Den Bericht aus dem Heft Brandschutz 9/2012 finden Sie hier

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Den Bericht aus dem Heft Brandschutz 9/2012 finden Sie hier
AUS BUND UND LÄNDERN
Thüringen: Weiterbildung bei der »International Fire Academy«
Michael koch, Jena
Vom 6. bis 9. August 2012 absolvierten
Teilnehmer der Berufsfeuerwehr Jena, des
Landratsamts Saale-Holzland-Kreis sowie
der Freiwilligen Feuerwehr Bucha-Schorba
einen Weiterbildungslehrgang zur Tunnelbrandbekämpfung bei der »International
Fire Academy«, nachfolgend ifa genannt,
in Balsthal (Schweiz).
Nach den schrecklichen Großschadenereignissen wie den Einsätzen im
Mont-Blanc-Tunnel, dem Gotthard-Straßentunnel oder im Tunnel Via Mala, ist
man sich der von Tunneln ausgehenden
Gefahren bewusst.
Der drei Jahre alte Lobdeburgtunnel
sowie der Jagdbergtunnel sind Gefahrenpunkte im Einsatzbereich der Stadt Jena,
die sich nicht mit den allgemeinen einsatztaktischen Regeln bewältigen lassen.
Ein Pkw- oder Lkw-Brand im Tunnel hat
wesentlich andere Auswirkungen als ein
Fahrzeugbrand auf einer normalen Autobahn. Die Rauchausbreitung, eine schnelle Verschlechterung der Sichtverhältnisse,
ein rascher Temperaturanstieg, eingeengte
Verkehrswege und festgelegte Flucht- und
Angriffswege sind nur einige Unterschiede.
Um mögliche Ereignisse in diesen Tunneln
abzuwehren, einzudämmen und zu bekämpfen, sind verschiedene Einrichtungen
und Möglichkeiten vorhanden.
In dem Kostenvolumen von bis jetzt 232
Millionen Euro (Quelle: Ostthüringer Zei-
Angehörige der BF Jena, des Landratsamts Saale-Holzland-Kreis und der FF Bucha-Schorba sowie die
Ausbilder vor der Tunnel-Übungsanlage der »International Fire Academy« in der Schweiz.
tung, 10. Januar 2012) für den Erwerb und
den Bau des Jagdbergtunnels sind auch die
Kosten für Sicherheitseinrichtungen wie
Fluchttüren, Haltebuchen, Notrufeinrichtungen u. Ä. enthalten. Weiter sind darin
ebenfalls die Maßnahmen des Vorbeugenden Brandschutzes wie die Brandmeldetechnik erfasst. Der Einbau von Löschanlagen/Löschtechnik ist dabeijedoch noch
nicht berücksichtigt. Trotz aller Technik
bleibt aber immer noch ein gewisses Restrisiko bestehen.
Szenario in der tunnelähnlichen Übungsanlage der »International Fire Academy« in Lungern
Um dieses Risiko noch weiter zu minimieren, entschloss sich die Berufsfeuerwehr
Jena, eine spezielle Ausbildung in der Tunnelbrandbekämpfung durchzuführen.
Seit Beginn der Baumaßnahmen des
Tunnels sind verschiedene Ausbildungen
an Landesfeuerwehrschulen oder ähnlichen Einrichtungen durchgeführt worden. Dies waren zum Beispiel Übungen
in Brandübungscontainern, Atemschutzübungsstrecken, Übungshäuser sowie
Übungen zu Großschadenereignissen.
Eine tunnelähnliche Übungsanlage konnte bis dato aber noch nicht einbezogen
werden. Aus diesem Grund erfolgte die
Kontaktaufnahme der Berufsfeuerwehr
Jena mit der ifa sowie die Anfrage zur
Ausbildung von Multiplikatoren zur Tunnelbrandbekämpfung für die zuständigen
Gebiete.
Die bei der ifa vorhandenen Simulationsanlagen zur Tunnelbrandbekämpfung,
mehrere mit Gas betriebene Einsatzstellen an zwei Standorten, Tunnellängen
zwischen 150 und 260 Meter und die
dazugehörige Infrastruktur, erschienen
den Ausbildungsanforderungen der Berufsfeuerwehr Jena als sehr geeignet.
Das dazu vom Leiter der Ausbildung bei
der ifa erstellte Ausbildungsprogramm
überzeugte sowohl den Koordinator der
Ausbildung als auch den Amtsleiter der
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AUS BUND UND LÄNDERN
Die Verletztendarsteller vor dem Einsatz in der
Tunnel-Übungsanlage der ifa
Berufsfeuerwehr Jena. Allein ist eine solche umfangreiche Ausbildung nicht zu
bewältigen und so wurden auch andere
Stellen mit einbezogen. Dies war unter
anderem die Stadt Kahla, die als Stützpunktfeuerwehr für die Gemeinde Bucha
zuständig ist. Die Ortswehr Bucha-Schorba ist eine weitere Feuerwehr, die zur Tunnelbrandbekämpfung im Jagdbergtunnel
mit eingesetzt wird. Auch seitens der Stadt
Jena erfolgte die Unterstützung durch das
Dezernat Finanzen, Sicherheit und Bürgerservice. Natürlich ist eine solche umfangreiche Ausbildung nicht von heute auf
morgen realisierbar – die ersten Kontakte
fanden bereits im Frühjahr 2011 statt.
Im August 2012 war es dann soweit. Eine
Mannschaft von 16 Feuerwehrangehörigen
der Berufsfeuerwehr Jena, der Freiwilligen
Feuerwehr Bucha-Schorba und des Landratsamts Saale-Holzland-Kreis stellte sich
der Herausforderung der Ausbildung in der
Tunnelbrandbekämpfung.
Die ersten Ausbildungsschritte verliefen
in einer theoretischen Ausbildungseinheit
und zudem in Gruppenarbeiten, beides
wurde im Taktikzentrum der ifa durchgeführt. Die Kursteilnehmer waren über die
Möglichkeiten dieses Zentrums wie etwa
den Tunnelskizzen zur Ausbildung von
Führungsdiensten und den unterschiedlichen Einsatzszenarien, die auf die jeweiligen Ausbildungsbedürfnisse abgestimmt
sind, positiv überrascht.
Nachdem der erste Ausbildungsabschnitt im Taktikzentrum abgeschlossen
war, folgte die praktische Umsetzung am
Standort Balsthal. Die Teilnehmer absolvierten ihre erste Übung, welche zugleich
dazu diente, den Wissenstand der Kursteilnehmer festzustellen. Bereits hier merkten
die Teilnehmer, dass ihre Kenntnisse zur
Tunnelbrandbekämpfung nicht perfekt
sind. In der folgenden Detailausbildung
wurden die drei eingeteilten Gruppen im
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Rotationsverfahren ausgebildet. Die Ausbildung umfasste Erkunden, Löschen und
Suchen/Retten. Der Einsatz von Hilfsmitteln wie Wärmebildkameras, Markierleuchten und auch einfachen Hilfen wie
Blindenstöcke wurde ebenfalls geübt.
Nach Abschluss der Detailausbildung
wurden weitere Übungen durchgeführt.
Die Erkenntnisse der Ausbildungsinhalte
aus den Detailausbildungen wurden bei
diesen Übungen bereits gut umgesetzt.
Die Teilnehmer selbst konnten an sich und
ihren Kollegen eine deutliche Steigerung
feststellen, gleichzeitig bemerkten diese
selbst aber auch ihre eigenen Leistungsund Einsatzgrenzen.
Durch die nach jedem Kurstag stattfindende Kursauswertung zwischen Instruktoren und Kursteilnehmern konnten die
Ergebnisse daraus kurzfristig in die nächsten Ausbildungs- und Übungsschritte eingebaut werden.
Nach den verschiedenen Einsatzübungen am Standort Balsthal folgte ein weiterer Ausbildungsschritt am Standort Lungern. Hier wurden die Teilnehmer durch
verschiedene Szenarien zielgerichtet auf
weitere einsatztaktische Möglichkeiten
ausgebildet, zudem erfolgte ein stetiges Heranführen an die körperlichen Einsatzgrenzen. Diese sollten jeweils für den einzelnen
Teilnehmer bewusst wahrgenommen und
ausgewertet werden. So können die Einsatzkräfte ihre physische Verfassung selbst
besser auswerten und einschätzen.
Nach Abschluss der gesamten Übungseinheiten kam es in der folgenden Auswertungsrunde zu vielen neuen Eindrücken
und Erkenntnissen, welche vorher nicht
als umsetzbar galten oder auch nicht in
Erwägung gezogen wurden. Die Teilnehmer waren über die Wissensvermittlung
in diesem Kurs positiv überrascht. Die Angehörigen der Feuerwehr Bucha-Schorba
freuen sich auf die Möglichkeit, ihr erlangtes Wissen als Multiplikatoren in
ihren Ortsfeuerwehren weiter zu geben.
Aussagen von Teilnehmern, dass eine
gewisse Technik zwar zur Unterstützung
sinnvoll sei, aber die Feuerwehrangehörigen durch die fundierte Ausbildung der
wertvollste Teil des Einsatzes sind, beweisen dass sich auch die Ansichten auf einsatztaktische Regeln geändert haben.
Im Vergleich zu den Kosten von rund
235 Millionen Euro, die bis jetzt für den
Jagdbergtunnel bereitgestellt wurden,
sind die Lehrgangskosten bei der ifa mehr
als geringfügig. Ob nun die Anschaffung
spezieller Großfahrzeuge mit der angedachten Ausrüstung in diesem Umfang
noch notwendig ist, wird in weiteren Erfahrungsaustauschen ermittelt.
Es bleibt zu hoffen, dass auch weitere
Feuerwehren, die unterirdische Verkehrsanlagen in ihrer Einsatzverantwortlichkeit
haben, sich entschließen, ihre Ausbildung
zu erweitern und derartige Ausbildungsstätte zu besuchen und zur Ausbildung
heranzuziehen. III
Die Teilnehmer und Instruktoren im Taktikzentrum der ifa während der ersten, theoretischen Ausbildungseinheit. (Fotos: ifa)
Feuerwehr-Zeitung 9/12