Geschichte der Haute Couture

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Geschichte der Haute Couture
Haute Couture
Julia Zöttl
Geschichte der Haute Couture
Den Ursprung der
Haute
Couture
findet man in der
französischen Stadt
Paris,
wo
der
Engländer Charles
Frederick
Ende
Worth
der
Jahre
50er
des
18.
Jahrhunderts
das
erste
große
Modehaus
gründete.
wenige
Nur
Kundinnen
aus den reichsten
Familien der Welt
konnten sich seine
extrem
teuren
Modelle leisten.
Abb.4: Haute Couture in ihren Anfängen
Zu ihnen gehörten unter anderem Kaiserin Sissi, Kaiserin Eugénie,
Königin Victoria und die Fürstin von Metternich.
Worth kam, nachdem er in London seine Ausbildung als Couturier
abgeschlossen hatte, nach Paris. Nachdem er dort in der Rue de la
Paix sein eigenes Couture Haus mit dem Namen Maison Couture
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eröffnet hatte, war er vor allem dafür bekannt, wie er die englische
Schnitttechnik mit der französischen Prachtentfaltung verschmelzen
lies. Noch dazu kreierte Worth seine Modelle nicht wie seine
Vorgänger für eine bestimmte Person, sondern international, für eine
Vielzahl von Frauen, die seine Stücke haben wollten und sie sich auch
leisten konnten.
Er veranstaltete einmal im Jahr eine Modenschau bei der er seine
Mode von einem Mannequin, nämlich seiner Frau Marie, vorstellen
ließ und führte somit die verkaufsfördernde Veränderung in der Mode
ein. Außerdem war er der erste Modeschöpfer der sich selbst in den
Status eines Stars erhob, denn er signierte seine Modelle wie
Kunstwerke.
1868 wurde auf Anregung von Worth die Chambre Syndical de la
Couture Francaise gegründet, deren größte Aufgabe es war,
Couturemodelle vor allzu dreister Kopiererei zu schützen. Diese
Organisation bestimmte auch von nun an Regeln, die jedes Modehaus
zu erfüllen hatte.
Während des 1. Weltkriegs schlossen in ganz Europa viele Couture
Häuser.
Zu dieser Zeit waren praktische Kleidungsstücke mehr
gefragt als die hohe Schneiderkunst, Coco Chanel beeinflusste mit
ihrem einfachen, ruhig-eleganten, funktionalen Stil bedeutend die
Damenmode der Nachwelt. Sie nahm ihre Anregungen vielfach aus
der Männer- und Arbeitskleidung und sie entwarf ihre Modelle nicht
exklusiv, sondern als Vorlage zur Nachahmung zu Hause und in der
Konfektion. Nach dem Weltkrieg musste sich die Struktur der Pariser
Couture ändern um weiter bestehen zu können. Ein großer Teil der
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Privatkundschaft, die bis dahin der größte Träger der Couture war,
schied nun aus. Die Couturiers bedienten und berieten ihre Kunden
nicht mehr selbst, und somit wurden die bis dahin individuellen, für
eine bestimmte Persönlichkeit geschaffenen Stücke zum anonymen
Modell. Nur noch einzelne prominente Kunden, die weiterhin aus
Gründen der Werbung sehr wichtig blieben, kamen in den Genuss
persönlich bedient zu werden, den Großteil seiner Abnehmer jedoch
kannte der Couturier nun nur noch dem Namen nach.
Die Pariser Haute Couture Häuser versuchten ihre Modelle auch in
den USA zu verkaufen – und hatten Erfolg: 1925 erreichte der Export
französischer Couture 2,5 Milliarden Francs. Jean Patou, der einen
ähnlichen Stil wie Coco Chanel hatte, verstand es am besten, den
amerikanischen Markt zu nutzen. Er entwarf spezielle Kollektionen für
die USA, die er auch von amerikanischen Mannequins vorstellen ließ.
In der französischen Haute Couture war es nun üblich, sich mit den
Wünschen und der Lebenseinstellung der Neuen Welt zu befassen,
während die Couturiers zuvor bei ihren Modenschauen in den USA
bestrebt waren, französische Kultur zu überbringen.
Im gleichen Jahr fand auch die Exposition des Arts Décoratifs in Paris
statt, bei der 72 Couturiers ausstellten. Die französische Mode war zu
dieser Zeit mehr Kunst als Mode.
In Deutschland war die Mode in den 20er Jahren zum Großteil auf sich
selbst konzentriert und weder stilistisch von der Pariser Haute Couture
noch wirtschaftlich vom Export in die USA abhängig. Das Zentrum der
deutschen Mode war Berlin, wo auch der Berliner Chic entstand. Die
meisten Modehäuser, wie zum Beispiel Alfred-Marie, Marbach und
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Brandstätter, sind jedoch heute nicht mehr bekannt und es blieben
kaum Modelle und Abbildungen erhalten.
Auch der Couture Salon von Max Becker, der zu dieser Zeit von Wien
aus die Welt eroberte, geriet mit der Zeit in Vergessenheit.
Nach dem Börsencrash 1929 litt die Haute Couture in allen Ländern
sehr stark an den Folgen der Weltwirtschaftskrise. Während
amerikanische Modehäuser zuvor rund 10 Modelle bei einem Pariser
Couturier erstanden, kauften sie jetzt nur noch eines gemeinsam und
liehen es sich gegenseitig aus um es zu reproduzieren. Der Export
ging wieder zurück.
Die
Haute
Couture
feierte
jedoch
wieder
Erfolge
bald
als
Madeleine Vionnet den
Schrägschnitt
erfand,
indem sie die Schnittund Umbruchlinien ihrer
Kleider
diagonal
Fadenlauf
des
legte.
drapierte
Vionnet
zum
Stoffes
Außerdem
und
den
schnitt
Stoff
an
einer Holzpuppe um das
Kleidungsstück
perfekt
dem weiblichen Körper
anzupassen. Auch Alix
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Abb.5: Madeleine Vionnet
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Grès fand Begeisterung daran,
die Kleider direkt am Körper ihrer
Kundinnen zu drapieren, stecken und schneiden. Sie ließ ihre
Mannequins meistens ohne Schmuck und Accessoires – und oft sogar
ohne Schuhe – auftreten, um die Aufmerksamkeit alleine auf das Kleid
zu lenken.
1937 eröffneten Jacques Heim und Elsa Shiaparelli die ersten Couture
Boutiquen wo sie preisgünstige Modelle neben jenen der Haute
Couture anboten.
Drei Jahre später kam in Paris die letzte große Saisonmodenschau
zustande. Kurz vor der
deutschen Besetzung gingen viele große
Couturiers nach England oder in die USA, andere wie zum Beispiel
Chanel oder Vionnet schlossen. Als die deutsche Besatzungsmacht
die gesamte Haute Couture, die noch in Paris war, nach Berlin und
Wien verlagern wollte, gelang es dem damaligen Präsidenten der
Chambre Syndicale, Lucien Lelong, Paris als Modeplatz zu retten und
die Besatzungsmacht davon zu überzeugen, dass die Haute Couture
nirgendwo anders als in Paris Bestand haben könne.
Der Kundenkreis der wenigen Couturiers, die weiterarbeiten konnten,
bestand nun aus der politisch privilegierten Schicht der deutschen
Führungsspitze und aus „Schwarzmarkt Kapitalisten“.
Von
der
dominierenden
Französischen
Mode
abgeschnitten
versuchten Modeschöpfer in vielen Ländern auf das Eigene Können
zu setzen. In allen europäischen Ländern war die modische Haute
Couture Linie stark schulterbetont, die Röcke gingen bis zum Knie und
waren sehr eng und neben dem klassischen Kostüm lagen schwarze
Nachmittagskleider im Trend.
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Nach der Befreiung 1944 stellte die Pariser Haute Couture wieder eine
volle Kollektion vor. Journalisten und Kundinnen waren über den
verschwenderischen Stoffverbrauch und die Extravaganz der Modelle
so empört, dass der Stoffverbrauch ein Jahr später kurzfristig auf 3
Meter pro Kleid limitiert werden musste. Das Théâtre de la Mode, eine
Ausstellung, bei der Modelle von 53 Pariser Couturiers an kleinen
Puppen in neun internationalen Städten vorgestellt wurden, war ein
großer Erfolg für die französische Haute Couture.
Die sehr geschwächte Pariser Textilindustrie hatte ernsthafte Sorgen,
ihre bisherige Machtstellung neu zu festigen. Der französische
Textilindustrielle Marcel Boussac ließ ein neues Couture Haus mir
großen Mitteln ausstatten und übertrug die künstlerische Leitung
Christian Dior. Seine erste Kollektion wurde von der internationalen
Modepresse als Sensation gelobt und in den USA als New Look
bezeichnet.
Abb. 6: Ballonkleid von Dior 1955
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1946 entstand erstmals eine Pariser Haute Couture Kollektion, die sich
stark von der Alltagskleidung unterschied. Die Kleider waren von einer
figurbetonten, gleichzeitig stoffaufwändigen Linie geprägt: anliegende
Oberteile, schlanke, wieder durch das Korsett betonte Taille und durch
Doppelrockeffekte, asymmetrische Drapierungen, Schärpen oder
ausgestellte Taschen betonte Hüften in eng anliegenden Röcken. Die
breiten Schultern und der kurze Saum blieben. Neben dem Abendkleid
wurde auch das Cocktailkleid erfunden.
In den 50er Jahren erlebte die Haute Couture erneut einen Höhepunkt,
denn sich modisch zu kleiden und alle Accessoires aufeinander
abstimmen zu können war nun eine Sache des Prestige. Die höchsten
Einnahmen
machten
die
französischen
Couturiers
mit
teuren
Einzelstücken, die sie für Privatkundinnen aus der ganzen Welt
entwarfen,
und
deren
hohen
Kopier-
und
Lizenskosten.
Die
französische Haute Couture, vor allem Dior, diktierte die Linien der
Mode auf der ganzen Welt, auch in der Konfektion.
Zu dieser Zeit wurde die italienische Haute Couture organisiert und die
Alta Moda Italiana weltweit ein bekannter Begriff. Bis heute zeichnet
sich die italienische Haute Couture durch Qualität und Originalität aus.
1954 entstand das Centro di Firenze per la Moda Italiana, das zweimal
jährlich im Palazzo Pitti Modenschauen organisierte.
Der Einfluss der Haute Couture ging jedoch in den 60er Jahren wieder
stark zurück. Die Jugend, die nach dem Weltkrieg geboren war, sah
Mode nun als eine Selbstverständlichkeit und setzte ihr neue
Maßstäbe. Wegen der hohen Preise verlor die Haute Couture stetig an
Bedeutung. Junge Designer wie Mary Quant entwarfen luxuriöse und
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avantgardistische Kollektionen, die in Kaufhäusern und Boutiquen
verkauft wurden. Auch die Haute Couture konnte dieser Veränderung
nicht
ausweichen
und
so
zeigen
heute
auch
traditionelle
Couturehäuser wie Dior, Chanel, Ungaro oder Yves Saint Lauren pro
Saison eine Prêt-à-Porter Kollektion.
1965 wurden die Prêt-à-Porter-Schauen in Paris eine feste Einrichtung
und von da an stand die luxuriöse Haute Couture im Schatten der
Prêt-à-Porter. Die Zahl der Frauen, die Haute Couture trugen, wurde
immer kleiner.
In den 90er Jahren änderte sich das Image der Haute Couture wieder:
in
den
meisten
noch
bestehenden
Couturehäusern
fand
ein
Generationswechsel statt. Der Kreis der Kundinnen wurde wieder
größer und viele Stars und beruflich erfolgreiche Frauen sind
heutzutage wieder bereit, sich den Luxus der Haute Couture zu
gönnen.
Vgl.
Loschek, Ingrid, Reclams Mode- und Kostümlexikon, Reclam, Stuttgart
Klein, Ruth, Lexikon der Mode, Woldemar Klein Verlag, Baden
Seeling, Charlotte, Mode – Das Jahrhundert der Designer, Könemann Verlagsgesellschaft
mbH,
Köln
http:/www.wikipedia.org
http:/www.fashion-era.com/haute_couture.htm, 13 Oktober 2006
http:/www.infoplease.com, 26 Oktober 2006
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