Schmuckli HSL Festakt Rede - ethische
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Schmuckli HSL Festakt Rede - ethische
50 Jahre hsl, Höherer Fachschule für Sozialpädagogik Luzern/Curaviva Luzern, 5. Juni 09 Die ethische Verantwortung der Sozialpädagogik Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Studierende der Sozialpädagogik Seit 50 Jahren wird an dieser Schule ausgebildet, gelehrt und gelernt. Immer mit dem Ziel, Ethik und soziale Gerechtigkeit mitzubedenken, darüber gemeinsam und somit öffentlich nachzudenken. So ist es mir eine Freude, den mir zugetragenen roten Faden der HSL aufzugreifen und meine eigenen Gedanken zur Ethik, zur ethischen Verantwortung der aktuellen Sozialpädagogik einzubringen und, so hoffe ich, auch zur Diskussion zu stellen. Verantwortung ist der Rede wert I. Lynn stürzt empört in die Küche und schreit Anna, die das Morgenessen für ihre Wohngruppe zubereitet, an: „Hey, Du häsch mi ned gweckt! Besch so blöööd! Du besch gschold, wenni weder z spoot id Schuel chomme! Wäge Der muessi weder s Gliir vo de Lehreri ghöre!“ Karin, Sabina, Sepp und Ruth, die um den Tisch sitzen, verstummen und beobachten die Szene genau. Anna schaut zu Lynn, sucht den Blickkontakt zu ihr und sagt mit fester Stimme: „För Diis rächtziitige Ufstoh besch Du zueständig.“ Lynn lässt ihrem Ärger und Frust freien lauf und versucht – strategisch oder unbewusst sei mal dahingestellt –, Anna ein schlechtes Gewissen zu machen, ihr die Schuld zuzuschieben und ihr letztlich auch die Verantwortung für ihr Zu-Spät-Kommen anzuhängen. Anna widersteht und meint schlicht, dass klar ist, wer den Auftrag hat, zu schauen, dass frau rechtzeitig aufsteht und sich für die Schule bereit zu machen, wer also hier konkret die Verantwortung wahrzunehmen hat. Wie hängen eigentlich ‚Schuld’ und ‚Verantwortung’ zusammen? Anna übernimmt Verantwortung für Lynn und das heisst: Anna muss in ihrer Rolle als Sozialpädagogin Lynn anleiten und befähigen, für sich selber zu sorgen lernen, das heisst in dieser Situation: zu merken und einzusehen, dass es für sie einfacher, gemütlicher und sozial integrativer ist, Dr. phil. Lisa Schmuckli www. ethische-interventionen.ch 1 wenn sie rechtzeitig aufsteht und zur Schule kommt. Annas konkrete Verantwortung besteht darin, Lynn alltäglich dazu zu ermuntern und motivieren, eigene Erfahrungen mit der Selbstsorge zu machen und erkennen zu lernen, wie sie für sich als Heranwachsende in einer Wohngruppe, als Schülerin in einem Klassenverband, als junge Frau in einer sozialen Gemeinschaft für die eigenen Bedürfnisse und Interessen einstehen kann. Anna wird darauf achten, dass Lynn lernt, nicht nur nach den eigenen Regeln zu leben, sondern auch die unterschiedlichen Regeln der sozialen Gemeinschaft zu erkennen und zu übernehmen. Annas Verantwortung besteht darin, dass Lynn erfahren darf, dass die Übernahme von Verantwortung für sich selber und für die unmittelbare Gemeinschaft lernbar ist und folglich geübt werden muss. Verantwortung ist in diesem Verständnis an einen Entwicklungs- und an den Lernprozess, an Gefühle ebenso wie an konkrete Fähigkeiten und Kompetenzen gebunden. Schuld hingegen entsteht dort, wo die professionellen und persönlichen Kompetenzen unklar und die Grenzen der Zuständigkeiten diffus bleiben. Schuld entsteht also dort, wo einer Person Verantwortung übertragen wird, ohne dass sich diese Person die für die Erfüllung notwendige Fähigkeiten und Kompetenzen hat aneignen können. Anna würde dort Schuld auf sich laden, wenn sie Lynn das Gefühl vermitteln würde, dass Lynn falsch und fehlerhaft gelernt habe und es nun falsch anwenden würde, dass Lynn ‚falsche Erfahrungen’ gemacht hätte und schliesslich als Persönlichkeit selbst infrage gestellt wäre. Schuld entsteht folglich dort, wo die notwendige Abhängigkeit verschleiert und das gegenseitige AufeinanderAngewiesen-Sein missbraucht wird. Anna lebt als Sozialpädagogin mit Lynn zusammen; die eine wählt ihren Beruf freiwillig, die andere lebt vielleicht unfreiwillig an diesem Ort, in dieser Wohngruppe. Für Anna ist es Beruf, vielleicht auch Berufung; für Lynn eine Lebensphase. Zwischen Lynn und Anna entwickelt sich eine spezifische Form der Zwischenmenschlichkeit, die ich mit den Worten der holländischen Philosophin und Schriftstellerin Connie Palmen als „Drama der Abhängigkeit“ bezeichnen will. Sie beschreibt diese Formen der menschlich allzu menschlichen Abhängigkeit mit folgendem Bild: „Ich sagte Thomas, dass ich alles am besten begreifen könne, indem ich mir die Menschheit wie eine Sprache vorstellte. In einer Sprache kann ein Wort nie für sich stehen. Um Bedeutung und Sinn haben zu können, ist es von anderen Wörtern abhängig, mit denen es verbunden wird und aus denen es seine Bedeutung ableitet. So ergeht es auch den Menschen. Wir erhalten Bedeutung durch unsere Beziehungen zu etwas oder jemandem, zur Familie, zu Freunden, zum Geliebten und – über die Arbeit – zur Welt. Ich denke, dass es von den persönlichen Beziehungen, die jemand eingehen kann, abhängt, ob er sein Leben als sinnvoll oder sinnlos ansieht. Man ist Mutter durch sein Kind, Dr. phil. Lisa Schmuckli www. ethische-interventionen.ch 2 so verhält sich das. Man ist Geliebte durch den Geliebten, Freund durch den Freund, Schriftsteller durch den Leser. Das ist das Drama der Abhängigkeit, und dagegen ist nichts zu machen.“1 Nicht die Abhängigkeit kann aufgelöst werden, wohl aber das „Drama“, indem es der Rede wert wird. Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen bieten aufgrund ihres Berufes Beziehungen und folglich Abhängigkeiten an, innerhalb derer andere Menschen sich und andere erfahren und erleben dürfen. So ist es naheliegend, dass die Profis diese Abhängigkeit immer wieder von neuem zur Sprache bringen und reflektieren müssen, um sie verantwortungsvoll gestalten zu können. So können die ihnen anvertrauten Menschen aus dem „Drama“ einer Abhängigkeit ihre „Eigenständigkeit“ innerhalb einer Beziehung entwickeln. II. Mona eilte nachts nach Hause, sie will nach dieser turbulenten Spätschicht auf der Gruppe nur noch so schnell wie möglich nach Hause, als sie von einem jungen, deutlich verwahrlosten Mann angesprochen und um Geld für die Notschlafstelle angefragt wurde. Sie blickte auf und er sah ihr fest in die Augen, hielt ihr seine Hand hin, in der bereits Kleingeld lag, ordentlich zu einer Münz-Reihe aneinander gelehnt. Er schaute erst auf seine Münzreihe, dann sah er Mona an und frage nüchtern: „Bruuchsch ned öppe Zwänzggerli für diiin nöööchschte Wäschtag?“ Sie musste spontan lachen über sein Angebot, und plötzlich hatte sie es nicht mehr so eilig, nach hause zu kommen. Er wartete gespannt auf ihre Reaktion, sie kramte in ihrer Tasche und suchte nach grösseren Münzen. So kamen sie ins Gespräch und ins Geschäft, sie tauschten aus, Geld, Worte, vielleicht sogar Sympathie – und sie schmunzelte noch, als sie wieder getrennte Wege gingen. Bei dieser Zufallsbekanntschaft geschieht etwas, das meines Erachtens für das Wahrnehmen von und das Nachdenken über Verantwortung entscheidend ist: Mona lässt sich ansprechen. Vielleicht lässt sie sich von seiner Erscheinung, von seinen zerschlagenen, schmutzigen Händen, in denen besagte Zwanziger-Reihe liegt, anrühren. Er ist ihr für diesen kurzen Augenblick nicht gleichgültig, sondern wird konkret zu einem Gegenüber, wird im Dialog zu einem konkreten Mensch mit einer anderen Biographie und ähnlichen Wünschen. Verantwortung findet folglich immer nur in einer konkreten Situation unter konkreten Menschen mit konkreten Erfahrungen und Erlebnissen statt. 1 Connie Palmen: Die Freundschaft, Zürich 1996, S. 291-292 Dr. phil. Lisa Schmuckli www. ethische-interventionen.ch 3 Und sobald es darum geht, sich ansprechen zu lassen, wörtlich und metaphorisch, dann wird der gewöhnliche Ablauf der Ereignisse verlangsamt, dann wird das soziale Verkehrs-Tempo gebremst. Wer sich ansprechen lässt und ins Gespräch kommen will, wer solcherart präsent ist, vielleicht sogar neugierig auf den konkret anderen Menschen zugeht und sich austauschen will, braucht Zeit. Entscheidend für das Wahrnehmen und Wahrhaben von Verantwortung ist mit anderen Worten die Entschleunigung. Mona braucht Zeit, um wahrzunehmen, wer konkret vor ihr steht, was er von ihr will und was sie ihm zu geben bereit ist; sie braucht Zeit, die soziale Situation und den spontan geteilten Raum wahrzunehmen und einzuschätzen; sie braucht Zeit, das spontan gesehene Unglück als Ungerechtigkeit zu erkennen und sich selber zu dieser Ungerechtigkeit in ein Verhältnis zu setzen und zu positionieren.2 Mona braucht Zeit, die Ernsthaftigkeit des Angesprochenseins zu ergründen. In einer beschleunigten, effizienten sozialen Welt zeigt sich die Verlegenheit der Ethik gerade in der scheinbaren Auswechselbarkeit der getroffenen Entscheide. Mona wird lachend ernsthaft just im Moment, als sie den jungen Mann wahrnimmt und spürt, was auf dem Spiel steht: nämlich sie selbst als Person, die sich mit ihrem Verhalten zeigt. Indem sie sich entscheidet, mit dem jungen Mann in einen Austausch von Worten, Anteilnahme und Geld zu kommen, entscheidet sie sich auch dafür, wer sie als Frau, als Sozialpädagogin auf dem Heimweg, als Zeitgenossin sein will. Worauf es folglich bei jeder alltäglichen Entscheidung, bei jeder unspektakulären Wahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten von Handlungen ankommt, ist die Aktualisierung und Bestätigung der eigenen Wert-Haltung, ist das Moment der Selbstbestimmung just in der Wahl. Mit ihrer Entscheidung zeigt Mona, welcher Mensch sie sein will.3 Wie lässt sich Verantwortung ethisch reflektiert? Verantwortung bezeichnet die Haltung, dass eine Person Rechenschaft ablegt für ihr Tun und Lassen. Die Person verpflichtet sich also, Red’ und Antwort zu stehen für ihre Taten 2 „Es wird immer leichter sein, in den Leiden anderer Menschen eher ein Unglück als eine Ungerechtigkeit zu sehen“, schreibt die ungarisch-amerikanische Philosophin Judith Shklar in ihrem Werk ‚Über Ungerechtigkeit’ (Berlin 1992, S. 31). 3 „Ernst wird es dann, wenn man selbst auf dem Spiel steht, wenn es nicht mehr bloss um Vor- und Nachteile geht und auch nicht mehr um das, was man tut oder was die anderen von einem erwarten, nicht mehr um Richtig oder Falsch, nicht mehr um Erfolg oder Nichterfolg, oder besser gesagt, nicht mehr nur darum geht, sondern zugleich auch um mich selbst, darum, was für ein Mensch ich bin. Als moralische Fragen definiere ich deshalb solche Fragen, bei deren Entscheidungen immer zugleich entschieden wird, was für ein Mensch man ist bzw. wie man als Mensch ist.“ (Gernot Böhme: Ethik leiblicher Existenz, Frankfurt 2008, S. 233) Dr. phil. Lisa Schmuckli 4 www. ethische-interventionen.ch oder Unterlassungen, für ihre Aussagen oder ihr Schweigen. Wer Red und Antwort stehen will, muss sich überlegen, welche Konsequenzen das eigene Handeln oder Nicht-Handeln nach sich ziehen und ob diese Konsequenzen von einer einzigen Person überhaupt tragbar sind oder nicht, ob sie überhaupt innerhalb des Handlungsspielraumes der Person (oder Rolle) liegen oder nicht. Wer eine bestimmte Entscheidung oder Handlung verantworten will, muss tatsächlich diese Handlung und deren Wirkung auch beeinflussen und gestalten können. Verantwortung in diesem Sinne verstanden signalisiert also zwei Instanzen: eine, die verantwortlich ist, und eine, vor der man sich verantworten muss. Die Vielschichtigkeit von Verantwortung lässt sich noch weiter präzisieren: • Verantwortung zielt (erstens) auf Personen und umschreibt hier die Selbst- und die Fremdverantwortung. Selbstverantwortung meint, dass ich mir selber Red und Antwort stehen muss, dass ich mein Tun und Lassen vor mir selber rechtfertigen und dass ich alleine mit allfälligen Konsequenzen ringen muss. Ich muss mit meinen eignen Werten die zu verantwortenden Taten überprüfen und beurteilen. Fremdverantwortung umschreibt eine Verantwortung, die eine Person für andere Personen übernimmt, beispielsweise die Sozialpädagogin für die ihr anvertraute Wohngruppe. Diese Fremdverantwortung ist dort begrenzt, wo der pädagogische Auftrag an die Grenze der Rolle stösst und sich allenfalls gar mit der individuellen Vorstellung von Verantwortung konfliktiv reibt. Es zeigt sich, dass Verantwortung gerade im pädagogischen Kontext dialektisch zu verstehen ist, ein Hinund Herpendeln, ein dialogisches bis konfliktreiches Aushandeln zwischen der Selbstund der Fremdverantwortung. • Verantwortung bewegt sich (zweitens) in einem zeitlichen und räumlichen Horizont; sie versteht sich hier als Verantwortung im Nah- und Fernhorizont. Verantwortung im Nahhorizont umfasst das Nachdenken über Konsequenzen räumlich beispielsweise innerhalb der Institution, und zeitlich zum Beispiel befristet für dieses Jahr der Anstellung. Verantwortung im Fernhorizont beschreibt das Einbeziehen von Konsequenzen zum Beispiel wiederum räumlich weltweit angesichts Kinderarbeit und zeitlich auch angesichts der noch ungeborenen Generationen der Zukunft. • Damit wird (drittens) deutlich, dass Verantwortung auch die Selbstbegrenzung mitreflektiert. Wir können uns zwar von der Not weltweiter Kinderarmut berühren lassen und uns als Citoyennes politisch dagegen auflehnen, wir können uns auch angesprochen fühlen für lokale Missstände wie damals im Kinderheim Gabeldingen um die Jahrhundertwende. Zugleich jedoch müssen wir die faktischen und moralischen Selbstbegrenzungen anerkennen und damit erfahren, dass wir nicht jede Ungerechtigkeit mit unserem Tun verhindern können, dass wir durch unser Engagement zwar vieles Dr. phil. Lisa Schmuckli www. ethische-interventionen.ch 5 sehen und dass wir gerade als Mitarbeitende durch die Rolle begrenzt werden. In den institutionellen oder berufsständischen Leitbildern werden diese manchmal auch schmerzlichen Erkenntnisse aufgegriffen, wenn steht, dass verantwortungsvolle Sozialpädagoginnen und –pädagogen sich bewusst sind, dass sie als Mitarbeitende an eine Rolle und somit an einen Auftrag zurückgebunden werden, dass sie im beruflichen Handeln begrenzt sind und potentiell Fehlentscheiden treffen können und dass die ihnen anvertrauten Menschen vor solchen Fehlverhalten und Ungeschicklichkeiten möglichst zu schützen sind. Verantwortung zeigt sich also hier im Akzeptieren der Selbstbegrenzung, ohne diese als Gleichgültigkeit und/oder Entschuldigung zu missbrauchen. Denn Verantwortung stellt sich der politischen oder beruflichen Ohnmacht, indem sie den Handlungsspielraum ausnützt. Die Vielschichtigkeit macht deutlich, dass Verantwortung immer nur konkret erfahren und gelebt werden kann. In der Praxis werden Reflexionen über die Verantwortung in konkrete Handlungen übersetzt und somit Ethik in den Alltag transferiert und damit zu Verbindlichkeiten gegenüber den Menschen. Diese konkrete, verbindliche Verantwortung fragt nach Zuständigkeiten, fragt ebenso nach fachlichem Know-how und persönlichen inneren Überzeugungen. Verbindliche, konkrete Verantwortung will also wissen, wem gegenüber ich mich zu verantworten habe und warum gerade diesen Personen bzw. Instanzen und wie ich die Verantwortung erfüllen kann. Verantwortung ist mit anderen Worten ein Wert, der nur im zwischenmenschlichen Austausch wirksam werden kann. Und solchermassen sofort auf die Verantwortung meines Gegenübers trifft. Wenn ich für mein Tun und Lassen Verantwortung übernehmen will, muss ich mit meinem Gegenüber aushandeln, wie gross mein Verantwortungsspielraum denn ist und wo ich allenfalls in seinen Verantwortungsspielraum hineintrete. Entfernte Wahrheiten Der Wert ‚Verantwortung’ wird zwischen Menschen wirksam und eröffnet gleichsam einen intersubjektiven Raum, einen Raum von Interaktionen und sozialer Verständigung. Gerade dieser soziale Raum, um den sich auch die Sozialpädagogik kümmert, wird zwischen Selbstbestimmung und Fremdverantwortung aufgespannt. Dr. phil. Lisa Schmuckli www. ethische-interventionen.ch 6 Selbstbestimmung und Fremdverantwortung beschreiben ein Phänomen, das ich entfernte Wahrheiten nennen will: diejenigen, die Verantwortung für andere übernehmen können oder wollen oder auch beruflich müssen, können sich zwar in die Personen und ihre Situationen einfühlen, sie wissen jedoch zugleich auch um die unauflösbare Distanz zwischen sich und den Anvertrauten. Und jene, die sich der Fremdverantwortung hingeben, können nicht die Lebensrealität der Verantwortlichen übernehmen. Diese unabdingbare Entfernung bietet Erkenntnisse, Austauschmöglichkeiten an, ja, diese Entfernung eröffnet auch Wahrheiten. Die notwendige Distanz innerhalb dieser Verantwortungsdynamik schafft zwei Formen von Erleben und Verstehen – und bietet eben jenen intersubjektiven Raum für (mindestens) zwei Wahrheiten: die Wahrheit der einen ist der Wahrheit der anderen nicht mehr nahe. Es gibt also mindestens zwei Formen des Für-Wahr-Haltens der eigenen Realitäten, Einsichten, Erlebnisweisen und Erkenntnisse. Und just diese entfernte Wahrheiten schaffen wiederum Verlangen nach Verständnis, schaffen auch Verlangsamung und Raum, um sich gegenseitig wahrzunehmen, zu begegnen und anders kennenzulernen. Diese entfernten Wahrheiten sind Voraussetzung für gegenseitige Neugier. Und ist nicht Neugier Grundlage eines erfüllten Lebens? Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. phil. Lisa Schmuckli www. ethische-interventionen.ch 7