Der Vesuv

Transcrição

Der Vesuv
Der Vesuv
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Wer Vesuv sagt, sagt Kampanien. ‘A Muntagna (der
Berg) nennen die Neaploitaner den berühmtesten
Vulkan der Welt und Wahrzeichen der Stadt, der mit
seiner perfekten Form den Golf von Neapel
umschließt.
Auf dem majestätischen Kegel herrscht eine
unruhige und reizvolle Atmosphäre. Eine geplagte
Landschaft von wilder Schönheit erwartet den
Ausflügler; das Panorama von der Höhe des Vulkans
reicht von der Sorrentiner Halbinsel bis nach Capo
Posillipo, ein unvergessliches Gefühl, das im zarten
Schimmer des Morgengrauens und im kräftigen
Licht des Sonnenuntergangs besonders
eindrucksvoll ist.
Der Vesuv ist der einzige aktive Vulkan des
kontinentalen Europas und auch einer der
gefährlichsten, weil das ihm zu Füßen liegende
Gebiet dicht besiedelt ist; die Häuser liegen bis zu
700 m hoch. Der linke Gipfel ist der Monte Somma
(1133 m), der rechte der Cono Vesuviano (1281 m).
Sie trennt eine Senke, die sogenannte Valle del
Gigante, die wiederum in Atrio del Cavallo im
Westen und Valle dell’Inferno im Osten geteilt ist.
Die Völker der Antike hatten vergessen, dass es sich
um einen Vulkan handelte, er war nur für seine
ausgezeichneten Weine und die üppige
Gipfelvegetation berühmt. Doch plötzlich erlangte er
mit dem Vulkanausbruch 79 n.Chr große
Berühmtheit. Ganze Städte, darunter Pompeji und
Herculaneum, wurden zerstört.
Der letzte Ausbruch wurde 1944 von den alliierten
Truppen gefilmt. Seit damals „schläft“ der Vulkan.
1991 wurde offiziell der Vesuv Nationalpark
gegründet und von der Unesco zum
„Weltnaturschutzgebiet der Biosphäre“ erklärt:
Er umfasst das gesamte Vulkangebiet, die große
Ausgrabungsstätte von Pompeji, Herculaneum,
Oplontis, und Miglio d’Oro mit seinen prachtvollen
und zugleich beispielhaften Villen des 18. und
19.Jh.
Hinsichtlich der Flora unterscheiden sich das Gebiet
des Vesuvs und des Somma in einigen Dingen von
einander. Der Vesuv ist trockener und sonniger mit
typisch mediterraner Vegetation, gepflanzten
Pinienhainen und Steineichenwäldern. Der Somma
ist feuchter mit Mischwäldern aus Kastanienbäumen,
Eichen, Erlen, Ahorn und Steineichen; auch trifft
man auf Birken, ein für mediterranes Gebiet eher
ungewöhnlicher Baum. Bemerkenswert ist auch das
große Vorkommen von Orchideen, gut 23 Arten, und
der Ginster, den der Dichter Giacomo Leopardi
besang. Auch die Fauna des Parks ist besonders
vielfältig und interessant.
Ufficio Turistico di Ercolano
via IV Novembre
tel. 081 7881243
Ente Parco Nazionale
del Vesuvio
piazza Municipio 8
San Sebastiano al Vesuvio (NA)
tel. 081 7710911
fax 081 7718215
Ente per le Ville Vesuviane
Veranstaltungsbüro
Villa Campolieto
corso Resina
Ercolano (NA)
tel. 081 7322134
fax 081 7391369
www.villevesuviane.net
Ercolano
Ausgrabungen
corso Resina
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Villa Campolieto
corso Resina
tel. 081 7322134
fax 081 7391369
Museo Vulcanologico
dell’Osservatorio Vesuviano
via Osservatorio 14
tel. 081 7777149
Berühmte Reisende
A.J. O’ Reilly, 1884
Azienda Autonoma
di Cura Soggiorno
e Turismo di Pompei
via Sacra 1
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Cimitile
die Basiliken von Cimitile
via Madonnelle
tel. 081 5127141
Der Vesuvkrater
Aus der Ferne scheint der Berg harmlos, das blaue Profil des majestätischen Kegels,
der in einer dicken Rauchwolke endet, wie stürmische Wolken, die sich um
Schneegipfel des fernen Apennins verdichten; aber sobald sich ein abenteuerlustiger
Fremder dem glühenden Krater nähern möchte und auf die schwarzen und geplagten
Hänge schleppt, wird er in den immensen Schlunden und Rissen Spuren der
mächtigen Erschütterungen wahrnehmen.
i
Das
Vesuvobservatorium
Das Vesuvobservatorium
(Osservatorio Vesuviano) ist
die älteste wissenschaftliche
Institution, die dem Studium
der Vulkane gewidmet ist
und wurde 1841 gegründet.
Der ursprüngliche Sitz,
erhebt sich in 608 m Höhe
auf dem Vesuv. Das
ehemalige bourbonische
Gebäude beherbergt eine
Dauerausstellung, in der der
Besucher durch die
faszinierende Welt der
Vulkane geführt wird.
Christi hervorbringt, der
bereits in der Antike
berühmt war.
Die Straße des Weins
und der typischen
Vesuvprodukte
Im Mittelpunkt dieser Straße
steht das DOC
Vesuvweingebiet, das einen
Wein wie den Lacryma
Oplontis
Ausgrabungen,
via Sepolcri 11
Torre Annunziata (NA)
tel. 081 8623163
Parco Letterario del Vesuvio
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Kontaktperson Maria Lionelli
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Pompeji
Herculaneum
Vesuvbesteigung
Villa Campolieto
Vesuvgebiet an einem Tag
Pompeji
Parco Nazionale del Vesuvio
Vesuvgebiet in drei Tagen
Pompeji und Herculaneum
Parco Nazionale del Vesuvio
Schloss von Portici
Vesuvvillen von Miglio d’Oro
Wallfahrtskirche von Pompeji
Einkäufe
Korallen und Kameen
Objekte aus Lavastein, Kupfer,
Schmiedeeisen, Weidenruten
Mit Kindern unterwegs
Pompeji
Parco Nazionale del Vesuvio
Osservatorio Vesuviano
Parco della Reggia di Portici
Villa Bruno a San Giorgio
in Cremano
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Viele Routen durchqueren den Park, die landschaftlich
sowie hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades
unterschiedlich sind.
Die Vesuvparkverwaltung hat 9 Wege angelegt für all jene,
die Trekking lieben, die mit vier Markierungsarten versehen
sind: Landweg (Weg 7), Panoramaweg (6), didaktischer
Weg (9) und Rundweg (1 bis 5 und 8).
Doch die „historische“ Besteigung ist der Aufstieg zum
Krater: Der 4 km lange Weg ist mittelschwer und geht von
Herculaneum aus. In ca. 3 Stunden erreicht man eine Höhe
von 1170 m, wo der Blick über den gesamten Golf schweift
und sich der beeindruckende Kraterschlund mit einem
Durchmesser von 600m und einer Tiefe von 200 m öffnet.
Diesen Anstieg haben schon viele gemacht, von Tschechov,
der die Besteigung wie eine Plage empfand („Welch ein
Martyrium, den Vesuv zu besteigen! Du gehst, gehst und
gehst, aber der Gipfel ist immer noch weit weg“) bis
Chateaubriand, der kühnste unter allen („Jetzt bin ich auf
dem Gipfel des Vesuv. Ich schreibe sitzend auf dessen
Mund und bin bereit, bis in die tiefen des Kraters
hinabzusteigen“).
Heute kann man mit dem Bus oder Auto hinauffahren. Die
bequemsten Straßen gehen von Herculaneum, Ottaviano
und Somma Vesuviana aus. Die Straße von Herculaneum
ist die interessanteste Route, einerseits wegen der
herrlichen Ausblicke auf den Golf und andererseits wegen
der reizvollen Landschaft. Der erste Straßenabschnitt geht
durch Weinberge. Auf 1017 m Höhe geht es zu Fuß auf
einem Weg weiter, der von Lavaschlacken gesäumt ist und
bis zum Kraterrand führt.
Veranstaltungen
Januar
_Spanferkelfest
Sant’Antonio Abate
Juni
_Aprikosenfest
Sant’Anastasia
San Sebastiano al Vesuvio
Somma Vesuviana
Juli
_Festival der Vesuvianischen
Villen
Theater, Konzerte,
Ausstellungen
Ville Vesuviane
_Wildschweinwurstfest
Boscoreale
_Ethnos - Internationales
Festival der Ethnomusik
Neapel und vesuvianische
Gemeinden
Juli-August
_Il sorriso del vulcano
(Das Lächeln des Vulkans)
Theater zwischen
vesuvianischen Architekturen
August
_Sagra del pesce azzurro
(Sardellenfest)
Torre Annunziata
Juli-September
_Classico Pompeiano
Pompeji klassisch (MusikProsafestival)
Großes Theater von Pompeji
Villa Campolieto
Kunst und Archäologie
Pompeji und Herculaneum
Oplontis
Schloss von Portici
Vesuvianische Villen
von Miglio d’Oro
Natur und Parks
Parco Nazionale del Vesuvio
Für die jungen Leute
Granatello di Portici
San Giorgio a Cremano
Gaumenfreuden
Aprikosen vom Vesuv
Kleine Piennolo-Tomaten
Stockfisch von Somma
Vesuviana
Wein vom Vesuv
Thermen und Wellness
Terme di Torre Annunziata
September
_Weinfest
Trecase
_Festa del miele
e del pomodoro Pollena
(Fest des Honigs und der
Pollena-Tomate) Trocchia
Juli-Oktober
_Zauber im Forum Klänge
und Lichter
im Ausgrabungsgebiet
von Pompeji
_Pompeji bei Nacht
Bei Mondschein imitten
der Ruinen der antiken Stadt
Okober
_Fest der katalanischen
Traube
Somma Vesuviana
_Fest der Traube
und des katalanischen Weins
Pollena Trocchia
November
_Markt und Prämierung
des kampanischen Honigs
Somma Vesuviana
Berühmte Reisende
Herculaneum
und seine Sch tze
Ich sprach gerade… vom Vesuv und der jüngsten Entdeckung der
antiken Stadt Herculaneum. Nichts auf der Welt ist so besonders wie
eine ganze Stadt im Herzen der Erde zu finden.
Charles de Brosses, 1739
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Am 24.August 79 n.Chr. erwachte der Vesuv aus
einem langen Schlaf und überraschte die Bewohner
der Umgebung. Der Vulkanausbruch war
apokalyptisch, jegliches Leben am Fuße des Vulkans
wurde vernichtet. Von verschollenen Städten ging
jede Spur verloren.
Nach 1700 Jahren kamen die vesuvianischen Städte
wieder ans Tageslicht und schenkten der Menschheit
die zwei bedeutendsten archäologischen
Ausgrabungsstätten der Welt, Herculaneum und
Pompeji.
Anders als Pompeji, das unter einer Aschen- und
Lapillischicht begraben wurde, verschwand
Herculaneum unter einer bis zu 25 m hohen
Schlamm- und Lavaflut. Unter dem Schlamm
blieben die Materialien erhalten und versiegelt, Holz,
Stoffe und Speisen veränderten sich langsam,
blieben aber in ihrer Hülle unverändert, fast wie
versteinert.
1709 stieß Prinz d’Elboeuf bei Brunnengrabungen in
einer seiner Villen zufällig auf Theaterreste. König
Karl von Bourbon befahl 1738 den offiziellen Beginn
der Ausgrabungsarbeiten. Die größte Überraschung
war die majestätische Villa dei Papiri, der der
Bestand an Bronze- und Marmorskulpuren (heute im
Archäologischen Nationalmuseum von Neapel)
sowie die Papyrusbibliothek (über 1800
philosophische Texte, die heute in der
Nationalbibliothek von Neapel aufbewahrt werden)
entnommen wurden.
1927 begann die Ausgrabung der Wohnhäuser und
öffentlichen Gebäude: Im Norden kamen das Forum,
der Mittelpunkt des wirtschaftlichen, sozialen und
politischen Lebens, im Osten die Palestra
(Turnhalle) und im Süden die Thermen der Vorstadt
hinzu.
In Herculaneum verbrachten die reichen Römer die Ferien,
wie die Villen, die bühnenbildhaft zum Meer blicken,
zeigen. Die Straßen, die mit Vesuvlava oder Kalkstein
gepflastert sind, weisen eine typische Inselanlage auf.
Einer der schönsten Domizile der Stadt ist das
Mosaikatriumhaus (Casa dell’Atrio a mosaico), dessen
Namen auf den schönen schwarz-weißen Fußboden
zurückgeht. Im Garten des Luxushauses der Hirsche
(Casa dei cervi) wurden Hirschfiguren, die von Hunden
angegriffen werden, sowie Statuen des Satyr mit Trinkhorn
und trunkenen Herkules gefunden. Die Thermen des
Forums waren die wichtigsten öffentlichen Bäder der Stadt.
Im Haus mit den verkohlten Möbeln (Casa del mobilio
carbonizzato) ist noch auf seinem ursprünglichen Platz das
Holzmobiliar erhalten, das aus einer Essliegestätte und
einem kleinen Esstisch besteht. Das Haus mit dem
Mosaik des Neptuns und der Aphrodite mit
angeschlossener Werkstatt (die am besten von allen
erhalten ist) verfügt über ein riesiges Atrium und der
schönsten Mosaikverzierung der Stadt. Das zweistöckige
Haus von Argos, hat einen Garten, der mit einem
Säulengang umgeben ist.
Von den öffentlichen Räumen wurde das Forum
ausgegraben, das von der Hauptstraße (Decumanus
maximus) und dem Heiligtum der Augustalen durchquert
wird. Am Decumanus erinnern Bogengänge an einen
öffentlichen Versammmlungsort der Bürger, vermutlich die
Basilika. Bemerkenswert ist die Palestra (Turnhalle), ein
überwältigender Bau aus augusteischer Zeit mit einem
Freibad, dessen Mitte ein Hydrabronzebrunnen ziert.
Außerhalb der Mauern können die Vorstadtthermen
bewundert werden. Die Villa der Papyrusrollen (Villa dei
Papiri), die nur zum Teil ausgegraben ist, kann besichtigt
werden, während das Theater nicht zugänglich ist. Für den
Besuch der Ausgrabungen von Herculaneum sollte ca. ein
halber Tag eingeplant werden.
Ausgrabungen
von Herculaneum
Haus des Neptuns
und der Aphrodite
Typische Produkte
Die Landwirtschaft des Vesuvs
ist dank des mineralreichen
Lavabodens, der optimalen
Bodenbewässerung und des
mediterranen Klimas einzigartig
in der Vielfalt der Produktionen
und des Geschmacks.
Typische Produkte sind
Aprikosen, Kirschen und die
hängenden Kirschtomaten.
An den Hängen des Vulkans
werden die Trauben
Falanghina del Vesuvio,
Coda di Volpe (in diesem
Gebiet auch „Caprettone“
genannt) und Piedirosso del
Vesuvio angebaut, aus denen
der berühmte Lacryma Christi
gewonnen wird, ein Wein
mit angenehm weinigem
Geruch und trockenem,
aromatischem Geschmack.
Die optimale katalanische
Tafeltraube wird an den
Hängen des Monte Somma
angebaut und auch die
Honigproduktion ist weit
verbreitet.
Der „Literaturpark
des Vesuv“: Von Plinius
bis Leopardi
Der Vesuv ist berühmt für
seine Landschaft, ist einer
der großen Orte
italienischer Kultur und war
schon immer eine
besondere
Inspirationsquelle.
Zahlreiche Schriftsteller und
Dichter unterschiedlicher
Epochen und Länder liebten
und beschrieben ihn.
Ihre Betrachtungen bieten
dem Besucher Spuren und
Erkenntnisse entlang der
Wege der Weinberge, des
Ginsters und der Lava bis
zum Herzen des Vulkans.
Die nach diesen Werken
inspirierten Routen bilden
die Achse, um die sich der
Literaturpark dreht, mit
Führungen nach Autoren
und Themenkreisen.
Pompeji,
die begrabene
Stadt
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Pompeji, das zu vier Fünftel des Gesamtgebietes
ausgegraben wurde, ist die beeindruckendste und
berühmteste archäologische Ausgrabungsstätte der
Welt.
Der Vesuvausbruch von 79 n.Chr. begrub die Stadt
unter einer 6-7 m dicken Aschen- und Lapillischicht.
Der Großteil der aus den Häusern geflüchteten
Bewohner fand den Tod an der Küste. Die wenigen
Überlebenden, die in den Kellergeschossen Zuflucht
suchten, erstickten: Die Abgüsse der sterbenden
Körper, die gemacht wurden, indem flüssiger Gips in
die Hohlräume gegossen wurde, den die Körper in
der Aschenschicht gelassen haben, sind ein
berührender Beweis für die Tragödie. Ein
Spaziergang durch die Ausgrabungen von Pompeji
ist ein einmaliges Erlebnis. Es ist wie eine Zeitreise,
man atmet die Atmosphäre des öffentlichen, vor
allem aber privaten Lebens der Antike.
Am meisten beeindruckt die große Zahl der
luxuriösen und einfachen Häuser, die mit der
gesamten Einrichtung von Werkstätten, Gaststätten
und Bäckereien erhalten sind. Noch faszinierender
ist die Tatsache, dass viel Hausrat unversehrt
geblieben ist, wodurch uns ein Einblick in die
intimsten Bereiche des Lebens der Antike gegeben
wird.
Im Sommer organisiert die Oberintendanz für
Archäologie Pompeji in Zusammenarbeit mit der
Region Kampanien und dem Assessorat für
Kulturgüter Nachtspaziergänge durch die
Ausgrabungen. Während der Führung werden die
reizvollsten Ort des nächtlichen Pompeji mit einer
musikalischen Untermalung von Ennio Morricone
enthüllt. Eine multimediale Vorstellung zeigt die
dramatischen Szenen des Vulkanausbruchs.
Das Forum, ein großer rechteckiger Platz (38x142 m), mit
Travertin gepflastert und an drei Seiten von einem Portikus
gesäumt, war das lebhafte Zentrum der Stadt. Auf dem Platz
erheben sich das Capitolium (der Jupiter geweihte Tempel),
der Apolltempel, der um 3.Jh. v.Chr. erbaut wurde und aus
einem Portikus aus 48 ionischen Säulen besteht, und die
Basilika, dem wichtigsten öffentlichen Monument, das Sitz
des Gerichts und Zentrum des wirtschaftlichen Lebens war.
Auf dem Forum befinden sich auch der Vespasiantempel,
der dem Kaiserkult geweiht ist, die Kornspeicher, in denen
das Getreide für den Verkauf gesammelt wurde, und das
Macellum, die Markthalle für frische Lebensmittel, wie
Fleisch und Fisch, mit tabernae (Läden) im Marktinneren.
Unweit davon sind die Thermen des Forums zu sehen,
die in Männer- und Frauenbereich mit gemeinsamer
Heizung geteilt sind.
Die Hauptarterie der Stadt war die Via dell’Abbondanza
(der Name ist modern wie alle Namen in Pompeji), die von
Handwerksbetrieben, Gasthäusern, Färbereien gesäumt war.
Auf dieser Straße befinden sich die Stabiathermen, die
älteste Anlage von Pompeji. Nahe davon ist das berühmte
Freudenhaus, ein zweistöckiges Gebäude, dessen Zweck
aufgrund der eindeutig erotischen Malereien und Graffiti
leicht erkennbar ist.
Detail der
Stabiathermen
Forum von Pompeji
Berühmte Reisende
… als ich am Sonntagnachmittag nach Pompeji kam, genoss ich zum ersten Mal in
meinem Leben das süße Gefühl, ganz allein zu sein in jener Stunde oder jenen zwei
Stunden des Tages, in denen die Schatten beginnen, länger zu werden. Der Eindruck,
den ich dabei hatte, ist unauslöschlich.
Henry James, 1900
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Das Haus des Fauns ist wohl das eleganteste unter den
Wohnhäusern dank seiner Architektur und der berühmten
Mosaike, die es schmücken, wie etwa das Mosaik der
Alexanderschlacht, das sich heute im Archäologischen
Museum von Neapel befindet. Das Haus der Vettier mit
seinen wunderbaren Wandfresken war einst Eigentum der
beiden Kaufleute Aulus Vettius Restitutus und Aulus Vettius
Conviva. Aus dem Haus des Menander, das seinen
Namen einer Darstellung des griechischen
Komödiendichters Menander verdankt, stammt eine
reichhaltige Sammlung von Silbergegenständen von
außerordentlicher Qualität, die heute im Archäologischen
Museum in Neapel aufbewahrt werden. Eines der
wichtigsten Bauwerke Pompejis ist die Mysterienvilla,
deren Berühmtheit vor allem auf ihre Malereien
zurückzuführen ist. Am bekanntesten ist das enorme
Fresko, das dem Haus seine Bezeichnung gab: 29
lebensgroße Figuren, die in lebhaften Farben auf rotem
Grund wahrscheinlich eine Szene zur Einweihung in die
Mysterien des Dionysoskultes oder der Orfizienmysterien
darstellen.
Im Theaterviertel sind das Große Theater, in dem im
Sommer kulturelle Veranstaltungen dargeboten werden, und
das kleine Odeion wieder zu Tage gekommen. Ganz in der
Nähe befindet sich der Tempel der Isis. Eine Inschrift
belegt, dass das Amphitheater das älteste der uns
bekannten ist. Hier fanden Tier- und Gladiatorenkämpfe
statt. Daneben ist die große Palestra (Turnhalle), die unter
dem Kaiser Augustus erbaut und zu Turnzwecken verwendet
wurde. Sie umfasst ein weitläufiges, quadratisches Terrain,
das mit Säulengängen umgeben ist und in dessen Mitte
sich ein tiefes Schwimmbecken befindet, das auch für
Kopfsprünge geeignet war. Sehr beeindruckend ist bei
Sonnenuntergang ein Spaziergang entlang der
Gräberstraße. Die Straße, die von Grabmonumenten
gesäumt ist, führte einst nach Herculaneum.
Für den Besuch der Ausgrabungen von Pompeji sollte man
mindestens einen Tag einplanen.
Die Villa Poppea
in Oplontis
In Oplontis, dem antiken
Vorort Pompejis, der 79 n.
Chr. vom Vesuvausbruch
zerstört wurde, (heute Teil
des Gebiets von Torre
Annunziata) kam eine Villa
ans Tageslicht, die
wahrscheinlich Poppea
Sabina, der zweiten Frau
Neros gehörte. Es handelt
sich hierbei um eines der
größten und best erhaltenen
Exemplare der sogenannten
Villa d’Otium (Mitte des 1.
Jh. v. Chr.). Ein Teil der
Villa war zum Zeitpunkt des
Vulkanausbruchs verlassen,
da dieser wegen der durch
das Erdbeben im Jahr 62
n.Chr. entstandenen
Schäden gerade restauriert
wurde. Diese Villa ist reich
geschmückt und steht auch
wegen ihrer schönen Lage
den kaiserlichen Residenzen
in nichts nach. Besonders
schön sind deren
Skulpturen und prächtigen
Fresken.
Wallfahrtskirche Beata
Vergine di Pompeji
Die Wallfahrtskirche der
Madonna del Rosario, die
nach dem Willen des
seligen Bartolo Longo
errichtet wurde, ist einer der
Hauptorte der
Marienanbetung Italiens. Er
wurde zwischen 1876 und
1891 erbaut und zwischen
1933 und 1939 erweitert.
Die Pilgerstätte wurde zur
Päpstlichen Basilika
erhoben. Der Innenraum ist
reich mit Marmor, Fresken
und Mosaiken verziert; am
Hauptaltar ist die Madonna
von Pompeji zu bewundern,
ein Gemälde aus dem 17.
Jh. der Schule von Luca
Giordano, das mit Gemmen
versehen und von den
Rosenkranzmysterien
umrahmt ist, die von
Vincenzo Paliotti auf Kupfer
gemalt wurden. Am 8. Mai
und am ersten
Oktobersonntag wird jeweils
die von Bartolo Longo
verfasste Schutzanflehung
verlesen. Die
Wallfahrtskirche ist eine
beliebte Pilgerstätte der
Neapolitaner „für erwiesene
Gnade“: In der Basilika sind
Tausende, im Laufe der
Jahre angesammelte
Exvotos ausgestellt.
Fresko der
Mysterienvilla
Der K nigspalast von Portici
und die Villen der Goldenen
Meile
Berühmte Reisende
Während ich das Museum für antike Malerei in Portici verließ, traf ich drei englische
Offiziere, die es betraten. Ich ritt im Galopp nach Neapel, aber bevor ich die
Magdalenenbrücke erreichte, holten mich die drei Engländer ein; am Abend erzählten
sie mir, dass diese Bilder das Außerordentlichste seien, was das Universum biete.
Stendhal, 1817
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Die Goldene Meile ist ein Straßenteil, der an
wunderbaren Villen vorbei von Portici nach Torre
Annunziata führt. Der neapolitanische Adel begann
mit deren Bau im 18. Jh. und ahmte so den
Bourbonenkönig Karl III nach, der sich in Portici
einen großartigen Palast hatte errichten lassen. Wer
immer auf die gefährliche Nähe des Vesuvs hinwies,
dem antwortete die Königin Maria Amalia:“Gott, die
Jungfrau Maria und der Heilige Gennaro werden uns
schon verschonen.“ So entstand eines der
wichtigsten Architektur- und Geschichtsgüter dieses
Gebiets, der sog. Miglio d’Oro, die „goldene
Wohnmeile“ der Vesuvvillen.
Das als Sommerresidenz des Bourbonenkönigs Karl
III geplante königliche Schloss von Portici erfüllte
bald eine doppelte Funktion: Königliche Residenz
und Sitz des Museums von Herculaneum (in dem
die von den Ausgrabungen in Herculaneum ans
Tageslicht gebrachten Gegenstände aufbewahrt
sind). Heute ist der Palast Sitz der
Agrarwissenschaftlichen Fakultät.
Der Hauptteil des Palastes beherbergt einige
interessante Räume des Obergeschosses mit
Fresken. Sehr schön ist der Park, ein beliebtes
Ausflugsziel der Einwohner von Portici. Ferdinand IV
ließ hier eine kleine Festung, das „Fortino“ (eine
verkleinerte Imitation der „Fortezza von Capua“)
bauen, um die Militärübungen realistischer zu
gestalten.
Die (121) Vesuvvillen wurden mit Sinn für
Inszenierung zu den schönen Golfaussichten hin
erbaut. Die bourbonischen Adelsfamilien fuhren hier
in die Sommerfrische, aber nach der Einigung
Italiens verfielen die Villen nach und nach; viele
davon wurden erst kürzlich restauriert.
In Herculaneum ist die berühmteste Residenz, die
Villa Campolieto, ein Werk von Luigi und Carlo
Vanvitelli, besonders sehenswert. Sie ist berühmt für
das wunderschöne zum Golf hin geöffnete Halbrund,
in dem im Sommer das „Festival delle Ville
Vesuviane“, ein internationales Theaterfestival,
stattfindet. Die Theateraufführungen werden auch in
anderen Villen der Goldenen Meile geboten, wie z.B.
in der sog. Villa Favorita, die 1768 von Ferdinando
Fuga mit einem schönen Park zum Meer hin erbaut
wurde.
Villa Ruggiero
Villa Favorita
Villa Campolieto
Schloss von Portici
Korallen, Kameen
und Lavagestein
Torre del Greco steht seit
fast 200 Jahren für
Korallen. Die berühmten
Kunsthandwerker kreieren
noch heute phantastische
Schmuckstücke aus diesem
wertvollen Material. Ein
weiteres überliefertes
Kunsthandwerk ist die
Bearbeitung von
Vesuvgestein: Dieses
Lavagestein ist ein kompaktes
schwarzes Hartgestein, das
Farbnuancen von Grau bis
Silber annehmen kann.
Berühmte Reisende
Villa Favorita war einst im Herbst Ort für viele Spiele und Unterhaltung.
Ihr Garten mit den Blumenrabatten, den Orangenhainen und der
Laube war ein zauberhafter Platz.
Errico Alvino, 1845
Berühmte Reisende
Nola und die Basiliken
von Cimitile
Ich bin gerade in Nola angekommen, wo ich etwas Eigenartiges erblickte… Ich sah eine
Art Turm, hoch, schmal, ganz mit rotem Papier geschmückt, mit Goldborten, mit
Silberfrießen, der von Männern auf den Schultern getragen wurde… Dieser Koloss
wackelte und schien jeden Moment das Gleichgewicht verlieren und umfallen zu wollen;
alle Figuren bewegten sich, die Fahnen wehten, es war ein phantastisches Bild.
Ferdinand Gregorovius, 1853
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Es lohnt sich, einen Abstecher nach Nola in der
äußerst fruchtbaren Vesuvebene zu machen.
Sehenswert ist das Museo Storico Archeologico in
den Räumen des ehemaligen Klosters des
Cannossaordens. Hier befinden sich
Ausstellungsstücke aus der Bronzezeit (vor etwa
4000 Jahren), die unweit der Stadt gefunden wurden
und vom großen Ausbruch der sog. „Pomici di
Avellino“, 1900 v. Chr. verschüttet worden waren. Im
Atrium ist der Steinblock Cippus Abellanus
ausgestellt, in dessen beiden Seiten der
Bündnisvertrag zwischen Nola und Avella gehauen
ist. Im Diözesanmuseum neben der Kathedrale
sind Reliquienbüsten aus Holz aus dem 17. Jh. und
Miniaturkodices ausgestellt. In der Altstadt erhebt
sich auf der Piazza Giordano Bruno der zwischen
1460 und 1500 erbaute Palazzo Orsini, heute Sitz
des Gerichts. Man kann interessante Spaziergänge
auf den umliegenden Hügeln der Stadt zum
Bischöflichen Seminar, dem Kapuzinerkonvent, den
malerischen Ruinen von Castel Cicala mit dem
dazugehörigen Dorf und zur Einsiedelei Eremo dei
Camaldoli unternehmen.
Nur wenige Kilometer von Nola entfernt liegt
Cimitile, das einst wegen des frühchristlichen
Kathedralenkomplexes berühmt geworden ist.
Sein Name kommt von einem Friedhof („cimitero“)
aus dem 2. Jh. n. Chr. In der Nähe der heidnischen
Nekropole begruben die ersten Christen ihre Toten
und versteckten sich vor ihren Verfolgern. Hier ist
auch San Felice bestattet, dessen Grab eine
Pilgerstätte geworden ist. Im Jahr 394 ließ der
Adlige, spätere Bischof von Nola und Heilige
Paolino eine Basilika erbauen. Um diese heilige
Stätte entstand im Laufe der Zeit ein Komplex von
insgesamt 13 Gebäuden, bestehend aus Basiliken,
Kirchen, Kapellen mit Fresken und Mosaiken, der
sicherlich eins der faszinierendsten frühchristlichen
Kunstwerke Italiens ist.
Basiliken von Cimitile
Wallfahrtskirche Maria
Santissima dell’Arco
Die fujenti von Madonna
dell’Arco
Vor der Madonna dell’Arco
endet der antike Pilgerweg,
der jedes Jahr am
Ostermontag eine Schar von
barfüßigen Gläubigen zur
Wallfahrtskirche Maria
Santissima dell’Arco führt
(der Name geht auf die
Kontrade der Gemeinde
Sant’Anastasia am Vesuv
zurück, die wegen eines
römischen Acquedukts
„Arco“ genannt wird.) Die
Gläubigen sind die „fujenti“
(im Neapolitanischen
bedeutet das „die
Laufenden“). Sie tragen ein
weißes Hemd und weiße
Hosen, eine Blaue Schärpe
(die Farbe der Madonna),
um die Hüfte einen roten
Gurt. Sie werden auch
„battenti“ (von bàttere =
stampfen) genannt, weil sie
mit den Füßen in einem
bestimmten Rythmus
stampfen. Die Wände der
Wallfahrskirche zieren
zahlreiche Exvotos aus den
verschiedenen
Jahrhunderten.
Das Lilienfest
von Nola
Das Lilienfest erinnert die
Rückkehr des Bischofs
Paolino aus seiner
Gefangenschaft in Afrika
(410 n. Chr.), die mit
Blumen und Kerzen (cilii,
daher der Name Gigli =
Lilie) gefeiert wurde.
In Erinnerung an diese
Begebenheit bringen die
Einwohner Nolas Kerzen
und Fackeln von
zunehmender Größe bis zu
den heutigen 25 m hohen
Türmen, die mit Papier
verziert sind. Die sehr
schweren Lilien werden von
den „paranze di cullatori“
zum „Tanzen“ gebracht, jede
„paranza“ besteht aus etwa
128 Personen. Das Fest
findet immer am ersten
Sonntag nach dem 22. Juni,
dem Namenstag von San
Paolino, statt.
Das Lilienfest
von Nola

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