Von Masse zu Klasse
Transcrição
Von Masse zu Klasse
S TA N D A R D K U N S T S T O F F E Von Masse zu Klasse Dachrinnen aus einem leicht fließendem ASA, coextrudiert auf PVC Styrolkunststoffe. Innovationen bei Styrolkunststoffen haben primär das Ziel, neue Marktsegmente zu erschließen bzw. durch Eigenschaftsverbesserung das „Downgrading“ von den Ingenieurwerkstoffen zu ermöglichen und so Kosten zu sparen. Beispiele hierfür sind u. a.: Hochglanzoberflächen für großflächige LCDoder Plasma-TV, neue hochleistungsfähige Folienverbundsysteme für Verpackungsanwendungen und neue Problemlösungen im Konstruktions- und Bausegment. Systematisches Innovationsmanagement hilft, die Effizienz vorhandener Ressourcen zu erhöhen. NORBERT NIESSNER U. A. tyrolpolymere verzeichneten in den letzten 10 Jahren – trotz zunehmender Reife des Arbeitsgebiets – nach wie vor ein signifikantes Mengenwachstum. Das trifft besonders auf die Klasse der Styrolcopolymere zu. Trotz InterPolymer-Substitution lag die weltweite Nachfrage nach ABS deutlich über dem globalen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts. Trotz massiver neuer Kapazitäten in S ARTIKEL ALS PDF unter www.kunststoffe.de Dokumenten-Nummer KU110271 62 den letzten 10 Jahren ist die durchschnittliche Auslastung der Anlagen seit Ende der 90er-Jahre weltweit gestiegen. Ein wesentlicher Grund hierfür sind Innovationen – in Verfahren, Produkten, Anwendungen und im Innovationsprozess selbst. Was zeichnet Styrolkunststoffe aus? Styrolpolymere sind amorphe Kunststoffe. Als solche haben sie ein breites Verarbeitungsfenster und sind effizient zu Folien, Halbzeugen und Spritzgussartikeln zu verarbeiten. Sie besitzen eine geringe Verarbeitungsschwindung und sind sehr verzugsarm. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil im Vergleich zu teilkristallinen Thermoplasten wie Polypropylen, Polyamid, PBT und deren Blends, besonders bei großflächigen Bauteilen. i Kontakt BASF SE D-67056 Ludwigshafen TEL +49 621 60-47084 > www.basf.com © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 12/2009 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------© 2009 Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern S TA N D A R D K U N S T S T O F F E transparentes Basispolymer PMMA SAN Bild 1. Die Kombination unterschiedlicher chemischer Strukturen beispielsweise bei Styrolcopolymeren führt zu einer Vielfalt verschiedener Eigenschaften und so zu unterschiedlichen Produkten Zusatz von Kautschuk Butadienk. Acrylesterk. zähmodifiziertes Polymer ABS Zusatz der Blendkomponente MABS ASA +PC +PC PC Blend ASA ABS PC © Kunststoffe Innovation in Verfahren Die etablierten großen Kunststofflinien (z.B. PP, PS und ABS) unterliegen typischerweise der Commoditisierung (Volumenherstellung und dadurch günstigere Preise). Das heißt, sie wandern auf der Produkt-Lebenszyklus-Kurve in Richtung „Reife“ und sehen sich daher zuneh- mendem Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Auf der anderen Seite sorgt die inter-polymere Substitution dafür, dass teurere 300 kt/a Kapazität Weiterhin zeigen die Styrolcopolymere eine hervorragende Oberflächenqualität und gute Einfärbbarkeit, sodass sie – z.B. im Automobilbau – in vielen Fällen unlackiert eingesetzt werden können. Die Vielfalt möglicher Strukturen und der damit verbundenen Eigenschaften zeigt Bild 1 anhand der Klasse der Styrolcopolymere. Polymere durch billigere ersetzt werden, wo es technisch möglich ist. Innovationen sorgen dafür, dass neue Lebenszyklen beginnen und eine Produktklasse sich so im Laufe der Zeit stetig hinsichtlich Eigenschaften, Effizienz und Kosten/Nutzen verbessert. Eine Antwort auf den zunehmenden Wettbewerbsdruck ist die Schaffung immer größerer Anlagen, wie vor Jahren bereits im Polyolefinbereich vorangetrieben. So führte auch beim Kunststoff ABS die Economies-of-Scale (d.h. mit zunehmender Ausbringungsmenge sinken die Kosten je Produkteinheit) zu immer größeren Anlagen (Bild 2). Als Nebeneffekt dieser Entwicklung gewinnen diejenigen Produzenten, die konsequent auf eine solche World-ScaleTechnologie setzen, entscheidende Marktvorteile wie konsistente Produktqualität und reduzierte Komplexität des Produktportfolios und daher schnellere, verlässlichere Lieferung und Verfügbarkeit. 200 Bild 2. Entwicklung der größten Einstrang-ABS-Anlagen im Verlauf der Zeit 150 100 50 0 1990 1995 2000 Jahr 2005 © Kunststoffe Innovation in Produkte Bild 3. Gezielte Einstellung von Eigenschaften durch Polymerisations- und Morphologiekontrolle Kunststoffe 12/2009 Der Fokus von Produktinnovationen bei Styrolkunststoffen liegt klar auf verbesserten Produkten anstatt auf vollkommen neuen Polymeren. Für die Kunden bedeutet dies oftmals eine passgenauere DropIn-Lösung ohne aufwendige Änderung der Verarbeitungstechnologie. Vor allem neue analytische, physikalische und theoretische Methoden führen zu einem immer tiefer gehenden Verständnis der Zusammenhänge von Struktur und Eigenschaften. Dies wiederum ermöglicht in Verbindung mit neuen Synthesewegen ein gezieltes Design. Besonders die Standardkunststoffe haben davon profitiert und sind so in immer mehr Anwendungsbereiche vorgedrungen. Ein Beispiel für die gezielte Steuerung des Struktur-Eigenschaft-Designs ist die Polymerisation von Styrol > 63 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------© 2009 Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern S TA N D A R D K U N S T S T O F F E und Butadien nach kontrollierten Reaktionswegen (Bild 3). Innovation in Anwendungen Gereckte Folien aus dem neuen StyrolButadien-Blockcopolymer Styrolux HS70 verbinden sehr hohe und gut zu kontrollierende Schrumpfeigenschaften mit exzellenter Transparenz, hohem Glanz und einer guten mechanischen Festigkeit. Die im Vergleich zu PVC oder PET-G um bis zu 30 % geringere Dichte von Styrolux und seine sehr gute Verarbeitbarkeit machen die Herstellung von hochwertigen Sleeve-Folien besonders wirtschaftlich (Bild 4). Verbunden mit exzellenter Bedruckbarkeit und angenehmem Griff trägt diese Produktinnovation dem starken Nachfragewachstum von Shrink Sleeves Rechnung: ein Segment, das mehr als doppelt so stark wächst wie der Verpackungsmarkt insgesamt. Ein weiteres Beispiel aus dem Verpackungsbereich sind Stretchhauben aus einem Verbund aus Polyolefin und Styroflex (Bild 5). Der Verbund weist im Vergleich zu konventionellen Lösungen ein um 10 bis 40 % geringeres Gewicht auf und zeigt dabei eine deutlich verbesserte Haltekraft für das zu verpackende Gut. Der Coextrusionsverbund erzeugt zudem eine außergewöhnlich hohe Reißfestigkeit, was zum sicheren Transport beiträgt. Auch im Baubereich setzen sich zunehmend Lösungen durch, die Ästhetik mit Langlebigkeit, aber auch Kosteneffizienz verbinden. So zeichnet sich beispielsweise Luran S als Coextrusionsmaterial, z.B. auf PVC für Dachrinnen, durch hervorragende Verarbeitbarkeit verbunden mit exzellenter UV- und Farbstabilität sowie hohem Oberflächenglanz aus. Diese An- optische und mechanische Eigenschaftskonstanz über viele Jahre hinweg. Während die Servicemarke Colorflexx der BASF in Europa den klaren Trend zur Selbsteinfärbung von naturfarbenen ABS-Kunststoffen aufgegriffen und auf eine neue Basis gestellt hat, setzt sich die Selbsteinfärbung bei ABSKunststoffen auch in Nordamerika und Asien immer weiter durch. In Zeiten schwindender Margen werden die damit verbundenen Kundenvorteile immer wichtiger: Die Materialkosten werBild 4. Styrol-Butadien-Blockcopolymere ergeben hochden reduziert, weil durch wertige Sleeve-Folien für Getränkeverpackungen den Bezug großer Mengen Naturware die teuren gefärbten Kleinmengen vermieden werwendungsinnovation basiert auf einem den. ASA, das hinsichtlich seiner rheologischen Eigenschaften passgenau auf die ty- In Produktion und Lager bietet die Umstellung von vielen kleinen Farben pischerweise eingesetzten PVC-Marken auf Naturware erhebliches Einsparpoabgestimmt wurde (Titelbild, Bild 6). Insbesondere das breite, mögliche Spektrum an tenzial z.B. hinsichtlich Komplexität, Farben lässt erwarten, dass dieses SegLogistik, Platzbedarf und typgerechter ment auch zukünftig eine hohe WachsWare. tumsrate zeigen wird. Die Reaktionsfähigkeit bei sich schnell ändernden Farb-Modetrends wird Innovationen außerhalb deutlich erhöht und dadurch die Zeit Europas der Markteinführung wesentlich verkürzt. Coextrudiertes ASA auf PVC oder ABS Allerdings finden sich in Asien noch Insetzt sich auch in anderen Bereichen des dustriesegmente, die fast ausschließlich Bausektors immer häufiger durch. So mit weiß eingefärbter Ware beliefert werwerden – z.Z. vorwiegend in Nordame- den, was in der Dominanz technologisch rika – Hausverkleidungen immer häufi- entsprechend aufgestellter asiatischer ABSger mit sogenannten „Panels“ aus ASA- Anbieter liegt. Auch hier führte die konseco-PVC errichtet (Bild 7). Auch hier ist die quente Verbindung des Geschäftsmodells überragende UV- und Farbstabilität von Selbsteinfärbung mit neuer ProdukttechASA unerreicht und erzeugt Wert durch nologie in jüngster Zeit zum Durchbruch. Bild 5. Stretchhauben für Palettenverpackungen aus Polyolefin-StyroflexCoextrusionsverbund 64 Bild 6. Ein ASA-Coextrusionsmaterial wurde passgenau auf das für Dachrinnen verwendete PVC abgestimmt © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 12/2009 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------© 2009 Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern S TA N D A R D K U N S T S T O F F E Innovationen managen Der Innovationsprozess ist in vielen Unternehmen im Umbruch. Konsequentes Innovationsmanagement soll dafür sorgen, dass sich die Ausbeute an verwertbaren Ideen erhöht und sich die Hebelwirkung der eingesetzten F&E-Ressourcen kontinuierlich verbessert. Praktisch in allen größeren Unternehmen werden Prozesse wie der von Prof. Cooper propagierte StageGate-Prozess [1] installiert. Eine weitere, häufig diskutierte Methode zur Steigerung der Innovationskraft ist „Open Innovation“: Gestützt durch entsprechende IT-Tools wird hierbei eine große Gruppe an interessierten Teilnehmern eingeladen, unter Auslobung eines Incentives (z.B. eines Innovationspreises) eine gegebene Fragestellung zu lösen. Firmen wie P&G setzen Open Innovation als wesent- Bild 7. Fassadenverkleidungen aus ASA, coextrudiert auf PVC lichen Teil ihrer F&E-Strategie ein [2]. Das Konzept der Open Innovation trifft im eingeschränkten Maße jedoch auch auf Initiativen zu, die Innovationsprozesse durch Einbeziehung einer möglichst großen Anzahl an ausschließlich unternehmensinternen Mitarbeitern beschleunigen wollen. Dem Nachteil der geringeren Teilnehmerzahl steht hier die höhere Spezialisierung der meisten werksinternen Teilnehmer gegenüber. LITERATUR 1 Cooper, R. G.: Top oder Flop in der Produktentwicklung. Wiley-VCH, Weinheim 2002 2 Huston, L.; Sakkab, N.: Harvard Business Review 3, 58 (2006) DIE AUTOREN DR. NORBERT NIESSNER, geb. 1963, ist Leiter Global Innovation & IP Management Styrenics bei der BASF SE, Ludwigshafen. DR. AXEL GOTTSCHALK, geb. 1963, ist Leiter Technical & Commercial Product Management Styrenic Copolymers Europe bei der BASF. DR. SABINE OEPEN, geb. 1967, ist Leiterin Technical & Commercial Product Management Terluran Europe bei der BASF. DR. ROBERT HUBER, geb. 1967, ist Manager Global Strategic Marketing Styrenics bei der BASF. DR. DANIEL WAGNER, geb. 1953, ist Manager Technical Product Development Styrolux/Styroflex Europe bei der BASF. SUMMARY FROM COMMODITY TO SPECIALTY STYRENIC POLYMERS. Innovations in styrenic polymers primarily have the objective of securing new market segments or allowing "downgrading" from engineering polymers to achieve cost savings through improvements in product properties. Some examples of this are high gloss surfaces for large screen LCD or plasma TVs, new high-performance co-extruded films for packaging applications and new solutions in the construction and building sectors. Read the complete article in our magazine Kunststoffe international and on www.kunststoffe-international.com Kunststoffe 12/2009 65 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------© 2009 Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern