ski racing camps

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ski racing camps
Brennpunkt
> Text: Richard Hegglin
> Foto: Keystone
Daniel Albrecht:
«Ein schönes Leben
ohne Skisport»
Er war eine der Säulen, auf dem der Schweizer
Skisport einer erfolgreichen und sorglosen
Zukunft entgegengehen sollte. Dani Albrecht galt
als begnadeter Skirennfahrer mit ausgeprägtem
Flair fürs Material, technisch top, selbstbewusst,
mental stark und vielseitig – ein designierter
Weltcup-Gesamtsieger.
E
r kämpfte in allen Disziplinen um Podestplätze
und klassierte sich auch
in allen unter den ersten drei
– bis auf den Super-G. Da stellte, in seiner vermutlich stärksten Disziplin, ein 4. Platz sein
bestes Resultat dar. Von solcher Ausgeglichenheit konnten
bis auf Bode Miller alle Superstars nur träumen.
Der 22. Januar 2009 änderte
alles. Nach dem schrecklichen
Sturz im Zielhang von Kitzbühel wurden Siege und Titel zur
Nebensache. Dank ärztlicher
Kunst, fast übermenschlicher
Energie, wie sie nur Spitzensportlern eigen ist, und unerschütterlichem Glauben an
sich kehrte Albrecht zurück
und schaffte ein Comeback,
wie es ihm kaum jemand zugetraut hätte – auch wenn es
nicht mehr ganz an die Spitze
reichte. Nur jene, die Albrecht
am Krankenbett erlebten, können abschätzen, was Albrecht
meint, wenn er sagt: «Diese
harte Zeit ist für mich wertvoller als alle Siege und Medaillen
zuvor. Ich bin zurück im Leben
und bin glücklich.»
Am 6. Oktober 2013 fällte er
den Entscheid. An einem Sonntagmorgen verkündete er im
Hotel Ramada neben dem
­Zürcher Letzigrund-Stadion:
«Meine Zeit als Rennfahrer ist
jetzt vorbei.» Und versuchte
seinen Rücktritt mit einem Vergleich zu erläutern: «Das Skifahrer-Bild, das ich vor mir
habe, müsste ich mit andern
Farben bemalen. Aber ich habe
die Farben nicht mehr.» Oder
anders ausgedrückt: Der gewaltige Aufwand, um wieder an
die Spitze zurückzukehren, ist
ihm zuviel geworden. Obwohl
er nach wie vor fest überzeugt
wäre: «Ich hätte es geschafft.»
Aber im Skisport spielen so
viele kaum beeinflussbare
Faktoren mit, dass Dutzende
von Details stimmen müssen,
um Unmögliches möglich zu
machen.
So verliert Swiss-Ski wie
einst Silvano Beltrametti einen
weiteren Hoffnungsträger der
XXL-Klasse, der alle Voraussetzungen gehabt hätte, über
eine Generation hinweg den
Skisport zu prägen. Doch auch
in ihrer neuen Rolle bleiben die
beiden Vorbilder für Menschen,
die in ihrem Leben dramatische Situationen zu meistern
haben. Mit ihrer Aktion «never
give up» halfen sie schon Hunderten von Menschen ideel und
finanziell in schwierigen Lebenslagen.
Albrecht vergisst am Tag
seines Rücktritts auch seine
Weggefährten nicht. «Es
braucht in einer Karriere viel
Glück. Ich konnte wenigstens
während einer kurzen Zeit zeigen, zu was ich fähig bin. Andere hatten das Glück nicht.»
Er erinnert an Tamara Wolf,
die 2003 zusammen mit ihm
an den Junioren-Weltmeisterschaften den Abfahrtstitel holte und vor zwei Jahren ihre
Karriere aus Verletzungsgründen beenden musste. Oder an
das Quartett vom JahrhundertJahrgang 1983, die in der Junioren-Zeit alles in Grund und
Boden fuhren. Von ihnen fährt
nur noch Marc Berthod, der
aus gesundheitlichen Gründen
aber seit Jahren sein Potenzial
nicht voll ausschöpfen kann.
Grégoire Farquet musste seine
Karriere nach schweren Verletzungen aufgeben. Werner
Elmer starb auf tragische Wei-
se bei einem Unfall an einem
FIS-Rennen.
Daniel Albrecht kann gesund seinen nächsten Lebensabschnitt in Angriff nehmen.
Mit seiner Bekleidungslinie
«@lbright» hat er sich schon
vor seinem Sturz ein zweites
Standbein geschaffen. Bevor er
sich beruflich neu ausrichtet,
will er eine einjährige Auszeit
nehmen und Distanz zum Skisport gewinnen. Privat ist ohnehin aussergewöhnliche Kontinuität angesagt: Er und seine
Kerstin, «mein Fels in der
Brandung», wie er sagt, sind
schon zusammen, seit sie
14-jährig sind. Und seit einem
Jahr ein Ehepaar. «Das Leben», sagt Albrecht, «kann
auch ohne Skisport schön
sein.»<
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