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Schwerpunkt
Natürliche Gefahrstoffe in Körperpflegemitteln
von Ursula Klaschka
Zusammenfassung
Viele Konsumenten schätzen Körperpflegemittel mit Naturstoffen, weil sie
davon ausgehen, dass sie besser verträglich sind. Es ist jedoch falsch, Naturstoffe grundsätzlich als harmlos anzusehen.
Jeder kennt die tödliche Wirkung des
Knollenblätterpilzes oder von Strychnin
(aus der Brechnuss). Daher verbietet die
EU-Kosmetikverordnung den Einsatz
einiger giftiger Naturstoffe in Körperpflegemitteln. Aber andere Naturstoffe,
die in Körperpflegemitteln Verwendung
finden, können durchaus gefährlich sein.
Unter ihnen gibt es viele, die als Gefahrstoffe eingestuft und gekennzeichnet
werden, und zwar zu Recht, wenn man
die Eigenschaften der chemischen Komponenten berücksichtigt, aus denen die
jeweiligen Extrakte, Öle oder Destillate
bestehen.
Das Risiko für den Verbraucher und die
Umwelt hängt also bei Produkten aus
Naturstoffen – ganz genauso wie aus
chemisch-synthetisierten Stoffen – von
den Eigenschaften der einzelnen Inhaltsstoffe und von der Verwendungsmenge
ab und ist unabhängig davon, ob eine
Substanz von „Mutter Natur“ oder von
der chemischen Industrie hergestellt
wurde.
Schlüsselwörter: Naturstoffe, Körperpflegemittel, Gefahrstoffe, Gesundheitsrisiko
Abstract
Naturally toxic: Natural substances
used in personal care products
Ursula Klaschka
Many consumers prefer personal care
products made from natural substances,
because they believe that they are better.
However, it is wrong to assume that
natural substances are harmless in general. Everyone knows the deadly effect
of the fungus death cap (amanita) and of
strychnine (from the poison nut Strychnos nux-vomica). Therefore, the European Cosmetics Regulation prohibits the
use of some toxic natural substances in
personal care products. However, other
natural substances used can pose risks.
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Many of them are classified and labelled
as hazardous substances due to the hazardous properties of the chemical constituents of the respective extracts, oils
or distillates. This means, that the health
and environmental risks of personal care
products containing natural substances
depend on the properties of the constituents and on the exposure – exactly in the
same way as for chemically synthesized
substances. This is irrespective of
whether the substance was made by
“mother nature” or by the chemical
industry.
Keywords: natural substances, personal
care products, hazardous substances,
health risks
UMWELT & GESUNDHEIT 4 (2015) 122-5
Naturstoffe in Körperpflegemitteln
Natürliche Körperpflegemittel haben bei
vielen Verbrauchern einen sehr guten
Ruf als Alternative zu Körperpflegemitteln aus rein chemisch-synthetisierten
Stoffen. Haben sie diesen guten Ruf zu
Recht?
Box 1: Was ist ein Naturstoff?
Ein Naturstoff ist definiert als „ein natürlich vorkommender Stoff als solcher,
unverarbeitet oder lediglich manuell,
mechanisch oder durch Gravitationskraft, durch Auflösung in Wasser, durch
Flotation, durch Extraktion mit Wasser,
durch Dampfdestillation oder durch
Erhitzung zum Wasserentzug verarbeitet“ …. (REACH Verordnung).
Verbraucherinnen und Verbraucher erkennen auf der Verpackung eines Körperpflegemittels, ob Naturstoffe (Definition Box 1) enthalten sind: In der Inhaltsstoffliste („Ingredients“) sind sie in
der Regel mit den lateinischen Namen
der Pflanze, des Tieres oder des Pilzes
aufgeführt, zum Beispiel Lavandula
angustifolia oil (Lavendelöl), Helianthus
annuus oil (Sonnenblumenöl), Rosa
damascena distillate (Rosendestillat)
(Abbildung 1).
Ingredients: Aqua, Prunus amygdalus
dulcis seed meal (Mandelkernschrot),
Calendula officinalis flower extract
(Ringelblumenblütenextract), Anthyllis
vulneraria extract (Wundkleeextrakt),
Alcohol, Arachis hypogea oil (Erdnussöl), Chamomilla recucita flower extract
(Kamillenblütenöl), Hypericum perforatum flower/leaf/stem extract (Extrakt
von Wolfsmilchblüten, -blätter und stielen), Helianthus annuus seed oil (Sonnenblumensamenöl), Hamamelis virginiana bark/leaf extract (Extrakt von
Zaubernussrinde und -blättern), Triticum
vulgare germ oil (Weizenkeimöl), Prunus amygdalus dulcis oil (Mandelöl),
Parfum, Citronellol, Geraniol, Malpighia punicifolia fruit extract (Acerolafruchtextract), Xanthan gum (Xanthan),
Lecithin, Algin.
Abbildung 1: Beispiel für die Inhaltstoffliste eines Körperpflegemittels,
bei der die Naturstoffe unterstrichen
sind. Die deutschen Namen, die hier in
Klammern ergänzt sind, müssen die
Hersteller nicht auf den Verpackungen angeben.
Viele der pflanzlichen Naturstoffe, die in
Körperpflegemitteln verwendet werden,
stammen aus Kräutern (zum Beispiel
Rosmarin), Gemüse (zum Beispiel Karotte), Heilpflanzen (zum Beispiel Kamille) oder sind Wild- oder Gartenpflanzen (zum Beispiel Krokus oder Brennnessel) (Box 2).
Naturstoffe sind in der Regel Mischungen von vielen einzelnen chemischen
Verbindungen aus sehr unterschiedlichen
chemischen Stoffgruppen (zum Beispiel
Alkaloide, Lipide, Peptide, Phenole,
Zucker, Terpene). Sonnenblumenöl
enthält zum Beispiel diverse Fettsäuren.
Extrakte, Öle oder Wachse, die aus Zitrusfrüchten gewonnen werden, enthalten
meist Limonen und andere Terpene.
Viele Naturstoffe eignen sich für den
Einsatz in Körperpflegemitteln, weil sie
gut riechen, eine geeignete Konsistenz
haben oder hautpflegende, antimikrobielle oder andere Funktionen im Produkt
erfüllen.
UMWELT & GESUNDHEIT 4/2015
Schwerpunkt
Box 2: Bekannte giftige Naturstoffe
Pflanzen, Tiere, Pilze oder Bakterien
stellen eine unglaublich große Vielzahl
an chemischen Verbindungen her, die in
der Regel ganz spezifische Aufgaben für
diese Organismen erfüllen, wie Abwehr
gegen Fraßfeinde, Schutz vor Verschimmeln (biozide Wirkung), Anlocken
von Bestäubern. Manche Tiere verwenden Gifte, mit denen sie die Beute töten
oder verdauen.
Für den Menschen sind viele dieser Naturstoffe giftig. Jeder kennt die tödliche
Wirkung des Knollenblätterpilzes oder
von Strychnin (Alkaloid der Brechnuss)
oder die Giftigkeit von Maiglöckchenblättern. Manche Naturstoffe haben sich
aufgrund ihrer physiologischen Wirkungen in geringen Dosen als Arzneimittel
bewährt, so können zum Beispiel geringe Mengen von Fingerhutinhaltsstoffen
(Digitalis) zur Therapie bei Herzerkrankungen eingesetzt werden, während hohe Dosen zu Vergiftungen führen. Der
Einsatz besonders giftiger Naturstoffe ist
nach der Kosmetikverordnung in Körperpflegemitteln rechtlich verboten, zum
Beispiel von Mutterkornpilz, Kirschlorbeer, Tollkirsche oder Brechnuss.
Giftstoffe in Nahrungspflanzen werden
entweder beim Kochen entgiftet (zum
Beispiel sollte man nie rohe Bohnen essen) oder giftige Teile werden traditionell nicht verwendet (zum Beispiel Kartoffeln, die im Licht lagerten, werden
grün und hochgiftig. Deshalb lagert man
sie im Dunkeln.) Dass viele Beeren im
Garten giftig sind (zum Beispiel Beeren
<Arillen> der Eibe), sollte jedes Kind
früh lernen, und dass sich Pflanzen gegen Beschädigung wehren, wissen manche Gärtner oder Floristen, die gegen
manche Arten eine Kontaktallergie entwickelt haben.
Sind unter den Naturstoffen, die
in Körperpflegemitteln eingesetzt werden, Gefahrstoffe?
Um herauszufinden, ob ein Naturstoff
gefährlich ist oder nicht, ist es am einfachsten, in der europäischen Datenbank
für Gefahrstoffe (C&L Inventory
http://echa.europa.eu/web/guest/informat
ion-on-chemicals/cl-inventory-database)
nachzusehen, ob er als Gefahrstoff eingestuft und gekennzeichnet ist.
Die europäische Liste der Körperpflegemittelinhaltsstoffe (INCI Liste,
‘Inventory of Ingredients Employed in
UMWELT & GESUNDHEIT 4/2015
Abbildung 2: Von zirka 8.500 Stoffen, die in der europäischen Liste der Kosmetikinhaltsstoffe (die so genannte INCI-Liste, neu Common Ingredients Glossary)
aufgeführt sind, stammen 1.358 direkt von Organismen ab und sind somit Naturstoffe. Von diesen Stoffen sind 655 in der C&L Datenbank, in der man nachsehen kann, ob ein Stoff als Gefahrstoff eingestuft und gekennzeichnet wird.
Unter diesen wiederum sind 369 als Gefahrstoffe eingestuft und gekennzeichnet.
Die zahlreichen Naturstoffe, die in der separaten INCI Liste von Duftstoffen
aufgeführt sind, wurden hier nicht weiter analysiert.
Cosmetic Products’, neu:
„Common Ingredients
Glossary“) enthält über
1.300 Naturstoffe, von denen 655 im C&L Inventory aufgeführt sind. (Ab(Abbildung 2) Davon
ist über die Hälfte als
Gefahrstoff eingestuft
und gekennzeichnet, die
meisten aufgrund von
negativen Auswirkungen auf Haut und Augen. (Tabelle 1)
Tabelle 1: Die 369 Naturstoffe aus Abbildung 2
sind aus unterschiedlichen Gründen als Gefahrstoffe eingestuft. Hier ist die Anzahl der am häufigsten
vergebenen Gefahrensätze (H-Sätze) mit den entsprechenden Gefahrenpiktogrammen wiedergegeben.
Diese Einstufungen lassen sich sehr gut nachvollziehen, wenn man
bedenkt, aus welchen
Komponenten Naturstoffe jeweils bestehen.
Am Fall von Wachs aus
Orangenschalen lässt
sich das besonders einfach zeigen. (Abbildung 3) Es besteht zum
allergrößten Teil aus
Limonen. Das ist eine
Isoprenverbindung, die
in Pflanzen häufig vorkommt. Daher ist naheliegend, dass die Einstufung und Kennzeichnung von Limonen
als Einzelstoff gleich ist
wie die vom limonenhaltigen Orangenschalenwachs.
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Schwerpunkt
Abbildung 3a: Citrus aurantium dulcis peel cera (Orangenschalenwachs) wird im
„Common Ingredient Glossary“ mit der Funktion „geschmeidig machend / hautpflegend“ aufgeführt. Es wird mit den oben genannten Gefahrensätzen und Gefahrensymbolen gekennzeichnet.
Abbildung 3b: Limonen ist eine Verbindung, die in der Natur vorkommt und vor allem aus Orangenschalen gewonnen wird, aber auch chemisch synthetisiert werden
könnte. Es wird sehr häufig als Duftstoff in Körperpflegemitteln eingesetzt und
muss als bekanntes Allergen auf den Verpackungen von Körperpflegemitteln namentlich genannt werden.
P303 + P361 + P 352 BEI BERÜHIn Körperpflegemitteln sind die NaturstofRUNG MIT DER HAUT (oder dem
fe mit anderen Stoffen vermischt. VerHaar): Alle kontaminierten Kleidungsbraucherinnen und Verbraucher verwenstücke sofort ausziehen. Haut mit Wasser
den sie also nicht in reiner Form. Wenn
abwaschen/duschen. Für ein Körperpflejedoch in einem Produkt zahlreiche Nagemittel, das sehr viel Limonen enthält,
turstoffe mit denselben Komponenten
wären das Empfehlungen, die zeigen, dass
enthalten sind, ist die Konzentration im
es besser wäre, dieses Produkt nicht zu
Gesamtprodukt natürlich entsprechend
verwenden.
größer. Wer außerdem täglich mehrfach
Körperpflegemittel verwendet, erhöht zuSind auch die Produkte gesätzlich die Menge, mit der er oder sie
den eigenen Körper konfrontiert.
fährlich?
Nach der europäischen Verordnung zur
Einstufung und Kennzeichnung sollen
Gefahrstoffe mit geeigneten Empfehlungen zum sicheren Umgang versehen werden. Bei reinem Orangenöl oder reinem
Limonen wären das die folgenden Empfehlungen:
P 264 Nach Gebrauch gründlich waschen,
P 273 Freisetzung in die Umwelt vermeiden,
P 280 Schutzhandschuhe/ Schutzkleidung/Augenschutz/Gesichtsschutz tragen,
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Ebenfalls wurden die Inhaltslisten von 100
Naturkosmetikprodukten geprüft. Erfreulicherweise sind die Naturstoffe, die am häufigsten eingesetzt werden, keine Gefahrstoffe, zum Beispiel Helianthus annus seed
oil (Sonnenblumenöl) oder Olea europea
oil (Olivenöl) oder Xanthan gum (Xanthan), Simmondsia chinensis oil (Jojobaöl)
oder Butyrospermum parkii butter (Sheabutter). Es gab jedoch kein Produkt, in
dem mit Sicherheit kein gefährlicher Naturstoff enthalten war.
Wenn viele Naturstoffe, die in Naturkosmetika in größeren oder kleineren Konzentrationen eingesetzt
werden, Gefahrstoffeigenschaften
haben, stellt sich die Frage, ob auch
das Gesamtprodukt als gefährliches
Produkt eingestuft und gekennzeichnet werden müsste. Dazu
bräuchte man die genauen Angaben
über die Zusammensetzung eines
Produktes, die nur der Hersteller,
beziehungsweise der Lieferant der
Inhaltsstoffe, hat. Entsprechend der
Kosmetikverordnung werden Körperpflegemittel als „sicher“ angesehen, auch wenn sie Gefahrstoffe
in Mengen enthalten, die zu einer
Einstufung des ganzen Produktes
als gefährlich führen würde. (siehe
UMWELT UND GESUNDHEIT 2013)
Da es für Körperpflegemittel eine
Ausnahmeregel gibt und sie nicht
eingestuft und gekennzeichnet werden müssen wie andere Alltagsprodukte, hat der Konsument keine
Möglichkeit zu erkennen, ob das
Produkt insgesamt Gefahrensymbole tragen müsste oder nicht. Hier
gibt es keinen Unterschied zwischen Körperpflegemitteln aus Naturstoffen oder aus chemischsynthetisierten Stoffen. Jeder Konsument muss selbst anhand der Inhaltsstofflisten erkennen, ob das
Produkt Stoffe enthält, die er verwenden will oder nicht. Bei Naturstoffen ist die Situation noch
schwieriger als bei den chemischsynthetisierten Stoffen, weil Naturstoffe wie oben beschrieben aus
zahlreichen chemischen Einzelkomponenten bestehen und man
diese – wenn überhaupt – nur mit
großem Aufwand recherchieren
kann.
Für Patienten mit Kontaktallergie
wäre wichtig zu wissen, welche allergenen Duftstoffe im Produkt
enthalten sind. So muss zum Beispiel Limonen in der Liste der Inhaltsstoffe aufgeführt werden. Dass
Orangenschalenextrakt und viele
andere Naturstoffe Limonen enthalten (Abbildung 3), sollte man wissen, wenn man auf Limonen verzichten will. Auf der Verpackung
steht diese Information nicht. Allergiker sollten sich daher über die
Zusammensetzung von Naturstoffen in ihren Produkten informieren,
bevor sie sie anwenden wollen.
UMWELT & GESUNDHEIT 4/2015
Schwerpunkt
Fazit
Naturstoffe sind nicht grundsätzlich weniger gefährlich als chemisch-synthetisierte Stoffe. Es kommt immer auf die
Eigenschaften eines konkreten Stoffes
an, nicht auf die Herkunft aus der Natur
oder von der chemischen Industrie. Zudem hängt das Risiko auch entscheidend
von der Verwendungsmenge ab. Es ist
auf alle Fälle falsch, zu denken, dass
Naturstoffe grundsätzlich harmlos sind!
Auch „natürliche Körperpflegemittel“
enthalten in der Regel Gefahrstoffe, sowohl Naturstoffe als auch chemischsynthetisierte.
Was sollten Verbraucherinnen
und Verbraucher tun?
 Wer Naturkosmetika selbst zusammenmischt und anwendet, sollte sich
vorher gut informieren.
 Wer Produkte kauft, sollte Werbeaussagen nie blind vertrauen.
 Wer negative Reaktionen seines
Körpers beobachtet, sollte besonders achtsam mit den Produkten
umgehen.
Prof. Dr. Ursula Klaschka
Nickel und Chrom VI
in Schmuck und Leder
Ergebnisse der bundesweiten
Lebensmittel- und Bedarfsgegenständeüberwachung 2014
Hohe Gehalte von Nickel in Modeschmuck und Chrom VI in Lederwaren
mussten die Überwachungsbehörden
immer wieder beanstanden. 2014 standen sie deshalb im Mittelpunkt der Lebensmittel- und Bedarfsgegenständeüberwachung. Die Ergebnisse, die das
Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) am 23.
November 2015 in Berlin vorstellte, zeigen nur punktuelle Verbesserungen.
„Es ist an der Zeit, dass sowohl die Hersteller als auch die Importeure dafür sorgen, dass die Grenzwerte eingehalten
werden“, forderte der Präsident des
BVL, Helmut Tschiersky. „Hohe Gehalte
von Nickel und Chrom sind gesundheitliche Risiken. Die Überwachungsbehörden der Länder werden beide Produktgruppen weiterhin verstärkt kontrollieren.“
Nickel in Modeschmuck
Institut für Angewandte Forschung
Hochschule Ulm
Prittwitzstr. 10
89075 Ulm
Email: [email protected]
Weiterführende Literatur:
Klaschka U: Dangerous Cosmetics - Criteria for classification, labelling and
packaging (EC 1272/2008) applied to
personal care products. Environmental
Sciences Europe 24 37 (2012) 37. doi:
10.1186/2190-4715-24-37 URL:
http://www.enveurope.com/content/24/1/37
Klaschka U: Warum sind Shampoos frei
von Warnhinweisen? UMWELT UND GESUNDHEIT 24 2 (2013) 55-6
Klaschka U: Naturally toxic: Natural
substances used in personal care products. Environmental Sciences Europe 27
1 (2015) 1. doi:10.1186/s12302-0140033-2 .
http://www.enveurope.com/content/27/1/1
Teuscher E, Lindequist U. Biogene Gifte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft
(Stuttgart 2010)
Foto Orangenschale: Knipseline/pixelio
UMWELT & GESUNDHEIT 4/2015
Chrom VI in Lederprodukten
Abbildung: Modelltafel für Modeschmuck um 1900
Viele Menschen reagieren allergisch,
wenn sie mit Gegenständen in Kontakt
kommen, die Nickel abgeben, also eine
hohe Lässigkeit aufweisen. Die Nickellässigkeit von Modeschmuck wurde
schon im Rahmen des Bundesweiten
Überwachungsplans (BÜp) 2008 untersucht. Während bei Schmuckteilen und
Verschlüssen die Beanstandungsquote
wegen Überschreitung der gesetzlichen
Grenzwerte von 10 Prozent auf 4,9 Prozent zurückging, wurden 2014 mehr Stecker von Ohrringen oder Piercingschmuck beanstandet (17,4 Prozent) als
2008 (14 Prozent). Die höchsten gefundenen Konzentrationen in den 556 untersuchten Proben überschritten die
Grenzwerte teils um das Zehnfache.
Abbildung: Der Lohgerber (1880)
Vor der Industrialisierung erfolgte das
Gerben von Leder mit gerbstoffhaltigen
Pflanzen meist per Hand. Seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurden vermehrt Maschinen eingesetzt.
1861 wurde das erste Chrom-Gerbverfahren patentiert. Seit dem 20. Jahrhundert bis heute ist die Gerbung mit Mineralsalzen, vor allem mit Chrom-III-Salzen, die wichtigste Gerbmethode. Über
80 % allen hergestellten Leders liegt eine Chrom III-Gerbung zugrunde. Ein
Problem ist, dass bei bestimmten Herstellungs- und Lagerbedingungen eine
Umwandlung in Chrom VI stattfindet.
Seit dem 01. Mai 2015 sind Lederartikel
mit Hautkontakt, die Chrom VI mit
mehr als 3 mg/kg enthalten, per EUVerordnung nicht verkehrsfähig.
Chrom VI wirkt oft sensibilisierend und
kann bei vielen Menschen Allergien auslösen. In Bedarfsgegenständen aus Leder, die nicht nur vorübergehend Hautkontakt haben, wie Jacken, Handschuhen, Schuhen oder Uhrenarmbändern,
darf Chrom VI deshalb analytisch nicht
nachweisbar sein. Trotzdem wurden
schon bei einer Untersuchung 2009 häufig Rückstände über der Nachweisgrenze
von 3 mg/kg gefunden. Das Programm
im Rahmen des BÜp wurde 2014 wiederholt. Dabei zeigte sich, dass bei den
386 untersuchten Proben weiterhin häufig Chrom VI gefunden wurde. So wurde bei 16 Prozent der Messungen die
Nachweisgrenze überschritten. Besonders oft waren Handschuhe und Fingerlinge (33 Prozent Überschreitungen),
Rucksäcke, Koffer und Taschen (25
Prozent), Arbeitsbekleidung (23 Prozent) und Schuhe (13 Prozent) belastet.
Proben aus Deutschland waren weniger häufig auffällig (12 Prozent) als
Proben aus China (33 Prozent).
Quelle: BVL, 23. November 2015
Abbildungen: wikimedia
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