Planung und Trassierung römischer Fernwasserleitungen

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Planung und Trassierung römischer Fernwasserleitungen
Technische Universität Berlin
Fakultät VI • Institut für Geodäsie
und Geoinformationstechnik
Erdmessung III
Planung und Trassierung
römischer Fernwasserleitungen
Seminarvortrag
- 2006 -
Lars Liebitz
Tobias Kersten
211174
211126
Berlin, 15. Juni 2006
i
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1
Versogung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.1
Planung, Wasserdargebot und Wassernutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.2
Wasserversorgunsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.3
Wasserspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
1.4
Von der Auffindung und Prüfung des Wassers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
1.5
Mit gutem Trinkwasser versorgt - von Abwasser befreit . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
1.6
Drei Arten einer Wasserleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
1.7
Brunnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
1.8
Druckleitungsstrecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
2
Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.1
Zeichenmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.2
Streckenmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.3
Höhenmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
2.4
Winkelmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
2.5
Bauabschnitte - Einteilng in Baulose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
2.6
Feinabsteckung - Austafelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.7
Beispiel - Eiffel/Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
2.8
Schutz der Trasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
2.9
Tunnelbauten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.10 Tunnelbau des Eupalinos
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.11 Fluchten der Achse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
2.12 Orthogonalpolygonzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
2.13 Staffelmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.14 Triangulation mit rechtwinkligen Dreiecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Erdmessung III
1
1 Versogung
1
Versogung
Das Wasser ist ganz unentbehrlich für das Leben, die Freuden des Lebens und den täglichen Gebrauch.
Nur muss man das Wasser finden wenn es nicht als Quelle am Tage offen liegt.
1.1
Planung, Wasserdargebot und Wassernutzung
Den Menschen der Antike war bereits bekannt, dass die von Süßwasser nutzbare Menge in einem
ständigen Kreislauf über Meer, Land,Wasser und Wolken zirkuliert.
Diese Erkenntnisse wurden durch Philosophen (Naturphilosophen) erkannt und zusammengefasst,
z.B. in der Metrologica des Aristoteles, wo detaillierte Ausführungen zur Wolkenbildung, Kondensation, Verdunstung und Niederschlag zu finden sind.
Viruv fasst in seinem Buch Zehn Bücher der Architektur genau wie Lukrez in Über die Natur der
Dinge, oder Seneca in Fragen der Natur die hydrologischen Kenntnisse seiner Zeit zusammen.
Genau wie die anderen wissenschaftlichen Disziplinen lassen sich bei den Römern keine neuen Denkansätze finden, sondern nur eine Okkupation des Wissens der Griechen.
1.2
Wasserversorgunsplanung
Aus der Geschichte ist bekannt, dass die Lage eines Ortes oft nicht allein auf Grund des Wassers
getroffen, sondern vielmehr militärische, verkehrstechnische und politische Aspekte die Grundlage
bildeten. Weiterhin fordern wachsende Bevölkerungszahlen die Lösung von Wasserknappheit in einer
Stadt, durch die Erschließung neuer Quellen. In Großstädten wurden oft Quellen und Zisternen zur
Wasserversorgung genutzt.
Bestehende Pläne und die Anlage sowie Erschließung von Städten mit Frischwasser zeigen, dass keine
Netze im eigentlichen Sinne vorhanden waren, sondern vielmehr aus einem System unabhängiger und
unter verschiedenen Gesichtspunkten entstandenen und geplanten Zuleitungen bestand.
Die Frage nach einem geplanten Netz bleibt also offen, da bislang keine Unterlagen vorhanden sind
und vielerorts die Leitungen mehrfach modifiziert wurden.
Die Römer nutzten die Kenntnisse, die teilweise seit Jahrtausenden bekannt waren, aber ihnen muss
zugerechnet werden, dass sie die Fertigkeiten durch Ingenieurverständnis und Pragmatismus auf die
Spitze trieben.
Beeindruckende Beispiele sind:
- Aquäduktbrücken von 100 km Länge
- Aquäduktbrücken von 50 m Höhe
- Zisternen mit einem Fassungsvermögen von 30 000 m3
Die Erfassung von Wasser an Quellen, geschah in Brunnenstuben, in denen das Wasser durch Sickerschlitze oder Sickergalerien eintrat. Versandungen durch Kies, Sand, Schlamm konnte mit Hilfe von
Spülöffnungen entgegengewirkt werden. Im Allgemeinen wurde das Wasser durch freien Fall transportiert.
Erdmessung III
1.3
1.3
2
Wasserspeicherung
Wasserspeicherung
Welchen Aufwand und wie wichtig das Wasser bereits in der Antike war, zeigt sich an den 16
Staudämmen, die zwischen Spanien und Syrien durch Römer errichtet wurden. Die städtische Zuführung
war durch gemauerte, geschlossene Kanäle, Tonrohre, oder durch Fels als Tunnelbau oder als oberflächennahe Führung (offener und geschlossener Felstrog) realisiert worden.
Die Querschnittsgrößen bekannter Kanäle variieren zwischen
b = 0.40 m/h = 0.35 m (Patora-Leitung)
b = 2.09 m/h = 2.03 m (Manavgat-Leitung)
Trassen folgten größten Teils dem Verlauf der Topographie, was dahingehend auch wirtschaftlich ist.
Tunnelbauwerke wurden dort angewandt, wo ein Verlauf entlang der Topographie unwirtschaftlich
geworden wäre.
Abbildung 1: Blick auf eine Ruinenstadt mit Wasserbehälter (Musti, Tunesien)
1.4
Von der Auffindung und Prüfung des Wassers
Um eine Quelle zu finden legt man sich vor Sonnenaufgang an den Stellen, wo man das Wasser
sucht, mit zur Erde gewendetem Gesicht platt auf die Erde. Damit der Blick nicht höher schweift als
angebracht, legt man das Kinn auf die Erde. Nun guckt man waagerecht und in einer bestimmten
festen Höhe über die Gegend. Da wo sich nun bei der aufsteigenden Luft feuchte Dünste zeigen, muss
man Graben.
Wichtig bei der Wassersuche ist auch die Bodenart, wie z.B. in Lehmboden oder grobkörnigen Kiesboden ist er Vorrat gering. Aber in der Nähe von Bergen und in kieshaltigen Felsen ist der Wasserertrag
ergiebiger.
Des weiterem spielen Pflanzen auch eine große Rolle bei der Suche nach Wasser. Um weitere Quellen
zu suchen sollten man in gebirgigen Gebieten und nach Norden gerichteten Gegenden nach Wasser
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1.5
Mit gutem Trinkwasser versorgt - von Abwasser befreit
suchen, denn sie ist vom Lauf der Sonne unberührt und das Wasser ist dort gesünder und ergiebiger.
In Senkungen in den Gebirgen sammelt sich meist Regenwasser und Wasser nach der Schneeschmelze.
Hat man nun solche Stellen gefunden, muss man Folgenden Versuch machen. Man hebt eine Grube
aus die nicht breiter als 3 Fuß und nicht tiefer als 5 Fuß ist. Nun nimmt man bei Sonnenuntergang
eine kupferne oder bleierne Schüssel und bestreicht die Innenseite mit Öl und stellt sie verkehrt auf
und deckt die Grube mit Blätter und Erde ab. Wenn man nun am Morgen Ausschwitzungen findet,
dann enthält die Erde Wasser.
Wenn alle Zeichen übereinstimmen, kann man an dieser Stelle einen Brunnenschacht graben, hat man
die Ader gefunden werden ringsherum weitere Schächte gegraben und diese werden mit einem Stollen
verbunden.
Bevor das Wasser in die Städte geleitet wird, sollte man sich den Körperbau der in der Nähe wohnenden Menschen betrachten. Ist die Körperfarbe gesund und kräftigt, sind ihre Beine gesund und
die Augen nicht entzündet dann sind die Quellen in Ordnung. Weiterhin kann man etwas Wasser
in ein Bronzegefäß spritzen und wenn es keine Flecken hinterlässt ist es auch sehr gut. Eine weitere
Methode wäre das Wasserabkochen, hinterlässt es nach dem abkühlen keinen Sand oder Schlamm ist
es auch gut. Eine andere Methode ist das kochen mit Gemüse, denn wenn das Gemüse schnell durch
ist, dann haben wir auch gutes Wasser.
Man kann sich auch das Wasser direkt an der Quelle begutachten, denn wenn es durchsichtig ist oder
nicht vom Regenwasser verschmutzt wird haben wir gutes Wasser. Damit ist das Wasser durch diese
Merkmale gesundheitlich sehr zugänglich.
1.5
Mit gutem Trinkwasser versorgt - von Abwasser befreit
Mit dem Erreichen der Stadtmauer begann ein neuer Abschnitt der Wasserverteilung. Dabei wird das
gesammelt oder gespeichert und dann an die diversen Stadteile verteilt.
Die Wasserleitung durchstößt die Stadtmauer in einer gewissen Höhe damit ein ausreichender Druck
für die Wasserleitungen in der Stadt vorherrscht. Damit man Wasser für wasserarme Zeiten hat,
wurde ein Teil des Wassers in Behälter gefüllt. Die Größe eines solchen Behälters, könnte uns auch
in dieser Zeit stark beeindrucken. Denn mit einer Größe von 39x155m hatte ein solcher Behälter ein
Fassungsvermögen von rund 30 000m3 .
Die Wasserverteilung hat Vitruv in seinen Schriften auch festgelegt.
An der Stadtmauer wird ein Wasserschloss eingerichtet mit einem Wasserbehälter aus
3 miteinander verbundenen Kästen. Am Wasserschloss werden 3 Röhrenleitungen angebracht die das Wasser gleichmäßig auf die drei Kästen verteilen. Vom mittleren Kasten
laufen Rohrleitungen zu allen Spring- und Bassinbrunnen, damit Wasser an den öffentlichen Orten nicht fehlt. Aus dem zweiten Kasten führen Rohrleitungen in die Privatbadeanstalten und aus dem dritten Kasten in die Privathäuser. Die Einteilung wurde von Vitruv
festgelegt damit private Haushalte den Steuerpächtern ein Wassergeld bezahlen müssen
Aber diese Festlegung wurde in keiner römischen Stadt wieder gefunden.
Innerhalb der Stadt war das Wasser dann in einem Drucknetz verteilt, das Wasser kam z.B. in Nimes
(Frankreich) an und fließt in ein kreisrundes Becken von etwa 6m Durchmesser. Von diesem Becken
zweigen 3 Leitungen im Boden und 10 im Beckenrand ab. Wobei aber in Pompeji vom Hauptverteiler
drei verschiedene Druckleitungsnetze gespeist werden. Damit verteilten diese drei Druckleitungsnetze
die Stadt Pompeji mit Wasser, wobei noch Verteilertürme zwischengeschaltet werden. Von diesen
Verteilertürmen wurden dann die einzelnen Bezirke mit Wasser versorgt, denn zu Fuße eines solchen
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3
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Mit gutem Trinkwasser versorgt - von Abwasser befreit
Abbildung 2: Wasserbecken (Nimes, Frankreich)
Verteilerturmes lag meist ein Laufbrunnen. In der Stadt Pompeji hat man bis jetzt 40 Laufbrunnen
entdeckt und somit musste kein Bewohner mehr als 50m zu einer öffentlichen Wasserquelle gehen.
Diese öffentlichen Brunnen wurden immer mit Wasser versorgt und damit wurde auch das Klima in
der Stadt reguliert. Denn durch das Überlaufwasser des Brunnens wurde die Straßen durchspült und
übler Geruch weggespült.
Abbildung 3: Großes Bad der römischen Thermen (Galdas de Montbuy, Spanien)
Zu den Hauptwasserverbrauchern einer Stadt gehörten Thermen und Badeanlagen die für die Römer
zum Leben gehörten. Sogar die Reichen Haushalte von Pompeji hatten einen privaten Wasseranschluss.
Die Abwasserbeseitigung spielte auch eine große Rolle, denn durch den regen Verbrauch von Wasser
wurde es auch verschmutzt und musste irgendwie vernichtet werden. Im römischen Köln wurde sogar
schon beim Bau der Stadt ein Abwassernetz konzipiert und gebaut. Unter der rechtwinklig zum Rhein
verlaufenden Straße nahmen Hauptsammler dieses Netzes das Abwasser der Nebenkanäle mit ihren
Hausanschlüssen auf. Der Ausfluss dieser mehr als mannshohen Kanäle wurde zum Ende hin immer
weiter verengt um einen unerwünschten Einschlupf von Gegnern zu verhindern. Dieses Abwasser
wurde dann in den Rhein entwässert.
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4
1.6
5
Drei Arten einer Wasserleitung
Abbildung 4: Darstellung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung
Daher war die Wasserverteilung und Abwasserbeseitigung ein Standard in der römischen Epoche.
1.6
Drei Arten einer Wasserleitung
Mit der Hilfe von Rinnsalen, Bleiröhren oder Tonröhren kann man das Wasser von der Quelle zu den
Wohnungen bringen.
Wenn es sich um gemauerte Rinnen handelt, muss das Mauerwerk sehr fest sein .Damit das Wasser
vor der Sonne geschützt wird, muss es Überwölbt werden. Das nivellierte Gefälle der Sohle sollte
nicht weniger als 1/4 und nicht mehr als 1/2 Fuß auf 100 Fuß haben. Wenn aber nun Berge zwischen
der Quelle und den Stadtmauern liegen, müssen unterirdische Stollen gegraben werden. Die Bauart
der Stollen hängt vom Boden ab, bei einem sandigen Boden wird gemauert und beim Fels oder Tuff
nur ausgeschnitten. Durch Luftschächte wird Sauerstoff zu den unterirdischen Stollen oder Leitungen
gebracht, sie liegen gute 120 Fuß auseinander.
Abbildung 5: typisches Profil der Eifelwasserleitung
Wird das Wasser nun durch Bleiröhren transportiert, wird an der Quelle schon ein Wasserschloss
eingerichtet denn die Wassermenge bestimmt die Größe der Röhren. Nun wird das Wasser von diesem
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Drei Arten einer Wasserleitung
Wasserschloss zu dem anderen Wasserschloss, in der Stadt, entlang eines Gefälles transportiert. Wobei
die örtliche Gegebenheit den Verlauf der Bleirohre bestimmt.
Abbildung 6: Rekonstruktion einer Herstellung eines Bleirohres
Mit Tonröhren kann man wirtschaftlich Wasser transportieren. Dabei werden Rohre aus dichtem
Ton so angefertigt das man sie ineinander stecken kann. Um den Druck bei einem Bauch im Tal
abzufangen werden Blöcke aus rotem Sandstein gefertigt in denen die Rohre haargenau passen. Durch
diese Sandsteinblöcke werden die Knicke der Rohre verstärkt und somit wird das Sprengen der Rohe
an diesen Stellen verhindert. Bevor nun das erste Mal Wasser durch das Tonrohrsystem läuft, wird
man Asche hineinschütten damit alle offenen Fugen verschlossen werden. Der Vorteil vom Tonrohr ist
das sie Gesünder als das Bleirohr ist und das jeder einen Schaden im Rohrsystem ausbessern kann.
Vitruv hat hierbei das Beispiel der Bleigießer angebracht, die eine blässere Haut haben als andere
Menschen.
Abbildung 7: Musterbeispiel einer römischen Wasserleitung
Erdmessung III
1.7
1.7
7
Brunnen
Brunnen
Beim Graben eines Brunnen darf man nicht unmethodisch vorgehen. Denn die Erde besteht aus
verschiedenen Substanzen und je tiefer man gräbt desto höher wird das Risiko von Schwefel und
anderen Gasen. Um sich davor zuhüten lässt man eine angezündete Lampe herab, passiert nichts
kann man in Ruhe absteigen. Wenn aber die Lampe durch den Dunst erlöscht, muss man neben
dem Brunnengraben Wetterschächte zur Sauerstoff zufuhr graben. Ist man auf Wasser gestoßen wird
ringsherum ein Mauerwerk hochgezogen.
1.8
Druckleitungsstrecken
Die Druckleitungen wurden in Tälern die mehrere Kilometer breit und gute 40-50 tief waren, denn
dort war die Grenze der Wirtschaftlichkeit der Aquäduktbrücken.
Abbildung 8: Aquäduktbrücke über den Gardon Pont du Gard, Frankreich
Vitruv beschrieb das Problem der Druckleitung schon im 1. Jahrh. v. Chr. Denn bei dieser Methode
wird die Höhenlage der Talüberquerung weitmöglichst talwärts verlegt, siehe Abbildung (2). Das
Wasser fließt nun eine Rampe runter und im Tal in eine Syphonbrücke in einer konstanten Höhe zur
anderen Seite des Tals. Dort angelangt Schwillt das Wasser dank der Syphonenbrücke leicht an und
wird entlang einer weiteren Rampe wieder nach oben gedrückt und erreicht somit wieder Knapp seine
Ausgangshöhe.
Abbildung 9: Planskizze einer römischen Druckwasserleitung
Die Einlaufbecken und Auslaufbecken werden auch Freileitungsbecken genannt, denn dort ist der
Übergang vom Kanal zu den Rohren und auch umgekehrt. Damit bei Störungen nicht die ganze
Anlage defekt ist, werden alle 24000 Fuß Sammelbecken bei einem gleichmäßigen Gefälle eingerichtet.
Diese Sammelbecken dürfen nicht in Talmulden oder Hängen stehen, denn dadurch wird der Druck
verändert.
Erdmessung III
8
2 Konstruktion
Abbildung 10: Gesamtansicht der Druckleitungsstrecke (Patara, Türkei)
Ein weiteres Problem bei der Überquerung von Tälern ist der sehr hohe Druck der hierbei vorherrscht,
denn wenn man im Tal am Ende einer Rampe kein Bauch oder waagerechten Unterbau herstellt,
kann der Druck die Leitungen sprengen. In der Abbildung (7) sieht man ein Musterbeispiel einer
römischen Fernwasserleitung. Dort wird das Gefälle der römischen Wasserleitungen aufgezeigt, des
Weiteren werden Druckleitungen und Aquäduktbrücken zur Überquerung von Tälern dargestellt.
2
Konstruktion
Planung und Trassierung sind untrennbar miteinander verbunden.
Wie die Ausstattung eines Ingenieurs zur Antike im wesentlichen ausgesehen hat, auf welche Erkenntnisse sie sich gestützt haben, soll im folgenden Abschnitt näher erläutert werden.
2.1
Zeichenmaterial
Von fast allen Bauvorhaben fehlen Pläne. Dabei ist es kaum vorstellbar, dass enorme Bauvorhaben
ohne Enwurfspläne durchgeführt worden sind. Für das gelingen dieser enormen Ingenieurbauwerke
ist jedoch anzunehmen, dass solche Pläne einst existierten. Da Entwurfspläne stets Möglichkeiten für
Änderungen geben sollten, ist es höchstwahrscheinlich, dass diese als Pergamentzeichnungen aufbewahrt und geführt wurden.
Bestehende Pläne,die zum Beispiel auf Marmortafeln geritzt wurden, sind :
Forma Urbis Romae
Kataster von Orange
in denen ganz deutlich Eigentumsverhältnisse geklärt werden.
Auf Grabsteinen einiger Ingenieure, die übrigens alle aus dem Militär stammten, lassen sich Wachstafeln und Wachsstifte finden, die enbenso Arbeitsmittel der römischen Akademiker waren.
Oft wurde die Übertragung der Bauwerke anhand 1:1 Pläne, die der Ingenieur den Bauarbeitern vor
Ort anfertigte durchgeführt. Die Pläne waren entweder als Ritzlinien auf dem Pflaster als Grundrisse,
oder an den Wänden zu finden. Eindeutiger Vorteil daran war, das der Plan nicht aus der Hand
gegeben werden musste; weiterhin, dass die Bauleute keinen Maßstabsfehler begehen konnten.
Erdmessung III
2.2
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Streckenmessungen
Abbildung 11: Forma Urbis Romae, Fragment des antiken Stadtplans von Rom.
Neben anderem ist auf Pfeilern geführter Aquädukt dargestellt und bezeichnet.
Das Winkelmaß mit Anlegeschiene diente zum anreißen rechter Winkel. Wie in der nächsten Abbildung zu sehen ist, ähnelte das damalige Winkelmaß dem heutigen sehr. Das Winkelmaß genügte
auch bei einigen Aufgaben als Schmiege (zum Übertragen von Winkeln). Am Ende der Anlegeschiene
befindet sich ein rechter Winkel, ferner besitzt das Winkelmaß auch einen 45◦ Winkel und einen 2.
rechten Winkel im Giebel relativ zu seiner Hypothenuse.
Abbildung 11: Bronzenes Winkelmaß, Canterbury (England), eingraviert der Name des Besitzers
Als weitere Arbeitsmittel dienten der Zirkel, mit dem auch Verhältnisrechnungen durchgeführt werden
konnten, sowie der Abakus, ein Taschenrechner, mit dem alle vier Grundrechenarten ausgeführt werden
konnten.
2.2
Streckenmessungen
Die Streckenmessung basierte damals wie heute, auf einer Verhältnisermittlung und zwar untersucht
man dabei, wie oft eine bekannte Größe (Maßstab) in eine Strecke hineinpasst.
Erdmessung III
2.3
10
Höhenmessungen
Basierend auf unserem heutigem Metersystem wäre eine 100 m lange Strecke genauso als ein Verhältnis 100:1 - bezüglich des Urmeters - auszudrücken. Der Bau von Fernwasserleitungen verlangt nach
einheitlichen und genauen Maßstäben! Es ist davon auszugehen, dass die Römer ein dem heutigen SI
System ähnliches Referenzsystem benutzt haben.
Abbildung 12: Eichtisch für Maßstäbe, Algerien
Geräte selber sind nicht mehr vorhanden. Man hat aber in Pompeij metallene Endbeschläge eines Maßstabes gefunden. Messgeräte wurden wahrscheinlich spezifisch für ihren Einsatz hergestellt,
entweder aus Metall, meist Bronze, oder aus Holz mit metallenen Endbeschlägen. Zum einfcheren
Transport waren diese Maßstäbe auch zusammenklappbar. Durch Beobachtungen war in der Antike
bereits bekannt, dass die Maßstäbe äußeren Einflüssen wie Temperatur und Luftfeuchte unterliegen.
Die Absteckung von Strecken erfolgte mit Fluchtstäben (metae), unseren heutigen Fluchtstäben sehr
ähnlich, die auch zum Ausfluchten von Geraden benutzt worden sind.
2.3
Höhenmessungen
Die Höhenmessung war in der mit mehreren Instrumenten durchführbar. Erstens der Setzwaage,
zweitens dem Chorobaten oder drittens mit dem Diopter.
Vom Chorobaten sind weder Zeichnungen noch detaillierte Beschreibungen vorhanden, lediglich die
beschreibenden Ausführungen Vitruvs ließen Deutungen für Nachbauten zu. Den wohl praktikabelsten
und praktischsten Nachbau lieferte Leonardo da Vinci.
Aus Vitruvs de Architectura ist überliefert, dass die Dioptra für den Einsatz von Höhenmessungen
zu ungenau ist und sich der Chorobat mit seinem 20 p.m.1 langen Richtscheid für genaue Zielungen
und Messungen empfielt.
Das Prinzip der Höhenmessung, von Heron überliefert, ist bis heute unverändert. Aus der Differenz
von Rückblick(r) und Vorblick (v) lässt sich der relative Höhenunterschied zwischen zwei Punkten
bestimmen. Die absolute Höhe erhält man durch Addition der relativen Höhe an die absolute Höhe
eines höhenmäßig bekannten Punktes.
HB = HA + ∆h
(1)
Ist der Abstand zwischen Anfangs- und Endpunkt zu groß werden Zwischenpunkte (Wechselpunkte)
eingefügt.
1 1 p.m. (römischer Fuss) =
b 0.293 m
Erdmessung III
2.4
11
Winkelmessungen
Abbildung 13:
links:
Längennivellement nach Heron
rechts: triognometrisches Nivellement
Weiterhin war den antiken Kulturen bereits bekannt, dass durch mittiges Aufstellen des Messgerätes
zwischen zwei Punkten konstante Fehler durch Differenzbildung eliminiert werden können. Bei einer
gleichzeitigen Streckenmessung war es möglich das Gefälle zu bestimmen.
Der Chorobat war gekennzeichnet durch eine mittige Vertikalachse, das Gerät wurde entweder mit
Hilfe der Setzwaage - oder mit Hilfe von Wasser, das in den Richtscheid gefüllt werden konnte horizontiert. Durch die genaue Anzielung konnte eine Gefälleabsteckung von bis zu 1:2000 bei den
Hauptnivellements der Fernwasserleitungen erreicht werden.
Laut den Schriften des Aristoteles ist das Wasser nicht waagerecht sondern gewölbt wie eine Kugel
mit einem Mittelpunkt dort wo die Erde auch ihren hat. Aber Vitruv geht davon aus, das wenn der
Richtscheit waagerecht dasteht das Wasser an den beiden Enden der Rinne in einer Höhe liegen wird,
egal ob die Wasseroberfläche kugelförmig oder waagerecht ist. Wenn aber nun der Chorobat schräg
steht, zeigen die beiden Enden immer den waagerechten Verlauf an.
2.4
Winkelmessungen
Die Winkelmessung spielte im Wasserbau der Römer keine große Rolle, wie Beispielsweise im Stadtund Straßenbau. Benötigt wurde die Winkelmessung aber für den Bau von
- Umlenkstücke
- Quellfassungen
- Aquäduktbrücken
- Verteilerbauwerken (innerstädtisch)
Die Winkelmessung konnte sowohl mit der Groma, als auch mit der Diopter durchgeführt werden.
Funde verschiedener Groma lassen eine sehr hochentwickelte Technik erahnen. Aus dem Instrument
Groma wurde die Berufsbezeichung Gromatiker abgeleitet.
Prinzip Die Groma besitzt einen gekröpften Stativkopf, ein drehbares Achskreuz, das über den Messpunkt zentriert wird und an dem vier Lote angebracht sind. Die Visur für rechtwinklige Absteckungen
war über die Schnur möglich. Die Peillinien erlaubten einen Fehlerausgleich bei der Kontrollabsteckung. Die Absteckung erfolgte über zwei diagonale Lotschnüre - danach wurde das Gerät um 90◦
gedreht und eine Kontrollabsteckung durchgeführt. Ein unvermeidbarer Fehler - der Gerätefehler und
Absteckfehler konnten über die Mittelung beider Visuren eleminiert, bzw. verringert werden.
Erdmessung III
2.5
12
Bauabschnitte - Einteilng in Baulose
2.5
Bauabschnitte - Einteilng in Baulose
Ein wahrliches Meisterwerk stellt die Fernwasserleitung zwischen Mechernich und Köln dar - deren
gesamte Länge sich über 90 km erstreckt. Bei solchen Bauwerken kann davon ausgegangen werden,
dass sie in unabhängige Baulose (Bauabschnitte) unterteilt waren. Das Bauwerk stellt bei Weitem
ein Meisterwerk der Trassierung und des Nivellements dar.
Ob Trassen aber in Baulose unterteilt, oder als ganzes gebaut wurden, darüber gibt es keine verlässlichen Quellen, sondern nur Überlegungen und Theorien.
Die Oberkante der Pflöcke, die die Richtung der Trasse vorgeben, waren gleichzeitig auch die Nivauhöhen des abgesteckten Gefälles. Typisch für antike Gefälleleitungen ist die Schmiegung an das
Gefländerelief; die Führung entlang der Höhenlinien.
Untersuchungen an einer Fernwasserleitung in SIGA, Algerien lassen folgenden Schluss zu. Da man
verschiedene Gefälleabschnitte gefunden hat,
- I 1449.17 m
- II 1504.07 m
- III 1473.37 m
die im Mittel eine Entfernung von 1475.53 m - also annähernd 5000 p.m. (1480 m) - gefunden hat, wurde die Trasierung durch Hauptpunkte vermarkt, deren Abstand 5000 p.m., also eine halbe römische
Meile beträgt. Zwischen diesen Punkten ist stets ein gleichmäßiges Gefälle vorgefunden worden.
Abbildung 14: Prinzip der Sohlenfeinabsteckung
In der Abbildung ist deutlich zu erkennen, dass das Gefälle des ersten Abschnittes theoretisch zu
einem gleichmäßigen Gefälle der gesamten Fernwasserleitung geführt hätte (0.1414%). Es scheint
jedoch, dass dem Ingenieur zu Beginn des 2. Abschnittes ein Absteckfehler von 0.93 m unterlaufen
ist. Dieser Fehler ist als zufälliger Fehler - nicht als systematischer Fehler einzuschätzen, denn sonst
hätte dieser Auswirkungen auf die gesamte folgende Trasse.
Erdmessung III
2.6
13
Feinabsteckung - Austafelung
Einen solchen Fehler kann man trotzdem nur sehr schwer unterbringen; er wird im weiteren Zuge des
Hauptnivellements gelöst werden.
In Siga, bei einer 8 km langen Trasse hat man dabei das Gefälle des 3. Abschnittes stärker gewählt,
um das zu flache Gefälle des 2. Abschnittes auszugleichen. Die Trassenlänge von 8 km lässt zu, dass
es sich um einen kleine Wasserleitung gehandelt hat - die von einem Bauunternehmer gebaut werden
konnte.
Schwieriger hingegen ist der Bau von Fernwasserleitungen, der sich über dutzende von Kilometern
erstreckt, wie zum Beispiel die Fernwasserleitung von Mechernich nach Köln (≈95 km). Hier fand man
in verschiedenen gleichmäßigen Abständen Stufen oder Tosbecken. Stufen wurden dort eingerichtet,
wo die Absteckung des vorherigen Abschnittes zu flach ausfiel, Tosbecken hingegen waren Kunstbauwerke, die dem ankommendem Wasser Energie entnehmen mussten, bevor es in die Leitungen
eingespeist wurde, um nicht die Fernwasserleitung durch den erhöhten Druck zu beschädigen.
2.6
Feinabsteckung - Austafelung
Vom Ingenieur wurde das Generalnivellement durchgeführt, der höchstwahrscheinlich auch die Einteilung der Baulos vornahm. Der Ingenieur musste das Gefälle einer jeden Trasse (Baulose) angeben
können, die zum Beispiel durch 2 Messpflöcke (Holz) realisiert wurden. Hierzu wurde der Chorobat
verwendet. Durch diese Grobabsteckung war es den Bauleuten nun möglich die Trassierung durch
Austafelung durchzuführen.
Abbildung 15: Feinabsteckung der Höhen bei der Trassierung einer römischen Wasserleitung
Die Austafelung ist ein im Kanalbau noch heute angewandtes Verfahren. Als Instrument dienten 3 T
förmige Tafeln, deren Querbalken in Brusthöhe angebracht waren.
Erdmessung III
2.7
14
Beispiel - Eiffel/Köln
Das Prinzip ist recht einfach:
1. Holztafeln auf 2 Festpunkte stellen
2. optische Achse des Betrachters = Gefälleachse
3. Verlängerung der Gefälleachse = neuer Trassierungspunkt
4. Holzpflock schlagen
5. Verfahren bis zum nächsten Trassenhauptpunkt durchführen
Der Nachteil dieses Verfahrens ist, dass sich die systematischen Fehler summieren und an den Hauptpunkten offenkundig werden.
Den Bauleuten war klar, dass die nicht zu tief austafeln dürfen, der einzige zulässige Fehler war daher
eine zu flache Austafelung. Ausgrabungen ergaben folgende mittlere Fehler für Austafelungsarbeiten
- +2 cm auf 500 m
- +7.6 cm auf 1000 m
In Siga/Algerien ist die Austafelung des ersten Bauabschnittes gut gelungen, das zweite Baulos hingegen wurde zu flach abgesteckt - wohingegen das dritte Baulos ein stärkeres Gefälle erlangte. Die
Feinabsteckung verlangte nicht unbedingt die Anwesenheit eines Ingnieurs, sondern konnte auch vom
Polier auf der Baustelle erledigt werden.
In der Eiffel/Deutschland sind die Baulose hingegen von verschiedenen Unternehmen erstellt worden.
Probleme bei der Austafelung führten zu Differenzen im nächsten Bauabschnitt, wo der Fehler aber
nicht mehr korrigiert werden konnte, da dieser bereits fertiggestellt war. Deshalb sind hier verstärkt
Tosbecken und Stufen in gleichmäßigen Abständen aufzufinden. Daran sind auch oft wirtschaftliche
Entscheidungen geknüpft.
2.7
Beispiel - Eiffel/Köln
Ein weiterer Hinweis für eine Baulose Bauweise liefert die Eiffel-Fernwasserleitung - deren Aufbau
an eine Bauorganisation in losen Bauenden erinnert. Brücken, Tunnel und dergleichen Bauwerke
sind unabhängig von der Leitung selber errichtet worden. Der Bau der Eiffelwasserleitung war sehr
aufwendig, weil sehr viel Erdreich bewegt werden musste. Der Vorteil lag aber in der Frostsicherheit
der Leitung.
Durchführung Die Absteckung und der Baubeginn zeugten von der langen Bauzeit. Die Hangneigung betrug auf 100 m 2.7 m . Zuerst wurde mit der Ausholzung und dem Hauptnivellement begonnen.
Hierzu wurden die Abtragungs- und Aufschüttungsgrenze (grob gehauene Feldsteine) abgesteckt.
Durch Abtragung des Erdreiches wurde eine 7 m breite Arbeitsterasse erstellt. Der Graben war 1 m
breit, 0.5 m tief und abgeböscht - es bleibt ein 4.5 m langer Streifen für Fuhrleute und Arbeiter.
Die Vorgehensweise ist sehr rationell - denn somit wird wenig Erdmaterial auf wenige Wegstrecken
transportiert. Die 2.2 m3 abgetragene Menge fand sich nach archäologischen Untersuchungen talseitig
wieder. Der einzige Fehler, der gemacht wurde, war der Standort der provisorischen Leitung. Man
kann bereits erahnen, dass dieses Baulos das letzte der Trasse gewesen sein muss. Im Zuge des Baus
der Hauptleitung musste also bergseitig tiefer eingeschnitten werden, da die provisorische Leitung
bereits im Dienst stand und nicht verrückt werden konnte.
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2.8
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Schutz der Trasse
Abbildung 16
Es werden also wieder Ober- und Unterkante abgesteckt. Die Arbeitsterasse ist jetzt jedoch höher
gelegt und nur noch 2.2 m breit - was durch einen ausgefahrenen Weg vor Ort bezeugt wird. Der
Graben für den Steinkanal ist 1.8 m breit; dazu waren 7 m3 Erdreich zu bewegen, wovon 6 m3 in
der Böschung und 1 m3 nach Fertigstellung als Frostschutz wieder auf den Steinkanal aufgebracht
wurden.
Abschließend ist festzustellen. Eine Absteckung gab
- Gefälle
- Richtung
einer Trasse vor. Zu Trassenbeginn sind sorgfältig abgesteckte Festpunkte vermarkt worden.
2.8
Schutz der Trasse
Nach der Einweihung der Trasse war es nötig diese Instand zu halten und zu schützen.
Da es zur Instandhaltung der Gerinne und Leitungen dienlich ist, dass ein Schutzstreifen um sie herum frei bleibe und sich nichts darum befinde wodurch ihre Funktion behindert
und die öffentlichen Anlagen unbrauchbar werden können, wird beschlossen, dass um die
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2.9
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Tunnelbauten
Quellen geschlossenen Gerinne und Mauern auf beiden Seiten 15 Fuß frei bleiben sollen,
ebenso um die unterirdischen Gerinne und Leitungen innerhalb und außerhalb der Stadt
und mit den damit zusammenhängenden Baulichkeiten, so daß es nach dieser Zeit nicht
mehr gestattet ist, auf diesen Grundstücksflächen irgendein Monument noch ein Gebäude
zu errichten noch Bäume zu pflanzen.
Frontinus, Curator aquarum
Die Arbeitsterasse erhielt von nun an einen rechtlichen Status (Schutzstreifen), ähnlich dem heutigen
Grundwasserschutzgebiet. Die Signalisierung und Abgrenzung wurde durch Kilometersteine realisiert,
die eine exakte Ortsangabe in Schadensfällen zuließen. Die Verbote waren, wie bereits heutzutage in
den verschiedensten Gesetzen formuliert.
2.9
Tunnelbauten
Sofern die Umfahrung von Bergen aufwendig wurde oder sogar unmöglich schienen, halfen nur noch
Tunnelbauten.
Der Tunnelbau ist heute wie damals ungewiss - im Gegensatz dazu hatte man sich aber mit einfachen
Geräten bedienen müssen. In der Antike waren zwei Gängige Verfahren bekannt.
Gegenortverfahren
Vorantreiben des Tunnels aus zwei verschiedenen Richtungen
Quanatverfahren
senkrechte Schächte entlang der Tunnelachse; Schächte werden dann zu einem Tunnel
verbunden
Abbildung 17
In der Antike gab es Tunnel der Längen 500 m (Hezekia) bis 1040 m (Eupalinos/Samos). Die Ingenieurbauten der Antike verlangen sowohl Pragmatiker als auch versierte Praktiker. Das Quanatverfahren ist bis heute noch ein angewendetes Stollenvortriebsverfahren zur Wasserleitung zu Oasen.
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2.10
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Tunnelbau des Eupalinos
Die Römer übernahmen ihre Kenntnisse weitestgehend von den Etruskern, diese von den Persern,
... Tunnelbauten wurden auch zur Wasserabsenkung und Landgewinn gebaut - und Wasserleitungen
waren wiederum eigene Bauwerke in Tunnelanlagen. Es waren U-förmige Rinnen mit Ausmaß 20-24
cm bestehend aus Römerbeton, Ton, Stein etc. und abgedeckt mit halbrunden Dachziegeln.
2.10
Tunnelbau des Eupalinos
Auftraggeber war der Tyrann Polykrates (573 - 522 v. Chr.) auf Samos. Eupalinos sollte einen Tunnel
bauen, um das Wasser von der sarken Quelle Agides nach Samos zu leiten - durch den Berg Kastro.
Für die Planung waren die Kenntnisse der Höhenlinien notwendig! Es ist zu berücksichtigen, das
Eupalinos bereits die Kenntnisse von Pythagoras, Thales und Anaximander (Geometrie) bekannt
waren. Die Überlieferung von Heron ist vertrauenswürdig. Nachdem man die Sohlenhöhe des Bergein
- und Ausgangs untersuchte, konnte dem Baumeister weiterhin ein nach heutigen Kenntnissen sehr
präzises Nivellement bescheinigt werden.
Abbildung 18
Am Treffpunkt beider Tunnelarme sind jedoch erhebliche Probleme aufgetreten. Eupalinos war bereits
bekannt, dass Winkelmessungen in Bergen fehlerbehaftet sind und dass sich alle Fehler mit voranschreitendem Bau summieren werden. Ein Zusammenstoß war also kaum erreichbar. Hierbei half die
Suche mittels Querstollen. Hierbei wird die andere Tunnelseite durch Vortrieb in spitzen Winkel zu
einer Seite durchgeführt, man gelangt somit zwangsweise auf den anderen Tunnelarm.
Eupalinos hatte wegen der fehlerbehafteten Winkel zudem eine sehr präzise Längenmessung durchgeführt. Eine Fehlerbestimmung war aber erst nach Fertigstellung des Tunnels möglich. Dazu hatte
der Baumeister eine Kontrollmessung - einen Polygonzug - durchgeführt, jedoch ohne Koordinaten
und Fehlerausgleich, da ihm dieses Prinzip unbekannt war.
2.11
Fluchten der Achse
Vor und nach Baubeginn musste eine Achse über dem Berg abgesteckt werden, um eine zweite unabhängige Messung für die Fehlerfeststellung zu erhalten. Das Verfahren Fluchten aus der Mitte
war den Griechen bereits bekannt. Als Geräte dienten Fluchtstäbe oder teilweise auch die Groma.
Probleme gab es bei sehr steilen Bergen, da die Achse zum Fluchten dort sehr klein wurde.
Erdmessung III
2.12
18
Orthogonalpolygonzug
2.12
Orthogonalpolygonzug
Da alle Kenntnisse über rechtwinklige Dreiecke bekannt waren, ist dies eine klassische Methode zur
indirekten Streckenbestimmung. Dieses Verfahren in seinen Einzelheiten ist uns durch Heron überliefert. Weiterhin waren die Rechenverfahren wie Wurzelziehen und Quadrieren durch verschiedene
Lehrmeister bereits bekannt.
Abbildung 19 Verfahren des Orthogonalpolygonzuges
2.13
Staffelmessung
Wenn man bereits die Tunnelachse gefluchtet hat, ist es kein Problem die Achse zur Streckenmessung
zu benutzen. Das Verfahren der Staffelmessung hat sich bis heute nicht verändert. In der Antike
führte man die Messung mit einer Setzwaage durch. Für lange und steile Berge, wie zum Beispiel
beim Tunnel des Eupalinos mit einer Länge von 1030 m, erhält man circa 700 Messvorgänge. Es ist
anzunehmen das Eupalinos bei seinem Messprojekt dieses Verfahren nicht benutzte.
Abbildung 20 Staffelmessung, überliefertes Verfahren nach Heron
2.14
Triangulation mit rechtwinkligen Dreiecken
Ein sehr elegantes Verfahren ist die Triangulation. Hierzu wird auf der Tunnelachse über dem Berg
ein Zielpunkt abgesteckt. Von den Tunnelein- und ausgängen wird rechtwinklig eine Basis abgesteckt,
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2.14
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Triangulation mit rechtwinkligen Dreiecken
von deren Enden man Sicht zum Zielpunkt auf dem Berg hat. Aus Seiten der Hilfsdreiecke und der
Basislänge lässt sich einfach über Verhältnisse die Tunnelachse aus beiden Hilfsdreiecken zusammensetzten. Dieses Verfahren ist sowohl von Heron, Thales als auch Pythagoras überliefert.
Abbildung 21 Triangilation zur Bestimmung einer Tunnelachse
Die gründsätzlichen Lösungen beruhen auf Grundlage der Dreiecksgeometrie vor allem auf
rechtwinklige Dreiecke
Ähnlichkeiten von Dreiecken
Strahlensätze.
Eine große umfassende Darstellung der antiken Kenntnisse ist in der Geometrie incerti auctoris niedergelegt, die als Überlieferung des antiken Wissen im Mittelalter verfasst wurde.
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Literatur
Literatur
[1]
Hartwig Junius (Hrsg.): Ingenieurvermessung von der Antike bis zur Neuzeit, 3. Symposium zur Vermessungsgeschichte in Dortmund 16. Februar 1987, Museum für Kunst - und
Kulturgeschichte, Bd. 16, Konrad Wittwer Verlag, Stuttgart, 1987
[2]
Hartwig Junius: Vermessungswesen und Kulturgeschichte,2. Symposium zur Vermessungsgeschichte in Dortmund 20. Februar 1984, Museum für Kunst - und Kulturgeschichte, Bd. 14,
Konrad Wittwer Verlag, Stuttgart, 1985
[3]
Klaus Grewe: Planung und Trassierung römischer Wasserleitungen, Schriftenreihe der
Frontinus-Gesellschaft, Supplementband I, Verlag Chmielorz GmbH, Wiesbaden 1985
[4]
Dieter Lelgemann:Erastothenes von Kyrene und die Messtechnik der alten Kulturen, Forschungsbeiträge des Förderkreises Vermessungstechnisches Museum e. V., Bd.3, Chmielorz
GmbH, Wiesbaden 2001
[5]
S. Schmidt: Geschichte der Geodätischen Instrumente in Altertum und Mittelalter, Veröffentlichungen der pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Bd. XXIV, Neustadt an der Haardt 1934
[6]
Klaus Grewe: Atlas der römischen Wasserleitung nach Köln, Rheinische Ausgrabungen Bd.
26, Rheinisches Landesmuseum Bonn, Rheinlandverlag GmbH, Köln, 1984
[7]
Fensterbusch, Curt: Vitruv - Zehn Bücher über Architektur, wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1964
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