2015-Stockport

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2015-Stockport
Erfahrungsbericht über das PharmaziePraktikum
in der Krankenhausapotheke des
Stepping Hill Hospitals
in Stockport, England
Valerie Leick
Juli 2014 bis Januar 2015
Bewerbung
Ungefähr 1,5 Jahre bevor es losging, stieß auf einen Bericht über einen Auslandsaufenthalt in
einem englischen Krankenhaus und war sofort begeistert von den Möglichkeiten, die
Apothekern in englischen Krankenhäusern geboten werden. Noch dazu wollte ich unbedingt
mein Englisch verbessern. Deshalb entschied ich mich nach einem Praktikumsplatz in
Großbritannien zu suchen, was sich aber als nicht sehr einfach herausstellte. Ich habe an
ungefähr 50 Krankenhäuser eine Anfrage per Email geschickt und nur Absagen oder gar
keine Antworten erhalten. Eine Freundin, die dasselbe Vorhaben hatte, verschickte an
mehrere hundert Krankenhäuser in England Anfragen. Nachdem sie eine Zusage an ihrem
Wunschstandort London erhielt, leitete sie mir eine weitere positive Antwort aus dem
Stepping Hill Hospital in Stockport (Nord-West England) weiter. Die Tätigkeitsbeschreibung
gefiel mir sehr gut, sodass ich mich kurz in einer Email meiner zukünftigen Betreuerin
vorstellte. Einen Tag später erhielt das Angebot dort zu einem beliebigen Zeitraum 6 Monate
arbeiten zu dürfen. Aufgrund der spannenden und interessanten Tätigkeitsbeschreibung
habe ich mich dazu entschlossen dieses Angebot anzunehmen.
Vorbereitungen
Meine Betreuerin teilte mir mit, dass ich zwei Empfehlungsschreiben (dafür gibt es ein
Formular aus Stockport) und ein polizeiliches Führungszeugnis benötige. Die
Empfehlungsschreiben habe ich so bald wie möglich organisiert, das polizeiliche
Führungszeugnis so kurz vor Praktikumsbeginn wie möglich, da dieses nur 3 Monate gilt. Ein
Führungszeugnis kostet etwa 13 Euro. Hinzu kommen noch die Kosten der notwendigen
Übersetzung. Zudem musste ich einen Arbeitsvertrag und einen „health questionnaire“ zu
meinem Gesundheitszustand/ Impfstatus ausfüllen.
Um dort im Krankenhaus arbeiten zu können, benötigt man folgende Impfungen:
Tuberkulose, Hepatitis B, Tetanus/Diphtherie/Keuchhusten und Masern/Mumps /Röteln. Ich
habe alle Impfungen in Deutschland auffrischen lassen, es wäre aber glaube ich auch
möglich gewesen die Impfungen dort zu erhalten. Das einzige Problem war die TuberkuloseImpfung, da diese in Deutschland nicht mehr durchgeführt und auch nicht mehr empfohlen
wird. Das habe ich meiner Betreuerin weitergegeben und nach Absprache mit dem
„Department of Occupational Health“, durfte ich dann auch ohne die Tuberkulose-Impfung
dort arbeiten und musste nur einen Tuberkulin-Test machen lassen.
Wenige Wochen vor Praktikumsbeginn füllte ich zudem eine Bewerbung für die PersonalUnterkunft auf dem Krankenhausgelände aus und konnte dort auch ein Zimmer anmieten.
Die Miete betrug 322,30 £ (ca. 422 Euro, je nach Kurs) pro Monat. Anfangs gab es dort leider
kein WLAN, sodass ich mir teure Internet-Sticks für den Laptop kaufen musste. Nach etwa
der Hälfte der Zeit wurde dann glücklicherweise kostenloses WLAN zur Verfügung gestellt. In
diesem Wohnheim war es aufgrund des häufigen Mieterwechsels und der fehlenden
Gemeinschaftsräume schwer Kontakte zu knüpfen. Anfangs habe ich deshalb überlegt mir
eine Unterkunft in Manchester zu suchen, habe mich allerdings aufgrund des viel längeren
Arbeitsweges und der zusätzlichen Fahrtkosten dagegen entschieden.
Wenn man den Flug frühzeitig bucht, kann man z.B. bei der Lufthansa günstige Angebote für
einen Direktflug finden. Eine Fahrt mit dem Taxi vom Flughafen nach Stockport dauert 15-20
Minuten und kostet etwa 25 £. Allerdings fährt dort auch der 199er Bus für 2,70 £ direkt vom
Flughafen zum Krankenhaus und zurück wie ich später herausgefunden habe.
Als Sprachvorbereitung habe ich bei der VHS einen Konversationskurs gemacht.
Inhalt des Praktikums
Meine Betreuerin erstellte mir einen sogenannten „rota“, also einen Plan mit dem
Programm von Anfang bis Ende des Praktikums. Die ersten vier Wochen verbrachte ich in
der dispensary, das ist die eigentliche Krankenhausapotheke. Dort erlernte ich den Vorgang
des Kommissionierens, also die Bereitstellung der Medikamente. Es gibt je nach Zweck
verschiedene Bestellungen/Rezepte, die vorher klinisch von einem Apotheker geprüft
werden und danach meist von pharmacy technicians bearbeitet werden. In England ist dies
allerdings auch Aufgabe der pre-registration pharmacists (entsprechen den Pharmazeuten
im Praktikum in Deutschland), deshalb war es auch eine meiner Aufgaben. Mit dem
jeweiligen Zettel geht man zu einem Computer, gibt alles ein und die Medikamentenschachtel wird vom Roboter bereitgestellt. Außerdem erhält jede Packung ein Etikett mit
Name des Patienten, Einnahmehinweisen, Stückzahl und Krankenhausadresse. Danach wird
alles beim sogenannten accuracy checking nochmal kontrolliert. Damit habe ich nach etwa
drei Monaten begonnen und man gewinnt dadurch einen sehr guten Blick für’s Detail. Es
muss das Rezept (Datum, Unterschrift etc), die Packung (Verfalldatum, Inhalt) und das Label
(Name, Stückzahl, Dosierung, Einnahme etc) überprüft werden. Für das dispensing und das
accuracy checking musste ich jeweils eine bestimmte Anzahl richtig haben und musste auch
alles schriftlich festhalten. Andere Aufgaben in der dispensary waren Anfragen am Telefon
zu beantworten oder Medikamente für „out-patients“ abzugeben, die nicht stationär
aufgenommen sind, sondern ihre Medikamente regelmäßig oder nach einem
Krankenhausbesuch abholen.
In der fünften und sechsten Woche standen die „intensive ward basics“ auf dem Programm
und ich erlernte die Grundlagen für meine spätere Arbeit auf verschiedenen
Krankenhausstationen. Hierbei wurde ich von meiner Betreuerin auf verschiedenen
Stationen trainiert. Grundsätzlich haben Apotheker in England eine viel größere Bedeutung
im Krankenhaus, nahezu jede Station wird täglich von einem eigenen Apotheker und einem
pharmacy technician besucht. Zunächst wird geschaut, welche Patienten neu auf der Station
sind, von diesen findet man dann die „drug history“ heraus, also was und in welcher
Dosierung hat der Patient eingenommen bevor er ins Krankenhaus eingeliefert wurde.
Danach sorgt der Apotheker dafür, dass alles was der Patient während seines
Krankenhausaufenthaltes weiterhin nehmen muss, verschrieben wird, falls dies noch nicht
der Fall ist. Einige Apotheker haben sogar „Verschreibungskurse“ besucht und dürfen
Medikamente verschreiben ohne vorher Absprache mit dem behandelnden Arzt halten zu
müssen. Zudem wird natürlich die gesamte Medikamentierung auf Wechselwirkungen,
richtige Dosierung, Einnahmezeitpunkt, Nebenwirkungen usw kontrolliert. Meine Aufgabe
war es, mir zuerst durch Überfliegen der Patientenakte einen Überblick über den Patienten
und dessen Krankheitsbild zu verschaffen und anschließend durch Computerrecherche (in
England kann man im Internet auf vom Hausarzt verschriebene Medikamentenlisten
zugreifen) und Patientenbefragung herauszufinden was genau der Patient genommen hat
und ob er Allergien hat. Anfangs besteht eine sehr große Hemmschwelle mit Patienten auf
Englisch zu reden, zumal viele natürlich schwer krank waren. Das wird aber zur Routine und
die meisten waren wirklich sehr nett. Im Anschluss habe ich die Daten in den Computer
eingegeben. Ich hatte auch auf die sich im Intranet befindenden Blutwerte Zugriff, filterte
die wichtigsten Werte heraus und trug sie in die Patientendatei ein, so konnte ich den
Apothekern später Zeit sparen. Außerdem sollte ich natürlich versuchen schon bevor der
Apotheker dann einen Blick auf den Patienten wirft, Fehler zu entdecken. Hiermit ist man
anfangs auch überfordert, weil die Patienten meist sehr viele Medikamente einnehmen und
es wahnsinnig viel zu beachten gibt. Im Anschluss daran bearbeiteten der jeweilige
Apotheker und ich die Fälle gemeinsam. Dabei erhielt ich auch immer wichtige
Zusatzinformationen zum jeweiligen Thema, weil die Pharmazeuten dort auf ein Gebiet
spezialisiert sind und sich sehr gut auskennen. Nach der Einarbeitungszeit auf Station war ich
alle 1-2 Wochen auf einer anderen Station und habe dadurch eine große Bandbreite an
Krankheitsbildern und deren Medikation kennengelernt. Nacheinander besuchte ich
folgende Stationen: Akutmedizin, Kardiologie, Antibiotika (das ist natürlich keine eigene
Station, sondern ein spezialisierter Apotheker, der zusammen mit Mikrobiologen/Ärzten alle
Patienten, die Antibiotika bekommen, besucht und überprüft, ob die Indikation, Dosierung
und Kurslänge stimmt und ob überhaupt ein Antibiotikum notwendig ist),
Atemwegserkrankungen, Gastroenterologie, Geriatrie, Endokrinologie, Psychiatrie,
Chemotherapie/Palliativmedizin, Unfallchirurgie/Orthopädie, Gynäkologie und Pädiatrie. Für
jede Station gab es ein Arbeitsbuch mit Fragen zum jeweiligen Thema. Einmal in der Woche
hatte ich einen Lern-Nachmittag an dem ich Zeit hatte mein Wissen aufzufrischen und Neues
zu lernen. Zudem verbrachte ich einige Tage in der Produktion/aseptischen Herstellung und
eine Woche im Lager, wobei ich alle Schritte von der Bestellung über die Warenannahme
und die Lagerung der Medikamente kennenlernen durfte.
Die Nachmittage verbrachte ich entweder in der dispensary mit dispensing/accuracy
checking oder auf Station um dem Team mit den „ward discharges“ zu helfen. Bevor ein
Patient entlassen wird, wird vom Arzt ein bestimmtes Dokument erstellt. Es fasst den
Krankenhausaufenthalt zusammen und enthält eine Liste mit Medikamenten, die der Patient
weiterhin nehmen soll und die neu hinzugefügt wurden. Der Patient erhält den
Medikamentenbedarf von mindestens einer Woche, sodass genug Zeit bleibt, bis der
Hausarzt die Medikamente wieder verschreiben kann. Hierzu befindet sich ein gewisser
Medikamenten-Vorrat auf Station aus dem alles zusammengestellt werden kann. Das Team
besteht aus einem Apotheker und einem pharmacy technician. Der Arzt erstellt das
Dokument und der Apotheker stellt sicher, dass alle Medikamente, die benötigt werden,
verordnet wurden und überprüft die Medikamentierung klinisch. Wenn alles passt, stellt der
pharmacy technician die Medikamente zusammen und der Apotheker führt das „accuracy
checking“ durch. Ich durfte sowohl beim clinical checking, als auch beim dispensing und
accuracy checking auf Station mithelfen. Außerdem durfte ich die Medikamente oft dem
Patienten übergeben und erklären, was neu ist, was es bewirkt, wie sie es einnehmen sollen
(wobei sie das auch auf dem Dokument nochmal nachlesen können) und welche
Nebenwirkungen auftreten können.
Das Tolle ist auch, dass in diesem Krankenhaus alles elektronisch verschrieben wird, es fallen
also Unmengen an schriftlichen Dokumenten weg und alle Medikamente können
elektronisch in der Krankenhausapotheke bestellt werden.
Sowohl für die Arbeit auf Station als auch für die Arbeit in der Krankenhausapotheke
erleichtert ein Vokabelheft/Notizblock den Arbeitsalltag, da man alle unbekannten
Fachbegriffe und Abkürzungen festhalten und im Anschluss daran recherchieren und
verinnerlichen kann.
Die Betreuung war sehr gut. Einmal in der Woche fand ein „pre-reg meeting“ statt, an dem
meine Betreuerin mit den anderen zwei pre-regs und mir das Vorankommen und eventuell
aufgetretene Probleme besprochen hat. Zudem erteilte sie uns Aufgaben, die bis zum
nächsten Treffen erledigt werden sollten. Darunter waren beispielsweise klinische/
pharmazeutische Rechenaufgaben, die für die Arbeit auf Station hilfreich sein können und
auch Bestandteil des Abschlussexamens der englischen pre-regs sind. Wir haben auch
Examen von vorhergehenden Jahrgängen bearbeitet und mussten Fragen zum Umgang mit
Betäubungsmitteln beantworten. Einmal im Monat besuchten wir einen study morning in
anderen Krankenhäusern der Region, an dem alle pre-regs teilnahmen. An so einem
Vormittag werden jeweils zwei Themenbereiche bearbeitet. Um diese zu vertiefen, hielten
vorher festgelegte Teilnehmer Vorträge. Einen praktischen Bezug erhielten diese Vorträge
durch die Besprechung von aktuellen Patientenfällen. Als nicht-britischer Praktikant hatte ich
in dieser Veranstaltung keine Gelegenheit einen Vortrag zu halten. Gegen Ende des
Praktikums bot sich mir dennoch die Möglichkeit einen Vortrag zu einem interessanten
Patientenfall für die technicians der Krankenhausapotheke zu halten.
Freizeit
Das Freizeitangebot in Manchester ist sehr groß, Stockport selbst hat leider nicht viel zu
bieten. Die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel ist jedoch gut und man kann mit
Bus oder Bahn die Innenstadt von Manchester in 30-45 Minuten erreichen. Manchester ist
eine tolle, lebhafte Stadt mit vielen Geschäften, Restaurants, Konzerten und einer perfekten
Mischung aus alten und modernen Gebäuden. Ich habe außerdem Liverpool, Chester, York
und Nottingham besucht. Bis auf Nottingham sind alle Städte sehr sehenswert und ich kann
einen Besuch nur empfehlen. Man kommt überall mit dem Zug hin und wenn man zwischen
16 und 25 Jahren alt ist, sollte man sich eine Railcard für 30 £ zulegen, bei der man für jede
Fahrt 1/3 weniger zahlt, was bei Fahrten nach York oder London schon einiges ausmacht.
Im Peak District und Lake District kann man wunderbar wandern/spazieren gehen und die
Natur genießen. Nach Wales an die Küste ist es auch nicht weit, ich selbst habe es leider
nicht mehr geschafft dort hinzukommen, habe aber von vielen Seiten gehört wie schön es
sein soll und werde den Besuch dort definitiv nachholen, wenn ich das nächste Mal nach
England komme. Ein Besuch in London darf natürlich auch nicht fehlen. Außerdem ist
Schottland sehr zu empfehlen. Es gibt tolle Städte und natürlich wunderschöne
Landschaften. In nur drei Zugstunden erreicht man z.B. Edinburgh oder Glasgow.
Sonstiges
Handy/Mobilfunk:
Für 6 Monate ist „pay as you go“ wohl am praktischsten. Man lädt die Karte auf und kauft
davon dann eine bestimme Anzahl an Minuten/SMS/Mobilen Daten oder kauft ein Paket,
das jeden Monat von selbst erneuert wird solange man genug Geld auf der Karte hat. So war
es zumindest bei meinem Anbieter EE. Hier hatte ich für 10£ im Monat 150 Freiminuten,
unbegrenzte SMS und 500MB. Es gibt aber so viele verschiedene Anbieter und
Möglichkeiten, dass man sich selbst aussuchen muss, was am besten zu einem passt.
Öffentliche Verkehrsmittel/Bahn:
 www.tfgm.com

www.nationalrail.co.uk/

www.16-25railcard.co.uk/
Das Krankenhaus:
 www.stockport.nhs.uk/
 www.stockport.nhs.uk/serviceview/37/pharmacy
Hiermit erkläre ich mein Einverständnis, dass sich Interessenten für gleichartige Projekte mit Fragen
unter der folgenden Kontaktadresse an mich wenden können.
14.02.2015, Valerie Leick ([email protected])

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