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Impressum
® 2010, pro familia Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und
Sexualberatung e. V., Bundesverband, Stresemannallee 3, 60596 Frankfurt am Main,
Telefon 069 / 63 90 02, Telefax 069 / 63 98 52, e-Mail: [email protected],
www.profamilia.de
Der pro familia-Bundesverband wird gefördert vom Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
2
Inhaltsverzeichnis
Zum Thema ....................................................................................................4
Zusammenfassung und Ausblick....................................................................6
Ulla Ellerstorfer, Begrüßung ..........................................................................8
Ulrike Wiering, Das Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes – Inhalte und Regelungsbereiche...............................10
Prof. Dr. med. Klaus Vetter, Welche Folgerungen ergeben sich für
Gynäkologinnen und Gynäkologen vor und bei der Anwendung von
Pränataldiagnostik, Diagnosestellung und -mitteilung aus der
Gesetzesänderung? .......................................................................................14
San.-Rat Dr. med. Werner Harlfinger, Das Ausstellen der medizinischen
Indikation ohne und mit pränataldiagnostischem Befund – Auswirkungen
des neuen Gesetzes auf das Verhältnis der Ärztin / des Arztes
zur Patientin..................................................................................................17
Dr. med. Marion Janke, Information, psychosoziale Beratung und
Begleitung werdender Eltern – Bedeutung von Kooperation und
Vernetzung im Kontext ................................................................................20
Diskussion ....................................................................................................23
Teilnehmerinnen und Teilnehmer ................................................................27
3
Zum Thema
Das Fachgespräch zu den Änderungen im Schwangerschaftskonfliktgesetz „Gesetz zur
Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes: Identifizierung des Handlungsbedarfs für
die psychosoziale Beratung und für die Verfahren beim Ausstellen einer medizinischen
Indikation“ fand am 25. November 2009 unter Beteiligung von Ärztinnen und Ärzten,
(Schwangerschafts-) Beraterinnen und Beratern, einer Juristin sowie Vertreterinnen des
pro familia Bundesverbandes bzw. der Landesverbände der pro familia statt.
Anlass dieser Zusammenkunft war die Verabschiedung des Änderungsgesetzes zum
Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) im Deutschen Bundestag und Bundesrat im
Sommer 2009 und das Inkrafttreten der neuen Regelungen zum 1. Januar 2010.
Auf politischer Ebene hat pro familia die Gesetzesänderungen vehement kritisiert. Die
ursprünglich
geplante,
detaillierte
statistische
Erfassung
der
Frauen
mit
einem
Schwangerschaftsabbruch aufgrund einer medizinischen Indikation wurde im Laufe der
politischen Auseinandersetzung aufgegeben, was als wichtiger Erfolg zu sehen ist. So
konnten die Rechte auf Datenschutz der zahlenmäßig kleinen Gruppe betroffener Frauen
gewahrt und geschützt bleiben.
Auf
fachlicher
Ebene
hat
pro
familia
direkt
nach
der
Verabschiedung
der
Gesetzesänderung begonnen, sowohl Klientinnen und Klienten über die neuen Regelungen
zu informieren als auch das Fachpersonal im Sinne der veränderten Gesetzeslage zu
qualifizieren.
Zu beachten war hier insbesondere, dass die Gesetzesänderungen sich generell auf die
Ausstellung
jeder
medizinischen
Indikation
auswirken
–
unabhängig
von
der
Schwangerschaftsdauer und den Gründen für die Indikationsstellung. In der öffentlichen
Debatte wurde hingegen der Eindruck erweckt, die Initiativen zur Änderung des Gesetzes
adressierten allein die Frauen, die nach einem auffälligen pränataldiagnostischen Befund
einen Schwangerschaftsabbruch in der späten Schwangerschaft erwägen und sich in einer
hoch problematischen Lebenssituation befinden (also die so genannten „Spätabbrüche“ –
hier wurde häufig die 22. Woche genannt). Alle Gesetzesentwürfe - und so auch das
letztendlich verabschiedete Änderungsgesetz - bezogen sich aber auf eine zusätzliche
Reglementierung der medizinischen Indikation für alle betroffenen Frauen – also auch auf
rein mütterliche Indikationen – auch schon in der frühen Schwangerschaft.
Nach der Verabschiedung der Gesetzesänderungen traten bei den betroffenen Fach- und
Berufsgruppen Irritationen auf. Da die Änderungen – die von einigen Ärzteverbänden bzw.
medizinischen Fachgesellschaften stark vorangetrieben worden waren – vor allem in den
Handlungsbereich der Ärztinnen und Ärzte eingreifen und ihnen zusätzliche Hürden und
Anforderungen
auferlegen,
war
der
Klärungsbedarf
insbesondere
auf
Seiten
der
Ärzteschaft groß.
Das Fachgespräch hatte nun die Aufgabe, zur sachlichen Aufklärung beizutragen und die
fachlichen
Grundlagen
für
die
psychosoziale
Beratung
und
die
medizinischen
Dienstleistungen zu stärken. Dadurch soll auch das interprofessionelle Arbeiten zwischen
dem ärztlichen und dem beraterischen Berufsfeld wirkungsvoll ausgebaut und gestärkt
werden.
Zur Unterstützung schwangerer Frauen und ihrer Angehörigen standen dabei folgende
professionelle Handlungsbedarfe im Vordergrund:
4
•
die psychosoziale face-to-face-Beratung;
•
der Ausbau einer effektiven Netzwerkarbeit mit niedergelassenen Fachärztinnen /
Fachärzten
und
Ärztinnen
/
Ärzten,
die
Indikationen
ausstellen
und
Pränataldiagnostik durchführen;
•
die Zusammenarbeit mit Kliniken und Fachverbänden wie Behindertenverbänden
u.a.
5
Zusammenfassung und Ausblick
Das
Eingangsreferat
stellte
die
grundlegenden
Regelungsänderungen
des
neuen
Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) dar und erläuterte die sich daraus ergebenden
neuen Verfahren.
Der daran anschließende Vortrag zeigte, dass sowohl die Deutsche Gesellschaft für
Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) als auch die Bundesärztekammer (BÄK) schon
seit Jahren eine neue gesetzliche Regelung im Hinblick auf die medizinische Indikation bei
Schwangeren mit auffälligem pränataldiagnostischem Befund unterstützten. Dabei konnte
die Frage, warum das Gesetz auch die Feststellung der medizinischen Indikation bei
Frauen mit rein mütterlichem Befund – auch in der frühen Schwangerschaft – reguliert,
nicht beantwortet werden.
Die niedergelassenen Frauenärztinnen und Frauenärzte beurteilten die Änderungen des
Schwangerschaftskonfliktgesetzes hingegen vorwiegend als problematisch. Befürchtungen
wurden laut, dass Ärztinnen und Ärzte sich aufgrund der neuen gesetzlichen Regelungen
ihren
Patientinnen
gegenüber
bürokratisch
verhalten
müssten,
um
sich
juristisch
abzusichern, und dass dadurch das W ohl der Patientinnen in den Hintergrund gedrängt
werde. Die Gesetzesänderung sei in vielen Details praxisfern gestaltet. Damit das neue
Gesetz trotzdem zur Unterstützung von Schwangeren in schwierigen Entscheidungs- und
Lebenssituationen beitragen könne, müssten gemäß dem Vertreter der niedergelassenen
Frauenärztinnen und Frauenärzte folgende Punkte bei der Umsetzung des Gesetzes
unbedingt Beachtung finden:
•
Die W artezeit nach SchKG sollte ab der Mitteilung einer ersten Verdachtsdiagnose
an die betroffene Frau beginnen und nicht erst nach Mitteilung der endgültigen
pränataldiagnostischen Diagnose;
•
ein einziges und einfaches Formular (wie von Professorin Monika Frommel
vorgelegt) sollte zur Absicherung der Ärztinnen und Ärzte im Zusammenhang mit
einer medizinischen Indikation ausreichen;
•
der Ausbau von Netzwerken sollte im Sinne der betroffenen Frauen aber auch im
Sinne der Ärztinnen und Ärzte weiter vorangetrieben werden.
Von
Seiten
der
psychosozialen
Beratung
wurden
die
Änderungen
des
Schwangerschaftskonfliktgesetzes trotz aller Kritik auch als Chance begriffen, da der
Anspruch auf psychosoziale Beratung nun gesetzlich verankert sei und die Ausbildung von
Netzwerken vorangetrieben werde.
Bezogen auf die Fragestellung des Fachgesprächs ergaben sich aus der Zusammenschau
folgende Handlungsbedarfe:
•
Die Kooperation von Ärztinnen und Ärzten und (Schwangeren-) Beratung ist
sinnvoll.
Dabei
psychosozialen
ist
auf
Beratung
die
zu
Eigenständigkeit
achten,
die
sich
und
auch
Unabhängigkeit
in
einer
der
räumlichen
Eigenständigkeit zeigen kann.
•
Die neuen Regelungen schreiben keine Pflichtberatung für schwangere Frauen im
Kontext
der
medizinischen
Indikation
vor
und
auch
keinen
neuen
Beratungsschein. Dies ist vielerorts nicht ausreichend bekannt. Die Weitergabe
6
dieser Information an Ärztinnen und Ärzte vor Ort ist eine wichtige Aufgabe der
Beratungsstellen.
•
Eine weitere Aufgabe der Beratungsstellen besteht darin, die Freiwilligkeit als
wichtigen Grundsatz von psychosozialer Beratung zu gewährleisten. W enn
Ärztinnen und Ärzte die gesetzlichen Regelungen falsch verstehen und in
übertriebenem Eifer oder aus Verunsicherung (hier könnte auch die Androhung
einer Ordnungsstrafe im neuen Gesetz eine Rolle spielen) schwangere Frauen
unter
Druck
setzen,
eine
Beratung
aufzusuchen,
oder
gar
eine
weitere
Behandlung von einem Besuch in einer Beratungsstelle abhängig machen,
müssen Beratungsstellen korrigierend eingreifen. Es muss klar vermittelt werden,
dass das neue SchKG keine Zwangsberatung vorsieht und dass eine solche auch
nach den fachlichen Grundlagen der psychosozialen Beratung wenig hilfreich
wäre.
•
Die Beratung in Zusammenhang mit Pränataldiagnostik fordert von Beraterinnen
und Beratern kontinuierliche Weiterbildung. Da medizinisches Wissen in diesem
Themenfeld gefragt ist, sind die Beratungsstellen der pro familia, die Ärztinnen
und Ärzte beschäftigen, besonders geeignet, eine solche Beratung durchzuführen.
Die
multidisziplinär
zusammengesetzten
Teams
der
pro
familia
können
Kriseninterventionen wie z. B. Sexualitäts- und Paarberatung anbieten.
•
Gemeinsam mit den Ärztinnen und Ärzten vor Ort sollte die Fachlichkeit der
psychosozialen Beratung einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht werden.
Die Beobachtung der Folgen und Wirkungen des neuen SchKG wird eine wichtige Aufgabe
für die Zukunft darstellen. In der Diskussion wurde immer wieder die Befürchtung geäußert,
dass Ärztinnen und Ärzte die Indikationsstellung künftig verweigern oder sich sogar aus
der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen nach medizinischer Indikation
zurückziehen könnten. Dann müssten schwangere Frauen wieder – wie in der
Vergangenheit – für einen Schwangerschaftsabbruch ins Ausland reisen. Schon heute sind
die medizinischen Angebote für Schwangerschaftsabbrüche im zweiten und dritten
Trimester in manchen Gegenden Deutschlands so rar, dass eine weitere Ausdünnung
schwer wiegende Konsequenzen haben könnte. Im Sinne der Klientinnen wird deshalb
kritisch zu beobachten sein, ob und wie sich die Versorgung von Frauen, die nach der 12.
Woche einen Schwangerschaftsabbruch wünschen, entwickelt.
7
Ulla Ellerstorfer, Bundesvorstand pro familia
Begrüßung
Das
Fachgespräch
heute
widmet
sich
dem
Gesetz
zur
Änderung
des
Schwangerschaftskonfliktgesetzes, das am 1. Januar 2010, also in gut einem Monat, in
Kraft treten wird.
Im Namen des pro familia Bundesverbandes möchte ich mich bei allen Anwesenden und
insbesondere bei den Referentinnen und Referenten für Ihr Kommen bedanken. Die
Vorträge werden einerseits die juristische Perspektive klären, dies hat Ulrike Wiering,
Juristin beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
übernommen. Andererseits sollen die Positionen der beiden großen Ärzteverbände
vorgestellt werden in Vorträgen von Sanitätsrat Dr. Werner Harlfinger, Landesvorsitzender
Rheinland-Pfalz des Berufsverbands der Frauenärzte e. V., und Prof Dr. Klaus Vetter von
der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG). Schließlich
wird Dr. Marion Janke von pro familia als Vertreterin der ärztlichen Beratung zu Wort
kommen.
Herr
anschließende
Robert
Bolz,
Diskussion
Bundesministerium
für
langjähriger
moderieren.
Familie,
Senioren,
Berater
Mein
pro
Dank
Frauen
und
familia
geht
Jugend
München,
außerdem
für
die
wird
die
an
das
finanzielle
Unterstützung der Veranstaltung.
Das Interesse an diesem Fachgespräch war sehr groß. Wir hätten mühelos einen großen
Saal füllen können. Hier scheint also kurz vor Einführung der Gesetzesänderung noch
erheblicher Klärungs- und Gesprächsbedarf zu bestehen.
Die W ahlfreiheit von Frauen und ihre sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung
beschäftigen pro familia seit Beginn der Verbandsarbeit. Ich selbst habe es noch erlebt,
dass von Frankfurt aus Busse für die Fahrt nach Holland organisiert wurden, um Frauen
dort einen Schwangerschaftsabbruch zu ermöglichen, der in Deutschland unter Strafe
stand. Die Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes wird das Ausstellen einer
medizinischen Indikation noch stärker als bisher erschweren können und nährt damit
Befürchtungen, dass sich ein Ausweichen von Frauen ins benachbarte Ausland wiederholt.
Deutlich wird hier, wie brüchig und leicht aushöhlbar der Kompromiss von 1995 um den §
218 ff StGB tatsächlich ist. Ein Verband, der sich für die sexuellen und reproduktiven
Rechte einsetzt, wird sehr aufmerksam die Konsequenzen dieser von pro familia begründet
abgelehnten Gesetzesänderung beobachten.
Sie kam keineswegs plötzlich. Sie erfolgte nach jahrelangen fach- und parteipolitischen
Bemühungen. Sie war gekennzeichnet von einer wirksamen Täuschung der Öffentlichkeit
auch mithilfe der Medien, als beträfe die Neuregelung nur die wenigen tragischen Fälle
eines späten Schwangerschaftsabbruchs nach der 22. Schwangerschaftswoche. Nein, es
betraf generell jede medizinische Indikation. Die Erschwernis, die die Gesetzesänderung
für Frauen zweifelsfrei auch mit sich bringt, wird jetzt politisch ausschließlich positiv
interpretiert als Erweiterung des Rechtsanspruchs auf ärztliche und psychosoziale
Beratung. Beides stand Frauen auch vor der Gesetzesänderung seit 1995 kostenfrei zur
Verfügung. Der Eindruck, der erweckt wurde, dass Frauen ein Bedürfnis nach mehr
Beratung in dieser Situation hätten, ist empirisch nicht belegbar. Hingegen liegt die
Vermutung nahe, dass das Ausstellen einer medizinischen Indikation durch Ärztinnen und
Ärzte, die verunsichert werden, allein schon durch den Fakt einer Bußgeldandrohung,
erschwert wird.
Die Gesetzesänderung ist ab dem 1.1.2010 Realität. Nun kommt es darauf an, ein
8
gesetzeskonformes
Vorgehen
bei
Fällen,
in
denen
die
Voraussetzungen
für
eine
medizinische Indikation vorliegen, für Beratungsstellen und Ärztinnen und Ärzte zu
entwickeln, ohne über die im Gesetz festgeschriebenen Regelungen hinauszugehen.
Positiv für betroffene Frauen und Paare kann sich aus der Gesetzesänderung eine engere,
besser koordinierte Zusammenarbeit zwischen Ärztinnen / Ärzten und psychosozialen
Beratungsstellen als bisher entwickeln.
Für pro familia steht das Recht jeder Frau auf sexuelle und reproduktive Gesundheit im
Vordergrund.
Konkret
Durchführung
eines
bedeutet
das,
dass
jede
Schwangerschaftsabbruchs
Frau
bei
in
Deutschland
Vorliegen
einer
Zugang
zur
medizinischen
Indikation hat und ihre optimale ärztliche Versorgung gewährleistet ist.
9
Ulrike Wiering, Juristin, Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (BMFSFJ), Bonn
Das Gesetz zur Änderung des
Schwangerschaftskonfliktgesetzes – Inhalte und
Regelungsbereiche
Hintergrund
Bevor die Regelungen des Gesetzes zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes
im
Einzelnen
vorgestellt
werden,
möchte
ich
zunächst
die
Hintergründe
des
Gesetzesverfahrens skizzieren. Die Gesetzesinitiative ging nicht wie üblich von der
Bundesregierung aus, sondern kam aus der Mitte des Bundestages. Sie beruht auf der
Erkenntnis, dass ein auffälliger Befund nach Pränataldiagnostik (PND) bei den betroffenen
Frauen häufig zu so schwerwiegenden körperlichen oder seelischen Belastungen führt,
dass sich die Frage nach einer medizinischen Indikation stellt. Erfahrungen aus der
Vergangenheit und verschiedene Studien des BMFSFJ zeigten, dass hier die Aufklärung
und Beratung verbesserungsbedürftig ist.1 Schon seit Jahren hatten die Deutsche
Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) und die Bundesärztekammer
(BÄK)
für
diese
Fälle
ausreichend
Zeit
für
Beratung
und
zum
Überdenken
des
pathologischen Befunds gefordert und damit die Gesetzesinitiative angestoßen.
Trotz Zunahme von PND ist seit 1996, als die Meldepflicht eingeführt wurde, die
Gesamtzahl der medizinisch indizierten Schwangerschaftsabbrüche leicht zurückgegangen
und stagniert seitdem bei rund 2,6 %. Das heißt konkret für das Jahr 2008, dass von
114.484 Schwangerschaftsabbrüchen 2989 (2,6 %) durch eine medizinische Indikation
begründet waren.
An den rechtlichen Voraussetzungen der medizinischen Indikation (s. § 218 Abs. 2 StGB)
hat sich durch das neue Gesetz nichts geändert.
Überblick
Das neue Gesetz regelt die Eckpunkte für die ärztliche Beratung in zwei verschiedenen
Fällen:
Fall 1 steht in Zusammenhang mit einem auffälligen Befund nach PND und legt
Beratungspflichten des Arztes bei Diagnosemitteilung sowie vor der Feststellung der
Voraussetzungen für eine medizinische Indikation fest.
Fall
2
bezieht
sich
auf
die
rein
mütterliche
medizinische
Indikation
ohne
Gesundheitsschädigungen beim Fötus und regelt Beratungspflichten vor der Feststellung
1
Vgl. Modellprojekte: Rohde A, Woopen C. Psychosoziale Beratung im Kontext von Pränataldiagnostik.
Evaluation der Modellprojekte in Bonn, Düsseldorf und Essen. Köln 2007 / Evangelisches Zentralinstitut
für Familienberatung gGmbH (Hg.). Abschlussbericht zum Modellprojekt „Entwicklung, Erprobung und
Evaluation eines Curriculums für die Beratung im Zusammenhang mit vorgeburtlichen Untersuchungen
(Pränataldiagnostik) und bei zu erwartender Behinderung des Kindes“ 2002-2005 / Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung (Hg.).Schwangerschaftserleben und Pränataldiagnostik. Repräsentative
Befragung Schwangerer zum Thema Pränataldiagnostik. 2006.
10
der Voraussetzungen für eine medizinische Indikation.
Die Regelungen im Einzelnen – Fall 1: auffälliger Befund und
ggf. nachfolgende medizinische Indikation
Nach einem auffälligen Befund muss die Ärztin / der Arzt, die / der die Diagnose mitteilt,
die Frau medizinisch und psychosozial beraten. Der Inhalt der Beratung ist im Gesetz
näher festgelegt:
•
Beratung über die medizinischen, psychischen und sozialen Aspekte des Befunds.
•
Beratung über Unterstützungsmöglichkeiten bei physischen und psychischen
Belastungen.
•
Hinzuziehung
von
Ärztinnen
und
Ärzten,
die
mit
der
diagnostizierten
Gesundheitsschädigung des Fötus bei geborenen Kindern Erfahrung haben.
•
Die Beratung muss allgemein verständlich und ergebnisoffen sein.
•
Die Ärztin / der Arzt muss auf die Möglichkeit einer vertiefenden psychosozialen
Beratung in einer Schwangerschaftsberatungsstelle hinweisen.
•
Im Einvernehmen mit der Schwangeren ist die Ärztin / der Arzt verpflichtet,
Kontakte zu einer entsprechenden Beratungsstelle und zu Selbsthilfegruppen oder
Behindertenverbänden zu vermitteln.
•
Im Beratungsgespräch händigt die Ärztin / der Arzt der Schwangeren außerdem
Informationsmaterial der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
aus. Die Inhalte dieses Informationsmaterials sind im Gesetz präzisiert: Sie
enthalten Informationen zum Leben mit einem behinderten Kind und dem Leben
von Menschen mit Behinderung, den Hinweis auf den Rechtsanspruch auf
psychosoziale Beratung in einer Beratungsstelle und Kontaktadressen von
Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen, Behindertenverbänden und Verbänden von
Eltern behinderter Kinder.
Das Informationsmaterial wird von der BZgA derzeit noch erstellt, wird aber voraussichtlich
pünktlich zur Einführung des Gesetzes vorliegen und unentgeltlich zur Verfügung gestellt.
Nachdem der Befund mitgeteilt wurde, kann es zur Feststellung einer medizinischen
Indikation kommen. Die Ärztin / der Arzt, die / der die schriftliche Feststellung einer
medizinischen Indikation trifft, muss davor eine Beratung über die medizinischen und
psychischen Aspekte eines Schwangerschaftsabbruchs durchführen.
Zwischen der Mitteilung der Diagnose und der schriftlichen Feststellung muss eine
mindestens
dreitägige Bedenkzeit
verstreichen.
Hier möchte der Gesetzgeber
den
erforderlichen Raum zur Überwindung der Schocksituation schaffen. Diese Bedenkzeit gilt
nicht,
wenn
eine
gegenwärtige
erhebliche
Gesundheits-
oder
Lebensgefahr
der
Schwangeren besteht. Nach Ablauf der Bedenkzeit und vor schriftlicher Feststellung der
Indikation muss die Ärztin / der Arzt, die / der die schriftliche Feststellung ausstellt, eine
Bestätigung der Schwangeren über die Beratung und Vermittlung oder über den Verzicht
darauf einholen.
Die Bedenkzeit wird wie folgt berechnet: Der Tag der Mitteilung der Diagnose und der Tag
der schriftlichen Feststellung der medizinischen Indikation zählen nicht zur Frist. Wenn der
Frau die Diagnose also beispielsweise an einem Donnerstag mitgeteilt wird, dann läuft die
Frist Freitag, Samstag und Sonntag, so dass am Montag frühestens die schriftliche
Feststellung erfolgen kann.
11
Was möchte der Gesetzgeber mit diesem Gesetz und insbesondere der avisierten
psychosozialen Beratung bewirken? Die Schwangere und ihr Partner sollen die Möglichkeit
bekommen, ohne Zeitdruck und an einem neutralen Ort ihre Sorgen und Ängste zu
identifizieren und zu erörtern, um nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Eine verbesserte
und umfassende Beratung der Frau / des Paares erleichtert es, die praktischen
Konsequenzen der Diagnose zu erfassen, die Auswirkungen der Behinderung auf das
Leben des Kindes und das der Familie zu beleuchten, die Belastungen auszuloten und auf
diesem
Wege
fundierte
und
langfristig
verbesserten Kooperationsstrukturen
tragfähige
Lösungsansätze
zwischen Ärztinnen /
Ärzten,
zu
finden.
Die
Beratungsstellen,
Behindertenverbänden und Selbsthilfegruppen sollen eine Hilfestellung sowohl für die
Schwangere als auch für Ärztinnen und Ärzte darstellen. Die Schwangere kann vor diesem
Hintergrund realistischer die Bedeutung der Behinderung für das Leben des Kindes und ihr
Leben ausloten, entscheiden, ob sie sich dem gewachsen sieht, und so eine fundierte
Entscheidung über ihre Einwilligung zu einem Abbruch treffen. Ärztinnen und Ärzten
erleichtert die Beratung eine Prognose, ob die Schwangere den zukünftigen Belastungen
gewachsen
sein
wird
oder
ob
diese
für
sie
eine
erhebliche
Gesundheits-
oder
Lebensgefahr darstellen und damit die Voraussetzungen einer medizinischen Indikation
vorliegen.
Ich möchte nochmals den Umstand unterstreichen, dass nur für die Ärztinnen / Ärzte eine
Beratungspflicht besteht, während die Schwangere auf ihr Recht auf Beratung verzichten
kann.
Falls die Ärztin / der Arzt die Beratung unterlässt oder die Drei-Tages-Frist nicht einhält,
begeht sie / er eine Ordnungswidrigkeit, die nach dem neuen Gesetz mit bis zu 5000 €
geahndet wird. Dies verleiht dem Erfordernis der umfassenden Beratung und der Schaffung
des hierfür erforderlichen Zeitfensters Nachdruck.
Einige W orte möchte ich noch zum Gendiagnostikgesetz sagen, das am 1.2.2010 in Kraft
tritt,
da
es
eng
mit
den
hier
erörterten
Sachverhalten
zusammenhängt.
Das
Gendiagnostikgesetz legt vor und nach genetischen, vorgeburtlichen Untersuchungen
weitere Aufklärungs-, Beratungs- und Dokumentationspflichten fest. Der Verzicht der
Schwangeren auf diese Beratung ist erschwert, da er nach vorheriger schriftlicher
Information schriftlich erklärt werden muss. Die Gendiagnostik-Kommission erstellt derzeit
Richtlinien
zur
Umsetzung
des
Gesetzes.
Zuständig
für
dieses
Gesetz
ist
das
Bundesgesundheitsministerium.
Die Regelungen im Einzelnen – Fall 2: Rein mütterliche
medizinische Indikation
Wenn eine rein mütterliche medizinische Indikation vorliegt, muss die Ärztin / der Arzt, die /
der die medizinische Indikation stellt,
vor der schriftlichen Feststellung über
die
medizinischen und psychischen Aspekte des Abbruchs beraten, auf weitergehende
psychosoziale Beratung in einer Schwangerschaftsberatungsstelle hinweisen und die Frau
mit deren Einverständnis zu einer solche Stelle vermitteln. Auch hier muss eine dreitägige
Bedenkzeit zwischen der Beratung über die Aspekte des Schwangerschaftsabbruchs und
der schriftlichen Feststellung verstreichen, es sei denn es besteht eine erhebliche
Gesundheits- oder Lebensgefahr. Die Ärztin / der Arzt muss nach Ablauf der Bedenkzeit
eine schriftliche Bestätigung der Schwangeren über die Beratung und Vermittlung zu einer
Beratungsstelle oder über den Verzicht darauf einholen.
Auch in diesem Fall besteht also keine Beratungspflicht für die Schwangere, sondern
12
lediglich für die Ärztin / den Arzt. Diese/r begeht eine Ordnungswidrigkeit, wenn sie / er die
Beratung der Schwangeren unterlässt oder die Drei-Tages-Frist nicht einhält.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird die Umsetzung des
Gesetzes
unterstützen.
„Interdisziplinäre
und
Ab
Dezember
2009
multiprofessionelle
wird
Beratung
das
bei
Ministerium
das
Projekt
Pränataldiagnostik
und
Schwangerschaftsabbruch“ am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Universität
Köln fördern.
Neben der flächendeckenden Information der betroffenen Ärztinnen und Ärzte ist eines der
wichtigsten
Ziele
des
Projekts
Unterstützung
und
interdisziplinären
multiprofessionellen
und
die
die
Kooperationsstrukturen
Entwicklung
der
geeigneter
Beratung
bei
Entwicklung
geeigneter
Beratungskonzepte
zur
Pränataldiagnostik
und
Schwangerschaftsabbruch.
Im Rahmen des Projektes werden in einem Projektbeirat die durch die Neuregelungen
betroffenen
Gruppen
zusammengeführt.
Dieser
Projektbeirat
wird
bereits
in
die
Planungsphase einbezogen sowie in die Begleitung während der Projektlaufzeit.
13
Prof. Dr. med. Klaus Vetter, Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie
und Geburtshilfe, Berlin
Welche Folgerungen ergeben sich für Gynäkologinnen und
Gynäkologen vor und bei der Anwendung von
Pränataldiagnostik, Diagnosestellung und -mitteilung aus
der Gesetzesänderung?
Bevor ich näher auf unser heutiges Thema aus Sicht der Frauenärztinnen und -ärzte
eingehe, möchte ich einleitend kurz das Gendiagnostikgesetz ansprechen, da dieses
Gesetz, das am 01. Februar nächsten Jahres in Kraft tritt, in eine ähnliche Richtung zielt
wie die Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG), aber wahrscheinlich
noch weitgehendere Konsequenzen für die gynäkologische Praxis mit sich bringen wird.
Zum Gendiagnostikgesetz
Das
Gendiagnostikgesetz
wurde
am
24.
April
2009
vom
Deutschen
Bundestag
beschlossen, der damit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie das Recht
auf Wissen und insbesondere auch auf Nicht-Wissen für den Einzelnen stärken wollte. Nur
Betroffene dürfen künftig über ihre Daten und den Umgang damit bestimmen, wodurch
einer sozialen, ethnischen oder eugenischen Diskriminierung vorgebeugt werden soll.
Vorgeburtliche
genetische
Untersuchungen
dürfen
nur
mit
Einwilligung
der
zu
untersuchenden Person und nur von Ärztinnen / Ärzten vorgenommen werden. Bei nicht
einwilligungsfähigen Personen gibt es zusätzliche strenge Vorschriften. Die vorgeburtlichen
genetischen Untersuchungen sind laut Gendiagnostikgesetz auf medizinische Zwecke zu
beschränken und dürfen beispielsweise nicht zur Ausgrenzung im Arbeitsrecht oder beim
Arbeitsschutz dienen und auch Versicherer dürfen im Regelfall keine Genuntersuchung
verlangen. Erlauben die Untersuchungen eine Voraussage über die Gesundheit der
jeweiligen Person oder des ungeborenen Kindes, so ist eine Beratung vor und nach der
Untersuchung gesetzlich vorgeschrieben.
Dem Anwendungsgebiet des Gesetzes sind auch vorgeburtliche Phänotyp-Untersuchungen
unterworfen, also Untersuchungen, die der vorgeburtlichen Risikoabklärung auch mittels
bildgebender Verfahren dienen. Diese Regelung greift nach Ansicht der Deutschen
Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG) zu weit, da eine solche
Festlegung unter Umständen darin mündet, dass Kolleginnen und Kollegen aus Angst vor
juristischen
Konsequenzen
verunsichert
werden
und
deswegen
auf
nützliche
Ultraschalluntersuchungen entsprechend den Mutterschafts-Richtlinien verzichten.
In der Begründung des Gendiagnostikgesetzes geht der Gesetzgeber davon aus, dass jede
Frau heute im Rahmen der ärztlichen Schwangerschaftsvorsorge mit einem breiten
Spektrum von Untersuchungsmethoden konfrontiert wird, die – neben der Kontrolle des
allgemeinen Schwangerschaftsverlaufs – auch die gezielte Suche nach Fehlbildungen bzw.
chromosomalen Auffälligkeiten des Ungeborenen beinhalten (GenDG Begründung A.I. S.
28). Diese Prämisse entspricht nicht den Vorgaben der Mutterschafts-Richtlinien. Eine
solche gezielte Suche nach Fehlbildungen und chromosomalen Auffälligkeiten wird nur bei
besonderen Befunden oder als Selbstzahler-Leistung durchgeführt.
14
Pränataldiagnostik dient nach Auffassung der DGGG primär dem Schutz von Mutter und
Kind und wird von der großen Mehrzahl der Ärztinnen und Ärzte als positive Entwicklung in
der Frauengesundheit gesehen, die nicht der Selektion, sondern der Förderung der
Gesundheit dient.
Aufgrund dieser Einwände gegen das Gendiagnostikgesetz hat die DGGG folgende drei
Forderungen an den Gesetzgeber herangetragen:
1.
Es muss klargestellt werden, dass eine genetische Beratung nicht vor jeder
entsprechend
den
Mutterschafts-Richtlinien
vorgenommenen
Ultraschalluntersuchung notwendig ist, sondern dass eine Beratung ausreicht, wie
sie schon in den aktuellen Richtlinien festgelegt ist.
2.
Es muss klargestellt werden, dass sich das Gesetz auf die weiterführende, zum
Teil gezielte Diagnostik im Hinblick auf genetische Störungen bezieht und dass
eine bildliche Darstellung im 2D- oder 3D-Modus nicht automatisch unter die
Bestimmungen des Gesetzes fällt.
3.
Es muss richtiggestellt werden, dass nach den in der Ärzteschaft gängigen
Vorgaben alle Untersuchungen mit Zustimmung nach Aufklärung erfolgen und
dass mögliche Untersuchungsziele vorher eingegrenzt werden.
Die psychosoziale Beratung spielt innerhalb dieses Rahmens unter dem ergänzten
Schwangerschaftskonfliktgesetz selbstverständlich eine große Rolle und ist nicht nur
hinweispflichtig, sondern auch dringend zu empfehlen.
Zu den Änderungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes
Die DGGG hat den Prozess, der zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes
führte, von Anfang an begleitet. Viele der Vorschläge der DGGG sind in das Gesetz
eingeflossen, so die zusätzliche Beratung zu medizinischen und psychosozialen Aspekten
bezüglich einer Erkrankung des Kindes, die Verpflichtung des Arztes, die Schwangere über
ihren weitergehenden Anspruch auf psychosoziale Beratung zu informieren und sie im
Bedarfsfall weiter zu vermitteln, sowie die Einführung einer obligatorischen Bedenkzeit
zwischen Beratung und der Ausstellung einer medizinischen Indikation. Die von uns
ebenfalls geforderte präzisere statistische Erfassung wurde allerdings nicht in das Gesetz
aufgenommen.
Durch diese Änderungen wurde das Schwangerschaftskonfliktgesetz aus Sicht der DGGG
insgesamt
deutlich
verbessert.
Bislang
verzichtete
der
Gesetzgeber
beim
Schwangerschaftsabbruch aufgrund einer medizinischen Indikation auf eine Bedenkzeit
und eine Regelung der Beratung und behandelte damit diese Indikation grundlegend
anders als den Abbruch vor 12 Schwangerschaftswochen (p.c.) – hier konnte damit eine
Vereinheitlichung erreicht werden. Im Vordergrund stand nach der alten Gesetzgebung
allein der Schutz der Mutter und der Tod des Ungeborenen wurde billigend in Kauf
genommen. In der neuen Regelung ist die Zumutbarkeit als Regulativ neben den
Schutzgedanken getreten. Die Schwangere erhält eine ausführliche medizinische und
psychosoziale Beratung und ist zur Einhaltung einer dreitägigen Bedenkzeit verpflichtet,
die nur bei Gefahr für Leib und Leben der Schwangeren ausgesetzt werden darf. So wird
die Frau in die Lage versetzt, die unterschiedlichen Argumente für und gegen einen
Schwangerschaftsabbruch abzuwägen und letztlich eine fundierte Entscheidung darüber zu
treffen, ob ein Leben mit einem Kind für sie zumutbar ist oder nicht.
Für die Information der Schwangeren über das Leben mit einem geistig oder körperlich
behinderten
Kind
und
zum
Leben
von
Menschen
mit
geistiger
oder
körperlicher
15
Behinderung allgemein stellt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
spezielle Informationsmaterialien zur Verfügung, die auch auf den Rechtsanspruch auf
psychosoziale Beratung verweisen und Adressen von Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen
und Behindertenverbänden enthalten. Dieses Informationsmaterial ist der Schwangeren
von der Ärztin / vom Arzt zu übergeben
Wenn
aufgrund
pränataldiagnostischer
Maßnahmen
eine
körperliche
oder
geistige
Behinderung des Kindes diagnostiziert wurde, sieht das Gesetz bei Diagnosemitteilung
eine ausführliche Beratung durch die Ärztin / den Arzt vor. Diese Beratung muss
allgemeinverständlich und ergebnisoffen sein und soll im Bedarfsfall interdisziplinär
stattfinden.
Explizit
sollen
Spezialisten,
die
sich
mit
der
diagnostizierten
Gesundheitsschädigung bei geborenen Kindern auskennen, hinzugezogen werden. Hier
schließt sich die für die Praxis vor allem im Hinblick auf die Bedenkzeit wichtige Frage an,
wann genau die Diagnose steht und die Bedenkzeit beginnt – eine endgültige Diagnose
wird in vielen Fällen erst nach einem interdisziplinären Austausch möglich sein.
Der Arzt ist weiterhin verpflichtet, vor der Ausstellung einer medizinischen Indikation die
Schwangere
über
die
medizinischen
und
psychischen
Aspekte
eines
Schwangerschaftsabbruchs zu beraten, sie über ihren Anspruch auf weitergehende
psychosoziale Beratung zu informieren und bei Bedarf Kontakte zu Beratungsstellen zu
vermitteln, falls dies nicht schon geschehen ist.
Das Ausstellen einer medizinischen Indikation darf erst nach Ablauf einer Drei-Tages-Frist
nach
Diagnosestellung
stattfinden,
das
und
entweder
dem
im
damit
Falle
einer
verbundenen
initialen
Beratungsgespräch
Gesundheitsschädigung
des
Kindes
bei
Diagnosestellung stattfindet oder im Falle eines medizinisch indizierten Abbruchs aufgrund
eines
gesundheitlichen
Problems
der
Mutter
in
der
Beratung
zum
Schwangerschaftsabbruch besteht. Die Frist muss nicht eingehalten werden, wenn eine
Gefahr für Leib und Leben der Schwangeren besteht.
Verstößt die Ärztin / der Arzt gegen die genannten Pflichten, berät sie / er also die
Schwangere nicht im genannten Sinn, stellt entgegen dem Gesetzestext eine medizinische
Indikation aus, nimmt einen Schwangerschaftsabbruch entgegen dem Gesetz vor oder
kommt seiner Auskunftspflicht an das Statistische Bundesamt nicht nach, so wird dies als
Ordnungswidrigkeit mit einem Strafgeld von 5.000 € geahndet. Am Rande sei bemerkt,
dass ursprünglich eine doppelt so hohe Summe als Strafgeld geplant war.
Abschließend möchte ich noch kurz ins Gedächtnis rufen, dass einige Fragen bislang nicht
geregelt sind, so personenstandsrechtliche Aspekte im Umgang mit den Feten, ob ein
Eintrag ins Geburtenregister vorzunehmen ist, wie mit der Frage einer Beerdigung
umzugehen ist, aber auch wie Teilabbrüche und Abbrüche mit Fetozid zuzuordnen sind.
16
San.-Rat Dr. med. Werner Harlfinger, Berufsverband der Frauenärzte
e. V. Rheinland-Pfalz, Mainz
Das Ausstellen der medizinischen Indikation ohne und mit
pränataldiagnostischem Befund – Auswirkungen des
neuen Gesetzes auf das Verhältnis der Ärztin / des Arztes
zur Patientin
Als Landesvorsitzender des Berufsverbands der Frauenärzte e. V. und Vertreter von knapp
13.500 Frauenärztinnen und -ärzten bundesweit möchte ich vorab ausdrücken, dass wir die
Neuerungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes als gegen die Ärzteschaft gerichtete
zusätzliche Belastung ansehen, die voraussichtlich keine wesentlichen positiven Effekte
mit
sich
bringen
werden.
Noch
mehr
Hürden
für
die
Ärzteschaft
birgt
das
Gendiagnostikgesetz, wie dies heute ja schon angedeutet wurde.
Von dem heutigen Tag wünsche ich mir eine Klärung der zahlreichen Fragen, die der
Gesetzestext aufwirft, um diese meinen Kollegen an der Basis mitteilen und ihnen
möglichst einfache und präzise Handlungsanweisungen zur Verfügung stellen zu können.
Ausgangspunkt muss dabei
meiner Ansicht
nach im
Falle der Feststellung einer
Behinderung des Ungeborenen sein, dass die Frist beginnt, wenn eine erste Diagnose
gestellt wurde.
Bereits aufgrund der bisherigen Gesetzeslage waren wir Frauenärztinnen und -ärzte
verpflichtet, die Schwangere ausführlich zu beraten. Die Beratungspflichten sind in den
Mutterschaftsrichtlinien und den Richtlinien zur pränatalen Diagnostik von Krankheiten und
Krankheitsdispositionen und der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer bereits
festgelegt
und
werden
entsprechend
durchgeführt.
Wir
haben
die
Frauen
in
Konfliktsituationen entsprechend ihrer individuellen Situation beraten und die Fälle auch
ausreichend dokumentiert. Eine weitergehende Dokumentation und insbesondere die
Weitergabe der Daten an eine Behörde, wie sie im ursprünglichen Gesetzesentwurf geplant
war, lehnen wir nicht alleine aus datenschutzrechtlichen Bedenken explizit ab. Es liegen
keine Daten darüber vor, dass Ärztinnen und Ärzte ihrer Beratungsverpflichtung nicht oder
nachlässig nachgekommen wären, bei Aussagen diesen Inhalts handelt es sich um
Einzelmeinungen.
Nachweisbare Mängel gab es einzig in Hinsicht auf eine Vernetzung zwischen Ärztinnen /
Ärzten und Beratungsstellen und auf diese Mängel hat die Ärzteschaft direkt reagiert, da es
uns
wichtiger
erschien,
den
Frauen
kompetent
helfen
zu
können,
als
eine
Gesetzesänderung voranzutreiben. In Rheinland-Pfalz haben wir einen Runden Tisch
angeregt, um die Kooperation zwischen den Akteuren aus der Schwangerenberatung und
den Frauenärztinnen und -ärzten aus Praxen und Pränatalzentren zu verbessern und
persönliche Kontakte zu ermöglichen. Diese Zusammenkunft war ein großer Erfolg und
ergab
sowohl
für
Arbeitserleichterung
die
und
Ärzteschaft
-verbesserung,
als
auch
weswegen
für
die
sie
auch
Beratungsstellen
im
kommenden
eine
Jahr
wiederholt und durch die Einrichtung von Qualitätszirkeln unterstützt werden soll. Eine
regionale Vernetzung schien uns sinnvoller als die Androhung von Bußgeldern.
Insofern
erscheint
uns
als
Berufsverband
der
Frauenärzte
die
Änderung
des
Schwangerschaftskonfliktgesetzes in dieser Form überflüssig und wir haben dagegen
votiert. Insbesondere die Erweiterung des Bußgeldkatalogs halten wir für inakzeptabel, da
17
sie eine Inkriminierung der Ärzteschaft nach sich zieht. Zudem sehen wir in dieser
Änderung eine Bedrohung für die betroffenen Frauen, da sie eine Erschwernis für die
Ausstellung einer medizinische Indikation bedeutet und letztlich dazu führen könnte, dass
künftig aufgrund des hohen Aufwandes und aus Angst vor juristischen Konsequenzen nur
noch wenige Ärztinnen und Ärzte bereit und in der Lage sein werden, eine medizinische
Indikation auszustellen.
Hochproblematisch
für
die
betroffenen
Frauen
ist
zudem
die
Regelung
einer
verpflichtenden Bedenkzeit, nach der mindestens fünf Tage diskutiert werden muss, bevor
eine Indikation ausgestellt werden darf – aus fünf Tagen können mit ergänzenden
Untersuchungen und Beratungen sehr schnell zehn werden. Eine solche W artezeit ist für
die betroffenen Eltern unzumutbar, wenn sie, nachdem sie erfahren haben, dass ihr Kind
eine Behinderung hat, die schwere Entscheidung für einen Abbruch einmal getroffen
haben. Dabei muss aber zumindest klar geregelt sein, dass die Bedenkzeit beginnt, wenn
einer betroffenen Frau eine Diagnose mitgeteilt wird, auch wenn es sich um eine
Verdachtsdiagnose handelt und sich noch weitere Untersuchungen zur Erhärtung der
Diagnose anschließen.
Die Frauenärztin / der Frauenarzt, die / der die Diagnose über eine Behinderung des
Ungeborenen stellt, muss zudem Informationsmaterial der BzgA an die Schwangere
weitergeben. Dieses Informationsmaterial liegt bislang noch nicht vor, was alleine zu
kritisieren ist, wenn man bedenkt dass das Gesetz in gut einem Monat in Kraft tritt, über
den Inhalt lässt sich folglich noch keinerlei Aussage machen. Allerdings scheint es mir eine
Überforderung, wenn ich einer Frau, die bislang glaubte, ein gesundes Kind zu bekommen,
eine Verdachtsdiagnose mitteile und sie im gleichen Gespräch mit Informationsmaterial
über Behinderung und Behindertenverbände überhäufe.
Die konkrete Umsetzung betreffend schlägt Prof. Dr. Heribert Kentenich in seinem Artikel
im Frauenarzt2 vier unterschiedliche und höchst komplexe Formulare vor, die wir als
niedergelassene Frauenärztinnen und -ärzte der betroffenen Patientin zur juristischen
Absicherung vorlegen sollen und die wir mit ihr besprechen müssen. Dies würde einen
hohen Zeitaufwand sowohl für die Ärztinnen und Ärzte als auch für die betroffenen Frauen
bedeuten, deren Interesse sich in der Notsituation, in der sie sich befinden, auf gänzlich
andere Bereiche richtet. Hier sollte auch der Vertrauensverlust bedacht werden, den der
hohe administrative Aufwand und manchmal auch ein Zuviel an Aufklärung bedeutet.
Zudem wird den Ärztinnen / Ärzten für die ganzen Pflichten, die ihnen das neue Gesetz
aufbürdet, keinerlei Entschädigung zugestanden. W ir bekommen zurzeit 10,90 € im Quartal
für eine Patientin, jegliche Beratung und Behandlung inbegriffen. Hier drückt sich auch
eine mangelnde W ertschätzung der ärztlichen Tätigkeit aus.
Frau Prof. Dr. Monika Frommel hat hingegen ein Formblatt entworfen, das die Schwangere
zur Feststellung der medizinischen Indikation vorlegen muss und auf dem sie bestätigt,
dass der Beratungsverpflichtung nachgekommen wurde oder dass sie darauf verzichtet hat
und dass die Fristen eingehalten wurden3. Ein solches kurzes und übersichtliches
Formblatt, das alle fraglichen Punkte beinhaltet, scheint uns als Berufsverband der
Frauenärzte eine praktikable Lösung. Es wäre ein erfreuliches Ergebnis des heutigen
Tages, wenn man sich auf die juristische Tragfähigkeit eines solchen Formblattes einigen
könnte.
2
Kentenich H, Vetter K, Diedrich K für die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe.
Schwangerschaftskonfliktgesetz. Was ändert sich beim Abbruch aus medizinischer Indikation.
Neuerungen für betroffene Frauen sowie für Frauenärztinnen und Frauenärzte. Frauenarzt 50, 2009,
Nr. 11: 936-944.
3
Formular abzurufen unter: www.uni-kiel.de/isk/cgi-bin/files/bestaetigung_der_schwangeren.pdf.
18
Wir, die Vertragsärzte, befürchten, dass wir am Ende die Schuldigen sein werden und die
inhaltlichen Mängel des Gesetzes auf uns übertragen werden, ohne dass wir dafür eine
Entschädigung erhoffen könnten. Noch problematischer scheint die Realisierung des
Gendiagnostikgesetzes, durch das die Ärztin / der Arzt bei jedem Regelultraschall zu einer
intensiven Beratung verpflichtet wird.
Abschließend möchte ich nochmals kurz drei Vorschläge anführen, für die ich mir heute
eine Konsensbildung erhoffe:
•
Zum im Gesetz nicht eindeutig geklärten Beginn der Bedenkzeit bei einer durch
Pränataldiagnostik festgestellten Schädigung des Kindes: Die Frist sollte ab
Mitteilung einer ersten Verdachtsdiagnose an die betroffene Frau laufen.
•
Zum administrativen Aufwand bei Feststellung einer medizinischen Indikation: Ein
Formular
(s.
Vorschlag
Frau
Prof.
Frommel)
sollte
zur
Feststellung
der
medizinischen Indikation ausreichen.
•
Zum weiteren Vorgehen unabhängig von den gesetzlichen Regelungen: Der
Ausbau von Netzwerken sollte weiter vorangetrieben werden, da hierin sicherlich
ein Gewinn für die betroffenen Frauen, aber auch für die Ärztinnen / Ärzte liegt.
19
Dr. med. Marion Janke, pro familia Stuttgart
Information, psychosoziale Beratung und Begleitung
werdender Eltern – Bedeutung von Kooperation und
Vernetzung im Kontext
Die Beratungsstelle der pro familia Stuttgart bietet seit vielen Jahren Beratung im
Zusammenhang mit vorgeburtlichen Untersuchungen an. Seit Januar 2008 ist sie eine der
Modellberatungsstellen im vom Land Baden-W ürttemberg geförderten Modellprojekt zur
Verbesserung der Beratung im Zusammenhang mit Pränataldiagnostik. Nach zwei Jahren
Projektlaufzeit
ist
allerdings
bislang
nicht
ausreichend
klar
geworden,
wo
das
Beratungsbedürfnis von Frauen in diesem Bereich liegt. Zudem gibt es fast keine
wissenschaftlichen Daten zu diesem Problemkreis, weswegen ich mich im Folgenden
hauptsächlich auf meine persönlichen Erfahrungen der vergangenen Jahre beziehe.
Die Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes sehen wir als Beratungsstelle trotz
aller Kritik zunächst als Chance, da der Anspruch auf psychosoziale Beratung nun
gesetzlich verankert ist und auch die Ausbildung von Netzwerken gefordert wird.
Anforderungen an die Beratungsstellen formuliert das Gesetz nicht, insofern könnten wir
uns zurücklehnen, es stellt sich dennoch die Frage nach den Auswirkungen der
Gesetzesänderung
auf
die
Beratung
und
zwar
in
folgenden
drei
Bereichen:
Beratungsbedarf, Qualitätssicherung, Kooperation und Netzwerke, wie ich es nun näher
ausführen werde.
Zu 1. Beratungsbedarf
In
der
Vergangenheit
wurde
psychosoziale
Beratung
im
Zusammenhang
mit
vorgeburtlichen Untersuchungen nur selten in Anspruch genommen. Gründe für diesen
geringen Bedarf sind kaum wissenschaftlich belegt. Die Modellprojekte verweisen auf den
geringen Bekanntheitsgrad von psychosozialer Beratung und darauf, dass Ärztinnen und
Ärzte selten auf diese Möglichkeit hinweisen. Natürlich ist der Beratungsbedarf in diesem
Bereich auch einfach deswegen nicht sehr hoch, weil es relativ wenig Abbrüche nach
medizinischer Indikation gibt und diese Zahl seit vielen Jahren konstant bleibt, auf ca. 1200
Beratungsstellen kommen knapp 3000 Fälle jährlich.
Die Beratung führen Ärztinnen und Ärzte zum großen Teil im Rahmen ihrer Möglichkeiten
ausreichend durch und die meisten Frauen fühlen sich von ihren Ärztinnen / Ärzten gut
beraten, so dass in der Regel Schwangerschaften nach Pränataldiagnostik nicht unüberlegt
abgebrochen werden. Die Vermutung zunehmender und überstürzter Abbrüche ist nicht zu
belegen.
Allerdings gibt es bei Frauen und Ärztinnen / Ärzten wenig Wissen über psychosoziale
Beratung und darüber, dass hier andere Inhalte und Methoden als bei der medizinischen
oder ärztlichen Beratung zum Tragen kommen, die insofern auch andere Hilfestellungen
leisten können. Die mangelnde Kenntnis des psychosozialen Beratungsverständnisses ist
sicherlich ein Manko in der ärztlichen Ausbildung. Frauen äußern ihre mangelnde Einsicht
in den Ansatz psychosozialer Beratung beispielsweise, wenn sie sagen, dass sie eine
solche
Beratung
nicht
brauchen,
weil
sie
nicht
gestört
sind.
Aber
auch
das
Problemlösungsverhalten der Frauen trägt dazu bei, dass sie psychosoziale Beratung unter
Umständen ablehnen: Sie möchten ihre Probleme alleine mit Unterstützung ihres privaten
20
Umfelds lösen. Auch dies ist ein Grund dafür, dass die Beratungszahlen in diesem Bereich
relativ klein sind und dies meiner Ansicht nach auch bleiben werden: Frauen nutzen ihre
eigenen Netzwerke, sie wollen sich vor der Öffentlichkeit schützen und nehmen ihr Recht
auf Nicht-Wissen in Anspruch.
Es wäre möglich, dass der Bedarf an psychosozialer Beratung in Zukunft aufgrund
zunehmender Verunsicherung der Ärzteschaft ansteigt. Jeder Schwangerschaftskonflikt im
Rahmen einer Pränataldiagnostik ist ein tragisches Ereignis. Gesetze und psychosoziale
Beratung können die Frauen und Paare unterstützen, aber die Tragik nicht auflösen. Mit
dieser
hohen
emotionalen
Belastung
sind
auch
Ärztinnen
und
Ärzte
zunehmend
konfrontiert, was vielleicht zu einem verstärkten Hinweis auf die Möglichkeit psychosozialer
Beratung und deswegen zu einem erhöhten Beratungsbedarf führen könnte. Dies hängt
auch mit der Informationspolitik der Berufsverbände zusammen. Die Verunsicherung von
Ärztinnen / Ärzten durch die juristischen Regelungen könnte ebenfalls zu einer erhöhten
Nachfrage nach zusätzlicher Beratung führen, wie wir es jetzt schon in Stuttgart erleben:
Hier gab es mehrere Fälle, wo sich die Abbrüche nach medizinischer Indikation über zwei
Wochen hinzogen, weil Verunsicherung über die Fristenregelung aufgrund der anstehenden
Gesetzesänderung bestand. Ärztinnen und Ärzte sollten ihre Patientinnen jedoch nicht aus
einer
Verunsicherung,
sondern
aus
Überzeugung
auf
die
psychosoziale
Beratung
hinweisen. Ziel ist es, dass ein solches Beratungsangebot zur Selbstverständlichkeit wird
und breite gesellschaftliche Akzeptanz findet.
Es wäre allerdings auch möglich, dass als Konsequenz der Gesetzesänderung der
Beratungsbedarf sinkt, weil Frauen sich vermehrt entscheiden, bei Abbruch wegen
medizinischer Indikation ins Ausland zu gehen. Die Versorgung bei Spätabbrüchen ist in
manchen Regionen Deutschlands schon jetzt sehr schlecht. Zudem stellt sich die Frage, ob
bei steigendem Druck durch den Gesetzgeber auf die Ärzteschaft überhaupt noch
Ärztinnen und Ärzte bereit sein werden, eine medizinische Indikation auszustellen.
Zu 2. Qualitätssicherung
Die psychosoziale Beratung in Zusammenhang mit Pränataldiagnostik erfordert einen
hohen Standard von den Beraterinnen und Beratern. Die Beratung muss in das Kurrikulum
zur Ausbildung nochmals neu aufgenommen werden. Auch medizinisches Wissen ist hier in
hohem Maße gefordert, weswegen pro familia, die auch Ärztinnen und Ärzte in ihren
Beratungsstellen beschäftigt, prädestiniert für diese Beratung ist. Ärztinnen und Ärzte
nehmen gerade in diesem Bereich im multidisziplinären Team der pro familia eine wichtige
Stellung ein, da die Betroffenen über medizinische Fragen im Bedarfsfall in die weitere
Beratung geführt werden können. Es stehen Ansprechpartner bei der Krisenintervention zur
Verfügung, für die Paarberatung, denn der Paarkonflikt ist gerade in diesem Bereich ein
ganz zentrales Thema, und es bestehen Verbindungen zum sozialen Netz vor Ort, zu
Behinderteneinrichtungen etc. Die Ärztinnen und Ärzte bei pro familia können die
medizinischen Fragen übersetzen, weil sie ganz entscheidend viel mehr Zeit als die
Niedergelassenen haben. Eine umfassende psychosoziale Beratung sprengt den Rahmen
jeder Praxis und wird auch nicht honoriert. pro familia hingegen ist wirtschaftlich
unabhängig. Für viele Betroffene ist es ebenfalls wichtig, einen neutralen Ort zu haben, um
über negative Gefühle und Probleme zu sprechen, was ihnen in der Praxis der Gynäkologin
/ des Gynäkologen ebenfalls nicht so leicht gelingt.
Zu 3. Kooperation und Netzwerke
Das Gelingen der Umsetzung der Gesetzesänderung und letztlich ein Mehr an Beratung für
21
die Patientinnen steht und fällt mit der Kooperation und der Bildung von Netzwerken. Die
Zusammenarbeit zwischen Beratungsstellen und Gynäkologinnen / Gynäkologen war
bislang immer schwierig, es gab auf beiden Seiten Berührungsängste und eine große Zahl
von Vorurteilen, nicht zuletzt begründet in Kommunikationsproblemen, denn Medizin und
Beratung sprechen unterschiedliche Sprachen. Als Ärztin bei pro familia kann ich hier in
gewisser W eise eine Mittlerposition einnehmen, denn ich kenne beide Seiten, ich bin
sowohl Ärztin, als auch Beraterin. Ich weiß aus Erfahrung um die Zeitnot und den Druck,
der in einer Praxis herrscht, und kenne auch die Schwierigkeiten der Beraterinnen und
Berater.
Bislang haben Kooperationen immer da funktioniert, wo es persönliche Kontakte gab,
häufig initiiert durch Modellprojekte, wie zum Beispiel in Münster, oder unter hohem
persönlichem Einsatz einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Es
ist
ein
Fehler,
Kooperationen
weiterhin
dem
Zufall
oder
ausschließlich
dem
persönlichen Engagement Einzelner zu überlassen. Der gesetzliche Druck, der jetzt
aufgebaut wurde, könnte hier vielleicht positive Effekte erzielen. W enn Ärztinnen und Ärzte
erfahren, dass sie durch das Angebot der psychosozialen Beratung selbst entlastet werden
und auch eine positive Wirkung bei ihren Patientinnen wahrnehmen, könnte dies die
Kooperationsbereitschaft befördern. So haben wir zum
interdisziplinären
Qualitätszirkel
initiiert,
der
nicht
Beispiel in Stuttgart einen
zuletzt
auch
aufgrund
der
Gesetzesänderung auf großes Interesse bei der Ärzteschaft trifft. Besonders wichtig ist es
für die Ärztinnen und Ärzte, konkrete Ansprechpartnerinnen und -partner für die Beratung
zu haben. Der Qualitätszirkel hat sich unter anderem vorgenommen, Wege aufzuzeigen,
die im Falle einer medizinischen Indikation ein koordiniertes Vorgehen ermöglichen, damit
die Belastung der Frauen möglichst gering gehalten werden kann.
Abschließend möchte ich nochmals meine W ünsche und Anregungen zusammenfassen
unter dem Motto „Allein wissen wir viel, zusammen mehr“:
•
Das Angebot der psychosozialen Beratung muss bekannter werden, dafür
brauchen wir Unterstützung.
•
Ein Schritt in die richtige Richtung könnte zum Beispiel sein, dass das Recht auf
psychosoziale Beratung in den Mutterpass eingetragen wird, so dass eine
Beratung in diesem Zusammenhang höhere gesellschaftliche Akzeptanz findet.
•
Man sollte über den Begriff „psychosoziale Beratung“ nachdenken, da er von
Laien häufig falsch oder gar nicht verstanden wird.
•
Die Beratungsqualität muss durch Fortbildungen und Anpassung des Curriculums
sichergestellt bleiben. Die pro familia hat in ihrer Multiprofessionalität und hohen
Flexibilität einen hohen Standard, der gerade in diesem Bereich wichtig ist, da
hier zeitnah reagiert werden muss.
•
Netzwerke und Kooperationen sollten unbedingt gefördert werden und es sollten
gemeinsame Konzepte erstellt werden, die den gesamten Zeitraum von der
Diagnosestellung
bis
zur
Geburt
Schwangerschaftsabbruch umfassen.
22
des
Kindes
oder
bis
nach
einem
Diskussion
Diskussionsleitung: Robert Bolz, pro familia München
Standpunkte
Die
kontroversen
Positionen,
die
die
Deutsche
Gesellschaft
für
Gynäkologie
und
Geburtshilfe (DGGG) und der Berufsverband der Frauenärzte zu dem neuen Gesetz
einnehmen, wurden in der Diskussion deutlich. W ährend die DGGG die Gesetzesänderung
mit auf den W eg gebracht hat, sah der Vertreter des Berufsverbandes der Frauenärzte vor
allem zusätzliche administrative Hürden für die Ärzteschaft und ihre Patientinnen. Das
Verhältnis zwischen Ärztinnen / Ärzten und Patientinnen würde – gerade in einer für die
Patientin schwierigen Lebensphase – empfindlich gestört, ohne dass durch das Gesetz die
Versorgung der Schwangeren maßgeblich verbessert würde.
Auch Klinikärztinnen und -ärzte zeigten sich skeptisch in Bezug auf die gesetzlichen
Neuerungen:
Während
der
Eigenwert
psychosozialer
Beratung
und
ein
hoher
Qualitätsstandard der Beratung z. B. in der Uniklinik Münster ohnehin schon Realität seien,
bedeute die durch die gesetzlichen Neuerungen geforderte Bürokratisierung, insbesondere
für die indikationsstellende Ärztin / den Arzt, eine zusätzliche Belastung.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Beratungsstellen beurteilten die Neuerungen
des Gesetzes verhalten, weil die neuen Regelungen in erster Linie bürokratische Hürden
auferlegten und Misstrauen gegen Frauen und ihre Ärztinnen und Ärzte deutlich machten.
Der Zugang für Frauen zum Schwangerschaftsabbruch nach medizinischer Indikation wird
erschwert. Andererseits könnte die gesetzliche Verankerung einer Verpflichtung der
Ärztinnen und Ärzte zu einem Hinweis auf psychosoziale Beratung und zur Bildung von
Netzwerken auch eine Chance für die beratenden Institutionen darstellen.
Bei der Kritik an der Gesetzesänderung stand insgesamt die Befürchtung im Vordergrund,
dass Ärztinnen und Ärzte, die die Hauptadressaten des neuen Gesetzes sind, durch
Strafandrohung
verunsichert
werden
und
sich
deswegen
bei
der
Ausstellung
der
medizinischen Indikation zurückhalten könnten. Dies trifft insbesondere auch die Frauen,
die aufgrund einer mütterlichen Indikation – ohne pränataldiagnostischen Befund – einen
Schwangerschaftsabbruch
wünschen,
Lebenssituationen
–
stehen
von
weil
sie
in
Drogenproblematik
oft
über
extrem
problematischen
Prostitution
bis
hin
zu
Inzestverdacht.
Dabei scheint es eine durchaus realistische Befürchtung, dass die Versorgung zum
Schwangerschaftsabbruch nach der 12. W oche in Deutschland bald so ausgedünnt sein
könnte, dass Frauen wieder gezwungen sind, ins Ausland auszuweichen.
23
Schwerpunkte der Diskussion
Die Diskussion drehte sich vorrangig um folgende Fragen und Problemstellungen:
Die Mitteilung der Diagnose nach PND zieht die Beratungspflicht der
Ärztin / des Arztes nach sich und markiert den Beginn der Wartezeit
nach SchKG, aber: Wann ist eine Diagnose eine Diagnose?
Ein problematischer Punkt des neuen SchKG ist, dass die Beratungsverpflichtung der
Ärzteschaft und der Beginn der W artezeit für die Schwangere an die Mitteilung einer
auffälligen Diagnose nach PND gekoppelt wurden.
Dies könnte dazu führen, dass eine niedergelassene Ärztin / ein Arzt eine seiner Ansicht
nach eindeutige Diagnose der Schwangeren evtl. nicht mitteilt, sondern sie an ein
Pränatalzentrum verweist, weil die Ärztin / der Arzt durch die komplizierten gesetzlichen
Regelungen verunsichert ist oder weil sie / er seiner Beratungsverpflichtung und dem
Heranziehen von Kolleginnen oder Kollegen entgehen möchte. (Es ist für die einzelne
Fachärztin / den Facharzt unter Umständen aufwändig, ein Netzwerk mit anderen Ärztinnen
/ Ärzten und Beratungsinstitutionen aufzubauen, zumal Fälle einer embryopathischen
Auffälligkeit nicht häufig vorkommen.)
Kritisiert wurde, dass die Ärztin / der Arzt unter den bürokratisierten Bedingungen nicht
mehr
primär
nach
dem
Wohl
seiner
Patientin
handeln
kann.
So
ist
es
nicht
unwahrscheinlich, dass die Schwangere von einem Arzt zum anderen geschickt wird, bis
ihr endlich eine Diagnose mitgeteilt wird. In ländlichen Regionen – mit einer geringen
Dichte von Pränatalzentren – werden Schwangere voraussichtlich einen besonders hohen
Aufwand auf sich nehmen müssen.
Konflikte für die Ärztinnen und Ärzte ergeben sich aber auch, weil die Absicherung einer
Diagnose sich in der Pränataldiagnostik häufig über einen längeren Zeitraum zieht,
innerhalb dessen sich die genaue Diagnose auch noch verändern kann. Bislang war es der
behandelnden Ärztin / dem Arzt vorbehalten, aus den sehr individuellen und differenten
Faktoren des Einzelfalles im Sinne der Patientin den besten Zeitpunkt und den besten Weg
der Mitteilung einer Diagnose, einer Teildiagnose oder einer Verdachtsdiagnose zu wählen
und sie im Bedarfsfall zu weiteren Untersuchungen zu schicken.
Nach der neuen Gesetzgebung ist unklar, ob die Mitteilung einer Verdachtsdiagnose auch
schon die Beratungspflicht der Ärztin / des Arztes auslöst, was bedeuten würde, dass
aufgrund
einer
nicht
hundertprozentig
abgesicherten
Diagnose
eine
Frau
bereits
Informationsmaterial der BZgA über ein Leben mit behinderten Kindern ausgehändigt
bekäme oder gar auf reinen Verdacht hin von einem Pädiater zu einer Behinderung ihres
Kindes beraten würde, die das Kind möglicherweise gar nicht hat.
Es wäre deshalb denkbar, dass Ärztinnen / Ärzte Verdachtsdiagnosen zunächst nicht an
ihre Patientinnen weitergeben, um sie nicht voreilig mit einer Beratung im Sinne des
SchKG zu konfrontieren.
Andererseits
könnte
es
gerade
auch
im
Sinne
der
Schwangeren
sein,
eine
Verdachtsdiagnose umgehend zu erfahren, denn die W artezeit nach SchKG beginnt ab
diesem Zeitpunkt.
Unklar ist, ob die W artezeit nach SchKG neu beginnt und die Beratung wiederholt werden
muss, wenn sich eine Diagnose ändert. Gerade in großen pränataldiagnostischen Zentren
werden Diagnosen mehrmals überprüft und unter Umständen revidiert, so dass sich diese
24
Frage stellen wird.
Worauf muss die indikationsstellende Ärztin / der Arzt achten?
Mehrfach wurde im Laufe der Diskussion die Befürchtung geäußert, die Feststellung einer
medizinischen Indikation könne durch das neue Gesetz so erschwert werden, dass in
Zukunft nur noch wenige Ärztinnen und Ärzte bereit sein werden, diese auszustellen. Es
wurde berichtet, dass es bereits jetzt Kliniken gäbe, die für die Indikationsstellung eine
Beratungsbescheinigung erwarteten, obwohl dies im neuen Gesetz nicht vorgesehen ist.
Erschwerend ist vor allem der administrative Aufwand, den die Gesetzesänderung nach
sich zieht, weil bei der schriftlichen Feststellung einer medizinischen Indikation künftig eine
Bestätigung der Schwangeren vorliegen muss, dass sie entsprechend dem Gesetz beraten
und dass die Bedenkzeit seit der Beratung eingehalten wurde.
Zu diesem Aspekt drehte sich die Diskussion vor allem darum, ob und wie die beratende
bzw. indikationsstellende Ärztin / der Arzt die Beratung und die Einhaltung der Bedenkzeit
dokumentieren bzw. überprüfen muss.
Die DGGG hat eine Empfehlung für ein vierseitiges Formular vorgelegt, das von den
beratenden bzw. den indikationsstellenden Ärztinnen und Ärzten oder den betroffenen
Frauen ausgefüllt werden soll: Eine Seite dokumentiert die Beratung bei Mitteilung einer
pränataldiagnostisch festgestellten Schädigung des Fötus (zur eigenen Dokumentation der
behandelnden Ärztin / des Arztes und zur Vorlage bei der Ärztin / dem Arzt, die / der die
schriftliche Feststellung der medizinischen Indikation vornimmt), das zweite und dritte
Formular sind Bestätigungen der Schwangeren, dass die gesetzlich vorgeschriebenen
Beratungen bei Schädigung des Kindes bzw. bei rein mütterlicher Indikation stattgefunden
haben (erst nach Ablauf der Bedenkzeit auszufüllen), und das vierte Formblatt ist die
schriftliche Feststellung der medizinischen Indikation. 4
Sprecher des Berufsverbandes der Frauenärzte lehnten dieses Formular wegen des hohen
administrativen Aufwands für die Ärztinnen und Ärzte, der zudem nicht finanziell
entschädigt werde, ab. Es wurde auch kritisiert, dass den Frauen schon bei der
Diagnosemitteilung die erste Seite des Formulars vorgelegt werden müsste, was das
Vertrauensverhältnis der Ärztin / des Arztes zur Patientin unnötig belaste.
Alternativ dazu empfehlen die pro familia und der Vertreter des Berufsverbands der
Frauenärzte ein Formular, das Prof. Dr. Monika Frommel entworfen hat. 5 Es ist kurz und
übersichtlich, fasst alle notwendigen Sachverhalte zusammen und gibt den Ärztinnen und
Ärzten hinreichende Absicherung.
4
Kentenich H, Vetter K, Diedrich K für die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe.
Schwangerschaftskonfliktgesetz. Was ändert sich beim Abbruch aus medizinischer Indikation.
Neuerungen für betroffene Frauen sowie für Frauenärztinnen und Frauenärzte. Frauenarzt 50, 2009,
Nr. 11: 936-944.
5
Formular abzurufen unter: www.uni-kiel.de/isk/cgi-bin/files/bestaetigung_der_schwangeren.pdf.
25
Strukturelle
Veränderungen
in
der
Versorgung
zum
Schwangerschaftsabbruch im zweiten und dritten Trimenon: Wie ist
eine Konzentration auf große pränataldiagnostische Zentren zu
bewerten?
Aufgrund
der
neuen
Gesetzeslage
werden
niedergelassene
Frauenärztinnen
und
Frauenärzte wahrscheinlich Patientinnen mit einem auffälligen Befund vermehrt in große
pränataldiagnostische Zentren schicken und selbst keine Diagnose mehr stellen. Dies kann
vorteilhaft für die Frauen sein, da es sich um spezialisierte medizinische Einrichtungen
handelt. Für Frauen in ländlichen Räumen ergeben sich allerdings unter Umständen eine
schlechtere ärztliche Versorgung und zeitliche Verzögerungen.
Verändern sich die Qualität der psychosozialen Beratung und der
Beratungsbedarf durch das neue Gesetz?
Die
Anwesenden
betonten
die
Bedeutung
und
den
hohen
Stellenwert,
den
die
psychosoziale Beratung für die Schwangere und ihr nahes Umfeld haben kann. Einige
Anwesende vertraten die Meinung, dass das Gesetz die Qualität der Beratung verbessern
könne, andere glaubten, dass die neuen, primär bürokratischen Verpflichtungen für die
Ärzteschaft deren Arbeit behindere, ohne die Beratung zu verbessern.
In der Veranstaltung herrschte Konsens, dass die Gesetzesneuerung zu einem leichten
Anstieg des Beratungsbedarfs führen werde. Zwar sei die Zahl der medizinisch indizierten
Schwangerschaftsabbrüche insgesamt sehr gering und stagniere seit Jahren, aber der
Beratungsbedarf bestehe schon bei einer Auffälligkeit und sei insofern nicht direkt mit den
Zahlen der Abbrüche korrelierbar. Zudem würde die Verunsicherung der Ärztinnen und
Ärzte wahrscheinlich bewirken, dass sie vermehrt Beratungsinstitutionen für Kooperationen
suchten.
Beratungsinstitutionen
müssten
zudem
mit
einem
sehr
kurzfristig
auftretenden
Beratungsbedarf, innerhalb der dreitägigen Bedenkzeit, rechnen.
Auch die Ärztinnen und Ärzte der pro familia werden mit erhöhtem Bedarf rechnen können,
insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Ausstellen von medizinischen Indikationen.
Ausblick: Das Gendiagnostikgesetz
Das Gendiagnostikgesetz, das am 1.2.2010 in Kraft tritt, wird weitere gravierende
Veränderungen für die ärztliche Beratung von Schwangeren mit sich bringen. Eine
Veranstaltung der pro familia zu diesem Thema wurde angeregt.
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Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Referentinnen und Referenten
Sanitätsrat Dr. med. Werner Harlfinger, Gynäkologische Praxis; Berufsverband der
Frauenärzte e. V. Rheinland-Pfalz, Mainz
Dr. med. Marion Janke, pro familia Stuttgart
Prof. Dr. med. Klaus Vetter, Klinik für Geburtsmedizin, Vivantes Klinikum Berlin-Neukölln;
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Berlin
Ulrike Wiering, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ),
Bonn
Moderation
Robert Bolz, pro familia München
Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Dr. med. Angelika Dohr, pro familia Münster
Ulla Ellerstorfer, pro familia Bundesvorstand, Wiesbaden
Dr. phil. Andrea Frölich, pro familia Bundesverband Frankfurt e. V.
Katrin Heitsch, pro familia Landesverband Sachsen-Anhalt, Magdeburg
Renate Hilgart, Gynäkologische Praxis und Praxisklinik, Bottrop
Dr. med. Lienhard Hilgart, Gynäkologische Praxis und Praxisklinik, Bottrop
Ulla Noll-Reiter, pro familia, Mainz
Manuela Rettig, pro familia Landesverband Baden-W ürttemberg, Stuttgart
Norma Skroch, pro familia Landesverband Hessen, Darmstadt
Dr. med. Johannes Steinhard, Universitätsklinikum, Klinik und Poliklinik für
Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Bereich pränatale Medizin, Münster
Dr. med. Ines Thonke, pro familia Bundesverband, Frankfurt a. M.
Elke Thoß, pro familia Bundesverband Frankfurt a. M.
Cornelia Weller, Deutsches Rotes Kreuz, Beratungsstelle für Schwangere und Familien,
Leipzig
Dokumentation
Dr. phil. Claudia Caesar, freie Lektorin
Projektleitung
Sigrid Weiser, pro familia Bundesverband, Frankfurt am Main
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