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Supertrails im Kleinwalsertal
Big-Mountain-Freeriding zwischen Allgäu und Vorarlberg:
Unzählige Bergpfade durchschlängeln die Hänge des Kleinwalsertals. Sie besitzen so viel Flow und Kick, dass sie
selbst den trailverwöhnten Promi-Biker Wade Simmons
anlocken. Die fünf besten stellen wir euch hier vor.
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> TRAILguide
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Big-Mountain-Gefühl und blumige Flowtrails: Das Kleinwalsertal bietet beides. 1) Anspruchsvolle Abfahrt von der Kuh­
gehrenalpe 2) Sundowner vom Gipfel der Kanzelwand
3) Kurventraining am Walmendingerhorn 4) Tragepassage
hinauf zum Köpfle.
TEXT Florian Haymann FotoS Wolfgang Watzke
I
ns Kleinwalsertal? Da nimmt du aber hohe Bergstiefel mit!“ „Nee
Opa, Turnschuhe!“ Das Tal zwischen Allgäu und Voralberg ist älteren
Jahrgängen als alpines Wandergebiet vertraut. Da eine alte FreeriderRegel besagt, dass felsige Wanderwege immer auch gute Biketrails sind,
reise ich zuversichtlich in die „funktionale Exklave“ Kleinwalsertal. (Dieser
ungustiöse Terminus beschreibt die Eigenheit, dass das Tal zwar zu
Österreich gehört, per Auto aber nur von Deutschland aus zu erreichen
ist.) Lebender Beweis für die Richtigkeit der Regel ist Wade Simmons,
der schon zum fünften Mal einen Abstecher ins Kleinwalsertal macht
und dort mittlerweile jeden Felsbrocken kennt. Mit von der Partie sind
Mario „Tschäputscheino“ Lenzen und die Kleinfamilie Stratmann. Das
Kleinwalsertal ist keine quietschbunte Funsport-Arena, man setzt auf
schonenden Tourismus. Freerider sollen zwar in den Genuss der vielen Lifte
kommen, die das Tal bietet, aber ganz werden sie das Selbsthochkurbeln
dabei nicht verlernen: Nach 9 Uhr sind die Lifte für Biker geschlossen. Ideal
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ist es daher, eine frühe Big-Mountain-Tour mit einem selbst erstrampelten
Quickie am Nachmittag zu verbinden. Wer mit einem Enduro-Bike unterwegs ist, kann natürlich gleich auf die ohnehin nicht billigen Liftfahrten
verzichten. (Die Fahrt aufs Walmendingerhorn kostet stolze 17 Euro.) Reizvoll ist das Lifteln aber schon. Der Betreiber der Walmendingerhornbahn
bietet im Hochsommer „Sonnenaufgangsfahrten“ an. Dafür muss man
zwar unnatürlich früh aufstehen, man erlebt aber, wie sich die Sonne
hinter der dominanten Kanzelwand langsam hervorschiebt und schafft
zur Belohnung locker noch einen zweiten Run.
Eine gute Möglichkeit, das Revier mit einem Rundum-sorglos-Paket zu
erkunden, bieten die „Rocky Mountain Days“ (dieses Jahr vom 2. bis 4.
Juli). Neben brandneuen Testbikes und geführten Touren gibt es dort auch
Gelegenheit zu einem Ritt mit Wade Simmons. Wer ihm beim Wieseln
über Wurzeln und Fels folgen möchte, sollte aber schon jetzt trainieren:
Der Typ kennt dort wirklich jeden Stein!
Das enge Kleinwalsertal hat sein eigenes Klima.
Wenn sich hier einmal die Wolken verfangen
haben, kann es eine Weile so bleiben. Wenigstens
stauben die Wiesentrails dann nicht so sehr.
Dieser Trail enthält alles, was das Revier Kleinwalsertal ausmacht: Kernige Uphills, die sich
aber mit dem Lift entschärfen lassen, flowige
Pfade, tief eingeschnitten in saftige Almwiesen,
und brenzlige Felsentrails mit Holzstegen, die
über Bäche führen. Das Tolle an diesem Trail: Er
ist nur einer von vielen, die sich vom Walmendingerhorn herabschlängeln. Um alle Varianten
und Kombinationen auszuprobieren, braucht
man einige Tage. Die Tour, die wir hier empfeh-
len, folgt einer idealen Trail-Dramaturgie: Kurzes
Einrollen auf Schotterstraße, Abbiegen auf Almwiese mit wenig Gefälle und kleinen Gegenanstiegen. Ab der Oberen Lüchlealpe geht’s dann
zur Sache. Das braune Erdband schlängelt sich
friedlich über die Almwiese. Dennoch ist höchste
Aufmerksamkeit gefragt, denn überall lauern
Steine, die entweder den Fahrfluss entschieden
stören oder zur willkommenen Sprungschanze
werden. Ab der Hütte mit dem unappetitlichen
Namen Starzelalpe ändert der Trail nochmals
sein Gesicht. Der Pfad führt in ein enges Tal, der
Untergrund wird felsiger, die Kurven erfordern
teils Vertrider-Fahrtechnik. Bei Nässe lieber eine
andere Tour wählen!
Dauer: 2,5 Stunden ohne, 1 Stunde mit Lift.
Flow-Faktor
Schwierigkeit
★★★★★✩
★★★★★✩
Ausgangspunkt ist der Parkplatz am Lift in Mittelberg. Die Hubarbeit auf die 725 m höhere Bergstation erledigt für uns der Lift zum Walmendingerhorn. Von dort geht es zunächst auf
breitem Forstweg, bald über Almwiesen und zur Oberen (!) Lüchlealpe (1760 m). Ein sanft abfallender, mit kleinen Anstiegen gespickter Trail führt zur Starzelalpe (Wanderweg Nr. 4),
die auf 1678 m liegt. Von dort auf Weg Nr. 5 hinab nach Baad. Jetzt sollte man den asphaltierten Wirtschaftsweg nach Mittelberg nicht verpassen, der am ausgeschilderten Parkplatz ansetzt.
Fotos: Franz Faltermaier
> TRAILguide
Der Weg von der Kanzelwand zum Kuhgehren­sattel
bietet unbeschwertes Trailglück – kein fieses
Gerümpel, keine zu engen Kurven. Selbst der verwöhnte Wade Simmons kann sich da ein Grinsen
nicht verkneifen.
Auch die Kanzelwand, der Berg, der das Kleinwalsertal dominiert, offeriert eine Vielzahl von
Trails, die sich miteinander kombinieren lassen.
Der Zweitausender bietet in jedem Fall echtes
Big-Mountain-Gefühl. Wir folgen der Empfehlung unseres Guides und können die hier vorgestellte Kombination uneingeschränkt empfehlen. Den Aufstieg lassen wir allerdings den Lift
besorgen. (Keinesfalls sollte man die fast 900
Höhenmeter ansteigende Schotterstraße direkt
von Riezlern hinauf zur Bergstation wählen. Gemächlicher geht’s hinterrücks auf einer Straße.)
Wer per Lift anreist, hat genügend Saft, um
sich das Panorama von der Kanzelwand zu erarbeiten. Unser Trail setzt mit einem flowigen
Ritt zum Kuhgehrensattel ein. Von dort geht
es über Weiden zur „Inneren Kuhgehrenalpe“.
Die Einkehr lohnt immer, allein wegen des Panoramas (siehe das Bild oben). Nach der Hütte
beginnt die eigentliche Herausforderung dieser
Tour: ein reinrassiger Singletrail mit anspruchsvollen Switchbacks und ruppigem Wurzelwerk.
Bei Nässe kann man sich für die gemächlichere
Variante (links von der Kuhgehrenalpe) entscheiden.
Dauer: 3 Stunden ohne, 1,5 Stunden mit Lift.
Flow-Faktor
Schwierigkeit
★★★★★✩
★★★★✩✩
Mit dem Lift von Riezlern (1086 m) hoch zur Kanzelwand (1949 m). Von dort Richtung Gasthof Adlerhorst, links davon auf Singletrail (Weg Nr. 3) zum Kuhgehrensattel (1880 m). Der
Aufstieg zur Kuhgehrenspitze (1910 m) lohnt. Trail über Weidewiesen zur Inneren Kuhgehrenalpe (1673 m). Wunderbare Jausenstation. Von dort Singletrail nach rechts einschlagen
(Weg Nr. 4). Kurvenreiche Abfahrt mit sehr anspruchsvollen Wurzel- und Treppenpassagen (bei Nässe zweimal überlegen). Im unteren Teil flowig. Im Tal auf dem Wanderweg rechts Richtung Riezlern
(ca. 6 km). Alternative ohne Lift: Mit dem Rad auf der Straße zur Söllereckbahn (ca. 5 km), von dort Forstweg Richtung Schwandt, am Freibergsee vorbei, Richtung Talstation Fellhornbahn. In Ringang
Abzweig rechts hinauf zur Schlappoltalpe, dann Mittelstation Fellhornbahn und weiter hoch zur Bergstation.
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> trailguide
Der Zengas-Trail ist als kurzer Adrenalinschub für
zwischendurch super. Oder als Abendprogramm
für Spätanreisende. Nahezu in Falllinie fräst sich
der Trail durch einen Privatwald. Ein absolutes
Schmankerl für Spitzkehrenfanatiker. Aufgrund
der geringen Höhendifferenz von 300 Höhenmetern lässt sich der Aufstieg gut selbst erstrampeln, so dass man unabhängig vom Lift ist.
Vorsicht! Nach einem Regenguss kommt man
hier nur noch auf dem Hosenboden runter.
Dieser Trail ist nichts für Anfänger, das Gelände
ist steil, gerade noch fahrbar. Selbst Wade hatte
seine Probleme. Umso größer der Nervenkitzel –
und die Befriedigung, wenn man’s geschafft hat.
Der softe Waldboden erschwert präzises Steuern,
dafür tut ein Abflug auch kaum weh. Wer sein
Bike im Griff hat, sollte diesen Trail auf jeden
Fall einmal ausprobiert haben.
Dauer: 1 Stunde ohne, 30 Minuten mit Lift.
Flow-Faktor
Schwierigkeit
★★★✩✩✩
★★★★★★
Mit Sessellift oder Bike vom Gasthaus Auenhütte (1273 m) zur Ifenhütte (1586 m). Von dort den Forstweg links (Weg Nr. 5) Richtung Ifenalpe. Nach etwa 40 Höhenmetern und 500 m
führt ein künstlich angelegter Weg links in Falllinie Richtung Tal. Keine Sorge: Wenn ihr die ersten zehn Höhenmeter überstanden habt, wird der Weg fahrbarer und führt in anspruchsvollen Spitzkehren ins Tal hinab. Nach nicht ganz einem Kilometer bringt euch Weg Nr. 4 (Asphalt) wieder zurück zum Ausgangspunkt. Und dann gleich nochmal?
Fotos: Franz Faltermaier
Zickzack und das zack zack. Der Zengas-Trail ist
kurz, aber knackig. Wenn man erst einmal bei
diesem farnbewachsenen Abschnitt ankommt, hat
man die haarigsten Passagen schon hinter sich.
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Der Trail hinab vom Köpfle ist der totale FlowGenuss. Größtenteils schlängelt er sich durch
Nadelwald, doch diese kurze Wiesenpassage
wollten wir euch nicht vorenthalten.
Dieser Trail hat alles, was Freerider brauchen:
eine knackige Auffahrt, eine Technik-Sonderprüfung, Bachüberquerung und schließlich Flow en
masse. Selbst Wade kommt aus dem Schwärmen nicht mehr raus: „Awesome, bro!“ Und
das, obwohl er diesen Trail seit Jahren kennt.
Der Uphill ist allerdings wirklich kernig. Ohne
versenkbare Gabel muss man vor der steilen
Rampe kapitulieren, wenn man nicht Karl Platt
heißt. Nach geschaffter Arbeit startet man gleich
in kniffliges Gelände, dann kurz das Bike schultern und ab geht’s: Gemächlich rollen wir uns
auf dem Singletrail ein, bis langsam die Hang­
abtriebskraft immer stärker wird. Die Landschaft
verschwindet, wir tauchen in den Wald ein
und konzentrieren uns darauf, möglichst viele
Wurzeln und Steine als Absprung zu nutzen. Ab
und an eine Kurve, mal weit, mal eng. Kurzum:
maximaler Flow-Faktor.
Dauer: ca. 1,5 Stunden.
Flow-Faktor
Schwierigkeit
★★★★★★
★★★✩✩✩
Vom südlichen Ortsausgang aus Riezlern Richtung Kanzelwand. Dem Wanderweg Nr. 2 folgen; steiler Uphill auf breitem Schotterweg. Der Aufstieg ist zwar knackig, aber recht kurz:
Nach etwa 45-60 Min. erreicht ihr auf ca. 1500 m rechts am Wegesrand einen schmalen Fußweg (Weg Nr. 3, Richtung Köpfle), der in eine kleine Schlucht hinabführt. Hier vorsichtig
hineinfahren, der Weg bricht rechts ab und hat überraschende Hindernisse. Nach Bachüberquerung kommt eine kurze Tragepasse (ca. 50 Höhenmeter) Richtung Köpfle. Von hier an gibt es kein Verfahren. Immer dem Singletrail durch den lichten Nadelwald folgen, bis ihr über Hirschegg aus dem Gelände herauskommt. Dort auf den Wanderweg rechts zurück zum Nachbarort Riezlern abbiegen.
> Trailguide
Denis „Düse“ Stratmann auf dem Schwiegermutter-Trail. Die bombastischen Ausblicke im Kleinwalsertal verlocken zum Pausemachen. Gut, dass
es genügend bewirtete Hütten gibt. Unser Favorit:
Die Stutzalpe (siehe rechts). Dort fand Wade auch
gleich einen Kicker zum Rausschanzen.
Diese Tour ist mit ihren gemächlichen Anstiegen
ideal zum Selbsthinaufkurbeln. Dann schmeckt
der Apfelstrudel auf einer der urigen Hütten auch
besser. Die ganze Tour hat zwar insgesamt kaum
mehr als 300 Höhenmeter, doch die landschaft­
liche Vielfalt, die man dabei erlebt, ist überwäl­
tigend. Nach gemütlichem Uphill von Mittelberg
lohnt ein Stopp an der Stutzalpe. Wade deckt sich
hier mit hausgemachtem Käse ein – ein Mitbring­
sel für seine Frau. Aber auch der Apfelstrudel ist
eine feine Sache. Gleich hinter der Hütte beginnt
die Trailsause. Ideal zum Einstieg sind die North­
shore-Obstacles, die sich im Wäldchen verbergen
– nichts Wildes, aber ganz nett. Danach wird’s
richtig ruppig: Weg Nr. 4 ist steil und hat einige
Kurven, die man erst beim zweiten Mal richtig
erwischt. Der Schwiegermutter-Trail schließlich
spuckt einen in Baad aus. Von dort geht es zum
Auspedalieren per Straße nach Mittelberg. Diese
Tour lässt sich auch gut mit einer Abfahrt vom
Walmendingerhorn verknüpfen: Von der Berg­
station braucht man nur dem Wanderweg Nr. 8
zu folgen. Ein super Trail mit sanften Wellen, der
über Weiden und durch Nadelwald führt. Nur ab
und an zeigt das Terrain Krallen und ist damit
uneingeschränkt einsteigertauglich.
Dauer: 1,5 Stunden.
Flow-Faktor
Schwierigkeit
★★★★★✩
★★★★✩✩
Von der Liftstation Mittelberg (1215 m) den Wanderweg Nr. 4 hinauf zur Bühlalpe (1422 m). Von dort weiter über den Schotterweg zur Stutzalpe (1478 m). Hier beginnt der Fahrspaß:
Gleich hinter der Hütte hat der Wirt Northshore-Spielzeug angelegt. Dann geht es hinein in einen steilen und wurzeldurchsetzten Pfad, der auf einem Forstweg endet. Dort rechts
auf Weg Nr. 8, den Schwiegermutter-Trail nach Baad. Einmal über den Bach (Holzbrücke), 50 m danach links über Holzbrücke. Der Trail ist auch per Lift erreichbar: In Mittelberg steigt man in den
Sessellift zur Sonna-Alp ein.
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Kleinwalsertal
Anreise: Mit dem Auto von München
oder Stuttgart nach Kempten. Von dort aus
auf der B 19 Richtung Oberstdorf fahren
und der Beschilderung ins Kleinwalsertal
folgen.
shop: Die erste Adresse im Tal ist Sport
Kessler, Walserstraße 73-75, in Riezlern.
Dort gibt es nicht nur Reparaturmaterial,
sondern auch Leihbikes, geführte Touren
und weitere Angebote.
Unterkunft: Unser Tipp ist das „Kleine
Berghotel“ in Riezlern, Westeggweg 6,
Telefon +43 5517 53380. Betreiber Frank
Simon ist auf Biker spezialisiert und hat
gute Kontakte zur Bike-Szene im Tal. Doppelzimmer kosten pro Person ab 40 €.
www.das-kleine-berghotel.at
Jede Menge weiterer Unterkünfte und
alle übrigen Infos über das Kleinwalsertal
gibt’s unter www.kleinwalsertal.com
oder telefonisch bei Kleinwalsertal-Tourismus, Telefon +43 5517 51140.
lifte: Die Lifte fahren spätestens ab Mitte
Mai. Gratis ist der Bike-Transoprt an der
Zaferna (zur Sonna-Alp) und am Heuberg.
Die Bergfahrt im Sessellift liegt aber immerhin bei 6,50 €. Die beiden „großen“
Bergbahnen zum Walmendingerhorn und
zur Kanzelwand schlagen mit 17 bzw. 18 €
zu buche. Für die beiden großen Touren
ist ein Guide erforderlich, wenn man die
Seilbahn nutzen will. Öffnungszeiten und
weitere Infos: www.kleinwalsertal.com/
bersommer/bergbahnen-lifte

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