XPS taugt auch unter Windows XP
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XPS taugt auch unter Windows XP
50 Fokus Publisher 1 · 2007 Microsofts neuer Dokumentenstandard XML Paper Specification im Praxistest XPS taugt auch unter Windows XP Microsofts XPS-Technologie ist nicht nur Windows-Vista-Anwendern vorbehalten. Wie unsere Tests zeigen, lässt sich der Dokumentenstandard auch unter Windows XP einsetzen, um Office-Dokumente komfortabel in einen Prepress-Workflow einzuspeisen. n MARTIN SPAAR Die Abwicklung von Druckaufträgen wird häufig durch den Umstand erschwert, dass Auftraggeber und Dienstleister in völlig unterschiedlichen Informatik-Umgebungen zuhause sind. Die IT-Welt der Unternehmen stützt sich meist ganz auf Produkte von Microsoft, in der Grafischen dominieren Apple und Adobe. Mit PDF gäbe es zwar eine Technologie für den plattformübergreifenden Datenaustausch, aber oft verfügt der Datenersteller aus der Windows-Welt nicht über die Acrobat-Software und/ oder das nötige Know-how. So werden bei den Dienstleistern der grafischen Industrie häufig Word-, Excel- und Powerpoint-Daten als Druckmaterial angeliefert. Die Unzulänglichkeiten eines solchen Workflows sind hinlänglich bekannt: Schriften müssen separat mitgeliefert werden und auch bei Verwendung identischer Fonts führen unkontrollierte Abweichungen im Umbruch immer wieder zu Problemen. Einen Ausweg verspricht hier Microsofts neuer Dokumentenstandard XPS (XML Paper Specification), über den in dieser Zeitschrift schon mehrfach berichtet wurde. XPS ist wie PDF eine Seitenbeschreibungssprache, die es erlaubt, alle für das Erscheinungsbild eines Dokumentes relevanten Komponenten in eine einzige Datei verpackt zu transportieren. Analog zu PDF lassen sich auch XPS-Dokumente sehr einfach aus jeder Applikation über den Druckertreiber erstellen. Aber im Unterschied zum Adobe Distiller, der nur gegen klingende Münze zu haben ist, stellt Microsoft den XPS Document Writer Windows-Anwendern gratis zur Verfügung. Da der XPS Document Writer viel einfacher gestrickt ist als Adobes Distiller mit seiner kaum überschaubaren Funktionsvielfalt, kann der Anwender auch viel weniger falsch machen. Das heisst, für den Drucksachenauftraggeber ist die Hürde im Vergleich zu PDF viel niedriger, XPS als Datenaustauschformat für Druckaufträge zu verwenden. Und da XPS vom Mitentwickler Global Graphics mit allen Erfordernissen der grafischen Industrie ausgestattet wurde, lässt sich daraus relativ einfach ein Prepress-taugliches PDF machen. Das heisst, der Druckdienstleister öffnet die vom Kunden angelieferte XPS-Datei in dem für sein System verfügbaren XPS-Viewer und erstellt durch Drucken an den Distiller ein sauberes PDF/X! Nicht auf Windows Vista beschränkt Microsoft hat XPS zwar als Teil des Grafiksubsystemes von Windows Vista entwickelt, macht diese Technologie aber auch den älteren Windows-Versionen zugänglich. Das heisst, man kann XPS ab sofort für den Dokumentenaustausch wie oben beschrieben einsetzen, auch wenn weder der Datenerzeuger noch der Empfänger mit Windows Vista arbeitet. Bei Windows XP führen zwei unterschiedliche Wege zur XPS-Tauglichkeit. Am besten rüstet man gleich das ganze .NET-Framework 3.0 nach, die neue universelle Applikationsschnittstelle von Windows. Das geht einfacher, als es die respektheischenden Begriffe vermuten lassen: Unter Windows XP genügt nämlich ein Doppelklick auf eine XPS-Datei um den Installationsprozess anzustossen. Der Download dafür beträgt etwas über 30 Megabyte. Nach der Installation von .NET 3 findet sich im Druckerordner der XPS Document Writer und der Internet-Explorer ist in der Lage, XPS-Dokumente darzustellen. Das heisst, man benötigt mit .NET 3 keinen separaten XPS-Viewer. Alternativ zum .NET-Framework gibt es auch die Möglichkeit, mittels des Microsoft XPS Essentials Pack nur die XPS-Funktionen nachzurüsten. Dieses kann auch unter Windows 2000 instal- XPS-Funktionalität unter verschiedenen Windows-Versionen Windows Zusatzkomponenten Bemerkungen Windows Vista keine nötig Anzeige im Internet Explorer 7, Erzeugung über XML Document Writer. Windows XP Microsoft .NET Framework 3.0 Anzeige im Internet Explorer 6 oder 7, Erzeugung über XML Document Writer. Windows Microsoft Essential Pack XP oder und Microsoft Core XML Win 2000 Services 6.0 Anzeige in separatem Viewer, Erzeugung über XML Document Writer (für Windows 2000 nicht verfügbar!) Unter Windows-Vista mit Office 2007 erstelltes XPS-Dokument oben dargestellt im Internet Explorer 7 unter Windows XP und rechts angezeigt mit dem XML Paper Specification Viewer unter Windows 2000. liert werden, auf dem aber der XPS Document Writer nicht zur Verfügung steht. Mit dem Essentials Pack kommt ein separater XML Paper Specification Viewer, der jedoch erst im Betastadium vorliegt (Stand Ende Januar). Einfachstes Handling Wir testeten die XPS-Funktionalität unter Windows XP, indem wir das .NET3-Framework installierten, was problemlos gelang: Unter «Drucker und Faxgeräte» fand sich nun das Icon des Microsoft XPS Document Writer. Diesen fütterten wir nun gleich mit einem Word-Dokument als Druckjob. Unter den Eigenschaften des Druckdialoges öffnen sich nur gerade zwei weitere Reiter. Der Reiter XPS-Dokument bietet als einzige Option an, das erstellte XPSDokument nach dem Erstellen im XPSAnzeigeprogramm anzeigen zu lassen. An die eigentlichen Optionen des XPSWriters kommt man über den Button «Erweitert» unter dem Reiter Layout. Doch auch hier herrscht Schlichtheit vor. Gerade mal drei Einstellungen können vorgenommen werden: Erstens für die Papiergrösse, zweitens für die Überlappung (damit ist wohl die Transparenz gemeint) drittens für die Bild- komprimierung. Dabei steht neben drei JPG-Komprimierungs-Stufen auch eine verlustfreie PNG-Komprimierung zur Auswahl. Wir wählten diese für unsere Tests und fanden danach unsere Bitmapbilder wirklich in voller Qualität im XPS-Dokument wieder. Ein kurze Aufzählung von Optionen, die der XPS-Writer im Gegensatz zum Acrobat Distiller nicht bietet, macht deutlich, dass hier auch viel weniger schief gehen kann: Es gibt hier kein Herunterrechnen von Bitmapbildern, kein Nicht-Einbetten von Schriften, keine Schrift-Untergruppen und kein Umrechnen in einen anderen Farbraum. Also wirklich das richtige Tool in den Händen des Office-Anwenders; ausser die Bilder zu stark zu komprimieren kann dieser gar nichts falsch machen! Auch wir erstellten also aus einem Word-Testdokument solchermassen narrensicher eine XPS-Datei und konnten uns im Internet Explorer von der originalgetreuen Umsetzung überzeugen. Erfolgreich von XPS zu PDF/X Aus dem Internet Explorer druckten wir nun das XPS-Dokument an den Acrobat Distiller und gelangten so problemlos Fokus Publisher 1 · 2007 Wie wird Microsofts neuer Dokumentenstandard XPS (XML Paper Specification) den Publishing-Prozess verändern und wo wird PDF weiterhin seine Stärken ausspielen? Antworten am: Der XPS Document Writer bietet im Gegensatz zum Acrobat Distiller kaum Einstellmöglichkeiten. Das hat den Vorteil, dass ein unbedarfter Office-Anwender nicht viel falsch machen kann. Einzig die Bildkomprimierung gilt es richtig zu wählen! zu einem absolut sauberen PDF/X-1Dokument. Die Separation zeigt einen korrekten Aufbau mit dem Text ganz im Schwarzauszug. XPS hält also auch unter Windows XP das Versprechen, als Brücke zwischen Office- und PrepressWelt zu fungieren. Die Qualität der XPS-Erzeugung scheint unter einem mit dem .NET-Framework aufgerüsteten Windows XP der unter Windows Vista in nichts nachzustehen. Nicht zum Ziel führte dagegen das direkte Öffnen des XPS-Dokumentes in Acrobat Professional 8. Das XPS-Dokument wurde dabei zwar in Acrobat korrekt dargestellt, beim Versuch, es als PDF/X-1 zu speichern, wurden vom Preflight jedoch fehlende Glyphen in den eingebetteten Fonts bemängelt. Transparenter Container Analog zu PDF ist auch ein XPS-Dokument ein Container, in dem alle für das Erscheinungsbild des Dokumentes relevanten Komponenten verstaut sind. Beim PDF-Standard ist diese Dateiorganisation relativ kompliziert und es braucht neben den richtigen Tools auch einiges an Know-how, um zum Beispiel ein einzelnes Bild aus einem PDF-Dokument zu extrahieren. Bei XPS geht das dank der völlig transparenten Dateiorganisation viel einfacher. Hier sind nämlich gemäss der von Microsoft offengelegten Open Packaging Convention (OPC) alle Komponenten in Form eines ZIP-Archives abgelegt. Alle neuen Office-Formate sind übrigens nach demselben Prinzip organisiert. Das heisst, man braucht bei einem XPS-Dokument bloss den Dateinamen von .xps in .zip zu ändern, um direkten Zugriff auf alle Komponenten des Dokumentes zu haben. Die im Dokument enthaltenen Bilder finden sich zum Beispiel im Verzeichnis Resources in einem separaten Ordner Images. Unsere Tests zeigten, dass die Bilder hier wirklich in voller Auflösung als unkomprimierte PNG-Dateien landen, wenn man die entsprechende Option im XPS Writer angewählt hatte. Somit bietet sich das XPS-Format zum Beispiel auch für den sicheren Transport von Windows-Screenshots aus der Office- in die Prepress-Welt an. Bisher war es immer eine ziemliche Bastlerei, diese wieder sauber aus Word zu extrahieren. Über ein entpacktes XPS kann man diese dagegen direkt in Photoshop öffnen. Dies funktioniert auch auf einem Apple-Macintosh, da man die XPS-Datei ja nicht in einem Viewer öffnen muss, sondern direkt entpacken kann. Fazit Als Brücke von der Office- in die Prepress-Welt leistet XPS schon auf dem heutigen Stand der Entwicklung wertvolle Dienste, auch unter Windows XP. Dank der sehr wenigen Einstellmöglichkeiten kann der Office-Anwender beim Erstellen einer Prepress-tauglichen XPS-Datei gar nicht viel falsch machen. Allerdings haben unsere Tests gezeigt, dass die XPS-Erzeugung im Moment nur aus einer reinen Microsoft-OfficeWelt heraus sinnvoll ist. Sobald man im Ursprungsdokument mit Prepressnahen Standards arbeitet, klemmt es: Es können nur TrueType-Fonts korrekt eingebettet werden; Postscript-Schriften werden als Bitmaps implementiert. EPS-Grafiken werden ebenfalls nicht korrekt verarbeitet, sondern es landet nur der Bitmap-Preview im XPS. Und schliesslich ist zu beachten, dass es sich beim XPS Writer um einen RGB-Drucker handelt. Das heisst, wenn man zum Beispiel aus InDesign in ein XPS druckt, werden alle CMYK-Elemente nach RGB konvertiert. Microsofts XPS ist also noch meilenweit davon entfernt, PDF innerhalb der Prepress-Welt Konkurrenz zu machen. Als Zulieferer aus der Office-Welt leistet es aber schon heute wertvolle Dienste. n XPS/PDF-Forum 8. Mai 2007 in Winterthur Am 8. Mai 2007 veranstaltet die Zeitschrift «Publisher» in Winterthur zusammen mit Partnern ein ganztägiges XPS/PDFForum für Entscheidungsträger und Praktiker der PublishingBranche. In Seminaren und Workshops wird dabei aufgezeigt, welche Perspektiven sich dadurch für den Publishing-Prozess eröffnen und welche neuen Herausforderungen sich stellen. Durch den Tag führt Stephan Jaeggi, Prepress Consulting Binningen. Aus dem Programm • • • • • • Strategische Bedeutung vom XML im Publishing-Prozess Publishing-Visionen bei Adobe und Microsoft Blick unter die Motorhaube von XPS Adobes «Mars»: PDF auf XML-Basis Hands-on-Workshop: von XPS zu PDF/X Neue Lösungsansätze im Bereich Web-to-Print Frühbucher-Rabatt Bis zum 31. März 2007 können sich Publisher-Abonnenten und VSD-Mitglieder zum vergünstigten Frühbuchertarif für den Event anmelden und zahlen CHF 390.– statt CHF 590.– für den ganzen Tag! Anmeldung und weitere Informationen www.publisher.ch/events 51