Kinotag: Wir amüsieren uns zu Tode! AKTIONSKREIS Manuel Neufeld

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Kinotag: Wir amüsieren uns zu Tode! AKTIONSKREIS Manuel Neufeld
ISSN: 2196-8136
Nr. 01-2015
Kinotag: Wir amüsieren uns zu Tode!
AKTIONSKREIS
Manuel Neufeld
Der heutige 33-JährigeManuel Neufeld 1 gehörte den Autonomen Nationalisten/NationalerWiderstand NRW an und arbeitet heute im AKTIONSKREIS bei EXIT-Deutschland mit.
An einem Wochentag stand ich im Foyer eines Kinocenters und wartete auf den Einlass in den
Kinosaal, der gerade vom Reinigungspersonal des Kinos gereinigt wurde. Es war der Wochentag
gewesen, an dem in der Vergangenheit, dass wöchentliche Kameradschaftstreffen stattfand. Bei
meinem 102. Kinobesuch in diesem Jahr, stellte ich mich in einer Nische des Foyers, um abseits
des herrschenden Trubels, die Geschehnisse im Foyer beobachten zu können.
An diesem Abend fanden im Kinocenter gleich mehrere (hohle) Veranstaltungen statt. Eine
Veranstaltung wurde von einer linksgerichteten Jugendorganisation ausgerichtet. Es wurde der
Dokumentarfilm "Blut muss fließen" von Peter Ohlendorf gezeigt. Die Veranstalter warben im
Internet mit einer kostenlosen Vorführung des Films und einer anschließenden Gesprächs/Diskussionsrunde mit dem Regisseur, des Films. Aus meinen Blickwinkel heraus, konnte ich den
Infostand der linksgerichteten Jugendorganisation beobachten, der im Foyer aufgebaut war.
Viele Interessenten fanden sich an diesem Infostand ein und ließen sich mit Infomaterial zum
Film und freien Eintrittskarten versorgen. Natürlich warb die Jugendorganisation auch mit der
Möglichkeit eine freiwillige Spende an sie entrichten zu können. Neben interessierten harmlos
aussehenden Besuchern fanden sich auch, mir mit Klarnamen bekannte Personen, aus dem
gewaltbereiten Antifa-Spektrum ein, die sich sicherlich nicht die Gelegenheit entgehen lassen
wollten, einen sinnfreien Dokumentarfilm, mit angeblicher Aufklärung über den
Rechtsextremismus, in der angekündigten Gesprächsrunde kommentieren zu können.
Wahrscheinlich bleiben die Erwähnungen ihrer gewalttätigen Aktionen, wie körperliche
Übergriffe, das Anzünden von Autos oder Outing-Aktion gegenüber Rechtsextremisten, aus.
Warum sollte man auch seinen guten Ruf, als einzig wahre handelnde Bewegung gegen
Faschismus und Intoleranz, aufs Spiel setzen. Da wirkt die bloße Erwähnung einer destruktiven
Handlungsweise abschreckend, gegenüber den Besuchern des Films, die nicht aus dem
gewaltbereiten Antifa-Spektrum stammen.
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Name geändert.
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Mir stellt sich inzwischen die Frage, ob die Besucher des Films, wirklich mit einer Aufklärung des
modernen Rechtsextremismus rechnen. Oder ob sie wie ich, das Konzept des Dokumentarfilms
bereits nach 15min durchschauen. Und ihn dann, als wenig hilfreich erachten, wenn es um die
Aufklärung des modernen Rechtsextremismus gehen soll. Persönlich halte ich den
Dokumentarfilm "Blut muss fließen" für wenig hilfreich, wenn man über den modernen
Rechtsextremismus aufklären möchte.
Der Film zeigt eine Aneinanderreihung von Konzertmitschnitten, die mit versteckter Kamera
gefilmt wurden. Die bedrohlich wirkende Atmosphäre wird mir als Zuschauer bereits nach
15min klar. Was dann folgt, ist eine endlose Wiederholungsschleife, die irgendwann nach ca. 90
min beendet ist. Mit dem Erkenntnisgewinn, dass sich Rechtsextremisten zu konspirativen
Konzerten verabreden, um Livemusik zu hören, bei der zu Mord und Verfolgung aufgefordert
wird. Doch ist das wirklich der Rechtsextremismus aus der Gegenwartsgesellschaft, im Jahr 2012
(Veröffentlichung des Films). Nein, der Dokumentarfilm steckt genauso in der Nostalgie-Falle,
wie der grauenvolle Spielfilm "Kriegerin". Beide Filme habe ich mir bereits in der Vergangenheit
angeschaut.
Was mich aber am meisten an diesem Dokumentarfilm geärgert hatte, war die Tatsache, dass
sich jahrelang eine Person, die die Aufnahmen von den Konzerten gemacht hatte, sich
unnötigerweise in Gefahr gebracht hatte. In den 80/90ger Jahren gab es bereits VHSVideokassetten mit Livemitschnitten von Rechtsrockkonzerten, zu kaufen. Auf diesen Videos
konnte man genau die gleiche Verhaltensweise von den Besuchern beobachten, wie auf den
Bildern in dem Dokumentarfilm. Diese VHS-Kassetten konnte man im Ausland bestellen,
beispielsweise in Dänemark bei dem Versandhandel NS-88. Man hätte sich einer unnötigen
Gefahrenlage entziehen können, wenn man auf das bereits vorhandene Material aus den
80/90ger Jahren zurückgegriffen hätte. Die Macher hätten ihre Recherchen auf die Jahre 20022012 ausrichten sollen. Um anschließend die Thematik ihrer Filme auf die Kulturrevolution der
rechtsextremistischen Szenen/Bewegung legen sollen, die sich dort entwickelt hat. Man hätte
eine Erzählung über den neuen Aktionismus des Rechtsextremismus machen können, der,
digitale online Kampagnen-, Flashmobs-, Selbstkritik in den Songtexten von Rechtsrockbandsund veränderter Kleidungsstil enthält. Man sollte lieber einen Film über die subtile
Vorgehensweise der rechtsextremistischen Szene/Bewegung drehen.
Mein Blick wendet sich vom Infostand der Jugendorganisation ab. Es öffnet sich die Tür von
Kinosaal 2, es ist leider nicht der Kinosaal, auf dessen Einlass ich warte. Es strömt eine sehr
große Menschenmenge, zudem sehr gut gelaunt, aus dem Kinosaal. Ich werfe einen Blick auf
den Monitor im Foyer, um zu erfahren, welcher Spielfilm, in diesem Kinosaal gezeigt wurde. Es
lief die Multi-Kulti Komödie "Monsieur Claude und seine Töchter", die ich mir bereits vor
einigen Wochen angeschaut hatte.
Als die Menge lautstark an mir vorbei zog und sich köstlich über die plumpen Gags und lausigen
Pointen des Films unterhält, fällt mir spontan der Titel des Buches "Wir amüsieren uns zu Tode"
von Neil Postman ein. Darin kritisiert Postman die allmähliche Zerrüttung der Kulturtätigkeiten
durch den gewerbsmäßigen Illusionismus, das totale Entertainment. Wir geben uns einer
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Illusion hin und lächeln die Probleme einfach weg, so wie in den Spielfilm "Monsieur Claude und
seine Töchter". Vor einigen Tagen gab es in der Welt einen klugen Essay von Sascha Lehnartz, zu
diesem Film. In seinem Essay unterstellt er dem Film eine geheuchelte Toleranz. Ich kann den
Worten und dem Urteil von Herrn Lehnartz nur zustimmen.
Der Film versucht mit Hilfe von bescheuerten Gags (die an das frühere finstere Blödelkino aus
Deutschland erinnern, mittlerweile mit Hilfe von Schweiger und Schweighöfer wieder lebendig)
die Problematik einer Multi-Kulturellen-Gesellschaft, einfach weg zulächeln. Der Film kämpft
nicht gegen Vorurteile an oder versucht diese zu widerlegen.
Was mich aber viel mehr irritiert, ist der große positive Zuspruch von Kritikern und Zuschauern
zu diesem Film. Denn der Film läuft schon seit einigen Wochen in den Kinos und das mit großen
Erfolg. Vergleichbar könnte man hier den rassistischen Film "Ziemlich beste Freunde" von
Olivier Nakache und Éric Toledano, erwähnen. Der auch begeistert von Publikum und Kritikern
gefeiert wurde. Ein auf den ersten Blick amüsanter Film mit pfiffigen Dialogen. Doch was
suggeriert der Film eigentlich. Der Film spielt erst mal mit den Klischees, die weiße und
schwarze Menschen gegeneinander hegen.
Der Zuschauer wird mit den üppigen Klischees über schwarze Männer konfrontiert. Der
schwarze Mann ist respektlos gegenüber der westlichen Kultur, der schwarze Mann ist ein
Frauenheld, er ist ständig lustig und lüstern. Konsumiert Drogen, spricht Gewaltdrohungen aus
und stiehlt. Der weiße Mann ist der reiche Spießbürger, mit Vorurteilen, für den, sozial
benachteiligte Personen den Hofnarr spielen müssen. Diese Klischees prallen im Film
aufeinander, nur mit der Konsequenz, dass sich diese Klischees zum Ende des Films wieder
verhärten. Der Film missbraucht hier die Verhaltensweise eines einzelnen schwarzen Mannes
und benutzt ihn als Identifikationsfigur für ein mittelständiges Publikum, welches offenbar nicht
mehr ganz so rassistisch ist, und sich selbst ein nachträgliches Sehen erspart, damit man sich
lieber einen albernen Relativismus, hingeben kann. In diesem Film soll nur der Status quo
erhalten bleiben, der Weiße bleibt so wie ein Weißer und der Schwarze bleibt so wie ein
Schwarzer. Der Film hätte lieber die Inszenierung in der Oper erst nehmen sollen, denn dort
findet eine wirkliche Integration statt. Aber daran ist der Film nicht interessiert, er deklassiert
lieber die Hochkultur.
Doch, was ist mit den schwarzen Menschen, die keine Lust haben, den Hofnarr für einen
Weißen spielen zu wollen, oder keine Aussichten auf einen Sozialaufstieg haben. Wie wertvoll
ist dagegen nur eine einzige Folge der großartigen US-Serie "The Wire". Die Serie zeichnet ein
reales Gesellschaftspanorama und bügelt die Aussichtslosigkeit nicht einfach glatt. Der Serie
würde ich eine Kunstform attestieren, als Einzige. Sie schafft es, eine Virtuosität aufzuzeigen,
indem sie dem Zuschauer die Komplexität einer Multi-Kulturellen-Gesellschaft verdeutlicht.
Der Philosoph Slavoj Žižek widmet in seinem Buch "Das Jahr der gefährlichen Träume", der Serie
ein ganzes Kapitel. Žižek bezeichnet das Szenario in der Serie als einen politischen Raum (der
Institutionen und den Widerstand Einzelner beinhaltet) und beschränkt diesen Raum auf einen
sozialdemokratischen, individualistischen Reformismus. Individuen können versuchen das
System zu verändern, doch am Ende gewinnt immer das System. Vielmehr würde ich
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behaupten, dass sich die Serie "The Wire", der Positivierung des Dogmatismus im Mainstream
widersetzt, d. h., sie zeigt dem Zuschauer, keine schwarz-weiß Malerei, wie in den Filmen
"Ziemlich beste Freunde" und "Monsieur Claude und seine Töchter".
Lautes Gelächter reißt mich aus meinen Gedanken. Ich sehe mehrere Frauen in kleinen Gruppen
die Treppe im Foyer des Kinosaals hinaufgehen. Sie sind auf den Weg in den Kinosaal 5, der sich
im 1.OG des Kinocenters befindet. Mein Blick richtet sich wieder auf dem Monitor im Foyer. Wie
von mir vermutet, läuft im Kinosaal 5 der Film "Walking on Sunshine" von Max Giwa und Dania
Pasquini. Der Film wurde im Tagesprogramm als Vorpremiere mit der Bezeichnung
Damenabend beworben. Für mich ist dieses nur ein Synonym für eine hohle Veranstaltung. Seit
wann werden Spielfilme auf Geschlechtsteile reduziert. Nein, diese Veranstaltungen dienen nur
dazu, um Frauen auf ihr Aussehen, alkoholische Getränke und bescheuerte Filme zu reduzieren.
In der Regel werden solche Veranstaltungen zu Filmen von Matthias Schweighöfer und Til
Schweiger angeboten. Warum dieses gemacht wird, erschließt sich mir nicht. Vielleicht eignen
sich diese plumpen, spießigen und bescheuerten Filme der beiden Herren, am besten, für diese
hohlen Veranstaltungen!?
Während Schweighöfers Filme einfach nur plump und bescheuert sind, übertrifft Schweiger
diese um Längen. Schweigers Filme verschließen sich regelmäßig einer tieferen Analyse und sind
einfach nur plump. Seine Filme versuchen die deutsche Mittelschicht mit lausigen und
beschämenden Pointen am Fließband, zu unterhalten. Da werden Erektions-Witze mit Kindern
gemacht, was eine Sexualisierung von Kindern darstellt.
Weiterhin sieht der Zuschauer, einfach gestrickte Stereotypen, auf die Herr Schweiger
herabblickt. Personen, die radikal kategorisiert werden, wie Homosexuelle die suspekt
erscheinen, Ausländer beherrschen die deutsche Sprache nicht und werden gewalttätig,
blondhaarige Frauen sind per se blöde, ein Mensch mit einer sozialen Ader, ist gleich ein
Kommunist. Und jeder halbwegs gebildete Mensch ist ein Schmierlappen. Herr Schweigers
Weltsicht scheint sehr einfach gestrickt zu sein. Zumindest vermittelt er es dauerhaft dem
Zuschauer in seinen Filmen.
Nach all meinen Aufzählungen ist es schon für mich irritierend, dass die Filme der beiden Herren
(Schweighöfer/Schweiger) einen so großen Zuspruch, in der Gesellschaft finden. Eine
Gesellschaft, die doch dauern vorgibt tolerant und weltoffen zu sein.
Endlich öffnet sich die Tür von Kinosaal 1. Es ist der Kinosaal, auf dessen Einlass ich gewartet
habe. Das Reinigungspersonal des Kinos verlässt den Saal und gibt ihn zum Einlass frei. Ich
betrete den Kinosaal, suche mir meinen Sitzplatz, der auf der Eintrittskarte gekennzeichnet ist.
Ich setze mich, schaue auf die Uhr und stelle fest, dass der Film in 10min beginnt. Noch mal Zeit
genug, um die gerade erlebten Ereignisse zu verarbeiten. Vor einigen Jahren saß ich noch am
heutigen Wochentag und zu dieser Uhrzeit, beim wöchentlichen Kameradschaftstreffen. Bei
diesen Treffen diskutierten wie über regionale-/überregionale Themen, aktuelle politische
Entwicklungen im In-/Ausland und über öffentliche Aktionen, die in naher Zukunft stattfinden
sollten. In und mit diesen Diskussionen lag immer die Absicht, das herrschende staatspolitische
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System infrage zu stellen, es für den kulturellen und sozialen Niedergang verantwortlich zu
machen. Die gesellschaftliche Entwicklung wurde als ein negativer Prozess wahrgenommen.
Verantwortlich dafür wurden immer etablierte Politiker gemacht, die die Entstehung einer
Multi-Kulturellen-Gesellschaft gewollt vorantreiben, um letztendlich den drohenden ‚Volkstod
der Deutschen‘ heraufzubeschwören. Rückblickend muss ich heute sagen, dass bei diesen
Diskussionen immer ein nachträgliches Sehen ausgeblieben ist. Alles lief immer auf einen
gemeinsamen Konsens hinaus und nie darauf, sich und seine eigene Position radikal infrage zu
stellen. Was würde es wirklich bedeuten, die Idee des Nationalsozialismus als staatspolitisches
System zu installieren, insgesamt einen Sozialismus (national/international), der doch historisch
und nachweisbar in der ganzen Welt als staatspolitisches System gescheitert ist. Speziell der
Nationalsozialismus mit seinem kruden Biologismus (die Rasse als Erklärungsschlüssel zur
Existenzsicherung) - dem systemischen Kern dieser Idee. Genau diese ‚Utopie‘ ist es, die Staaten
mit ihrem autoritären Handeln und ihrem Fanatismus zugrunde richten. Die Verwirklichung
derartiger Gesellschaftsordnung, die wir in unseren Diskussionen und Aktionen anstrebten, ist
es, die mir im Unterhaltungsmedium, genau genommen bei Spielfilmen, im Kino, Sorgen
bereiten.
Das politische System welches wir installieren wollten (der Großteil immer noch) würde das
Foltern, das Töten, die körperliche Ausbeutung der Arbeitskraft und die Ausgrenzung von
Menschen rechtfertigen.
Nur schaue ich mir heute Spielfilme im Kino an, sehe ich dort eine sehr gefährliche und parallele
Entwicklung, die für eine demokratische Gesellschaftsordnung doch sehr nachteilig sein dürfte.
Die Filmindustrie verkauft immer mehr ihre Seele und zeigt dem Zuschauer traumatisierte
Wahrheiten. In Filmen und Serien wie "Zero Dark Thirty" und "Homeland" wird Folter als Teil
der öffentlichen Debatte legitimiert. Diese Medien möchten in erster Linie schockieren, sie tun
aber genau das Gegenteil. Wenn der Zuschauer beim Anschauen dieser Medien begreift, was
Folter bedeutet, dann kann er ja auch für Folter sein, ohne gleich in der Öffentlichkeit als geistig
abgestumpft bezeichnet zu werden. Man erzählt dem Zuschauer eine progressive Geschichte,
doch die Textur zeugt vom kompletten Gegenteil. Der Zuschauer wird permanent von der
Filmindustrie indoktriniert, sie versucht mit Medien wie "Zero Dark Thirty" und "Homeland" uns
Zuschauern, Frauen als neue perfekte Folterknechte zu verkaufen. In diesen Medien wird unter
dem Deckmantel des Postfeminismus gefoltert, was daraus folgt, ist eine konsumierbare
Ideologie: Foltern für Hollywood. Diese Medien sind nicht daran interessiert, uns Zuschauern
verständlich zu machen, dass Folter niemals zielführend sein kann oder das nicht Foltern zur
Normalität erklärt werden sollte. Vielmehr drängt sich mir der Verdacht auf, dass man versucht,
Methoden aus autoritären staatspolitischen Systemen in der Demokratie zu verankern.
Auch die von mir bereits erwähnten Filme "Ziemlich beste Freunde" und "Monsieur Claude und
seine Töchter" eignen sich nicht für das Unterhaltungsmedium. Beim Anschauen dieser Filme
sollte dem Zuschauer das Lachen im Halse stecken bleiben. Denn Humor ist nicht dazu da, um
Probleme zu verschleiern oder einfach weg zu lächeln.
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Wenn der Zuschauer in einem Kinosaal sitzt, befindet er sich in einem abgeschlossenen
mentalen Raum, in dem er sich niemals passiv verhalten kann. Dort bekommt er es mit einem
abgeschlossenen Werk zu tun, einem Anfang und einem Ende. Darin wird der Zuschauer
gezwungen sich zu dem Werk, zu verhalten, sprich, das Werk soll den Zuschauer dazu
auffordern, sich und seine Position radikal infrage zu stellen. So wie in nachdenklichen und
abgeschlossenen Filmen wie "Angst essen Seele auf" von Rainer Fassbinder, "Fahrenheit 451"
von François Truffaut oder "Fahrraddiebe" von Vittorio de Sica. Filme, die sich wirklich mit einer
ernsthaften gesellschaftlichen Entwicklung auseinandersetzen. Natürlich zählen dazu auch
zahlreiche andere Filme.
Das Licht geht aus, der Kinosaal verdunkelt sich. Ich schaue mich im Kinosaal um und stelle fest,
dass sich mit mir, gerade mal vier weitere Kinobesucher im Kinosaal befinden. Vielleicht ist der
Film dem Mainstream Publikum mal wieder zu anspruchsvoll? Der Trailer des Films vermittelte
es dem Zuschauer in der Werbung. Nun, ich lehne mich entspannt ich meinen Sitz zurück, mit
der Erwartung, dass der Film mich mental fordert und spannend unterhält. Und nicht wie der
Großteil der Filme, die ich mir bereits dieses Jahr im Kino angeschaut habe. Von denen 80%
immer die gleiche Aussage haben, erst kommt das Fressen, dann die Moral.
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