Übersicht und Fälle zur Vorlesung

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Übersicht und Fälle zur Vorlesung
Professor Dr. Dr. h. c. Jan Schröder
Sommersemester 2008
Außervertragliches Schuldrecht
Ungefährer Zeitplan
I. Geschäftsführung ohne Auftrag
(1.4. - 23.4.08)
II. Ungerechtfertigte Bereicherung
(28.4. - 4.6.08)
III. Unerlaubte Handlungen
(9. - 25.6.08)
IV. Eigentümer-Besitzerverhältnis
(30.6. - 16.7.08)
Literatur (Auswahl)
1. Darstellungen
Brox, Hans / Walker, Wolf-Dietrich: Besonderes Schuldrecht, 32. Aufl. München (C.H. Beck) 2007.
14,50 €
Larenz, Karl/Canaris, Claus-Wilhelm: Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. II: Besonderer Teil, 2. Halbband,
Neuaufl. München (C.H. Beck).2008. 38,50 € (noch nicht erschienen!)
Loschelders, Dirk, Schuldrecht, Besonderer Teil, 2. Aufl. Köln (Carl Heymanns Verlag) 2008. 24,80 €
Medicus, Dieter: Schuldrecht (Studienbuch) II, Besonderer Teil, 14. Aufl. München (C.H. Beck) 2007.
18,50 €
Schlechtriem, Peter: Schuldrecht, Besonderer Teil, 7. Aufl. Tübingen (Mohr Siebeck) 2008, 24 € (noch
nicht erschienen!)
2. Fall- und Fragensammlungen etc.
Dörner, Heinrich: Schuldrecht 2: Gesetzliche Schuldverhältnisse (Fälle und Lösungen nach höchstrichterlichen Entscheidungen), 5. Aufl. Heidelberg (C. F. Müller) 2002, 16 €
Medicus, Dieter: Gesetzliche Schuldverhältnisse, 5. Aufl. München (C. H. Beck) 2007, 16,80 €
Wieling, Hans-Josef / Finkenauer, Thomas: Fälle zum Besonderen Schuldrecht, 6. Aufl. München (C.H.
Beck) 2007, 18,90 €
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1)
Sommersemester 2008
H verunglückt mit seinem PKW. F veranlaßt, daß der verletzte H mit dem Notarztwagen ins
Krankenhaus gebracht wird. Außerdem läßt er durch Abschleppunternehmer D den beschädigten
PKW des H abschleppen. Hat D einen Anspruch gegen H auf Ersatz der Abschleppkosten?
2)
Das von H betriebene Schiff "MS Fortuna" verliert bei starkem Sturm auf dem Mittellandkanal
fünfzehn Lukendeckel. Die für den Kanal verkehrssicherungspflichtige Bundesrepublik birgt die
Lukendeckel und verlangt von H Ersatz der Kosten in Höhe von 4816,93 DM (BGHZ 65, 384).
3)
F und H verprügeln gemeinsam den G. F zahlt dem G vollen Schadensersatz. Hat er einen
Ersatzanspruch gegen H? (Vgl. BGH NJW 1963, S. 2067 f.)
4)
F wird für H unter Verstoß gegen das RechtsberatungsmißbrauchsG zur Schuldensanierung tätig.
Nach Beendigung seiner Tätigkeit verlangt er ein Honorar von 25.000 DM (BGHZ 37, 258).
5)
F löscht im benachbarten Reihenhaus des H einen Brand, der auch sein (des F) Haus bedroht.
Wie ist es, wenn der abwesende H inzwischen verstorben und sein gleichfalls abwesender Sohn D
Alleinerbe geworden ist?
6)
F weiß, daß sein Freund - der hochverschuldete Millionär H - seit langem die letzten noch in
Privateigentum befindlichen "Sonnenblumen" von van Gogh sucht und bereit ist, dafür jeden
Preis zu zahlen. Er kauft das Bild auf einer Auktion von V für 80 Millionen €. Hat er einen
Ersatzanspruch gegen H?
7)
H fehlen in seiner Sammlung der Lithographien Daumiers über die Justiz noch zwei von 38
Stücken. Sein Freund F sieht die fehlenden Stücke auf einer Kunstauktion angeboten. Er versucht,
dies kurz vor Beginn der Versteigerung dem H mitzuteilen, erreicht aber nur dessen zehnjährigen
Sohn, der ihm erklärt, der Papa werde sich über die Anschaffung sicherlich freuen. F ersteigert
die Bilder für 4.000 €; es stellt sich heraus, daß H sie selbst schon vor wenigen Tagen erworben
hat.
Kann H von F 4.000 € verlangen?
8)
H hat die Lithographien noch nicht erworben. F kauft sie im Namen des H für 4.000 € bei
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Sommersemester 2008
Kunsthändler V. V hat die Lithographien dem F mitgegeben; F hat sie noch nicht bezahlt. Welche
Ansprüche hat V gegen H und F, welche Ansprüche haben F und F untereinander?
9)
S steigt zu einer nicht ungefährlichen Bergtour auf und gibt dabei an, er werde am Abend wieder
zurücksein. Unterwegs überlegt er es sich aber doch anders und bleibt, ohne jemandem Nachricht
zu geben, zwei Nächte lang auf einer Hütte. Bergführer suchen vergeblich nach dem vermeintlich
verunglückten S und verlangen von ihm Ersatz ihrer Aufwendungen (aus Medicus, Gesetzl.
Schuldverhältnisse).
10)
H lehnt aus religiösen Gründen Schutzimpfungen bei sich und seinen Kindern ab und hat das
mehrmals gegenüber Bekannten zum Ausdruck gebracht. Sein 14jähriger Sohn erhält nach einem
Verkehrsunfall im Krankenhaus F ohne Wissen des H eine Tetanusimpfung. Kann F von H Ersatz
der Kosten verlangen? Wie wäre es, wenn H selbst verunglückt ist?
11)
F rettet den H, als dieser versucht sich zu ertränken. Kann F Ersatz der ihm durch Unterkühlung
entstandenen Arzt- und Krankenhauskosten verlangen?
12)
H veranstaltet für seinen zwölfjährigen Sohn und dessen gleichaltrige Freunde eine Grillparty.
Beim Nachschütten von Brennspiritus geraten die Kleider des H in Brand. Von den anwesenden
Gästen hat nur F, ein Mitschüler von Hs Sohn, den Mut, dem H zu helfen. Es gelingt ihm
schließlich, den Brand zu löschen; er geht dabei aber so ungeschickt vor, daß er sich selbst
Verbrennungen zuzieht, deren ärztliche Behandlung insgesamt 800 € kostet.
Welche Ansprüche hat F? Wie, wenn seine Eltern ausdrücklich erklären, sie könnten das
Vorgehen des F nicht billigen?
13)
F birgt den in Bergnot geratenen H mit einem Hubschrauber; der Hubschrauber wird beschädigt.
14)
F aus Tübingen besorgt einen wertvollen Stich, den H schon lange sucht, in Stuttgart. Auf der
Fahrt nach Stuttgart hat er einen Verkehrsunfall, an seinem PKW entsteht ein Sachschaden von
2.000 €.
15)
F besorgt für den rauschgiftsüchtigen H ohne Auftrag Heroin. Hat er einen Anspruch auf Ersatz
der Kosten von 500 €?
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16)
Sommersemester 2008
Im Ferienlager besteigt der 10jährige H einen Felsvorsprung und verklettert sich. Der gleichfalls
kletterunerfahrene F versucht ihm zu helfen und stürzt dabei ab. Kann er von H Ersatz der
Heilungskosten verlangen? (Vgl. BGH NJW 1981, S. 626 r.Sp.)
17)
Der 10jährige Radfahrer H biegt plötzlich und ohne Voranzeige nach links auf einen Feldweg ab.
Der entgegenkommende Kraftfahrer F kann nur dadurch einen Zusammenstoß vermeiden, daß er
nach rechts ausweicht. Dabei fährt er gegen einen Baum. F verlangt von H Ersatz des
Totalschadens an seinem Fahrzeug.
18)
F versucht mit dem in seinem PKW befindlichen Handfeuerlöscher den in Brand geratenen
Wagen des H zu löschen. Sein eigenes Fahrzeug hat er in der Eile ohne Aufstellung des Warndreiecks in einer unübersichtlichen Kurve stehen lassen. X fährt auf den Wagen des F auf. F
verlangt von H Ersatz dieses Schadens.
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19)
Sommersemester 2008
Im Freibad der Stadt X spielt H, der ein guter Schwimmer und immer zu Späßen aufgelegt ist,
einen Ertrinkenden und ruft laut um Hilfe. Rettungsschwimmer F nimmt die Hilferufe ernst und
versucht dem H zu helfen. Dabei entsteht ein Handgemenge, in dessen Verlauf F dem H leicht
fahrlässig die Badehose zerreißt. H verlangt von F Schadensersatz.
20)
F fährt mit dem Taxi zu V, dem früheren Vermieter seines Neffen H und bezahlt die Mietzinsschulden des H in Höhe von 2000 €. F weiß, daß das dem H nicht recht ist. Nun verlangt F von H
2000 € und 10 € für das Taxi. - Wie wäre es, wenn die Forderungen des V gegen H schon verjährt
waren und H nicht die Absicht hatte, sie zu zahlen ?
21)
Der verwitwete E stirbt. Sein einziger Sohn F nimmt den Nachlaß an sich im Glauben, Alleinerbe
zu sein. U.a. verkauft und übereignet er einen zum Nachlaß gehörenden Mercedes für 20 000 € an
den X. Später wird ein wirksames Testament des E aufgefunden, in dem der H zum Alleinerben
eingesetzt ist. Welche Ansprüche hat H gegen F?
22)
H verkauft und übereignet F ein Altarbild für 1 500 €, nachdem F ihn (H) über den Wert des
Bildes getäuscht hat. F restauriert das Bild mit einem Aufwand von 20 000 € und veräußert es
sodann für 100 000 € an X. Später verlangt H von F die 100 000 € heraus. Was kann nunmehr F
von H verlangen? (RGZ 138, 45)
23)
V verkauft dem K einen gebrauchten BMW. K bezahlt den Kaufpreis von 10 000 € in bar.
a)
K ist unerkennbar geisteskrank.
b)
K ist 16 Jahre alt und sein gesetzlicher Vertreter hat in den Kauf nicht eingewilligt und
genehmigt ihn auch nicht.
c)
K entdeckt nach acht Monaten, daß es sich um ein Unfallfahrzeug handelt, worüber ihn V
nicht aufgeklärt hat, und ficht den Kaufvertrag an.
Welche Ansprüche bestehen zwischen V und K? Wie wäre es in c), wenn K den Kaufpreis in
Kenntnis der Täuschung gezahlt hätte?
24)
Der 17jährige C bestellt beim Einrichtungshaus B ein Schlafzimmer aus massiv Eiche. B gibt die
Bestellung seinem Lieferanten A weiter und bittet diesen, das Schlafzimmer direkt an den C
auszuliefern.
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a)
Sommersemester 2008
Die Eltern des C haben dem Geschäft zugestimmt, das Schlafzimmer wird von A an C
ausgeliefert. Kurz darauf erklärt A dem B, er müsse die Bestellung "stornieren", da B -wie
er erst jetzt erfahren habe - zahlungsunfähig sei und verlangt die Möbel von C zurück.
b)
A bestätigt die Bestellung des B und liefert das Schlafzimmer an C. Die Eltern des C
verweigern jedoch die Zustimmung zu dem Geschäft. A verlangt das Schlafzimmer von C
zurück.
c)
Die Eltern verweigern die Zustimmung und A "storniert" die Bestellung des B. Kann A
die Möbel von C zurückfordern?
25)
C errichtet auf seinem Grundstück ein Mietshaus. Mit der Erstellung der elektrischen Anlagen
und Beschaffung der Geräte hat er Bauunternehmer B beauftragt. B tritt in Verhandlungen mit A,
der Elektrogeräte liefert. A will dem B keine Geräte verkaufen, weil er dessen Zahlungsfähigkeit
mißtraut. Daraufhin erklärt B - obwohl ihm von C keinerlei Vollmacht erteilt worden ist - dann
schliesse er den Vertrag mit A im Namen des C, und A solle direkt an C liefern. Das geschieht. C
nimmt 20 von A gelieferte Warmwasserspeicher entgegen im Glauben, es handele sich um eine
Lieferung des B. Nachdem A entdeckt hat, daß er keinen Zahlungsanspruch gegen C hat, verlangt
er von diesem die Geräte heraus. (Vgl. BGHZ 40, 272)
26 a)
Brauerei B hat von C eine Gaststätte gepachtet. Den monatlichen Pachtzins in Höhe von 1000 €
überweist regelmäßig aufgrund eines Dauerauftrags der B die Bank A an C. Im Februar 1980
widerruft B gegenüber A den Dauerauftrag und teilt dem C mit, sie werde wegen Mängeln der
Gaststättenräume ihre Zahlungen einstellen. Versehentlich überweist A noch 13 Monate lang den
Pachtzins an C. Kann sie von ihm Rückzahlung verlangen? (BGHZ 89, 376)
b)
Würde sich etwas ändern, wenn B dem C auch mitgeteilt hätte, daß sie den Dauerauftrag
widerrufen habe? (Vgl. BGH NJW 87, S. 185: Versehentliche Überweisung eines Betrags
von 14 996 DM statt von 1499,60 DM, wobei der Empfänger wußte, daß der überwiesene Betrag
ihm nicht geschuldet war.)
27)
Student B bewohnt bei C eine Mietwohnung. Um den B eine Freude zu machen überweist sein
Onkel A die Miete für November und Dezember unter Angabe des Verwendungszwecks auf das
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Konto des C. A weiß nicht, daß B die Miete bereits bezahlt hat. Kann A das Geld von B
zurückverlangen? (nach Brox).
28)
Was ist ein "Zweck" im Sinne des § 812 I 2, Fall 2?
a)
S verkauft G ein Grundstück für 600 000 €. Um Steuern und Gebühren zu sparen, lassen
sie nur einen Kaufpreis von 300 000 € beurkunden. G zahlt 150 000 € an in der Hoffnung,
S werde nun auch seinerseits den - wie G und S wissen - nichtigen Vertrag erfüllen.
Kann er das Geld zurückfordern, wenn S die Auflassung verweigert?
b)
F hat sich von ihrem Ehemann M wegen dessen Geizes losgesagt und ist aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. M schickt ihr eine wertvolle Perlenkette in der Hoffnung,
daß sie nun zurückkehren werde. F erklärt jedoch dem M, daß er sie auch durch weitere
Geschenke nicht umstimmen könne. Daraufhin verlangt M von F die Kette zurück.
Ändert sich etwas wenn M von vornherein gewußt hat, daß F
wegen einer inzwischen
eingegangenen neuen Bindung nicht zurückkehren werde?
c)
Der Briefzusteller G arbeitet in seiner Freizeit von 1964 bis Juni 1971 ohne Bezahlung auf
dem Hof des Landwirts S. S hatte dem G versprochen, ihn nach seinem (des S) Tod für
seine Arbeit angemessen zu entschädigen. Im Juni 1971 errichtet er jedoch ein Testament
zugunsten des E und weist
zugleich alle Zahlungsansprüche des G ab. S stirbt 1972.
Anfang 1973 klagt G gegen E auf Vergütung der erbrachten Arbeitsleistungen (vgl. BAG
NJW 1978, S. 444).
29)
K hat bei Neckermann einen Fön bestellt. Sie zahlt den Kaufpreis im voraus, weil sie nicht weiß,
daß sie erst nach Lieferung zahlen muß. Kann sie ihr Geld zurückverlangen?
30)
K kauft bei Neckermann einen Fön, der im Dezember 1999 geliefert wird. Sie vergißt, den
Kaufpreis zu zahlen und wird durch ein Versehen auch nicht gemahnt. Im Januar 2003 fällt ihr
die Rechnung wieder in die Hände und sie bezahlt sofort den Kaufpreis. Kann sie ihn zurückverlangen, nachdem sie von einem rechtskundigen Bekannten darauf hingewiesen worden ist, daß sie
nicht hätte zu zahlen brauchen? (Es ist das seit 1.1. 2002 geltende Recht anzuwenden)
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31)
Sommersemester 2008
Welchen Anwendungsbereich hat § 817, 2 über seinen Wortlaut hinaus?
a)
Die Teilzahlungsbank S gibt dem hochverschuldeten G ein Darlehen von 20 000 €, für das
im Monat zehn Prozent Zinsen zu zahlen sind. Nach Auszahlung des Darlehnsbetrags
weigert sich G, die Zinsen an S und das Darlehen zurückzuzahlen. S verlangt Zahlung der
vereinbarten Zinsen, hilfsweise Rückzahlung des Darlehnsbetrages, hilfsweise Zahlung
von Zinsen in Höhe des zur Zeit marktüblichen Zinssatzes.
b)
S überläßt der süchtigen G Heroin. G gibt ihm dafür einen goldenen Ring, der - wie beide
wissen - ein Vielfaches der gewährten Heroinmenge wert ist. G verlangt später den Ring
zurück.
33)
Hausfrau G läßt nach dem Kaffeetrinken bei ihrer Freundin S ihr Handtäschchen liegen. Welche
Ansprüche hat sie gegen S?
34)
Kleingärtner G will seinen Rasen mähen. Versehentlich mäht er aber den Rasen seines Nachbarn
S. Ansprüche des G gegen S?
35)
S versteckt sich im Camping-Bus des G und läßt sich auf diese Weise von bochum nach
Berchtesgaden transportieren. Als G ihn dort entdeckt, verlangt er von ihm Beteiligung an den
Benzinkosten. S wendet ein, dem G sei durch seine Beförderung kein Nachteil entstanden.
36)
A, B und C betreiben Lebensmittel-Einzelhandlungen in der Stadt A. Nachdem sich dort ein
Supermarkt namens "Kassa" auf einer Verkaufsfläche von 200 000 Quadratmetern niedergelassen
hat, gehen die Umsätze von A, B und C um jeweils die Hälfte zurück, "Kassa" erzielt hingegen
auf Anhieb einen Jahresumsatz von 100 Mill. €. A, B und C verlangen von "Kassa"-Inhaber S
Herausgabe der Geschäftsgewinne, soweit diese auf ihre Kosten gehen. Mit Recht?
37)
Der deutsche Tennisspieler G hat die "US-Open" gewonnen.
a)
Am nächsten Tag bringen mehrere Zeitungen auf der Titelseite ein Großfoto von G. G
verlangt von der Zeitung S, die an diesem Tag nachweislich 50 000 Exemplare mehr
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verkauft hat, den Gewinn heraus.
b)
Tennisschuh-Hersteller S wirbt ohne Zustimmung des G mit dessen Foto. G verlangt
Zahlung der sonst für die Überlassung seines Fotos zu Werbezwecken üblichen Gebühr.
38)
S verkauft ein von G gemietetes Fahrrad (Wert 400 €) für 600 € an D. Welche Ansprüche hat G
gegen D und S?
a)
Wie Ausgangsfall, aber das Fahrrad gehört nicht dem G, sondern dem E, dem es gestohlen
worden war. Ansprüche des E gegen S?
b)
Wie Ausgangsfall, aber S schenkt das Fahrrad des D. Ansprüche G gegen D?
c)
Wie Ausgangsfall, aber D ist minderjährig und seine Eltern stimmen dem Kauf nicht zu.
Ansprüche des G gegen D und S?
39)
Autohändler S tritt dem auf die Einziehung von Forderungen spezialisierten Unternehmen des G
zehn Kundenforderungen gegen Zahlung von 20 000 € ab. Einer der Schuldner (D), der von der
Abtretung nichts erfahren hat, zahlt seine Schuld in Höhe von 4 000 € an S. Ansprüche des G
gegen D und S?
40)
Dachdecker A verwendet bei der Arbeit am Haus des C Dachziegel, die ihm die Ziegelei B unter
Eigentumsvorbehalt geliefert hat. Da A die Ziegel nicht voll bezahlt, tritt B vom Vertrag mit A
zurück und verlangt die Ziegel von C heraus oder Wertersatz. C beruft sich darauf, daß der
Einbau der Ziegel die vertragliche Pflicht des A ihm (C) gegenüber gewesen sei.
a) Wie, wenn A dem B die Ziegel gestohlen hätte?
41)
A stiehlt dem B zwei Jungbullen und verkauft sie für 1701 DM an den gutgläubigen C. Dieser
verwertet sie in seiner Fleischwarenfabrik. B verlangt von C 1701 DM Wertersatz. (Vgl. BGHZ
55, 176)
42)
B verkauft dem Gebrauchtwagenhändler A seinen PKW für 6 000 € und sichert ihm bewußt
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unrichtig die Unfallfreiheit des Fahrzeugs zu. Kurz darauf verkauft und übereignet der Prokurist
des A, der von diesen Vorgängen nichts weiß, den Wagen an C. B verlangt das Fahrzeug von C
heraus.
43)
A verschenkt noch vor Aufdeckung der Täuschung das Fahrzeug an seine Freundin S. Später
ficht er den Kauf gegenüber B an. Ansprüche des B gegen C?
44)
S sucht sich in der Weinhandlung des G 6 Flaschen Rheingauer Wein aus. Nach dem Kaufpreis
befragt, erwidert G versehentlich (denn der Wein kostet in Wirklichkeit 15,-- €): "Fünf Euro". Es
wird vereinbart, daß S den Wein sofort mitnimmt und die ihm mitgegebene Rechnung über 30 €
binnen 14 Tagen bezahlt. Nach einer Woche entdeckt G sein Versehen.
a)
Der Wein ist noch bei S vorhanden, G verlangt den Wein von S zurück.
b)
S hat den Wein bereits ausgetrunken; G verlangt Zahlung von 90 €. S weigert sich, weil er
auf keinen Fall einen Wein gekauft hätte, der mehr als fünf Mark kostet.
c)
Wie b, aber S, der die Preisliste des G genau kannte, hatte sogleich bemerkt, daß dem G ein
Versehen unterlaufen war.
45)
Geschäftsmann S will von Münster nach Osnabrück reisen. Versehentlich besteigt er den falschen
Zug und findet sich nach einer halben Stunde in Dortmund wieder. Muß er der Bundesbahn den
Wert der Reise nach Dortmund ersetzen?
46)
Der 17jährige S fliegt nach Erwerb eines entsprechenden Flugscheins mit einer Linienmaschine
der Lufthansa (G) von München nach Hamburg. Dort gelingt es ihm, mit den Transitpassagieren
das Flugzeug wieder zu besteigen und an dem Weiterflug nach New York teilzunehmen, ohne
daß er im Besitz eines Flugscheins für diese Strecke gewesen wäre. In New York wird ihm
mangels Visum die Einreise in die USA verweigert; die Lufthansa befördert ihn daraufhin noch
am selben Tag zurück nach München. Sie verlangt Zahlung des tariflichen Flugpreises für die
Strecke Hamburg/New York. Mit Recht? (BGHZ 55, 128)
47)
S kauft von G einen Hund. Nach einigen Wochen ficht S den Vertrag an, weil
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a)
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der Hund - entgegen einer von G bewußt wahrheitswidrig abgegebenen Zusicherung -nicht
reinrassig ist,
b)
der Hund - entgegen einer von G bewußt wahrheitswidrig abgegebenen Zusicherung -nicht
stubenrein ist.
G, der den Kaufpreis noch nicht erhalten hat, verlangt Rückgabe des Hundes, S weigert sich,
solange G ihm nicht die Kosten ersetzt, die S dadurch entstanden sind, daß der Hund einen
wertvollen Teppich verunreinigt hat.
48)
Wie 44 b), aber der Wein ist dem S vor dem Genuß gestohlen worden.
49)
G kauft von S seinen gebrauchten PKW für 7370 DM, dessen Unfallfreiheit von S bewußt
wahrheitswidrig zugesichert wird. G erleidet mit dem Fahrzeug einen unverschuldeten (verschuldeten) Totalschaden. Dann erfährt er, daß der Wagen vor dem Verkauf bereits mehrere
Unfälle hatte und verlangt von S den Kaufpreis zurück. Mit Recht? (Vgl. BGHZ 53, 144; 57, 137)
50)
Winzer G will seinen Weinberg durch einen Hubschrauber mit einem Schädlingsbekämpfungsmittel besprühen lassen. Er gibt den Auftrag, auch den benachbarten Weinberg des S (der von der
ganzen Sache nichts weiß) in die Aktion einzubeziehen. Das Mittel wird über den Weinbergen
des G und des S ausgebracht. Anschließend verlangt G von S Ersatz für die auf den Weinstöcken
des S versprühten Chemikalien. S wendet ein, er habe seinen Weinberg schon in den nächsten
Wochen mit einer anderen Rebsorte bepflanzen wollen; die Aktion des G sei für ihn wertlos.
51)
Nach einem Banküberfall flüchtet Bankräuber B mit einer Aktentasche voll Geld. Den Passanten
S, der ihm im Wege steht, stößt er in das Schaufenster der Metzgerei des G. G verlangt von S
Ersatz des dadurch entstandenen Sachschadens. Mit Recht?
52)
Geschäftsmann G wird auf der Fahrt zum Flugplatz durch einen von S verschuldeten Unfall
aufgehalten, so daß er sein Flugzeug nach New York nicht mehr erreicht und den Flug erst am
nächsten Tag mit einer anderen Maschine antreten kann. Die Maschine stürzt ab; G erleidet
schwere Körperverletzungen. Haftet ihm der S dafür?
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53)
Sommersemester 2008
Wie 52) aber G hat schon bei dem durch S verschuldeten Unfall eine leichte Körperverletzung
erlitten, die ihn zwingt, erst nach einigen Tagen mit der dann abstürzenden Maschine zu fliegen.
Haftet ihm S für die durch den Absturz verursachten schweren Körperverletzungen?
54)
Beim Anprobieren eines Herrenmantels im Geschäft des X wird G vom Verkäufer S auf den Fuß
getreten. Da G an schweren arteriellen Störungen leidet, entwickelt sich eine so schwere
Verletzung, daß schließlich der Oberschenkel amputiert werden muß. Kann G von S Ersatz dafür
verlangen? Wie wäre es, wenn S von dem Arterienleiden gewußt und dem G vorsätzlich auf den
Fuß getreten hätte, um diesen seines Beins zu berauben?
55)
Die Arzneimittelfirma S bringt ein Schlafmittel auf den Markt, obwohl sie begründeten Verdacht
hat, daß dieses Mittel schwere Nierenschädigungen verursacht (= Verstoß gegen § 5
ArzneimittelG). Das Kind G der X, die dieses Medikament erworben hat, verzehrt in einem
unbewachten Augenblick mehrere Tabletten auf einmal und erleidet durch die in dem Schlafmittel enthaltenen betäubenden Substanzen schwere Hirnschädigungen. Hat G gegen S Schadensersatzansprüche?
56)
Wie 52), aber die von G benutzte Maschine kommt wohlbehalten in New York an. G versäumt
aber wegen der verspäteten Ankunft einen wichtigen Geschäftstermin, wodurch ihm ein Gewinn
von 50 000 € entgeht. Hat er Ansprüche gegen S?
57)
Auf dem Parkplatz der Universität X stellt Autofahrer S, der keine Lust hat, sich einen weiter
entfernten Parkplatz zu suchen, seinen Wagen vor der vom PKW des G besetzten Parkbucht ab.
a)
Dabei beschädigt er den Wagen des G. Ansprüche des G gegen S?
b)
Dadurch versperrt er G die Ausfahrt; G muß abends mit dem Taxi nach Hause fahren.
Kann er Ersatz der Kosten von S verlangen?
58)
V überläßt M mietweise einen PKW, den S fahrlässig beschädigt. Während der Reparatur kann
das Fahrzeug eine Woche lang nicht benutzt werden. M muß sich einen anderen Wagen mieten,
für den er täglich 10 € mehr zu zahlen hat. Welche Ansprüche haben V und M gegen S?
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59)
Sommersemester 2008
Wie wäre es in 58), wenn M zwar schon den Mietvertrag abgeschlossen, aber noch nicht den
Besitz des Fahrzeugs übernommen hätte?
60)
Der PKW des E wird von D gestohlen und dann von S fahrlässig beschädigt. Während der von D
veranlaßten Reparatur muß D ein Ersatzfahrzeug mieten. Hat er Ansprüche gegen S?
61)
G produziert Kühltruhen.
a)
S beschädigt bei Bauarbeiten auf einem benachbarten Grundstück ein Stromkabel, das auch
den Betrieb des G versorgt. G erleidet wegen des Strom- und des dadurch bedingten
Produktionsausfalls eine Gewinneinbuße.
b)
Die Stiftung Warentest (S) veröffentlicht einen vorliegenden Test über Kühltruhen, in dem
die Erzeugnisse des G als "nicht zufriedenstellend" beurteilt werden. Der Test ist von
einem neutralen Forschungsinstitut sachkundig und objektiv durchgeführt worden. (Vgl.
BGHZ 69, 325ff.)
c)
Der Betriebsratsvorsitzende S ruft die Belegschaft zu einem (gewerkschaftlich nicht
genehmigten) Streik auf, um von G Ausgleichszahlungen für die hohe Geldentwertung zu
erzwingen. Da ein Teil der Belegschaft sich an dem wilden Streik beteiligt, entsteht G ein
Produktions- und Verdienstausfall.
Welche Ansprüche hat G gegen S?
62)
Betrüger S verkauft dem G ein Grippemittel für 10 €, das - wie S weiß - völlig wirkungs- und
wertlos ist. Welche Ansprüche hat G?
63)
S parkt vor der Garageneinfahrt des G. G kann dadurch nicht seine Garage benutzen und muß
sein Fahrzeug mangels eines anderen Parkplatzes für 10 € in einem nahegelegenen Parkhaus
unterbringen. Welche Ansprüche hat er gegen S?
64)
a)
Journalist S beschuldigt den Politiker G bewußt wahrheitswidrig der
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Steuerhinterziehung.
Welche Ansprüche hat G gegen S?
b)
Wie ist es, wenn S fahrlässig den Vorwurf für richtig hielt?
c)
S hat Telefongespräche des G abgehört und auf Tonband aufgenommen. Welche Ansprüche hat G gegen S?
d)
S hat von einem anonymen Dritten die Niederschrift eines heimlich abgehörten und
aufgezeichneten Telefongesprächs von G mit seinem Parteifreund X zugeschickt bekommen. Er will sie veröffentlichen / veröffentlicht sie. Welche Ansprüche hat G?
65)
Wie wäre es im Fall 55), wenn
a)
X durch bestimmungsgemäßen Gebrauch des Medikaments Nierenschäden erlitten hätte?
b)
Die Arzneimittelfirma Y und Z wegen des guten Absatzes, den das Mittel der S findet,
Umsatzeinbußen erleiden?
66)
Vor dem Hauseingang des S hat sich nach einer kalten Nacht Glatteis gebildet, das S um
10 Uhr noch nicht beseitigt hat. Der Briefträger G kommt zu Fall und bricht sich das Bein.
a)
Hat G Ansprüche gegen S?
b)
Hat er Ansprüche gegen die Großtante des S, die mit diesem im Haus wohnt?
c)
Wie ist es, wenn S das Räumen und Streuen vor dem Haus und dem Hauseingang dem
Unternehmer U übertragen hat, dessen Leute um 10 Uhr noch nicht erschienen sind?
67)
S führt ein Waffengeschäft. Er verkauft dem D einen Revolver.
a)
D verletzt damit drei Monate später den G, den er irrtümlich für einen Einbrecher gehalten
hat.
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b)
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D verletzt damit noch am selben Abend seine Frau G, was für S angesichts des Jähzorns
von D und seiner ständigen Spannungen mit G vorhersehbar war?
Hat G Ansprüche gegen S? Die für den Waffen(ver)kauf bestehenden öffentlich-rechtlichen
Vorschriften sind auf beiden Seiten eingehalten.
68)
Bei G wird von Arzt S eine Strahlenbehandlung durchgeführt, die zur Querschnittslähmung des G
führt. G hat in die Therapie eingewilligt, ist aber nicht über das (an sich geringe) Risiko einer
Rückenmarksschädigung aufgeklärt worden. Hat er gegen S Schadensersatzansprüche?
69)
Arzt S führt bei Patient G eine Rektoskopie durch, in die G eingewilligt hat, über deren Schmerzhaftigkeit er aber nicht aufgeklärt worden ist. Die Untersuchung führt zu einer Darmperforation,
einer seltenen Nebenfolge. Ansprüche des G gegen S? (Nach BGH NJW 1984, S. 1395)
70)
Bei einem Streit am Stammtisch versetzt der alkoholisierte S dem G einen Faustschlag ins
Gesicht. G erleidet einen Kieferbruch. Hat er Ansprüche gegen S, wenn dessen Blutalkoholgehalt
zur Zeit der Tat 1,3/3 Promille betrug?
71)
Schüler S, für den seine Eltern eine freiwillige Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben,
beschädigt vorsätzlich das Fahrrad seines Mitschülers G. Welche Ansprüche hat G gegen S, wenn
dieser
72)
a)
10 Jahre
b)
6 Jahre alt ist?
Nach einem Schiffsunglück klammern sich die Überlebenden G und S an ein Brett, das aber nur
einen von ihnen trägt. S stößt den G ins Wasser und rettet sich. G wird später halbtot geborgen
und muß viele Wochen im Krankenhaus verbringen. Hat er Ansprüche gegen S?
73)
G hat bei Händler H einen PKW gekauft. Nach einigen Wochen wird das Fahrzeug bei einem
durch das Platzen eines Reifens verursachten Unfall völlig zerstört. Es wird festgestellt, daß der
Reifen aus einer fehlerhaft hergestellten Serie der Reifenfabrik S stammt. Ob den S oder seine
Mitarbeiter eine Sorgfaltspflichtverletzung trifft, läßt sich nicht feststellen. Welche Ansprüche hat
G gegen S?
Professor Dr. Dr. h.c. Jan Schröder
74)
Sommersemester 2008
S behauptet fahrlässig und wahrheitswidrig, der Vorstandsvorsitzende(V)/geschäftsführende
Inhaber (I) einer Konkurrenzfirma sei schwerkrank und kaum noch arbeitsfähig. Dadurch verliert
V seine Stellung / erleidet I Gewinneinbußen. Ansprüche von V und I gegen S?
75)
Hauseigentümer G beauftragt Dachdeckermeister S mit der Reparatur einiger Sturmschäden an
dem Dach seines Hauses. S schickt seinen erfahrenen und als zuverlässig bekannten Gesellen X
und den übergewichtigen Aushilfsfahrer Y, der ihm vorübergehend seine Dienste angeboten und
über den er keine näheren Erkundigungen eingezogen hat.
a)
Y (X) tritt beim Aufstieg auf das Dach in die Dachrinne, die dabei durchbricht. G verlangt
von S Schadensersatz.
b)
Y (X) lassen durch unvorsichtiges Arbeiten einige Ziegel vom Dach fallen, die den
Nachbarn des G, N, am Kopf verletzen. N verlangt Schadensersatz von S.
76)
X, alleiniges Vorstandsmitglied der textilherstellenden S-Aktiengesellschaft, behauptet auf der
Hauptversammlung der S fahrlässig, das Konkurrenzunternehmen G sei zahlungsunfähig. G
erleidet daraufhin schwere geschäftliche Einbußen und verlangt Schadensersatz von S. S weist
nach, daß sie den X sorgfältig ausgesucht hat.
77)
In der vom Verlag S-GmbH herausgegebenen Wochenzeitschrift erscheint ein Bericht über den
Geschäftsmann G, in dem dieser aufgrund mangelhafter Recherchen wahrheitswidrig verschiedener strafbarer Handlungen bezichtigt wird. Der Bericht war vor der Veröffentlichung vom
Leiter der Rechtsabteilung der S-GmbH gelesen und gebilligt worden.
G verlangt Schadensersatz von S. Der Geschäftsführer von S verteidigt sich damit, daß der Leiter
der Rechtsabteilung sorgfältig ausgesucht worden und als zuverlässig bekannt sei. Haftet S?
78)
Wie wäre es, wenn der Leiter der Rechtsabteilung nicht befugt gewesen wäre, die Veröffentlichung eines Artikels wegen rechtlicher Bedenken zu unterbinden? (Vgl. BGHZ 24, 212ff.)
79)
Hausfrau G betritt das Warenhaus des S, um dort einen Schrubber zu kaufen. Vorher rutscht sie
aber auf einer Bananenschale aus, die die Verkäuferin X auf den Boden geworfen hat, und bricht
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Sommersemester 2008
sich ein Bein. S entschuldigt sich damit, daß die X bisher immer zuverlässig gewesen sei. Haftet
er der G?
80)
Der 7 1/2jährige K zündet in einer nahe seinem Elternhaus gelegenen Scheune des G mit einem
Streichholz einen kleinen Haufen Stroh an. Obwohl er den Brand mit einer Schaufel löscht, wird
die Scheune durch die Glutreste in Brand gesetzt. Die Eltern (S) des K erklären, sie hätten den K
immer wieder nachdrücklich vor Streichhölzern und dem Entfachen eines Feuers gewarnt und K
sei noch nie mißbräuchlich mit Streichhölzern umgegangen. Woher K die Streichhölzer hatte,
kann nicht festgestellt werden; es ist aber nicht auszuschließen, daß er sie aus der Speisekammer
seiner Eltern genommen hat, wo auf dem obersten Bord eines mannshohen Wandregals (für K
noch sichtbar und durch Klettern erreichbar) ein Streichholzpaket verwahrt wurde. Wer haftet
dem G? (Nach BGH NJW 83, 2821, vgl. aber auch NJW 84, 2574)
81)
Der neu eingestellte Briefträger G wird am ersten Tag seiner Tätigkeit bei der Zustellung eines
Briefes an S von dessen Hund gebissen. S verteidigt sich damit, daß der Hund sein (des S)
Wohnhaus bewache und sich mit dem bisherigen Briefträger gut vertragen habe. Daß nunmehr
der G die Post zustelle, habe er (S) nicht wissen können, sonst hätte er Vorsichtsmaßnahmen
ergriffen. Haftet S dem G?
82)
Der grippekranke S steckt den G an. G meint, S müsse für den durch seine Grippebakterien
verursachten Schaden auch ohne Verschulden haften. Ist das richtig?
83)
Aus dem Laboratorium des privaten Forschungsinstituts S entweichen dort gezüchtete Grippebakterien und verursachen eine schwere Erkrankung des G. Haftet S dafür, auch wenn die
Infektion Folge einer von ihm nicht verschuldeten Verwüstung seines Instituts durch Einbrecher
ist?
84)
Autofahrer S stößt durch Mißachtung der Vorfahrt mit dem PKW des G zusammen. Der von S
gefahrene Wagen gehört dem Vater des S, H, der auch die laufenden Kosten trägt. Das Fahrzeug
ist bei der Concordia-Versicherungs A.G. haftpflichtversichert. An wen kann sich G wegen seines
Personen- und Sachschadens und wegen eines Schmerzensgeldes halten?
85)
A hat an seiner Tankstelle, für die er dringend Personal braucht, den völlig unerfahrenen D
eingestellt, ohne irgendwelche Erkundigungen über ihn einzuziehen. D vergißt nach einem
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Sommersemester 2008
Reifenwechsel am PKW des G, die Radmuttern anzuziehen, so daß G einen schweren Unfall
erleidet. Wie haften S und D?
86)
S lauert dem G auf und verprügelt ihn, während D aufpaßt, ob niemand kommt (worauf S aber
gar keinen Wert legt). Haften S und D dem G?
87)
S überfährt den betrunkenen, auf der Straße liegenden G, kurz darauf überfährt auch D den
Betrunkenen. Ob S oder D den Tod verursacht haben, läßt sich nicht feststellen. Haften beide für
den Tod des G?
88)
S erfaßt auf einer einsamen und schlecht beleuchteten Straße mit seinem PKW den Fußgänger G
und schleudert ihn auf die Straße, wo G bewußtlos liegenbleibt. Nach einer Stunde wird G von D
überfahren; danach wird der Tod des G festgestellt. Ob die tödlichen Verletzungen erst durch den
D herbeigeführt worden sind, kann nicht ermittelt werden. Haften S und D für den Tod des G?
(Vgl. BGHZ 72, 325)
89)
S1 und S2 bewerfen gemeinsam das Clublokal einer mit ihnen verfeindeten Rockergruppe mit
Steinen. Dabei geht eine Fensterscheibe zu Bruch, ohne daß festgestellt werden könnte, ob der
den Schaden verursachende Stein von S1 oder S2 kam. Haften beide dem Eigentümer der
Fensterscheibe?
90)
Die sechsjährige Tochter der berufstätigen und alleinstehenden X wird von Autofahrer S
fahrlässig angefahren und verletzt. Nach einem Krankenhausaufenthalt muß T noch einen Monat
lang zu Hause gepflegt werden. X nimmt sich dafür unbezahlten Urlaub. Kann sie oder kann T
Ersatz des Verdienstausfalls von S verlangen?
91)
Hausfrau G wird bei einem von S verschuldeten Unfall überfahren und stirbt an den Folgen ihrer
Verletzungen. Welche Ansprüche haben ihr Ehemann E und ihre minderjährigen Kinder K1 und
K2 gegen S? Ist es von Bedeutung, daß G wegen eines schweren Herzleidens nur noch drei Jahre
zu leben hatte?
92)
Wie ist es, wenn G bei dem Unfall nur verletzt wird, aber durch Krankenhausaufenthalt und
Nachkur für sechs Monate ausfällt?
Zu 91/92: BGHZ 38, 55; 50, 304; 86, 372
Professor Dr. Dr. h.c. Jan Schröder
93)
Sommersemester 2008
Welche Rechte hat der Eigentümer eines Hauses (E), wenn
a)
der Mieter den mitvermieteten Rasenmäher unberechtigt an B verleiht?
b)
B den mitvermieteten Rasenmäher stiehlt?
c)
Der Käufer ohne zwischenzeitliche Umschreibung von E auf K das Grundstück weiter an
B verkauft und diesem den Besitz überläßt?
94)
Der im Antiquitätengeschäft des B angestellte Prokurist P erwirbt für B eine Standuhr aus dem
18. Jahrhundert. Unter Anwendung geringer Aufmerksamkeit hätte P erkennen können, daß die
Uhr nicht dem Veräußerer X gehörte (der sie unterschlagen hatte). Später zerschlägt sie B, der
von ihrer Herkunft nichts weiß, anläßlich eines Wutanfalls. Welche Ansprüche hat deren
Eigentümer E gegen B? (Vgl. BGHZ 32, 53)
95)
a)
Der dem E gestohlene PKW gelangt in die Hände des gutgläubigen V, der ihn an
den gleichfalls gutgläubigen B vermietet. E verlangt von B ein Nutzungsentgelt.
b)
Der unerkennbar geisteskranke E veräußert den PKW an den gutgläubigen B. Später
verlangt er den Wagen zurück und ein Nutzungsentgelt.
c)
Wie a), aber B weiß (im Gegensatz zu V), daß der Wagen dem E gestohlen ist.
d)
Wie a), aber V und B sind bösgläubig. Kann E auch gegen V vorgehen?
e)
Zuhälter Z schenkt seiner Freundin B einen gestohlenen Sportwagen. Nach einiger Zeit
verlangt E von B das Fahrzeug zurück und ein Nutzungsentgelt. B erklärt, sie hätte sich
niemals einen so teuren Wagen geleistet, wenn sie ihn nicht geschenkt bekommen hätte.
f)
Der 16jährige B mietet ohne Einwilligung seiner Eltern von E einen PKW und benutzt ihn
zwei Wochen lang. Den Mietzins zahlt er nicht, unter zutreffendem Hinweis darauf, daß
seine Eltern den Vertrag auch nicht genehmigt hätten. Außerdem habe er den Wagen nur
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Sommersemester 2008
zum Vergnügen gefahren und nichts erspart. E verlangt ein Nutzungsentgelt. Mit Recht?
96)
B bezieht von Heizölhändler E 4 000 Liter Heizöl und verfeuert sie. E war jedoch zur Zeit des
Geschäfts mit B schon wegen Rauschgiftsucht entmündigt, was der B nicht wissen konnte. Kann
der Vormund des E in dessen Namen von B Wertersatz verlangen?
97)
B bezieht von Heizölhändler H 4000 Liter Heizöl und verfeuert sie. Das Öl war der Raffinerie E
gestohlen worden, was weder B noch H wissen konnten. Kann E von H oder B Wertersatz
verlangen?
98)
a)
E verkauft und übereignet dem B einen gebrauchten VW Golf. E ist wegen
Rauschgiftsucht entmündigt, was B nicht wissen konnte. B fährt nach einigen Tagen eine
größere Beule in den Kotflügel, die er nicht reparieren läßt. Später verlangt der Vormund
des E in dessen Namen Schadensersatz.
b)
Wie a), aber B hat den Wagen von dem entmündigten E nur gemietet.
c)
B mietet einen VW Golf von V. Der Wagen ist, was B und V nicht wissen, dem E
gestohlen worden. B beschädigt das Fahrzeug; später verlangt E es heraus und Schadensersatz.
d)
A beauftragt mit seinem Umzug das Unternehmen des B. B hat sich für leichte Fahrlässigkeit
zulässigerweise
freigezeichnet.
Beim
Umzug
werden
Teile
eines
Porzellan-Services aus dem 18. Jahrhundert durch leichte Fahrlässigkeit des B beschädigt.
A hatte das Service vor einigen Jahren erworben; es war jedoch - was er nicht wußte - dem
E gestohlen. E verlangt von A und B Schadensersatz.
e)
Gilt § 991 II auch für den Fall, daß der unmittelbare dem mittelbaren Besitzer wegen
Zufalls haftet?
f)
B hat nach einer Gesellschaft versehentlich den Mantel des E mitgenommen, der genau wie
sein eigener aussieht. Einige Tage später zerreißt ein herrenloser Hund der Mantel. Nach
Aufklärung der Verwechslung verlangt E Schadensersatz von B.
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g)
Sommersemester 2008
B stiehlt dem E 1982 eine chinesische Porzellanschale, die er (B) etwas später stark
beschädigt. Ende 1982 wird B von der Polizei gefaßt; E erhält die Schale zurück und läßt
sie restaurieren. Er verlangt von B keinen Schadensersatz, da er annimmt, die Schale sei
nur einige hundert € ert. 1987 erfährt E, daß die Schale aus der Ming-Zeit stammt und
wegen der Beschädigung durch B etwa 100 000 € Wert verloren hat. Welche Ansprüche
hat E gegen B, der sich auf Verjährung beruft?
99)
B mietet von E eine Vierzimmerwohnung auf Drei Jahre. Nach Ablauf der Mietzeit verlangt B
von E Ersatz für
a)
den Lohn, den er der Putzfrau gezahlt hat,
b)
die Kosten einer Einfachglas-Fensterscheibe, die B nach einer Zerstörung durch Hagelschlag wieder hat einsetzen lassen,
c)
einen hochwertigen Teppichboden, den er im Wohnzimmer verlegt hat. (Die Räume des
Huses sind an sich mit billigem Laminat belegt, was E - wie er den Mietern erklärt hat - für
ausreichend hält.)
Mit Recht? Wie ist es, wenn E vorträgt, die Einfachglas-Scheibe sei für ihn wertlos, da er alle
Fenster bei der nächsten Gelegenheit mit Doppelglas-Scheiben habe ausstatten wollen?
100)
Wie 99), aber E ist geisteskrank (was B nicht erkennen konnte). Sein Betreuer verlangt die
Wohnung nach zwei Monaten Mietzeit von B zurück; er hat dieselben Vorbehalte gegen die von
B vorgenommenen Verbesserungen wie E.
101)
B erwirbt von E das dreijährige Rennpferd Aristoteles. E war (dem B unerkennbar) geisteskrank;
sein Betreuer erlangt nach einem halben Jahr das Pferd von E zurück und fordert auch
Herausgabe der von Aristoteles inzwischen erzielten Renngewinne von 100 000 €. B verlangt
Ersatz der Unterhaltskosten von monatlich 2 000 € sowie der Nenngelder in Höhe von 10 000 €.
Was ändert sich, wenn B von der Geisteskrankheit des E gewußt hat?
Professor Dr. Dr. h.c. Jan Schröder
102)
Sommersemester 2008
Immobilienmakler D verkauft und übereignet dem B im Namen des Eigentümers E ein Grundstück, auf dem ein schon baufälliges Mietshaus steht. B läßt es abreißen und errichtet für 1,2
Millionen ein "Steak-Haus", das gut floriert. Später verlangt E das Grundstück zurück unter
zutreffendem Hinweis darauf, daß D dem B eine gefälschte Vollmachtsurkunde vorgelegt hatte
und nicht zur Vertretung des E berechtigt war. B will Ersatz für die Kosten des "Steak-Hauses".
Wie wäre es, wenn sich jedem vernünftigen Menschen von vornherein Zweifel an der Bevollmächtigung des D hätten aufdrängen müssen?
103)
Wie wirkt sich der Eigentumswechsel auf schon bestehende Ansprüche auf
a)
Herausgabe der Sache
b)
Nutzungs- und Schadensersatz
c)
Verwendungsersatz
aus? (E veräußert seinen gestohlenen PKW für wenig Geld an Privatdetektiv F. F spürt ihn bei
dem gutgläubigen B auf und verlangt von diesem Schadensersatz wegen eines Unfalls und
Nutzungsentgelt. B verlangt Ersatz der Kosten eines Austauschmotoreinbaus. Alle anspruchsbegründenden Vorgänge liegen vor der Veräußerung an F).
104)
Wie wirkt sich der Besitzwechsel auf solche Ansprüche aus? (Der dem E gestohlene Wagen wird
von dem gutgläubigen Händler B an C verkauft. B hat den Wagen leicht beschädigt, gefahren,
einen Austauschmotor eingebaut. Zwischen wem bestehen die entsprechenden Ansprüche?
Professor Dr. Dr. h.c. Jan Schröder
Sommersemester 2008