Ulrich Beck / Elisabeth Beck-Gernsheim Individualisierung in

Transcrição

Ulrich Beck / Elisabeth Beck-Gernsheim Individualisierung in
Ulrich Beck/ ElisabethBeck-Gernsheim
Individualisierung
in modernenGesellschaften
Perspektivenund Konrroversen
einersubjektorientierten
Soziologie
UnseremLehrerKarl Martin Bolte
in Dankbarkeitgewidmet
r. \Wasmeint 'Individualisierung der Lebensformen..?
"]{ie-rging erstvorgesrern,vo_rvierJahrenerst, einvierzigjähriger
Großversuchfür die Menschheitzu Ende..,sagteFriedrichschä.lemmerEnde ry93in der Lutherstadt'Wittenberg.
,,Dahabenauch
r7 Millionen Deutschein der ummauerrenProvinz in Kollekdvierungszwängen
gelebt,dieeineEinheitspartei
alshöchsteForm der
Freiheitansah,Individualisierungals Subjektivismusverdammre,
Zukunftsrisikenmit nwissenschaftlich.
begründetemZukunftsoptimismus abwies, wo die 'Siegerder Geschichte.die Normen
vorgabenund die Einheitsgesellschaft
ansrrebten(die sozialistis_che
Menschengemeinschaft),
in der die Menschenals stetstätige
Gemeinschaftswesen
verstandenwurden, mit dem sicheren,gesetzmäßigverbürgten Ziel des Kommunismus gefüttert. Man
durfte nicht mehr entscheiden,weil nichts mehr zu entscheiden
war, weil die Geschichteallesroben.entschieden
hatte.Aber man
mußte auch nicht enmcheiden.. . Nun in der Freiheit, selbstentscheidendürfen und selbstentscheidenmüssen,zerfall aller vorhandenenInstitutionen,Verlusraller Sicherheiten.. . Das Glück
der Freiheitist gleichzeitigdasFallenin ein Loch. Nun sehejeder
zu! \üas gilt? \[er gilt? Es gilt, wer hat und wer zu mehrenweiß,
was er hat, ry Millionen sind dazugekommen,aberdie.üüestkarawane zieht weiter und ruft uns zu: ,Kommt mir. \üfir wissenden
\fleg.rüürir
wissendasZiel. \Vir wissenkeinen]üüeg.
\(ir wissenkein
Ziel. \(as sicherist?Daß allesunsicherund risikoreichist. Genießt
die BindungslosigkeitalsFreiheit....l
Anders- und in vielemdoch ähnlich- verläuftdie Entwicklung
in China. Auch in China zerbrichtdaskollektive System,daseii
garantiertesEinkommen gab, die
Früher
"eiserneReisschüssel...
hattendie Menschenkaum \7ahlmöglichkeitenin Privat- und Be-
rufsleben,aber das minimale Sicherheitsnerzdes Kommunismus
bot ihnen staatlich subventionierre Sflohnung, Ausbild.rrrf;;J
Gesundheitsversorgung.Genau dieseVersotg-rrtrg
von der iVi.g.
bis zur Bahre, angebundenan das Arbeitskodäktiv in Fabrik
oder
Landwirtsch aft,löst sich jetzt auf, und sramdessenkommen
Verträge, die Einkommen und Arbei rcplatzsicherheitmit Fähigkeir
und Leistung verknüpfen. Heute -ird von den Menschen erwartet' daß sie ihr Leben selbstin die Hand nehmenund für Dienstfeislulgen einen ma$tgerechten Preis zahlen ,,Der ständige
Refrain unter städtischenChinesenlauret, daß sie mit dem
beschleunigtenT.*po des Lebensnicht mehr Schritt halten korrren.
Sie sind verwirrt vom Wandel der Verte und Blickwinkel, was
Grundfragen in Arbeit, Ehe, Familie angeht.<<z
Man nehme, was man will: Gott, Nrt.rr, \fahrheit, Vissenschaft,Technologie,Moral, Liebe, Ehe - die Moderne verwandelt
allesin ',riskanteFreiheiteno.Alle Metaphysik, alle Trans zendenz,
alle Notwendigkeit und Sicherheit wiid'durch Ardstik ersetzt.
\Vir werden - im Allgemeinsten und Privatesren- zu Artisten in
der Zirkuskuppel: ratlos. ilnd viele stürzen ab. Dies nicht nur im
\üesten,so_nderngerade
auch in den Ländern, die sich abrupt für
westlicheLebensformenöffnen. Die Menschenin der .h.rrriligen
DDR, in Polen, it Rußland, in China befindensich in einem d,ramatischen
(H. Viesenthal).
"Abs turz in die Moderne<<
Solche Beispiele, für die Bürger der alten nu"desrepublik
scheinbarfern, verweisendoch r"f eine Dynamik, die ,.r.h hier
wohl vertraut ist. In SchorlemmersRede fellt das Stichworr: ,rlndividualisier1lg". Mit diesem Begriff ist ein Ensemble gesellschaftlicher Entwicklungen und frfahrungen gemeinr, d; vor
allem durch zwei BedeutungengekennzeiJhn.Jist, wobei diese
sich, in der Diskussion wie in dä. Realität, immer wieder überschneidenund überlagern (was, wenig verwunderlich gdnzeSet
rien von Mißverständnissenund Kontiovers en erzeugrhät): IndividualisierYng meint zum einen die Auflö.sung ,rärg.g.b.rr.,
sozialerLebensformen - ztrm Beispiel das Brüchi[*.rd".n"rron lebensweltlichenKategorienwie Klaise und Stand,b.r.hlechtsrollen, Familie, NachbJrr.hrft usw.; oder auch,wie im Fall der DDR
und anderer Ostblocksta äten, der Zusammenbruch staatlich verordneter Normalbiographien, Orientierungsrahmenund Leirbilder.\7o immer solcheAuflösungstenderrr.ririch zeigen,srellt sich
zugleich die Frage: Welche neuen Lebensformen .rrtst.hen dort,
IO
II
wo die alten, Quä Religion, Tradition oder vom Staat zugewiesenen, zerbrechen?
,
Die Antwort, auf die zweite Seite von Individualisierung verweisend, heißt schlicht: In der modernen Gesellschaftkommen
auf den einzelnenneue institutionelle Anforderungen, Kontrollen
und Zwänge zu. Übet Arbeitsmarkt, Wohlfahrtsstaatund Bürokratie wird er in Netze von Regelungen,Maßgaben,Anspruchsvoraussetzungeneingebunden. Vom Rentenrecht bis zum Versicherungsschvtz)vom Erziehungsgeldbis zu den Steuertarifen:all
dies sind institutionelle Vorgabenmit dem besonderenAufforderungscharakter,ein eigenesLeben zu führen.
tndividualisierung ä diesem Sinne meint also ganz sicherlich
nicht eine ,'unb ,girn t im quasi freien Raum jänglierende. . .
Handlungslogik"3, und auch nicht bloße "Subjektivität", ein Absehendavon, daß "hinter der Oberfläche der Lebenswelteneine
hoche ffiziente, engmaschige Institutionengesellschaftist...4 Im
Gegenteil, es ist ein alles andere als gesellschaftsfreier
Raum, in
dem sich die modernen Subjekte mit ihren Handlungsoptionen
bewegell.Die Regelungsdichteder modernen Gesellschaftist bekannt bis berüchtigt (vom fÜV bis zur Steuererklärungbis zu
Mülisortierungsb.tti-tttungen), i- Summeneffekt ein hoihst diff erenziertesKun$twerk mit labyrinthischen Anlagen.
Das enmcheidendeKennzeichendiesermodernen Vorgabenist,
daßdasIndividuum sie,weit mehr alsfrüher, gewissermaßen
selbst
herstellenmuß, im eigenenHandeln in die Biographiehereinholen
muß. Das hatwesentlichdamit zutun, daß die traditionellenVorgaben oft rigoroseHandlungsbeschränkungen,jaHandlungsverbote
beinhalteten(wie etwadie Heiratsverboteder vorindustriellenGesellschaft, die den besitzlosenBevölkerungsgruppeneineEheschließung
unmöglich machten; oder die Reiseverboteund Heiratsverboteder
Ostblockstaaten, die Kontakt zu.m "Klassenfeindo untersagten).
Dagegen sind die institutionellen Vorgaben der modernen westliche" Gesellschafteher Leistungsang.Lo,e bzw. F:landlungsanreize -man denke etwa an den Vohlfahrtss taat,,vonArbeitslosengeld
bis zu BAföG und Bausparprämien.Vereinfacht gesagt:In die ffaditionelle Gesellschaftund ihre \Äcrgabenwurde man hineingeboren (wie etwa in Stand und Religion). Für die neuen Vorgaben
dagegenmuß man etwas twn, sich aktiv bemühen. Ffier muß man
erobern, in der Konkurrenz um begrenzte Ressourcensich durchzusetzenverstehen- und dies nicht nur einmal, sondern tagtäglich.
T2
Die Normalbiographie wird damit zur,,vahlbiographieo
, znr
Das muß nicht
"reflexivenBiographieo, zur ,rBastelbiographie...5
gewollt sein, und es muß nicht gelingen.Bastelbiographie
ist imzugleich
"Risikg|iographie.., i; ,, rahtseilbiJgräphieo,ein
3.t
Zustand
(teils offenen, teils verdeckten) Da.räg.fahrj,rrrg.
4.t
Die Fassaden
von \flohlstand,Konsum, GlimÄ., täuschenoft darüber hinweg, wie nah der Absturz schon isr. Der falsch.
B.;
oder die falscheBranche, dazudie privaten lJnglücksspiralen
von
Scheidung,Krankheit, Vohnungs,oerl.rst- PeÄ gehaütl ieißt
es
dann. Im Falle des Falleswird ofT.n erkennbar,was unrergründig
immer schon
lngelegt ist: Die Bastelbiographi. krrrn schn e1lzur
Bruchbiographiewerden. An die StelleI.lürtversrändlich
vorgegebener' oft erzwungenerBindungen tritr das Prinzip ,rBis
*f
weiteres<<,
wie Zyg^unt Bauman sagr:
allessichgegen. . . lebenslange
"Heut zutagescheint
Entwürfe,dauerhafte
Bündnisse,
.ttt*rttdelbare
lden"titäten
zu ver.schwörerl.
!in{un8€n, -ewise
Ich kannnichtlangfristig
aufmeinenArbeitsplatz,
meinenBeruf,ja nicht
einmalauf
Fähigkeiten
bauen;ich kanndaraui*.rr.rr, daß
.meineeigenen
meinArbeitsplatzwegrationalisiert
wird, daßmeinBerufsichbiszur Unkenntlichkeit
verändert,
daßmeineFähigkeiten
nicht länge,g.frrg, sind.
Auch aufPartnerschaft
oderFamilieist iiZ"kunft nicht ät iru gr".irrden;
im Zeitalterdessen,
*T Anthony Giddens,confluentlove<nennt,währt
dasBeisammensein
nichtlängeralsdie Befriedigung
einesder partner,il;
Bindunggilt von vornhereinnur ,bis auf *eiteier.,-di.intensiveBindung
von heutemachtFrustrationen
morgennur um so heftiger..,
Kennzeichen der Gegenwarr ist so eine Art ,rlandstreicherMoral..:
Der Landstreicher
,rweißnicht,wie langeer dort, wo er isr, nochbleiben
wird, und zumeistist nicht er es,der r,ib.rdie DauerseinesAufenthalts
befindet.Ijnterwegswählt er sichseineZiele,wie siekomrnenund wie er
sievon denWegweisern
abliest;aberselbstdannweißer nichtsicher,ob er
andernächsten
StationRastmachenwird, und für wie lange.Er weißnur,
daß seinesBleibenssehrwahrscheinlich
nicht langeseinwird.-$flas
ihn
forttreibt, ist die Enttäuschung
über den Ort seinesletztenVerweilens
sowiedie nie versagende
Hoffnung,der nächsteOrt, von ihm nochnicht
besucht,
odervielleichtderübernäihste
möchtefreiseinvon Mängeln,
-----o---die
ihm die bisherigen
verleidet
hab,en...6
Sind dies, wie manchevermuten, Zeichenvon Egoismus und Hedonismus,einesim Westengrassierenden
E,go-Fiäers?Nein, man
schau genauerhin: Ein *eit.r., Kennz.iÄen der Vorgaben der
r3
Moderneist, daßsie ehergegenalsfür familialesZusammenleben
und Zusammenhaltwirken. Die meistenRechte,Anspruchsvordes\flohlfahrtsstaates
für Unterstützungsleistungen
aussetzungen
zugeschnitten,
nicht auf Familien.
sind, wie gesagt,auf Individuen
Siesetzenin vielenFällenErwerbsbeteiligung(oder,im Fallevon
Arbeitslosigkeit, Erwerbsbereitschaft)voraus. ErwerbsbeteilibeidesMobilität und
gung wiedcrunr$ctztBildungsbeteiligung,
voraus,allesAnforderungen,die nichtsbeMobilitätsbereitschaft
fehlen, aber das Individuum dazu auff.ordern,sich gefälligst als
Individuum zu konstituieren:zu planen,zu verstehen'zu entwerfen, zlhandeln - oder die Suppeselbstauszulöffeln,die essichim
- Falleseines,Versagens..
dann selbsteingebrockthat. Der Sozialzur Konditionierungichstaatist derarteineVersuchsanordnung
bezogenerLebensweisen.Man mag das Gemeinwohl mit einer
Pflicht-Impfung in die Herzen der Menschenspritzen,die gerade
Litanei der verlorengeheutewieder öffentlich heruntergebetete
gangenenGemeinsamkeitist doppelzüngig,doppelmoralisch,solangedie Mechanik der Individualisierungintakt bleibt und niemand sie wirklich ernsthaft in Frage stellt - weder will noch
kann.
Auch hier wieder dasselbeBild: Entscheidungen,möglicherweise unentscheidbareEntscheidungen,unter Vorgaben,die in
die den einDilemmatahineinführen- aberebenEntscheidungen,
zelnenals einzelneninsZentrumrückenund traditionaleLebensund Umgangsformenmißlohnen.
DynaIndividualisierung,so gesehen,ist eine gesellschaftliche
mik, die nicht auf einer freien Entscheidungder Individuen beruht. Um esmitJean-PaulSartrezu sagen:Die Menschensind zur
Individualisierungverdammt. Individualisierungist ein Zwang,
ein paradoxer Zwang allerdings,zur Flerstellung,Selbstgestalnicht nur der eigenenBiographie,sontung, Selbstinszenierung
dern auch ihrer Einbindungen und Netzwerke, und dies im
und unter dauernder
. Wechselder Präferenzen
und Lebensphasen
Abstimmung mit anderenund den Vorgabenvon Arbeitsmarkt,
usw.
Bildungssystem,'Wohlfahrtsstaat
Merkmalen von IndividualisierungsZu den enrccheidenden
prozessengehört derart, daß sie eine aktive Eigenleistungder
Individuen nicht nur erlauben,sondernfordern. In erweiterten
wächstder indiOptionsspielräumenund Entscheidungszwängen
viduell abzuarbeitendeHandlungsbedarf,es werden Abstimr4
mungs-' Koordinations- und Integrationsleistungen
nötig. Die
Individuen müss€D,um nicht zu scheitern,langfriitig planen und
den umständen sich anpassenkönnen, müssenorgÄisieren und
improvisieren, Ziele entwerfen, Hindernisse erketrn.tt, Nied erla\r gen einsteckenund neue Anfänge versuchen.Sie brauchen Initia1tive, Zähigkeit, Flexibilität und Frustrarionstoleranz.
Chancer, Gefahren,Unsicherheitender Biographie,die frülrer
im Familienverbund, in der dörflichen Gemeinschaft, im Rückgriff auf ständischeRegeln oder soziale Klassendefiniert waren,
'
müssennun von den einzelnenselbst wahrgenommen, interpretiert, entschiedenund bearbeitetwerden. Die Folgen - Chancen
wie Lasten - verlagernsich auf die Individuen, wobei diesefreilich, angesichtsder hohen Komplexität der gesellschaftlichen
Zu-sind,
sammenhänge,vielfach kaum i" der Lage
die notwendig
werdendenE,ntscheidungen
fundiert zu treffen, in Abwägung von
Interesse,Moral und Folgen.
Dabei wird vielleicht erst im Generationenvergleichspürbar,
wie schnelldie Anforderungen steigen,denendie Individuen jetzr
ausges
etzt sind. In einem Roman von Michael Cunningham fragt
die Tochter die Mutter, warum sie den Vater geheiratetliat:
auf dieser\7elt ausgerechnet
ihn
"\flußtestdu, daßdu von allenMenschen
heiratenwolltest?Hast du nie Angst gehabt,dr könntesteinenriesigen
Fehlermachen,irgendwiedie richtigeSpurdeinesLebensverlierenund
sonsrwolanden,aufirgendeiner
von der du nie zurückkommen
Tangente,
kannst?o
Doch dieMutter,rwinktedieFrageabwie eineträge,aberbeharrlicheFliege.,Damalsstelltenwir nicht so großeFrag€o.,sagtesie.,Ist es
nichtschwerfür euch,immerall diesesNachdenken
und Überlegenund
Planen
?,,,7
Ahtrlich schildert Scott Turow in einem Roman eine Begegnung
zwischenVater und Tochter:
,Währender Sonny zuhörte,die zwischenimpulsivenGefühlenhin- und
hergeschleudert
Ironie,Arger-, sahStern
wurde- Flehen,Bedrängnis,
mit einemMal, da{3Clara[seineFrau]und er von einemgütigenSchicksal
profitierthatten.Damals,zu seinerZeit, warendie Vorgaben
klarer.Alle
\üZelt,
Männerund Frauender westlichen
die in der Mittelschichtaufgewachsen
waren,wolltendamalsheiraten,Kinderbekommenund aufziehen.I-Jndsoweiter.
ausgetretenen
Spuren.Aber
Jederreistein denselben
für Sonny,diespätheiratete,
in derNeuenEpoche,war alleseineFrageder
Entscheidung.
Siestandmorgens
aufundfingallesvonvornean.Siedachte
überBeziehungen,
E,he,Männernach,überdenunberechenbaren
Gefährten,densiesichausgesucht
hatte- nachihrerBeschreibung
schiener noch
It
zu sein.Er erinnertesichanMarta,dieoft sagte,siewtirde
einhalberJunge
einenmännlichenBegleiterebensoschnellfinden,wie ihr einfiel,wozu sie
ihn brauchenkonnte.<<8
I)em einen klingen solche Beispielevertraut. Dem anderenscheinen sie fremd, Geschichten aus einer fernen Welt. D aian wird
deutlich: Es gibt nicht "die" individualisierteGesellschaft.LJnbestreitbarist die Situation in Großstädtenwie München oder Berlin
anders als in Vorpommern oder Ostfriesland. Zwischen-städti
schen und ländlichen Regionen finden sich deutliche Unterschiede, empirisch nachweisbaretwa in b ezugauf Lebensstil und
Familienform.e \Washier längst selbstverständlich,Teil des Normalen, ist dort auffallend, irritierend, bedrohlich. S7obeifreilich
Lebensformenund -orientierungender Stadt- gebrochenund and.erseingefärbt - sich auch auf dem Land ausbreiten.Individualisierungmeint, beinhaltetUrbanisierung.Urbanisierungaberträgt
die Leitbilder der \flelt draußen bis in die \Tohnstube im Dorf,
über Bildungsexpansion, über Fremdenverkehr, nicht zuletzt
auch über Werbung, Massenmedienund }vlassenkonsum.Auch
wo die scheinbar festgefügten Lebensstile und traditionalen
Sicherheiten gewählt unä ittizettiert werden, sind dies oft genug
'BedürfEntscheidungen gegen neue Sehnsüchteund geweckte
nisse,
So ist je nach Gruppe, Milieu, Region zv prüfen,wie weit Indi- offen oder verdeckt- jeweilsausgeprägt
vidualisierungsprozesse
und fortgeschritten sind. Keineswegswird behauptet, die Entwicklung habe flächendeckendund unterschiedslosdie gesamte
Bevölkerung erfaßt. Vielmehr ist das Stichwort
"Individualisierung<<als Trendaussagezu verstehen. Die Systematik der Entwicklung ist entscheidend,die mit dem Fortschreitender Moderne
verknüpft ist. Martin Baethge schreibt: ). . . 'was das Morgen ankündigt, kann ja heute kaum schon repräsentativsein...10In diesem Sinne ist Individualisierung beides exemplarischeGegenwartsdiagnoseund Zukunftsmusik.
$ilassich im Zuge dieser Entwicklung letztlich ankündigt, ist
das Ende der festen, vorgegebenenMenschenbilder.Der Mensch
wird (i- radikalisierten Sinne Sartres)zur Wahl seiner Möglichkeiten) zum homo optionis. Leben, Tod, Geschlecht, Körperlichkeit, Identität, Religion, Ehe, Elternschaft, soziale Bindungen
entscheidbar,muß, einmal zu Optionen zerschellt, entschieden
ß
werden.l l Im bestenFall erinnert dieseKonstellationan den Baron
von Münchhausen, d:- gelungensein soll, was heute zvmallgemeinen Problem wird: sich an seinem eigenenSchopfe aus dem
Sumpf der (Un)lvlöglichkeiten zu ziehen. Am klarsien hat (mit
pessimistischemZungenschltg) diese artistische Zivilisarionsirg.
wohl Gottfried Benn gefaßt: 'rDenn meiner Meinung nach fänlt
die Geschiclttedes Menschen heute ersr an, seine öefährdrrr"g,
seineTragodie. Bisher sianden noch die Altäre der Heilig.n .rnä
die Flügel der Erzeneel hinter ihm, aus Kelchen und %uTbecken
rann esüber seineSchwächenund \ü7underl.Jetztbeginnt die Serie
der großen unlösbarenVerhängnisse
seinerselbst.. .rrt2
2. vön der unlebbarkeitder Moderne:
E,ntroutinisierung
desAlltags
Fragen,in die sie'zerschellen,in den Köpfen herum. Aber es ist
mehr als das. SozialesHandeln vollzieht sich eingebemer
in Rourinen' Man kann sogar sagen: \üas wir nicht oder kaum wissen,
prägt unser Denken und Handeln am tiefsten. Es gibt einen großen Literaturkreis, der in diesem Sinne die Fntlasi mg, g€näuer:
die tlnverzichtbarkeit von vor- und halbbewußt verinn.rli.hren
Routinen betont, weil in ihnen erst die Lebensführungund ldentitätsfindung der Menschen in ihrer sozialenKoordination möglich
wird.
Es geht im Alltag, wie Hartmann Tyrell zeigt, wesentlich
>>um
die zeitlicheOrdnung desTuns. . . Aber nicht alleindie zeitliche
Ordnungalssolcheist wichtig,sondernebensosehr
diedamitverbundene
Edebnisschicht
des,Imrnerwied€r.,desNormalen,desRegulären,
des
Übettaschungsfreien.
Zugleichist der Alltag eineSphärederleduzierten
Aufmerksamkeit,
des routinisiertenTuns, der entlastet-sicheren
Verfügbarkeit,alsodes ,Immer-wieder.desTunkönnens
. . . Es geht um dasmitunterin einemdezidiertpartikularistischen
Sinne- ,beiuns.,im familialenZusammenleben,
im Dorfe, in dgr Regionusw. alltägli.ttüUliche
undVertraute.
. ., alsoum das,'was,beiuns<jedertut...13
Genau diese Ebene von vorbewußten
"kollektiven Habitualisierungell<<,
von Selbstverständlichkeiten
ist es, die mürbe wird, ins
Denken und Verhandeltwerdenmüssen zerstaubt. Die Tiefenschicht von Entscheidungsverschlossenem
wird in die Entschei-
r7
dung gedrängt.Daher das Nervend., \flundscheuernde,
endlos
und
die
entsprechenden
Lästige
Abwehr-Aggressionen
dagegen.
Man kann den Fragenund Entscheidungen,
die ausdem Boden
emporsteigen,
der Lebensführung
wederentkommen,noch kann
man siezurückverwandetrn
in schweigenden
Grund, auf dem sich
lebenläßt.Jedenfallsgelingtdiesimmer nur zeitweise,vorläufig,
durchsetzt,mit Fragen,die jederzeiterneut aufbrechenkönnen.
Nachdenken,Überlegen,Planen,Abstimmen,Aushandeln,Fesr, legen,\fliderrufen (und allesfängt immer wieder von vorne an):
i Das sind die Imperativeder 'rriskantenFreiheiten..,unrer die das
Lebenmit Fortschreitender Modernegerät.Auch die Nichtenrscheidurg,die GnadedesHinnehmenmüssens
verfluchtigtsich.
Manchmaltritt an ihre Stelleein Zwitter, der dasVergangene
zurückgaukelt:die Entscheidungfür den Zufall die Entscheidung
für die Nichtentscheidung,ein Versuch,der die Zweifelverjagen
soll und doch bis in die innerenDialoge
' hineinvon ihnenverfolgt
wird.
'rlch glaubte, daß ich bald schwangerwürde. Ich nahm keine Verhütungsmittel mehr. Aber irgendwie konnte ich es niemand sagen,weder Bobby
noch Jonathan.Wahrscheinlichschämteich mich über meine Motive. Ich
gefiel mir nicht in der Vorstellung, berechnendoder hinterhältig zu sein.
Ich wollte nur eines: zufäIlig schwangerwerden. Der unerwarreteNachteil
des modernen Lebens bestehtdarin, daß wir das Schicksalbesiegthaben.
Von uns wird erwartet, daß wir vieles, fast alles entscheiden.. ."In einer
anderen Epoche hätte ich Kinder bekommen, als ich in den Zwanzigern
war, während meiner Ehe mit Denny. Ich wäre Mutter geworden, ohne
groß darüber nachzudenken.Ohne die Konsequenzenabzuwägen...14
Das Leben verliert seine Selbstverständlichkeit, heißt: selbst der
soziale ,rlnstinkt-Ersatzrr, der es trägt und leitet, gerät in die Mühen und Mühlen dessen, v/as bedacht, bestimmt werden muß.
'Wenn
es richtig ist, daß Routinisierung und Institutionalisierung
eine endastende, Individualität und Entscheidung ermöglichendä
Funktion haben, dann wird deutlich, welche Art von Beschwernis, Anstrengung, Nervigkeit mit dem Zermürben der Routinen
entsteht. Ansgar \üeymann verweist auf die Anstrengungen, die
das Individuum unternimmt, um dieser
"Tyrannei der Möglichkeiten" (Hannah Arendt) zu entkommen - z,B. durch Flucht in
Magie, Mythos, Metaphysik. Das überforderte Individuum
,rsucht, findet und produ ziert zahlloseIns tanzensozialer und psychischer Interventionen, die ihm professionell-stellverrretend
die
r8
Frage nach dem ,Was bin ich und was will ich. abnehmen und
damit die Angst vor der Freiheitmindern...15
Hier habendie Antwort-Fabrik€n, der Psychoboom, die Ratgeber-Literatur ihren
Markt, jene Mischung aus Esoterik, LJrschrei,Myrtik, Yoga und
Freud, die die Tyrannei der Möglichkeiten übertönen soll und im
\Techselder Moden weiter bestärkt,
Nun sagenmanche,wer von Individualisierungspricht, meine
Autonomie, Ema nzipation, ebensoBefreiungwie Selbstbefreiung
des Menschen.16
Dies erinnert dann an jenesstolze Subjekt, von
der Philosophieder Aufklärung postuliert, dasnichts geltenlassen
will als die Vernunft und ihre Ges etze. Aber manchmal scheint
statt Autonomie eher Anomie vorarherrschen, ein Zustand der
Regellosigkeitbis hin zur Gesetzlosigkeit(wobei Emile Durkheim
in seiner klassisch gewordenen Studie Anomie geradezuals das
,rÜbel der fehlenden Grenzen<<
versteht, alsZeit der überbordenden, nicht mehr durch gesellschaftlicheSchranken disziplinierten Wünsche und BegierdenrT).Jede Verallgemein€rurlg,die die
individualisierteGesellschaftnur unter dem einen oder anderen
Vorzeichen- Autonomie oder Anomie - b.greifen will, verkirzt
und verstellt die Fragen, die hier aufbrechen. Kennzeichnend
sind Miqghf91nq.tt,Vidersprüche, Ambivalenzen (abhängig von
politischen, wirtschaftlichen, familialen Bedingungen). Kenndie je nach Konjunkzeichnendist die ,,Bastelbiographie..l8,
turverlauf, Bildungsqualifikation, Lebensphase, FamilienlaB€,
Kohorte-- gelingen oder in eine Bruch-Biographie umschlagen
kann. Scheiternund unverzichtbareFreiheit wohnen nah beieinander, mischen sich vielleicht sogar (r.8. in der "gewählten"
Single-Existenz).
Itt jedem Fall rühren die Them€n, an denen die einzelnensich
Lebensbereichehinein. Es könabarbeiten,ir die verschiedensten
nen "kleine.<Fragen sein (etwa um die Verteilung der Flausarbeit
kreisend), aber auch ,'große..,die Tod und Leben einschließen
(von der Pränataldiagnostikbis zur Intensivmedizin).Die Entroutinisierung entläßt also Fragenvon ganzunterschiedlichemsozialen und moralischen Format. Durchgängig aber gehen sie ans
Zentrum der Existenz. Man kann geradezusagen:Die EntscheiFragen, die mit
dungen der Lebensführung,werden>>vergottet<<.
Gott untergegangensind, tauchen nun im Zentrum des Lebens
neu wieder auf. Der Alltag wird postreligiös>'theologisiert<<.
Es läßt sich eine säkulareLinie zeichnen:Gott, Natur) soziales
r9
System. Jede dieser Kategorien und Sinnhorizonte ersetzt in gewisser Veise die vorangegangenenund steht für eine Art von
eine Legitimitätsquellesozialen HanSelbstverständlichkeit
""J
delns, die als eine Abfolge säkularisierter Notwendigkeiten gedacht werden kann. In dem Maß, wie die Dämme durchlässig
werden und brechen, verwandelt sich, was einmal Gott vorbehalten oder von der Natur vorgegebenwurde, nun in Fragen und
Entscheidungen,die in der privaten Lebensführungihren Ort haben. (Mit den Erfolgen der Fortpflanzungsmedizin und Humangenerikgerätdie Anthropologie desMenschensogarwortwörtlich
in die Entscheidung.)Insofern kann man in einer kulturgeschichtlichen Perspektivesagen:Die Moderne, die mit dem Anspruch der
Selbstermächtigungdes Subjekts angetretenist, löst ihr Versprechen ein. Mit der Durchsetzung der Moderne tritt in kleinen und
großen Schritten an die Stellevon Gott, Natur, Systemdasauf sich
selbstgestellteIndividuum. Mit dem lJntergang der alten Koordinaren geht auf, was verteufelt und bejubelt, verlacht, heilig und
schuldig gesproch€r, totgesagtwurde: die Fragenach dem Individuum.
3. Wasist neu an Individualisierungsprozessen?
der Ehe
Das Beispielder Sozialgeschichte
In seinem r 86o erschienenen Buch Die Kwhur der Renaissa.ncein
Italien schreibt Jakob Burkhardt:
Im Mittelalter LagdasBewußtseinder Menschen,rwieunter einem gemeinsamen Schleierträumend oder halbwach. Der Schleier war gewoben aus
Glauben, Kindesbefangenheitund Vahn; durch ihn hindurchgesehenerschienenWelt und Geschichtewundersam gefärbt, der Mensch aber erkannte sich nur als Rasse,Volk, Partei, Korporation, Familie oder sonst in
irgend einer Form des Allgemeinen. In Italien zuerst verwehte dieser
Schleierin die Lüfte; es erwachteeine objektive Betrachtungund Behandlung desStaatesund sämtlicherDinge dieser\7elt überhaupt; danebenaber
erhebt sich mit voller Macht das Subjektive; der Mensch wird geistiges
Individuum und erkennt sich als solches...
Burkhardts Schilderung der Renaissance trägt - paradox gesagt Zige der Postmoderne. Alles wird von Moden erfaßt; der politisch indifferente Privatmensch enrcteht; Biographien und Selbstbiographien werden geschrieben und erfunden; die Bildung der
20
Frauen formt sich nach männlichen Idealen. ,'Das Ruhmvollste,
was damalsvon den großen Italienerinnengesagrwurde, isr, daß
sie einen männlichen Geist, ein männlichesGemüt hätten.<<
Aus
dem Ho rizont des ry. Jahrhundertsmerkt Burkhardt an, hier enrsteheein "E,twas. . .1 das unseremJahrfiundert, wie Schamlosigkeit vorkömmt ,..re
Ver clieseund ähnliche Schilderungenliest, fragr: Sflasist neu
und spezifischan den Individualisierungsprozessenin
der zweiten
Hälfte des zo.Jthrhunderts?20Knapp und direkt geanrworrer:
Das historisch Neue bestehtdarin, daß das, was früler wenigen
zugemutetwurde - ein eigenesLeb en zu führen -, nun mehr und
mehr Menschen,i- Grenzfall allen abverlangtwird. Das Neue ist
erstensdie Demokratisierungvon Individualisierungsprozessen
und zweitens (.ttg damit zusammenhängend)die Tatsach., daß
Grundbedingungender GesellschaftIndividualisierungenbegünstigen bzw. erzwingen (Arbeitsmarkt, Mobilitäts- und Ausbildungsanforderungen,Arbeits- und Sozialrecht,Rentenvorsorge
etc.): die institwtionalisierteIndividualisierung.
Diese Geschichteder Ausbreitungund Ourchsetzungvon Individualisierungen kann an verschieäenensozialen Phänomenen
und Gebilden nachgezeichnetwerden. Im folgenden soll dies
exemplarisch und skizzenhaft anhand der Sozialgeschichteder
Ehe geschehen.Vorweg als These formuliert: Während die Ehe
früher zuallererst eine individuumüberhobene Institution sui generiswar, wird sie heute immer mehr zumProdukt und Konstrukt
der sie eingehendenIndividuen. Betrachtenwir nun diesenhistorischenBogen genauer:
Noch im 17, und r 8. Jahrhundertist die Ehe nicht von unten
nach oben, sondern von oben nach unten zu begreifen,als direkter Bestandteil der Gesellschaftsordnung.Sie ist eine dem individuellen Zugriff weitgehend verschlossene,sozial verbindliche
Lebens- und Arbeitsform, i. der Männern und Frauen bis in die
EinzelheitendesAlltags, der Arbeit, derWirtschaft, der Sexualität
vorgegebenist, was sie zu tun und zu lassenhaben.(Natürlichhalten sich keineswegsalle daran Aber dassozialeNetz von Familienund Dorfverband ist eng, die Kontrollmöglichkeiten sind allgegenwärtig. So hat, wer gegendie herrschendenNormen verstößt, oft
mit empfindlichen Sanktionen zu rechnen.) Zuge.spitztformuliert:
Die Ehe ist eine Art verinnerlichtes'rNaturge set"z<<,
das- abgesegnet durch Gott und die Autorität der Kirche, gesichertdurch die
2T
- in der
materiellenInteressender darin Zusammengebundenen
Ehe sozusagen"exekutiert.<wird. Deutlich tritt dies an einem
scheinbaren
Gegenbeispiel,
nämlicheinererkämpftenScheidung,
hervor,von der GiselaBockund Barbaral)uden berichren:
des r 8. Jahrhundertserschienenim Gebiet Seine/Marne in Frank"Anfang
reich vor dem zuständigenKirchengericht zweil-eute: JeanPlicque, Veinbauer in Villenoy, und Catherine Giradin, seine Frau. Sieben Monate
vorher hatten sie wegen absoluter LJnverträglichkeitmühsam eine f1-ennung von Tisch und Bett durchgesetzt. Jetzt kommen sie wieder und
erklären, daß es für.sie nicht nur besser,sondernvor allem rviel vorteilhafter und nützlicher sei, sich zusammenzu tun, als ggtrennt zubleiben..Die
Einsicht diesesPaaresist t1'pischfür sämtlichelandüchenund städtischen
\Tirtschaften: Mann und Frau waren aufeinander angewiesen,weil und
solangees jenseitsder famili.alenGesamtarbeitkeine Nahr,rngs- und E,rwerbsmöglichkeit gab. rr2r
Die Einsicht dieses Paaresbringt auf den Punkt, was ftir die vorin-
dustrielle \flelt (bei aller Vielfalt) typisch zu sein scheint. Es gibt
(abgesehenvon Kirche und Kloster) keine gesichertemareri.tt.
Existenzbasisjenseits der E,he.Diese hat ihien Grund und Kitt
nicht in der Liebe, sondern in der religiösenVerbindlichkeit und
materiellen Verankerung ehelicher Arbeits- und Lebensformen.
Wer den Sinn dieser Institution Ehe begreifenwill, muß gerad,ezu
von den Individuen abstrahieren tttd das übergreifend! Ganze
einer letzdich in Gott, im Jenseitsbegründeter Ordnung ins Zentrum stellen, Die Ehe dient hier nicht dem individuellen Glück,
sondern der Sicherung der Erbfolg., der familial begründeten
Herrschaft im Adel usw. An ihr hängt die Stabilität ä.r. gesellschaftlichen Ordnung und Hierarchie in einem sehr greifbaren
Sinne.
Mit der beginnendenModerne lockert sich der übergeordnere
Sinnzusammenhangsozialer Existe nzformen. Der Z"{ zur Individualität - zunächst des bürgerlichen, auf privaten Kapitalbesitz
gegründeten
"Markt-Individuums<< stellt die Schwerkraft der
kollektiven Identitäten und Handlungseinheitenin Frage, zumindest latent. In der Trennung von Familien- und \Wirtschäftssphäre
zerbricht die Arbeits- und Virtschaftseinheit von Mann und F rau.
Bezeichnenderweisewird diese Auflösung der mareriellen Basis
ehelicher Gemeinschaft mit einer Überhöhung der moralischen
und rechtlichen Grundordnung der Ehe beantworter. Auch hier
wird die Ehe
"deduktiv", also von oben nach unten, gerechtfer22
tigt, nun aber mit moralischenAusrufungszeichen,als Eckpfeiler
4.t bürgerlich-christlichen Weltordn.tngl Noch im Entw"rf für
das Bürgerliche Gesetzbuch, r 888 .rtihienen, heißt es: ,'Ein
deutschesbürgerlichesGes,B. wird der christlichen Gesamranschauungim Volke gemäß. . . davon auszugehenhab€r, daß im
Eherecht nicht das Prinzip der individuelletr Freiheit der Ehegatten herrscht, sondern die Ehe als eine von dem Villen der Ehegatten unabhängige sittliche und rechtliche Ordnung anzus.f,.r,
ist...22
'rNicht das Prinzip der individuellen Freiheit..,starrdesseneine
>vomWillen der EhegarrenunabhängigeOrdnung..: In der Nega-G.*.insamkäit
tion schwingt die drohendeMöglichkeit mit. Die
ist allerdingseine einseitige.Der Ehefrau wird der eigeneName
ausdrücklich verwehrt. Der Familienname wird damit der des
Mannes.Exemplarischwird das Allgemeine mit der Macht - hier:
desMannes- gleichgesetzt.
So heißt esnoch 19t6 ineinem Urteil:
,Vielmehr läßt Arr. 6 GG die Gleichberechtigungim Familienrecht nur so zvm Zuge kommen, daß unse-r herkömmlicher,
christlich bestimmter Familienbegriff dabei erhaltenbleibt. Allen
übersteigertenindividualistischenBestrebungenist damit die Auswirkung im Eherecht versagt.. . Das muß auch für das eheliche
Namensrecht gelten.rr23Hier findet sich schon die Bannformel
von den
die
"übersteigertenindividualistischenBestrebungen<<,
nichtsvon ihrer Aktualität verloren hat. Mit ihr soll der Beelzebub
desIndividualismusausgerrieben
werden.
Familienstammbüchersind eine ungeöffnete Fundgrube für
gleichsam ex cathedra verkündete .\fl,i"schfamilienbiläer. Zwei
sollenhier gegenübergestellt
werden: einesausder Zeitdes Nationalsozialismus,'einesaus den siebzigerJahren der Bundesrepublik. Viel radikaler könnte der Gegän tit, kaum ausfallen. Di.
Geleitworte verdeutlichen die individualistische Konversion, die
sich in Deutschland innerhalb von nur drei Jahrzehnten- auch
amtlich! - vollzogen har.
Anfang der vieizigerJahre hieß es: ,,ZumGeleitl Die Ehe kann
nicht Selbstzwecksein, sondern muß dem einen größeren Ziele,
der Vermehrung und Erhaltung der Art und Rassedienen. Adolf
Hitler.rr24Das klingt wie ein Befehl und ist wohl auch so gemeint.
Die Rassenlehreder Nationalsozialistenist ein exrremesBeispiel
der "Gegenmodernisierung<<2s,
die die Maskeradeder Vergatt[.trheit inszeniert, um die
der Moder ne zu"Auflösungstendenzen<<
23
rückzuschrauben.Siebetreibt- mit allenMitteln - die hergestellte
Fraglosigkeit blurcgemeinschaftlicherReintegration. Die Ehe
wird so zur staatlichen Zweigniederlassung,zum Kleinsrsraarsgebilde) znr "Keimzelle des Staates<<.
Sie gilt und dienr als Ort d.t
rrdeutschen
Reproduktion der
Rasse...
Die kommentierenden Sätzeim Familienstammbuchder siebzrgerJahre lesen sich wie der Gegenschwur. Hier heißt es: ,rAufgtbe einer privatrechtlichenOrdnung der Ehe ist, sie nichr primär
im Dienste weiterer, außerhalb ihrer liegender Zwecke zv-seh€n,
sondern in der Ehe selbstden Haup tzweck zu finden .1126
Im heutigen Ehebuch ist also nicht mehr rttt der ,rchristlichen\flelt- und
Verteordnung"
schon gar
4i. Rede, auch nicht von ,rstaatszielen<<,
nicht von
der
Rasse...
Srart
dessen
wird
der
Schritrvon
"Erhalrung
der auf das Ganze zu der auf die Personen gerichrerenSicht ausdrücklich formuliert, Da haut sich der Staatsogargleichsamselbst
auf die Finger, indem er die von ihm angetrauten"Eheleure
davor
warnt, das zu tun, was bis dahin Grund satzstaatlichenEherechts
und smatlicher Ehepolitik war: Naturalisierung überkommener
Leitbilder.
,rVorsicht ist insbesonderegegenüberder gefährlichenVersuchung geboten, die überko--.tr.tt Leitbilder von Ehe und Familie einfach ungeprüft als >natürlich.hinzunehmen und auf diese
Veise rechtlich zv versteinern. Die rasche Entwicklung unserer
modernen Industriegesellschaft, die zunehmendeBerufstätigkeit
der Frau, die zu erwartenden weiteren Arbeitszeitverkürzungen,
der Umbau der Berufsbilder usw. zwingen die Rechtsordnungzu
unvoreingenommener Aufgeschlossenheitgegenüber neuen Lebensformenin Ehe und Familie.r.27
Da klingt geradezusoziologie
durch.
Doch den frisch Getrauten wird auch noch dieser ,rsegenssPruch" Martin \Talsers- in einem eigenenKapitel ,rDie Eh.*ftosung< wortwörtlich ins Stammbuch geschrieben: ,rVon einem
gewissenGrad der Auseinandersetzungan erscheinensie [die E,[eleute] wie zwei Chirurgen, die einanderandauerndohn. Nrrkose
operieren, tund lernen immer besser,was weh tut<.rr28Das ist witzig-treffend und zeigrdoch in kaum überbietbarer Dramadk zum
Kontrapunk! der
"Rasseneheooder der noch in den funfziger Jrhren rechtlich verbindlichen,rchristlichenEheo den radikalenWechsel von der individuumsenthobenen zur exklusiv individuellen
Interp retationdesDreibuchstablers,rE,heoan. Hier wird nicht nur
in der Eheschließungdie Eheauflösungangesprochen.Ehe
wird
auch als individualisiertesProgramm i"rtiätiänalisiert. Ihr
S7as,
\üie, \flie lange
wird nun ganzin die Hände und Herzen der in ihr
Verbundenengelegt.Für das, w?s Ehe ist, meint, gibt esjetzr
nur
noch die eine Maxime: Das Skript ist die Indivia""rlisier,rrrg
der
Ehe. Arntlich wird hier sozusrg.r, der Individual-Code der Ehe
verordnet. \flomit zweierleideutlich wird: Auch alte Eheformen
müssen nach ihrer bürokratischenAbdankung nun auf persönlichesRisiko gewählt und gelebt werden. Scho! das Stammbuch
enthältsozus-agen
die Sflarnung:Die Ehe ist - vergleichbarder überhöhten Geschwindigkeitauf ku.venreicherStre.L. - einpersönlich
riskantesLJnternehmen,für dasVersicherungennichr h*ften.
Zum anderenkann ietztniemand sag€r, irr hinter dem ach so
gleichgebliebenenStandardetikett
"Ehe* geschieht,möglich, erllubj, gefordert, tabu oder unverzichtbariir. Diese Welärdrrung
der Ehe ist von nun ab eineIndividualordnung, die im Gang dur.t
den Blick der Individuen erfragt,rekonstr,riert werd.r, 1näß.
Um keine Mißverständnisseaufkommen zu lassen:Auch die
neueIndividualordnung der Ehe ist nicht bloßesProdukt der Individuen und ihrer \Münsche.Sie ist vielmehr an institutionelle
Vorgabengebunden- zentral zum Beispiel des Rechtssystems.Sie
verweist auf die Anforderungen yon Bildungssystem, Arbeits'Prrtrrern
markt, Altersversorgung, die heute bei beiden
(nicht
mehr wie früher nur beim Mann allein) auf eine eigenstatrdige
(Erwerbs-)Biographie mit eigener Existenzsicherung rng.l.it
sind. Auch in bezug auf die Zweierbeziehung- dieserr-sche-inblr
glnz privat€D, ja intimen Bereich bedeutet Individualisierung
also keineswegs, daß die Erhöhung von \flahlmöglichkeiten
gleichbedeutendmit Regellosigkeitsei.2eVielmehr zeiitsich hier
wie anderswo auch, 'wasbei Talcott Parsonsschon
"institutionalisierter Individualismus<<genannt wird.3o \7as in freier übersetnrng heißt, das Individuum der Moderne wird auf vielen E,benen
mit der Aufforderung konfrontiert: Du darfst und du kannsr,ja du
sollstund du mußt eineeigenständige
Exis tenzführen, jenseitsder
alten Bindungen von f'amilie und S"ippe,Religion, Herkunft und
Stand; und du sollst dies gleichzeiüf t,rtr diesieits der neuen Vorgabenund Regeln, die Staat,Arbeitsmar,kt,Bürokrarie usw. enrwerfen. In diesemSinneist auchdie Ehe in ihrer modernenVersion
nicht bloß Individualordnung, sondern eine rrinstitutionenabhängigeIndividuallage...3l
!
24
2'
4. Perspektiven und Kontroversen
individuums orientierter Soziolo gie
Alle Soziologiespaltetsichauf in zweigegensätzlichePerspektiven
Man kann dasSozialeeinmalvom Standpwkt derIndidesselben:
vidwen, zum anderenvom Standpunkt desGanzen (der Gesellschaft,des Staates,des Gemeinwohls,der Klasse,der Gruppe,
BeideStandpunkte
Familie,Organisationetc.) ausbetrachten.32
liegenin deiS.truktur sozialenHandelnsbegründet,dasebeneinmal von den Handelnden,dasandereMal von der sozialenStruktur her analysiert werden kann. Gleich möglich, nötig oder
ursprünglichheißt abernochlangenicht: gleichwertigoder gleichberechtigtund schon gar nicht deckungsgleich.
Viehnehr relativiert, kritisiert jede dieserBetrachrungsweisen
vom
die jeweilsandere(subtil, aberfolgenreich):\Ver Gesellschaft
Standpunkt des Individuums analysiert,nimmt ihre jeweilige
Form nicht als vorgegebenes,unverrückbaresDatum, sondern
stellt sie in Frage.Hier ist, wie PeterL. Bergerin Anlehnung an
Denken nicht weit von der
Nietzscheformuliert, soziologisches
,oKunstdesMißtrauens<<
entfernt33,ja es tendiert zvr "Destabili'sierung..der vorgefundenenMachtverhältnisse,wie etwa Zygmunt Bauman sagt.34Dagegenwerden da, wo die sogenannten
der Gesellschaft(oder ihrer Teilberei"Funktionserfordernisse..
che)den Bezugsrahmenbilden, dieselbenoft schlichtals BinnenglückdesIchspropagiert.ZurDurchsetzungdiesesGlücksgibt es
dannTrichter - "Pflichten.. genannt- und Eintrichterungs-,Ein- Schulen,Gerichte,Ehen, Orgaschüchterungsveranstaltungen
nlsatronenusw.
Die vorherrschende Soziologie hat es sich insofern leicht gemacht, als sie die Fragen, die hier aufbrechen,meist rigoros durch
den bücherdicken Hinweis abschnim:daß Individuen nur in GesellschaftIndividuen sein oder werden können. So wurde immer
wieder der Gedankeverdrängt:Waswird, wenn ebendieseIndividuen eine andereGesellschaft,vielleicht sogar eine andereArt von
Gesellschaftlichkeitwollen ?
Dagegen war uhd irr di. alte, immer noch sehr lehrbestuhlte
Soziolo[i. auch gewappnet:D as zur Struktur geronneneGesamtinteressewurde zum rrfunctional prerequisite.. (Talcott Parsons)
zugleichverdichtet und hochgejubelt. Daraus ließen sich - wie aus
einem Füllhorn der säkularisiertenPflichtethik - "Rollenmuster<<,
z6
'rErfordernisse<,
"Funktionen..,
"Teilsysteme<<schütten und
schütteln,gleich weit von Gott und der Erde enrfernr, de- Handeln entzogenund do'chvorgegeben,die man als Maßstab andie
Verwirrungen und Aufmüpfigkeiten der Individuen anlegenund
so zu Urteilen wie >>norm
alrr,
>>abwegigo,
,irbr.rrd...
"abweichend<<,
,
kommen konnte.
DementsPrechendwird die ,,individualistische..Sicht auf Gesellschaftbis heute zumeist als anmaßendund selbstwidersprüchlich abgetan.Es ist - aktuell gewender- von ,rAnspruchsinfiation..
und ,'Ego-Gesellschafr., die Rede. Man beklagf,'d.tr Verfall der
\Merteund vergißt, daß dies schon Sokratesgeran
hat. Die Gegenftagehat - bisher- exemplarischschon die DDR erlebrund ist an
.silas
ihr gescheitert:
wirdaus Institutionen ohne Individuen? \flas
bedeutetes' wenn die Individuen den Institutionseliten die Zustimmung entziehen? Auch im Italien des Jahres 1991_
(ebensoin
Frankreich, Schweden,Finnland, f)eutschland, den USA usw.)
wird dieseFragelebendig, und die Antwort fellt ähnlich aus: Die
politischenSystemebeben. In der Dominanz funktionalistischer,
systemtheoretischerSichrweiseerscheint dementsprechendeine
Soziologie oft nicht nur abweichend, son"subjektorientierte<<
dern subversiv. Denn sie deckt unter Umständen auf, daß die
Partei-und InstitutionselitenReiter ohne Pferde sind.
Nun ist es zwar richtig, daß beide Betrachtungsweisendes Sozialenfür sich genommen unvollständig und somit wechselseitig
ergänzungsbedürftig
sind. Doch bevor so im allgemeinenHarmoniebedürfnisein Streit geschlichtetwird, der noch garnicht offen
ausgetragen
wird, sei hier darauf verwiesen,daß einigeJahrhunderte lang die Sicht auf das Ganzedie der Individuen unterdrückt
hat. Insofern ist es an der Zeft, den Spieß umzudrehen und zu
fragen,welche Art von Gemeinsamkeitenrsrehtnach dem Ende
der großen politischen Lager und parteipolitischen Konsensformen?
Mit'anderenWorten: Beide Sichtweisenbleibenbis auf weiteres
ünvereinbar,werden sogarmit einer Modernisierungrdie die Individuen und ihre Dilem mata und Ansprüche freisetit, immer unversöhnlicher, bringen gegensätzlicheErklärungen, Merhoden,
Theorien und Theorietraditionenhervor.
Dagggenkann und wird man einwenden:Das ist doch gar kein
sinnvoller Gegen satz.\flas sich analytischvoraussetzr,Indlviduen
und Gesellschaft,kann nicht als sozialer Konflikt beschrieben
27
werden. Im übrigen beanspruchen beide Standpunkte beide
Standpunkte. \fler das ,rGanze" (der Gesellschaft),die Funktionalität sozialer Gebilde in den Blick nimmt, beanspruchtselbstverständlich auch, den Standpunkt der Individuen mit einzub eziehen; notfalls den moralisch richtigen, der gegen die falschen
Selbstbewußtseineder Individuen in ihren wohlverstandenen
Eigeninteressenbehauptetwerden muß. \flährend umgekehrtjede
Variante subjekt- und individuumsorientierter SoTiologieselbstversrändlich auch Aussagen und E,rklärungeq.ufibietet über die
Eigenrealitätsozialer Gebilde und Systeme,d&.n Konstruktion,
Inszenierungus'w.
,r f i
\flas im vorangegangenenAbschnitt t-h.ispiel der Ehe gezergt
wurde, gilt generell:Der Gegensatzzwrischenindividual- und sysremrlreär.Ärher Sicht ist ali historlsche Entwicklung zu begreifen. Kann man .vielleicht - noch in traditionalen, vorindustriellen
Gesellschaften von einem gewissen Entsprechungsverhältnis beider Bezugsrahmen ausgehen, so zerbrtcht diese prästabilisierte
Harmonie mit der Entfaltung der Moderne. I)as ist bereits das
zenrrale Thema der Soziologie bei Emile Durkheim und Georg
Simmel. Doch beide unterstellen noch die Möglichkeit einer
\Wertinte gration d er individu alis i erten
gleichs am tr anszend entalen
Gesellschaft.I)iese Idee freilich wird um so irrealer, je mehr die
Individuen freige setzt werden aus den klassischen Gruppen- und
\Was
Integrationsformen (auch aus denen der Familie und Klasse).
heute zvm Vorschein kommt, kann man mit Hans Magnus Enzensb erger die "durchschnittliche Exotik des Alltags<<nennen.
,rSieäußert sich am deutlichstenin der Provinz. NiederbayerischeMarktflecken, Dörfer in der Eifel, Kleinstädte in Holstein bevölkern sich mit
Figuren, von denen noch vor dreißig Jahren niemand sich etwasträumen
üeß. Also golfspielendeMetzger, aus Thailand importierte Ehefrauen,VMänner mit Schrebergärten,türkische Mullahs, Apothekerinnen in Nicaragua-Komitees, mercedesfahrendeLandstreicher, Autonome mit BioGärten, waffensammelndeFinanzbeamte,pfauenzüchtendeKleinbauern'
militante Lesbierinnen; tamilische Eisverkäufer, Altphilologen im \ilarentermingeschäft, Söldner auf Heimaturlaub, extremistischeTierschützer,
Kokaindealermit Bräunungsstudios,Dominas mit Kunden ausdem höheren Managernent,Computer-Freaks, die zwischen kalifornischen Datenbanken und hessischenNaturschutzparkspendeln, Schreiner,die goldene
Türen nach Saudi-Arabien liefern, Kunstfälscher, Karl-May-Forscher,
B odyguards,lazz-Experten, Sterbehelferund Porno-Produzenten.An die
Stelle d.r Eigenbrötler und der Dorfidioten, der Käuze und der Sonderz8
lingeist der durchschnittliche
Abweichlergerreren,der unrerMillionen
seinesgleichen
garnichtmehrauffallr...35
Unter diesenBedingungensind die Institutionen
aufanriquierten
Bildern der Individ.tett, ihrer gesellschafrlich."
Situationen und
gegründet.Um nicht die eigeneMacht zugefährden,
!ts:"
halten
Institutionenverwalterauf Biegen-und Brech.n
ärran fest'(unrerstützt von einer in den alten Begriffsstereoqrpen
'aiß fors.henden
S-oziologie).
Eine amüsante
Eolsfiruo,, ist,
die
f"iiiirche
Klasse die Individuen ,,draußen.iiü, ebenso
dumm und ire.h hält,
wie die Gesellschaft der Individuen sie. Die
Frage, wer recht hat,
ist - im Prinzip - leich t zu entscheiden. Daß
,rri äi. prä
phze
und der bürokratische Apparat weiß, s/o
es langgeht, und alle
anderen blöde sind, ist ei"ä Auffassung, die
fr,i. dIä So*jet.rnio'
charakteristisch war - bis sie zerbrach. "
schreibtHans MagnusEnzensberger(gemeintist
"DieseGesellschafto,
die
der Bundesrepublik),',ist nicht mehr .rittä,rschbar.
Sief,r, sehrfrüh, sehr
raschregistriert,was in Bonn los ist. Zu dieserzymschen
Auffassungträgr
auch die Selbstdarstellungder Parteienbei. Di; pofitiker
versuchen,den
Schwund ihrer Autori täi, die E,rosionihrer Macht
und des Vertrauens
durch einen riesigenVerbeaufwand zu kompensieren.
Aber dieseMaterialschlachtensind kontraproduktiv. Ihre Botschaften
sind tautologischund
immer nu. eines,nämlich ,Ich bin ich. oder ,wir
k:t._s_te..sagen
sind wir..
Die Null-M:]{""g ist die bevorzugleArt ihrer Selbstdarstellung.
Das bestärkt natürlich den Eindruck, drß von dieser Kaste
kein Gedanke zu
erwarten ist . . . Wenn auf plakaten steht: ,Es geht um
Deutschland.,dann
weiß jeder, daß dasleeresStroh ist. Es gehtinrio.hsten
Fall ,rm ü;i.irpfennig, um den Krankenkassenbeitrrg
oi.r um die Stütze .. . Die Bundesrepublik ist relativ stabil und relativ ärfolgreich,nicht weil,
sondernobwohl
sie von den Leuten regiert wird, die
den wahlplakaten herunt., grirr"J"
Sen...36
r
In dieser Auseinandersetzungbezieht die Individualisierungstheorie in einem doppelten Sirrrr. Partei: Zum einen
wird ein
Be-zugsrahmenerarbeitet,der das Themenfeld - die
forrftiil; von
Individuen und antiquierteninstitutionalisierten
Gesellschaftsbildern - aus der Sicht der Individuen zu analysieren
erlaubt. Znm
anderen zeigt die Theorie geradeauf, wie iÄ zuge
der weiterenrwicklung. der modernen Gesellschafrdie Lfntersäilurrg
rrrJi.;;;,
Sinn- und Haldlungseinheiten fragwürdig wird. Damit
aber verSystemtheori€n, die eine vom Handeln und Denken
li.i:l
der
Individuen unabhängigeExistenz und Reprodukrion
desSozialen
29
annehmen, dn Realitätsgehalt. Zugespitzt formuliert: Systemtheorie wir d zur System-Metapbysik, die den Blick verstellt auf die
sozialeund politische Virule rrz, mit der in allen Handlungsfeldern
Inhalte, Ziele, Grundlageo, Strukturen des "Sozialen.. neu verwerden. Sieverdeckt die Repohandelt, erfunden und ausgestaltet
litisierung von Politik und Gesellschafr,.37
Eine Söziologie, die in diesemSinneder Perspektiveder Institutionenerhaltunt die Perspektiveder Individuen entgegenhält,ist
ein weitgehend unterentwickeltes Themengebiet in der Gesellschaftswissenschaft.Fast alle Soziologie beruht aufgrund eines
,rGeburts-Bias<<
auf der Negation des Individuellen und des Individuums. Fast immer wurde das Sozialein Stämm€D,Religionen'
Klassen,Verbänden, neuerdingsvor allem in sozialen Systemen
gedacht. Die Individuen waren das Austauschbare,das Produkt
der Verhältnisse, Charaktermasken, der subjektive Faktor, die
tJmwelt der Systeme, kurz: das Undefinierb are. Das Credo der
Soziologie, dem sie ilrre professionelleIdentität verdankt, lautet
immer wieder: Das Individuelle ist die lllusion der Individuen,
denendie Einsicht in die sozialenBedingungenund Bedingtheiten
ihrer Existenz verstellt ist.
Die \flerke der Veltliteratur, die großen E rzählungen und Drahaber, variierenin
men, die die Epochen in ihren Bann geschlagen
und Dignität des
Re
alität
höheren
von
der
Lehre
die
Sinne
diesem
ja
Begriff - unteilder
schon
Allgemeinsozialen,dessen das sagt
\t{issenschaft
vom
bare Einheit das "Individere.. ist. Ist aber eine
,'Individere.. überhaupt möglich ? Ist eine "Soziologie des Individuums.. (wenn sie nicht, diskurstheoretisch gewandt, mit der
Sozialgeschichtedes Begriffs sich begnügt) nicht ein schwarzer
Schimmel, ein verkappter App ell zur Selbstabschaffungder Soziologie?
Man muß nicht dem Gegenextremnachjagen, uffi doch zu erkennen, daß viele der soziologischenGroßbegriffe auf Kriegsfuß
stehen mit dem Grundgedanken der Individualisierungstheorie,
die da besagt:traditional eZusammenhängewerden aufgelöst,neu
vernetzt, umgeschmolzen, ir jedem Fall entscheidbar, entscheidungsabhängig, rechtfertigungspflichtig. \Wo diese historische
Entwicklung sich durch setzt, fallen die Perspektivenvon "oben..
vom Gesellschafßganzen und vom Individuum ausund >>unter<(r
einander. Dabei bleibt das, was die systemtheoretische Sicht
:
anfiragestellungenaufrührt, durchaus erhalt€n, ja gewinnt sogar
3o
angesichtszunehmender unsteuerbarkeit in immer stärkerem
Mäß an Bedeutung: Man nehme als Beispiel den Geburrenrückgangrder nur aufzu.schlüsseln
ist, wenn man ihn vor dem Hintergrund der verändertenWünsche, Hoffnungetr, Lebensplanungen
von Frauen und Männern sieht - und der gleichzeirigzuf gesamrgesellschaftlicherEbene in einen ganzen Rattenrlh*rä, von
Nebenfolgen und Folgefragen
hi"einführt (Bildungspolitik,
Arb eitt rnttkts t eu€rurl g, Ren-ten
sich erung, Kommun rt"pirnurlg r
Einwanderungspolitikusw.). Die Individüen, ihre Vorlieb.r .rrrä
Nachlieb€D, werden zum Störfaktor, zvm Unkalkulierbaren
schlechthin, zu einer Dauerquelle von Irritationen, weil sie alle
Berechnungen
Ausbildungsquoten, Studiengangplanungen,
Rentenkalküleusw. - über den Haufen werfen. Di.r ärhöht ä.r,
Irrationalitätsverdachtbei den Akteuren in Politik und Verwaltung und ihren wissenschaftlich
en Zuarbeitern,weil so die gängiqettRechts-, Verwaltungs- und Berechnungsformelnimmei *irder zuMakulatur werden. Vo bislangfunktionierendeAnnahmen
versag€r;beginnt das Gezeter:
"Stimmungsdemokratie..,rrEllenbogen-Gesellschafto.
Es wird normiert .mä moralisiert.Aber die
Flutwelle der neuen Lebensentwürfe,der Bastel- und Drahtseilbiographienkann so weder zurückgedämmt noch durcfischaut
werden. Das GewieseleindividualisierterLebensführungen,irszeniert im persönlichen Versuch- und lrrtum-VerfahrÄ
@wischenAusbildung, Umschulung, Arbeitslosigkeitund Kariiere,
zwischen Liebeshoffnung, Scheidung, neuen täumen von
Glück), verschließt sich den Standardisierungsnorwendigkeiten
bürokratisierrerPolitik- und Sozialwissenschait.
Niemand leugnet, daß auch dort Wichtiges erqrogenund bewegt wird. Doch was zuvor als zu vernachlässigendä
Störquelle
gak,wird nun immer unabweisbarerzur Grundrit.rrtion: Die BezugsrahmenstaatlichinstitutionalisierterPolitik und Verwaltung
einerseits
und die Bezugsrahmender Individuen, die ihre Biographie-Bruchstücke zusammenzuhaltenversuchen, brechen nun
auseinanderund prallen konfliktvoll aufeinander in gegensätzlichen Entwürfen von ,'Gemeinwohl.., ,rlebensquafiä; , ,rZukunftsfähigkeit..,,,Gerechtigkeit",
rrFortschritt...tr Riß rur sich
auf zwischen den Gesellschaftsbildern,die in Politik und Institutionenvorherrschen,und den Entwürfen, die ausden Lebenslagen
der um lebb areFormen ringendenIndividuen enrstehen.
In diesem Spannungsfeldmuß die Soziologie ihre Begriffsbil-
3r
überdenken. Algesichts desdung und ihre Forschungsro_utinen
di; r'durchschninliche E xotik des Alltags <<
sen,-*r, F-,nzensberger
nennr, was vorsichtig wissenschaftlichformuliert nun "Pluralisierung i.r- LebensforÄ.tt" heißt, werden alte Klassifikationen und
Schemataebensoideologieverdächtig wie für institutionelle Akreure wichtig. Man ,r.h-. beispielsweisel-Jntersuchuttg-.t,die
äaß die sich ausbreiteqdennichtehelichenLebensge,rbeweisen..,
meinschaftenim Grunde voreheliche sind und die nachehelichen,
sprich Scheidungen,tatsächlich auch nur eine Vorfo rm ztx näch,i.r, Ehe darstellen, weshalb durch alle Turbulenzenhindurch die
Ehe als vanszendentalerSieger ausgerufenwerden kann. Derartige ,rEntwarnungen.. haben ihren Markt und dankb are Abnehheißt die Botschaft, ist ein
mer: Der Individ"ualisierungsaufruhr,
Sturm im Wasserglasder foitbestehenden E,he.
Hier bestätigt iich die alte \fleisheit, daß es aus dem Wald herausschallt,wie man in ihn hineinruft. \fler auch noch die alternativen Lebensformen ,rverehelicht", darf sich nicht wundern' wenn
er überall Ehen sieht, wohin er auch blickt. Doch dabei handelt es
sich um-ein Paradebeispielblinder Empirie. Auch methodische
BrillarLz,die ihren kategorialenRahmen nicht in Frage zu stellen
weiß, wird zirkulär, *itd zurn Antiquariat einer Standardgrup\Wunschbildexistiert, als solpen-Gesellschaft, die nur noch als
ches allerdingssehr lebendig ist.38
t. Ausblick:Vie sind hochindividualisierte
integrierbarl
Gesellschaften
Individualisierung hat - wie der Buchtitel sagt ein DoPpelgesicht: 'rriskante Freiheiten... In alten, falschen Begriffen ausgedrückt: Em anzipation und Anomie gehenchemisch-politischeine
explosive Mischung ein. Entsprechend tiefgreifend und nervtöt.ttd sind die Folgen und Fragen,die in allen Bereichender Gesellschaft aufbrechen, mehr ,trd mehr auch die Öffetttlichkeit alarmieren und die Vissenschaft beschäftigen.Um nur einige zu
nennen:
Iflie wachsen Kinder auf,wenn esin den Familien immer wenigerklare Vorgaben und Zuständigkeiten gibt? Lassensich Zusammenhänge zvrwachsenden Gewaltbereitschaftunter Jugendlichen
aufzeigen?Läuft mit der Pluralisierung der Lebensformen das
32
Zertalterder Massenproduktionund desMassenkonsumsaus,und
\üirtschaft und Industrie müssen sich auf individuell
kombinierbare Produkte, Produktmoden und entsprechendeProduktionsweisenumstellen?
Wie kann eine Gesellschaftim Flugsandder Individualisierung
überhauptstatistischerfaßt und sozialwissenschaftlich
analysiert
werden? Gibt es denn noch eine Grundeinheit des Sozialen
Haushalt, Familie, Wohngemeinschaft?\fie wäre diese zu definieren und zu operationalisieren
? In welcher Veise müssen die
verschiedenenPolitikbereiche
z.B. Kommunalpolitik, Verkehrspolitik, Umweltpolitik, Familienpolitik, Sozialpolitik - auf
die Vervielfältigung und Verunstetigung von Bedürfnissenund
Lagenreagieren? Vie muß sich die Sozialarbeit(und ihre Ausbildungsinhalte)ändern, wenn Armut zerstückelt,sozusagenbiographischqueiverteilt wird ? rWelcheArchitektur, welche Raumplanung, welche Bildungsplanung erfordert eine Gesellschaft
unterIndividualisierungszwängen
? Ist dasEnde der Großparteien
und Großverbändegekommen oder beginnt nur ein neuer Abschnittihrer Geschichte?
Hinter all diesenirritierenden Fragen meldet sich immer deutlicher eine Grundfrage zu Wort: Sind hochindividualisierteGesellschaften
überhauptnoch integribrbar?
\fie die Renaissancedes Nationalen, der 'ethnischenlJnterschiedeund Konflikte in Europa zergr,ist die Versuchunggroß,
auf diese Herausforderungenmit den klassischenInstrumenten
der Ab grenzung gegen,'Fremde" zu reagieren.\fas heißt, die Räder gesellschaftlicherModernisierung zurückzudrehen.Tatsächlich hat wohl die Hinnahme fremdenfeindlicherGewalt auf den
Straßen(neben vielen anderen)auch diesen Grund: In Deutschland wie in anderenStaaten\flesteuropastobt ein Aufstand gegen
die siebziger und achviger Jahre, ein Kulturkampf der zwei Modernen.Alte Gewißheiten,gerademürbe geworden,werden wieder beschworen
schaft. Die hochindividualiiierte Suchgesellschaftsoll ersetzt
werden durch eine irn Innern ungleiche und nach außen zur Festung ausgebaute Gesellschaft und die Ab grenzung gegen
uFremde"dient diesemKalküI.
Ironisch gesagt:Da Mann den Frauen das \flahlrecht nicht mehr
entziehenkann, dr ihre Ausbildungswilligkeit nur noch mit Mühen zurückzuschraubenwäre, d^ überhaupt alles, was in dieser
33
Hinsicht nützlich wäre, sich nicht gutmacht, ergibt sich - nicht
ganz bewußt, aber auch nicht ganz unbewußt - ein vielleicht ganz
tauglicher UmweB, dasselbein der Dramaturgie der Gewalt und
des Nationalen doch noch zu erreichen.F{ier hat der Tabubruch
gegen rechtsradikale Gewalt einen bislang wenig beachteten
Grund: die auch im Westen aufgestauteGegenrevoltegegendie
Individualisierung, Feminisierung, Ökologisierung des Alltags,
Die Gewalt restauriert ganznebenbeidie Prioritäten der orthodoxen Industriegesellschaft \Wirtschaftswachstum,Technikglauben, Kleinfamilie, Geschlechterordnung und verj agt so die
lästigen Geister der dauerndenInfragestellung:scheinbar.
Denn das Festhalten am Status quo oder gar ein Salto mortale
rückwärts können an der Vende ins 2r. Jahrhundert keine Legitimität mehr stiften. Dasselbe gilt wohl für die drei Arten der
Integration hochindividualisierterGesellschaften,die in der Diskussion immer wieder genanntwerden. Auch siewerden unsicher,
brüchig, können auf Dauer kaum funktionieren:
Daist erstensdie Möglichkeit einesgleichsam transzendentalen
Konsens, einer Wert-Integration, wie sie von Durkheim bis Parsonsdie klassischeSoziolögiebewegthat. Dagegensteht heute die
Erfahrung, daß die Verviilfältig.rttg von k"lt"rellen \Wahrnehmungen und selbstherzustellendenBindungen genaudie Grundlagen auf.zehrt,aus denen sich \Werte-Gemeinsamkeitenspeisen
und immer wieder erneuern können.
Andere stellen dieser \tflertintegration zweitens eine in der GemeinsamkeitmateriellerInteressenbegründeteIntegration gegenüber. Sie sagen,wenn eine EinschwöÄng auf g.m.insame Vätt.
(die ja immer auch eine beengende,repressiveSeitehat) nicht oder
nicht mehr gelingt, tritt an ihre Stelle in der hochentwickelten
Gesellschaftdie Teilhabe am \flohlstand, die für breite Bevölkerungsgruppen spürbar wird und sie damii in diese Gesellschaft
einbindet. Demnach beruhte der Zusammenhaltder altenBundesrepublik wesentlichauf dem wachsenden
die
"\Tirtschaftskuchen<<,
neue Großrepublik freilich - wo Rezession,Mangel und Armut
neu ihr Regiment entfalten- wird vor schwereBelastungsproben
hestellt. Aber auch wenn man von dieser aktuellen E,ntwicklung
einmal absieht, bleibt schon die Grundannahme selbst fraglich-:
Die Hoffnung, daß allein materielleInteressenund institutionelle
Abhängigkeiten (Konsum, Arbeitsmarkt, Sozialstaat, Renten)
Zusammenhalt stiften, verwechselt wohl das Problem mit der
34
Lösung, macht aus der Tugend der zerfallendenGruppen und
Gruppenbindungeneine(theorieerwünschte)Tugend.
Schließlichvermag drittens auch das Nationalbewußtseinkeine
stabileIntegration mehr zustiften, Dies zeigtsichnichr nur an den
Polarisierungen,die das 'rnationale Projekt.. erzeugt. Es ist,
schreibtRend König schon r97g, auch ,rdenrealenund sehr handgreiflichenSpaltungengegenüberviel zu abstrakto3t;esist ein fach
nicht mehr in der Lage, diesezu erreichenund zu binden.
uMankanndasalseinen,Rückfallins Mittelalter.und die Auflösungder
bestehenden
Großgesellschaften
in lokaleSonder-und Gegenmächte
als
Zerfallder alten'Nationen<
ansehen,
ein Prozeß,der anvielenStellender
altenund der neuenWelt schonseitgeraum
er Zeit Wirklichkeitist. Hier
wird dannder alteW"g von Bünden zu Imperienumgekehrt;die Großreiteilsin föderativeGebild.,ode,esspaltensicheinzelneTeile
chezerfallen
entlang
politisch,ethnischodersonstwiedeterminierter
Linienab.o.40
Anders gesagr: Mit der Mobilisierung ethnischerIdentitäten zerfällt geradedie nationaleIntegration. Was also bleibt? \7ir wollen
zum Abschluß die Möglichkeit einer anderen Integrationsform
wenigstensandeutenund zur Diskussionstellen.Auf den Grundgedanken zusammengefaßt: Ein Zusammenbinden hochindividualisierterGesellschaftenist - wenn überhaupt - zum einen nur
durch die Einsicht in genau diese Lage möglich; zvm ander€n,
wenn es gelingt, die Menschenfür die Herausforderungen zu mobilisierenund zu motivieren, die imZentrum ihrer Lebensführung
präsentsind (Arbeitslosigkeit,Naturzerstörung usw.). \7o die alte
Gesellschaftlichkeit'verdampft..,muß Gesellschaftneu erfunden
werden.Integration wird hier also dann möglich, wenn man nicht
versucht,den Aufbruch der Individuen zurückzudrängen - sondern wenn man, i- Gegenteil, bewußt daran anknüpft und aus
den drängenden Zukunftsfragenneue, politisch offene Bindungsund Bündnisformen zv schmieden versucht: projektiae Integration.
In einem seiner letzten großen Aufsätze entwirft Ren6 König in
diesemZusammenhangeine durchausutopischeRolle der Soziologie.Er sieht sie in einemIntegrationsbeitrag
durch methodische
Selbstreflexion,Selbstbeobachtungder hochkomplexen Gesellschaft.In drastischenVendungen kritisiert er die ,rheuteregierende Klasse<<,
weil sie ,'eben einzig aus einer von alten E,liten
erborgten Legitimität gelebt und ihr aus eigenem nichts hinzuzufügen vermocht" hat. In dieser Situation, fährt König fort,
3t
,rkönntenun die Soziologie diesenhochkomplexen thematischen
Zusamrmenhang durchsichtig machen . . . Integration wäre dann
zugestandenermaßennicht mehr erreichbar auf institutioneller
Ebene" - weder ethnisch noch sozial, wirtschaftlich oder staatlich-nationalistisch."Sie kann gewissermaßennur noch ,in GeAlso ,reinzigim Rahmen einer neuen
danken.vollzogenwerden. <<
Philosophie, die aber nun nicht mehr um ,Sein. und '\Terden<rotiert, sondern um die Chancen desMenschen unter den gezeichneten Existe nzb edingun gen...4I
\[as König lror-r.hlagt, ist tatsächlich hochaktuell
die ,in
Gedanken.., im Ringen um neue Existenzgrvndlagen der Industriezivilisationzu gewinnendeIntegratiorl. Nachtraditionale Gesellschaften können nur im Experiment ihrer Selbstdeutung,
Selbstbeobachtung,
Selbstöffnung,Selbstfindung,j^ Selbsterfindung integrierbar werden. Ihre Zukunk, Zukunftsfähigkeit, Zukunftsgestalrung,ist der Maßstab ihrer Integration. Ob dies
gelingt, bleibt allerdingsfraglich. Vielleicht erweist sich am E,nde
doch, daß Individualisierung und Integration einandertatsächlich
ausschließen?
Und die Soziologie,ist sie überhaupt in der Lage,
einen Beitrag zur gedanklichenIntegration pluraler Gesellschaften zu leisten? Oder wird sie in ihren Routinen verharren und im
Kleinrechnen der Entwicklungstrends die,Linien der Veränderung
und der Herausforderung unsichtbar machen?
Robert Musil untetscheidetin seinemRoman Der Mann obne
Eigenschaftenzwischen Virklichkeitssinn und Möglichkeitssinn.
Letzteren definiert er als die Fähigkeit, "alles, was ebensogutsein
könnt e, zu denken und das,was ist, nicht wichtiger zu nehmen als
das, was nicht ists..Jemand, der auf ,rmöglicheVährheiten sieht,
hato.,fährt Musil fort, ,rin den Augen andärer oft ein Feuer, einen
Flug, einen Bauwillen . . ., der die Wirklichkeit nicht scheut, wohl
aber als Aufgabe und Erfindung behandelt. . . Da seine Ideen . . .
nichts als noch nicht geboreneWirklichkeiten sind, hat natürlich
auch er Wirklichkeitssinn; aber es ist ein Sinn für die mögliche
Wirklichkeit . . .rr42Kein Zweifel, einen solchen Sinn für die mögliche Virklichkeit müßte auch die Soziologie entwickeln - aber
dasist eine andere Frage.
36
Anmerk,ungen
r FriedrichSchorlemmer
, Der Befund istnicht alles,Diskussionsbeitrag
bei der Disputation über
"Bindungsverlustund Zukunftsangstiri der
<., Jo. Oktober ry93 in Halle; Manuskripr, S. r f.
Risikogesellschaft
2 Lena H. Sun, Freedornhasa Price. ChineseDiscover,in: International
Herald T'ibune, r4. Juni ,99j (eigeneübersetzung).
3 SoverstehenOstner/Boy Individualisierung.SieheIlona Ostner/Peter
Boy, SpateHeirat - Ergebnisbiographiscbunterschiedlicher
Erfabrungen
rnit ,cashoand >)ctt'e<(tProjektant
i^g^ndie DFG, Bremen,ggr, S. r8.
Siehe
4 So versteht Karl Ulrich Mayer die Individualisierungsrhese.
ders., Soziale (Jngleichheitund Lebensaerlciufe,ir: Bernd Giesen/
ClausLeggeu'ie(Hg .), E*periment Wreinigung,Berlin rggr, S. 87-99;
d o r t S . 8 8f .
spricht Ronald Hitzler in seinemBuch Kleine
t Von ,,Bastelbiographie*
Lebenswelten- Ein Beitrag zum Verstebenaon Kultur, Opladen r988
(sieheauch in diesem Band S. 3o7ff,); von ,,reflexiverBiographie"
spricht Anthony Giddens, Seffidentityand Modernity, London_r99r;
von ',Wahlbiographie" Katrin Ley, Von der Normal- zur Wahlbiograpbie, in: KohlilRobert (Hg.), Biograpbie und soziale Wirklichk,eit,
Stuttgartr 984, S. z 1,9\
z6o.
6 Zygmunt Bauman, Wir sind wie Landstreicher- Die Moral im Zeitalter
der Beliebigkeit,in: Süddeutsche
Zeitu.ng,16./17.r r. 19%, S. 17.
Michael
Cunningham
A
Home
at
the End of the World, Harmands,
7
worth rygr, S. r89f.
8 ScottTurow, Tbe Burden of Proof, Harmondsworth r ggr, S. 34g.
9 Hans Bertram/ClemensDannenbeck,Pluralisierwngvon Lebenslagen
und Individualisierunguon Lebensfabrungen.Zur Theorieund Empirie regionaler Disparitriten in dei Bunditrtprblik Deutscbland, irt
Peter A. Berger/StefanHradil (Hg.), Lebenslagen,Lebensläufe,Lebensstile,Göttingen r9go, S, 2o7-zz9;Hans Bertram/Hiltrud Bayer/
Renate Bauereiß, Familien-Atlas. Lebenslagen und Regionen in
Deutschland, Opladen 1993; Günter Burkait/Martin Kohli, Liebe,
Ehe, Elternscbaft,München rg92
Io }vlartin Baethge,Arbeit, Vergesellscbaftur?g,
Identität - Zur zunehmen'W.
den normativen Subjektivierung der Arbeit, ir:
Zapf (Hg.), Die
ModernisierungrnodernerGesellschaften,
Frankfurt/M . r99r, S. 27r.
II Von Multi-Options-Gesellschaft
sprichtPeterGroß. SeinentsprechendesBuch wird im Herbst rg94in der edition suhrkamperscheinen.
r z G o t t f r i e dB e n n ,E s s a yus n d R e d e n ,F r a n k f u r t / M. 1 9 7 9 , S . r y o f .
rJ Hartmut Tyrell , SoziologischeAnnterkungen zur HistorischenFamilienforschu.ng,in: Gescbicbteund Gesellscbaftrz Q986), S. z t4-273;
d o r tS . t t t .
14 Cunningham r99r, S. zo3.
37
rt Ansgar Weymann, Handlwngsspielräume im Lebenslauf, in: Ders.
(Hg. ), H andlungsspielrcinme. U nt ersucltungen z ur I n dia id ualisierun g
und Institutionalisierung aon Lebensläufen in der Moderne, Stuttgart,
ry89, S. j.
t6 So z.B. Günter Burkart. Sieheders., Individualisierungund Ehernscbaft - das Beispiel USA, ir: Zeitschrtft fA, Soziologie, Heft 3/Juni
r99j, S. It9-177.
17 Emile Durkheim, Der Selbstmord,FrankfurVM. 1973, S. 289 und
S.3rr.
r 8 Ulrich Beck/Elisabeth Beck-Gernsheim, Nicht Autonomie, sondern
Bastelbiograpbie, in: Zeitschrift fA, Soziologie, Heft 3/Juni 1991,,
S . r 7 8 -t 8 7 .
in ltalien, Stuttgart r987,
ry JakobBurkhardt, Die Kubur der Renaissance
S. 16rund S. 428.
zo Vgl. u.a. Louis Dumont, Indiaidu.alisrnus- Zur Ideologie der Moderne, Frankfurt/M . r99r; Alan Macfarlane, Tbe Origins of English
Indiaidualism, Tlte Family, Property and Social Transition, New York
1979; Colin Morris, The Ditrirury of the Indiaidual rato-r2oo, Toronto t97z; Michel Foucault,Die Sctrge
um sich,Frankfurt/M.1989.
zr Gisela Bock/Barbara Duden, Arbeit aus Liebe - Lielte als Arbeit, in:
Frauen und WissenscbaftBeiträgezLrrBerliner Sommeruniversitätfür
Frauen,Berlin 1977,S. r r 8- r99; dort S. I 26.
zz Motive zlr dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuclresfür das
Deutsche Räich. Leipzig r888; zrt nach Dirk Blasius, Ehescheidt4ng
i,n Dewtschland im rg, wnd zo. Jahrhirndert, Frankfurt/M. 1992,
S. r3of.
23 OVG Hamburg 19j6, zit, nach: Gerh ard Struck, Die miihselige
Gleicbberechtigungvon Mann und Frau im Ebenamensrecbt,in I{eue
2
J u s t i z g / t 9 g r , S . 3 9 0 - 3 9 2 ;d o r t S . j 9 o .
24 Familienstammbuchmit Ahnenpaf , Paul Albrechts Verlag: Stolp und
Berlin, o.J. (circa r94o);dort S. 3.
z, SieheUlrich Beck, Die Erfindung des Politischen,Kapitel IV, Frankfurt/M . 1993.
z6 Stammbucb, herausgegeben
vom Bundesverbandder deutschenStandesbeamtene. V., Verlag für Standesamtswesen:
Berlin und Frankfurt
o.J. (circa rg1o),ohne Seitenangaben.
27
z8
29
Ebd
Ebd.
verbreitete
Gegendieses
Mißverständnis
wendetsichexplizit\Yolfgang
Zapf. Sieheders., Entwicklungund SozialstrukturmodernerGesell(Hg .), Einfübrungin
schaften,in: HermannKorte/BernhardSchäfers
Hauptbegriffe der Soziolo7ie,Opladen r 992, S. ryof .
3o Talcoff Parsons, Religion in Postindustrial Society, ir: Ders., Action,
Theory and tbe Human Condition, New York 1978,S. 3zr.
38
Arf demWgin eineandereModerne,
iI Ulrich Beck, Risikogesellscbaft.
Frankfurt/M, 1986,S. 2ro.
Soziolagie- Plädoyerfür eine
3z Ygl. Karl Martin Bolte , Su.bjektorientierte
Forschu?tgsperspektiae,
in: BoltelTreutner (Hg.), Subjektorientierte
Arbeits- und Berufssoziologie,
Frankfurt/M. r98j, S. 12-36.
3j PeterL. Berger,Einladungzut' Soziologie,München r 977,S. 4o.
34 Zygmunt Bauman, Thinking Sociologically,Oxford rg9r, S. 17.
jt Hans Magnus Enzensberger,Mittelmaß und Wabn, Frankfurt/M.
r 9 9 r ,S . 2 6 4
, . 4j und S. 228.
36 E,bd.S
37 Siehedazu die Theorie reflexiverModernisierung,in: Beck r99j, insbesondereKapitel III, sowie Beck/Giddens/Lash,ReflexiaeModernisierung,Frankfurt/M . rg94(i- E,rscheinen)
.
Apriori der Massenda38 Bemerkenswertist das methodenpragmatische
ten-Soziologie: Quantitative Methoden setzen Kategorisierungen,
Gruppenbegriffsbildungen
voraus(selbstwenn sie nominal entschärft
werden). E,inesich individualisierende
Gesellschaftentziehtsich aber
diesen untersuchungstechnischen
Standardisierungszwängen
(was
heute schon beispielsweise
in den Flexibilisierungenvon Arbeitszeit
und Arbeitsvertragzu undurchschaubaren
Verwicklungenführt). Deshalb ist esfür eineauf ihre technischeBrillanz stolzeSoziologieschwer,
sich über ihren eigenenScharrenhinweg für die Fragender sich individualisierendenGesellschaf
t zu öffnen. Gleichzeirigwird aberauchhier
wieder deutlich, wie sehr die Frage bislang rträfli.h vernachlässigt
wurde, welche Art soziologischerEmpirie, wissenschaftlich-gesellschaftlicherSelbstbeobachtung
für eine Gesellschaftim Flugsandder
Individualisierungangemessen
ist; siehe dazu u. Beck{. AllmendinB€r,Individttalisierung und die Erhebung sozialer tJngleichhert,DFGForschungsantrag,
München r99j
Ren6
König,
Gesellscbaftliches
Bewt{ltsein und Soziologie, in: Gün39
ther Lüschen(Hg .), DeutscheSoziologieseit r94t, Sonderheftzr/t979
der KZfSS, S. j64.
E
4 0 b d . ,S . 3 6 4 f .
BeretuJltsein
und Soziologi.e,a.a,ö.,
4r Ren6 König, Gesellscbaftliches
1979,S. J 67ff .; vgl. auch BernhardPeters,Die Integration moderner
Gesellscbaften,
Frankfurt/M . r993.
Robert
Musil,
Der
Mann ohne Eigenschaften,Reinbek bei Hamburg
42
t
6
f
.
ry67,5.
skanteFreiheiten
Individualisierung
often
in modernenGesellscb
von
Herausgegeben
Ulrich Beck und
ElisabethBeck-Gernsheim
Mit dem Begriff "Individualisierung.. werden drei zusammenhängende
bezeichnet. Zum einen die
Proze.sseinnerhalb der Gegenwartsgesellschaft
Lebensformen wie soziale Klassen,
Auflösung industriegesellschaftlicher
Kleinfamilien, Geschlechterrollen,ihre Bedingungen, Reichweiten usw.
Zum zweiten die biographischen Modi und Verläufe, die dadurch entstehen, und die Art, wie diesein institutionelle Muster eingebundenbleiben
bzw. werden. Drittens schließlich erfaßt dieser Begriff die individuellen
(politischen,sozialpolitischen)Bedeutungen
und gesamtgesellschaftlichen
und Folgen dieses Strukturwandels. Im vorliegenden Band werden die
konkreten, das Leben jedes einzelnen betreffendenFormen dieser Individualisierung beschrieben.Es geht um das Widerspiel von neuer Freiheit
um Kindheit und Jugend,üffi
und neuen Risiken in allen T,ebensbereichen:
Frauen, uffi Liebe und Scheidurg, Sozialpolitik und Armut.
Ulrich Beck lehrt Soziologie an der Universität München, Elisabeth
Beck-Gernsheim Soziologie an der Universität E,rlangen.Von beiden zusammen erschienim Suhrkamp Verlag Das ga,nznormale Cbaos der Liebe
(rt rTzj), von Ulrich Beck zulerzr. Die Erfindung des Politischen (.t
r78o).
8j2
Suhrkamp
4"'
a*'F
- { tl s
ri
r
./r
'r--! {*.-
Inhalt
'!,.1.,f r.ß--1,t)*,
t)
V 'vorr 9
L ch Beck/Elisaberh
Beck-Gernsheim
Ir;c^vidualisierung
in modernenGesellschaften
PerSpektivenund Kontroverseneinersubjektorientierren
Soziologier o
\
.Bibli, t\..
./
P a s s a l / (.. f ' {
l ,
1
1
Ulrich Beck
Jelseitsvon Standund Klasse?#
Lt
I
I
,f
l
I
\
I
rlJ i
r.'l
! l
-
Drtmar Brock
F ckkehr der Klassengesellschaft
? Die neuensozialen
G, ,.benin einermareriellenKultur 6t
BarbaraRiedmüller
Sozialpolitikund Armut. Ein Thema zwischenOst und
\üZest
74
ThomasRauschenbach
InszenierteSolidarität:So zialeArbeitin der
Risikogesellschaft
89
II
edition suhrkamp r816
Neue Folge Brrrd 8 r 6
Erste Auflag e ry94
O Suhrkamp Vellag Frankfurt anr Main t994
t
,.l
tl
AlteRechte
vorbeh"rr.,',1::Täj:3:..dasderüb.rserzu,rs,
des öffentlichen Vortrags
sowie der Überrragung durch Rundfunk und Fernsehen,
auch einzelnerTeile.
Satz: Hümmer, \Waldbüttelbrunn
Druck: Nomos Verlagsgesells
chaft, Baden-Baden
Umschlagentwurf : \7illy Fleckh aus
Printed in Germany
r 2 3 4 5 6
9 9 9 8 9 7 9 6 9 t 9 4
ElisabethBeck-Gernsheim
Auf dem w.g in die postfamilialeFamilie!' rn der Notgemeinschaf
t zvr \flahlverwandmch
aft r r t
' lirgit
Geissler/MechtildOechsle
.b".rrrplanungals Konstruktion: BiographischeDilemmat6
-nd Lebenslauf-E,ntwü
rf e jungerFrauen r 39
ra Blakeslee
; udith \Mallerstein/Sand
Scheidung- Gewinner und V_erlie
rer ßB
III
|{iklas Luhmann
CopieryeExis tenzundKarriere. ZurHerstellungvon
Individualität r9r
Maria S. Rerrich
:
was auseinanderstrebt
Zusammenfügen,
Zur familialenLebensführungvon Berufstätigen zor
Martin Kohli
Institutionalisi erun g und Individualisierung
der Erwerbsbiographiezr9
Martin Baethge
Arbeit und Identität z4t
IV
Karl Ulrich Mayer/Walter Müller
im Strukturwandel
Individualisierungund Standardisierung
im $flohlfahnsstaat265
der Moderne. Lebensverläufe
VolfgangZapf
Staat,Siäherheitund Individualisierung 296
V
Ronald Hi vler/Arrrr. Honer
enz. Über subjektiveKonsequenzender
Bastelexist
Individualisierung 3o7
ElisabethB eck-G ernsheim
Gesundheitund Verantwortungim Zeitalter
der Gentechnologie 316
Heiner Keupp
AmbivalenzenpostmodernerIdentität 336
VI
Helga Zeiher
Kindheitsräume. ZwischenEigenständigkeitund
Abhängigkeit 3t 3
\flilhelm Heitmeyer
e und Gewalt 376
Entsicherungen.DesintegrationsProzess
Volfgang Kühnel
von Gewalt bei Jugendlichen
Entslehungszusammenhänge
im Osten Deutschlands 4oz
VII
Ralf Dahrendorf
Das Zerbrechender Ligaturenund die Utopie
der \Weltbürgergesellschaft
4zr
JürgenHabermas
IndividuierungdurchVergesellschaftung
$7
Ronald FIivler/E,lmar Koenen
Kehren die Individuen zvrück? Zwei divergenreAntworren
auf eineinstitutionentheoretische
Frage 447
Ulrich Beck
Neonationalismus
oder dasE,uropader Individuen 466
Drucknachweise+81

Documentos relacionados