Kurzfassungen der Vorträge vom Meeresumwelt-Symposium

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Kurzfassungen der Vorträge vom Meeresumwelt-Symposium
MeeresumweltSymposium
2010
20. Symposium
1. bis 2. Juni 2010
Empire Riverside Hotel
Bernhard-Nocht-Straße 97
20359 Hamburg
Kurzfassungen
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt
und dem Bundesamt für Naturschutz
im Auftrag des Bundesministeriums für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
© Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)
Hamburg und Rostock 20010
www.bsh.de
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Genehmigung des BSH reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme
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Die Kurzfassungen wurden in unveränderter Form übernommen und abgedruckt.
Inhalt
Dienstag, 1. Juni 2010
Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) - was nun?
Lutter, Stephan
Wann sind Nord- und Ostsee in einem guten Umweltzustand?
Ein Definitionsversuch der Umweltverbände .................................................................................................. 7
Froese, Rainer
Gegenwärtige und zukünftige Fischerei in Bezug zur MSRL ......................................................................... 9
Werner, Stefanie
Ein Meer aus Plastik - Land in Sicht? ............................................................................................................ 11
Brusendorff, Anne Christine
Ecosystem health of the Baltic Sea: A holistic assessment of environmental status
in the Baltic Sea 2003 – 2007 . ..................................................................................................................... 13
Meeresüberwachung
Wasmund, Norbert
Langzeitveränderungen der Phytoplankton-Zusammensetzung in der westlichen
und zentralen Ostsee ................................................................................................................................... 17
Sonnewald, Moritz und Michael Türkay
Das Epibenthos der Doggerbank im Langzeitvergleich . ............................................................................ 19
Schwemmer, Philipp, Nils Guse, Stefan Garthe, Ellen Prenger-Berninghoff, Reinhard Weiss,
Peter Wohlsein und Ursula Siebert
Untersuchungen zum Gesundheitszustand von See- und Küstenvögeln im Bereich
der deutschen Nordsee ............................................................................................................................... 21
Kruse, Hermann
Quecksilberanreicherungen in der Schillerlocke: Toxizität des Methylquecksilbers ................................... 23
Stelzer, Kerstin und Carsten Brockmann
Fernerkundungsdienste und -produkte für das Monitoring der Wasserqualität .......................................... 25
Martinez Arbizu, Pedro
Biodiverstität in der Tiefsee: Probleme des Umweltschutzes außerhalb der AWZ ..................................... 27
Mittwoch, 2. Juni 2010
Meeresschutzgebiete
Von Nordheim, Henning
Auf dem Weg zu einem weltweiten Netzwerk von Meeresschutzgebieten ................................................ 31
Enemark, Jens
Weltnaturerbe Wattenmeer– Herausforderungen, Chancen und Perspektiven für den Naturschutz ......... 33
Kieß, Carolin
Das neue Bundesnaturschutzgesetz – Meeresnaturschutz in der AWZ . ................................................... 35
Offshore-Windparks
Dahlke, Cristian
Offshore-Windenergie: Aktueller Stand der Verfahren und erste Erfahrungen bei der Errichtung .............. 39
Weber-Streidt, Karoline und Kristin Blasche
Stand der ökologischen Begleitforschung im Offshore-Testfeld „alpha ventus“ ........................................ 41
Lucke, Klaus
Auswirkungen des Unterwasserschalls bei den Rammarbeiten zur Installation des Offshore-Testfelds
„alpha ventus“ auf Meeressäugetiere ......................................................................................................... 43
Grießmann, Tanja, Jörg Rustemeier und Raimund Rolfes
Erfahrungen bei der Rammschallminderung durch Blasenschleier bei der Errichtung des
Offshore-Testfelds „alpha ventus“ ............................................................................................................... 45
Lambers-Huesmann, Maria
RAVE - Geologische Forschung zum Kolkverhalten und zur Sedimentdynamik im
Offshore-Testfeld „alpha ventus“ . ............................................................................................................... 47
Garthe, Stefan, Philipp Schwemmer und Bettina Mendel
Einfluss von Schiffsverkehr auf Seevögel ................................................................................................... 49
Schifffahrt und Umwelt
Boedeker, Dieter
Überlegungen zur Vermeidung von Konflikten zwischen Meeresnaturschutz und Schifffahrtsanliegen ... 53
Wibel, Carsten-S.
Ökonomie und Ökologie - Gegensätze in der Seeschifffahrt? . .................................................................. 55
Matthias, Volker, Ines Bewersdorff, Armin Aulinger und Markus Quante
Luftschadstoffe aus Schiffsemissionen im Nordseeraum ............................................................................ 57
Buschbaum, Christian
Früh- und Schnellerfassung nicht heimischer Arten (Neobiota) in deutschen Küstengewässern
der Nord- und Ostsee ................................................................................................................................. 59
MSRL - was nun?
M e e r e s s t r ate g i e - R a h m e n r i c h t l i n i e (M S R L)
Wann sind Nord- und Ostsee in einem guten
Umweltzustand? Ein Definitionsversuch der
Umweltverbände
Stephan Lutter
Seit Juli 2008 ist die neue Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) der EU in Kraft. Die Richtlinie schreibt
einen „guten Umweltzustand“ (GUZ) für die europäischen Gewässer ab 2020 vor. Doch was das genau bedeutet, daran scheiden sich die Geister. Umweltverbände fordern ambitionierte Vorgaben und Standards, die
vorliegenden Entwürfe bleiben jedoch in weiten Teilen hinter den Standards der regionalen Meeresschutzabkommen (OSPAR, HELCOM) zurück.
Als Zielvorgaben für Maßnahmen, die geeignet sind, den GUZ zu erreichen, enthält die Richtlinie 11 qualitative Deskriptoren. Um die nähere Auslegung mittels Indikatoren und Attributen bemühten sich rund ein Jahr
lang die Fachleute von ICES und JRC. Im Frühjahr 2010 legte die Kommission einen entsprechenden Entwurf
vor. Die Zeit drängt, da die Richtlinie auch festlegt, dass sich Mitgliedstaaten und EU-Kommission bis zum
15. Juli auf Kriterien zur Bewertung des GUZ einigen müssen.
Die Umweltverbände kritisieren insbesondere die Auslegung der Deskriptoren 1 (Biologische Vielfalt),
2 (kommerzielle Fischbestände), 4 (Nahrungsnetze) und 6 (Integrität des Meeresbodens) und haben hierzu
wie auch zum Deskriptor 11 (Energie und Unterwasserlärm) in den betreffenden Arbeitsgruppen der Kommission konkrete Verbesserungsvorschläge eingebracht.
No.
Deskriptor
1
Die biologische Vielfalt wird erhalten. Qualität und Vorkommen von Lebensräumen sowie Verbreitung und Häufigkeit der
Arten entsprechen den vorherrschenden physiografischen, geografischen und klimatischen Bedingungen.
2
Nicht heimische Arten, die sich durch menschliche Tätigkeit ansiedeln, kommen in für die Ökosysteme nicht abträglichem
Umfang vor.
3
Alle kommerziell befischten Fisch- und Schalentierbestände liegen innerhalb sicherer biologischer Grenzen, Alters- und
Größenverteilung zeugen von guter Gesundheit des Bestandes.
4
Alle bekannten Bestandteile der Nahrungsnetze weisen eine normale Häufigkeit und Vielfalt auf. Ihr Niveau sichert den
langfristigen Bestand der Art und ihre volle Reproduktionskapazität.
5
Die vom Menschen verursachte Eutrophierung ist auf ein Minimum reduziert. Das betrifft insbesondere deren negative
Auswirkungen wie Verlust der biologischen Vielfalt, Verschlechterung des Zustands der Ökosys-teme, schädliche Algenblüten und Sauerstoffmangel am Meeresgrund.
6
Der Meeresgrund ist in einem Zustand, der Struktur und Funktionen der Ökosysteme sichert und insbesondere auf benthische Ökosysteme keine nachteiligen Wirkungen hat.
7
Dauerhafte Veränderungen der hydrografischen Bedingungen haben keine nachteiligen Auswirkungen auf die Meeresökosysteme.
8
Aus den Konzentrationen an Schadstoffen ergibt sich keine Verschmutzungswirkung.
9
Schadstoffe in zum Verzehr bestimmten Fisch und anderen Meeresfrüchten überschreiten nicht die durch EU-Recht oder
andere einschlägige Regelungen festgelegten Konzentrationen.
10
Eigenschaften und Mengen der Abfälle im Meer haben keine schädlichen Auswirkungen auf die Küsten- und Meeresumwelt.
11
Die Einleitung von Energie und Unterwasserlärm wirkt sich nicht nachteilig auf die Meeresumwelt aus.
Anschrift des Verfassers:
Stephan Lutter
Internationaler Meeresschutz & Meeresschutzgebiete
WWF Deutschland
Hongkongstr. 7
20457 Hamburg
E-mail: [email protected]
7
M e e r e s s t r ate g i e - R a h m e n r i c h t l i n i e (M S R L)
Gegenwärtige und zukünftige Fischerei
in Bezug zur MSRL
Rainer Froese
Ziel der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) ist die Erhaltung oder Wiederherstellung eines sauberen,
gesunden und produktiven europäischen Meeres mit hoher Artenvielfalt. Entsprechende Maßnahmen sollen
auf einem Ökosystem-Ansatz beruhen und insbesondere dem Grundsatz der Vorsorge Rechnung tragen.
Für kommerziell nutzbare Arten ist die gegenwärtige Fischerei der bei weitem stärkste negative Faktor, der
den Zielen der MSRL entgegensteht. Nach Einschätzung der Europäischen Kommission sind 88% der europäischen Bestände überfischt, mit Bestandsgrößen weit unterhalb des produktiven Optimums. Etwa 30%
sind so stark geschrumpft, dass die Fortpflanzung beeinträchtigt ist. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die
dezimierten Bestände ihre natürliche stabilisierende Rolle als Räuber oder Beute im Ökosystem wahrnehmen
können. Aber auch ökonomisch macht die Überfischung keinen Sinn: Der Aufwand für eine bestimmte Fangmenge ist heute im Durchschnitt 17 mal höher als gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Gesunde Bestände
würden deutlich höhere Fänge bei deutlich geringeren Kosten erlauben. USA, Australien und Neuseeland
zeigen, dass dies möglich ist. Der Vortrag präsentiert Daten zum gegenwärtigen Zustand der europäischen
Fischbestände und untersucht, ob diese, entsprechend der Johannesburg-Verpflichtung, bis zum Jahr 2015
wieder aufgebaut werden können. Es wird die Beziehung zwischen dem Ökosystem-Ansatz und dem gegenwärtigen Fischereimanagement hinterfragt. Und abschließend werden mögliche Grundregeln für ein zukünftiges nachhaltiges Fischereimanagement im Einklang mit der MSRL vorgestellt.
Anschrift des Verfassers:
Dr. Rainer Froese
Leibniz-Institut für Meereswissenschaften
IFM-GEOMAR
Düsternbrooker Weg 20
24105 Kiel
E-Mail: [email protected]
9
M e e r e s s t r ate g i e - R a h m e n r i c h t l i n i e (M S R L)
Ein Meer aus Plastik - Land in Sicht?
Stefanie Werner
Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie fordert eine integrative Betrachtung der verschiedensten menschlichen
Nutzungen der europäischen Meere. Das manifestiert den mit der Wasserrahmenrichtlinie begonnenen Paradigmenwechsel in der europäischen Wasserpolitik weg von einer sektoralen hin zu einer ganzheitlichen
Bewertung aller Belastungen, die auf unsere Meere wirken. Eine besondere Herausforderung wird dabei
die Ausgestaltung derjenigen in der Richtlinie benannten Faktoren sein, deren Relevanz für die Erreichung
und Bewahrung des Guten Umweltzustands zwar unbestritten ist, für die aber bislang kaum Bewertungsund Monitoringansätze vorliegen. Dazu zählt mit Sicherheit Deskriptor 10 des Anhangs I, der fordert, dass
menschliche Abfälle keine Gefahr für die Küsten- und Meeresumwelt darstellen. Die Europäische Kommission benennt in ihren Kriterien für die Festlegung des Guten Umweltzustands, die den Mitgliedsstaaten einen
Evaluierungsrahmen vorgeben, Abfälle im Spülsaum, an der Meeresoberfläche, in der Wassersäule und am
Meeresboden; Mikroplastik und als ökologisches Effektmonitoring Abfälle, die im Zuge der Nahrungsaufnahme in die Mägen mariner Organismen gelangen. Der Vortrag beschäftigt sich mit Ideen und Vorschlägen zur
Ausgestaltung dieser Indikatoren, um den Einträgen von Müll in die Meeresumwelt zu begegnen - und um
nicht in einem Meer aus Plastik zu versinken.
Anschrift der Verfasserin:
Stefanie Werner
Umweltbundesamt
Wörlitzer Platz 1
06844 Dessau-Roßlau
E-Mail: [email protected]
11
M e e r e s s t r ate g i e - R a h m e n r i c h t l i n i e (M S R L)
Ecosystem health of the Baltic Sea: A holistic
assessment of environmental status in the
Baltic Sea 2003 – 2007
Anne Christine Brusendorff
Countries around the Baltic Sea have worked together to protect the marine environment of the Baltic Sea since the 1970s under the umbrella of the Convention for the Protection of the Marine Environment of the Baltic
Sea Area (or the Helsinki Convention). The nine coastal countries and the EU work together in the framework
of the Helsinki Commission (or HELCOM for short) to implement the Helsinki Convention.
One of the key tasks of HELCOM is to assess trends in threats to the marine environment, their impacts,
the resulting state of the Baltic Sea, and the effectiveness of adopted measures. By coordinating and supporting monitoring programmes based on the specific features of the Baltic Sea, HELCOM is able to compile region-wide data to be used for the elaboration of targeted and timely scientific assessments. These
HELCOM assessments form the basis for HELCOM’s activities and help to define the need for additional regional environmental measures (see figure 1).
Fig. 1: This figure illustrates how HELCOM monitoring activities
are the basis for producing Baltic wide environmental information which is used in a wide range of scientific reports
and thematic assessments. These in turn provide input to
region-wide holistic assessments which can give input and
recommendations to decision-makers about the effectiveness of existing measures and consequently the possible
need for additional measures.
For some years now, HELCOM has been developing assessment tools which are based on indicators with
environmental targets. During 2009 and 2010, HELCOM has published four thematic assessments which
make use of such indicator based assessment tools, namely on the topics of eutrophication, biodiversity, as
well as hazardous and radioactive substances.
HELCOM has produced an Initial Holistic Assessment of the ecosystem health of the Baltic Sea 2003-2007
for the HELCOM Moscow Ministerial Meeting, held in May 2010. One of the objectives of the Initial Holistic
Assessment is to serve as a baseline for the follow-up of the improvements in the status of the Baltic Sea
resulting from the implementation of the HELCOM Baltic Sea Action Plan. The action plan, which was adopted in November 2007 by the HELCOM Contracting Parties, is the first ever regional attempt to implement
the so-called ecosystem approach to the management of human activities. The plan has the overall aim to
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M e e r e s s t r ate g i e - R a h m e n r i c h t l i n i e (M S R L)
restore the good ecological status of the Baltic marine environment by 2021 - a sea with diverse biological
components functioning in balance and supporting a wide range of sustainable human economic and social
activities. The action plan includes specific actions with milestones and final compliance dates and a system
of measurable parameters that make it possible to evaluate the efficiency of adopted measures and the progress towards reaching the desired state of the Baltic Sea.
To serve as the baseline for following the effectiveness of the implementation of the Baltic Sea Action Plan,
the HELCOM Initial Holistic Assessment describes the overall ecosystem health of the Baltic Sea during the
period 2003-2007. The assessment integrates all indicators used in the thematic assessments on hazardous
substances and updated data for the assessments on biodiversity and eutrophication to deliver an interim holistic assessment of the ecosystem health of the Baltic (see figure 2). In addition, the assessment makes use
of information on socio-economic drivers and anthropogenic pressures impacting the status of the marine
environment. The overall effect of the pressures is presented by a so-called Baltic Sea Impact Index, which is
based on over 50 different pressure data layers and 14 layers of data on biological ecosystem components.
One of the aims of the HELCOM Initial Holistic Assessment is also to proactively pave the way for the harmonized implementation of the EU Marine Strategy Framework Directive in the Baltic Sea region, in particular to
facilitate the delivery by the EU member states of the initial assessments.
Fig. 2:
Address of author:
Anne Christine Brusendorff
Executive Secretary
Helsinki Commission
Katajanokanlaituri 6 B
00160 Helsinki
Finland
E-Mail: [email protected]
This map illustrates how status information provided by biodiversity, eutrophication and hazardous substances indicators are combined to
give an overall integrated status of ecosystem
health for the different sub-regions of the Baltic
Sea
Meeresüberwachung
Meeresüber wachung
Langzeitveränderungen der PhytoplanktonZusammensetzung in der westlichen
und zentralen Ostsee
Norbert Wasmund
Die marine Umwelt unterliegt insbesondere durch menschliche Aktivitäten starken Veränderungen, die meistens nachteilig für das Ökosystem sind. Bevor sie bekämpft werden können, müssen diese Veränderungen
identifiziert und analysiert werden. Dieser Vortrag konzentriert sich auf das Phytoplankton in der westlichen
und zentralen Ostsee, die einer deutlichen Eutrophierung unterliegt.
Leider gibt es keine Daten, die den unbeeinflussten Status zeigen und als Referenzwerte für die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) dienen können. Speziell aus der Kieler Förde stehen allerdings repräsentative Literaturdaten vom Beginn des 20. Jahrhunderts zur Verfügung, die dem unbeeinflussten Zustand nahe kommen.
Dieser wird mit Daten aus der Mitte des 20. Jahrhunderts und vom Beginn des 21. Jahrhunderts verglichen.
Es zeigten sich bei verschiedenen Phytoplanktonarten deutliche Veränderungen. Während Skeletonema zu
Beginn des 20. Jahrhunderts hauptsächlich im Sommer und Herbst auftrat, ist diese Gattung heute ein wesentlicher Bestandteil der Frühjahrsblüte. Viele Arten haben zugenommen (z.B. Cerataulina pelagica, Dactyliosolen fragilissimus, Proboscia alata, Rhizosolenia setigera, Mesodinium rubrum). Prorocentrum minimum
ist eingewandert. Prorocentrum balticum scheint verschwunden zu sein.
Die Phytoplanktonbiomasse, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bei 50-60 mg C m-3 gelegen haben dürfte, hat sich seitdem etwa verdoppelt, wobei der stärkste Anstieg in den 1960er und 1970er Jahren
vorkam.
Punktuelle Einzeluntersuchungen lassen allerdings kaum Rückschlüsse auf die Langzeit-Variabilität zu und
sind wenig repräsentativ. Erst ein systematisch durchgeführtes Langzeit-Monitoring erlaubt fundierte Trendanalysen. In der Ostsee wird ein im Rahmen der Helsinki Commission (HELCOM) international abgestimmtes
Monitoring seit dem Jahre 1979 durchgeführt. Die neueste Trendanalyse auf Grundlage der HELCOM-Daten von 1979 bis 2005 wird in dieser Präsentation vorgestellt. Die Originaldaten stammen aus Dänemark,
Deutschland, Estland, Finnland, Litauen, Polen und Schweden.
Es wurde ein nicht-parametrischer Mann-Kendall-Test für lineare Trends angewendet. Wenn Trendbrüche
vorkamen, wurden die Daten vor und nach diesem Trendbruch auf lineare Trends untersucht. Die Analysen
wurden für die einzelnen Jahreszeiten, Stationen und Phytoplanktontaxa einzeln durchgeführt.
Die Ergebnisse sind tabellarisch zusammengefasst. Sie zeigen einen Anstieg der Frühjahrs-Phytoplanktonbiomasse in der zentralen Ostsee, der hauptsächlich durch einen Anstieg der Dinoflagellaten und des autotrophen Ciliaten Mesodinium rubrum verursacht wird. Im Gegensatz dazu nahm die Frühjahrs-Phytoplanktonbiomasse in der Mecklenburger Bucht ab. Die Kieselalgen des Frühjahrs reduzierten sich Ende der 1980er
Jahre drastisch, nehmen ab dem Jahr 2000 aber wieder zu. Dagegen hatten die Frühjahrs-Dinoflagellaten
ihre stärkste Entwicklung Mitte der 1990er Jahre. Eventuell gibt es eine zehnjährige gegenläufige Oszillation
von Kieselalgen und Dinoflagellaten bei den Frühjahrswerten. In Phasen mit schwacher Kieselalgenentwicklung im Frühjahr (1990er Jahre) findet man eine besonders starke Kieselalgenentwicklung im Herbst.
Im Sommer sank die Phytoplanktonbiomasse sowie die der Cyanobakterien, Dinophyceae, Euglenophyceae
und Prasinophyceae in der südlichen eigentlichen Ostsee ab, während Kieselalgen keinen generellen Trend
zeigten und Mesodinium rubrum zunahm.
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Meeresüber wachung
Die Fragen, ob sich Trends fortsetzen, Trendbrüche oder sogar Oszillationen vorkommen, lassen sich nur
mit Fortsetzung der Messreihe beantworten. Das HELCOM-Monitoring begann zu spät, um den Haupt-Eutrophierungsschub zu dokumentieren, aber es kann Aufschluss über Erfolge von Umweltschutzmaßnahmen
geben. Die aktuellen Monitoringdaten bilden eine fundierte Basislinie für die Beobachtung zukünftiger Veränderungen, die z.B. durch eine Klimaänderung zu erwarten sind.
Anschrift des Verfassers:
Dr. Norbert Wasmund
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW)
Seestr. 15
18119 Warnemünde
E-Mail: [email protected]
Meeresüber wachung
Das Epibenthos der Doggerbank im Langzeitvergleich
Moritz Sonnewald und Michael Türkay
In einer Langzeitserie wird mit Hilfe des Forschungskutters „Senckenberg“ ein 37 Lokationen umfassendes
Stationsnetz seit dem Jahr 1991 in jährlichen Monitoring-Fahrten beprobt. Insgesamt sind bereits 18 Fahrten
durchgeführt worden. Auf jeder dieser Fahrten wird auf den gleichbleibenden Stationen auf einer Strecke
von einer Seemeile eine 2-m-Baumkurre ausgesetzt und die Epifauna beprobt. Der so aufgebaute Langzeitdatensatz wird nun im Rahmen eines Projektes des Forschungszentrums für Biodiversität und Klima (BIK-F)
in Frankfurt am Main ausgewertet. Die Organismenzusammensetzung wird an den einzelnen Stationen mit
verschiedenen Umweltfaktoren (Temperatur, Strömung) korelliert, um zu verstehen, warum manche Taxa
im Laufe der Untersuchung in ihrer Abundanz zu- und andere abnehmen. Ferner wird untersucht, ob es
orts- und zeitabhängige Unterschiede gibt, da die Doggerbank eine biogeographische Scheide zwischen
kälteren Wassermassen im Norden und wärmeren im Süden - und deren assoziierten Lebensgemeinschaften
- bildet.
Der Vortrag soll einen Überblick über das Forschungsgebiet, die dort angewendeten Methoden, sowie erste
Ergebnisse geben. Auch soll über die im Februar 2010 erstmals erfolgreich stattgefundene Winterfahrt innerhalb dieser Langzeitserie mit dem „FS Heincke“ berichtet werden, die verschiedenen Forschergruppen einen
ersten Überblick über die Zusammensetzung von Epi- und Endofaunagemeinschaften der Doggerbank zur
kalten Jahreszeit verschafft hat.
Anschrift der Verfasser:
Moritz Sonnewald
Prof. Dr. Michael Türkay
Forschungszentrum für Biodiversität und Klima (BIK-F)
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum
Senckenberganlage 25
60325 Frankfurt am Main
E-Mail:
[email protected]
[email protected]
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Meeresüber wachung
Untersuchungen zum Gesundheitszustand von
See- und Küstenvögeln im Bereich der deutschen
Nordsee
Philipp Schwemmer, Nils Guse, Stefan Garthe, Ellen Prenger-Berninghoff,
Reinhard Weiss, Peter Wohlsein, Ursula Siebert
Durch ihre Position im Nahrungsnetz fungieren See- und Küstenvögel als wichtige Indikatoren für Veränderungen in marinen Ökosystemen. Daten zur Bestandsentwicklung, zum Reproduktionserfolg oder zur
Körperkondition von Vögeln erlauben es oftmals frühzeitig, wichtige Vorgänge in Brut-, Rast- und Nahrungshabitaten zu erkennen. Die Ermittlung des Gesundheitszustandes von See- und Küstenvögeln gibt in
diesem Zusammenhang direkte Anhaltspunkte über die Grundkondition und das Auftreten von Krankheiten
der untersuchten Arten. Neben der wichtigen Option, See- und Küstenvögel als Indikatororganismen für
Vorgänge in marinen Ökosystemen zu nutzen, hat Deutschland für viele See- und Küstenvogelarten eine
hohe Schutzverantwortung: Das Wattenmeer dient als Brutgebiet sowie als Rastgebiet für Millionen von Zugvögeln; weite Teile des Offshorebereiches werden als Rast- und Nahrungshabitat von vielen Seevögeln genutzt. Viele dieser Vogelarten sind im Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie gelistet. Dieser hohen Schutzverantwortung stehen bei zahlreichen Küstenvogelarten dramatische Bestandsrückgänge in der Brut- und
Rastpopulation gegenüber.
Vor diesem Hintergrund wurde eine Pilotstudie ins Leben gerufen, um anhand von systematischen pathologischen Untersuchungen Hinweise auf den Gesundheitszustand von ausgewählten See- und Küstenvogelarten zu erhalten. Dazu wurden entlang der gesamten deutschen Nordseeküste tot am Strand gefundene oder
durch Kollision verendete Vögel gesammelt. Hierzu wurde ein nordseeweit agierendes Sammelnetzwerk von
Nationalparkmitarbeitern und Naturschutzverbänden genutzt und im Rahmen des Projektes weiter etabliert.
Im Zeitraum 1997 bis 2009 wurden insgesamt 103 Individuen von 12 verschiedenen See- und Küstenvogelarten gesammelt. Neben der Erhebung von biometrischen Daten wurde eine Obduktion, mit makroskopischer
Beurteilung aller Organsysteme und weiterführenden histologischen, mikrobiologischen, virologischen, serologischen, parasitologischen und toxikologischen Untersuchungen durchgeführt. Darüber hinaus wurde der
Ernährungszustand beurteilt. Für die Untersuchungen standen hauptsächlich Austernfischer (Haematopus
ostralegus), Knutts (Calidris canutus), Eissturmvögel (Fulmaris glacialis) und Trauerenten (Melanitta nigra)
zur Verfügung.
Die ersten Ergebnisse der Studie zeigten, dass die Tiere zum Teil eine Vielzahl von schwerwiegenden Organveränderungen aufwiesen und sich häufig in einem schlechten Ernährungszustand (Kachexie) befanden. Während bei den Austernfischern die Kachexie im Zusammenhang mit zahlreichen Läsionen innerer
Organe stand, waren die Eissturmvögel verhungert ohne Krankheitssymptome zu zeigen. Die Belastung
durch Plastikmüll spielte hierbei offensichtlich eine wichtige Rolle. Die Organveränderungen waren bakteriell
oder parasitär induzierte Hepatitiden, Nephritiden oder Entzündungen gleich mehrerer innerer Organe, die
zum Tode der Tiere führten. Alle vier untersuchten Brandgänse (Tadorna tadorna) wiesen eine hochgradige
Bauchfellentzündung als Todesursache auf.
Vogelgrippe wurde unter dem vorliegenden Probenmaterial nicht diagnostiziert. Bei den mikrobiologischen
Untersuchungen wurde eine Vielzahl an potentiell pathogenen Erregern nachgewiesen. Darunter befand sich
auch das Mycobacterium avium, welches Tuberkulose bei Vögeln hervorruft und auch auf den Menschen
übertragbar ist (Zoonose).
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Meeresüber wachung
Es wird empfohlen, pathologische Untersuchungen an See- und Küstenvögeln weiterzuführen, um nachfolgend ein langjähriges Monitoring zu etablieren. Zudem sollte es mit klinischen Untersuchungen an lebenden
Tieren aus der Wildpopulation kombiniert werden. Dies würde erlauben, Parameter zu untersuchen, die nur
am lebenden Tier gemessen werden können (z.B. verschiedene Blutparameter und den Ernährungsstatus
von Tieren aus der Wildpopulation). Ein so strukturiertes Monitoring würde es erlauben, Informationen über
den Konditionszustand ausgewählter Arten auf dem neusten Stand zu halten.
Mit Untersuchungen an lebend gefangenen und tot aufgefundenen Tieren sowie einer Verschneidung der
gefundenen Ergebnisse mit Habitatparametern stünde ein ideales Instrument zur Bewertung des Erhaltungszustandes von See- und Küstenvogelpopulationen zur Verfügung. So kann ein aussagekräftiges Bild über die
Situation der Küsten- und Seevögel entstehen, das ein effektives Management dieses Schutzgutes erlaubt
und darüber hinaus aktuelle Informationen über den Zustand der marinen Ökosysteme bietet.
Anschrift der Verfasser:
Dr. Philipp Schwemmer, Nils Guse, Dr. Stefan Garthe, Dr. Ursula Siebert
Forschungs- und Technologiezentrum Westküste
Universität Kiel
Hafentörn 1
25761 Büsum
E-Mail: [email protected]
Ellen Prenger-Berninghoff, Dr. Reinhard Weiss
Institut für Hygiene und Infektionskrankheiten
Universität Gießen
Frankfurter Straße 94
35392 Gießen
Peter Wohlsein
Institut für Pathologie
Tiermedizinische Hochschule Hannover
Bünteweg 17
30559 Hannover
Meeresüber wachung
Quecksilberanreicherungen in der Schillerlocke:
Toxizität des Methylquecksilbers
Hermann Kruse
Quecksilber kommt in der Natur geogen und in 1- und 2-wertigen anorganischen Verbindungen vor. Im
Gleichgewicht damit stehen die von Mikroorganismen in aquatischen Systemen gebildeten organischen
Alkylverbindungen, von denen mengenmäßig und toxikologisch das Methylquecksilber die weitaus größte
Bedeutung hat. Die technische Nutzung von Quecksilber hat zu einer erhöhten Belastung der Fluss- und
Estuarsedimente durch Quecksilber geführt, was letztendlich zu einer vermehrten Bildung von Methylquecksilber in der aquatischen Umwelt geführt hat. Anders als anorganische Quecksilberverbindungen ist Methylquecksilber in der Lage, sich in der aquatischen Nahrungskette anzureichern.
Inhalativ vom Organismuns aufgenommenes elementares Quecksilber wird zu annähernd 80% in den
Alveolaren resorbiert. Die Resorptionsrate des oral aufgenommenen Methylquecksilbers liegt bei etwa 90%.
Das resorbierte Methylquecksilber ist im Blut an Erythrocyten gebunden. Es wird innerhalb von wenigen
Tagen über den ganzen Körper verteilt.
Die Halbwertszeit für die Ausscheidung aus dem Gesamtkörper beträgt ca. 60 Tage. Toxikologisch relevant
ist, dass Methylquecksilber die Blut-Hirn-Schranke als Komplex mit Cystein und Glutathion überschreitet und
auch die Placentarschranke überwindet. Da resorbiertes Methylquecksilber mit einer Anreicherungsrate von
ca. 300 im Haar eingelagert wird, kann eine zurückliegende Exposition gegenüber Methylquecksilber zum
Beispiel aus Fischkonsum zuverlässig erkannt werden. Eine Einlagerung erfolgt auch in den Fußnägeln.
Die Toxizität des Methylquecksilbers wird von Toxikologen übereinstimmend beurteilt, lediglich über Toleranzdosen gibt es kontroverse Diskussionen. Tierexperimente und epidemiologische Studien zeigen eindeutig,
dass das sich entwickelnde Gehirn das am empfindlichsten auf Methylquecksilber reagierende Organ ist.
Methylquecksilber wirkt sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern neurotoxisch; wobei das fötale Gehirn
etwa zehnmal sensibler reagiert als das der Erwachsenen. Die Effekte nehmen ihren Ausgang in der hohen
Affinität des Methylquecksilbers zu den Protein-Sulfhydryl-Gruppen. Auch wird diskutiert, dass das Methylquecksilber in die Calciumregulation der Nervenzellen eingreift. Chronische Belastungen gegenüber Methylquecksilber führen zu kognitiven Störungen wie Sprachprobleme, Gedächtnislücken, Motorische Schwäche
und Verhaltensauffälligkeiten. Diese in epidemiologischen Studien erkannten neurotoxischen Schäden wurden fast ausnahmslos durch erhöhte Methylquecksilbergehalte in Meeresnahrung hervorgerufen. Aus den
Befunden der Faroer Studie lässt sich ableiten, dass mütterliche Haarbelastungen > 6-12 µg Quecksilber/g
zu ersten Auffälligkeiten bei neurophysiologischen Testungen der im Mutterleib belasteten Kinder geführt
haben. Die ersten gesundheitlichen Auffälligkeiten korrespondieren mit einer täglichen MethylquecksilberAufnahme von ca. 1 µg/kg Körpergewicht. Mit einem Sicherheitsfaktor von 10 ergibt sich eine tolerable Tagesdosis von 0,1 µg Methylquecksilber/kg Körpergewicht. Dieser Wert steht im Einklang mit der US/EPAAngabe von 0,7 µg Methylquecksilber/kg Körpergewicht und Woche. Von der FAO/WHO wurde eine tolerable
tägliche Dosis von 0,23 µg Methylquecksilber/kg Körpergewicht angegeben.
Einige epidemiologische Studien lassen den Schluss zu, dass eine Zunahme der Methylquecksilberexposition von 0,1 µg/kg Körpergewicht und Tag auf 0,2 µg/kg Körpergewicht und Tag in der pränatalen Phase einen
IQ-Verlust von 1,5 Punkten zu Folge hat.
Nach Schätzungen der EFSA werden in den verschiedenen europäischen Ländern mit der täglichen Nahrung
7-61 µg Quecksilber gesamt pro Person und Woche aufgenommen, dies entspricht für einen 60 kg schweren
Menschen eine tägliche Aufnahme von 0,1 bis 1 µg Quecksilber/kg Körpergewicht.
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Meeresüber wachung
Wegen der hohen Methylquecksilberexposition der Bevölkerung müssen besonders kritisch Expositionsspitzen erkannt werden. Hierzu haben wir das Muskelfleisch von Haifischen auf Gesamtquecksilber und Methylquecksilber analysiert. Im Mittel lagen die Methylquecksilberkonzentrationen bei 700 µg Methylquecksilber/kg Frischgewicht. Werden bei einer Mahlzeit 150 g Schillerlocken – Schillerlocken werden vom Dornhai
gewonnen – verzehrt, dann beträgt die tägliche zusätzliche Belastung gegenüber Methylquecksilber ca.
100 µg! Damit werden duldbare Tagesdosen um das Zehnfache überschritten. Derartig hohe Quecksilberbelastungen stellen wegen der ausgeprägt hohen Embryotoxizität eine kritische Belastung von Frauen im
gebärfähigen Alter dar.
Anschrift des Verfassers:
Dr. Hermann Kruse
Institut für Toxikologie und Pharmakologie für Naturwissenschaftler
UK-SH Campus Kiel
Brunswiker Str. 10
24105 Kiel
E-Mail: [email protected]
Meeresüber wachung
Fernerkundungsdienste und -produkte für das
Monitoring der Wasserqualität
Kerstin Stelzer und Carsten Brockmann
Die Wasserrahmenrichtlinie und künftig auch die Meeresstrategierichtlinie stellen Anforderungen an die
Überwachung von Nord- und Ostsee, die die regelmäßige Erfassung einer Vielzahl von Parametern erfordern. Daten von Satelliten mit optischen Messgeräten liefern hierzu einen Beitrag, indem sie es ermöglichen,
einige (wichtige) Parameter flächendeckend und großräumig zu bestimmen; dazu gehören die Oberflächentemperatur, die Chlorophyll- und Schwebstoffkonzentration und die Transparenz. Nach einer Phase intensiver
Methodenentwicklung in den 90er Jahren bis in die 2000er hat seit ungefähr 5 Jahren die Operationalisierung der optischen Ozeanfernerkundung begonnen. Dies wurde und wird insbesondere durch ESA (European Space Agency) und EU im gemeinsamen Programm „Global Monitoring for Environment and Security
(GMES)“ forciert. Zurzeit liefern der europäische Satellit Envisat und der US-Satellit MODIS entsprechende
Daten. Ab 2013 wird die Serie der operationellen europäischen GMES-Satelliten „Sentinel3“ für die Ozeanfernerkundung einsatzbereit sein.
Parallel zu den Satelliten entwickeln sich operationelle Dienste, die Daten für das marine Umweltmonitoring
bereitstellen. Ein Konsortium von 62 europäischen Partnern stellt seit Mitte 2009 den „GMES Marine Core
Service“ MyOcean bereit. Dies sind globale und regionale marine Daten aus Beobachtungen (in-situ und Satellitendaten) und Modellvorhersagen. Diese „Core Services“ werden außer von großen institutionellen Organisationen (z.B. European Environment Agency (EEA)) auch von sogenannten „Downstream“- Dienstleistern
verwendet, um spezielle Produkte zu erzeugen, die auf die Anforderungen der nationalen Ämter zugeschnitten sind. In Deutschland wird der Aufbau dieses Downstreambereichs durch das Wirtschaftsministerium/DLR
in enger Zusammenarbeit mit dem Verkehrsministerium gefördert: das Projekt „DeMarine“, koordiniert durch
das BSH.
Eines der vier fachlichen Teilprojekte von DeMarine-Umwelt hat zum Inhalt, Wasserqualitätsdaten der Küstengewässer von Nord- und Ostsee bereitzustellen, die optimal an die Bedürfnisse des BSH, der entsprechenden
Stellen der Länder und anderer nationaler Nutzer angepasst sind. Dieses Teilprojekt wird vom Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin koordiniert und zusammen mit dem GKSS-Forschungszentrum und Brockmann Consult durchgeführt. Das nationale Projekt „DeMarine“ ist international in das europaweite Netzwerk „MarCoast“ eingebunden (Marine and Coastal Service, finanziert durch die ESA). Dem
BSH werden täglich Wasserqualitätsprodukte (Chlorophyllkonzentration, Schwebstoffkonzentration, SST; in
1200 m und zum Teil in 300 m räumlicher Auflösung) für die deutsche Nord- und Ostseeküste bereitgestellt.
Dieser durch nationale Fördermittel unterstützte Service wird durch das von Brockmann Consult betriebene
Water Quality Service System (WAQSS, www.waqss.de) anderen Nutzern, auch außerhalb Europas, zur Verfügung gestellt. Die Nutzer tragen zur Finanzierung des Services bei.
Die Validierung der Fernerkundungsdaten spielt eine entscheidende Rolle für die Einbeziehung in das operationelle Monitoring. Die Validierung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Nutzer.
Neben dem operationellen Betrieb ist die fachliche Weiterentwicklung wichtig für eine langfristig gesicherte Aufrechterhaltung des Services. Dies wird durch das Forschungsprojekt „Aquamar“ gesichert, das über
das 7. EU-Rahmenprogramm co-finanziert wird. Hier werden neue Produkte entwickelt, unter anderem höher integrierte Indikatoren, Informationsprodukte zur Unterstützung der Badegewässerrichtlinie durch räumlich hochaufgelöste Satellitendaten sowie Produkte zur Überwachung von großen Offshore-Bauwerken (z.B.
Fehmarn-Belt-Querung) oder die Assimilation von Satellitendaten in Ökosystemmodelle. Im Rahmen von
KLIWAS wird derzeit die Entwicklung von Verfahren zur Bestimmung von Fronten aus Fernerkundungsdaten
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Meeresüber wachung
gefördert, und in diesem Sommer wird die Entwicklung eines Dienstes zur Abschätzung des Risikos durch
Ballastwasseraustausch abgeschlossen.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass sich nach ca. 10 Jahren intensiver methodischer Entwicklungsarbeit, die teilweise in enger Zusammenarbeit mit Nutzern wie dem BSH oder den Ämtern der Länder
durchgeführt wurde, die Nutzung von Wasserqualitätsdaten aus der Satellitenfernerkundung am Beginn der
operationellen Phase befindet. Neue Produkte sind in der Entwicklung bzw. bereits in der Erprobung.
Informationen aus Satelliten Daten
oben: Echtfarbdarstellung Ausschnitt Nordund Ostsee
mitte: Echtfarbdarstellung der Wasserkörper
nach Korrektur der Atmosphäre,
unten: Herleitung der Schwebstoffkonzentration aus den gemessenen Satellitendaten. Datenquellen: MERIS FR Daten
© ESA, Prozessierung: Case2Regional Prozessor, GKSS
Anschrift der Verfasserin:
Kerstin Stelzer
Brockmann Consult
Max-Planck-Str. 2
21502 Geesthacht
E-Mail: [email protected]
Meeresüber wachung
Biodiverstität in der Tiefsee: Probleme des
Umweltschutzes außerhalb der AWZ
Pedro Martinez Arbizu
Über die Hälfte der Weltoberfläche wird von Wassermassen mit mehr als 2000 m Tiefe bedeckt. Diese liegen
in der Regel außerhalb der Ländergenzen in internationalen Gewässern. Der Einfluss des Menschen ist auch
in diesen entlegenen Habitaten bemerkbar. Die Tiefsee ist ein Lebensraum mit einer sehr hohen Artenvielfalt,
von der wir aber bisher sehr wenig kennen. Die speziellen Herausforderungen von Umweltschultzmaßnahmen in diesen Habitaten werden diskutiert. Diese sind hauptsächlich von zwei Faktoren abhängig, der Biodiversität des Habitats und dem Verbreitungsareal der darin lebenden Arten. Menschliche Aktivitäten, vor allem
Fischerei, haben heutzutage einen Einfluss auf die Fauna von Seebergen und Kaltwasser-Korallenriffen. Die
Erschließung von Lagerstätten kann in Zukunft eine Bedrohung für die Tiefseefauna darstellen. Darin eingeschlossen sind Gashydrate und Methanquellen an den Kontinentalrändern, Massivsulfide an heißen Quellen
und Manganknollen im Abyssal. Für den Schutz der Meeresvielfalt in der Tiefsee bedarf es internationaler
Abkommen, die neben der Notwendigkeit der weltweiten ökonomischen Entwicklung auch soziale und moralische Argumente berücksichtigen.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. P. Martínez Arbizu
DZMB-Senckenberg Institut
Südstrand 44
26382 Wilhelmshaven
E-Mail: [email protected]
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Meeresschutzgebiete
Meeresschutzgebiete
Auf dem Weg zu einem weltweiten Netzwerk von
Meeresschutzgebieten
Henning von Nordheim
Vorbemerkungen
Die Hochsee und die Tiefsee repräsentieren 95 Prozent der globalen Biosphäre. Sie spielen eine wichtige Rolle für die Regulation des Erdklimas und beherbergen einen bedeutenden Teil der weltweiten noch
weitestgehend unerforschten Biodiversität, sowie einige der produktivsten Ökosysteme, enorme natürliche
Ressourcen, einzigartige Lebensräume und weltweit seltene Arten. Allerdings gefährden intensive menschliche Nutzung, Klimawandel und Übersauerung der Meere die Biodiversität, das Gleichgewicht und die
Widerstandsfähigkeit dieser Ökosysteme. Durch ihre Abgeschiedenheit und die damit verbundenen logistischen Schwierigkeiten ihrer Erkundung sind die Hoch- und Tiefsee die bislang am wenigsten bekannten und
geschützten Gebiete auf diesem Planeten. Zurzeit sind nur etwa fünf Prozent dieser Gebiete erforscht, vorwiegend in Küstengebieten, bis zu Bereichen wo der Kontinentalschelf in die Tiefsee abfällt. Die „Hohe See“
und die Tiefsee liegen zumeist außerhalb nationaler Zuständigkeit, so dass Erfolge für zukünftige Schutzbemühungen in diesen Gebieten von globaler, internationaler Kooperation und Koordination abhängen.
Zum Vortrag
In dem Beitrag werden die aktuellen internationalen Bemühungen (inkl. regionaler Aktivitäten) zum Aufbau
eines weltweiten Netzwerkes von Meeresschutzgebieten vorgestellt. Hierzu gehört vor allem die Global Ocean
Biodiversity Initiative (GOBI). Sie ist eine internationale Partnerschaft, welche die wissenschaftlichen Grundlagen zum Schutz der Biodiversität auf der Hochsee und in der Tiefsee zusammenträgt und auswertet. GOBI
unterstützt sowohl Länder als auch regionale und globale Organisationen bei der Nutzung von existierenden
Daten sowie bei der Gewinnung neuer Daten, Hilfsmittel und Methodiken zur Identifikation von ökologisch
bedeutsamen Meeresgebieten jenseits nationaler Zuständigkeiten. Diese Initiative begann Ende 2008 nach
der erfolgreichen Vertragsparteiensitzung (COP) des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt (CBD)
im Mai 2008 in Bonn mit Unterstützung des Bundesumweltministeriums (als derzeitiger Präsidentschaft der
CBD-COP als Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Naturschutz (BfN), IUCN, UNEP World Conservation Monitoring Centre, Marine Conservation Biology Institute, Census of Marine Life, Ocean Biogeographic Information System und dem Duke University Marine Geospatial Ecology Lab. Mittlerweile sind noch
eine große Zahl weiterer Institutionen beteiligt. Die Arbeit dieser Initiative basiert auf den wissenschaftlichen
Kriterien zur Identifikation von „ökologisch oder biologisch bedeutsamen Meeresgebieten“ (EBSAs), welche
ebenfalls 2008 angenommen worden sind und strebt an, Länder bei der Erfüllung der Ziele, die unter der
CBD und beim 2002 World Summit on Sustainable Development vereinbart worden sind, zu unterstützen.
Diese global vereinbarten Ziele sind vor allem:
• Stoppen des Biodiversitätsverlustes,
• Anwendung des Ökosystemansatzes bei menschlichen Aktivitäten im Meer und
• Aufbau eines repräsentativen Netzwerkes von Meeresschutzgebieten bis zum Jahr 2012.
Anschrift des Verfassers:
Dr. Henning von Nordheim
Bundesamt für Naturschutz
Insel Vilm/Rügen
I8581 Putbus
E-Mail: [email protected]
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Meeresschutzgebiete
Weltnaturerbe Wattenmeer– Herausforderungen,
Chancen und Perspektiven für den Naturschutz
Jens Enemark
Die Aufnahme des deutsch-niederländischen Wattenmeeres in die UNESCO Welterbeliste im Juni 2009 ist
der Höhepunkt der Trilateralen Wattenmeerzusammenarbeit. Es konnte überzeugend dargelegt werden, dass
das Wattenmeer das größte zusammenhängende Wattgebiet der Welt ist, in dem natürliche Prozesse noch
ungestört ablaufen. Das Welterbegebiet ist umfassend geschützt und beinhaltet alle Habitate, Arten und Prozesse, die für ein natürliches und dynamisches Wattenmeer typisch sind; es ist zudem groß genug, um die
essentiellen ökologischen Prozesse und Werte zu erhalten. Gleichzeitig ist es weltweit eines der wichtigsten
Gebiete für den Zugvogelschutz.
Eine wichtige Grundlage für die Nominierung waren die Erhebungen aus dem Trilateral Monitoring and
Assessment Program (TMAP). Der aktuelle Qualitätszustandsbericht wurde im Dezember 2009 veröffentlicht – über
100 Wissenschaftler haben für das gesamte Wattenmeer die aktuellen Trends zu Eutrophierung, Schadstoffen,
Seegras, Zoobenthos, Salzwiesen und Dünen zusammengetragen, sowie aktuelle Trendanalysen von Brut- und
Rastvögeln, und marinen Säugern erstellt (http://www.waddensea-secretariat.org/QSR-2009/index.htm).
Zum ersten Mal wurden Langzeitreihen von Makrozoobenthos und Fischen grenzübergreifend ausgewertet.
Positive Entwicklungen wie Rückgang der Eutrophierung und vieler Schadstoffkonzentrationen, Zunahme von
Seegras in einigen Bereichen, Anwachs von Salzwiesen, und der Anstieg der Populationen vieler Brut- und
Rastvögel sowie mariner Säuger haben sich fortgesetzt. Problematisch bleiben weiterhin die Abnahme der
Miesmuschelbänke, die Zunahme von marinen Neobiota, und die geringe Dynamik vieler terrestrischer Habitate wie Dünen. Lückenhaft sind insbesondere die Informationen bezüglich sublittoraler Habitate, der Austauschvorgänge zwischen dem Wattenmeer und der angrenzenden Nordsee und des Sedimenthaushaltes.
Die Ausweisung als Welterbe ist ein außerordentlicher Imagegewinn für die Region und eröffnet gleichzeitig
neue Perspektiven für den Wattenmeerschutz, indem es die gemeinsame Verantwortung aller Partner für das
gesamte Gebiet zwischen Texel und Sylt unterstreicht. Durch den Status als Welterbe kommen keine neuen Regelungen hinzu, aber es besteht die gemeinsame Verpflichtung, das Wattenmeer zu erhalten und zu schützen,
damit es die Kriterien für ein Welterbe auch in Zukunft erfüllt. Die hohe Akzeptanz dieser Auszeichnung in der
Bevölkerung, die stolz darauf ist, unterstützt ganz erheblich die Bemühungen des Naturschutzes vor Ort.
Das Weltnaturerbe als Tourismusziel eröffnet auch die Perspektive, den Naturschutz besser in die Regionalentwicklung zu integrieren und die Akzeptanz für Schutzmaßnahmen auf lokaler Ebene zu erhöhen. Die Entwicklung einer gemeinsamen Tourismusstrategie, wie vom Welterbekomitee gefordert, ist ein erster Schritt,
um zusammen mit der Tourismusindustrie konkrete Ziele und Maßnahmen zu vereinbaren.
Das Weltnaturerbe wird auch die überregionale Zusammenarbeit in Wattenmeerschutz verstärken: durch
Förderung überregionaler und grenzüberschreitende Naturschutzprojekte, Verbesserung des Monitorings,
insbesondere im Hinblick auf Verbreitung neuer Arten (‚alien species’) und die Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit, insbesondere für Schutz und Management der Zugvögel.
Anschrift des Verfassers:
Jens Enemark
Secretary
Internationales Wattenmeersekretariat
Virchowstraße 1
26382 Wilhelmshaven
E-Mail: [email protected]
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Meeresschutzgebiete
Das neue Bundesnaturschutzgesetz –
Meeresnaturschutz in der AWZ
Carolin Kieß
Zum 1. März 2010 trat das Gesetz zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege in Kraft (BGBl. 2009 I S. 2542). Es schafft erstmals umfassende, unmittelbar geltende und bundeseinheitliche Regelungen für den Naturschutz in Deutschland. Das alte Rahmenrecht, das lediglich allgemeine
Vorgaben für die Länder enthielt, wurde damit abgelöst. Die Neuordnung stellt einen wichtigen Schritt zur
Verbesserung der Vollzugstauglichkeit und Anwenderfreundlichkeit des Naturschutzrechts dar. Die drohende
Zersplitterung des Naturschutzrechts in Deutschland ist damit zunächst abgewendet. Ob die Rechtseinheit
und Rechtsklarheit dauerhaft gewahrt werden können, hängt nun davon ab, wie und in welchem Umfang die
Länder von ihren neuen verfassungsrechtlichen Abweichungsrechten Gebrauch machen werden.
Der Meeresnaturschutz erfährt durch die Novelle eine Stärkung, erstmals wurde hierzu ein eigenes Kapitel im
Bundesnaturschutzgesetz aufgenommen. Durch § 56 Abs. 1 BNatSchG wird nahezu das gesamte an Land
und in den Küstengewässern bewährte Instrumentarium des Naturschutzrecht nun auch auf den Bereich der
deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) und des Festlandsockels erstreckt. In diesem Bereich
jenseits der nationalen Hoheitsgewässer, der einem besonderen seevölkerrechtlichen Rechtsregime unterliegt, sind damit über die Regelungen zum Schutzgebietsnetz Natura 2000 (§ 38 BNatSchG a. F.) hinaus erstmals auch alle weiteren relevanten Bestimmungen des Naturschutzrechts anwendbar. Dies ist für den Erhalt
der vielfältigen und eng miteinander vernetzten Ökosysteme dringend erforderlich, nicht zuletzt zur Erfüllung
völker- und europarechtlicher Schutzverpflichtungen. Das Recht des Meeresnaturschutzes ist nicht nur im
Hinblick auf die AWZ sondern auch bezüglich der Küstengewässer nach Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GG von der
Befugnis der Länder zur Abweichung ausgenommen.
Durch die Erstreckung des naturschutzrechtlichen Instrumentariums auf die AWZ trägt der Bundesgesetzgeber auch dem mit der Nutzung küstenferner Gebiete einhergehenden Bedürfnis nach einer Fortentwicklung
der genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen für lokale Eingriffe Rechnung. Bei Vorhaben, die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt der Meere haben können, wie dem marinen Sand- und Kiesabbau, der
Errichtung von Seeanlagen oder der Verlegung von Kabeln und Pipelines, sind zukünftig auch im Bereich von
AWZ und Festlandsockel etwa der gesetzliche Biotopschutz sowie die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung zu beachten. Eine Sonderregelung besteht insoweit bzgl. der Errichtung von Offshore-Windenergieanlagen, die bis zum 1. Januar 2017 von der Anwendung der Eingriffsregelung freigestellt sind. Das BfN ist nun
als zuständige Naturschutzbehörde für den Bereich der AWZ mit den notwendigen rechtlichen Befugnissen
ausgestattet.
Anschrift der Verfasserin:
Dr. Carolin Kieß
Bundesamt für Naturschutz
Konstantinstr. 110
53179 Bonn
E-Mail: [email protected]
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Offshore-Windparks
O f f shore-W indparks
Offshore-Windenergie: Aktueller Stand der Verfahren
und erste Erfahrungen bei der Errichtung
Christian Dahlke
In diesem Einführungsvortrag werden die Entwicklungen in rechtlicher und tasächlicher Hinsicht dargestellt,
die sich seit dem Zeitpunkt ergeben haben, als Offshore-Windenegie letzmals Thema bei diesem Symposium gewesen ist.
Als wichtige Stichpunkte sind hier
- die Novellierung die SeeAnlV 2008 mit der Öffnung für Belange der Raumordnung und auch sonstige öffentliche Belange,
- die Entwicklung und die Ergebnisse des Verfahrens zur Etablierung eines Raumordnungsplans für die AWZ der
Nord-und Ostsee 2009 sowie
- die aktuellen Änderungen durch die Änderung des BNatSchG 2010
zu nennen.
Die Entwicklung der Antragslage wird ebenso illustiert, wie der Beginn der Errichtungsarbeiten in den ersten
Vorhaben auf See.
Offshore-Windparks in der Nordsee
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O f f shore-W indparks
Offshore-Windparks in der Ostsee
In dem folgenden Vortrag erfolgt eine Darstellung der Systematik von ökologischem Monitoring des Betreibers sowie der staatlichen Begleitforschung im Vorhaben „alpha ventus“ einschließlich einiger Darstellungen
erster Ergebnisse.
Anschrift des Verfassers:
Christian Dahlke
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
Bernhard-Nocht-Straße 78
20359 Hamburg
E-Mail: [email protected]
O f f shore-W indparks
Stand der ökologischen Begleitforschung im
Offshore-Testfeld „alpha ventus“
Karoline Weber-Streidt und Kristin Blasche
Im Jahr 2009 wurde Deutschlands erster Offshore-Windpark „alpha ventus“ mit 12 Windenergieanlagen errichtet. Bau und Betrieb des so genannten Testfeldes werden von umfangreichen ökologischen Untersuchungen begleitet. Zusätzlich zu dem obligatorischen Monitoring nach den Vorgaben des Standarduntersuchungskonzeptes (Standard zur Untersuchung der Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen auf
die Meeresumwelt - StUK) des BSH koordiniert die Behörde das ökologische Forschungsprojekt StUKplus,
das ergänzende forschungsspezifische Fragestellungen beantworten soll. Ziel des vom Umweltministerium
geförderten Projektes ist neben der Erforschung der Effekte auf die Meeresumwelt auch die Evaluierung des
bisher gültigen StUKs. Umfangreiche Voruntersuchungen zu Bodenorganismen, Fischen, Rast- und Zugvögeln sowie zu marinen Säugetieren wurden bereits 2008 vor Beginn der Bauphase im Testfeld durchgeführt.
Schon bald werden aufschlussreiche Vorher-Nachher-Vergleiche zu den bau- und betriebsbedingten Auswirkungen möglich sein.
Abb. 1: Bauaktivitäten im Testfeld alpha ventus
Erste Ergebnisse aus der Bauphase, die in den nächsten Monaten und Jahren noch um weitere Erkenntnisse aus
der Betriebsphase von „alpha ventus“ vervollständigt werden, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Effekte auf marine Säugetiere: Der Rammschall während der Bauphase von Windenergieanlagen, der in
Entfernungen von bis zu 20 Kilometern messbar ist, zählt zu den Hauptgefährdungsursachen für die hörempfindlichen Meeressäuger. Vor, während und nach den Rammarbeiten im Testfeld „alpha ventus“ wurden
Schweinswale mittels Flugzeug- und Schiffszählungen sowie Unterwassermikrophonen erfasst. Die Untersuchungen haben ein eindeutiges Ausweichverhalten der Schweinswale während der Rammarbeiten gezeigt.
Zum Schutz der Tiere wurden sie vor Beginn der lauten Hammerschläge aus dem Gefahrenbereich der Unterwasserbaustelle „vergrämt“, d.h. mittels akustischem Signal ferngehalten. Zusätzlich wurde an einer Anlage ein Blasenschleier als Schallminderungsmaßnahme eingesetzt. Weitere Untersuchungen werden zeigen,
ob die Schweinswale das Windparkgebiet zukünftig als Lebensraum nutzen.
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O f f shore-W indparks
Veränderungen des Lebensraumes für Bodenorganismen und Fische: Der Bau von Windenergieanlagen lässt
wahrscheinlich künstliche Riffe entstehen. So hat sich in unmittelbarer Nähe zu „alpha ventus“ an dem Fundament der Forschungsplattform FINO 1 ein dichter Bewuchs mit Miesmuscheln, Seeanemonen und sogar
ersten Austern gebildet. Dies ist möglicherweise eine zusätzliche Nahrungsquelle für Fische, die im Windparkgebiet zudem vor Fischerei geschützt sind. Erste Beobachtungen an den Fundamenten zeigen, dass
sich hier bereits erste „Riffarten“ wie Taschenkrebs und Samtkrabbe ansiedeln. Dies sind Anzeichen für die
Veränderung des ursprünglich feinsandigen Lebensraumes.
Untersuchungen an Zugvögeln: Derzeit werden verschiedene Video- und Wärmebildkameras sowie Radargeräte installiert, um mögliche Kollisionen von Zugvögeln sowie Ausweichbewegungen zu erfassen. Bisherige Studien an der FINO 1 haben gezeigt, dass die Kollisionswahrscheinlichkeit stark wetter- und beleuchtungsabhängig ist.
Die Untersuchungen zu Rastvögeln haben mit Inbetriebnahme der Anlagen begonnen. Ziel ist es festzustellen, inwieweit Rastvögel das Gebiet als Lebensraum weiterhin nutzen. Hier sind artspezifische Unterschiede
zu erwarten.
Abb. 2: Bewuchs der Unterwasserkonstruktion von FINO1 (nahe Testfeld
alpha ventus) mit Miesmuscheln und Seenelken in rund 5 m Wassertiefe. Foto: Sebastian Fuhrmann
Abb. 3: Kamerasysteme mit Blick vom Umspannwerk
zur nächsten WEA
Foto: Reinhold Hill, Avitec Research
Weitere Informationen zu den Ergebnissen der ökologischen Begleituntersuchungen während der Bauphase
von „alpha ventus“:
http://www.bsh.de/de/Meeresnutzung/Wirtschaft/Windparks/StUK3/index.jsp
http://www.bsh.de/de/Meeresnutzung/Wirtschaft/Windparks/StUKplus/stukplustext.jsp
Standard. Untersuchung der Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen auf die Meeresumwelt (StUK 3):
http://www.bsh.de/de/Produkte/Buecher/Standards_Windenergie/7003.pdf
Anschrift der Verfasserinnen:
Karoline Weber-Streidt und Kristin Blasche
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
Bernhard-Nocht-Straße 78
20359 Hamburg
E-Mail:
[email protected]
[email protected]
O f f shore-W indparks
Auswirkungen des Unterwasserschalls bei den
Rammarbeiten zur Installation des Offshore-Testfelds
„alpha ventus“ auf Meeressäugetiere
Klaus Lucke
Die derzeit gängige Methode zur Errichtung von Offshore Windkraftanlagen (WEAs) ist die Einbringung einer
Pfahlgründung mittels Impulsrammung. Die dabei in den Wasserkörper abgegebenen Schallimpulse haben
einen Spitzen-Schalldruckpegel von mindestens 230 dB re 1µPa und eine Schallenergie von mindestens
200 dB re 1µPa2s. Zur Errichtung jeder der 12 WEAs im Testfeld "alpha ventus" wurden im Durchschnitt
15.000 Rammimpulse erzeugt. Für die deutsche AWZ sind derzeit über 60 Windparks mit mehreren tausend
WEAs beantragt und für über 1.600 dieser Anlagen liegt bereits eine Baugenehmigung vor.
Diese Gebiete sind gleichzeitig der Lebensraum der einzigen heimischen Walart, des Schweinswals
(Phocoena phocoena). Eine Besonderheit dieser Tiere ist ihr sehr empfindliches Gehör und ihre Fähigkeit,
sich mittels Echolokation ein Bild ihrer Unterwasserumwelt zu machen. Sie nutzen Schall zur Nahrungssuche
sowie für andere wichtige Lebensfunktionen und sind folglich vital auf ein gesundes Gehör angewiesen.
Durch Unterwasserschall kann es bei ihnen zu Verhaltensreaktionen kommen, ist der Schall intensiv genug,
kann er die Wahrnehmung anderer – für die Tiere bedeutender Geräusche – maskieren und im Extremfall
kann es durch lauten Schall zu einer Beeinträchtigung oder Schädigung des Gehörs kommen. Eine solche
Beeinträchtigung des Gehörs (zeitweilige Hörschwellenverschiebung, TTS) setzt bei einer einmaligen Beschallung ab einem empfangenen Spitzenschalldruck von 200 dB re 1µPa ein.
Im Zusammenhang mit den Bauarbeiten bei "alpha ventus" stellt sich die Frage, ob und wann die Tiere das
Gebiet verlassen und wie hoch ihre akustische Belastung aufgrund der Bauaktivitäten ist. Flugzählungen in
der südlichen Nordsee haben gezeigt, dass Schweinswale während der Errichtung der ersten WEAs im Testfeld "alpha ventus" das Gebiet zunächst im Umkreis von >20 km meiden. Da akustische und telemetrische
Daten zur tatsächlichen Belastung der Tiere sowie über ihre Vermeidungsreaktionen im Zusammenhang mit
den Rammaktivitäten fehlen, wurde entsprechend zunächst eine Modellierung vorgenommen. Ausgehend
von vorhandenen Informationen über die Schwimmgeschwindigkeit der Schweinswale auf der einen und die
Schallemissionen bei der Rammung auf der anderen Seite, wurden mehrere realistische Szenarien getestet.
In allen Fällen – auch bei langsamer Erhöhung der Rammenergie ("Soft-Start") – wurde der TTS-Grenzwert für
die akustische Belastung der Tiere jedoch überschritten.
Besorgniserregend ist in diesem Zusammenhang, dass in der direkten Umgebung der Rammungen gegen
Ende der Rammphase bei "alpha ventus" in 2009 wieder deutlich mehr Schweinswale detektiert wurden. Eine
ursächliche Erklärung für diesen Anstieg kann zur Zeit aufgrund unzureichender Kenntnisse über die Habitatwahlparameter der Schweinswale noch nicht gegeben werden. Die erhöhte Präsenz der Tiere im Umfeld der
Anlagen belegt jedoch, dass diese Tiere einer sehr hohen Anzahl von Schallimpulsen bei hohen akustischen
Empfangspegeln ausgesetzt wurden. Eine derartige Mehrfachbeschallung birgt das Risiko einer zu starken
akustischen Belastung des Gehör der Schweinswale. Es ist zu vermuten, dass Tiere im Nahbereich der Bauarbeiten physisch zumindest beeinträchtigt wurden.
Es ist also zusammenfassend davon auszugehen, dass durch die Bauaktivitäten einige Schweinswale geschädigt und viele Tiere gestört wurden. Während die Schädigung weder auf Individuen- noch auf Populationsebene akzeptabel ist, kann die biologische Signifikanz der Störung noch nicht beurteilt werden.
Anschrift des Verfassers:
Dr. Klaus Lucke
Forschungs- und Technologiezentrum Westkueste
Christian-Albrechts-Universitaet zu Kiel
Hafentoern 1
25761 Buesum
E-Mail: [email protected]
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O f f shore-W indparks
Erfahrungen bei der Rammschallminderung
durch Blasenschleier bei der Errichtung des
Offshore-Testfelds „alpha ventus“
Tanja Grießmann, Jörg Rustemeier, Raimund Rolfes
Hintergrund
Messungen im Zusammenhang mit Rammarbeiten zur Errichtung von Offshore-Windenergieanlagen (OWEA)
in Nord- und Ostsee haben Hydroschallpegel ergeben, die die vom Umweltbundesamt (UBA) geforderten
Richtwerte erheblich überschreiten. Dieses Ergebnis zeigt, dass zum Schutz mariner Lebewesen die Notwendigkeit von wirksamen Schallminderungsmaßnahmen während der Rammarbeiten besteht. Allerdings
müssen derartige Maßnahmen kostengünstig sein und ohne wesentliche Beeinflussung des Baugeschehens
umgesetzt werden können.
Im Rahmen der regelmäßigen Arbeitstreffen der Stiftung Offshore-Windenergie hat man im Dezember 2008
beschlossen, einen gestuften Blasenschleier dicht an der Gründungskonstruktion einer Multibrid-Anlage als
schallmindernde Maßnahme im Testfeld zu erproben. Fa. MENCK hat in Zusammenarbeit mit der Fa. Hydrotechnik Lübeck GmbH die Konzeption und den Bau des Blasenschleiers übernommen. Die begleitenden
Hydroschallmessungen wurden Ende Mai 2009 bei der Erprobung des Konzepts während der Rammarbeiten
an der AV09 vom ISD koordiniert und zusammen mit den Forschungspartnern DEWI und ITAP durchgeführt.
Abb. 1: An der Multibrid-Anlage AV09 vormontiertes unteres
Teilsystem des Blasenschleiers, Eemshaven, Niederlande (Quelle: Hydrotechnik Lübeck GmbH)
Abb. 2: Oberes mobiles Teilsystem des Blasenschleiers im Transportrahmen mit Auftriebskörpern, Eemshaven, Niederlande (Quelle: Hydrotechnik Lübeck GmbH)
Schallschutzkonzept Blasenschleier
Die Bezeichnung „Blasenschleier“ umfasst das gesamte Schallschutzkonzept, bestehend aus den Düsenrohrringen und dem eigentlichen Blasenschleier, der erst entsteht, wenn die horizontalen Rohrsysteme mit
Druckluft befüllt werden, die Luftblasen aus den Düsenöffnungen austreten und zur Wasseroberfläche in
Form eines Schleiers aufsteigen. Luft- oder Gasblasen ändern die hydroakustischen Eigenschaften des
Mediums Wasser. Zwischen Wasser und Luft besteht aufgrund des großen Dichteunterschieds ein erheblicher Impedanzsprung. Die Schallanregung von Luftbläschen nahe ihrer Eigenfrequenz führt zu einer
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O f f shore-W indparks
starken Reduktion der Schallamplituden, wobei sowohl Streuungs- als auch Absorptionseffekte wirksam
sind. In der Nähe der Resonanzfrequenz beträgt die akustische Oberfläche der einzelnen Gasblase ein
Vielfaches ihrer geometrischen Oberfläche, was die besondere Effektivität von Blasenschleiern begründet.
Die Anordnung eines Blasenschleiers dicht an der Gründungskonstruktion stellt allerdings wegen der unmittelbaren Nähe zu Rammgerät, Rammpfahl und Fundament eine besondere Herausforderung dar. Um
Störungen des Rammvorgangs so gering wie möglich zu halten, wurde der Blasenschleier in ein vormontierbares unteres (s. Abb. 1) und ein mobiles oberes Teilsystem (s. Abb. 2) zerlegt. Zwei Pfähle des Tripods
wurden mit Blasenschleiern ausgerüstet.
Am Tag der Errichtung der AV09 konnten die unteren vormontierten Systeme während der Rammarbeiten
planmäßig in Funktion gesetzt werden. Die mobilen oberen Systeme kamen aufgrund des engen Wetterfensters und der Gefahr, durch den ungewissen Zeitbedarf, der für ihre Montage offshore nötig gewesen wäre,
die Errichtung der Fundamente zu stark zu verzögern, nicht zum Einsatz.
Abb. 3: Austritt des Luftblasenschleiers an der Wasseroberfläche,
Nord-Ost-Pfahl der AV09 bei Stauwasser, 31.05.2009
(Quelle: ISD)
Projektziele und Ergebnisse
Wesentliche Ziele des Forschungsvorhabens sind:
• Konzeptentwicklung und Design eines gestuften Blasenschleiers dicht an der Gründungskonstruktion.
• Erprobung und Bewertung der Einsetzbarkeit des gestuften Blasenschleiers unter Offshore-Bedingungen und
unter den Randbedingungen des Errichtungsprozesses der Hauptgewerke.
• Feststellung des Einflusses von Strömungsgeschwindigkeit und -richtung auf die Schallminderungswirkung
des Blasenschleiers im Betrieb.
• Untersuchung des Einflusses der Rammenergie auf die Schallminderungswirkung in der Umgebung.
Die Ergebnisse des Projekts werden im Vortrag präsentiert.
Anschrift der Verfasser:
Tanja Grießmann
Jörg Rustemeier
Prof. Dr.-Ing. habil. Raimund Rolfes
Institut für Statik und Dynamik, Leibniz Universität Hannover
Appelstr. 9A 30167 Hannover [email protected]
[email protected]
[email protected]
O f f shore-W indparks
RAVE - Geologische Forschung zum Kolkverhalten
und zur Sedimentdynamik im Offshore-Testfeld
„alpha ventus“
Maria Lambers-Huesmann
Sedimentologische Eigenschaften des Meeresbodens und hydrodynamische Prozesse haben einen grundlegenden Einfluss sowohl auf die ökologische Funktion des Meeresbodens als marines Habitat als auch auf die
bodenmechanischen Eigenschaften des Meeresbodens in seiner Funktion als Baugrund für z.B. OffshoreWindenergie-Anlagen (WEA).
Ziel des Projektes RAVE-Geologie, einem Teilprojekt des RAVE-Messservice, das vom BSH koordiniert wird,
ist die Überprüfung der Prognosen aus der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), die im Zuge des Genehmigungsverfahrens erstellt wurde. Dabei geht das Untersuchungskonzept über das hinaus, was der Anlagenbetreiber bereits im Rahmen des Betriebsmonitorings zu prüfen hat.
Der Fokus der geologischen Untersuchungen liegt daher auf die Erfassung und Bewertung der sedimentdynamischen Prozesse, die zum möglichen Änderungen im Aufbau und der Beschaffenheit des oberen Meeresbodens führen können. Zur in Situ-Erfassung der Kolktiefen und deren Dynamik werden an den Gründungen
angebrachte Echolote verwendet. Eine Kombination aus flächendeckender Hydroakustik und geotechnischen
in Situ-Methoden und Laboruntersuchungen, die in regelmäßigen Zeitintervallen durchgeführt werden, gibt
Aufschluss auf den Einfluss möglicher Änderungen der Sedimentdynamik im gesamten Windpark.
Erste Ergebnisse zeigen, dass es auch in größeren Wassertiefen (ca. 30 m) zu Wechselwirkungen zwischen
Meeresboden und WEA-Gründungen kommt, auch wenn diese bislang lokal begrenzt sind. Einen Hinweis
auf die Beeinflussung der sedimentdynamischen Prozesse im gesamten Windpark gibt es derzeit nicht.
Abb.1:
Anschrift der Verfasserin:
Maria Lambers-Huesmann
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
Bernhard-Nocht-Straße 78
20359 Hamburg
Schematische Darstellung der
morphologischen Erfassung des
Meeresbodens mit Fächerecholot
Quelle: BSH
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O f f shore-W indparks
Einfluss von Schiffsverkehr auf Seevögel
Stefan Garthe, Philipp Schwemmer, Bettina Mendel
Die meisten anthropogenen Aktivitäten in marinen Ökosystemen stehen mit Schiffsverkehr im Zusammenhang. Dazu zählen u.a. der Transport von Gütern und Personen, Fischerei, Sand- und Kiesentnahmen, der
Bau und die Wartung von Offshore-Windenergieanlagen sowie Schiffsverkehr als Freizeitaktivität. Durch die
Intensivierung menschlicher Aktivitäten kommt dem Schiffsverkehr in deutschen Offshoregebieten eine immer wichtigere Bedeutung zu.
Allerdings werden viele Bereiche der deutschen Nord- und Ostsee von Seevögeln rund ums Jahr als wichtige Nahrungs- und Rasthabitate genutzt. Der Einfluss von Schiffsverkehr auf das Verhalten und die Verbreitung von störempfindlichen Seevögeln ist jedoch erst in Ansätzen bekannt. Neben Seetauchern gelten Meeresenten als besonders empfindlich gegenüber Störungen durch Schiffsverkehr. Daher wurden zunächst
Fluchtdistanzen von Meeresenten vor einem herannahenden Schiff gemessen. Dabei zeigte sich, dass die
Fluchtdistanzen der einzelnen Arten variieren. Außerdem waren die Fluchtdistanzen der Meeresenten in
viel befahrenen Schifffahrtsstraßen geringer als in anderen Bereichen, was auf einen Gewöhnungseffekt
hindeutet.
Auch Seetaucher reagieren sehr empfindlich auf Störungen durch Schiffsverkehr. Es konnte nachgewiesen
werden, dass Seetaucher viel befahrene Bereiche meiden, was zu einer Verkleinerung und Zerschneidung
von Rasthabitaten führt. Durch die geplanten Offshore-Windparks kommt auf dem Meer nun noch eine weitere Nutzung hinzu, die eine große Fläche beanspruchen wird. Bislang wurde bei Untersuchungen anthropogener Effekte der Fokus hauptsächlich nur auf eine einzelne Nutzung gelegt, obwohl alle durchgeführten
Nutzungen gleichzeitig auf die Seevögel einwirken. Deshalb ist es unerlässlich, die Auswirkungen anthropogener Nutzungen kumulativ zu betrachten. In diesem Vortrag werden daher die ersten Ergebnisse einer
kumulativen Betrachtungsweise der Auswirkungen von Offshore-Windkraft und Schiffsverkehr am Beispiel
der Seetaucher dargestellt. Diese ersten Erkenntnisse haben eine hohe Relevanz für eine naturverträglich
räumliche Planung im marinen Bereich.
Anschrift der Verfasser:
PD Dr. Stefan Garthe, Dr. Philipp Schwemmer, Bettina Mendel
Forschungs- und Technologiezentrum Westküste (FTZ)
Universität Kiel
Hafentörn 1
D-25761 Büsum
E-Mail: garthe.ftz-west.uni-kiel.de
49
Schifffahrt und Umwelt
Schif f fahr t und Umwelt
Überlegungen zur Vermeidung von
Konflikten zwischen Meeresnaturschutz und
Schifffahrtsanliegen
Dieter Boedeker
Internationale Vereinbarungen zur Verhütung von Beeinträchtigungen der Meeresumwelt wie z.B. das MARPOL (Marine Pollution)-Übereinkommen, aber auch HELCOM und OSPAR zielen darauf ab, dass von der
Schifffahrt eine möglichst geringe Beeinträchtigung der Meeresumwelt ausgeht. Dies wird auch von der
Raumordnung in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone postuliert und angestrebt.
Über diese allgemein gültigen Rahmenbedingungen hinaus ist Deutschland gemäß FFH-RL (Richtlinie 92/43/
EWG) verpflichtet, in den Natura 2000-Schutzgebieten Managementmaßnahmen zu ergreifen, um für die
Schutzgüter einen "günstigen Erhaltungszustand" zu erreichen. Wenn die Schifffahrt hierfür ein aktuelles oder
potenzielles Konfliktfeld darstellt, müssen entsprechende Regelungsmechanismen ergriffen werden. In der
deutschen AWZ ist das BfN die zuständige Behörde für die Belange des Meeresnaturschutzes. Da jedoch
auf nationaler Ebene keine Regelungsmechanismen für den Schiffsverkehr in der AWZ bestehen, sind solche nur durch die "International Maritime Organisation" (IMO) möglich, die hier auf der Grundlage des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS) die exklusive Regelungskompetenz besitzt. So
konnte bereits in 2005 die gesamte Ostsee bis auf die russischen Gewässer durch die IMO als "besonders
ökologisch sensibles Gebiet" (PSSA) ausgewiesen werden. Mit dieser Ausweisung waren weitere Regulierungsmaßnahmen für die Schifffahrt verbunden, die 2006 in Kraft traten. Auch das Trilaterale Wattenmeer ist
ein PSSA, liegt allerdings vollständig in den Hoheitsgewässern der drei Partnerstaaten.
In den letzten Jahren haben Analysen des Schiffsverkehrs in Nord- und Ostsee mittels AIS und Auswertung
von optischen Sichtungen von Schiffen im Zuge des Monitorings von Schweinswalen und Seevögeln gezeigt, dass einerseits Konzentrationsgebiete von Schweinswalen und Seevögeln häufig nur wenig von der
Schifffahrt frequentiert werden, aber andererseits diese Tiere stark frequentierte Schiffsrouten meiden. So
erlangen z.B. wegen der bislang geringen Verkehrsdichte der Adlergrund und die Oderbank eine herausragende Bedeutung als Nahrungs-, Überwinterungs-, Mauser-, Durchzugs- und Rastgebiet für Seevögel in der
Ostsee. Hier ist die Schifffahrt ein großes potenzielles Konfliktpotenzial, vorrangig wegen ihrer Scheuch- und
Vergrämungswirkung auf Seevögel, aber auch auf Schweinswale. Insofern ist es aus naturschutzfachlicher
Sicht geboten, die Schifffahrt in diesen Meeresgebieten dauerhaft auf dem vorhandenen niedrigen Niveau
zu halten. Nur so ließe sich hier das Konfliktpotential zwischen dem Schutzauftrag und der Schifffahrt auch
zukünftig vermeiden bzw. noch weiter reduzieren.
Anschrift des Verfassers:
Dieter Boedeker
Bundesamt für Naturschutz
Außenstelle Vilm
18581 Putbus
E-Mail: [email protected]
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Schif f fahr t und Umwelt
Ökonomie und Ökologie - Gegensätze in der
Seeschifffahrt?
Carsten-S. Wibel
Das Beratungsgremium des Deutschen Nautischen Vereins ist der Ständige Fachausschuss (StFA),
den Delegierte der 20 Nautischen Vereine und 47 Kooperativen Mitglieder bilden. Gemeinsam beraten sie aktuelle Themen der Seeschifffahrt, Arbeitskreise bereiten Beschlussvorlagen vor. Zu den
herausragenden Arbeitsergebnissen im Bereich des Meeresumweltschutzes zählen unter anderem
Empfehlungen zu sauberen Schiffsmotorenabgasen und zum Ballastwassermanagement, Stellungnahmen und Positionspapiere zur Abbergung von Schiffsladungen havarierter Containerschiffe
und zu Kriterien für ein zukunftsgerichtetes Notschleppkonzept. Einige der vom StFA und seinen
Ausschüssen erarbeiteten Empfehlungen, beispielsweise zum Automatischen Schiffsinformationssystem (AIS) oder zu „Schifffahrts-Brennstoffen mit Zukunft“ wurden von der Bundesregierung als
Grundlage für IMO-Verhandlungen genutzt.
„Die“ Seeschifffahrt gibt es, wie auch „die“ Reedereien, nicht. Für Außenstehende ist die Vielfalt der
verschiedenen Strukturen, die zu verschiedenen Interessen führen kann, verwirrend. Reedereien,
die einen „Haus zu Haus“-Service für Ladung anbieten, haben andere wirtschaftliche Zwänge als
Reedereien, die Schiffe für andere betreiben oder die in Zeit- oder Reisecharter fahren. Und Projektladung hat andere Rahmenbedingungen als Liniendienste für Container.
Gemeinsam ist allen Reedereien, dass sie einen möglichst wirtschaftlichen Betrieb anstreben.
Dazu gehört auch der wirtschaftliche Einsatz von Ressourcen. Die Verschärfung der Mindestanforderungen an Schifffahrtsbrennstoffe, die zu einer Verteuerung von Schweröl führen und den Preisunterschied zum Marine-Diesel verringern werden, bietet durch Anwendung bewährter – in den
letzten Jahrzehnten „vergessener“ – Maßnahmen die Möglichkeit zur Verbesserung des GesamtWirkungsgrades des Schiffsbetriebes.
Greifen ökologische Forderungen wie „Schiffe an die Steckdose“ zu sehr in den Schiffsbetrieb ein,
können technische, rechtliche und wirtschaftliche Fragen eine Umsetzung der ursprünglichen ökologischen Forderung der Verringerung der Schiffsemissionen behindern.
Ökonomie und Ökologie müssen keine Gegensätze sein. Der schonende = wirtschaftliche Umgang
mit der Umwelt und ihren Ressourcen ist für beide zwingend. Der Deutsche Nautische Verein hatte
daher schon 2007 der maritimen Wirtschaft empfohlen, zukunftsgerichtete Konzepte und Initiativen
zu ergreifen, um durch die – ergänzende – Nutzung anderer Antriebsformen die Umweltfreundlichkeit des Verkehrsträgers Seeschiff weiter zu verbessern.
Anschrift des Verfassers:
Carsten-S. Wibel
Deutscher Nautischer Verein
Leiter Arbeitskreis „Umweltschutz und Klimawandel“
Bugsier-, Reederei- und Bergungs-Gesellschaft mbH & Co. KG
Johannisbollwerk 10
20459 Hamburg
E-Mail: [email protected]
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Schif f fahr t und Umwelt
Luftschadstoffe aus Schiffsemissionen
im Nordseeraum
Volker Matthias, Ines Bewersdorff, Armin Aulinger, Markus Quante
Der Schiffsverkehr und die Menge der Güter, die weltweit mit Schiffen transportiert werden, haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten stetig zugenommen. Daher leisten Schiffsabgase inzwischen einen erheblichen
Beitrag zur Luftverschmutzung in küstennahen Gebieten. Dabei spielen nicht nur die direkten Emissionen
von Gasen und Partikeln eine Rolle, Schwefel- und Stickoxide tragen auch wesentlich zur Sekundärpartikelbildung bei und können dadurch die Feinstaub- (Aerosol-) Konzentrationen viele hundert Kilometer landeinwärts noch deutlich erhöhen.
Aus einer Statistik von Lloyds Marine Intelligent Unit wurde ein Schiffsemissionsmodul, das einzelne Schiffsbewegungen berücksichtigt, erstellt. Dieses benutzt in der Bewegungsstatistik ebenfalls vorhandene Informationen über Schiffstypen, Schiffsmotoren und Treibstoffverbrauch zusammen mit leistungsbezogenen
(g/kWh) Emissionsfaktoren (Cooper [2004]) um zeitlich (1 Stunde) und räumlich (18 x 18 km²) hoch aufgelöste Schiffsemissionen von SO2, NOx und Partikeln zu berechnen. Diese Emissionen werden zusammen mit
einem Emissionsregister für landgestützte anthropogene Emissionen in das dreidimensionale Eulersche Chemietransportmodell CMAQ (Community Multiscale Air Quality Model, (Byun und Ching [1999])) gespeist. Das
Modell wird mit realitätsnahen meteorologischen Feldern angetrieben, die ebenfalls aus einem dreidimensionalen, mesoskaligen Modell gewonnen wurden. In dieser Studie wurden die meteorologischen Felder des Jahres 2000 zu Grunde gelegt. Die Luftschadstoffkonzentrationen dieses Jahres wurden vollständig auf einem 54
x 54 km²-Gitter für Europa und einem 18 x 18 km²-Gitter über der Nordsee berechnet. Es wurden zwei Läufe,
einer mit und einer ohne Schiffsemissionen, durchgeführt und die Unterschiede wurden analysiert.
Die Ergebnisse zeigten, dass die gasförmigen Emissionen von SO2 und NOx zu Konzentrationserhöhungen
über der Nordsee und in einem schmalen Küstenstreifen führen (Matthias et al. [2010]). Diese treten im Sommer
durch stärkeren Schiffsverkehr in erhöhtem Maße auf. SO2 und NOx werden in der Atmosphäre weiter oxidiert
und bilden dann sogenannte sekundäre Aerosolpartikel aus Sulfat (SO4) und Nitrat (NO3). Sulfat und Nitrat sind
an das Vorhandensein von Ammonium (NH4) gebunden, das aus dem Vorläufergas Ammoniak (NH3) gebildet
wird und auf Grund der hohen landwirtschaftlichen Aktivität im Nordseeumfeld ausreichend vorhanden ist.
Durch dieses Zusammenspiel kommt es besonders im Sommer, wenn die Oxidationskapazität der Atmosphäre
höher als im Winter ist, zu starker Aerosolbildung (Abb. 1). Die Sulfat- und Nitratkonzentrationen liegen auch
einige hundert Kilometer landeinwärts noch 20 % und mehr über den Konzentrationen ohne Schiffsverkehr.
a)
Abb. 1:
b)
Mittlere Veränderung der Nitrat-, Sulfat- und Ammoniumkonzentrationen durch Schiffsemissionen im Juli 2000
a)
NO3(p) inkl. Schiffe / N03(p) ohne Schiffe
b)
SO4(p) inkl. Schiffe / SO4(p) ohne Schiffe
c)
NH4(p) inkl. Schiffe / NH4(p) ohne Schiffe
c)
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Schif f fahr t und Umwelt
Die negativen Auswirkungen des hohen Schwefelgehaltes in Schiffskraftstoffen sind hinlänglich bekannt. Daher
sind einige Meeresgebiete zu sog. SECAs, Sulphur Emission Control Areas, erklärt worden (IMO, 2008), in denen Schiffe nur mit schwefelreduziertem Kraftstoff (1,5 % statt bisher durchschnittlich 2,7 % Schwefelanteil) fahren dürfen. Hierzu gehört seit Ende 2007 auch die Nordsee. Die Effekte einer solchen Schwefelreduzierung im
Schweröl-Treibstoff um 45 % auf die Aerosolbildung wurden in einer weiteren Modellstudie untersucht (Abb. 2).
Die Ergebnisse zeigten, dass die vom Schiffsverkehr verursachten SO2–Konzentrationen erwartungsgemäß um
42 % im gesamten Modellgebiet sanken, während die Sulfatkonzentrationen um 38 % zurückgingen. Durch das
Fehlen von Sulfat bei der Bildung von Ammonuimsulfat-Aerosolpartikeln, ist zu erwarten, dass sich vermehrt
Ammoniumnitrat-Aerosolpartikel bilden und damit möglicherweise bei gleich bleibender Ammoniumkonzentration der Nitratanteil steigt, während der Sulfatanteil sinkt. Die Modellergebnisse zeigen, dass diese Ersetzung
des Sulfats durch Nitrat nur in geringem Umfang stattfindet. Die Nitratkonzentrationen waren im Jahresmittel nur
um 7% erhöht. Die Reduktion des Schwefelanteils im Schiffstreibstoff zeigt daher weitgehend den gewünschten
Effekt und mindert die Konzentration von Luftschadstoffen im Nordseebereich deutlich.
a)
b)
c)
Abb.2: Mittlere Veränderung der Nitrat-, Sulfat- und Ammoniumkonzentrationen durch Schiffsemissionen im Juli 2000 unter Berücksichtigung reduzierter Schwefelemissionen.
a)
NO3(p) schwefelarm / N03(p) ohne Schiffe
b)
SO4(p) schwefelarm / SO4(p) ohne Schiffe
c)
NH4(p) schwefelarm / NH4(p) ohne Schiffe
Literatur
Byun, D. and J.K.S. Ching, 1999: Science Algorithms of the EPA Models-3 Community Multiscale Air Quality
Modelling System. EPA report, EPA/600/R‑99/030. Office of Res. and Developm., Washington DC, USA.
Cooper, D.A. and T. Gustafsson, 2004: Methodology for Calculating Emissions from Ship: 1. Update of Emission Factors. Swedish Metrological and Hydrological Institute (SMHI). Norrköping, Sweden.
IMO, 2008: Amendments to the Annex of the Protocol of 1997 to Amend the International Convention for the
Prevention of Pollution from Ships, 1973, as Modified by the Protocol of 1978 Relating thereto (MARPOL
Annex VI). http://www.imo.org/includes/blastDataOnly.asp/data_id%3D23760/176%2858%29.pdf
Matthias, V., I. Bewersdorff, A. Aulinger and M. Quante, 2010: The contribution of ship emissions to air pollution
in the North Sea regions. Environmental Pollution, 18, 2241-2250.
Anschrift der Verfasser:
Dr. Volker Matthias, Ines Bewersdorff, Armin Aulinger, Markus Quante
Institut für Küstenforschung
GKSS Forschungszentrum GmbH
Max-Planck-Straße 1
21502 Geesthacht
E-Mail: [email protected]
Schif f fahr t und Umwelt
Früh- und Schnellerfassung nicht heimischer Arten
(Neobiota) in deutschen Küstengewässern der
Nord- und Ostsee
Christian Buschbaum
Die Zahl nicht heimischer Meeresorganismen nimmt in den Küstengewässern der deutschen Nord- und Ostsee stetig zu. Verantwortlich sind eine zunehmende Nutzung von fremden Organismen in der Aquakultur
und der ansteigende weltweite Warenaustauch über die interkontinentalen Schifffahrtswege. Angeheftet an
den Rümpfen und im Ballastwasser der Schiffe überleben die Exoten die wochenlangen transozeanischen
Reisen. Im neuen Lebensraum angekommen, können sie vielseitige ökologische Effekte auf die heimischen
Lebensgemeinschaften ausüben und nachhaltige Veränderungen des Lebensraumes bewirken. Trotz der
vielseitigen möglichen Auswirkungen ist das Wissen über das Vorkommen, die Verteilung und die Ausbreitungsentwicklung eingeschleppter Arten in deutschen Küstengewässern unzureichend, um eventuelle Gegenmaßnahmen einleiten zu können. In einem Pilotprojekt haben wir an ausgewählten Standorten der Nordund Ostsee das Arteninventar nicht-heimischer Arten aufgenommen. Ausgewählt wurden Stellen, an denen
das Erstvorkommen neuer Arten sehr wahrscheinlich ist. Dazu gehören große Handelshäfen, Yachthäfen
und Aquakulturanlagen. Diese Aufnahme ermöglicht es, einen Überblick des Ist-Zustandes von Neobiota in
unseren Küstengewässern zu erhalten. Verbunden mit einer fortlaufenden und regelmäßigen Untersuchungsstrategie können die Ergebnisse unserer Studie als Basis fungieren, um zukünftige Neueinwanderungen im
Gebiet zu erkennen, Ausbreitungswege zu verfolgen und Einschleppungsraten zu ermitteln.
Anschrift des Vortragenden:
Dr. Christian Buschbaum
Alfred Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung
Wattenmeerstation Sylt
Hafenstrasse 43
25991 List/Sylt
E-Mail: [email protected]
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