Fussball Gott

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Fussball Gott
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Andacht im Rahmen einer Tagung in der Ev. Akademie Bad Boll am 10.05.03 von
Volker Steinbrecher
Woran du dein herz hängst, das ist dein Gott!
Ist Gott mächtig oder ohnmächtig?
Ist Gott groß oder klein?
Oder ist Gott vielleicht sogar rund?
Wenn Sie bei dieser Frage stutzen und nicht ahnen, was sich dahinter verbergen könnte, dann gehören Sie nicht zu den weltweit Hundertausenden von Menschen, deren Leben sich Woche um Woche nur um eines dreht – Nämlich um Fußball!
Wer von Ihnen dagegen im neuen Theaterhaus in Stuttgart das Stück Il Furiosi – die
Wütenden über - Fans des AC Milan -gesehen hat, weiß was ich meine.
Menschen, die fast alles tun für Ihren Verein, für ihre Mannschaft, die mitleiden und weinen, wenn sie verliert – die mitfeiern und ausgelassen fröhlich sind, wenn ein mageres
1:0 am Ende der Partie steht.
Menschen, die ihr Erspartes und Urlaub opfern, um bei den Auswärtsspielen dabei sein
zu können, wenn ihre Stars aufs Feld laufen.
Menschen, die mitzittern, die die ganze Anspannung einer Partie in sich aufnehmen
und aus vollster Überzeugung in brenzlichen Minuten gen Himmel beten: Guter Gott,
mach, dass unsere Mannschaft gewinnt und die andere verliert. Bitte lass uns ins Viertelfinale kommen. Hilf unseren Jungs und gib Ihnen Kraft um wenigstens ein Tor zu
schießen. Steh uns bei und zeig deine Güte und Barmherzigkeit.
Fußball als Religion – Gott ist rund und ist je nach Zugehörigkeit entweder rot-weiß oder
gelb schwarz, oder blau-weiß – wie z.B. es die Farben des FC Schalke 04 sind.
Dort auf Schalke in der neuen Arena dröhnt vor jedem Heimspiel aus der Südkurve übrigens ein Gebet – Sie nennen es das Schalke unser und es geht so:
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Schalke Unser im Himmel
Du bist die auserkorene Mannschaft
verteidigt werde Dein Name
Dein Sieg komme
wie zu Hause so auch auswärts
unseren üblichen Heimsieg gib uns immer
und gib uns das „Zu Null“
so wie wir Dir geben die Unterstützung
und niemals vergib denen
aus der Nähe von Lüdenscheid
wie auch wir ihnen niemals vergeben werden
und führe uns stets ins Finale
denn Dein ist der Sieg und die Macht
und die Meisterschaft in Ewigkeit
Attacke!
Ich erinnere mich an ein Bild in meinem Konfirmandenordner – da war ein Altar zu sehen, ein besonderer Altar – mit Fan Schals, kleinen Figuren der Spieler, Fußballschuhen und vieles mehr. davor ein kniender Fan – so heißen die Menschen - ob blau/weiß
rot/weiß oder gelb/schwarz angezogen – egal – sie tun landauf landab das gleiche.
Und darunter war ein Ausspruch Martin Luthers zu lesen: Der lautet: Woran du dein
Herz hängst, das ist dein Gott!
Das leuchtete mir damals als 14. Jähriger, als Fan von Winnetou und Old Shatterhand
nur schwer ein.
Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott! Was ist damit gemeint?
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In der Zeit Elias, von dem wir gestern hörten, gab es laut biblischen Zeugnissen Krieg
zwischen Anhängern des Fruchtbarkeitsgottes Baal und denen, die Gott Jahwe anbeteten. In diesem Konflikt wird deutlich, was passieren kann, wenn Menschen ihr Herz für
einen Gott verlieren.
z.B. eben an diesen Fruchtbarkeitsgott Baal!
Oder aber
z. B. den Fußballgott den der Manager von Schalke, Rudi Assauer vor dem Letzten
Spiel seiner Schalker gegen unseren schwäbischen VFB in der vorletzten Saison beschworen hatte, und an den er nach dem Spiel nicht mehr glauben konnte.
z.B. der Torhüter Oliver Kahn, der am Rande der vorletzten Saison von der BoulevardPresse zum personifizierten Fußballgott ausgerufen wurde – oder ZZ Gott, wie er in
Spanien genannt wird – Zinedine Zidane, Spieler des Jahres 2001, oder Ronaldo, Rinaldinho, Roberto Carlos, in Brasilien, David Beckam in England, Maradonna in Argentinien, usw.
So fragte dann auch die EKD folgerichtig in ihrer letztjährigen großen Öffentlichkeitskampagne für den Monat Juni:
Sind Fußballer unsere wahren Götter? Mögliche Antworten sind:
Ja
Nein
Vielleicht
Weiß nicht
Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott, sagte Martin Luther
Da brauchen wir innerlich weder zu lächeln noch uns zu entsetzen – und bitte nicht vergessen - Sportstadien sind neben Gottesdiensten die einzigen öffentliche Orte, an denen noch eine Gemeinde singt.
Und – beides sind Orte der Mythen, in denen von Triumph und Niederlagen, von Erfol gen und Tragödien erzählt wird, und - in denen sie erfahrbar werden. Das Leben lässt
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sich anders deuten, wenn es dem Göttlichen zusammenkommt. – Himmel und Erde,
Transzendenz und Immanenz verbinden sich. Das kann sich im Gottesdienst ebenso
ereignen, wie auf dem Sportplatz.
Woran du dein Herz hängst, dass ist dein Gott.
Und woran hängt unser / ihr Herz?
Es muss ja nicht immer Fußball sein...
Wie wärs, denn z.B. mit dem Gott „Geld“? Hauptsache, ich kann mir etwas leisten?
Wie wärs mit der Göttin „Schönheit“? Hauptsache, ich bin schlank und trainiert? –
Hauptsache Gesund?
Wie wär´s mit dem Gott „Erfolg, Karriere oder Macht“ – Hauptsache , ich kann bestimmen?
oder mit der Göttin „Leistung“ – nach dem Motto: Hauptsache, ich kann Tag und Nacht
schaffen –
Das sind Götter, die einen ganz schön klein machen und in die Knie zwingen können –
weil sie – einmal angebetet – einen starken Einfluss ausüben – und wehe man wird Ihnen nicht gerecht, dann erhöhen sie ihren Druck. Leben wird mehr und mehr zu einem
selbstgemachten Gefängnis. Freiheit geht verloren – Es gibt keine andere Wahl.
Denkste! Dagegen setzt Gott - Jahwe sein Wort!
Ich bin JAHWE, dein GOTT, heißt im Buch Exodus als sogenanntes 1. Gebot: Du
brauchst keine anderen Götter neben mir zu haben.
Übersetzt könnte dies heißen:
Bei mir findest du, was du zum Leben brauchst – vor allem – was dein Leben reich und
frei macht. Vertraue mir und lass dich beschenken...
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Und - denke nach – überlege erst einmal, bevor du einen anderen Gott als mich zu
deinem Gott erklärst. Denke nach, welchen Preis du zahlen musst,
wenn du dich ständig sorgen musst,
-
dass du finanziell mit den anderen mithalten kannst,
-
dass du mit 50 noch aussiehst, wie du es mit 30 getan hast
-
dass dir niemand in die Quere kommt und über dich bestimmt
-
dass du nicht krank sein darfst
-
dass du dein Leben einzig danach bemisst, wie viel du geschafft hast.
Denke nach, an wen du dein Herz hängst.
Übrigens – manchmal sehen die sogenannten und ausgerufenen Götter selbst ein, dass
sie es nicht sind, was andere in Ihnen sehen wollen. So antwortete Oliver Kahn auf die
Frage, wie es ihm mit diesem neuen Titel „Fußballgott“ ginge nur knapp mit den Worten:
„Es gibt nur einen“ — und dann wies er himmelwärts.
Eine weise Selbstbescheidung. [...] AMEN