Modernisierung mit Verblendmauerwerk

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Modernisierung mit Verblendmauerwerk
Fachaufsatz: Modernisierung mit Verblendmauerwerk
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Modernisierung mit Verblendmauerwerk
Verblendmauerwerk – eine wirtschaftliche Lösung bei der
Fassadensanierung
Unansehnliche Fassaden mindern den Wert einer Immobilie. Hinzu
kommt, dass ab 2006 bei der Veräußerung auch älterer Gebäude ein
Energiepass vorzulegen ist, der den vorhandenen
Jahresprimärenergiebedarf nachweist. Angesichts wachsender
Energiekosten steigt daher nicht nur aus optischen Gründen das Interesse
an einer Fassadensanierung. Verblendmauerwerk ist eine wirtschaftliche
Alternative zu einem nachträglich aufgebrachten
Wärmedämmverbundsystem. Diese optisch interessante, extrem robuste
und pflegeleichte Fassadenlösung erfüllt zusätzlich hohe Anforderungen
an den Schlagregen-, Schall- und Brandschutz (Abb. 1) Der nachfolgende
Beitrag erläutert, welche Regeln und Vorschriften bei einer nachträglichen
aufgebrachten Verblendschale zu beachten sind. Abzugrenzen von
Verblendmauerwerk nach DIN 1053-1 sind angemörtelte Riemchen und
Sparverblender nach DIN 18515-1, für deren Verarbeitung andere
Überlegungen gelten. Diese Produkte können nicht vor eine
Wärmedämmung gesetzt werden und sind deshalb für die Modernisierung
wenig geeignet.
MFH_Sanier_Terca2
Abb. 1: Verblendmauerwerk ist eine wirtschaftliche Alternative zu einem
nachträglich aufgebrachten Wärmedämmverbundsystem.
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Wärmeschutz
Sind an Außenwänden großflächig Renovierungen durchzuführen, greifen
die Regelungen der Energieeinsparverordnung (EnEV). Sie verlangt,
maximale Wärmedurchgangskoeffizienten Umax einzuhalten (EnEV
Anhang 3 Tabelle 1). Bei Gebäuden mit normalen Innentemperaturen
(≥ 19°C) ist ein Umax von 0,35 W/m²K und bei Gebäuden mit niedrigen
Innentemperaturen (≤ 19°C) ein Umax von 0,75 W/m²K nachzuweisen. In
der Praxis bedeutet dies, dass zweischalige Außenwände mindestens
eine ca. 6 cm bzw. 8 cm dicke Zusatzdämmung der
Wärmeleitfähigkeitsgruppe 035 benötigen. Die Dimensionierung der
Dämmung hängt von dem gewünschten Dämmniveau und dem
Dämmwert der vorhandenen Außenwand ab.
Wirtschaftlichkeit
Sanierung mit Verblendmauerwerk ist eine wirtschaftliche Alternative zu
einem nachträglich aufgebrachten Wärmedämmverbundsystem. Eine
Studie von Menkhoff vergleicht über eine Lebensdauer von 80 Jahren die
Gesamtkosten einer Verblendfassade mit einem
Wärmedämmverbundsystem (WDVS). Er kommt zu dem Ergebnis, dass
die abgezinsten Kosten der einschaligen Wand mit WDVS 197,15 € /m²
und die der Wand mit Verblendmauerwerk 180,49 € /m² betragen. Bei
seiner Vergleichsrechnung geht er bei der einschaligen Wand von einer
Erneuerung des Oberputzes nach 15 Jahren und der des kompletten
WDVS nach 30 Jahren aus. Für die zweischalige Wand berücksichtigt er
das Ausbessern der Fugen nach 20 Jahren.
Zu ähnlichen Aussagen gelangt der II. Bauschadensbericht der
Bundesregierung. Er gibt die Bauunterhaltkosten für eine ZiegelVerblendschale mit einem Jahresmittelwert von 0,4 % der Herstellkosten,
für eine Putzfassade mit 1,5 % der Herstellkosten an. Auch bei der
Gebäudemodernisierung sprechen Robustheit, Langlebigkeit und
repräsentatives Aussehen für den nachträglichen Einsatz von Verblendfassaden.
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Schutz gegen Außenlärm
Verblendmauerwerk verbessert den Schutz gegen Außenlärm nicht nur
durch Vergrößerung der flächenbezogenen Masse. Zusätzlich darf ein
Bonus von 5 dB für die zweischalige Ausführung nach DIN 4109 in
Rechnung gestellt werden. Vereinfachend kann man sagen, dass sich die
Schalldämmung der opaken Wandteile gegenüber der vorhandenen
einschaligen Wand verdoppelt.
Schlagregenschutz
Schlagregen belastet nicht nur Gebäude in Nord- und Westdeutschland.
Ähnliche Belastungen treten in Gebirgsregionen und anderen exponierten
Lagen auf. DIN 4108-3 vom Juli 2001 unterteilt die
Schlagregenbeanspruchung in drei Gruppen. Die Beanspruchungsgruppe
III „starke Schlagregenbeanspruchung“ gilt für Gebiete mit
Jahresniederschlagsmengen über 800 mm oder für windreiche Gebiete auch mit geringeren Niederschlagsmengen, z.b. Küstengebiete, Mittelund Hochgebirgslagen, Alpenvorland - sowie für Hochhäuser oder Häuser
in exponierter Lage. Bei diesen hohen Beanspruchungen hat sich
zweischaliges Verblendmauerwerk besonders bewährt.
Baustoffe
Für Verblendmauerwerk eignen sich Klinker und Vormauerziegel nach DIN
V 105. Ihre erhöhte Belastbarkeit gegenüber Frosttauwechseln ist im
Rahmen der Güteüberwachung geprüft.
Klinker und Vormauerziegel haben ein unterschiedliches Saugverhalten.
Der Mörtel ist deshalb auf das Ziegelmaterial abzustimmen. Als Mörtel
dürfen nur die Mörtelgruppen II und IIa gemäß DIN 1053 oder
Werktrockenmörtel nach DIN 18557 verwendet werden. Nicht zu
empfehlen sind Werkfrischmörtel mit Erstarrungsverzögerern, da diese die
Ausblühungen fördern. Zementmörtel der Mörtelgruppe III dürfen nur zur
nachträglichen Verfugung verarbeitet werden. Für den Regelfall ist jedoch
Fugenglattstrich zu empfehlen. Er zwingt zur vollfugigen Vermauerung der
Ziegel, ist eine langlebige Lösung und steigert den Verbund zwischen
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Mörtel und Ziegel. Besondere Systemsicherheit bieten vom Ziegelhersteller empfohlene Mauermörtel. Hier greift die Sicherheit eines
in Labor und Praxis getesteten und abgestimmten Systems (Abb.2 ).
Terca_Sanier_Detail-web.jpg
Abb. 2: Verblender und Mörtel sind aufeinander abzustimmen
Aus umfangreichen Prüfungen und langjährigen Praxiserfahrungen
sind Materialkombinationen abhängig vom Saugverhalten des Ziegels
zu empfehlen (siehe Tabelle 1). Das eingestellte Wasserrückhaltevermögen hält den Mörtel plastisch. Das Vornässen der Ziegel mit all
seinen Unwägbarkeiten entfällt. Hoher Haftverbund ist gewährleistet.
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Tabelle 1: Empfohlene Kombinationen
für TERCA Verblender und V.O.R. Mauermörtel
Verblender
Wasseraufnahme
Keramikklinker
nicht saugend
Klinker
nicht saugend /schwach
saugend/
Strangpressverblender
schwach saugend
Glattformziegel
stark saugend
Wasserstrichziegel
Feldbrandziegel
Ringofenbrandziegel
Handformziegel
stark
saugend/extremstark
Formbackziegel
saugend
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Mauermörtel Typ
VZ 01
VZ 01/VM 01
VM 01
VK 01
VK 01/VK plus
Konstruktion und Ausführung
Bei Verformungen aus Temperatur und Schwinden erzeugt die
Dehnungsbehinderung am Fußpunkt Zugspannungen im
Verblendmauerwerk. Da es wegen der fehlenden Auflasten nur geringe
Zugkräfte aufnehmen kann, ist das Überbindemaß der Ziegel von
mindestens 40 % der Steinhöhe, mindestens aber 45 mm, besonders
sorgfältig einzuhalten. Das vorgeschriebene Mindestüberbindemaß von 45
mm gilt für die Verblenderhöhen von 52 mm, 71 mm und 113 mm.
Auflagerung
Bei der nachträglichen Verblendung einer alten Putzfassade muss
zunächst ein Auflager für das Verblendmauerwerk geschaffen werden.
Dazu kann bei nichtunterkellerten Gebäuden ein zusätzliches Fundament
vor das vorhandene Fundament gesetzt werden (Abb. 3). Ist ein
Untergeschoss vorhanden, wird diese Lösung in der Regel zu aufwändig.
In diesem Fall fangen bauaufsichtlich zugelassene Konsolanker aus
Edelstahl die Verblendschale ab. Ist die vorhandene Wand ausreichend
tragfähig, werden die Konsolanker angedübelt. Reicht die Tragfähigkeit
der Wand nicht aus, müssen für die Sanierung entwickelte Konsolanker in
der Wand mit schwindarmen Mörteln eingemörtelt werden. Um das
Mauerwerk so wenig wie möglich zu stören, werden zunächst im Anstand
von einem Meter Aussparungen hergestellt und die Anker eingemörtelt. Ist
der Mörtel abgebunden, werden zwischen die Anker weitere Anker
angebracht (Abb. 4).
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In beiden Fällen ist am Fußpunkt eine Entwässerungsöffnung sowie eine
Sperrlage oberhalb des Geländes vorzusehen. Über die Fugen der
Verblendung eingedrungenes Wasser dringt so nicht in das
Hintermauerwerk vor. Wird unterhalb des Geländes aufgelagert, ist auf der
Innenschale eine Abdichtung vorzusehen, z.B. eine Bitumenbahn oder
eine Dichtungsschlämme. Mit möglichst tief sitzenden Ankerlagen ist ein
Abrutschen der Verblendung zu verhindern.
sockel-beton-okeller
Abb.3: Als Auflager für das Verblendmauerwerk kann bei
nichtunterkellerten Gebäuden ein zusätzliches Fundament vor
das vorhandene Fundament gesetzt werden
sockel-ziegel-mkeller
KM-zwischenwinkel
Abb. 4: eingemörtelte oder angedübelte Konsolanker bilden das Auflager
für die Verblendschale
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Für die Auflagerung der Verblendschale im Sockelbereich gilt:
Außenschalen von 11,5 cm Dicke dürfen bis zu 25 mm über ihr Auflager
vorstehen. Ist die Verblendschale nicht höher als zwei Geschosse oder
wird sie alle zwei Geschosse abgefangen, darf sie bis zu einem Drittel
ihrer Dicke vorstehen. Außenschalen unter 11,5 cm Dicke dürfen maximal
15 mm über ihr Auflager hervorragen.
Die Verblendschale ist zur Aufnahme von Windlasten und gegen
Ausknicken an der tragenden Schale zu verankern. Die Anker müssen
DIN 1053-1 oder einer bauaufsichtlichen Zulassung entsprechen. Ihre
Mindestanzahl richtet sich nach Tabelle 2. Zusätzlich sind an allen freien
Rändern wie Auflagerungen, Öffnungen, Gebäudeecken, entlang von
Dehnungsfugen usw. zusätzlich drei Drahtanker je m anzuordnen.
Tabelle 2: Mindestanzahl und Durchmesser von Drahtankern je m²
Wandfläche bei zweischaligen Mauerwerk
Zeile
1
2
3
Randbedingungen
mm
5
3
> 12 m
5
4
70 < a ≤ 120
5
4
7
4
5
5
u. 4 maßgebend
über Gelände
Lichter Abstand
der Mauerwerks-
4
Stück/m²
Mindestens, wenn nicht Zeile 2,3
Wandbereich
schalen a [mm]
Mindestanzahl Durchmesser
120 < a ≤ 150
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Öffnungen
Öffnungen lassen sich entweder durch scheitrechte Übermauerung
(„Grenadierstürze“), Stahlwinkel oder Fertigteilstürze überdecken.
scheitr-bogen
Abb. 5: scheitrechte Übermauerung bei geringen Spannweiten.
Eine Stichhöhe s von 1 % der Spannweite ist einzuhalten.
Grenadierstürze (Abb. 5) sind nur bis Öffnungsbreiten bis 1,25 m
zulässig. Eine Stichhöhe von 1 % der Spannweite ist einzuhalten. Das
Widerlager ist abzuschrägen, damit sich der Bogen auch bei Schwinden
des Mörtels verkeilen kann. Die Fugenbreiten sollten 5 mm nicht unter und
20 mm nicht überschreiten.
Mit im Verblendmauerwerk aufgelagerten Stahlwinkeln lassen sich
Öffnungen bis 2 m Breite überdecken. Sie sind für die volle Last der
Überdeckung zu bemessen. Zur Begrenzung der Durchbiegung sollten sie
entsprechend steif sein. Die Anker sollten aus Edelstahl bestehen, damit
ist ein dauerhafter Korrosionsschutz gegeben. Optisch sind Stahlwinkel
auch bei einem angepassten Farbanstrich nicht immer befriedigend.
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Grenadiersturz-san
Abb. 6: Sturz mit Sturzbewehrung.
winkelkonsole-san
Abb.7: Abfangung des Sturzes mit Konsolankern
Eine Alternative zu Stahlwinkeln bieten bauaufsichtlich zugelassene
Sturzbewehrungen, die an die Rollschicht mit speziellen Verankerungen
befestigt wird (Abb. 6) sowie an der Hintermauerung befestigte Konsolen
(Abb. 7). Wegen der Verformungsunterschiede zwischen Hintermauerung
und Verblendung sind Sturz und Fensterbrüstung durch eine Fuge zu
trennen (Abb. 8). Oberhalb des Sturzes ist ähnlich wie am Sockel eine
Entwässerungsebene vorzusehen. Vorgefertigte Ziegelstürze ermöglichen
die Überdeckung größerer Öffnungen. Ein tragender Stahlbetonkern erhält
werksmäßig eine Bekleidung mit einer Ziegelschale. Er wird entweder
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seitlich auf dem Verblendmauerwerk aufgelagert oder rückseitig mit
Winkelkonsolen am Hintermauerwerk befestigt.
dehnfuge-fenster
Abb. 8: Ist der Sturz am Hintermauerwerk angehängt, ist eine
Dehnungsfuge zur Verblendung erforderlich
Sind Rollläden im Altbau vorhanden, entsprechen sie in der Regel nicht
den heutigen Wärmeschutz- und Luftdichtheitsanforderungen. Das
Vorsetzen einer Verblendschale eröffnet den Freiraum, einen
wärmetechnisch aktuellen Rollladenkasten vorzusehen.
Seitlich kann die Verblendung an der vorhandenen Fensterlaibung als
Ecklaibung ausgeführt werden. Die Verblender sind entsprechend
zuzuschneiden. Wie beim Neubau soll die Verblendung keine
Wärmebrücke bilden. Durch Folien ist der Feuchteschutz zu gewährleisten
(Abb. 9 )
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horizontal-fenster
Abb. 9: Außen- und Innenschale sind konsequent zu trennen, z.B. an
Fenstern, Loggien u.ä.
Dehnungsfugen
Außenschalen von 115 mm Dicke sind in Höhenabständen von etwa 12 m
abzufangen. Unter der Abfangung ist eine horizontale Dehnungsfuge
anzuordnen. Bei Verblendmauerwerk aus bindemittelgebundenen Steinen
beträgt der Abstand etwa 6 bis 8 m. Verblendschalen aus
Ziegelmauerwerk erfordern erst im Abstand LR von 10 bis 12 m vertikale
Dehnungsfugen.
Außenschalen zwischen 90 mm und 115 mm Dicke sind in
Höhenabständen von etwa 6 m abzufangen. Bei Gebäuden bis zu zwei
Vollgeschossen darf ein Giebeldreieck bis 4 m Höhe ohne zusätzliche
Abfangungen ausgeführt werden.
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fugenanordnung_haus
Abb. 10: vertikale Dehnungsfugen im Abstand LR verhindern Risse
Zusammenfassung
Zweischalige Außenwände aus Ziegelmauerwerk erfüllen umfangreiche
Anforderungen an Architektur, Funktionssicherheit und Dauerhaftigkeit.
Sie leisten problemlos alle Anforderungen an den Wärme-, Schall- und
Brandschutz. Darüber hinaus sorgt das Naturprodukt Ziegel für
angenehmes Raumklima und behagliches Wohnen. Ziegelbauten mit
Verblendfassaden sind pflegeleicht und haben geringe Unterhaltkosten.
Jahrhunderte alte Ziegelbauten aus der Backsteingotik sind der sichtbare
Beweis. Wohnungsbaugesellschaften mit Mietwohnungen, die langfristig
die Unterhaltkosten niedrig halten müssen, schätzen Verblendmauerwerk.
Fotos und Zeichnungen: Wienerberger Ziegelindustrie, Hannover
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