Chancen realisieren

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Chancen realisieren
immo
2015
VERLAGS-PROMOTION
Chancen realisieren
täglich an Hand der tatsächlichen
Zahlen ex ante oder ex post ermittelt
werden.
Kapitaldienstfähigkeit besser als Beleihungsauslauf
Wer heute eine Gewerbeimmobilienfinanzierung beantragt, muss
sich als Bemessungsgrundlage für
den Kreditbetrag mit zwei parallel zur Anwendung kommenden
Konzepten beschäftigen. Auf der
einen Seite Loan To Value (LTV,
Beleihungsauslauf) und auf der
anderen Seite der Debt Service
Coverage Ratio (DSCR, Kapitaldienstdeckungsgrad). Hierbei gilt
bei den Kreditinstituten hinsichtlich
der Bemessung des Kreditbetrages
in der Regel das Niederstwertprinzip. Die Krux in der Anwendung und
wie man sich hiervon trennen kann,
zeigt folgendes Praxisbeispiel.
Ein mittelständischer Investor beabsichtigt, mit einer Objektgesellschaft in einer deutschen Großstadt
ein Büro- und Geschäftshaus (Fakten siehe Kasten) zu erwerben. Die
Gesamtinvestitionskosten belaufen
sich auf 16,5 Mio. EUR bei einem
Kaufpreis von 15 Mio. EUR.
Ergebnisse der Finanzierungsausschreibung
Die durch die für die Finanzierungsstrukturierung und -beantragung beauftragte Unternehmensberatung durchgeführte deutschlandweite Finanzierungsausschreibung liefert auf Grund der oben
dargestellten Parameter mehrere
verbindliche Term Sheets. Diese weisen im Durchschnitt einen Kreditbetrag von 9,1 Mio. EUR aus. Es wird
in der weiteren Betrachtung ein bei
Banken üblicher kalkulatorischer Kapitaldienst mit einer Tilgung von 2 %
p.a. und einem Zinssatz von 5 % p.a.
unterstellt.
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Factsheet Büro-/Geschäftshaus
Jahresnettomiete
ca. EUR 1.000.000,00
Vermietungsstand 94 %
aktuelle durchschnittliche MV-Laufzeiten von
rd. 3 bis 6 J.; 28 Mieter
Hauptmieter
1. Fahrradfachgeschäft
(MV 10 J. + 2 Optionen á 5 J.;
Laufzeit bis Ende 2018; 17 % Mietanteil
2. renommierte internationale Autovermietung
(MV 10 J., 5 % Mietanteil)
3. Office-Dienstleister
(MV 5 J. + 1 Option á 5 Jahre; 9 % Mietanteil
4. Transport-Management Unternehmen
(MV 5 J.; 9 % Mietanteil)
Objektbaujahr
1993, umfangreiche Revitalisierung 2006 - 2008
Vermietbare
Gesamtfläche
ca. 9.800 m2, davon 1.400 m2 als Verkaufsflächen
und ca. 8.400 m2 in 5 OG als Büroflächen
Stellplätze
ca. 158 in der TG, 38 in der Außenanlage
nicht auf die Mieter
umlegbare Kosten
15 % der JNM als BWK
Dem bereits o.g. Niederstwert folgend, wird durch die Bank hinsichtlich der Finanzierungs- höhe auf
den LTV abgestellt und somit ein
Kreditbetrag in Höhe von 9,1 Mio.
EUR (über DSCR liegt der mögliche Kreditbetrag bei 10,1 Mio. EUR)
in Aussicht gestellt. Somit ergibt
sich ein tatsächlicher DSCR von
133 %. Gleichzeitig wird durch die
Bank ein DSCR von 120 % festgesetzt, der bei Unterschreitung zu
einer Sperrung der vorhandenen
und zukünfti- gen Überschüsse
führt, bis der DSCR über zwei Beobachtungsperioden hinweg wieder eingehalten wird. Die zusätzlichen, über den DSCR Covenant
hinausgehenden 13 % werden von
der Bank – wie auch schon die
20 % – auf Grund der kurzen Mietvertragsrestlaufzeiten für das erste
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Jahr zur Ausschüttung gesperrt.
Damit wird das Leerstandsrisiko
mehrfach berücksichtigt.
LTV: Nachteile für den
Kreditnehmer
Der Kreditnehmer muss auf dieser
Grundlage einen höheren Eigenkapitaleinsatz erbringen und akzeptieren, dass sowohl für den Fall, dass
der DSCR unterschritten und/oder
der LTV überschritten wird, weiteres Eigenkapital nachgeschossen
werden muss bzw. die vorhandenen
Überschüsse für Ausschüttungen
gesperrt werden.
Ein Nachschuss auf Grund der Verletzung des DSCR-Covenant ist für den
Kreditnehmer absehbar und kalkulierbar. Der DSCR kann theoretisch
Der LTV dagegen beruht auf einer
ex post Betrachtung, die in der Regel nur alle zwei bis drei Jahre auf
Basis eines durch die Bank beauftragten Wertgutachtens durchgeführt wird. Wird der LTV-Covenant
verletzt, ist meist ein Ausgleich
aus angesammelten Überschüssen
nicht möglich, was zum Verkauf des
Objektes als einzige Lösung führen
kann.
Problemlösung
Aus Risikosicht einer Bank mag es
sinnvoll erscheinen, auf den Wert
mit dem geringeren Kreditbetrag
im Ergebnis abzustellen. Schließlich
können so bis zu einem Vermietungsstand von 60 % zumindest die
Zinsen bedient werden. Im Falle des
höheren Kreditbetrages wäre die
Zinsdeckung nur bis zu einem Vermietungsstand von rd. 70 % möglich.
Unseres Erachtens ist ein Mietausfall
von 30 % in unserem Beispiel auf die
Dauer der bestehenden Mietvertragslaufzeiten gesehen verhältnismäßig unwahrscheinlich. Zusätzlich
wären in diesem Fall auf Grund der
voran gegangenen DSCR-Unterschreitung Überschüsse zum Abfangen des Leerstandes vorhanden.
Dem Ausfallrisiko der Bank wäre
folglich auch beim höheren Kreditbetrag ausreichend begegnet.
Fazit und Empfehlung
Der ausschlaggebende Faktor für
die Bedienbarkeit eines Kredites ist
die sich aus dem Objekt ergebende
Liquidität, die eine Deflation oder Inflation ebenfalls widerspiegelt. Diese
ist so gut wie permanent überwachbar, zudem kann auf Veränderungen
schnell reagiert werden. Die Liquidität bildet außerdem die Grundlage
der Wertermittlung, da nicht nur die
Substanz, sondern die Mieterträge
des Objektes seinen eigentlichen
Wert ausmachen.
Das Abstellen auf die Liquidität bei
der Kreditbetragsermittlung bedeutet allerdings auch eine deutlich
detailliertere Analyse der liquiditätsbeeinflussenden Faktoren eines
Objektes wie Ertragskraft, Mieter,
spezifischer Mietmarkt und gesamtwirtschaftliche Tendenz. Gleichzeitig
muss vom Kreditnehmer ein entsprechendes monatliches Mieterreporting eingefordert werden.
Für die permanente Überwachung
des DSCR und der liquiditätsbeeinflussenden Faktoren eines Objektes
fehlt in den meisten Fällen die Zeit
bzw. das entsprechende Personal,
sowohl auf Bank- als auch Kreditnehmerseite. Um dem Kapitaldienstdeckungsrisiko tatsächlich in adäquater und vorausschauender Weise zu
begegnen, ist die Einschaltung eines
entsprechenden Dienstleister zu
empfehlen.
l
Autoren: René Reif und
Benedikt Huber
Über die Autoren
René Reif ist Gründer und Geschäftsführer vom gleichnamigen Beratungsunternehmen für Immobilienfinanzierung (www.renereif.de). Er
ist Lehrbeauftragter für das Thema
Finanzierung am Lehrstuhl für Bauprozessmanagement und Immobilienentwicklung an der TU München
sowie Lehrbeauftragter für Immobilienfinanzierung an der ADI Akademie der Immobilienwirtschaft sowie
Vorsitzender des Akademischen
Beirates der ADI München.
Benedikt Huber ist Immobilienökonom (ebs) und bei der René Reif
Consulting GmbH für den Bereich
Research & Analyse zuständig.
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