verspottet

Transcrição

verspottet
Passionsandacht mit Abendmahl von Studentenpfarrer Michael Leonhardi 2006
Donnerstag, d. 13.April 19.00 Uhr ESG: „YHUVSRWWHW³
/LHGMeine engen Grenzen
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-*HVWHQEXQJZweiergruppen:
-Sich über den Anderen still erheben und verächtlich auf ihn herab schauen;
-Fließend wechseln, bis der andere oben ist;
-Fließend auf Augenhöhe kommen.
7H[WOHVHQMarkus 15.2-20 (Jesus wird verspottet)
Als ich diesen Text gesucht habe, wusste ich wo ich suchen muss: vor der
Kreuzigung. Als ich ihn dann wieder gelesen habe, wusste ich es besser:
Verspottet werden, das ist schon Kreuzigung:
Es ist schon lange her, aber ich kann mich noch gut erinnern, wie das ist:
+In dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, war ich immer der „kleene Paster“.
+Ich habe mal wegen eines Maikäfers geweint, den mir ein großer Junge
zertreten hat.
+Ich habe mich als junger Pfarrer bei einer Wahlveranstaltung der Nationalen
Front als einziger der Stimme enthalten.
In allen drei Situationen wurde gelacht. Dieses Lachen klingt in meiner
Erinnerung ziemlich ähnlich. Von oben herab, auf meine Kosten, ich werde
klein gemacht, ...Es ist ein dreckiges Lachen: Es tut weh. Ich wurde nicht ernst
genommen mit meinen Gedanken und meinen Gefühlen. Wer spottet, ist oft sehr
treffsicher.
:LHZDUGDVDOVLKUYHUVSRWWHWZXUGHW"Ich glaube, ihr erinnert euch ähnlich.
Es wirkt sich aus bis heute. Wir sind noch immer verletzt.
-HVXVPLWVHLQHU'RUQHQNURQHauf dem Kopf ist mir seit meinen Kindtagen
geläufig. Sehr spät habe ich begriffen, dass das ein Zeichen der Verspottung ist.
Ich dachte, es wäre normal. So wie LFK in der Gefahr war, zu denken,
...dass es normal ist, sich für seinen Vater zu schämen, nur weil er Pfarrer ist.
...dass es normal ist, nicht zu weinen, schon gar nicht wegen eines Maikäfers.
...dass es normal ist, auch mit Ja zu stimmen, wenn alle das so machen.
Ich will nicht verspottet werden. Bis heute nicht.
:HQQLFKDXI-HVXVPLWGHU'RUQHQNURQHVFKDXH, schaue ich auch auf die, die
vor meinen Augen verspottet werden. Ich reagiere oft hilflos. Das letzte mal war
das letzten Mittwoch beim Warten auf die Straßenbahn: Eine junge, schüchterne
Frau wird von einem großen jungen Mann an der Haltestelle im Vorbeigehen
angedöst: „Na, wo willst denn Du hin?...(Er hat dabei gelacht.)
Ich stand nicht weit.
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Was braucht dieser Mensch jetzt? Kann ich ihm das geben?
Ich wusste, was ich in dieser Situation gebraucht hätte:
Ich habe nach einer Geste der Zuwendung gesucht. Dort ist mir nichts
eingefallen. Aber es hätte etwas sein müssen, was dem anderen gleiche
Augenhöhe erlaubt (so wie am Ende vorhin bei der Bewegung, die ihr gemacht
habt.)
Den anderen nicht verspotten heißt positiv: Dem Anderen seine Würde lassen,
zeigen, dass ich ihn anschaue als einen, der sie noch hat.
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Im Psalm 1 heißt es: Ä:RKOGHPGHUQLFKWZDQGHOWLP5DWGHU*RWWORVHQQRFK
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Ich kenne auch den Platz. Warum bin ich manchmal dort, wo die Spötter sitzen?
Als ich nach dem Schienenersatzverkehr mit der S-Bahn weiter fuhr, saß mir der
Spötter mit seinen Kumpels plötzlich gegenüber. Da konnte ich ihn mir mal
genau ansehen (und hören). Er wirkte schüchtern, versuchte etwas hilflos Späße
zu machen. Er war gar nicht mehr der Große, Überlegene von vorhin.
9LHOOHLFKWLVW6SRWWHLQVFKUHFNOLFKPLVVOXQJHQHU9HUVXFK]XODFKHQ.
Könnte es dann sein, wenn wir genug zu lachen haben, dass wir dann nicht
spotten müssen?
Ich wünsche uns, dass wir genug zu lachen haben, damit wir nicht mitspotten
müssen, sondern mit den Verspotteten mitfühlen können.
(Vorbereitung)
Ihr seid eingeladen, Abendmahl mitzufeiern. Hier vorn liegt Brot. Hier vorn
steht Wein. Es sind Gemeinschaftswerke: Frucht der Erde und der
menschlichen Arbeit. Wir danken dafür und bitten Gott, dass dieses Brot für uns
zum Brot des Lebens und dieser Kelch zum Kelch des Heils werden.
Darum sucht die Nähe Christi in seinem Mahl. Das ist das Geheimnis das uns
trägt und hält Tag für Tag.
Er, Christus,
(Lobgebet)
der Herr sei mit euch.
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Erhebt eure Herzen.
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Lass uns danken dem Herrn, unserm Gott.
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Ja, es ist recht, dir zu danken, es ist gut, dich zu preisen, heiliger Gott, du Vaters
des Lebens,
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Du hast Dich festgelegt auf die Liebe zu uns Menschen. Wir loben dich im
Namen deines Sohnes Jesus Christus.
Er hast sich festnageln lassen für diese Liebe zu uns.
Durch seine Worte und Taten erscheint den Menschen das Leben,
durch ihn schenkst du uns Anteil an seiner Verherrlichung
bis hin zur Auferstehung von den Toten.
Darum preisen wir dich mit allen, die zu dir gehören und singen das Lob deiner
Herrlichkeit:
(Dreimalheilig-Sanctus)
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(Abendmahlsgebet 1)
Wir loben dich, Herr, des Himmels und der Erde. Deine Schöpfung ist voller
Kraft zum Blühen und Wachsen.
Du hast dich über deine Geschöpfe erbarmt und deinen Sohn Mensch werden
lassen.
Wir danken dir, dass er mit uns verbunden ist wie eine Weinstock mit den
Reben. Wir danken dir, dass wir frei leben können und Frucht bringen.
(Einsetzungsworte)
Denn in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brachs
und gabs seinen Jüngern und sprach:
Nehmet hin und esset. Das ist PHLQ/HLE der für euch gegeben wird. Solches
tut zu meinem Gedächtnis.
Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Abendmahl, dankte und gab
ihnen den und sprach:
Nehmet hin und trinket alle daraus, dieser Kelch ist der neue Bund LQPHLQHP
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das für euch vergossen wird, zur Vergebung der Sünden. Solches tut, sooft ihrs
trinket zu meinem Gedächtnis.
(Christuslob)
Groß ist das Geheimnis des Glaubens
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YHUNQGHQZLUXQG
GHLQH$XIHUVWHKXQJSUHLVHQ
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(Abendmahlsgebet 2)
Segne uns, Vater, diese Gaben, wenn wir jetzt Brot und Wein miteinander
teilen. Sende auf uns deinen Heiligen Geist, den Atem, der Leben spendet, den
Tröster, der Verzweifelten, den Begleiter in aller Wahrheit; der uns neu macht
an Leib und Seele, der uns Leben schenkt, das nie vergeht, der uns Menschen
untereinander und mit deiner ganzen Schöpfung versöhnt in der Kraft Jesu
Christi. Amen.
(Vater Unser)
(Friedensgruß)
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Bibelvoten: Johannes 8.36:
Wenn euch der Sohn frei macht, so seid Ihr wirklich frei.
( Dankgebet)
Herr Jesus Christus, wir waren Gäste an deinem Tisch. Geh mit uns, wenn wir
heute zusammen sind und wenn wir auseinander gehen, lass uns Dir nachdenken
und nachleben, wenn wir Karfreitag und Ostern erleben.
6HJHQ (Blatt)
/LHG Wie ein Fest nach langer Trauer
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