Greenlight-Laservaporisation oder konventionelle Elektro

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Greenlight-Laservaporisation oder konventionelle Elektro
PRAXIS
Mini-Review
Praxis 2007; 96: 61–67
61
Urologische Klinik, Universitätsspital Basel
A. Bachmann, R. Ruszat
Greenlight-Laservaporisation
oder konventionelle Elektroresektion der Prostata zur
Behandlung der symptomatischen Prostatahyperplasie –
David gegen Goliath?
Greenlight Laser Vaporization or Conventional Electroresection of the
Prostate for the Treatment of Symptomatic Benign Prostatic Hyperplasia –
David against Goliath?
Zusammenfassung
Die Elektroresektion der Prostata
(TURP) gilt als «Goldstandard» bei der
operativen Therapie der benignen Prostatahyperplasie (BPH). Trotz technischer Neuerungen bleibt die TURP ein
potenziell komplikationsträchtiges Operationsverfahren. Während des letzten
Jahrzehnts wurden zahlreiche neue Laserverfahren für die operative Therapie
der BPH vorgestellt. Der wesentliche
Vorteil der meisten Laserverfahren sind
die durchwegs guten hämostatischen Eigenschaften, die ein fast blutfreies und
für den Patienten sicheres Operieren ermöglichen. Jedoch weisen v.a. nicht-ablative Laserverfahren durch die notwendige postoperative Langzeitkatheterisierung eine postoperativ störende Dysurie, das verlängerte Ausscheiden von
nekrotischem Material (sloughing) sowie eine erhöhte Reoperationsrate eindeutig Nachteile gegenüber der herkömmlichen TURP auf. Bei der Greenlight-Laservaporisation der Prostata
handelt es sich um ein neues viel versprechendes Operationsverfahren für Patienten mit symptomatischer benigner
Prostatahyperplasie. Infolge der Kombi-
© 2007 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
nation von guten ablativen und exzellenten hämostyptischen Eigenschaften stellt
dieses Operationsverfahren zudem eine
sichere Option für ältere Patienten, bei
denen die TURP zu gefährlich wäre, oder
für sog. Hochrisikopatienten dar, bei denen die Notwendigkeit einer oralen Antikoagulation besteht.
Schlüsselwörter: Prostata – Prostatahyperplasie – Greenlight-Laser – Vaporisation, photoselektive – PVP – KTP –
TURP – BPH
Einleitung
Die benigne Prostatahyperplasie (BPH) ist
die häufigste Erkrankung des alternden
Mannes. Ab dem 50. Lebensjahr ist jeder
Zweite und ab dem 80. Lebensjahr nahezu
jeder Mann betroffen. Die operative Therapie der BPH hat sich im letzten Jahrzehnt
deutlich gewandelt. Die Etablierung der
medikamentösen Therapieoptionen, v.a.
durch ␣-Blocker und 5-␣-Reduktasehemmer, führte nur passageren zu einem Rückgang der chirurgischen Therapieformen.
In der Zwischenzeit finden Operationen
häufig bei erhöhtem Lebensalter und damit verbunden vermehrt vorhandenen Komorbiditäten statt. Gleichzeitig konnte ei-
ne signifikante Zunahme des Prostatavolumens zum Zeitpunkt der Operation beobachtet werden. Auch wenn für Prostatavolumina von 40–50 ml die TURP in erfahrenen Händen als sicher gilt, kann die
Komplikationsrate bei grösseren Prostatavolumina drastisch ansteigen.
Die konventionelle TURP, über mehrere
Jahrzehnte der so genannte «Goldstandard»
in der operativen Therapie der BPH, wird
auch heute noch als «Referenzverfahren»
angesehen, an dem sich alle neueren Verfahren messen müssen. Während die funktionellen Ergebnisse der TURP weitgehend im
Konsens als positiv bewertet werden, leitete
die mit dem Eingriff assoziierte Morbidität
eine intensive Suche nach minimal-invasiven Alternativverfahren ein. Insbesondere
spielen die peri- und postoperative Blutung
und z.T. hohe Bluttransfusionsrate eine entscheidende Rolle. In Metaanalysen für die
konventionelle TURP werden durchschnittliche Transfusionsraten von 8.6%
angegeben [1,2]. Dies spiegelt sich auch in
den aktuellen amerikanischen Leitlinien
(AUA) von 2003 zur Therapie der BPH wieder. Hier wird eine durchschnittliche Transfusionrate von 8% mit einem Bereich von
5–11% angegeben [3]. Weiterhin werden in
den AUA-Leitlinien folgende relevante
Komplikationen der TURP aufgeführt:
DOI 10.1024/1661-8157.96.3.61
PRAXIS
postoperatives Harnverhalten 5%, Blasenhalssklerose/Harnröhrenstriktur 7%, ernsthafte kardiovaskuläre Nebenwirkungen
2%, thrombembolische Nebenwirkungen
2%, Harninkontinenz 3%, Harnwegsinfektion 6%, irritative Miktionsbeschwerden
15%, retrograde Ejakulation 65% und nicht
zuletzt erektile Dysfunktion bei 10%. Aufgrund dieses relevanten Nebenwirkungsspektrums der konventionellen TURP wurden zahlreiche Laserverfahren in den letzten
Jahren erprobt. Ziel war das perioperative
Risiko unter Beibehaltung der Effektivität
zu senken.
Verschiedene
Laserverfahren
Nd:YAG-Laserablation
In den frühen 90er Jahren wurde von Costello und Mitarbeitern die Neodymium:Yttrium-Aluminum-Garnet(Nd:YAG)-Laserablation eingeführt [1,2,4,5]. Die vom
Nd:YAG-Laser emittierte Wellenlänge liegt
bei 1064 nm, bei welcher der Laserstrahl
nicht selektiv vom oberflächlichen Prostatagewebe absorbiert, sondern die Laserenergie grösstenteils in Hitze umgewandelt
wird und somit eine tiefe Koagulationszone
verursacht. Dies führt zwar zu einer guten
Hämostase, allerdings resultiert daraus eine
nachfolgende Gewebsnekrose mit für den
Patienten unangenehmem Abgang von Nekrosematerial (sog. «sloughing») über die
Harnröhre sowie konsekutiven irritativen
Miktionsbeschwerden. Häufig wurden
langandauernde postoperative Katheterisierungen notwendig. Aufgrund dieser Problematik hat die Nd:YAG-Laserprostatektomie ihre klinische Bedeutung verloren.
Holmium-Laser-Enukleation
Die Effektivität und Sicherheit der Holmium-Laser-Enukleation der Prostata
(HoLEP) als Alternative zur TURP und offenen Prostatektomie wurde in den letzten
Jahren durch verschiedene Studien belegt.
Unter anderem wurde die Technik prospektiv randomisiert mit der TURP und der
transvesikalen Prostatektomie verglichen
und zeigte gleich gute Erfolgsraten bei reduziertem Blutverlust und Reoperationsraten [6]. Hinsichtlich Reduzierung von
Miktionsbeschwerden sind HoLEP und
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TURP äquieffektiv [7]. Neben den Kosten
für den Hochleistungs-Ho:YAG-Laser und
einem Morcellator ist die nicht unbedeutende Lernkurve zum Beherrschen der
Technik ein Nachteil dieser innovativen
Technik und wahrscheinlich der Grund,
weshalb dieses Verfahren bislang keine
breite Akzeptanz erlangt hat.
Greenlight-Laservaporisation
(syn.: Photoselektive Vaporisation
der Prostata, KTP-Laservaporisation)
Die Greenlight-Laservaporisation der
Prostata stellt ein neueres Verfahren zur
operativen Behandlung der symptomatischen BPH dar. Das Prostatagewebe wird
dabei durch den Laserstrahl direkt verdampft (vaporisiert) und die Oberfläche
koaguliert. Dadurch ist ein nahezu blutungsfreies Abtragen des hyperplastischen
Prostatagewebes möglich.
Abb. 1: Die Koagulationszone des GreenlightLasers (0.8mm) ist deutlich geringer als die
des Nd:YAG-Lasers (10mm).
Eigenschaften des Greenlight-Lasers
Mit Halbierung der Nd:YAG-Wellenlänge
von 1064 nm auf 532 nm mittels eines Kalium-Titanyl-Phosphat-(KTP)-Kristalls ändern sich die laseroptischen Eigenschaften
der applizierten Energie. Als wesentliches
Detail wird dabei die Energie des «grünen»
Laserstrahls praktisch vollständig von «roten» Gewebeoberflächen (Prostatagewebe,
Blutgefässe, Oxyhämoglobin der Erythrozyten, usw.) absorbiert. Gleichzeitig liegt bei
532 nm ein theoretisches Minimum der
Energieabsorptionskurve von Wasser, d.h.
der Laserstrahl wird ohne Energieverlust
durch das Spülmedium Wasser transportiert. Die Zellflüssigkeit wird innerhalb von
Bruchteilen einer Sekunde erhitzt, es entstehen intrazelluläre Vakuolen und der intrazelluläre Druck steigt bis zur Zerreissung
der Zellgrenzen, was an einer kontinuierlichen Bläschenbildung erkennbar wird. Der
überwiegende Anteil der applizierten Laserenergie wird sofort als «zytoplasmatische
Explosionsenergie» wieder freigesetzt. Die
Wärmediffusion und Koagulation von tieferen Gewebeschichten werden hierdurch
limitiert. Dadurch kommt es nicht wie bei
der Nd:YAG-Laserprostatektomie, bei der
die Energie bis zu 10 mm in das Prostatagewebe eindringt, zu einem Gewebeödem,
Gewebsnekrose und späterem Abgang von
Nekrosematerial über die Harnröhre
Abb. 2: Zystoskopschaft mit eingeführter
Lasersonde. Der Laserstrahl wird in einem
Winkel von 70 Grad abgegeben.
(«sloughing»), was meist von heftigen dysurischen Beschwerden begleitet wurde. Im
Gegensatz zum Nd:YAG-Laser, wo eine Vaporisation («Verdampfung») des Gewebes
eher als Nebeneffekt beobachtet wurde, ist
nun eine sofortige und effiziente Vaporisation des Prostatagewebes möglich. Im Gegensatz zum Nd:YAG-Laser, der eine bis zu
10 mm tiefe Koagulationszone hinterlässt,
zeigt sich bei der Greenlight-Laser-Vaporisation ein nur 0.8 mm breiter Koagulationssaum (Abb. 1).
Operative Technik
Die Greenlight-Laservaporisation wird mit
einer 600 µm Laserfaser (ADDStat «Angled
Delivery Device, Laserscope, San Jose California), die über ein 21 Charriere Zystoskop eingeführt wird und den Laserstrahl
mit einer Wellenlänge von 532 nm in einem Winkel von 70° abgibt, durchgeführt
(Abb. 2). Der grösste Vaporisationseffekt
wird bei einem Abstand der Laserfaser von
0.5–1 mm zum Prostatagewebe erzielt.
Hier erreicht der Laserstrahl einen Durchmesser von zirka 1.2 mm. Im Falle einer
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Abb. 3: Der optimale Abstand mit dem der grösstmögliche Vaporisationseffekt erreicht wird, liegt
bei 0.5 mm. Bei grösseren Entfernungen tritt ein koagulierender Effekt auf.
Blutung wird die Faser auf eine Entfernung
von etwa 3–4 mm gebracht und die Laserenergie von 80 Watt auf 40 Watt reduziert,
um eine grösstmögliche Koagulation zu erzielen (Abb. 3). Als Irrigationslösung wird
steriles Wasser oder physiologische Kochsalzlösung benutzt. Wir verwenden ein
automatisiertes Saug-Pumpen-Spülsystem
(Endo FMS® Urology), das eine kontinuierliche Spülung und Absaugung der
Spülflüssigkeit gewährleistet. Der Eingriff
wird unter videoendoskopischer Kontrolle
durchgeführt.
Ähnlich wie bei der Elektroresektion der
Prostata wird nach Durchführung einer
Blasenübersicht und Identifizierung der
Harnleiterostien die Operation im Bereich
des Mittellappens, bzw. Blasenhalses begonnen. Durch ein kontinuierliches Vor- und
Zurückbewegen, bzw. Seitwärtsschwenken
der Laserfaser, was für eine gleichmässige
Vaporisation wichtig ist, wird das Gewebe
bis auf Blasenhalsniveau reseziert (vaporisiert). Die kontinuierliche Bläschenbildung
verdeutlicht den Effekt der Vaporisation des
Prostatagewebes, welches nahezu ohne
Tab. 1: Perioperative Parameter der Patientenpopulation die mittels Greenlight-Laser (PVP) und
konventioneller TURP operiert wurden.
PVP
TURP
p
Anzahl (n)
249
129
Alter (Jahre)
72
68
⬍ 0.001
Prostatavolumen (ml)
65
49
0.001
OP-Zeit (min)
73
53
⬍ 0.001
Resektionsgewicht (g)
–
28.5
–
Applizierte Energie (kJ)
230
–
–
Katheterentfernung (Tag)
1.8
2.9
⬍ 0.001
Entlassung (Tag)
3.5
4.9
⬍ 0.001
Tab. 2: Komplikationen während des Follow-up
Komplikationen
PVP
TURP
Rekatheterisierung
25 (10.0%)
12 (9.3%)
ns
Harnwegsinfekt
18 (7.2%)
10 (7.8%)
ns
Blasentamponade
1 (0.4%)
2 (1.6%)
ns
Revision
–
2 (1.6%)
ns
Harnröhrenstriktur
10 (4.0%)
3 (2.3%)
ns
Blasenhalsstriktur
5 (2.0%)
2 (1.6%)
ns
Reoperation (PVP/TURP)
8 (3.2%)
4 (3.1%)
ns
Abb. 4: Endoskopische Sicht während einer
Greenlight-Lasevaporisation. Deutlich erkennbar sind die Vaporisationsbläschen
Abb. 5: Deobstruierte Prostataloge am Ende
der Operation.
Blutverlust abgetragen wird (Abb. 4). Anschliessend erfolgt die Vaporisation der Seitenlappen und der apikalen bzw. parakollikulären Adenomanteile. Dabei wird darauf
geachtet, nicht distal des Verumontanums
zu vaporisieren, um die Kontinenz nicht zu
gefährden. Nach Vervollständigung des Eingriffs resultiert eine TURP-ähnliche Resektionshöhle mit offen stehendem Blasenhals
(Abb. 5). Perioperativ wird eine Infektprophylaxe mit einem Gyrasehemmer (z.B.
2⫻500 mg Ciprofloxacin) durchgeführt.
Die Prophylaxe wird in der Regel für insgesamt 7–10 Tage postoperativ fortgeführt.
Entsprechend der am Eintrittstag abgenommenen Urinkultur erfolgt gegebenenfalls eine Anpassung des Antibiotikums
nach Erhalt des Antibiogramms.
Indikationen zur GreenlightLaser-Vaporisation
Die Indikation zur Laservaporisation unterscheidet sich nicht von der TURP und
schliesst zusätzlich die Möglichkeit der
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Maximale Harnflussrate in ml/s
32
其
28
24
20
其
16
12
⬍ 70 Jahre
⬎ 70 Jahre
8
4
PVP
TURP
0
Baseline
1M
3M
6M
12 M
24 M
Zeitraum Follow-up (Monate)
International Prostate Symptom Score
20
16
12
PVP ⬍ 70 J.
8
PVP ⬎ 70 J.
4
TURP ⬍ 70 J.
TURP ⬎ 70 J.
0
Baseline
1M
3M
6M
12 M
24 M
Zeitraum Follow-up (Monate)
Restharnvolumen in ml
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Operation unter Fortführung der oralen
Antikoagulation ein. Generell ist eine instrumentelle Therapie bei Männern mit
mittelgradigen bis schweren Miktionsbeschwerden oder «lower urinary tract symptoms» (LUTS) angezeigt, welche unter medikamentöser Behandlung keine Besserung erfahren oder keine medikamentöse
Therapie wünschen. Eine Studie konnte
zeigen, dass trotz medikamentöser Behandlung etwa 24% der Patienten mit moderater symptomatischer BPH innerhalb
von 2.8 Jahren operiert werden [8]. Anhand eines Patientenfragebogens (International Prostate Symptom Score) kann der
Urologe die subjektiven Miktionsbeschwerden einschätzen. Die maximale Harnflussrate gemessen mittels Uroflowmetrie
und das sonographisch bestimmte Restharnvolumen liefern dem Urologen weitere Parameter um ein Bild von der Miktionssituation des Patienten zu bekommen. Darüber hinaus gelten rezidivierendes Harnverhalten, rezidivierende Harnwegsinfekte, Nierenfunktionsverschlechterung aufgrund von LUTS, Harnblasenkonkremente und rezidivierende Hämaturie
als absolute Indikationen für ein operatives
Vorgehen. Wichtig ist ausserdem die Bestimmung des Prostata-spezifischen Antigens (PSA). Sollte der Wert über die Norm
erhöht sein, könnte dies ein Hinweis auf
ein vorliegendes Prostatakarzinom sein. In
diesem Fall müsste zunächst eine Prostatastanzbiopsie durchgeführt werden, denn
mit der Laservaporisation wird im Gegensatz zur TURP kein Prostatagewebe zur
histologischen Untersuchung gewonnen.
240
200
160
120
PVP ⬍ 70 J.
80
PVP ⬎ 70 J.
40
TURP ⬍ 70 J.
0
Baseline
1M
3M
6M
12 M
Zeitraum Follow-up (Monate)
24 M
TURP ⬎ 70 J.
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Abb. 6: Graphische Darstellung
der funktionellen Resultate
über einen Beobachtungszeitraum von 24 Monaten. Dargestellt sind maximale Harnflussrate, International Prostate
Symptom Score und Restharnvolumen.
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● Die Greenlight-Laservaporisation stellt ein viel versprechendes, sicheres und effizientes transurethrales Operationsverfahren für Patienten mit symptomatischer
BPH dar.
● Die Indikationsbreite ist vergleichbar mit der TURP, wobei zusätzlich die Möglichkeit besteht, eine effiziente und sichere Deobstruktion unter Beibehaltung einer
oralen Antikoagulation (Aspirin, Marcoumar, Clopedigrel) durchführen zu können.
● Die Ergebnisse nach Greenlight-Laservaporisation der Prostata sind nicht mit den
bekannten schlechten funktionellen Ergebnissen früherer Laserverfahren vergleichbar.
● Die funktionellen Resultate sind mit denen nach TURP vergleichbar, wobei Langzeitverläufe noch abzuwarten sind.
Lernfragen
1. Welche Aussage zum Greenlight-Laser ist richtig?
a) Der Greenlight-Laser führt zu einer verbesserten Hämostase verglichen mit
dem Nd:YAG-Laser.
b) Die Energie des Greenlight-Lasers wird stark von Wasser absorbiert.
c) Der Greenlight-Laser bildet eine nur oberflächliche Koagulationszone von
0.8 mm Dicke.
d) Nachteilig ist der wochenlang anhaltende Abgang von nekrotischem Gewebsmaterial über die Harnröhre.
2. Welche Aussage(n) ist/sind richtig?
a) Der Greenlight-Laser bietet im Vergleich zur konventionellen Elektroresektion
der Prostata (TURP) eine grössere perioperative Sicherheit.
b) Die funktionellen Ergebnisse von Greenlight-Laservaporisation und TURP
sind vergleichbar.
c) Eine orale Antikoagulation (Marcoumar, Plavix, Aspirin) muss für eine Greenlight-Laservaporisation nicht pausiert werden.
d) Antworten a)–c) sind richtig.
Basierend auf tierexperimentellen Studien
an Hunden wurden durch Malek et al. im
Jahr 1998 erste Ergebnisse der GreenlightLaservaporisation mit einem 60 Watt starken Laser an zehn Patienten mit einem Follow-up von 24 Monaten vorgestellt [9].
Der Greenlight-Laser zeigte bei einer Energiedichte von 60 Watt einen guten gewebeablativen Effekt mit grosser Sicherheit
hinsichtlich Hämostase. Der Follow-up
war vergleichbar mit dem einer konventionellen TURP. Einzig nachteilig waren lange
Operationszeiten aufgrund der zu geringen Energiedichte (60W).
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misierten Studien mit einem Follow-up
von maximal zwölf Monaten generiert.
Key messages
Geschichte des GreenlightLasers
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Seit Anfang 2002 wird der Greenlight-Laser
mit neueren 80 Watt Geräten angewendet.
Durch die hohe Vaporisationsenergie wird
eine TUR-ähnliche Resektionshöhle mit exzellenter Hämostase und ohne Einschwemmung von hypotoner Irrigationslösung
geschaffen. Die vielversprechenden initialen Ergebnisse bezüglich Effektivität und
Sicherheit dieses ablativen Verfahrens
konnten von mehreren Arbeitsgruppen für
den perioperativen Verlauf sowie einen limitierten Follow-up (12 Monate) bestätigt
werden [10–12]. Obwohl die GreenlightLaservaporisation der Prostata weltweit
über 100 000 mal durchgeführt wurde,
wurden die meisten Daten zu diesem Verfahren in nicht kontrollierten, nicht rando-
Basler Erfahrungen mit
dem Greenlight-Laser
Als eine der ersten universitären Einrichtungen in Europa konnte die urologische
Klinik des Universitätsspitals Basel im September 2002 den Greenlight-Laser einführen. Über 450 Patienten konnten mit dieser Technik bereits erfolgreich behandelt
werden.
Seit Dezember 2003 führen wir eine prospektive, nicht randomisierte Studie mit
dem Kantonsspital Baden zum Vergleich
der Effektivität und Sicherheit der TURP
und dem Greenlight-Laser durch. Erste
perioperative Ergebnisse und die kurzfristigen funktionellen Ergebnisse mit einem
Follow-up von sechs Monaten konnten bereits publiziert werden [13]. Hierbei zeigte
sich zwar eine stärkere Verbesserungen der
maximalen Harnflussrate nach TURP, hinsichtlich der subjektiven Parameter und
des Restharnvolumens zeigten sich jedoch
keine Unterschiede. Die periopoative Morbidität war im Rahmen des Greenlight-Lasers deutlich verringert.
Mittlerweile konnten 249 Patienten nach
PVP und 129 nach TURP in die Studie
eingeschlossen werden. Tab. 1 zeigt perioperative Daten beider Vergleichsgruppen.
Auffällig sind die signifikant ältere Patientenpopulation bei der PVP sowie das grössere Prostatavolumen. Der transurethrale
Dauerkatheter wurde durchschnittlich einen Tag früher als nach TURP entfernt
und die Patienten verliessen mehr als einen
Tag früher das Spital.
Intraoperativ wurden bei der GreenlightLaservaporisation (inkl. Patienten mit oraler Antikoagulation, ASS-Einnahme, Clopedigrel) lediglich fünf (2%) Blutungen
beobachtet, die allerdings nicht klinisch relevant waren, sondern insbesondere die intraoperative Sicht beeinträchtigten. Währenddessen kam es bei 14 (11%) Patienten
während einer konventionellen TURP
(ohne Antikoagulation, ASS-Einnahme
oder Clopedigrel-Einnahme) zu Blutungen, wobei drei (2.3%) Patienten Bluttransfusionen benötigten, bei acht (6%)
Patienten kam es intraoperativ zu einer
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Kapselperforation der Prostata und in einem Fall trat ein Einschwemmsyndrom
auf. Tab. 2 zeigt die im Follow-up aufgetretenen und dokumentierten Komplikationen.
Die funktionellen Resultate während eines
Nachbeobachtungszeitraums von bislang
24 Monaten zeigt Abbildung 6. Die Patienten wurden hierfür in unter 70-Jährige und
über 70-Jährige unterteilt. Während sich
bei der maximalen Harnflussrate altersabhängig grössere Steigerungen nach konventioneller TURP zeigten, konnte dies
beim Restharnvolumen und bei der Patientenzufriedenheit gemessen am International Prostate Symptom Score nicht mehr
nachvollzogen werden. Das bedeutet, dass
die Stärke des Harnstrahls keinen Einfluss
auf die subjektive Zufriedenheit des Patienten hat.
Greenlight-Laservaporisation bei grossen Prostataadenomen
Insbesondere Patienten mit grossen Prostataadenomen haben ein erhöhtes Risiko
für einen signifikanten intraoperativen
Blutverlust und ein Einschwemmsyndrom
bei der konventionellen TURP. Auch hier
bietet der Greenlight-Laser eine sichere
und effektive Alternative. Anhand einer
Studie, in die 51 Patienten mit einem Prostatavolumen über 80 ml eingeschlossen
wurden, konnte eine hohe perioperative
Sicherheit und eine signifikante Verbesserung von Miktionssymptomen gezeigt
werden. Die Komplikationsrate war im
Vergleich zu Prostataadenomen kleiner als
80 ml nicht erhöht [14].
Greenlight-Laser bei
Patienten mit oraler Antikoagulation
Ein grosser Vorteil des Greenlight-Lasers
ist die Möglichkeit, Patienten mit laufender oraler Antikoagulation (Aspirin, Plavix, Marcoumar) zu operieren. Dies vor
dem Hintergrund einer immer älter werdenden Patientenpopulation mit einer
erhöhten Rate an Ko-Morbiditäten, die
immer häufiger eine orale Antikoagulation
notwendig machen.
Mini-Review
41% unserer Patienten war zum Zeitpunkt
der Operation oral antikoaguliert, 12%
wurden unter einer laufenden Antikoagulation mit Marcoumar operiert (mittlerer
INR 2.0). Auch bei diesen Patienten wurden keine signifikanten Blutverluste beobachtet. Keiner der Patienten benötigte
intra- oder postoperativ Bluttransfusionen. Die funktionellen Resultate waren
vergleichbar mit nicht antikoagulierten Patienten [15].
Zusammenfassend handelt es sich beim
Greenlight-Laser um ein neues und vielversprechendes operatives Verfahren zur
Behandlung der symptomatischen BPH.
Dieses unmittelbar gewebeablative Laserverfahren ist gekennzeichnet durch eine
exzellente intraoperative Sicherheit für den
Patienten, sowie einer mit der konventionellen TURP vergleichbaren postoperativen Komplikationsrate. Langzeitergebnisse
liegen noch nicht vor und bleiben, insbesondere hinsichtlich einer definitiven
Beurteilung des Verfahrens, abzuwarten.
Korrespondenzadresse
PD Dr. A. Bachmann
Urologische Klinik
Universitätsspital Basel
Spitalstrasse 21
4031 Basel
[email protected]
Praxis 2007; 96: 61–67
66
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Aug 18.
2. d) ist richtig
1. c) ist richtig
Die Energie des Greenlight-Lasers wird stark von Hämoglobin absorbiert. Dadurch wird
der überwiegende Anteil der applizierten Laserenergie bereits in oberflächlichen Gewebeschichten absorbiert und sofort als «zytoplasmatische Explosionsenergie» freigesetzt. Die
Wärmediffusion und Koagulation von tieferen Gewebeschichten werden hierdurch limitiert. Im Vergleich zur Nd:YAG-Laserprostatektomie kommt es deshalb nicht zum wochenlangen Abgang von nekrotischem Material über die Harnröhre.
Antworten zu den Lernfragen

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