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Städtetag Nordrhein-Westfalen Gereonstraße 18 - 32 50670 Köln Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen 40190 Düsseldorf mailto: [email protected] Gereonshaus Gereonstraße 18 - 32 50670 Köln 08.12.2015/hoe Telefon +49 221 3771-0 Telefax +49 221 3771-709 E-Mail [email protected] Bearbeitet von Petra Laitenberger Benjamin Holler Aktenzeichen 30.05.33 N/20.34.20 N Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW und zur Änderung des Landeszustellungsgesetzes Sehr geehrte Damen und Herren, für die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW und zur Änderung des Landeszustellungsgesetzes möchten wir uns bedanken. Der Gesetzentwurf zur Änderung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes NRW sieht bereits wesentliche, im Rahmen der Evaluationsphase durch den Städtetag vorgetragene Positionen zur Umsetzung vor. Mit Ausnahme der unten angeführten Ergänzungs- und Änderungsvorschläge begegnet der vorgelegte Gesetzentwurf aus unserer Sicht den wesentlichen Änderungsnotwendigkeiten am Verwaltungsvollstreckungsgesetz. Im Einzelnen möchten wir folgt Stellung nehmen: § 5a VwVG NRW Vermögensauskunft des Vollstreckungsschuldners Zunächst ist zu begrüßen, dass die sogenannte Optionslösung (Wahl der Abnahme der Vermögensauskunft durch die Vollstreckungsbehörde selbst oder durch Beauftragung eines Vollstreckungsbeamten der Justizverwaltung) – den Forderungen des Städtetages folgend – erhalten bleibt. Die Beauftragung eines Vollstreckungsbeamten der Justizverwaltung mit der Abnahme der Vermögensauskunft ist in zahlreichen Mitgliedsstädten – trotz erfolgreicher Umsetzung der Reform der Sachaufklärung – derzeit ohne Alternative. Die vorgesehene Regelung, dass Eintragungen in Schuldnerregister nur noch von der Vollstreckungsbehörde vorgenommen werden, würde in vielen Städten einen Bruch mit der gelebten Verwaltungspraxis darstellen und für die kommunalen Vollstreckungsbeamten zu einem erheblichen Mehraufwand führen. Sie widerspricht zudem auch dem eigentlichen Ziel eines SchuldnerHausvogteiplatz 1, 10117 Berlin Telefon +49 30 37711-0 Telefax +49 30 37711-999 Gereonstraße 18 - 32, 50670 Köln Telefon +49 221 3771-0 Telefax +49 221 3771-128 Avenue des Nerviens 9 - 31, B-1040 Bruxelles Telefon +32 2 74016-20 Telefax +32 2 74016-21 Internet: www.staedtetag-nrw.de Bankverbindung: Sparkasse KölnBonn Konto 30 202 154 (BLZ 370 501 98) IBAN: DE37 3705 0198 0030 2021 54 SWIFT-BIC: COLSDE33 -2verzeichnisses, durch eine schnelle Eintragung die Gläubiger möglichst kurzfristig über die Vermögensverhältnisse des Schuldners in Kenntnis zu setzen. Das Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft wird vielmehr deutlich verlangsamt. Des Weiteren ist noch darauf zu verweisen, dass aufgrund der doppelten Wege, des dadurch eintretenden zeitlichen Verzugs, der längeren Rechtsbehelfsfristen auf Seiten der Vollstreckungsbehörde und der dadurch teilweise parallelen Bearbeitung des Falls durch den Gerichtsvollzieher und die Vollstreckungsbehörde auch Überschneidungen möglich sind, die zu vermeidbaren Problemen mit den Schuldnern führen können. Wir schlagen daher entsprechend unserer bisherigen Forderungen vor, dass auf Antrag der Vollstreckungsbehörde der Vollstreckungsbeamte der Justiz auch mit der Eintragung ins Schuldnerverzeichnis beauftragt werden kann. Eine rechtssichere Fortführung der bewährten Verwaltungspraxis ließe sich durch die Einfügung eines entsprechenden Verweises auf die §§ 882c bis 882e ZPO in § 5a VwVG NRW herstellen. Das nach der Kann-Vorschrift in § 284 Abs. 9 AO vorhandene Wahlrecht der Vollstreckungsbehörde bei der Eintragung ins Schuldnerverzeichnis bliebe so erhalten. Wir schlagen folgende Anpassung der Regelung zum § 5a Abs. 1 VwVG NRW vor: „(1) Der Vollstreckungsschuldner muss auf Verlangen der Vollstreckungsbehörde oder auf Verlangen der Vollstreckungsbeamtin oder des Vollstreckungsbeamten der Justizverwaltung für die Vollstreckung einer Forderung Auskunft über sein Vermögen erteilen. Das Verfahren richtet sich für die Vollstreckungsbehörde nach § 284 der Abgabenordnung. Die Vollstreckungsbehörde fertigt im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft nach § 27 Absatz 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 (GV. NRW. S. 602) in der jeweils geltenden Fassung eine Niederschrift an. Eine Schriftführerin oder ein Schriftführer ist nicht erforderlich. Mit dem Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft nach den §§ 802a bis 802l der Zivilprozessordnung kann die Vollstreckungsbehörde auch die Vollstreckungsbeamtin oder den Vollstreckungsbeamten der Justizverwaltung beauftragen. [Streichung] Die Anordnung der Eintragung des Vollstreckungsschuldners in das Schuldnerverzeichnis erfolgt in jedem Fall durch die Vollstreckungsbehörde nach § 284 der Abgabenordnung. [Streichung] [Neu] Mit der Beauftragung ist festzulegen, ob die Vollstreckungsbeamtin oder der Vollstreckungsbeamte der Justizverwaltung auch die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach den §§ 882c bis 882e ZPO vornehmen soll. [Neu]“ Grundstückbezogene Ersatzvornahmekosten als öffentliche Last Kosten der Ersatzvornahme, die im Rahmen der Beseitigung ordnungswidriger Zustände begründet werden, können in gravierender Höhe entstehen und bei Uneinbringlichkeit die öffentlichen, insbesondere die kommunalen Haushalte, merklich belasten. In den letzten Jahren ist festzustellen, dass Ersatzvornahmekosten, vor allem zur Beseitigung von Folgen aus verwahrlosten und Gefahren auslösenden Immobilien erheblich steigen. Charakteristisch für die Problembekämpfung mit bauordnungsrechtlichen, bauplanerischen, wohnungsaufsichtsrechtlichen, hygienerechtlichen, denkmalsschutzrechtlichen und allgemein ordnungsrechtlichen Instrumenten ist der Einsatz von Zwangsmitteln und hier insbesondere der Einsatz von Maßnahmen der Ersatzvornahme bzw. Selbstvornahme, die z.T. immense Kosten verursachen und von den Eigentümern der verwahrlosten und i.d.R. überschuldeten Immobilien auch im Verwaltungszwangswege nicht zu realisieren sind. Zur Entlastung der Kommunen wird vorgeschlagen, eine umfassende und von den Spezialnormen unabhängige Regelung zur dinglichen Haftung für grundstücksbezogene Ersatzvornahmekosten im Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW zu verankern. Die Formulierung könnte in § 59 VwVG NRW wie folgt lauten: -3Neuer Abs. 4: „Grundstücksbezogene Kosten der Ersatzvornahme ruhen als öffentliche Last auf dem Grundstück beziehungsweise auf den grundstücksgleichen Rechten“ Änderung Abs. 1: Neuer Satz 2: „Entsprechende Kostenanforderungen sind sofort vollziehbar“. Dies würde es den Kommunen – unbeschadet der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen – erleichtern, aus Gründen der Gefahrenabwehr oder auch zur Quartiersentwicklung die jeweils gebotenen Maßnahmen zu treffen. Anpassung der Vollstreckungsgebühren Nach dem § 77 VwVG NRW werden für Amtshandlungen nach näherer Bestimmung der Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes – Ausführungsverordnung VwVG, VO VwVG NRW – von dem Vollstreckungsschuldner oder dem Pflichtigen Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Die Gebühren sollen die allgemeinen Verwaltungskosten, die durch die Tätigkeit der Vollstreckungsbehörde entstehen, abgelten. Die in Teil 4 der Ausführungsverordnung VwVG geregelte Kostenordnung zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz entspricht allerdings – in der Höhe der zu veranschlagenden Gebühren – noch der letzten Anpassung, die im Rahmen der Euro-Umstellung im Jahr 2003 vorgenommen wurde (ÄnderungsVO v. 9.3.2003, GV.NRW, 169). Dies wird der weiteren Entwicklung von Arbeitsplatzkosten und Personalaufwendungen nicht gerecht. Legt man beispielsweise die Entgeltentwicklung der Tarifbeschäftigten an so ergibt sich seit 2003 ein Aufwuchs der Aufwendungen um mehr als 25 % gegenüber dem Basisjahr. Eine Aktualisierung der Kostenordnung ist daher angezeigt. Die Gebührenerhebung sollte der täglichen Praxis Rechnung tragen. Daher wird angeregt, dass eine hälftige Pfändungsgebühr (§ 11 VO VwVG NRW) bereits dann erhoben wird, wenn der Auftrag an die Vollstreckungsbehörde, also bereits an den Innendienst, abgegeben wird. Bisher gilt diese Regelung nur bei Abgabe an den Vollziehungsaußendienst (Abgabe an den Vollziehungsbeamten). Durch die Reform der Sachaufklärung, dem Einsatz von Vollstreckungssoftware und einem besseren Forderungsmanagement, hat sich die Vollstreckungstätigkeit bei den Städten in der täglichen Vollstreckungspraxis vom Außendienst auf den Innendienst verlagert. Pfändungsverfügungen zur Pfändung von Geldforderungen Im Gesetzentwurf sind in § 5a VwVG NRW für Aufträge an Vollstreckungsbeamte der Justiz (elektronische) Dienstsiegel vorgesehen, einer Unterschrift bedarf es nicht. Damit wird der zunehmenden Erteilung von Vollstreckungsaufträgen im Massendruck Rechnung getragen. Die Aufträge an Vollstreckungsbeamte der Justiz haben Titel-Qualität. In Ergänzung wäre eine klarstellende Regelung für die Rechtsqualität und Ausgestaltung von Pfändungsverfügungen zur Pfändung von Geldforderungen empfehlenswert – beispielsweise in § 40 VwVG. Pfändungsverfügungen haben selbst keine Titel-Qualität, ihnen liegt jeweils ein Leistungsbescheid zugrunde. Die Rechtsqualität einer Pfändungsverfügung als Verwaltungsakt lässt sich bisher nur mittelbar über die Vollstreckungsanweisung (VollstrA) und die Verwaltungsvorschriften zum VwVG mit dem Verweis auf das Verwaltungsverfahrensgesetz ableiten. Danach sind zumindest Dienstsiegel auf Pfändungsverfügungen entbehrlich. -4- Angesichts stetig steigender Fallzahlen im Bereich Vollstreckung ist hier zudem der Aspekt des Erlasses von Pfändungsverfügungen im Massendruck zu berücksichtigen. Der Verzicht auf eine Unterschrift wäre hier ebenso hilfreich. Reihenfolge der Tilgung bei Teilzahlungen Die allgemeine Regelung zur Reihenfolge der Tilgung bei Teilzahlungen nach § 225 AO ist in der derzeitigen Form für das Verwaltungszwangsverfahren nicht praktikabel und zur Optimierung des Beitreibungserfolges nicht zielführend. Diese Regelung gilt nicht für alle Forderungsarten und verweist zudem in Abs. 3 auf den im Verwaltungszwangsverfahren in NRW nicht anwendbaren § 249 AO. Es wird daher folgende Ergänzung des § 21 VwVG vorgeschlagen: Neuer Absatz 3: „Wird nach Erteilung des Vollstreckungsauftrages oder der Bekanntgabe der Absicht zur Verwertung geleistet oder von der Vollstreckungsbehörde eingezogen und reicht der verfügbare Betrag nicht zur Tilgung aller Schulden aus, derentwegen die Vollstreckung oder die Verwertung der Sicherheiten erfolgt ist, so bestimmt die Vollstreckungsbehörde die Reihenfolge der Tilgung. Die Regelungen der nach § 77 Abs. 1 erlassenen Ausführungsverordnung sowie § 94 OWiG bleiben unberührt.“ Absenkung des Pfändungsfreibetrags Eine Absenkung des Pfändungsfreibetrages durch die Vollstreckungsbehörde ist nur für Arbeitseinkommen möglich ("Lohnpfändung"). Die Vollstreckungsbehörden ziehen der häufig stigmatisierenden Lohnpfändung jedoch die Kontopfändung vor. Eine Absenkung beim "Pfändungsschutzkonto" sieht das VwVG NRW derzeit aber nicht vor, obwohl auch dort Pfändungsfreibeträge angewendet werden. So besteht derzeit Unklarheit darüber, ob die Vollstreckungsbehörde befugt ist, bei der Beitreibung der in § 48 Abs. 1 Satz 3 VwVG NRW genannten Forderungen (insbesondere Buß- und Zwangsgelder) für das Pfändungsschutzkonto des Schuldners einen abweichenden, niedrigeren Freibetrag entsprechend § 48 Abs. 2 S. 1 VwVG NRW i.V.m. § 850k Abs. 4 ZPO zu bestimmen. Eine entsprechende Klarstellung sieht der Gesetzentwurf bislang nicht vor. Im Hinblick auf die vorgesehene Änderung in § 10 Abs. 2 S. 2 im Landeszustellungsgesetz (LZG NRW) gehen wir davon aus, dass auch für Gemeinden § 10 Abs.1 S. 1, 1. Alternative LZG Anwendung findet, wonach die Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung an der Stelle erfolgt, die von der jeweiligen Behörde hierfür allgemein bestimmt ist und dass der in § 10 Abs. 2 S. 2 LZG (Entwurf) beabsichtigten Hinweis auf das Amtsblatt der Gemeinde als Klarstellung in Abgrenzung zum Amtsblatt der Bezirksregierung gemäß § 10 Abs. 2 S. 1 LZG zu verstehen ist. Eventuell könnte dies in der Gesetzesbegründung noch etwas deutlicher herausgestellt werden. Wir bitten um die Berücksichtigung der o.g. Ergänzungen und Anpassungen und bedanken uns auf diesem Wege noch einmal für die intensiven lösungsorientierten Diskussionen zur Weiterentwicklung der Verwaltungsvollstreckung im Rahmen des Evaluierungsverfahrens im Jahr 2013, deren Ergebnisse Niederschlag im vorliegenden Gesetzentwurf gefunden haben. -5- Mit freundlichen Grüßen In Vertretung Dr. Helmut Fogt