Hypothermie nach CPR

Transcrição

Hypothermie nach CPR
Universitätsklinikum
Münster
Weiterbildungsstätte für Intensivpflege & Anästhesie
und Pflege in der Onkologie
Schmeddingstraße 56
48149 Münster
Hypothermie nach kardiopulmonaler
Reanimation
Von Kerstin Wendl
Mai 2007
Blumenstraße 8
48151 Münster
Inhaltverzeichnis
1. Vorwort / Einleitung ……………………………………………..….....3
2. Zusammenfassung……………………………………………….….….3
3. Inzidenz der CPR……………………………………………….……...4
3.1. Pathomechanismus / Folgen der CPR…………………………....5
4. „Abgeguckt“ – das Tierreich macht es uns vor………………….…..…5
5. ILCOR-Empfehlung…………………………………………….….…..6
6.1. Einschlusskriterien für die Therapie mit milder Hypothermie.......7
6.2. Ausschlusskriterien für die Therapie mit milder Hypothermie…..7
7. Definition „Hypothermie“……………………………………………...8
7.1. Einteilung der Hypothermiegrade………………………….…......8
7.2. Ziel der Therapie mit milder Hypothermie…………………….....8
7.3. Wirkmechanismen der Hypothermie……………………………..9
7.4. Vergleich Normothermie / Hypothermie………………………....9
8. Therapie-Phasen der milden Hypothermie……………………………10
8.1. Induktionsphase………………………………………………....10
8.2. Erhaltungsphase………………………………………...…….....11
8.3. Wiedererwärmungsphase……………………………………......11
9. Kühltechniken…………………………………………………….…...12
9.1. Nicht invasive Kühlmethoden…………………………………..12
9.2. Invasive Kühlmethoden………………………………………....16
9.3. Zusammenstellung: Kühltechniken / Geschwindigkeiten……....18
9.4. Fazit………………………………………………………….......18
10. Komplikationen / Nebenwirkungen…………………………………...19
11. Begleitenden Therapiemaßnahmen…………………………………....21
12. Kontrollparameter…………………………………………………..…23
13. Blick in die Zukunft…………………………………………………...23
14. Schlusswort…………………………………………………………....25
15. Quellenverzeichnis………………………………………………….....27
2
1. Vorwort / Einleitung
Ich habe das Thema „Hypothermie nach kardiopulmonaler Reanimation“
(CPR) ausgewählt, da es mich besonders interessiert hat, weil diese
Methode erst seit wenigen Jahren in der klinischen Therapie mit Erfolg
angewendet wird. Die Literatursuche für diese Arbeit war sehr mühsam, da
es in Büchern kaum Informationsmaterial zu diesem relativ neuen Thema
gibt. Die Informationen stammen hauptsächlich aus medizinischen
Fachjournalen und aus dem Internet.
Die Angaben in der Literatur sind teilweise sehr unterschiedlich. Ursache
dafür ist wahrscheinlich die diesbezüglich mangelnde Datenlage. Diese
Diskrepanz spiegelt meine persönliche Erfahrung zu diesem Thema wider.
Ich hoffe mit dieser Arbeit mehr Klarheit in die Handhabung zur „Therapie
mit milder Hypothermie nach CPR“ zu bringen.
2. Zusammenfassung
Es gibt seit 2002 neue Leitlinien zur Neuroprotektion bei erwachsenen
Patienten nach erfolgreicher CPR bei außerklinischem Herzstillstand durch
Kammerflimmern. Sie beinhalten die Behandlung mit milder Hypothermie
für 12 – 24 Stunden nach erfolgter Reanimation.
Diese Leitlinien basieren auf zwei randomisiert kontrollierten Studien, die
ein verbessertes neurologisches Outcome belegen.
Die Durchführung und Überwachung dieser Therapie erfolgt auf der
Intensivstation mit strikter Kontrolle verschiedener Parameter.
Das Behandlungskonzept scheint auch bei anderen Erkrankungen Erfolg
versprechend zu sein, jedoch ist das noch nicht bewiesen.
Obwohl diese Empfehlung nun schon seit einigen Jahren besteht, verläuft
die Umsetzung in die Praxis nur sehr zögerlich. Grund dafür sind
wahrscheinlich Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung der
Kühlung und Mangel an schnellen Kühlmethoden.
3
3. Inzidenz der CPR
„Die geschätzte Inzidenz des prähospitalen Herz-Kreislauf-Stillstands liegt
zwischen 36 und 128 pro 100.000 Einwohner und Jahr. Bei 17 - 49 % der
begonnenen Reanimationsversuche gelingt die Wiederherstellung der
Spontanzirkulation. Leider verstirbt ein Großteil der primär erfolgreich
wiederbelebten Patienten sekundär an den Folgen des anoxischischämischen Hirnschadens und nur ca. 25 % verlassen das Krankenhaus
ohne oder mit nur moderater neurologischer Behinderung“.
Anders ausgedrückt werden in der Europäischen Union ca. 350.000
Menschen pro Jahr aufgrund eines prähospitalen Herz-Kreislauf-Stillstands
kardiopulmonal reanimiert, wovon ca. 315.000 Menschen versterben. Nur
ca. 2 - 10 % dieser Patienten werden ohne neurologische Defizite aus dem
Krankenhaus entlassen. In der BRD werden ca. 100.000 Menschen jährlich
präklinisch kardiopulmonal reanimiert.
Ein Beispiel aus Heidelberg bestätigt diese gravierenden Zahlen:
Abb. 1 Überleben nach kardiopulmonaler Reanimation (CPR) aufgrund eines kardial bedingten HerzKreialuf-Stillstands in Heidelberg in den Jahren 1992-1994. Von 338 reanimierten Patienten konnten
164 (49%) kardiozirkulatorisch stabilisiert („restoration of spontaneous circulation“, ROSC) und 48
(14%) aus dem Krankenhaus entlassen werden. Ein Jahr nach Herz-Kreislauf-Stillstand waren noch
40 Patienten (12%) am Leben.
4
3.1. Pathomechanismus / Folgen der CPR
Grund für das schlechte Outcome ist die schwere ischämische Hirnschädigung aufgrund der geringen Ischämietoleranz von Neuronen.
Das liegt einerseits an der direkten hypoxischen Hirnschädigung, die durch
die fehlende Sauerstoffversorgung (im Gehirn) zur Ischämie führt (primäre
Schädigungsphase).
Andererseits liegt es an den Vorgängen in der Reperfusionsphase
(sekundäre
Schädigungsphase).
Diese
Phase
nennt
man
auch
„Postreanimationssyndrom“. Dabei wird das Gehirn und die Organe selbst
nach dem Wiedereinsetzen des Spontankreislaufes durch physische und
chemische Vorgänge geschädigt.
Diese sekundäre Phase umfasst 4 verschiedene Mechanismen:
•
Perfusionsstörung
•
Reoxygenierungsschäden (führt zur Produktion von freien Radikalen)
•
extrazerebrale Ursachen, d. h. Organstörungen (z. B. posthypoxisch
geschädigte Darmabschnitte)
•
Veränderungen in der Bluthomöostase bzgl. der Blutgerinnung
4. „Abgeguckt“ – das Tierreich macht es uns vor
Während des Winterschlafes von Tieren wird ihre Körpertemperatur durch
die Umgebungstemperatur heruntergefahren, so dass der Körper auf
„Sparflamme“ läuft. Dadurch sinkt unter anderem der Stoffwechselbedarf.
Schon Hippokrates nutzte diesen positiven Effekt der Hypothermie und
bedeckte Verletzungen mit Eis und Schnee um Blutungen zu reduzieren.
Auch Napoleons Leibarzt bemerkte, dass Verletzte, die neben einem
Lagerfeuer versorgt wurden, schneller starben als die, die nicht erwärmt
wurden.
Die positive Wirkung der Hypothermie, begegnet uns auch in verschiedenen
anderen Bereichen unseres Lebens, z. B. bei Lawinenunglücken oder
5
Ertrinkungsunfällen in kaltem Wasser (bei Eiseinbrüchen). Hierbei sind die
Patienten z. T. sogar noch nach einer Stunde erfolgreich mit gutem
neurologischen Ergebnis reanimiert worden.
Seit den 40er-Jahren nutzt man die Hypothermie gezielt in der klinischen
Therapie. Aber es wurde mit zu tiefen Temperaturen gearbeitet, so dass die
Komplikationsrate sehr hoch war und dieses Verfahren letztendlich
eingestellt wurde.
5. ILCOR-Empfehlung
Das International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) ist die
weltweite Dachorganisation für Wiederbelebung, welche dementsprechend
weltweit gültige Richtlinien beschließt.
Im Jahr 2002 veröffentlichte das ILCOR Leitlinien Klasse I. Diese
Klassifizierung bedeutet: definitiv empfohlen, eindeutig bewiesener Vorteil.
Dieser Rang ist gleichzusetzen mit einer Empfehlung, von der nur
ausnahmsweise abgewichen werden darf.
Die Vorschrift besagt, dass bewusstlose erwachsene Patienten nach
erfolgreicher CPR bei außerklinischem Herzstillstand durch initiales
Kammerflimmern mit milder Hypothermie behandelt werden sollen, d. h.
32°C – 34°C Körperkerntemperatur für 12 - 24 Stunden.
Für andere Initialrhythmen (z. B. pulslose elektrische Aktivität, Asystolie)
oder innerklinische Herzkreislauf-Stillstände kann diese Kühlung auch
nützlich sein, ist aber zur Zeit noch nicht bewiesen.
Die Aussage der ILCOR stützt sich auf zwei randomisiert kontrollierte
Studien, die ein verbessertes neurologisches Outcome belegen.
6
6.1. Einschlusskriterien für die Therapie mit milder
Hypothermie
•
Kammerflimmern oder hämodynamisch instabile Ventrikeltachykardie
(VT), d. h. ohne nachweisbare Perfusion
•
Kreislaufstillstand in Gegenwart von Zeugen
•
Alter 18 – 75 Jahre (Individualfall abwägen)
•
Glaubhafter Beginn der Reanimation max. 15 Minuten nach Eintritt der
Bewusstlosigkeit bzw. des Kreislaufstillstandes
•
Maximale Reanimationsdauer von 60 Minuten
•
Vor Beginn der Hypothermie muss der Pat. hämodynamisch stabil sein,
d. h. Eigenrhythmus (Schrittmacher-Rhythmus ist auch akzeptabel),
Systole > 90 mmHg bzw. MAD > 60 mmHg, ggfs. mit Katecholaminen
6.2. Ausschlusskriterien für die Therapie mit milder
Hypothermie
•
Patient reagiert auf Ansprache
•
Persistierende hämodynamisch relevante Herzrhythmusstörung
•
Länger andauernde Hypotension (systolischer Blutdruck < 90 mmHg
oder MAD < 60 mmHg) nach Wiederherstellung eines stabilen
Kreislaufs
•
Arterielle Sauerstoffsättigung < 85 % für mehr als 15 Minuten nach der
Etablierung eines stabilen Kreislaufs
•
Patient mit schlechter Prognose bereits vor der Reanimation
•
Schwangerschaft
•
Manifeste oder dringender V. a. auf eine ausgeprägte Blutung
7
7. Definition „Hypothermie“
„Unter kontrollierter Hypothermie versteht man die therapeutische, gezielte
Einstellung einer erniedrigten Körperkerntemperatur durch Kühlung.
Integrale Bestandteile der Anwendung der therapeutischen Hypothermie
sind neben der kontrollierten Absenkung und Aufrechterhaltung einer
definierten Körperkerntemperatur über einen definierten Zeitraum auch die
kontrollierte Wiedererwärmung.“
7.1. Einteilung der Hypothermiegrade
Je nach Literatur wird die Hypothermie unterschiedlich definiert. Hier wird
die gebräuchlichste Einteilung aufgezeigt. Dabei ist zu beachten, dass sich
die Klassifizierung der akzidentiellen Hypothermie von der kontrollierten
therapeutischen Hypothermie unterscheidet:
Tabelle 1
Hypothermie
Akzidentiell
Kontrolliert therapeutisch
Mild
32-35,9°C
34-35,9°C
Moderat
28-31,9°C
32-33,9°C
Tief
<28°C
<32°C
7.2. Ziel der Therapie mit milder Hypothermie
Ziel
ist
es,
den
neuronalen
Zelltod
Schädigungsmechanismen abzuschwächen.
8
durch
Beeinflussung
der
7.3. Wirkmechanismen der Hypothermie
Die Hypothermie wirkt auf nahezu alle relevanten Schädigungsmechanismen, ohne klinisch signifikante Nebenwirkungen aufzuweisen:
•
Generelle Verlangsamung des Stoffwechsels
→ dadurch wird der Glukose- und Sauerstoffverbrauch gesenkt
•
Reduktion von freien Radikalen
→ Mechanismus ungeklärt
•
Verminderung der Leukozyteninfiltration im geschädigten Gewebe
•
Stabilisierung von Membranfunktionen
→ Die durch Ischämie und Reperfusion gestörte Membranfunktion der
Zelle, wird durch die Hypothermie über mehrere Stunden aufgehalten.
•
Inhibition der Apoptose (programmierter Zelltod)
→ Die Aktivierung von spezifischen Proteasen, den Caspasen die zur
Induktion von apoptischem Zelltod im Gehirn führen, kann teilweise
verhindert werden.
→ Verminderung mitochondrialer Dysfunktion
•
Verminderung exzitatorischer Neurotransmitter (Glutamat und Aspartat)
→ Die extrazellulären Konzentrationen von Neurotransmittern können
gesenkt und damit die verbundenen intrazellulären Schädigungsmechanismen vermindert werden
7.4. Vergleich Normothermie / Hypothermie
Die beiden erwähnten Studien (europäisch und australisch) vergleichen die
Normothermie mit der Hypothermie nach präklinischem Herz-KreislaufStillstand und Kammerflimmern und beweisen eine deutliche Verminderung
der Morbidität und Mortalität.
9
Abb. 2 zeigt die Rate der günstigen neurologischer Ergebnisse der
europäischen (HACA) und australischen (Bernard) Hypothermiestudie
8. Therapie-Phasen der milden Hypothermie
Die therapeutische Hypothermie wird in 3 Phasen eingeteilt:
1.
Induktion
2.
Erhalt
3.
Wiedererwärmung
Eine zuverlässige kontinuierliche Temperaturmessung ist obligat. Hierzu
eignet sich am besten die Messung in der Harnblase über einen speziellen
Blasenkatheter, da sie u. a. am engsten mit der Temperatur im Gehirn
korreliert und wenig invasiv ist.
8.1. Induktionsphase
Die Zieltemperatur von 32°C – 34°C Körperkerntemperatur soll so früh wie
möglich eingeleitet und so schnell wie möglich erreicht werden. Jedoch ist
auch ein Kühlungsbeginn von bis zu 8 Stunden nach Wiedereinsetzen der
Spontanzirkulation noch sinnvoll. In der Regel wird die Zieltemperatur
innerhalb von 4 Stunden erreicht.
Nach Möglichkeit sollte mit der Kühlung schon präklinisch begonnen
werden. Zur Zeit wird erforscht, ob die Hypothermie sogar schon während
der CPR eingeleitet werden sollte.
10
Die Dauer der Induktionsphase ist neben den technischen Aspekten der
Kühlung abhängig vom Alter, Geschlecht, Gewicht, von der Art und
Schwere bestehender Erkrankungen / Verletzungen und dem Einsatz
gewisser Medikamente (z. B. zur Vasodilatation).
In dieser Phase ist das Risiko von Nebenwirkungen am höchsten.
8.2. Erhaltungsphase
Nach Erreichen der Zieltemperatur erfolgt die Erhaltungsphase. Nach den
Empfehlungen der ILCOR sollte die Temperatur für 12 – 24 Stunden bei
32°C bis 34°C konstant gehalten werden.
Da die Aussagen zur optimalen Kühlungsdauer und Zieltemperatur noch
ungenau sind, werden diesbezüglich gegenwärtig Studien durchgeführt.
In der Erhaltungsphase ist der Patient - in Bezug auf die Nebenwirkungen
der Hypothermie – meist relativ stabil.
8.3. Wiedererwärmungphase
Die Wiedererwärmung sollte langsam erfolgen, um neurodestruktive Effekte
und einen Anstieg des intrakraniellen Drucks (ICP) zu verhindern. Bei
schneller Erwärmung besteht außerdem die Gefahr einer Reboundhyperthermie, die unbedingt vermieden werden muss.
(Der Reboundeffekt beschreibt ein überschießendes Wiederauftreten eines
Symptoms nach Beendigung einer Behandlung.)
Die Wiedererwärmungsrate schwankt je nach Literaturangabe zwischen
0,25°C und 1°C pro Stunde. Die Mehrheit befürwortet eine Wiedererwärmung von max. 0,25°C – 0,5°C pro Stunde. Auch hinsichtlich der Art
der Wiedererwärmung variieren die Angaben. So wird einerseits
beschrieben, dass sie passiv erfolgen sollte, z. B. mit Decken. Andererseits
wird freigestellt, ob man passiv oder aktiv wiedererwärmt, z. B. mit
speziellen Wärmedecken bzw. Kühl-Wärmegeräten.
11
9. Kühltechniken
Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten - und die Industrie entwickelt immer
neue Verfahren - um eine exakte und effiziente Kühlung zu erreichen. Die
technischen invasiven und nicht invasiven Verfahren sind z. T. noch sehr
kostenintensiv, so dass eine Kosten- / Nutzenabwägung erfolgen sollte. Die
folgende Auflistung soll zeigen, dass jeder effektiv und mit den ihm zur
Verfügung stehenden Mitteln kühlen kann. Die Methode der Wahl steht
noch
nicht
fest,
Untersuchungen
hierzu
werden
durchgeführt.
Es
aktuell
ist
verschiedene
allerdings
sinnvoll,
klinische
mehrere
Kühlverfahren zu kombinieren, um schnell die Zieltemperatur und deren
Erhalt zu erreichen.
Die Kühlverfahren werden in zwei Gruppen eingeteilt, die invasiven und die
nicht invasiven Methoden.
9.1. Nicht invasive Kühlmethoden
Zu den positiven Aspekten zählen die geringen Materialkosten und deren
gute Verfügbarkeit auf den Stationen.
Allerdings gestaltet sich bei diesem Verfahren die Kühlgeschwindigkeit und
deren Steuerbarkeit oft schwierig. Des Weiteren können sie zu einer
geringen Akzeptanz durch das Pflegepersonal führen, da Pflegemaßnahmen
erschwert sein können und für Mehrarbeit sorgen.
Diese Kühlmethoden allein sind zur schnellen Induktion nicht geeignet,
zusammen mit kalten Infusionen sind sie allerdings sehr effektiv.
Die neuen technischen nicht invasiven Verfahren versprechen eine schnelle
effektive Kühlung, sind aber relativ kostspielig.
•
Raumtemperatur senken, Körper entkleiden: Diese Maßnahmen
gehören zu den einfachsten Methoden. Beim Entkleiden des Körpers
muss darauf geachtet werden, dass der Intimbereich bedeckt ist z. B. mit
einem Handtuch, um die Intimsphäre zu wahren.
12
•
Sogenannte „Poor-man´s-Verfahren“, (Abb. 3) wie kaltes Wasser /
Schnee, in Eiswasser getränkte Handtücher, Kühlelemente: Bei
diesen
Verfahren
ist
Vorsicht
geboten,
da
sie
zu
lokalen
Durchblutungsstörungen der Haut und letztendlich zu Hautnekrosen
führen können. Bei direktem Hautkontakt können sogar Erfrierungen die
Folge sein. Zudem sind die Methoden pflegerisch aufwändiger, wenn
auch kostengünstig. Kühlelemente werden in die Leisten und
Achselhöhlen gelegt, da hier große Blutgefäße relativ oberflächlich
verlaufen. Um Kälteschäden zu vermeiden, müssen die Kühlelemente
mit Baumwollstoff überzogen werden.
Abb. 3
•
Wasser- und Alkoholsprays können auf die exponierten Körperstellen
gesprüht werden, um so durch Verdunstungskälte den Körper zu kühlen.
•
Kaltwassermatten sind wenig effektiv, wenn man den Patienten auf
diese Matte legt, da der Rücken nur eine verhältnismäßig kleine Fläche
hat und die Hautgefäße am Rücken durch das Gewicht des Patienten
komprimiert werden, wodurch der thermoregulatorische Einfluss der
Matte gering ist. → Es ist effektiver die Matte auf den Patienten zu
legen, da auf der Oberseite des Patienten bis zu 90 % des
Wärmeaustauschs stattfindet. Es können auch zwei Kaltwassermatten
verwendet werden, eine von ventral und eine von dorsal. In der
13
Erhaltungsphase reicht jedoch meistens die Anwendung einer Kühlmatte
von ventral aus.
•
Luftgekühlte / -gewärmte Matten und Decken: Luft wird in einem
Gebläse mit Kühl- / Wärmeaggregat abgekühlt und über spezielle
Matten zum Patienten geleitet, der Körper wird dabei von der Luft
umströmt, z. B. Bair Hugger®.
Diese Methode ist effektiv. Kann auch zur Wiedererwärmung genutzt
werden.
•
Kühl-„Pads“: Diese Pads bestehen aus Kühlelementen, die vorgekühlt
direkt auf der Hautoberfläche angebracht werden. Die Wärmeleitfähigkeit der Elemente ist ca. 60 mal höher als jene von Wasser. Diese
Methode kann auch gut im Rettungsdienst angewendet werden (Abb. 4 a
und 4 b).
Abb. 4 a
•
Abb. 4 b
„Kühlgewand“ Allon: Dieses Kühlgewand ist eine Weiterentwicklung
der Kaltwassermattensysteme. Es wird an den Körper angelegt und
durch zirkulierendes Wasser, welches sich in der Matte befindet,
gekühlt. Zusätzlich werden am Körper Sensoren befestigt um den
Temperaturstatus zu messen.
Das Gewand ist sehr effektiv, aber verhältnismäßig kostspielig.
14
•
Kühlhauben bewirken einen systemischen Kühleffekt über die gut
durchblutete Kopfhaut. Sie finden vor allem bei Neugeborenen und
Kleinkindern zur selektiven Kühlung Verwendung.
•
Kühlzelte arbeiten nach dem Prinzip der Luftkühlung. Die Luft strömt
elektronisch gesteuert über den Patienten und kühlt bzw. erwärmt ihn so.
Dieses Gerät kann alle 3 Phasen der milden therapeutischen
Hypothermie regeln. Es ist aus hygienischen Gründen nur für den
Einmalgebrauch gedacht (Abb. 5).
Abb. 5
•
Andere Möglichkeiten: Auf dem Gebiet der nicht invasiven Verfahren
gibt es laufend neue Erfindungen, wie z. B. das Kaltwasserzirkulationssystem (Abb. 6). Das sind Kühlmatten, die direkt auf die Haut geklebt
werden, so dass ein besserer Kälte-Wärme-Austausch stattfinden kann.
Dieses System lässt eine rasche Induktion der Hypothermie zu.
Abb. 6
15
9.2. Invasive Kühlmethoden
Die neueren technischen invasiven Verfahren versprechen eine effiziente
Kühlgeschwindigkeit und gute Steuerbarkeit. Sie können größtenteils auch
zum Wiedererwärmen genutzt werden. Nachteilig ist – wie schon gesagt –
der verhältnismäßig hohe Preis.
•
Kalte Infusionen sind zur raschen Induktion sehr gut geeignet, da sie
eine einfache, effektive und sehr kostengünstige Methode sind. Es wird
4°C kalte Infusionslösung, und zwar Sterofundin oder Ringerlaktat,
30 ml / kg KG innerhalb von 30 Minuten infundiert (ohne die Gefahr
eines Lungenödems). Ein weiterer positiver Effekt ist neben der
schnellen Abkühlung die Volumensubstitution, da die Induktion der
Hypothermie, sowie der Zustand nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand
per se über verschiedene Mechanismen zu einer Hypovolämie führen.
Diese Maßnahme ist aufgrund ihrer Einfachheit und Effizienz für die
Induktion – auch im prähospitalen Bereich – optimal geeignet. Leider
hat nicht jeder Rettungswagen einen Kühlschrank um die Infusionen
dementsprechend zu kühlen. Dieses Problem könnte allerdings leicht mit
Kühlboxen behoben werden.
•
Intravenöse Kühlkatheter werden über eine zentrale Vene (z. B. Vena
femoralis) in die Vena cava eingeführt (Abb. 7). Am Ende des Katheters
befinden sich Cuffs, in denen eine temperaturkontrollierte Infusionslösung zirkuliert, wodurch das vorbeiströmende Blut gekühlt wird →
geschlossenes System (Abb. 8). Die Katheter werden an ein Gerät
angeschlossen, wo die genaue Zieltemperatur inklusive Kühl- / Wärmerate eingegeben wird. Sie eignen sich also auch zum Wiedererwärmen.
Die unbenutzten Schenkel können als zentralvenöse Zugänge genutzt
werden. Dieses Verfahren ist sehr schnell und präzise, hat einen
geringen Arbeitsaufwand, ist aber noch sehr teuer und invasiv. Es gibt
verschiedene Katheter mit unterschiedlicher Anzahl an Infusionslumen
und Cuffs, Länge, Größen und Potenzial (Abb. 9).
16
Abb. 7
Abb. 8
Abb. 9
17
•
Venovenöse Verfahren: Hierzu zählt die kontinuierliche veno-venöse
Hämofiltration. Der Kühlmechanismus beruht darauf, dass ein Teil des
Blutes außerhalb des Körpers zirkuliert und dadurch gekühlt wird.
•
Andere Möglichkeiten: Dazu gehören die Extrakorporale Zirkulation
mittels Herz-Lungen-Maschine, die nasale oder gastrale Lavage mit
Eiswasser und die kalte Peritoneallavage. Diese Maßnahmen sind zwar
effektiv, aber sehr invasiv und mit hohem Aufwand verbunden, so dass
sie für den klinischen Gebrauch bei der Therapie mit milder Hypothermie nicht geeignet sind.
9.3.
Tabelle
1
zeigt
eine
Zusammenstellung
verschiedener
Kühltechniken und Geschwindigkeiten bis zum Erreichen einer milden
Hypothermie.
Tabelle 1
9.4. Fazit
Es liegt mit der Infusion eiskalter Lösungen zur Induktion der Hypothermie
in Kombination mit einer Oberflächenkühlung (z. B. Kühlelemente) zur
Aufrechterhaltung
der
Temperatur
eine
einfache,
effektive
kostengünstige Methode vor, die prinzipiell überall verfügbar sein sollte.
18
und
10. Komplikationen / Nebenwirkungen
Das Ausmaß der Komplikationen ist vom Grad der Hypothermie abhängig.
Viele der unerwünschten Wirkungen können vermieden oder durch
Interventionen abgemildert werden. Die Studien zeigen, dass es bei der
milden Hypothermie - im Gegensatz zur Normothermie - zu keiner
signifikant höheren Komplikationsrate kommt (Tabelle 2).
Tabelle 2
Der Vollständigkeit halber werden die potenziellen Komplikationen hier
aufgelistet:
Gerinnungsstörungen und Veränderungen der Blutviskosität verursacht
durch Thrombozytenfunktionsstörungen, Thrombozytopenie, Wirkungsverminderung der prokoagulatorischen Gerinnungsfaktoren und Fibrinolyse →
Ursache ungeklärt.
Atemwegs- und Wundinfektionen: Die Hypothermie verursacht eine
Vasokonstriktion
und
damit
einen
verminderten
Gewebesauerstoff-
partialdruck, der wiederum die Entwicklung von Infektionen begünstigt →
Eine Sepsis kann die Folge sein.
Zusätzlich hat die Hypothermie eine direkte Wirkung auf das Immunsystem;
dabei kommt es zu einer Verminderung der Antikörperproduktion und der
unspezifischen Immunabwehr, sowie zu einer Leukozytopenie.
19
Die Gefahr der Pneumonie basiert vor allem auf der Tatsache, dass
Patienten, die mit milder Hypothermie therapiert werden, maschinell
beatmet werden müssen. Das begünstigt das Auftreten von pulmonalen
Infekten. Hinzu kommt, dass unter Hypothermie die Zwerchfellkontraktilität, die funktionelle Residualkapazität und die ziliäre Clearance
abnehmen, während die Bronchialsekretion zunimmt.
Serumamylaseerhöhung: Sie wird durch eine milde Pankreasfunktionsstörung hervorgerufen, selten tritt dadurch eine schwere Pankreatitis auf.
Verstärkte Diurese und Hypovolämie: Die Hypothermie hat Einfluss auf
das hormonelle System, indem es die Ausschüttung des antidiuretischen
Hormons hemmt. „Dadurch wird die Diurese gesteigert, ein Effekt, der
zusammen mit der noch nicht vollständig verstandenen Extravasation von
Flüssigkeit im Rahmen einer Hypothermie zu einer Hyovolämie führen
kann.“ Letztendlich kann u. a. dieser Vorgang zum Nierenversagen führen.
Elektrolytverschiebungen
und
damit
verbundene
Herzrhythmus-
störungen: Eine Hypothermie kann zu Veränderungen der Elektrolytkonzentration führen, vor allem sind Kalium und Magnesium betroffen,
deren Plasmaspiegel durch die Hypothermie erniedrigt werden können.
Infolgedessen können Herzrhythmusstörungen hervorgerufen werden.
Hyperglykämien verursacht durch Hemmung der Insulinsekretion,
zunehmende Insulinresistenz und Hemmung der Glukoseaufnahme durch
die Leber.
Anstieg freier Fettsäuren, Ketonkörper und Anstieg des Serumlaktats:
Ursache
dafür
ist
die
verminderte
Insulinwirkung,
ein
erhöhter
Katecholamin- und Kortisolspiegel sowie eine Verwertungsstörung.
Hieraus kann sich eine metabolische Acidose entwickeln.
Laktatwerte von 2,5 – 5 mmol/l sind unter Hypothermie als physiologische
Reaktion zu sehen.
20
Myokardiale Komplikationen: Die Ursache ist noch unklar, aber es wird
vermutet,
dass
die
erhöhten
Katecholaminplasmaspiegel
und
die
hypertensiven Episoden bei hypothermen Hochrisikopatienten für die
häufigeren kardialen Komplikationen verantwortlich sind.
Desweiteren wird das Herzzeitvolumen um ca. 1 l/min reduziert, was beim
kardiogenen Schock deletär sein kann.
Veränderungen der Medikamentenwirksamkeit: Die herabgesetzte
metabolische Aktivität führt zu einer geringeren Metabolisierungsrate von
Medikamenten und somit zu erhöhten Plasmaspiegeln und einer
verlängerten Wirkdauer. Davon sind insbesondere Anästhetika und
Muskelrelaxantien
betroffen.
Fentanyl®
und
Propofol®
haben
beispielsweise einen 15 % bzw. 30 % höheren Plasmaspiegel, wenn die
Körperkerntemperatur um 3°C erniedrigt ist. Daraus resultiert eine
verlängerte Aufwachphase.
Die Wirkung von Muskelrelaxantien verlängert sich sogar je nach
Medikament um bis zu 60 %.
11. Begleitende Therapiemaßnahmen
Besonders wichtig ist die Prophylaxe und Behandlung der Nebenwirkungen
der Hypothermie. Dazu gehören z. B. der Ausgleich von Elektrolytstörungen und Blutzuckerentgleisungen.
Zur Sicherung der Atemwege werden Patienten im Rahmen einer CPR
intubiert.
Die
Intubation
macht
eine
Analgosedierung
zwingend
erforderlich.
Durch die Induktion der Hypothermie können die Patienten anfangen zu
shivern. Shivering, auch Kältezittern genannt, ist die physiologische
Gegenregulation zur Thermogenese. Sie erhöht den Sauerstoffbedarf um
40 – 110 %. Um das Shivern zu unterbinden wird teilweise eine Muskelrelaxierung
durchgeführt.
Manche
Kliniken
verwenden
dazu
eine
kontinuierliche Gabe von Muskelrelaxans, einige applizieren es bolusweise
21
und wieder andere bevorzugen die alleinige tiefe Analgosedierung ohne
Muskelrelaxierung. Zur Muskelrelaxierung werden nicht depolarisierende
Muskelrelaxantien verwendet.
Zur Erhöhung der Kältetoleranz können zusätzlich Substanzen wie z. B.
Clonidin und Meripidin eingesetzt werden. Sie bewirken eine deutliche
Senkung der Vasokonstriktions- und Zitterschwelle.
Wird das Muskelzittern medikamentös unterbrochen, sinkt die Stoffwechselrate wieder.
Da der Stoffwechsel während der Hypothermie reduziert ist, ist der Energiebedarf vermindert; bei einer Körpertemperatur von z. B. 32°C um etwa ein
Drittel. Folglich muss die Ernährung an die veränderte Stoffwechselrate
adaptiert werden.
Bezüglich der Erwärmung der Atemluft bei den betroffenen Patienten, sollte
eine passive Befeuchtung mittels Filter der aktiven Befeuchtung vorgezogen
werden. Die aktive Befeuchtung kann nämlich – durch ihre Heizfunktion den Versuch, den Patienten zu kühlen, erschweren.
Desweiteren sollte eine druckkontrollierte Beatmung durchgeführt werden.
Die BGA soll im Normbereich liegen und der Kohlendioxidpartialdruck
niedrig normal sein, d. h. um 35 mmHg. Wegen der geringeren Kohlendioxidproduktion aufgrund der verminderten Stoffwechselrate, reicht ein
geringeres Atemminutenvolumen aus.
Ein anderer Gesichtspunkt ist die Vermeidung von Dekubiti. Da die Haut
während der Hypothermie nicht mehr so gut durchblutet ist, kann es zu
Wundheilungsstörungen kommen. Deshalb muss besonders auf kutane
Druckulzera geachtet werden, die unter Hypothermie eher auftreten oder
sich verschlechtern können. Aufgrunddessen sollten die Patienten je nach
Hautstatus mit einer höheren Frequenz gelagert werden, sofern es die
hämodynamische Situation zulässt. Ansonsten sollte regelmäßig eine
Mikrolagerung
durchgeführt
22
werden.
Die
Patienten
sollten
in
30° Oberkörperhochlagerung und der Kopf achsengerecht gelagert werden,
um den venösen Rückfluss zu gewährleisten.
Ein besonderes Augenmerk gilt den Angehörigen. Man sollte im Umgang
mit ihnen sehr behutsam vorgehen, denn sie leiden oft mit den „kalten“
Patienten mit und Körperkontakt ist - je nach Kühlungsmethode - nur
schwer möglich.
12. Kontrollparameter
Die Kontrollparameter umfassen das übliche Monitoring, welches bei einem
beatmeten Intensivpatienten durchgeführt wird.
Um rechtzeitig intervenieren zu können, werden wegen der hohen Gefahr
der Elektrolyt- und Blutzuckerentgleisung, häufiger Labor- und Blutgasanalysen durchgeführt.
Auch der Hautstatus muss aus den vorher beschriebenen Gründen
engmaschiger kontrolliert werden.
13. Blick in die Zukunft
Momentan gehen die Ansätze für die Hypothermie-Behandlung nach HerzKreislauf-Stillstand in 2 Richtungen: Zum einen zum „therapeutischen
Einsatz des Winterschlafes“ und zum anderen zur „suspended animation for
delayed resuscitation“.
Die Idee des „therapeutischen Einsatz des Winterschlafes“ haben sich die
Forscher bei den Tieren abgeguckt, die einen Winterschlaf halten. Während
des Winterschlafes wird der Temperatursollwert im Gehirn verstellt. Diese
physiologische Phase ist völlig nebenwirkungsfrei. Die Metabolisierungsrate reduziert dabei und es herrscht eine ausgesprochene Ischämietoleranz.
23
Der genaue Mechanismus des Winterschlafes ist zwar noch ungeklärt, aber
es wurde festgestellt, dass in dieser Situation die Blutkonzentration von
Neurotensin erhöht ist. Tierversuche mit Ratten haben ergeben, dass sich
nach Applikation eines modifizierten Neurotensins der Winterschlaf
auslösen lässt. Durch das Ausbleiben der körpereigenen Abwehrmechanismen, wie z. B. das Shivering und die Erhöhung des Katecholaminspiegels, ist es möglich, dass dieser Weg zur Neuroprotektion der aktuellen
Methode überlegen ist.
Dieser positive Effekt kann theoretisch medikamentös auch beim Menschen
erreicht werden, da auch wir Neurotensinrezeptoren besitzen. Allerdings
bedarf es hierzu noch weiterer Studien.
„Suspended animation for delayed resuscitation“:
Diese Arbeitsgruppe befasst sich - vorläufig nur experimentell - mit der
profunden (10°C Körperkerntemperatur) therapeutischen Hypothermie
schon vor der CPR. Sie soll bei Herz-Kreislauf-Stillstand, hervorgerufen
durch unkontrollierte Massenblutungen (z. B. nach Verkehrsunfällen)
eingesetzt werden. Anhand von Tierversuchen mit Hunden wurde
festgestellt, dass die schnell einsetzende profunde Hypothermie quasi zu
einer Konservierung von Organen führt und somit neuroprotektiv wirkt. Bei
diesem Konzept wird 1 Liter 2°C kalte Flüssigkeit pro Minute bis zum
Erreichen der Zieltemperatur über einen (femoral-)arteriellen Katheter in die
Aorta infundiert. Hunde haben durch diese Methode Herz-KreislaufStillstände von bis zu 90 Minuten unbeschadet überstanden.
24
14. Schlusswort
Die ILCOR-Guidelines geben eine generelle Richtlinie zur Behandlung mit
milder Hypothermie vor, jedoch sind einige Details noch ungeklärt und
bedürfen weiterer Studien. Dazu gehören die optimale Kühlungsdauer, die
optimale
Zieltemperatur
und
die
sicherste,
kostengünstigste
und
praktikabelste Methode. Die ideale Induktionsgeschwindigkeit ist ebenfalls
noch fraglich. Aufgrund tierexperimenteller Daten wird vermutet, dass die
Zieltemperatur so schnell wie möglich erreicht werden sollte.
Es wird angenommen, dass sich auch die Langzeitprognose bzgl. der
neurologischen Genesung durch die Hypothermie verbessert, aber auch
hierzu fehlen noch Langzeitstudien.
Es liegt also an weiteren Studien, mehr Licht in die optimale Anwendung
der milden Hypothermie zu bringen, um klare Guidelines definieren zu
können.
Der Blick in die Zukunft verspricht auf jeden Fall mehr Klarheit zur milden
Hypothermie.
Die Therapie mit milder Hypothermie ist bei anderen Initialrhythmen und
innerklinischer CPR zwar noch nicht Evidenz basiert, aber es wird davon
ausgegangen, dass sie auch hier von Nutzen ist.
Zur Kühlung bei Kindern gibt es bisher keine konkrete Empfehlung, da
dieser Bereich noch nicht ausreichend untersucht wurde. Allerdings
vermutet man auch bei dieser Patientengruppe einen neuroprotektiven
Effekt. Deshalb wird zur Zeit bereits in einigen Fällen - vorzugsweise ab
dem Schulkindalter - mit milder Hypothermie behandelt.
Für den Patienten bedeutet die Therapie mit milder Hypothermie eine 40 %
bzw. 80 % höhere Chance keine schweren neurologischen Schäden davonzutragen. Keine andere neuroprotektive Maßnahme konnte ähnlich positive
Auswirkungen erzielen wie diese.
25
Meine Facharbeit konnte hoffentlich deutlich machen, dass Strategien zur
Neuroprotektion
nach
einer
globalen
zerebralen
Ischämie
von
außerordentlicher Wichtigkeit und auch mit einfachen Mitteln durchführbar
sind. Es gibt also keinen Grund länger zu zögern, die bestehenden
Richtlinien umzusetzen!
26
15. Quellenverzeichnis
Bücher
1. Van Aken H, Reinhart K, Zimpfer M, Welte T (Hrsg). Intensivmedizin.
Stuttgart: Thieme, 2007: S. 556, 565-568
2. Ullrich L, Stolecki D, Grünewald M (Hrsg). Intensivpflege und
Anästhesie. Stuttgart: Thieme, 2005: S. 269-281, S. 553
3. Larsen R, (Hrsg). Anästhesie und Intensivmedizin. Berlin Heidelberg
New York: Springer 2004: S. 1322-1324
Zeitschriften
1. M. Busch. Notfall & Rettungsmedizin 1 2005, Therapeutische
Hypothermie nach Herz-Kreislauf-Stillstand – quo vadis? S. 9-17
2. E. Popp, F. Sterz, B. W. Böttiger, Der Anästhesist 2 2005, Therapeutische
milde Hypothermie nach Herz-Kreislauf-Stillstand, S. 96-106
3. O. Kimberger, A. Kliegel, E. Popp, Intensivmedizin up2date 2 2006,
Therapeutische Hypothermie in der Intensivmedizin, S. 256-267
4. Emanuel Munkhambwa, Clinicum akut 4/05, Neuroprotektion durch
milde Unterkühlung
5. A. Brüx, A. R. J. Girbes, K. H. Polderman, Der Anästhesist 3 2005,
Kontrollierte milde und moderate Hypothermie, S. 225-244
27
6. Bernd W. Böttiger, Erik Popp, Gerhard Jorch, Intensivmedizin up2date 2
2006, Heilung durch Kühlung – Ganz im Sinne von Hippokrates, S. 197198
7. J. Arrich, F. Sterz, Notfall & Rettungsmedizin 1 2005, Verbesserte
Chancen für ein normales Leben, S. 7-8
8. A. Schneider, E. Popp, B. W. Böttiger, Der Anästhesist 2006, Regulierte
Hypothermie nach Herz-Kreislauf-Stillstand – Ein Blick in die Zukunft
9. J. Aberle, S. Kluge, J. Prohl, J. Röther, G. de Heer, G. Kreymann,
Intensivmed 1 2006, Hypothermie nach Reanimation durch Konduktion
und Konvektion, S. 37-41
Studien, Artikel, Stationsstandards, Produktbeschreibungen
1. HACA-Studie 2001, Milde therapeutische Hypothermie zur Verbesserung
des neurologischen Ergebnisses nach einem Kreislaufstillstand
2. A. Bartsch, M. Födisch, M. Fischer, Der Notarzt 2004, ILCOR-Klasse-IEmpfehlung, Der Fortschritt ist cool... S. 173-174
3. E. Hilker, Universitätsklinikum Münster, Stationsstandard der
internistischen Intensivstation, Therapeutische Hypothermie nach
kardiopulmonaler Reanimation
4. Universitätsklinikum Münster, Klinik für Anästhesiologie und operative
Intensivmedizin, Standard: Therapeutische Hypothermie nach
kardiopulmonaler Reanimation
5. Brenner, Bernhard, Popp, Gries, Klinik für Aästhesiologie – Universität
Heidelberg, Arbeitskreis Notfallmedizin Protokoll 10/05, Therapeutische
Hypothermie nach Reanimation
28
6. M. Rudolph, Klinikum Mittelbaden, Rastatt, Südhessischer Notfalltag
2005 S. 14-15, Therapeutische Hypothermie nach Reanimation
7. H. Krep, MedReport Nr. 5 30. Jahrgang 2006 S. 6, Hypothermie nach
Reanimation – schon ein sinnvolles Konzept für Intensivstation?
8. Produktbeschreibung Kühlzelt Delta Therm® von KCI, Die milde
therapeutische Hypothermie – eine evidenzbasierte Methode mit ILCOR
Empfehlung
9. Produktbeschreibung Hypo-Hyperthermiegerät von HICO-Variotherm
530®
Internet
1. http://www.springerlink.com, Temperaturmanagement nach SchädelHirn-Trauma in der prähospitalen Notfallversorgung, Milde Hypothermie
zur Neuroprotektion nach Herz-Kreislauf-Stillstand
2. http://www.agn.med.uni-erlangen.de/downloads/Skripte/cpr.pdf
3. http://www.agn.at/, ERC-Richtlinien November 2005
4. http://www.agbn.de, Eckpunkte der Bundesärztekammer für die
Reanimation 2006
5. http://www.agnnw.de, neue ER/ILCOR-Richlinien 2005
6. http://www.resuscitation.ch.de, ACLS-Richtlinien 2005
7. http://www.thieme-connect.de, Hypothermie
8. http://www.thieme.de/aktionen/paediatrie-2d/probelesen.pdf
29
9. http://www.thieme.de, Grundlagen der CPR
10. http://www.christoph6.de/Therapie/Hypothermie/Hypothermie_nach_
Reanimation_-_LDW.pdf
11. http://www.beatmung.mine.nu&dmdocuments, Durchführung der
Hypothermie nach Reanimation
12. http://www.zwai.net/pflege/Intensiv/Journal/Intensivmedizin/
Kühlschrankmedizin nach Herzstillstand hilft Folgeschäden zu
vermeiden
13. http://www.anaesthesie.medizin.uni-mainz.de, CPR-Vorlesung
14. http://www.klinikum.uni-heidelberg.de, ERC-Leitlinien 2005 zur CPR
15. http://www.wkf-pflege.de, Guidelines 2005
16. http://www.egms.de, Vergleich interner mit externer Kühlung zur
Hypothermieinduktion
17. http://www.nfk2006.de/images/TS_Intensivmedizin_A.pdf,
Repetitorium Intensivmedizin
18. http://www.pubmed.de, Hypothermie nach CPR
19. http://www.alsius.com, Intravascular Temperature Management
20. http://www.pro-4-pro.com, coolgard
21. http://www.elan-med.de, coolgard, coolLine
22. http://www.emcools.com, EMCOOLSpad, Wirtschaftlichkeit
30
23. http://www.kci-medical.com, Kühlzelt
24. http://www.medizin-forum.de, Milde Hypothermie nach Reanimation
bei KF
25. http://www.forum.zwai.net, Hypothermie nach Reanimation
26. http://www.zwai.net/pflege/Anaestehesie/Journal/Anaestesiepflege/
Hypothermie_im_Op/Teil_1, Forum
27. http://www.pflegeboard.de, Forum Hypothermie nach CPR
31

Documentos relacionados