Endziel Galileo

Transcrição

Endziel Galileo
Manfred Dieroff
Endziel Galileo (?) –
Navigationsplanung und
Anwendungen bei der Flugsicherung
____________________________________________________________________
Manfred Dieroff
DFS - Deutsche Flugsicherung
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Inhaltsverzeichnis
2 Internationale Planungen und Anforderungen ................................. 91
Aufgaben der Flugsicherung ................................................................. 91
Internationale Verpflichtungen.............................................................. 92
Europäische Planung von Navigationsdiensten .................................... 93
3 Umsetzung der Planungen ................................................................... 95
BRNAV ................................................................................................. 95
Free Routes ............................................................................................ 96
Sektorverkleinerung, Reduzierte Vertikalstaffelung............................. 97
4 Gegenwärtige Navigations-Infrastruktur .......................................... 98
Instrumentenlandesysteme .................................................................... 99
5 Transition ............................................................................................ 100
Transitionsplanung für Anflug und Landung...................................... 101
Satellitennavigation in Deutschland.................................................... 102
6 Entwicklung von GALILEO ............................................................. 104
Europäischer Rahmen.......................................................................... 104
GALILEO Dienste............................................................................... 105
Systemkombinationen ......................................................................... 106
Integrität .............................................................................................. 108
Frequenz-Schutz .................................................................................. 109
GALILEO Weltraumsegment ............................................................. 110
7 GALILEO und Deutsche Flugsicherung.......................................... 110
8 Abkürzungsverzeichnis ...................................................................... 113
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1 Übersicht
Die internationalen Strategien und die daraus resultierenden Planungen
innerhalb Europas und bei der DFS zielen auf eine Einführung der Satellitennavigation als Ersatz für herkömmliche klassische Navigationsverfahren ab. Im Rahmen des Vortrages werden die Rahmenbedingungen einer
solchen Entwicklung dargestellt. Die Anforderungen an das europäische
Satellitennavigationssystem GALILEO werden durch den Vergleich mit
bereits bestehenden Systemen und Diensten beschrieben und die Position
der Deutschen Flugsicherung zu GALILEO wird erläutert.
2 Internationale Planungen und Anforderungen
Aufgaben der Flugsicherung
Flugsicherung dient der sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung
des Luftverkehrs. Diese im § 27c des Luftverkehrsgesetzes festgelegte
Aufgabe wird von der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH wahrgenommen.
Die DFS berücksichtigt bei der Abwicklung des Lufverkehrsaufkommens
die Wirtschaftlichkeit, wobei gleichzeitig die Schonung der Umwelt durch
die Vermeidung unnötigen Fluglärms sowie durch die Minimierung des
Schadstoffausstosses berücksichtigt werden.
Die DFS ist in ihrer
Grundstruktur in einen
betrieblichen Teil und einen
technischen
Teil
untergliedert. Dabei hat der
betriebliche Bereich die
konkrete Abwicklung des
Luftverkehrs zur Aufgabe,
während der technische
Bereich
die
zur
Aufgabenerfüllung nötige
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technische Infrastruktur wie z. B. Kommunikations-, Navigations- und
Ortungsanlagen bereitstellt.
Die erwähnten Anforderungen an die Abwicklung des Luftverkehrs sind
teilweise widersprechend, und es müssen je nach Aufgabenstellung Kompromisse bei der Aufgabenerfüllung eingegangen werden.
Internationale Verpflichtungen
Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben ist die DFS in ein Netzwerk aus internationalen Verpflichtungen und Vereinbarungen eingebunden, die letztendlich im nationalen Bereich ihre Umsetzung finden. Bezogen auf die in diesem Vortrag angesprochene Navigationsplanung steht die International
Civil Aviation Organisation (ICAO) an erster Stelle. Im Annex 10 zum
Chicagoer Abkommen der ICAO finden sich die so genannten „SARPs“
(Standards and Recommended Practices) zu den in der Luftfahrt verwendeten Navigationssystemen. Diese SARPs sind Voraussetzung für die
Nutzung des entsprechenden Systems in Deutschland und werden beispielsweise derzeit für das europäische Satellitennavigationssystem
GALILEO erarbeitet.
Neben den in den erwähnten Annexes veröffentlichten SARPs der ICAO
gibt es eine Reihe von Unterlagen (so genannten „Manuals“), welche die
Grundlage für die Abwicklung des Luftverkehrs in Deutschland bilden.
Erwähnenswert ist das Manual „Procedures for Air Navigation Services,
Aircraft Operations“ („PANS OPS“), in dem u. a. Regeln für die Planung
von Flugverfahren aufgestellt sind.
Auf europäischer Ebene bilden die
• ATM 2000+ Strategie von Eurocontrol sowie die
• ECAC (European Civil Aviation Conference) Navigation Strategy
den strategischen Hintergrund für die Infrastruktur-Planungen der DFS.
In Europa spielt die Flächennavigation (Area Navigation, RNAV) inzwischen eine dominierende Rolle. Hierfür bildet der Eurocontrol RNAV
Standard eine der Grundlagen und dient der Harmonisierung der betrieblichen Anwendung.
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Auf nationaler Ebene existiert der Deutsche Funknavigationsplan (DFNP),
der die internationalen Planungen bezogen auf die nationalen Bedürfnisse
berücksichtigt. Die DFS bringt ihre eigenen, an den internationalen Rahmenbedingungen ausgerichteten Infrastrukturplanungen in diesen Deutschen Funknavigationsplan ein.
Die strategischen Ziele von Eurocontrol ergeben sich aus der Notwendigkeit zur Erhöhung der Kapazität (als Resultat des gestiegenen Luftverkehrsaufkommens) bei gleichzeitig mindestens gleich bleibender Sicherheit.
Zur Umsetzung der Forderung an gleich bleibende Sicherheit bei anwachsendem Luftverkehr wird das Konzept des Target Level of Safety (TLS)
verwendet. Hierbei wird festgelegt, dass der flugsicherungsseitig bedingte
Risikoanteil einen festgelegten Wert nicht übersteigen darf. Bei der Einführung neuer Navigationssysteme wird dieses Navigationssystem als Bestandteil des Air Traffic Managements betrachtet und damit im Hinblick
auf das mögliche Risiko nach dem TLS bewertet. Aus dem TLS und der
Betrachtung von Navigationsanlagen als Bestandteil des ATM ergeben
sich direkt Integritätsanforderungen für Navigationssysteme. Diese Anforderungen gelten selbstverständlich auch für GALILEO.
Europäische Planung von Navigationsdiensten
Löst man sich von der technischen Sichtweise und betrachtet die in den
nächsten 10-15 Jahren auf die Flugsicherung zukommenden betrieblichen
Anforderungen, dann sind grundsätzlich 3 Entwicklungsschritte bis 2015
durch die europäischen Planungen vorgezeichnet:
1. Die Einführung von RNAV An- und Abflugverfahren parallel zum
bestehenden Streckenangebot (basierend auf bodengestützten Navigationsanlagen) sowie RNAV im Streckenbereich. Dabei werden
die an das Navigationssystem gestellten Anforderungen hinsichtlich
der Genauigkeit schrittweise erhöht (von +/-5 NM (Basic Area Navigation, BRNAV) auf +/-1 NM (Precision Area Navigation,
PRNAV)
2. Die verpflichtende Einführung von RNAV An- und Abflugverfahren in ausgewählten Flughafennahbereichen sowie Einführung von
„Free Routes“ im Streckenbereich.
3. RNAV als verbindliches Navigationskonzept in allen Flugphasen
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RNAV wird dabei in den Schritten 1 und 2 als zusätzliches Navigationskonzept angeboten; die konventionelle Infrastruktur bleibt erhalten. Die
Anforderungen an die Integrität der RNAV-Ausrüstung sind in diesem
Fall eingeschränkt. Im Schritt 3 ist die Reduzierung der als Rückfalllösung
vorgehaltenen konventionellen Infrastruktur vorgesehen. Daraus ergeben
sich zwangsläufig höhere Anforderungen an die Integrität der RNAVAusrüstung.
Ziel dieser auf RNAV zielenden Entwicklung ist die Erhöhung der Kapazität bei gleichzeitigem Abbau konventioneller bodengestützter Infrastruktur und damit reduzierten Kosten. Es ist vorgesehen, dass GALILEO von
seinem Konzept her hierzu einen entscheidenden Beitrag leistet.
Europaweit ist Schritt 1 dieser eben beschriebenen Transition hin zu
RNAV vollzogen. Seit April 1998 ist die sogenannte „Basic Area Navigation“ (BRNAV, Genauigkeit 5 Nautische Meilen in 95 % der Zeit) eingeführt. Dabei stehen ausreichende Rückfallmöglichkeiten von RNAV hin
zur konventionellen Navigation zur Verfügung. Seitens Eurocontrol ist in
der strategischen Planung das Entfernungsmeßsystem DME (Distance
Measurement Equipment) als bevorzugter RNAV-Sensor und als Rückfallmöglichkeit für GNSS gestützte RNAV Operationen vorgesehen.
Eine Entscheidung über die Einführung der so genannten „Precision Area“
Navigation (PRNAV) mit gegenüber BRNAV höheren Genauigkeitsforderungen (1 Nautische Meile in 95% der Zeit) fällt im Jahr 2003. Dabei bildet PRNAV den Harmonisierungsstandard für den Flughafennahbereich
(Terminal Area, TMA).
Konsequenterweise wäre der nächste dann folgende Schritt die über die
reine Genauigkeit hinausgehende Erhöhung der Anforderungen an die
Ausrüstung, damit eine Integritätsstufe erreicht wird, die unter Berücksichtigung der Sicherheitsaspekte (TLS) den Abbau konventioneller Infrastruktur ermöglicht. Neben der bereits angesprochenen Integrität und der
Genauigkeit sind dabei zusätzlich erhöhte Anforderungen an Kontinuität
und Verfügbarkeit des Navigationssystems zu erfüllen. Die hiermit verbundene Einführung des sogenannten RNP-Konzeptes (Required Navigation Performance) soll schrittweise ab 2005 erfolgen und ab 2010 verbindlich eingeführt werden. Berücksichtigt man einen Zeitraum von 7 Jahren
zwischen offizieller Ankündigung und faktischer Umsetzung, wie er in der
zivilen Luftfahrt angewendet wird, dann bedeutet dies, dass die Entschei-
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dung über die Einführung des RNP-Konzeptes im Jahre 2003 erfolgen
muss.
3 Umsetzung der Planungen
Die Steigerung der Kapazität ist treibender Faktor bei den Bemühungen
um Verbesserung der Navigations-Infrastruktur und neuen Navigationskonzepten.
BRNAV
Betrachtet man die Realität im deutschen Luftraum nach Ein-führung der
Flächennavigation, so wird erkennbar, dass der Luftraum über Deutschland von einem dicht gespannten Netz aus An-, Ab- und Überflugstrecken
durchzogen ist. In der gewählten Darstellung ist nur ein Teil dieses Streckensystems sichtbar.
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In der Realität ist die Situation sogar noch komplexer, und die Bemühungen um eine konfliktfreie und ressourcenschonende Abwicklung des Luftverkehrs führen zu einer flächendeckenden Ausnutzung des Luftraums
über Deutschland, wobei die Hauptverkehrsströme deutlich sichtbar sind.
Free Routes
Eine weitere Entzerrung der Verkehrsströme scheint durch die Verwendung des sogenannten „Free Routes“ Konzeptes möglich, bei dem in einem festgelegten Bereich keine definierte Streckenführung mehr vorgegeben ist. Ein derartiges Konzept ist selbstverständlich nur in einer extrem
zuverlässigen RNAV-Umgebung denkbar.
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Sektorverkleinerung, Reduzierte Vertikalstaffelung
Auch in der Vertikalen ist die Flugsicherung bemüht, durch die Einführung neuer Technologien zu einer Kapazitätssteigerung beizutragen. Im
Prinzip lässt sich durch die Aufteilung des Luftraums in kleinere Zellen
die Anzahl der insgesamt kontrollierbaren Luftfahrzeuge erhöhen. Allerdings stößt diese Methode der Sektorverkleinerung schnell an ihre Grenzen. Der erforderliche personelle Aufwand, die beschränkte Verfügbarkeit
erforderlicher Kommunikationsfrequenzen sowie der anwachsende Koordinationsaufwand zwischen den einzelnen Sektoren wirken dem Kapazitätsgewinn entgegen.
Eine andere Form der „Zellenverkleinerung“ stellt die Reduktion der vertikalen Staffelung („Reduced Vertical Separation Minima“, RVSM) dar.
Dieses Konzept wurde inzwischen realisiert; die Reduktion der Vertikalstaffelung von 2.000ft auf 1.000ft brachte einen effektiven Kapazitätsgewinn.
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4 Gegenwärtige Navigations-Infrastruktur
In den vorangegangen Darstellungen wurden neue Betriebskonzepte vorgestellt und bezüglich ihres erwarteten Nutzens bewertet. Alle diese neuen
Konzepte haben gemeinsam, dass sie zwingend die konsequente Weiterentwicklung der Flächennavigation voraussetzen.
Während der Peiler (VDF) für die IFR-Navigation eine untergeordnete
Rolle spielt, gehören die Systeme NDB, VOR und DME zur Streckennavigation nach wie vor zur Standardausrüstung im Flugzeug (TACAN als
militärisches Funknavigationssystem, dessen Komponente der Entfernungsmessung zivil mitgenutzt werden kann). Diese Funknavigationsanlagen werden typischerweise zusätzlich bzw. parallel zu GPS verwendet.
ILS und MLS dienen ausschließlich der Führung im Landeanflug.
Von den aufgezählten Systemen sind nur GPS und MLS echte Flächennavigationssysteme. Über diese Systeme hinaus wird in Deutschland Flä-
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chennavigation über die Kombination von Sensoren (z. B. DME-DME)
realisiert.
Die Nutzung der VORs erfolgt häufig in Verbindung mit DMEs oder TACANs, was über die gleichzeitige Bestimmung von Winkel und Entfernung zur beobachteten Station ebenfalls eine Standortbestimmung ermöglicht. Mit der Einführung der Flächennavigation verliert diese Art der Positionsbestimmung allerdings ihre Bedeutung; zugunsten der sogenanten
DME/DME-Navigation, bei der über die Entfernungsmessung zu verschiedenen DME-Anlagen aus der Schnittbildung der ermittelten Kreissegmente ebenfalls eine Positionsbestimmung möglich wird. Beide Navigationsarten kommen im Streckenbereich zur Anwendung.
Instrumentenlandesysteme
Für den Landeanflug und hier speziell bei Präzisionsanflugverfahren wird
in Deutschland ausschließlich das Instrumentenlandesystem ILS ( „Instrument Landing System“ eingesetzt. Das ILS basiert, ähnlich wie die
VOR, auf dem Prinzip der Winkelbestimmung relativ zum Sender. Die
Nachfolgetechnologie des Mikrowellenlandesystems MLS (Microwave
100
Landing System) steht zwar zur Verfügung, wird aber zur Zeit nicht genutzt.
Die DFS verfügt über 48 ILS-Systeme an 17 Flughäfen. Davon ensprechen 32 Systeme der Betriebsstufe CAT II oder CAT III und sind damit
für Landungen unter extrem schlechten Sichtbedingungen geeignet.
Derzeit existiert kein zugelassenes neues System als Ersatz für diese
Technologie.
5 Transition
Der zu Beginn aufgeführte Eurocontrol RNAV-Standard sieht vor, dass
als Sensoren für die Nutzung von RNAV-Strecken die Systeme
DME/DME, VOR/DME, Inertialnavigation (Inertial Navigation System,
INS), LORAN-C oder das amerikanische Satellitennavigationssystem
GPS (Global Positioning System) genutzt werden dürfen. Da bei der gegenwärtigen Nutzung der RNAV-Strecken Zugeständnisse insbesondere
an Integrität und Verfügbarkeit der zugelassenen Systeme gemacht wurden, existieren betriebliche Einschränkungen. Damit wird die Sicherheit
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bei der Nutzung von RNAV-Strecken gewährleistet. Wesentliches Element dieser Einschränkungen ist der Zwang zur Bereitstellung konventioneller Navigations- oder Ortungsmethoden (also RADAR und/oder z. B.
VOR). Dies widerspricht allerdings dem Ansatz zur Vereinfachung und
damit Kostenreduktion der Infrastruktur.
In der gegenwärtig vorgesehenen RNP-Umgebung spielen nur noch die
Systeme DME/DME, INS und Satellitennavigation (d. h. GNSS, Global
Navigation Satellite System) eine Rolle. Eurocontrol führt hierzu die
Transitionsplanung durch, wobei das System GALILEO als Ziel vorgegeben ist und GPS die Realität darstellt.
Transitionsplanung für Anflug und Landung
Es ist bereits erwähnt worden, dass gegenwärtig kein Ersatzsystem für
ILS-Anlagen der Betriebsstufe CAT II/III existiert. Für CAT I gibt es inzwischen das MLS, auch wenn es in Deutschland nicht eingesetzt wird;
GPS mit Ergänzungen (Ground Based Augmentation System, GBAS)
wird ab ca. 2006 für CAT I genutzt werden können. Das System EGNOS
wird ca. 2005 operationell, allerdings ist eine Nutzung für Präzisionsan-
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flüge nach CAT I nicht vorgesehen. EGNOS wird später zu einem Bestandteil von GALILEO. GPS und GALILEO haben das technologische
Potential zur Realisierung von CAT II/III, allerdings sind hierzu noch
weitreichende Arbeiten erforderlich und eine betriebliche Umsetzung ist
nicht vor 2010 zu erwarten, während diese Art der Umsetzung für MLS
eher möglich sein dürfte.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Entscheidung über Nachfolgesysteme für das ILS oder auch das Beharren an dieser Technologie von Einflussfaktoren abhängig ist, die gegenwärtig nur mit großen Unsicherheiten
einschätzbar sind.
Satellitennavigation in Deutschland
Grundsätzlich ist aber in allen Navigationsstrategien, von ICAO über Eurocontrol bis hin zur DFS die Transition zur Satellitennavigation erklärtes
Ziel. Beschränkt man sich auf die Situation in Deutschland, dann sieht die
gegenwärtige Planung die (technische) Bereitstellung des GALILEOVorläufers EGNOS ab 2004 vor; mit GALILEO ist ab 2008 zu rechnen.
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Die Transition zur Satellitennavigation hat in
Deutschland im Jahre 1995 mit der Einführung
sogenannter „GPS-overlay“ Anflugverfahren begonnen,
also satellitengestützte Verfahren, die deckungsgleich zu
konventionellen Verfahren geplant und nur in
Verbindung mit diesen genutzt werden dürfen. Diese
Verfahren werden seit 1998 schrittweise durch „stand
alone“ Verfahren ersetzt, die ausschließlich auf
Satellitennavigation basieren. GLONASS wird in
Deutschland nicht genutzt, aber in SBAS/EGNOS
integriert. Mit der Einführung satellitengestützter
Präzisionsanflugverfahren (GBAS) ist ab 2005 zu
rechnen. Theoretisch ist bei all diesen Diensten
unerheblich, ob sie von GPS, in Verbindung mit
EGNOS oder mit GALILEO angeboten werden, da bei der Standardisierung durch die SARPs der ICAO sichergestellt werden soll, dass die Systeme untereinander kompatibel sind.
Zusammenfassend lässt sich zum Status quo feststellen, dass die gegenwärtige Nutzung basierend auf GPS, dass das gegenwärtig verfügbare Satellitennavigationssystem GPS in Deutschland die Nutzung im Streckenbereich (BRNAV) sowie im An- und Abflug (NPA, SID) ermöglicht. Die
Einführung der GPS-standalone Nichtpräzionsanflugverfahren (bzeichnet
als „RNAV/GPS“) ist bei den Kunden der DFS auf große Zustimmung
gestoßen und ermöglicht eine gegenüber konventionellen Navigationsverfahren erheblich flexiblere und auch übersichtlichere Gestaltung des Anflugverfahrens bei hoher Präzision.
Die bisher erzielten Ergebnisse, Erfahrungen und die Unterstützung der
Luftraumnutzer geben den Rückhalt für die Planung der nächsten Schritte
der Transition zur Satellitennavigation.
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6 Entwicklung von GALILEO
Die heutige Ausgestaltung der Planung von GALILEO geht zurück auf
Überlegungen aus dem Anfang der 90er Jahre, in denen ein von den USA
unabhängiges Satellitennavigationssystem in Europa diskutiert wurde. Der
damalige Arbeitsbegriff lautete „GNSS2“, während das heute fast fertig
gestellte EGNOS zu der damaligen Zeit unter dem Begriff „GNSS1“ geführt wurde. Aus diesen beiden Begriffen wird bereits erkennbar, dass
GALILEO und EGNOS zwei aufeinander folgende Schritte in der europäischen Satellitennavigationsstrategie darstellen. Gemeinsam ist beiden
System der Zwang zur Zulassungsfähigkeit für sicherheitskritische Anwendungen und die Nutzbarkeit in Verbindung mit GPS/GLONASS.
Europäischer Rahmen
Treibender Faktor bei der Einführung des Systems GALILEO ist der
Wunsch nach garantierten Diensten, Souveränität und damit Unabhängigkeit von den USA bei der Nutzung der Satellitennavigation in Europa.
Darüber hinaus wird von der GALILEO-Entwicklung und dem späteren
Betrieb ein ökonomischer Nutzen für den europäischen Raum erwartet.
105
Die Entscheidung zum Start der konkreten Arbeiten am GALILEOProgramm gehen auf das Jahr 2001 zurück, in dem insbesondere seitens
der European Space Agency (ESA) erhebliche Mittel für die Entwicklung
bewilligt wurden (Phasen B2 bzw. C/D mit 550 M€).
Die Zustimmung des EU Ministerrates für die Phase C/D (450 M€) fand
im März 2002 statt, im Dezember 2002 wurde vom EU Ministerrat beschlossen, dass 5 Dienste Bestandteil der Ausschreibung zu GALILEO
werden:
GALILEO Dienste
1. Die sogenannten „Core Services“, dazu gehören
a. Navigationsdienstleistungen in verschiedenen Abstufungen
• Open service (OS)
• Commercial service (CS)
• Safety-of life service (SoL)
• Public Regulated Service (PRS)
b. Unterstützung für Such- und Rettungsdienste
• SAR
2. Die sogenannten “Augmentation Services”, dazu gehören
a. Locally assisted service
b. EGNOS service
c. Combines services (GPS, UMTS)
Die Definitionsphase von GALILEO ist inzwischen abgeschlossen; gegenwärtig befinden wir uns in der Entwicklungs- und Validierungsphase,
die bis Ende 2005 abgeschlossen sein soll. Zu dieser Phase gehören erste
Satellitenstarts, die die zur Validierung und der Bereitstellung einer Testumgebung dienen. Die Jahre 2006 und 2007 sollen für die Bereitstellung
der vollständigen Konstellation von 30 Satelliten genutzt werden, so dass
ab 2008 mit dem eigentlichen Betrieb und der regulären Nutzung des Systems begonnen werden kann.
Für die Flugsicherung ist der Safety-of-Life Service bei GALILEO
Schlüsselelement der angebotenen Dienste. Dieser Dienst ist gleichzeitig
aufgrund der hohen Anforderungen neben den vorgesehenen Anwendungen im Schienenverkehr Technologietreiber. Die von der ICAO festgelegten Anforderungen für Präzisionsanflugverfahren der Stufe CAT I bilden
die Eckwerte zur Definition dieses speziellen GALILEO-Dienstes. Ob
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GALILEO die geforderten Genauigkeiten (16m horizontal und 4-6m vertikal, 95%) mit der geforderten Integrität (1-2.107) und Verfügbarkeit
(0,99 – 0,99999) liefern kann, bleibt Bestandteil der späteren Validierung
und auch Zulassung. Die Zielsetzung ist auf jeden Fall anspruchsvoll.
Systemkombinationen
Grundsätzlich lassen sich technologisches Risiko und Kosten begrenzen,
wenn die geschilderten Anforderungen nicht mit GALILEO alleine, sondern möglicherweise durch eine Kombination mit anderen Systemen erfüllt werden.
107
Als denkbare Zusatzdienste sind gegenwärtig
•
•
•
Bordautonome Integritätsprüfung (Receiver Autonomous Integrity
Monitoring with Fault Detection, RAIM FD)
GPS (zusätzlich zu GALILEO)
Integrity Channel
in der Diskussion. Zur Klarstellung sei erwähnt, dass es sich hierbei um
die Erfüllung von Anforderungen für Präzisionsanflugverfahren (CAT I)
ohne zusätzliche, bodengestützte Ergänzungen (wie z. B. GBAS) handelt.
Die Kategorien APV I und II („Approach with Vertical Guidance“) gelten
zwar streng genommen nicht als Präzisionsanflugverfahren, ermöglichen
aber ebenfalls eine vertikale Führung des Luftfahrzeuges und werden daher in die Überlegungen mit einbezogen. Insbesondere APV II erscheint
nach gegenwärtigem Kenntnisstand mit GALILEO alleine bzw. in Verbindung mit dem Integrity Channel umsetzbar und gibt damit die Gewähr
für eine Unabhängigkeit vom GPS.
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Integrität
Die bei sicherheitskritischen Anwendungen erforderliche Integrität des
Satellitensignals wird über das sogenannte „Integrity shelter concept“ gewährleistet. Dabei wird für jeden Flugabschnitt ein Schutzbereich um den
Satellitenempfänger herum definiert, der über zwei Parameter (HAL, Horizontal Alarm Level und VAL, Vertical Alarm Level) beschrieben wird.
Die Integritätsprüfung stellt sicher, dass die immer vorhandene tatsächliche Unsicherheit der Positionsbestimmung (HPL, Horizontal Protection
Level und VPL, Vertical Protection Level nicht über diesen festgelegten
Schutzbereich hinaus ansteigt bzw. dass in einem solchen Fall ein Alarm
über die Nichtverfügbarkeit des Navigationssystems ausgelöst wird.
Die beiden Parameter HPL und VPL, welche die tatsächlich vorhandene
Unsicherheit der Positionsbestimmung beschreiben, sind variabel und abhängig von Satellitenkonstellation und Messfehlern in der Schrägentfernungsbestimmung zu den Satelliten.
Der typische und wünschenswerte Fall dieses Integritätskonzeptes ist dann
gegeben, wenn der Positionsfehler kleiner als das Protection Level ist und
109
das Protection Level ebenfalls unter dem Alarm Level liegt. Der für die
Luftfahrt schlimmste Fall tritt dann ein, wenn das Protection Level kleiner
als das Alarm Level ist und dieses wiederum unter dem Positionsfehler
liegt. In diesem Fall wird keine Warnung an den Nutzer abgegeben, obwohl die Ortungsgenauigkeit außerhalb der vorgegebenen Grenze liegt.
Das Szenario wird daher mit dem Begriff „Hazardously Misleading Information“ beschrieben und muss mit den aus den Integritätsforderungen
bekannten Wahrscheinlichkeiten ausgeschlossen werden.
Frequenz-Schutz
Neben den eher technischen Fragestellungen bei der Entwicklung eines
neuen Satellitennavigationssystems entstehen Berührungspunkte zu anderen Technologien und Wirtschaftsinteressen alleine aus der Tatsache, dass
man für den Betrieb eines derartigen Systems geschützte Frequenzen benötigt. Der Schutz dieser Frequenzen ist international geregelt und bedeutet, dass zur Vermeidung gegenseitiger Wechselwirkungen und Störungen
im Betrieb Absprachen getroffen und Einschränkungen hingenommen
werden müssen. Es ist allgemein bekannt, dass Mobilfunkanlagen die lebenswichtige Kommunikation und auch die Navigation im Luftverkehr
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stören können; gleichzeitig müssen aber auch wechselseitige Störungen
der bereits existierenden Navigationsdienste wie z. B. GPS, GLONASS,
EGNOS oder auch konventioneller Anlagen wie DME vermieden werden.
GALILEO Weltraumsegment
Die gegenwärtige Planung für GALILEO sieht vor, dass 30 Satelliten in 3
Orbits positioniert werden. Aufgrund der gegenüber GPS größeren Bahnachsen beträgt die Umlaufzeit eines Satelliten ca. 14 Stunden, womit sich die „Spur“ des Satelliten, also die
Projektion auf die Erdoberfläche, alle 3 Tage wiederholt.
Die gegenüber GPS höhere Inklination der Bahnen (56
Grad) ergibt eine bessere Sichtbarkeit der GALILEOSatelliten in nördlichen und südlichen
Breiten.
Die in den Jahren 2006/2007 stattfindende
Bereitstellung des Weltraumsegmentes mit
seinen
30
Satelliten
wird
nach
gegenwärtiger Planung vorzugsweise mit
der europäischen Trägerrakete ARIANE 5
oder der russischen SOYUZ-ST stattfinden.
Mit ARIANE 5 ist der gemeinsame Start von 8 GALILEO
Satelliten möglich, mit SOYUZ ST sind es 2.
Die GALILEO-Satelliten haben eine projektierte Masse
von 680 kg, dabei entfallen auf die Navigationsnutzlast
70-80 kg, auf den SAR-Transponder 20 kg.
7 GALILEO und Deutsche Flugsicherung
Auf die Besonderheiten von GALILEO im Bezug auf das bereits existierende GPS wurde bereits eingegangen. Insbesondere die Bereitstellung
eines europäischen Systems unter ziviler Kontrolle mit der entsprechenden
Souveränität und Klärung institutioneller Fragestellungen sowie die Gewährleistung von garantierten Diensten mit der entsprechenden Haftung
machen GALILEO für die zivile Luftfahrt interessant. Die DFS hat sich
daher frühzeitig an der Systemplanung, unter anderem bei der Spezifikati-
111
on der Anforderungen, beteiligt und unterstützt die Bestrebungen zur
Schaffung einer eigenen europäischen Satellitennavigations-Infrastruktur.
Nur hierdurch ist eine signifikante Reduktion konventioneller Navigationssysteme überhaupt möglich; schließlich ist die Verringerung der Infrastruktur-Kosten bei mindestens gleich bleibendem oder verbessertem
Dienstleistungsangebot ein entscheidendes Kriterium für das Engagement
der DFS.
Bei aller Euphorie über die sich eröffnenden Chancen bleibt die permanente Frage nach der „Robustheit“ des Satellitennavigationssignals in einem sicherheitskritischen Einsatz, und es ist derzeit wahrscheinlich, dass
auch bei Nutzung von GALILEO eine reduzierte Anzahl konventioneller
Systeme (z. B. DME) als Komplement zur Satellitennavigation weiterhin
erforderlich ist. Dieses auf Redundanz basierende Konzept ist in der europäischen Navigationsstrategie verankert, wobei Art und Umfang der Redundanz offen sind.
Es war bereits erwähnt worden, dass GALILEO den Abbau von Navigationsanlagen und damit eine Kostenreduktion bei der Flugsicherung bewirken soll. Die DFS befürwortet die Zielsetzung, mit GALILEO auch Präzi-
112
sionsanflugverfahren zu unterstützen und die technische Entwicklung dahin voranzutreiben. Eigenständige Anforderungen an GALILEO seitens
der DFS wird es aber nicht geben, damit keine kostentreibenden Sonderentwicklungen entstehen, die anschließend auf die Nutzer umgelegt werden.
Neben den rein technischen Aufgaben, die bei der Bereitstellung der
GALILEO-Dienste zu bewältigen sind, bleiben Fragestellungen zu klären,
die bereits bei der EGNOS-Entwicklung aufkamen und für GALILEO
zwingend gelöst werden müssen:
• Wie werden Nutzer und Industrie an der Entwicklung und dem Betrieb von GALILEO beteiligt? Lässt sich das Konzept der „Public/Private Partnership“ (PPP) umsetzen?
• Wie sehen die Management-Strukturen für den GALILEO-Betrieb
ab 2008 aus?
• Wie lassen sich die angebotenen Dienste finanzieren?
Eine finanzielle Beteiligung der DFS an GALILEO ist derzeit ausgeschlossen; durch die Beteiligung an EGNOS (ca. 20 Mio. €) ist das Engagement der DFS im Bereich der Satellitennavigation bereits deutlich präsent. Allerdings strebt die DFS aufgrund ihrer Erfahrungen und nachgewiesenen Fähigkeiten auf diesem Gebiet eine Rolle im Betrieb der sicherheitskritischen Infrastruktur von GALILEO an und leistet damit einen Beitrag zur eigenen Zukunftssicherung.
113
8 Abkürzungsverzeichnis
ATM
BRNAV
DFNP
DFS
DME
ECAC
EGNOS
ESA
Eurocontrol
FD
GBAS
GLONASS
Air Traffic Management
Basic Area Navigation
Deutscher Funknavigationsplan
Deutsche Flugsicherung
Distance Measurement Equipment
European Civil Aviation Conference
European Geostationary Navigation Overlay Service
European Space Agency
European Organisation fort the Safety of Air Navigation
Fault Detection
Ground Based Augmentation System
Global Orbiting Navigation Satellite System
114
GNSS
GPS
HAL
HPL
IC
ICAO
INS
IFR
ILS
INS
MLS
NDB
NPA
PANS OPS
PRNAV
RAIM
RNAV
RNP
RVSM
SAR
SARPs
SBAS
SID
TACAN
TLS
TMA
UMTS
VAL
VDF
VOR
VPL
Global Navigation Satellite System
Global Positioning System
Horizontal Alarm Level
Horizontal Protection Level
Integrity Channel
International Civil Aviation Organisation
Inertial Navigation System
Instrument Flight Rules
Instrument Landing System
Inertial Navigation System
Microwave Landing System
Non Directional Beacon
Non Precision Approach
Procedures for Air Navigations Services –
Aircraft Operations
Precision Area Navigation
Receiver Autonomous Integrity Monitoring
Area Navigation
Required Navigation Performance
Reduced Vertical Separation Minima
Search and Rescue
Standards and Recommended Practices
Satellite Based Augmentation System
Standard Instrument Departure
Tactical Air Navigation
Target Level of Safety
Terminal Area
Universal Mobile Telcommunication System
Vertical Alarm Level
Very High Frequency Direction Finder
Very High Frequency Omnidirectional Range
Vertical Protection Level

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