Heiko Holzapfel

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Heiko Holzapfel
Liebe Gäste dieser Seite,
liebe Evestorfer
Wie hinlänglich bekannt ist, bin ich ein begeisterter Norwegenfahrer. Man könnte es auch
Norwegenvirusinfiziert nennen. Leider gibt es bislang kein Mittel gegen diesen Virus, nur der
jährliche Kuraufenthalt im kalten, unwirtlichen und feuchten Norwegen mildert den Schmerz.
Nun könnte man meinen, das sei da oben Urlaub…
Weit gefehlt ! Das Angeln in Norwegen ist harte Arbeit.
Man angelt mit bis zu 600 Gramm schweren Ködern, die fortwährend mit der Angelrute etwa
2 Meter hochgehoben und dann wieder runtergelassen werden. Das nennt man „pilken“.
Die Fische, die man hier und da aus 200 m Tiefe hochkurbeln muß, wiegen auch schon mal
10 Kilogramm und mehr.
Dazu kommt, dass die Fische ja gar nicht nach Deutschland mitwollen, sondern in ihrem
norwegischen Fjord bleiben wollen; deswegen kämpfen sie auch noch gegen den Angler an.
Holla, da kommt manchmal Freude auf, wenn urplötzlich die Angelrute krumm ist und
rasselnd Schnur von der Rolle gezogen wird ! Und unverhofft > kommt oft !
Schönes Wetter- Brille ? Viel, mann !
Mitternachtssonne – Catch and Relax
Die folgende Geschichte erzählt
Mein
ERSTES
Mal…
oder
Wie mich der Virus packte
Geangelt habe ich ja schon seit meinem 9. Lebensjahr, angefangen in der Elbe bei Vietze.
Später auch mal auf der Ostsee. Aber sonst immer nur Mittellandkanal oder Seen um
Hannover.
Im Winter 1996 kam es zu einem denkwürdigen Gespräch mit meinem Verkaufsdirektor. (Ich
machte nebenbei -nebenbei????- den Vertrauensmann fürs BHW)
Der fragte: „Ach, Sie gehen angeln - wolln'se nicht mal mit nach Norwegen ?“
Ich erbat mir Bedenkzeit und überlegte ernsthaft.
NORWEGEN war für mich bis dahin: Regen - Kälte - Mücken – Unbekannte Zone
Aber die Aussicht war so verlockend, dass ich zusagte.
8 Tage für 400 DM, AI, das fand ich erschwinglich.
Bin dann zu meinem Lieblingsangelgerätedealer und habe ihm die Situation dargelegt.
Ich bin noch heute sehr dankbar, dass er meine Unwissenheit nicht ausgenutzt hat.
Nach guter Beratung erstand ich meine Sportex-Rute, 30 lbs und dazu die Rolle, Penn 340
GTI. Allerdings war die Schnur (0,75er geflochtene) dazu vielleicht denn doch etwas
übertrieben, habe aber erst 3 Jahre später eine dünnere aufgespult.
Zur Erklärung: diese Schnur hat eine Tragfähigkeit von mehr als 48 kg, also um ein
vielfaches zu stark für die norwegischen Fische.
Da der Wasserwiderstand natürlich immer größer wird, je dicker eine Schnur ist, sollte stets
eine möglichst dünne Schnur (0,18er oder 0,21er ist normal) verwendet werden.
Zum ersten Treffen und Beschnuppern nach Braunschweig, Kaffee und Kuchen bei Thorsten
Meier. (Anmerkung: Leider hat Thorsten uns vor zwei Jahren nach einer Lungenembolie im
Alter von 35 Jahren für immer verlassen !).
Es war, wie es eigentlich nur unter Männern passieren kann: Liebe auf den ersten Blick.
Die Chemie stimmte. Nachdenklich machte mich nur einer aus der Runde, aber das habe ich
verdrängt.
Man hatte, wie im letzten Jahr, das Örtchen „Tittelsnes“ an der Nordspitze von Sveio
gelegen, als Zielort gewählt.
Ich bekam sooo viele Infos, dass der Kopf schwirrte.
Daraufhin mußte der besagte Gerätehändler noch mal überfallen werden und mit reicher
Beute verließ ich den Laden.
Der Tag der Abfahrt.
Abholung vom Direktor, zunächst Richtung BS, da war Sammeln und Abfahrt.
Unterwegs: „Herr Holzapfel, wenn wir da auf dem Boot sitzen geht das mit dem SIE ja nun
gar nicht. Ich bin der Wilfried.“
Ich bin da schon ein wenig prüde, was das Duzen von Vorgesetzten betrifft, aber ich habe
mich mittlerweile dran gewöhnt.
Soweit OK.
Nächste Frage: „Haste auch deinen Ausweis mit ??“ „Ääääh, Ausweis ? Ist Norwegen denn
Ausland, nicht EU und brauche ich nen Ausweis ???“
Folge: Hämelerwald runter und zurück nach Hannover gedüst.
Da wir jetzt schön zu spät kamen, war klar, dass mein Einstand etwas großzügiger ausfallen
mußte.
Aussteigen, mit Hallo begrüßt werden ("kluge" Sprüche wegen des Ausweises haufenweise).
Einweisung von Ralf: „Dein Koffer in das Auto da, Deine Angeln schiebste bei Lennart rein
und DU kommst zu mir ins Auto.“
So lernte ich Ralf kennen !
Während der Fahrt wurde erst mal die Bekanntschaft vertieft und am ersten Pausenpunkt
wieder eine Ansage: „Willste Bier und Buletten > in dem Auto; willste Kuchen und Kaffee >
in dem Auto !“
War echt ein "behütetes Reisen".
Direx Wilfried berichtete irgendwann, er habe einen Notsignalgeber am Strand gefunden.
Den wollte er benutzen, wenn sein Boot über Fisch steht, um uns herbeizurufen.
Doch dazu später noch mehr.
Kurz hinter HH beginnt der Bulli von Lennart an zu schlenkern, wird rumgerissen auf einen
Parkplatz, hält an und Lennart fällt aus dem Bulli.
Großer Schreck – aber Entwarnung:
seine Mitfahrer erzählten sich Witze und einer hat bei Lennart fürchterlich eingeschlagen.
Es ging weiter.
Durch Dänemark - uh Gott ! Alles flach, nur Grünes - neee, nicht so meine Welt.
Hirtshals empfing uns mit dem ihr so eigentümlichen Fischgestank.
Endlich auf die Fähre.
Auf der Hinfahrt gab es Kojen für alle, auf der Rückfahrt später nur für die Fahrer.
Morgens dann aufstehen, frisch machen und auf Deck.
Ach, was war das Balsam für meine Augen, die Schären vor Kristiansand. Lauter mehr oder
weniger große Felseninseln, rötlich von der Morgensonne angemalt im ruhigen blauen Wasser
des Skagerag
So liebe ich die Welt, besonders nach der Eintönigkeit des gestrigen Nachmittags.
Es war der 17. Mai, Nationalfeiertag der Norgi's - und wat waren die alle breit !!!
Der Zoll ließ uns, wie bislang immer, passieren und dann ging es in Richtung Haugesund.
Nach jeder Kurve wurde das Land Norwegen schöner und glaubt es:
Norwegen hat viele Kurven !
Ich weiß seit dem auch, wo ich mal beigerodet werden möchte: auf einer Insel in einem See
mit Forellenfluß, Birken und Rastplatz an der E 39.
Nach den Tunneln (einer 346 m tief, unter einem Fjord durch) und einer Inselfähre näherten
wir uns unaufhaltsam Haugesund und Tittelsnes. Ich Neuling wunderte mich sehr über die
immer noch lange Strecke. Sah im Atlas nicht so weit aus.
Nach Tittelsnes kommt man über einen Berg rein. Von oben ein wahnsinniger Ausblick auf
die Bucht/Naturhafen.
Sofort bemerkten wir die vielen Ringe auf dem Wasser. Wie Olga später erklärte, waren es
haufenweise Heringe, die erstmals seit vielen Jahren mal wieder den Hafen von Tittelsnes
aufsuchten.
Am Haus auspacken und Angeln fertig machen.
Im Rückblick: Mann, was hatte ich da Zeit, heute geht’s gar nicht schnell genug ins Boot.
Sonnenschein, kleine Veranda vor der Haustür: Teambesprechung.
Wilfried führte seinen Signalgeber vor ("Ist schon älter, funktioniert nicht immer, aber ich
versuchs mal")
Es knallte mächtig, (man möge uns verzeihen!!!)>> "drei Sterne rot" fauchten in den blauen
Himmel, flogen über einen Schuppen und verschwanden.
Etwas bleich redeten wir über die folgenden Tage.
Plötzlich ein Schrei: „HEY, hinter der Hütte rauchts !“
Mit Eimern und Schalen bewaffnet über Stock und Stein (richtig eben ist es da ja fast
nirgends) hinter den Schuppen gerannt und siehe da:
"drei-Sterne-Rot" waren 50 cm vor dem Wasser auf einer Wiese gelandet, hatten diese
entzündet und nun war löschen angesagt.
Nichts weiter passiert, aber war schon ein toller Einstand.
Wilfried dazu: "Na ja, manchmal funktionierts ja. Vor der Abfahrt in meiner Garage klappte
es auch schon einmal - muß jetzt wohl neu streichen !"
Humor hat der !?!
Dann an die Boote.
Ich sage, ihr habt mich Nullahnenden hier hergebracht, nun bringt’s mir auch bei.
Ralf spontan: „Du fährst mit Hardy und mir in „Boot 1““ - damit fing mein langer Leidenweg
an.
Unser Boot war kein normales "Ruderboot" mit Außenbordmotor, sondern eine Plastikschale
(Gleiter) mit 40 PS am Hintern. Man war ja sehr schnell am Ziel, aber die Bandscheiben
wurden arg strapaziert, zumal unser Käpt’n Ralf nur zwei Hebelstellungen kannte: „Vollgas“
oder „Aus“.
Schreck beim ersten Angelstopp: die Rolle war verkehrt herum an der Rute !
Nee, keine Panik, hier gehören die Rutenringe nach oben. -ACH SOOOO.
Dann Pilken, kannte ich ja vonne Ostsee, hier allerdings 10 Mal tiefer und ich mit der dicken
Schnur. Wenn meine Anleiter schon längst unten waren, hatte ich nen Schnurbauch wie der
Hustinettenbär und war noch lange nicht unten am Grund.
Wie gesagt, mein Leidensweg begann, ich wußte doch NICHTS !
Ich wußte nicht,
das Ralf und Hardy nie weniger als 8 Stunden im Boot saßen,
das Norwegen Mitte Mai doch noch recht kalt ist,
das es auch mal regnet,
das die Uhren irgendwie falsch gehen (oder geht die Sonne falsch ?)
das große Fische aus der Tiefe ARBEIT bedeuten !
Fakt war, ich habe mir den Hintern zuerst platt und dann wund gesessen in diesem
dämlichen fest montierten Plasikschalensitz. Zum Angel-raushalten war eine ziemlich
unnatürliche Körperhaltung angesagt, aber was soll’s, ich mußte da durch.
Klamotten hatte ich so das übliche hannoversche Schlechtwetterzeug eingepackt, dazu mein
alter Reitermantel (gestiftet vom Land Niedersachsen), der ging schön über die Knie.
Aber so ein Körper ist ja mehr als nur Knie!
Mann, hab ich gefroren. Die normale Pilk-Lock-Bewegung wurde durch die Vibration der
Finger (Zitter!) noch unterstützt.
Wenn ich, der „Ballast aus Boot 1“, dann mal leise anmerkte, dass ich kurz vorm erfrieren
bin, wurde hinter mir geantwortet "Ach, komm, eine Drift können wir noch !"
Zwei gegen einen, als guter Demokrat beugte ich mich demütig (und frierend) der Mehrheit.
Und es wurde IMMER mehr als "ooochnurnocheineDrift". Feine Freunde.
Und dann zwischendurch der Blick auf die Uhr - war ja noch hell.
PANIK - es war eine Stunde nach Mitternacht !
Das Pilken war gar nicht so langweilig, denn ich hatte ja immer NEUE Hänger.
(Hänger: der Drillingshaken am Köder hatte sich in „Norwegen“ verliebt und sich in einer
Felsspalte am Grund verkeilt; meist unlösbar – dann heißt es ziehen, bis die Schnur irgendwo
reißt. Ein weiterer Nachteil meiner dicken Schnur…)
Nach zwei Tagen hatte ich aber den Bogen raus und hatte statt immer nur Norwegen auch
schöne Fische am Haken.
Wir hatten keine Karte, kein Echolot, und trotzdem ging es ganz gut ab. Die Köhler und
Pollack hatten meist so um die 5 kg, also richtig gut.
Zu meiner Schande muß ich gestehen, dass ich mich an meinen ersten Fisch gar nicht mehr
erinnere - ich weiß nur, dass ich seitdem fürs Süßwasserangeln versaut bin.
Erste Anerkenntnis meiner beiden Ausbilder Ralf und Hardy bekam ich, als ich die Methode
des "Horizontpunktesuchen" zum Wiederfinden eines besonderen Unterwasserberges
einführte und wir so die Stelle, auch ohne norwegische Boote, immer wieder fanden.
War so'n Schlagwort:
Wo die norwegischen Boote stehen, ist Fisch, weil sich die Norweger natürlich gut auskennen
und wissen, wo die guten Angelstellen sind.
Hat Torsten einmal zu einem Scherz verleitet.
Einer aus der Gruppe hatte die Angewohnheit, aus verschiedenen Gründen die Angelstelle zu
verlegen, auch wenn man gerade eben endlich unten am Grund war. („Fahr da mal rüber zu
den Norwegern, da ist bestimmt Fisch“)
Nervte total !!!
Torsten also rübergerufen : "Name", fahr mal da rüber, beim Norweger ist bestimmt Fisch!".
"Name" wurde gleich unruhig und drehte sich um - der "Norweger" war eine Fähre !
Großes Gelächter auf dem Fjord.
Eine weitere "Hochhol-Macke“ von ihm:
In einem anderen Boot wird ein starker Fisch gedrillt. Er also: "Angeln hoch" und neugierig
ranfahren zum Glotzen. Dass die Schraube in die Schnüre kommen könnte, war ihm
piepegal.
Wieder Torsten: Bindet unbemerkt so ca. 7 kg Blei an die Rute, läßt langsam runter und
schreit plötzlich auf: die Rute krumm wie HulaHup-Reifen - anscheinend ein Kapitaler Fisch !
"Name" beißt auch an: beide Angler in seinem Boot holen ein und fahren zum Ort des
kapitalen Drills.
Als er noch 10 m weg ist, holt Torsten den Bleiklumpen hoch und sagt: "April, April" "Name" fährt seitdem nicht mehr mit! Ist aber auch kein wirklich großer Verlust.
Unser Torsten - er schaut uns ja jetzt immer von oben beim Angeln zu - hatte noch andere
Döniken im Kopf, aber es sei nun genug.
Nee, einer noch: Ich habe Zugriff zu Schießscheiben, deshalb (zwischen zwei mörderischen
Rülpsern von Torsten) folgender Kurzdialog:
"Heiko, hast du ein paar Pappkameraden für mich?" - "Wieso, Torsten, reicht dir deine
Gummipuppe nicht mehr?"
Zurück zum Wesentlichen:
Eines abends kehrten wir von Fangfahrt zurück, laue Nacht, noch keinen Bock zum
Hochgehen.
Meine beiden Mitstreiter, an diesem Tage mal nicht die beiden Irren aus "Boot 1", wollten
aber nicht mehr.
Fischgeile Landratte Heiko also das Boot wieder losgemacht und vorsichtig in die Mitte der
Bucht zu den Heringen gefahren.
Ich hatte bis Dato noch NIE mit Booten zu tun, rudern ist mir seit ich Laufen kann ein Greuel
und Motorboote kannte ich nur aus "Flipper" !
Dann schnell noch von Ralf ein Heringsvorfach geliehen und mit .75er Leine auf die Heringe
gestürzt.
Was 'ne einmalige Gaudi. Runterlassen und plopp-plopp-plopp-plopp-plopp waren die 5
Haken besetzt. Zwischendurch auch mal die eben gehakte Heringscrew durchrutschen lassen,
könnte ja was Größeres drunter stehen.
War es auch !
Wenn man gerade seinen Heringsspaß hat und dann plötzlich sein 7-kg-Dorsch einsteigt,
werden die Augen des Rutenhalters doch recht geweitet. Die Schnur hielt, mein Gaff schlug
ein und ich war fertig mit die Nerven.
Ralf und Hardy im Nachbarboot fanden, ich sei ein guter Schüler. Ich fand das auch !
Irgendwann war der Maurerkübel 3/4tel voll, es wurde kalt. Wir fuhren zu den Anlegerleinen.
Feierabend !
…Feierabend ?
-DenksteJetzt kam ein richtiges Problem für mich: ich hatte doch N U L L Erfahrung mit so 'nem
motorgetriebenen schwimmenden Untersatz.
Das Anlegen war bestimmt für jeden Beobachter eine tolle Show.
Wenn mich ein Norweger gesehen hätte, ich wäre sofort des Landes verwiesen worden.
Ich mußte mich langsam und unbedingt zielgenau mit dem Bug (ist > vorne !!!) an die Boje
bugsieren, nach vorne springen und Ankerleine mit dem Gaff aufnehmen, Karabiner
einhaken, zurück nach hinten hechten und dort auch schnell festmachen.
Meine größte Angst war, zu schnell anzufahren und das Boot an der Hafenmauer zu
versenken.
Deshalb habe ich wohl so sechs bis acht Anläufe gebraucht, jeder mit langsamster Fahrt und
äußerster Präzision durchgeführt, leider eben im Abschluß nicht die nötige Vollendung - aber
dann war ich stolz wie Bolle - geschafft !
Damit war der Abend aber nicht beendet.
Nach einer Schlacht müssen die Toten ja auch geborgen werden.
Kurzum: ich angele NIE wieder auf Hering!
So gegen 4.30 Uhr morgens hatten wir den letzten Hering eingefroren!
Und die Schuppen- überall Schuppen, Schuppen, Schuppen, ich finde heute noch welche in
den Ecken meiner Messerkiste.
Mein Direx lag schon in der Koje, ich hatte mächtig einen im Hacken und mußte -leise, leisein mein oberes Etagenbett klettern.
Nach angeln auf dem Meer jetzt noch alpine Kunststücke.
Hut ab, sagte ich mir, Norge bietet wirklich was !
Eines abends fiel mir auf, dass noch eine Bootsbesatzung fehlte. Wir waren an diesem
Nachmittag bei Regenwetter zur legendären Lachsfarm vor Valevag gefahren, dort aber
nichts gefangen und deshalb irgendwann wieder zurückgefahren.
Hardy und ich also noch mal den warmen Schal umgeschmissen und Rettungsfahrt
eingeleitet.
Wie das denn so ist: zu wenig Sprit im Tank, erstmal umfüllen. Dann raus mit unserem
Plastiksprinter.
Endlich sahen wir das Boot mit den drei fehlenden Anglern. Sah irgendwie aus wie
tiefergelegt. Fuhr gaaanz langsam.
Wir hin, wollten helfen, war aber nicht nötig, war soweit alles in Ordnung - bis auf die Köhler
im Boot. Es war fast randvoll !
(Köhler kennt die deutsche Hausfrau unter dem Namen „Seelachs“)
Was war passiert ? Als wir beschlossen, die Lachsfarm zu verlassen, hatte Eddi einen
Knotentüddel in der Schnur. Nach dem Enttüddeln hatte er zur Schnurstraffung noch mal den
Pilkköder mitsamt Vorfach runtergelassen - und da ging der Tanz los. Unter ihrem Boot hielt
sich ein großer Köhlerschwarm auf.
Handys waren noch nicht so verbreitet, daher konnten sie uns nicht zurückrufen.
Wieder so eine lange Nacht, wieder fließbandfiletieren bis die Messer glühen.
Und nicht nur filetieren: der Kütt (Schlachtabfall, der Fisch wird fangfrisch filetiert, der Rest
-Kopf, Innereien, Mittelgräte, Haut- geht zurück ins meer und wird so der Nahrungskette
wieder zugeführt) mußte wieder weggebracht werden und neue Fische aus dem Boot zum
Haus/Filetierplatz gebracht werden.
(Dabei darf ich eigentlich gar nicht arbeiten - bin doch Beamter !)
Ich finde übrigens bis heute, das schönste am Angeln ist das filetieren.
Dann endlich mal wieder angeln an unserem Unterwasserberg. Plötzlich geht da irgendwie
gar nichts mehr – Hänger ! - Hopps, nee, bewegt sich - also dann mal hoch damit.
Nur einmal vorher haben mir die Arme so wehgetan, wie nach glücklicher Landung des
Fisches (als ich mal einen halben Tag lang Estrich auf einen Balkon geschaufelt habe).
Das "Ding" kommt hoch, zeigt weiß und Ralf schlägt zu: Gaff ins Maul und kräftig ziehen,
schwupps, lagen da 11 kg Seeteufel im Boot.
Hatte ich doch eben mal unseren bisherigen Anglerkönig von Thron geschubst.
Also wirklich, bei aller Hässlichkeit dieser Fische, aber
die Augen von einem Seeteufel sind einfach fast
unschlagbar schön, nur Rochenaugen sind schöner.
Die Schönheit verging schnell, weil ein Brutalinski den
Totschläger (Fishbonker) nahm und dem Seeteufel das
Licht ausblies.
Beim Drill des Teufels hatte ich das Gefühl, ich habe
eine große Karstadttüte am Haken.
Ich verließ Norwegen also als König ohne Krone, aber
nun mußten die mich ja nächstes Jahr wieder mitkarren
- ob sie wollten oder nicht!
Welch schöner Ausblick !
Irgendwann ist alles mal vorbei.
Freitagabend, nach den letzten Vorbereitungen zur Abfahrt am nächsten Morgen, wollte ich
nur noch alleine sein. (Der Virus hatte zugeschlagen !)
Männer weinen heimlich, ich am kleinen Hafen sogar unheimlich !
Dann kam Ralf noch dazu und wir beide haben uns erstmal beide richtig ausgeheult.
(mir tritt eben gerade wieder das Wasser in die Augen).
Seitdem sind wir Freunde fürs Leben.
DANKE, Ralf…
Die Rückfahrt verlief ohne weitere Höhepunkte.
Einmal war jedoch mein (tr) (n) euer Freund Ralf etwas verstimmt:
Irgendwo in der Nähe von Aabenraa (DK) warf ich beiläufig ein, dass ich im nächsten Jahr
eine Gitarre mitnehmen werde.
Ralf darauf: "Ach, du kannst Gitarre spielen ?" "Nee," antwortete ich, "kann ich nicht, aber du
hast ja dieses Jahr auch deine Brandungsruten mitgehabt…"
Ich gebe es zu, etwas gemein von mir. Aber eine echte Männerfreundschaft überlebt so
etwas.
Ich freue mich schon jetzt wie ein Wahnsinniger auf SNILFJORD 2006 mit Ralf, Mu, Polli und
anderen Freunden. Der Virus eben !
Es grüßt alle Leser
Der BALLAST aus BOOT 1
Heiko
PS: Was man in Norwegen so erlebt, fühlt, erleidet - keine Worte können dies richtig
ausdrücken - muß jetzt Schluß machen, brauche ein neues Taschentuch......

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