selbstmordanschläge auf feiernde Fußball-Fans haben am Mittwoch in Bagdad
mindestens 27 Menschen in den Tod gerissen. Es gab mehr als 100 Verletzte, als die Bomben
im westlichen Stadtteil Mansur und im Osten der irakischen Hauptstadt explodierten.
Tausende Iraker strömten nach dem erstmaligen Einzug ihrer Fußball-Nationalmannschaft ins
Finale des Asien-Cups auf die Straßen der Hauptstadt. Das Team schlug Südkorea mit 4:3 im
Elfmeterschießen und trifft im Endspiel am Sonntag in Jakarta auf Saudi-Arabien. Mit
Autokorsos und Sprechchören feierten die Fans der zerrissenen Landes den sportlichen
Erfolg. Trotz Warnungen im staatlichen Fernsehen wurden auch Freudenschüsse abgegeben,
nach ersten Polizeiberichten kam dabei mindestens ein Mensch ums Leben, 17 wurden
verletzt. Am Sonntag waren nach dem Viertelfinalerfolg gegen Vietnam auf diese Weise
sogar fünf Iraker getötet worden. In Mansur brachte ein Selbstmordattentäter seinen mit
Sprengstoff beladenen Wagen in einer Menschenmenge zur Detonation. Es gab elf Tote und
mindestens 60 Verletzte. Der zweite Anschlag ereignete sich in der Nähe eines
Kontrollpunkts im Stadtteil Ghadir, wo ausgelassene Iraker auf Autodächer kletterten und die
Nationalfahne schwenkten oder auf den Straßen tanzten. Der Attentäter riss 16 Menschen mit
sich in den Tod, darunter zwei Soldaten. Die Behörden gaben die Zahl der Verletzten mit fast
60 an.
26. Juli
Bei einem Anschlag in Bagdad sind am Donnerstag mindestens 20 Menschen getötet und 80
verletzt worden. Das berichtete die irakische Nachrichtenagentur Aswat al-Irak unter
Berufung auf die irakische Polizei. Im Karrade-Viertel wurden durch die Wucht der
Explosion Autos beschädigt und Läden zerstört. Die Behörden gingen von einer Autobombe
aus. Örtliche Anwohner sagten, möglicherweise sei ein mit Sprengstoff gefülltes Gebäude
zum Einsturz gebracht worden. In dem Viertel waren erst am Montag drei Autobomben
explodiert. In der südirakischen Stadt Hilla starben am Donnerstag unterdessen fünf Polizisten
durch einen Sprengstoffanschlag. Drei Ministern aus der Ära des gestürzten Diktators Saddam
Hussein soll wegen Korruption der Prozess gemacht werden. Gegen die ehemaligen
irakischen Minister, die im Ausland leben, wurde lange ermittelt. Die AntiKorruptionsbehörde habe entsprechende Ermittlungsunterlagen an ein irakisches Gericht
geleitet, berichtete die Zeitung «Al-Sabah» unter Berufung auf Regierungssprecher Ali alDabagh.
27. Juli
Bei Kämpfen zwischen Milizionären der schiitischen «Mahdi-Armee» und US-Soldaten sind
in der irakischen Stadt Kerbela am Freitag mindestens zehn Iraker getötet worden. Nach
Angaben von Ärzten in Kerbela sind unter den Toten auch mehrere Zivilisten. Die US-Armee
berichtete, amerikanische und irakische Soldaten hätten im Morgengrauen gemeinsam den
Anführer einer Einheit der «Mahdi-Armee» gefangen genommen, zu der mehr als 100
Kämpfer gehörten. Diese Einheit sei für Angriffe auf die US-Truppen und für die Ermordung
zahlreicher irakischer Zivilisten verantwortlich. Als sich die US- Soldaten nach der Operation
auf ihren Rückzug vorbereitet hätten, seien sie von Milizionären angegriffen worden.
Daraufhin hätten sie mit Unterstützung der Luftwaffe etwa 17 Kämpfer getötet. Von
irakischer Seite wurden die Kampfhandlungen anders dargestellt. Krankenhausärzte erklärten,
nach einem Angriff der Amerikaner auf ein Haus im Westen der Stadt seien am Morgen die
Leichen von sechs Angehörigen einer Familie in ein Krankenhaus gebracht worden.
Außerdem seien ein weiterer Zivilist und drei schiitische Milizionäre getötet worden. Die
Ärzte zählten 28 Verletzte. Der Gouverneur von Kerbela, Akil al-Chasali, sagte der
Nachrichtenagentur Aswat al-Irak, die US-Armee habe den Angriff alleine «und ohne
Erlaubnis» der Provinzregierung geplant und durchgeführt. Irakische Soldaten seien daran
nicht beteiligt gewesen. Die zentralirakische Stadt Kerbela liegt in einer der sichereren
Regionen des Iraks. Die «Mahdi-Armee» ist die Miliz der Bewegung des radikalen SchiitenPredigers Muktada al-Sadr. Die US-Armee berichtete am Freitag, ein amerikanischer Soldat
sei am Donnerstag in der Provinz Dijala von Aufständischen getötet worden. Ein Sprengsatz
sei neben seinem Fahrzeug explodiert.
28. Juli
Bei einem Autobombenanschlag im Zentrum der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am
Samstag fünf Menschen getötet worden. Weitere 20 Zivilisten wurden verletzt, berichtete die
Nachrichtenagentur Aswat al-Irak unter Berufung auf Polizeiangaben. In der südirakischen
Hafenstadt Basra wurden unterdessen zwei bewaffnete Aufständische erschossen. Sie hatten
nach Angaben der Koalitionstruppen eine britische Militärpatrouille angegriffen, die
daraufhin das Feuer erwiderte.
30. Juli
Sunnitische Extremisten haben in der irakischen Stadt Al-Makdadija mehrere Geschäfte
überfallen und alle iranischen Waren aus den Regalen gerissen. Die Nachrichtenagentur
Aswat al-Irak meldete, die bewaffneten Männer hätten nach Angaben von Augenzeugen
gesagt, «das Handelsministerium des Islamischen Staates im Irak» habe sie geschickt. Sie
hätten die Geschäftsinhaber bedroht und von ihnen verlangt, künftig keine iranischen
Produkte mehr zu verkaufen. Der «Islamische Staat im Irak» ist ein Zusammenschluss
sunnitischer Terrorgruppen. Al-Makdadija liegt in der Provinz Dijala, die im Norden an
Bagdad angrenzt.
Der Irak steht nach Einschätzung von Hilfsorganisationen vor einer humanitären Katastrophe.
Fast jeder dritte Iraker benötige dringend Hilfe, teilten die Hilfsorganisation Oxfam und das
Coordination Committee in Iraq (NCCI) am Montag in einer in London verbreiteten
Erklärung mit. Die Gewalt verdecke die «humanitäre Krise», die sich seit der Invasion des
Landes im Jahr 2003 verschärft habe. Zwar seien die täglichen Anschläge die größte
Bedrohung, doch acht Millionen Iraker benötigten dringend Wasser, Hygieneartikel,
Lebensmittel oder Unterkunft. Insgesamt vier Millionen Menschen seien vertrieben worden,
die meisten lebten in schrecklicher Armut. Die irakische Regierung und die Vereinten
Nationen täten nicht genug gegen die Krise. In der irakischen Stadt Al-Makdadija überfielen
am Montag sunnitische Extremisten mehrere Geschäfte, rissen alle iranischen Waren aus den
Regalen und machten sie teilweise unbrauchbar. Die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak
meldete, die bewaffneten Männer, hätten zudem nach Angaben von Augenzeugen die
Geschäftsinhaber in der nördlich von Bagdad gelegenen Stadt bedroht und von ihnen
verlangt, künftig keine iranischen Produkte mehr zu verkaufen. Der sunnitische Vizepräsident
Tarek al-Haschimi betonte unterdessen, es gebe keinen persönlichen Konflikt zwischen ihm
und
dem
schiitischen
Ministerpräsidenten
Nuri
al-Maliki.
«Bei
unseren
Meinungsverschiedenheiten geht es darum, wie dieses Land regiert werden sollte», sagte AlHaschimi, der Vorsitzender der Irakischen Konsensfront ist. Die Partei hat mit dem Rücktritt
ihrer sechs Minister zum 1. August gedroht, sollte Al-Maliki ihrer Forderung nach Reformen
nicht stattgeben. Die US-Armee teilte am Montag mit, amerikanische Soldaten hätten in den
Provinzen Salaheddin und Anbar seit Sonntag acht mutmaßliche sunnitische Extremisten
getötet und 40 Verdächtige gefangen genommen. Ein US-Soldat sei am Sonntag im Osten von
Bagdad von Aufständischen getötet worden. Aufständische hätten bereits am vergangenen
Donnerstag in der westirakischen Provinz Anbar drei amerikanische Soldaten getötet. Bei der
Explosion einer Autobombe in der Bagdader Innenstadt starb am Montag laut Aswat al-Irak
ein Zivilist. Fünf weitere Menschen wurden demnach verletzt. In dem in London
veröffentlichten Bericht der Hilfsorganisationen heißt es, rund 70 Prozent der rund 26,5
Millionen Iraker seien von der Wasserversorgung abgeschnitten - vor der Entmachtung des
Diktators Saddam Hussein im Jahr 2003 waren es demnach 50 Prozent. Nur jeder fünfte habe
Zugang zu sanitären Einrichtungen, heißt es weiter. Fast 30 Prozent der Kinder seien
unterernährt (verglichen mit 19 Prozent vor dem Beginn des Irakkrieges). Rund vier
Millionen Menschen (etwa 15 Prozent der Bevölkerung) könnten nicht regelmäßig essen.
Mehr als zwei Millionen Menschen - hauptsächlich Frauen und Kinder - wurden dem Bericht
zufolge innerhalb des Landes vertrieben. Weiter zwei Millionen seien über die Grenzen
geflohen, vor allem nach Syrien und Jordanien.