Die Wirtschaft 2-2014 - Nordbayerischer Kurier

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Die Wirtschaft 2-2014 - Nordbayerischer Kurier
# 02. 2014
Die Wirtschaft
Das Magazin für Bayreuth und die Region
Hotellerie: Zieher füllt die
Luxus-Nische
Riegg & Partner: Vom Dorf
aus weltweit aktiv
Im Trend: B.I.V vermietet
(fast) alles für den Bau
Seite 4
Seite 10
Seite 32
Maximilianstraße 25, 95444 Bayreuth, Tel. 0921/507 01 60
Grüner Markt 2, 96047 Bamberg, Tel. 0951/519 3 000
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Die Wirtschaft
#02.2014
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Inhaltsverzeichnis
IMPRESSUM
Seite 13
Zieher füllt in der Hotellerie
die Luxus-Nische
Seite 28
Seite 32
Seite 4
Schritt für Schritt
schneller zum Anlageziel:
Deka-FondsSparplan.
Wunder-Werkstoff: Nanoröhrchen
Seite 7
von Futurecarbon
Riegg & Partner:
Vom Dorf aus weltweit aktiv
Sonderveröffentlichung: Die Wirtschaft
Nordbayerischer Kurier GmbH & Co.
Zeitungsverlag KG, Theodor-SchmidtStraße 17, 95448 Bayreuth
V.i.S.d.P.: Joachim Braun
Redaktion: Stefan Schreibelmayer;
Gestaltung: Matthias Schäfer;
Titelfoto: Ronald Wittek; Verantwortlich für Anzeigen: Michael Rümmele
Seite 10
Interview zur Unternehmensnachfolge:
Familie emotionalste Beziehung: Seite 13
Die Ispex AG besorgt Unternehmen
Seite 20
günstig Strom und Gas
Wertpapierexperte sieht keine
Gefahr eines Börsencrashs
Neue Perspektiven für mein Geld.
Jetzt mit SparkassenPrämie. Befristetes
Angebot!
Seite 22
Warum sich Senivita erneut Geld
Seite 24
über die Börse geholt hat
Bayreuther Start-up hat eine Vision:
Seite 26
3D-Druck für jedermann
Schreinerei Heidenreich sorgt auf
Seite 28
Luxusjachten für Atmosphäre
Deka Investment GmbH. Gutschrift einer Sparkassen-Prämie in Höhe von max. 500,– Euro im DekaBank Depot bei
Neuabschluss eines Deka-FondsSparplans in ausgewählten
Investmentfonds im Aktionszeitraum 02.06.– 01.08.2014.
Eingang der ersten Sparrate bis 31.08.2014. Die Zahlung
der Sparkassen-Prämie erfolgt nach dem 1., 2. und 3. Jahr
in Fondsanteilen. Die Sparkassen-Prämie wird mit der Zahlung in voller Höhe versteuert (Möglichkeit zur Erteilung
eines Freistellungsauftrags bzw. Beantragung und Vorlage
einer Nichtveranlagungsbescheinigung). Das Angebot gilt
nicht für Online-Abschlüsse. Allein verbindliche Grundlage
für den Erwerb von Deka Investmentfonds sind die jeweiligen wesentlichen Anlegerinformationen, die jeweiligen
Verkaufsprospekte und die jeweiligen Berichte, die Sie in
deutscher Sprache bei Ihrer Sparkasse oder Landesbank
oder von der DekaBank Deutsche Girozentrale, 60625
Frankfurt und unter www.deka.de erhalten.
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Filter von Helsa für die Medizintechnik
Seite 30
und die Hightech-Industrie
B.I.V vermietet
(fast) alles für den Bau
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05.05.2014 13:14:53
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Die Wirtschaft
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Hat was von Manhattan und heißt deshalb Skyline – eine Buffetserie von Zieher.
Fotos: Wittek (6), Zieher
Reiz ist geil
Zieher: Wie Namensärger mit einem Weltkonzern den Weg zu einer weltweit bekannten Marke ebnete
D
as kann der Todesstoß für eine Firma sein. Wegen Namensrechten verklagt von einem Weltkonzern, dem es egal ist, wie
lange der Prozess dauert und wie viel er
kostet. Manfred Zieher ist das passiert.
MAC hieß seine 1986 im Bayreuther
Stadtteil St. Georgen gegründete Firma
damals – was McDonalds nicht gefiel.
„Uns war schnell klar, dass wir gegen
die einen Prozess nicht annähernd
durchstehen können“, sagt der 62-Jährige. Er traf eine im Nachhinein betrachtet goldrichtige Entscheidung: Vor
rund acht Jahren gab er dem Unternehmen seinen eigenen Namen und schuf
damit eine Marke, die in der Branche
des feinen Zubehörs für Gastronomie und
Hotellerie mittlerweile rund um den Globus bekannt ist. Produkte von Zieher findet man bei Spitzenköchen, in den Suiten von Luxushotels, in den Chefetagen
großer Unternehmen, in den Luxus-
Firmenchef Manfred Zieher mit einer
extravaganten Obstschale. Ebenfalls
im Unternehmen dabei: Ehefrau Christa als Mit-Geschäftsführerin sowie die
Kinder Oliver (Design), Dominik (Vertrieb) und Jennifer (Marketing).
klassen von Fluggesellschaften und sogar im Kreml in Moskau.
Dabei wird am heutigen Unternehmenssitz in Himmelkron mit seinen 40
Mitarbeitern gar nicht produziert. „Wir
entwerfen, wir machen das Design und
lassen es schützen“, sagt Zieher. Hergestellt wird dann dort, „wo wir die nötige
Qualität bekommen“. Das ist häufig in
Asien, aber immer öfter auch wieder in
Europa der Fall, denn: „In China steigen
die Lohnkosten im Schnitt um zwölf Prozent im Jahr.“ Allerdings: Geld ist nicht
das Problem – zumindest bei vielen Kunden nicht. Denn die sind ausdrücklich
auf der Suche nach ausgefallenen Dingen und bereit, dafür einen entsprechenden Preis zu zahlen. Das Aha-Erlebnis für Zieher war eine Messe in Dubai, auf der er sein Sortiment ausstellte
und viele Einkäufer von arabischen TopHotels unterwegs waren: „Ich war völlig
überrascht, dass da vor allem unsere
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Die Wirtschaft
hochwertigsten und damit auch teuersten Produkte geordert wurden.“ Doch es
bewahrheitete sich bloß, was er einst im
Buch „Reiz ist geil“ gelesen hatte, einer
Art Anleitung zur Entwicklung einer
Marke. Heute drückt es der Firmenchef
so aus: „Eigentlich braucht man unsere
Dinge nicht, aber man will sie haben.“
Dabei handelt es sich um Nischenprodukte, niemals statten die Himmelkroner ein ganzes Hotel mit Porzellan,
Glasschälchen, Serviertabletts oder Buffetsystemen aus. Klein, aber fein lautet
stattdessen die Devise. Geliefert wird für
die Suiten in Tophotels wie dem Burj al
Arab, für den Vorstandsbereich der
Deutschen Bank oder J.P. Morgan, oder
eine doppelwandige Kaviarschale aus
Glas für die Firstclass der Lufthansa.
Nicht nur, aber eben auch. Ein durchschnittlicher Auftrag umfasst da einige
Hundert Einzelteile.
Und in diesem Luxusbereich will
Zieher wachsen, einen millionenschweren Vertrag mit einer großen Lebensmittelkette ließ das Unternehmen gerade erst auslaufen. „Da wird fast ausschließlich über den Preis verkauft, das
können wir uns mit unserem Sortiment
nicht mehr leisten“, sagt Zieher, der jetzt
auf 8,5 Millionen Euro Jahresumsatz und
„einen auskömmlichen Überschuss“
kommt. In 83 Länder wird geliefert, Umsatzschwerpunkte sind neben Deutschland noch Russland, die Emirate und
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Zieher-Produkte sind meist mindestens
einen Tick außerhalb der Norm. Besonders außergewöhnlich ist der Metallbaum, an dessen Ästen zum Beispiel
Fingerfood hängen kann.
Saudi-Arabien, die USA, Japan, Großbritannien und Frankreich.
Rund 100 neue Produkte bringen die
Oberfranken jedes Jahr auf den Markt,
die Zahl der Ideen ist viel größer, so
Zieher. „Ich bin hier für die Spinnereien
zuständig“, sagt der Firmenchef, alles
wird dann diskutiert. Ist die Entscheidung gefallen, sorgt der fürs Design verantwortliche Sohn Oliver für die Umsetzung der oft extravaganten Entwürfe.
Ausgefallenes Design, das nicht nur
bei der zahlungskräftigen Kundschaft
Begehrlichkeiten weckt, sondern auch
von ungebetener Seite. Plagiate sind ein
großes Problem in der Branche, es wird
kopiert, was vor die Linse kommt. Zieher
hat sich da mittlerweile ein dickes Fell
zugelegt: „Früher war ich immer richtig
sauer, weil wir ja viel Geld und Hirnschmalz in unser Design investieren.
Heute sage ich mir: Wir müssen wohl etwas richtig machen, wenn uns jeder imitiert. Wir müssen halt einfach schnell
sein und immer wieder etwas Neues bieten.“ Hinzu komme die schnelle Lieferbarkeit, weil alle Teile in Himmelkron
auf Lager sind – übrigens ein weiterer
nennenswerter Kostenfaktor.
Warum Zieher so entspannt ist? „Wer
einen vierstelligen Betrag für eine Nacht
im Luxushotel zahlt, der will das Besondere, der will verwöhnt werden. Deshalb kaufen die Hotels das Original.“
Stefan Schreibelmayer
Die Wirtschaft
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Der Wunder-Werkstoff
Futurecarbon entwickelt Produkte mit Nanomaterialien zur Serienreife
D
as soll ein Werkstoff der Zukunft sein? Das schwarze Pulver, das Walter Schütz da in einer Flasche präsentiert, oder die ebenso
schwarze Flüssigkeit in der Flasche daneben? Nanomaterialien heißt das Zauberwort. Was der Geschäftsführer der
Bayreuther Hightech-Firma Futurecarbon da in der Hand hält, besteht aus Kohlenstoffröhrchen. Die sind zwar winzig
klein, haben aber erstaunliche Fähigkeiten. Sie können Materialien eine vielfach höhere Festigkeit als Stahl verleihen, sie können vor elektromagnetischer Strahlung schützen, und sie heizen sich auf, wenn man niedrige Spannung anlegt.
Womit schon die drei Bereiche genannt wären, auf die sich Schulz und seine 30 Mitarbeiter, zu denen noch einmal so viele bei Zulieferern und Partnern kommen, in Zukunft konzentrieren
werden. Bereits auf dem Markt ist eine
Wandfarbe, der die Nanoröhrchen aus
Bayreuth beigemischt sind. Wird sie etwa in einem Schlafzimmer aufgebracht,
wird laut Schütz eine bis zu 99-prozentige Strahlungsabschirmung erreicht. Ein
Wert, der Privatleuten genügt – sie sind
auch die Hauptkunden für dieses Produkt. „Um eine komplette Abschirmung
zu erreichen, bräuchte es eine viel aufwendigere Lösung. Da wären wir ganz
schnell im militärischen Bereich, und da
wollen wir nicht hin“, sagt Schütz, der
das Unternehmen 2002 gegründet hat.
Futurecarbon-Chef Walter Schütz präsentiert eine serienreife Anwendung seines Produkts. Ein mit Nano-Kohlenstoffröhrchen versehenes Klebeband wird um ein Rohr gewickelt. Legt man jetzt niedrige Spannung an, erwärmt sich das Band, das Rohr wird beheizt – ohne aufwendige Zu- und Ableitungen.
Foto: Wittek
Beim Thema Heizen ist Futurecarbon
mit ersten Produkten bereits ganz nah
dran an der Serienreife. Auch hier geht
es unter anderem um eine Wandfarbe,
die unter der eigentlichen Farbe ver-
strichen wird. Legt man dann eine Niederspannung an, wirkt die Farbe wegen
des hohen elektrischen Widerstands des
in ihr verarbeiteten Kohlenstoffs plötzlich wie eine Heizung. Dabei sind Häu-
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Die Wirtschaft
ser nur ein ganz kleiner Teil der möglichen Anwendungen. Ein weiteres Zukunftsfeld ist die Elektromobilität: Weil
E-Autos die Motor-Abwärme zum Heizen des Innenraums fehlt, könnte auch
hier die Kohlenstoff-Heizung helfen, die
auch noch den Vorteil eines geringen
Stromverbrauchs hat – schließlich soll
der Saft aus der Batterie das Auto möglichst lang vorantreiben.
Und es gibt weitere Ideen: Bei regionalen Textilveredlern werden dünne, gitterförmige Heizelemente mit der Farbe
beschichtet. Diese können dann unter anderem in Transportbehältern für Chemikalien verwendet werden, die gleichbleibende Temperaturen benötigen. Es
gibt bereits Versuche, Flugzeugtragflächen auf diese Art und Weise zu heizen,
um sie vor Vereisung zu schützen. Mit einem Partner in Singapur wurde ein mit
der Nanofarbe beschichtetes Klebeband
entwickelt. Damit können nun Rohre ummantelt und beheizt werden – ohne Platz
raubende Wasserleitungen. Und mit dem
Premium-Polstermöbelhersteller Koinor
aus Michelau laufen letzte Tests, Ledergarnituren mit Heizungen aus den Nanoteilchen auszustatten.
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So sieht die atomare Struktur der Nanoröhrchen aus (oben). Für den normalen Betrachter ist das Futurecarbon-Produkt einfach nur ein schwarzes Pulver.
Fotos: Wittek, red
Wobei sich hier auch zeigt, welche zusätzlichen Herausforderungen auf Futurecarbon zukommen. „Vor allem im
Bereich Heizen müssen wir schon heute
mehr liefern als nur das Ausgangsprodukt“, sagt Schütz: „Koinor zum Beispiel sagt: Ihr liefert die Heizung, die
muss komplett sein.“ So werde Futurecarbon vom reinen Zulieferer in Teilbe-
reichen zum Systemlieferanten, der sich
wiederum Komponenten zuliefern lässt.
In diesem Fall ist die Firma Vierling in
Ebermannstadt ein Partner. „Wenn möglich, arbeiten wir gerne mit regionalen
Unternehmen zusammen“, sagt Schütz.
Noch am weitesten ist der Weg für Futurecarbon bei Kohlefaser-Verbundwerkstoffen, die bekanntlich bei hoher
Die Wirtschaft
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„Die wollen natürlich auch irgendwann
Profit sehen und ihre Anteile möglichst gewinnbringend
wieder verkaufen.“
Walter Schütz,
Futurecarbon-Chef, zur Motivation seiner Investoren
Festigkeit deutlich leichter sind als Metall. Hier entwickelt das Unternehmen
einen Kunstharz, dem die KohlenstoffNanoteilchen beigefügt sind und der zusammen mit anderen Werkstoffen eingesetzt werden soll. Ein erstes Forschungsprojekt mit Airbus läuft bereits,
die Flugzeughersteller suchen ja händeringend nach Leichtbauteilen. Aber
auch die Windenergiebranche ist ein
möglicher Kunde. Schütz: „Glasfaser als
Werkstoff für die Rotoren ist technisch
weitestgehend ausgereizt. Wenn wir aber
dank unseres Harzes bei höherer Festigkeit Gewicht sparen, sind neue Innovationen möglich – längere Rotorblätter
vielleicht, oder eine insgesamt leichtere
Konstruktion.“
Ideen, die allerdings Geduld brauchen. „Das haben wir erst lernen müssen“, sagt Schütz: „Nur weil wir unser
Ausgangsprodukt fertig haben, gibt es ja
noch lange keine Anwendung. Die muss
die Industrie erst schaffen. Und da sind
die Zyklen oft länger als wir uns das vielleicht wünschen.“
Nur gut, dass bei Futurecarbon Investoren an Bord sind, die das wissen.
Zu KfW, S-Refit (Sparkassengruppe)
und VRD Investment gesellte sich zuletzt MIG Fonds, zu deren Beratern der
frühere Siemens-Chef Heinrich von Pierer gehört und von dessen Kontakten
das Unternehmen bereits profitiert hat.
„Die investieren erst, wenn die technische Machbarkeit bei einem Start-up be-
reits sichergestellt ist“, weiß Schütz,
aber: „Die wollen natürlich auch irgendwann Profit sehen und ihre Anteile möglichst gewinnbringend wieder
verkaufen.“
Das wäre wohl spätestens dann der
Fall, wenn die Ziele von Schütz und dessen für Marketing und Vertrieb zuständigem Kollegen Klaus Zeyn erreicht sind:
Auf Sicht soll Futurecarbon ein mittelständisches Unternehmen werden, das
große Mengen Nanoprodukte in Oberfranken herstellt. Heute bewegt sich ein
Auftrag noch im 1000-Liter-Bereich. Doch
Marktanalysen sehen ein Umsatzpotenzial im dreistelligen Millionenbereich –
dank eines Werkstoffs der Zukunft.
Stefan Schreibelmayer
10 Die Wirtschaft
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Geschäftsführer
Holger Riegg
(links) und Céline
Tietz (Mitte) von
der PR-Beratung
im hauseigenen
Fotostudio. Hier
lichtet die Fotografin die Schuhe
ab, die die Werbeagentur für einen
Versandhauskatalog braucht.
Fotos: Wittek
Da, wo die Kreativität entsteht
S
Werbeagentur Riegg & Partner agiert von Neudrossenfeld aus weltweit
eine Kunden wollen von Holger
Riegg immer nur das eine: Kreativität. In den unterschiedlichsten
Bereichen. Geschäftsführer Riegg beschäftigt sich mit Kinderspielplätzen, Bequemschuhen, erlesenen Weinen, Camping und Metzgereierzeugnissen. Unter
anderem. Das sind die Produkte und
Ideen, die seine Kunden schon haben.
„Wir überlegen uns dann: Wie schaffen
wir es, dass alle von diesem tollen Produkt
erfahren, daraus eine Marke wird?“ Mit
„wir“ meint Riegg „Riegg & Partner Werbeagentur GmbH“ und die Tochteragentur „intercorp.“ Die Agentur steht auf drei
Säulen: Neben der Werbeagentur gibt es
das eigene Fotostudio und eine PR-Abteilung. Alles ist in einem großen Backsteinhaus mit schiefen Dächern, vielen hellen
Glasfenstern und einem warmen Parkettfußboden in Neudrossenfeld. Im Eingangsbereich steht ein kleiner schwarzweißer Hund, angeleint an die Treppe, an
der er sein Bein hebt. „Der steht da schon
ganz lange“, sagt Riegg über den Hund. Er
ist locker, lustig, freundlich – der Hund
passt zu Riegg & Partner.
Die Tochterfirma „intercorp.“ beschäftigt sich mit dem Technischen, also Programmieren. Für sie wurde im vergangenen Jahr gegenüber ein weiteres Gebäu-
Seite für Seite entsteht hier ein Katalog.
Um alles im Blick zu haben, heften die MitarbeiterjedeSeiteaneinegroßeWand.
de errichtet. Die Werbeagentur hat ihre
Standbeine im Bereich Nahrungsmittelund Versandhandel. Für die Händler
konzipiert sie Kataloge und Kampagnen.
Momentan beschäftigt sich ein Großteil
der 45 Mitarbeiter mit Bequemschuhen.
Auf sieben Biertischen reiht sich im Fotostudio Schuh an Schuh – was eigentlich
ziemlich viele Schuhe sind, aber in dem
riesigen Studio wirkt es gar nicht so. Immer wieder holt sich die Fotografin einen
der Schuhe, drapiert ihn auf einem weißen Tischchen, geht hinter die Scheinwerfer, drückt – klick – ein weiterer Schuh
für den Katalog ist abgelichtet.
Diese Schuhbilder werden zu den
„Kreativen“, wie Riegg sie nennt, in den
„Working Lounges“ wandern, zu den
Textern, Grafikern und Kommunikationsdesignern. „Die sind quasi das schlagende Herz unserer Firma“, sagt Riegg.
Sie werden sich Werbetexte und Ideen
überlegen, die Seiten in dem Katalog anordnen – sie werden aus all diesen Schu-
Die Wirtschaft 11
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„Unsere Kunden sind oft in sehr speziellen Nischen.
Und in denen sind sie Weltmarktführer.“
Holger Riegg,
Geschäftsführer der Werbeagentur Riegg & Partner
hen ein Produkt kreieren, dass die Zielgruppe so gut finden wird, dass sie sich
mindestens ein Paar zulegen oder wünschen wird. Diese Kreativen und anderen
Angestellten sind der Grund, warum die
Werbeagentur im kleinen Neudrossenfeld bleibt. „Ein Kommunikationsunternehmen lebt von den Menschen, die darin
gemeinsam arbeiten“, sagt Riegg. Die
Firma bildet selbst aus, 2013/14 sind es
acht Auszubildende – die meisten von ihnen werden bleiben. Sie wurden extra auf
die Hauptgebiete des Unternehmens
spezialisiert. „Da sind Mitarbeiter herausgekommen“, sagt Riegg, „die es woanders einfach nicht gibt.“ Deswegen
Neudrossenfeld und nicht Hamburg oder
München, wo all die anderen Werbeagenturen sitzen. Die Arbeit, die das Unternehmen mit dieser Philosophie abliefert, funktioniert: Die Kunden bleiben,
überdurchschnittlich lange, fast zehn
Jahre – der Branchendurchschnitt liegt
bei drei Jahren. Als die Agentur 1969 von
Rieggs Vater gegründet wurde, war einer
der ersten Kunden ein Lebensmittel-Unternehmen aus Kulmbach. Die Geschäftsbeziehung besteht bis heute, mittlerweile arbeitet das Unternehmen in 40
Ländern. „Unsere Kunden sind oft in sehr
speziellen Nischen“, sagt Riegg. „Und in
denen sind sie Weltmarktführer.“ Und so
muss auch die Werbung oft weltweit
funktionieren.
Aber trotz dieser Beständigkeit hatte
auch Riegg & Partner mit der Weltwirtschaftskrise zu kämpfen. „Von 2008 bis
2010 haben wir eine deutliche Delle“,
INFO
Die Riegg & Partner Werbeagentur ist
ganz schön alt: Vor 45 Jahren gründet
sie Dietrich F. Riegg in Kulmbach. Ein
Kunde der ersten Stunde: Die Firma
Meyer Modeversand, sie ist der Grundstein für den Bereich Versandhandel. Im
Jahr 1986 verlegt die Agentur ihren Sitz
nach Neudrossenfeld, vor allem wegen
des Autobahnausbaus. Vier Jahre später wird Jürgen Seiferth Geschäftsführer
und Kreativ-Chef. Mitte der Neunziger
baute die Firma ihren eigenen Firmensitz, außerdem erweitert sie ihr Leistungsspektrum um Public Relations.
Ab 1997 teilen sich Holger Riegg und
Seiferth die Geschäftsführung. Durch
eine Beteiligung an der Nürnberger
Agentur „Neuland“ weiten Riegg &
Partner 2007 ihr Angebot aus – mit Erfolg: Ein Jahr später landen sie erstmals
auf Platz 40 der besten inhabergeführten Werbeagenturen Deutschlands. Im
vergangenen Jahr kreiert Seiferth die
„Katalogwerkstatt“, eine Schmiede
für Katalogkonzepte – womit der größte Kunde, „Die moderne Hausfrau“,
gewonnen werden konnte.
aw
sagt Riegg. „Marketing ist da bei den Unternehmen eine Größe gewesen, bei der
man sparen kann.“ Seit 2010 gehe es aber
wieder deutlich bergauf. Der Umsatz?
„Der interessiert uns nicht so sehr“, sagt
Riegg. Das Gross-Income, der Netto-Honorarumsatz, mit dem sich Agenturen
vergleichen, hingegen schon. Hier liege
man bei 3,3 bis vier Millionen Euro.
Und das, obwohl die Agentur nicht mit
allen Mitteln neue Kunden akquiriert.
Wenn eine Firma einen Auftrag ausschreibt, wählt sie dafür in der Regel vorher einige Agenturen aus, die das Projekt
bearbeiten sollen. Nach den Präsentationen entscheidet sie sich für eine Agentur.
„Und die Arbeit davor war gratis“, sagt
Riegg, er schüttelt den Kopf. „Wir lehnen
kostenlose Präsentationen ab.“ Weil ihre
Arbeit etwas wert sei. Um neue Kunden zu
gewinnen, nutzen Riegg und seine Leute
daher das für sie einfachste Mittel: Werbung. Für sich selbst. Proben ihrer Arbeit,
große Mappen mit glänzenden Seiten,
voll von Kampagnen und Versandkatalogseiten, schicken sie an Unternehmen,
von denen sie glauben, dass eine Geschäftsbeziehung fruchtbar wäre. Und
natürlich erwähnt die Agentur darin auch,
dass sie bereits viermal den Preis „Katalog
des Jahres“, die Auszeichnung der Katalog- und Versandhandelsbranche, gewonnen hat – hintereinander. Das letzte
Mal 2013.
Amelie Wollny
www.bayreuth.ihk.de
Kritiker, Gutachter, Vermittler,
Dienstleister, Sprachrohr, Wegweiser ...
Nehmen Sie uns beim Wort:
IHK - Die erste Adresse
12 Die Wirtschaft
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Anlagetipps: Die Schwankungen der Aktienmärkte langfristig zum Vorteil nutzen
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Angenommener Sparplan auf MSCI World, 20 Jahre, 100 EUR mtl.
Depotwert am Laufzeitende in Tsd. EUR
Gesamteinzahlungen in Tsd. EUR
Rendite p.a. in %
160
140
12,4
120
12,1
11,1 11,2
13,6 13,6
15,4
13,4
11,3
6,8
100
6,8 6,5
7,9 7,8
7,1
2,2
80
5,8
4,0 5,1 4,2 4,7
60
40
20
93-13
92-12
91-11
90-10
89-09
88-08
87-07
86-06
85-05
84-04
83-03
82-02
81-01
80-00
79-99
78-98
77-97
76-96
75-95
74-94
0
73-93
Historische
Sparplanrenditen:
Der Blick in die
Vergangenheit
zeigt, dass die
Anleger mit einem
langen Atem
und Durchhaltevermögen immer
mit einer positiven
Rendite abschließen konnten.
Die Jahresperformance (Balken) im Berechnungsbeispiel bezieht sich jeweils auf einen vollen 12-Monatszeitraum (hier: letzter Börsenhandelstag
im Dezember bis zum letzten Börsenhandelstag im Dezember des Folgejahres); rollierende Sparpläne für den angegebenen Zeitraum.
Basis: Monatsultimo-Performancedaten vom 31.12.1973 bis 31.12.2013.
Stand: 31.12.2013; Quellen: DekaBank
Hinweis: Die bisherige Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung.
Aktien: Die Zeit arbeitet für den Anleger
Gibt es eine Möglichkeit, sich die Schwankungen
der Aktienmärkte zu Nutze zu machen?
Die Ausgangssituation
Die historische Betrachtung der Aktienmärkte zeigt,
dass diese immer wieder mehr oder weniger starken
Schwankungen unterliegen, die sich aus den politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
ergeben. Die Frage, die sich für Anleger in diesem Zusammenhang stellt, ist: „Wie kann ich mir diese
Schwankungen langfristig zu Nutze machen?“
Die Anlagetipps
entstehen in enger
Zusammenarbeit
mit der Sparkasse
Bayreuth.
Die Lösungsansätze
> Ein sukzessiver Einstieg in den Aktienmarkt
schafft langfristig eine Glättung der vorhandenen
Marktschwankungen.
> Aufgrund der Tatsache, dass Aktienmärkte
schwanken, kann der Anleger dies sogar zu seinem
Vorteil nutzen, weil regelmäßige Anlagen in Schwächephasen bei langfristig steigenden Aktienmärkten
sogar Vorteile bringen.
> Durch den damit entstehenden Durchschnittskosteneffekt (auch „Cost-Average-Effekt“ genannt)
kauft der Anleger in starken Marktphasen weniger
teuere Anteile und in schwächeren Marktphasen
mehr günstigere Anteile.
> Am einfachsten können Anleger dies über eine
kontinuierliche Investition in Investmentfonds umsetzen. Hierbei gibt es dann auch die Möglichkeit, gezielt auf bestimmte Auswahlkriterien einzugehen.
Die Vorteile
> Der Gesichtspunkt des Timings, das heißt „Wann
soll ich kaufen?“, wird dem Investor abgenommen.
> Langfristig wird ein Vermögensbaustein in Sachwerte aufgebaut, zum Beispiel für die Altersvorsorge.
Grundsätzlich gilt bei allen Wertpapieren: Sie bergen
große Chancen; kapitalmarktbedingte Wertschwankungen können jedoch nicht ausgeschlossen werden.
„Das Geheimnis des
erfolgreichen Börsenhandels
liegt darin, zu erkennen,
was der Durchschnittsbürger
glaubt, dass der
Durchschnittsbürger tut.“
John Maynard Keynes (1883 – 1946),
britischer Ökonom
Die Wirtschaft 13
#02.2014
„Familie ist die emotionalste Beziehung“
Warum scheitern viele Unternehmer bei der Regelung der Nachfolge? – Interview mit Professor Lange
N
icht immer scheitern Unternehmen an schlechten Umsätzen und Erträgen. Findet sich
kein Nachfolger, ist der Betrieb am Ende. Warum scheitern viele Unternehmer
gerade an der Nachfolge-Frage? Wir
sprachen mit dem Bayreuther Professor
Knut Werner Lange, dessen Lehrstuhl sich
intensiv mit dieser Frage beschäftigt.
Vier von zehn Unternehmern scheitern
bei dem Versuch, ihren Betrieb in jüngere Hände zu übergeben, sagt der DIHK.
Warum so viele?
Knut Werner Lange: Die Gründe sind
ausgesprochen vielfältig. Die Forschung
weist darauf hin, dass viele Unternehmen, die in diesen Statistiken auftauchen, nicht übergabefähig sind, da es
sich bei ihnen um Kleinstbetriebe handelt, die kaum mehr erwirtschaften, als
der Betriebsinhaber und seine Ehefrau
zum Leben benötigen. Ein weiterer häufig anzutreffender Grund ist das Fehlen
des geeigneten Nachfolgers oder der geeigneten Nachfolgerin aus dem Kreis der
Familie. So wollen heute viele junge Leute lieber studieren, als ein Handwerk zu
erlernen. Schließlich scheitert manche
Unternehmensnachfolge auch daran,
dass man sich im Vorfeld nicht sorgfältig genug darauf vorbereitet hat.
Die häufigsten Fehler?
Lange: Sieht man von den gerade genannten Problemen einmal ab, so ist ein
Prof. Knut Werner Lange sieht erhebliches Konfliktpotenzial, wenn die Nachfolgefrage eines Familienbetriebs nicht sorgfältig geplant wird.
Fotos: Wittek
RP=PR
Schon gewusst? Riegg & Partner steht nicht nur für
Kampagne, Katalog und Kreatividee, sondern mit fast
20 Jahren Reputation auch für überaus erfolgreiche
Arbeit in Sachen Public Relations.
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14 Die Wirtschaft
Knut Werner
Lange
arbeitet seit 2007
an der Universität
Bayreuth. Sein
Lehrstuhl (Bürgerliches Recht,
deutsches und
europäisches
Handelsrecht)
untersucht auch
die Thematik Unternehmensnachfolge, in der Erb-,
Gesellschafts- und
Steuerrecht sowie
Psychologie und
Betriebswirtschaft
zusammentreffen.
Lange ist seit
2012 Prodekan
der Rechts- und
Wirtschaftswissenschaftlichen
Fakultät. (töp)
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häufig anzutreffender Fehler, dass man sich vonseiten der übergebenden, aber auch der übernehmenden Generation nicht hinreichend zuvor darüber im Klaren ist, was man jeweils erreichen will.
Es spielt natürlich auch das liebe Geld eine Rolle.
Ein Unternehmen muss häufig nicht nur die Familie des Unternehmers ernähren, sondern auch die ältere Generation, die zu Lebzeiten kein privates Vermögen aufgebaut hat. Insbesondere bei einer ungeplanten Nachfolge kann die anfallende Erbschaftsteuer erhebliche Probleme bereiten. Ferner
muss häufig ein gerechter Ausgleich zwischen den
in das Unternehmen nachfolgenden und nicht nachfolgenden Kindern gefunden werden. Zudem muss
das Unternehmen auch übergabereif sein, das heißt,
man muss sich darüber Gedanken machen, wie das
Unternehmen unter dem neuen Unternehmer geführt werden soll. Da kommt es schon mal vor,
dass in den Jahren vor der Übergabe wichtige Entscheidungen mit Blick auf den anstehenden Nachfolgeprozess nicht getroffen oder verschleppt worden sind.
Das heißt, es menschelt sehr?
Lange: Natürlich menschelt es in Familienunternehmen genauso wie in Familien ohne Unternehmen. Die Familie ist wohl die emotionalste Beziehung, die man sich vorstellen kann. Denken Sie
nur an die sattsam bekannten Geschwisterrivalitäten oder die Generationskonflikte. Man soll dies we-
„Die Region hat insgesamt
mit ihrer Attraktivität
für junge Leute zu
kämpfen.“
Knut Werner Lange,
Juraprofessor an der Uni Bayreuth
der verharmlosen noch überbewerten, sondern
schlicht zur Kenntnis nehmen. Ohne eine hinreichende Berücksichtigung der emotionalen Seite
wird eine sorgsam geplante, streng rationale Nachfolge scheitern.
Sind die jungen Menschen selbstbewusster geworden?
Lange: Das trifft zweifellos zu. Die Zeiten, in denen
man das machte, was die Eltern wollten, sind allerdings schon eine Weile vorbei. Es kann ja durchaus als ein Zeichen von Unternehmergeist verstanden werden, wenn man selbstbewusst durchs Leben zieht. Umgekehrt traut man einem Menschen,
der unter mangelndem Selbstbewusstsein leidet,
vielleicht nicht unbedingt zu, ein Unternehmen zu
führen. Zudem stelle ich immer wieder fest, dass
auch die meisten Eltern das Selbstbewusstsein ihrer Sprösslinge kennen und durchaus wissen, wie
sie damit umgehen müssen.
Scheuen die Jüngeren öfter das Risiko?
Lange: Für die Gesellschaft insgesamt mag dieser
Befund vielleicht zutreffen. Im Bereich der Unternehmerfamilien stelle ich hingegen immer wieder
fest, dass die junge Generation sehr gezielt und bewusst auf ihre Rolle vorbereitet wird. Ein Wegducken oder ein die Verantwortung scheuen mag da
eher persönlichkeitsbedingt als generationsbedingt
sein. Festzustellen ist aber auch, dass Deutschland
nicht gerade ein Land ist, das seine Unternehmer besonders schätzt.
Lieber angestellter Manager als vollhaftender Unternehmer im Dauereinsatz?
Lange: Das ist sicherlich eine Persönlichkeits- und
Typfrage, zumal beide Berufsbilder ihre spezifischen Eigenheiten besitzen. Ich kann allerdings nur
davor warnen, sie als mehr oder weniger austauschbar gegenüberzustellen. Die Unternehmerpersönlichkeit unterscheidet sich doch nicht unerheblich von einem Manager, weniger was die Ausbildung und die fachlichen Fähigkeiten betrifft, als
vielmehr die Einstellung zum Unternehmen und
zum Unternehmenserfolg. Die meisten Familienunternehmer denken eher langfristig. Zudem ist
beim Berufsbild des angestellten Managers auch
nicht mehr alles Gold, was glänzt, denken wir nur
an das mittlerweile recht hohe Haftungsrisiko oder
die Befristung der Arbeitsverträge.
Oberfranken ist stark mittelständisch geprägt.
Fehlt der Region der Unternehmer-Nachwuchs?
Lange: Die Region hat insgesamt mit ihrer Attraktivität für junge Leute zu kämpfen. Das betrifft
selbstverständlich auch die mittelständische Wirtschaft. Aber auch die Infrastrukturanbindung könn-
16 Die Wirtschaft
#02.2014
Patentrezepte gibt
es für Knut Werner
Lange bei der
Übergabe eines
Familienunternehmens nicht.
te besser sein. An dieser Stelle muss insgesamt noch
mehr getan werden, damit junge Menschen hier
bleiben beziehungsweise hierher ziehen. Der Befund gilt aber für junge Familienunternehmer genauso wie für hochqualifizierte Facharbeiter.
Wie schafft man eine gute Firmenübergabe?
Lange: Grundsätzlich ist jede Unternehmensnachfolge eine sehr individuelle Angelegenheit, da sie
auf ein ganz bestimmtes Unternehmen und auf eine ganz bestimmte Familie zugeschnitten sein muss.
Gegenüber Patentrezepten oder sogenannten goldenen Regeln sollte man daher eine gewisse Skepsis bewahren. Gleichwohl lassen sich einige grundsätzliche Aussagen treffen. Hierzu zählt die Erkenntnis, dass man sich nicht früh genug mit dem
Thema befassen kann. Darüber hinaus ist es immer
ratsam, nicht nur den Aspekt der Übergabe von der
älteren auf die jüngere Generation in den Blick zu
nehmen, sondern auch den Fall des ungeplanten
Übergangs, der beispielsweise aufgrund eines
schweren Unfalls oder einer unerwarteten Krankheit eintreten kann. Zudem sollte man nicht glauben, dass man alle Dinge in diesem Zusammenhang alleine und ohne fremde Hilfe regeln kann.
Ein solches Ansinnen ist schon mit Blick auf die komplexen steuerrechtlichen Implikationen in der Regel ein Irrtum. Zum Themenkomplex gehört neben
der Unternehmensnachfolge im eigentlichen Sinne
auch die Frage nach den künftigen Aufgaben des
weichenden Unternehmers. Zieht er sich vollständig aus dem Unternehmen zurück, welche Rolle
wird er dort künftig noch spielen, welche anderen
Ziele hat er sich für seine letzte Lebensphase gesetzt? Auch muss die Frage offen angesprochen werden, wie die weichende Generation im Alter ange-
messen versorgt ist. Das Thema der Generationengerechtigkeit ist daher ebenso wichtig, wie die Geschwistergerechtigkeit. Auch hier müssen die Dinge einmal offen angesprochen werden, wenn nicht
jedes Kind in das Unternehmen nachfolgen kann.
Die Übernahme eines Familienunternehmens hat ja
nicht nur Vorteile, sie stellt auch eine große Verantwortung dar.
Nicht drängen, nicht bevormunden?
Lange: Beides ist sicherlich richtig. Zum einen sollte man die jüngere Generation nicht in eine Rolle hineindrängen, in der sie sich nicht wohlfühlt und in
der sie sich vielleicht auch ein wenig überfordert
vorkommt. Zum anderen muss die ältere Generation lernen, loszulassen. Der Volksmund kennt den
Spruch, wonach starke Bäume nicht unter großen
Eichen wachsen. Das heißt, man muss der jüngeren Generation auch die Möglichkeiten geben, sich
selbst zu entwickeln und zu zeigen, was in ihr steckt.
Psychologie ist also sehr wichtig?
Lange: Die Psychologie ist, wie ich ja schon erwähnt habe, wichtig. Sie sollte – ebenso wie die steuerrechtlichen Überlegungen – allerdings nicht alles
andere dominieren. In einer intakten Familie, in
der die Dinge stets offen kommuniziert werden und
in der man respektvoll und verantwortungsbewusst miteinander umgegangen ist, sind die psychologischen Aspekte möglicherweise vielleicht
nicht so bedeutsam wie in einer Familie, in der es zuvor schon erhebliche Spannungen gegeben hat.
Gleichwohl ist dieser Aspekt bedeutsam und sollte
nicht als vermeintlich belangloser „Softfactor“ vorschnell abgetan werden.
Das Gespräch führte Roland Töpfer
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„Mit dem Siegel ¸Made in Germany´ verbinden
die Menschen weltweit auch noch heute Qualität, Technik
und Verarbeitung auf höchstem Niveau.“
Innovation
trifft FinanzKnow-how,
(von rechts):
Werner Zahn und
Bruno Geyer,
Geschäftsführer
DESKO, Vorstandsvorsitzender Wolfgang
Hetz und Firmenkundenberater
Matthias Roderer, Sparkasse.
Foto: Wittek
Werner Zahn
Geschäftsführer
DESKO Tablet
Kiosk® im Einsatz
beim Fachdienst
Straßenverkehr
Landkreis Fulda.
Hier wird der
DESKO Tablet
Kiosk® unter
anderem für die
Kfz-Zulassung
oder den Führerscheinantrag
genutzt.
Technik aus Bayreuth erobert die Welt
Dokumentenlesegeräte, Zutrittssysteme oder digitale Formularbearbeitung:
Die Firma DESKO hat die Nase vorn
Das Bayreuther Unternehmen ist erfolgreich in einer Technikbranche,
die viele von uns bisher nur am Rand
wahrgenommen haben und die doch für
unseren Alltag mittlerweile von großer
Bedeutung ist.
J
eder von uns kennt zum Beispiel den
Check-In-Bereich am Flughafen.
Wussten Sie, dass dort auch Dokumentenleser installiert sind, die in
Bayreuth entwickelt werden? Nahezu
alle bekannten Fluglinien und Flughäfen weltweit setzen DESKO-Geräte ein.
Doch das Unternehmen gab sich mit
dem Check-In allein nicht zufrieden.
Es folgten Scanner für den Sicherheitsbereich, den Loungezutritt, den
Duty-Free-Bereich und die immer
beliebter werdenden Self-BoardingGates. Hier schaltet sich der Fluggast
seinen Zugang zum Flieger selbst frei.
Selbst Sicherheitsbehörden in den
USA, wie die TSA (Transportation
Security Administration), benutzen
die DESKO PENTA Scanner®, um die
Flugtickets der Passagiere zu überprüfen. Das ist nur ein Beispiel von
vielen.
Die beiden Geschäftsführer von
DESKO, Bruno Geyer und Werner Zahn,
tüfteln mit ihrem Team weiter an technischen Innovationen und entwickeln leistungsfähige Lösungen für die spezifischen
Anforderungen ihrer unterschiedlichen
Kundengruppen. Die Produktpalette umfasst nicht nur die Reisebranche, sondern
unter anderem auch Zahlungssysteme bei
Banken, digitale Formularbearbeitung bei
Behörden und Sicherheitsprüfungen bei
der Bundespolizei.
1991 entschlossen sich Geyer und
Zahn den Schritt in die Selbständigkeit
zu wagen und gründeten in Creußen das
SPARKASSE BAYREUTH
Unternehmen DESKO. Als Ingenieure
bei der damaligen Firma Cherry wollten beide ihr „eigenes Ding“ machen. Als
potentielle Existenzgründer fragten sie
dann bei der Sparkasse zur Finanzierung
ihres Unternehmens an. „Man hat uns
von Anfang an vertraut und mit einem
Kredit die Existenzgründung ermöglicht.
Wir schätzen bis heute die vertrauensvolle Zusammenarbeit, wobei es der Sparkasse nicht um die produktorientierte,
sondern um ganzheitliche Beratung geht“
sagt Bruno Geyer.
Schon 1993 stellte DESKO dann die
ersten eigenen Produkte mit Magnetstreifenlesern für den Bankenbereich vor.
Bald wurde das Domizil in Creußen zu
eng. So expandierte die Firma und zog in
ein eigenes Bürogebäude nach Bayreuth
auf den Technologiehügel in Wolfsbach.
Mit rund 50 Mitarbeitern konzipiert sie
seitdem Geräte und damit Lösungen, die
in dieser Qualität und dem Umfang sonst
keiner anbietet. „Eine eigene Fertigung
war nie unser Ziel. Wir arbeiten direkt mit
dem Endkunden zusammen“, erklärt Bruno Geyer. Die Produktion übernehmen
Firmen in Deutschland, wie zum Beispiel
die Grundig AG in Bayreuth. 1996 brillierte DESKO mit der Produkteinführung
völlig neuartiger Geräte für den Flug- und
Reisebereich. Ein Jahr später folgte dann
der erste Passscanner. Im Jahr 2002 stellte das Unternehmen sein eigenes System
für den Zahlungsverkehr von Banken vor.
Eine Innovation für Behörden ist z. B.
der Tablet Kiosk®, welcher zur elektronischen Datenverarbeitung eingesetzt wird.
Er erfasst die Daten des Antragstellers
aus dessen Ausweis und überträgt diese
automatisch in das auszufüllende Formular, welches nun direkt auf dem Tablet
angezeigt wird und unterschrieben werden kann. Eingesetzt wird diese Lösung
bei zahlreichen Kfz-Zulassungsbehörden,
Einwohnermeldeämtern oder Führerscheinstellen im gesamten Bundesgebiet.
Die Kfz-Zulassungsstelle des Landkreises
Rosenheim bewarb sich im November
2012 mit der DESKO-Innovation für
den E-Government-Löwen der Bayeri-
schen Staatsregierung und verfehlte nur
knapp den 1. Platz. DESKO entwickelte
darüber hinaus ein Zutrittskontrollsystem
für Spielhallen und Casinos, welches automatisch das Alter des Gastes überprüft
(≥ 18 Jahre) und die Personendaten mit
einer Sperrdatenbank vergleicht. Je nach
Abfrageergebnis darf der Gast dann das
Casino oder die Spielhalle betreten.
Es klingt wie der amerikanische
Traum. Der Jahresumsatz von DESKO
betrug 2013 ca. elf Millionen Euro, wobei sich die Geschäftsfelder in mehrere
Branchen aufteilen. Den Löwenanteil
mit 68 Prozent trägt die Reisebranche,
Spielcasinos folgen mit 18 Prozent, Finanzdienstleistungen, Kreuzschifffahrt
und Behörden übernehmen den Rest.
Was ist das Erfolgsrezept von DESKO?
Bruno Geyer ist überzeugt: „Unser Erfolg
ist der Erfolg des gesamten Teams, nie die
Leistung eines Einzelnen“. Werner Zahn
ergänzt: „Mit dem Siegel ¸Made in Germany´ verbinden die Menschen weltweit
auch noch heute Qualität, Technik und
Verarbeitung auf höchstem Niveau. Das
ist unser großer Vorteil. Es gibt noch viele mögliche Innovationen. Die moderne
Technik bietet ungeahnte Chancen.“
SPARKASSE BAYREUTH
Erfreut zeigt sich auch Sparkassenchef Wolfgang Hetz: „Wir sind Partner
zahlreicher erfolgreicher Unternehmen
hier in der Region Bayreuth. Die Firma
DESKO übernimmt dabei sicherlich eine
Leuchtturmfunktion. Mit der Betreuung
durch die Sparkasse wollen wir weiterhin
begleiten und unterstützen.“
DESKO bietet interessante Arbeitsplätze und sucht gezielt junge Akademiker aus
der oberfränkischen Region. Als weltweit
tätiges und stetig wachsendes Unternehmen sind Geyer und Zahn immer an geeigneten Fachkräften zur Stärkung des
gesamten Teams interessiert.
Fakten
• 1991 Unternehmensgründung in
Creußen
• 1995 Umzug nach Bayreuth
• 2006 Gründung von DESKO LC,
Florida
• 2013 Gründung von DESKO Pte. Ltd.,
Singapur
• 50 Mitarbeiter
• Ca. 11 Millionen Jahresumsatz
• mehr als 250.000 installierte Geräte
weltweit
20 Die Wirtschaft
#02.2014
Wie die Strompreise klettern und fallen, weiß einer ganz genau: Stefan Arnold, Vorstandsvorsitzender der Ispex AG.
Foto: Wittek
Immer in den Startlöchern
Die Ispex AG besorgt Unternehmen günstig Strom und Gas – Marktentwicklungen ständig im Auge
W
er als Unternehmer erfolgreich sein will, braucht nicht
nur eine gute Idee und einen
langen Atem. Beides muss er zum richtigen Zeitpunkt haben. Die Gründer der
Ispex AG waren ihrer Zeit im Jahr 1999
voraus, als sie ihre Geschäftsidee hatten.
Sie wollten eine Online-Auktionsplattform gründen, auf der Industrieunternehmen günstig Strom und Gas einkaufen können. „Da war der Markt noch nicht
so weit“, sagt der heutige Vorstandsvorsitzende Stefan Arnold. Sieben Jahre
später war der Markt dann reif und die
Geschäftsidee wurde wieder zum Leben
erweckt. Daraus wurde Deutschlands
Branchenführer Ispex, ein Bayreuther
Unternehmen mit einer Zweigstelle in
Hannover, mit 45 Mitarbeitern und drei
Millionen Euro Jahresumsatz.
Ispex sorgt nicht nur dafür, dass bei
energieintensiven Unternehmen Strom
und Gas aus der Leitung kommt. Die gelieferte Energie soll möglichst günstig
sein. „Wir klären mit unseren Kunden erst
einmal die Rahmenbedingungen“, sagt
Vorstandsvorsitzender Arnold. Die Kunden, das sind mittlerweile 1600 Unternehmen in ganz Deutschland mit 6000
Lieferstellen. Wichtig ist nicht nur zu
wissen, wie viel Strom und Gas gebraucht
„Unternehmen, die
über steigende
Energiepreise klagen,
machen was falsch.“
Stefan Arnold,
Vorstandsvorsitzender der Ispex AG
wird, sondern auch: Findet der Verbrauch
bei Tag oder bei Nacht statt? Vormittags,
mittags oder nachmittags? Und für welchen Zeitraum sollen Strom und Gas eingekauft werden? Ein halbes oder ein ganzes Jahr, vielleicht auch zwei Jahre? Und:
Soll man jetzt schon Strom und Gas für die
kommenden Jahre kaufen?
Bei all diesen Fragen kommt die Beratung durch die Fachleute von Ispex ins
Spiel. Denn das alles hat Einfluss auf den
Preis, den der Kunde am Ende zahlt. Wie
in einer Aktie an der Börse stecken eine
ganze Menge Erwartungen und Hoffnungen im Energiepreis. Wie geht es zum
Beispiel mit der Ukraine-Krise weiter?
Wird Russland auch künftig noch günstiges Gas nach Europa liefern? Stefan Arnold, der in Bayreuth Jura studiert hat, ist
zum Energieexperten geworden, der den
Markt ganz genau im Auge hat. Er spürt
mit seinem Expertenteam Trends auf,
analysiert sie und gibt sein Wissen seit
geraumer Zeit in einem Newsletter weiter, der immer öfter auch in den einschlägigen Wirtschaftsmedien Beachtung findet. „Wir haben eine extrem gute Marktübersicht und wissen ganz genau, welche
Preise möglich sind“, sagt Arnold. „Es ist
erstaunlich, wie viele Berater unseren
Newsletter abonnieren.“
Dieses Wissen fließt in die Ausschreibungen ein, die schließlich auf der On-
Die Wirtschaft 21
#02.2014
line-Auktionsplattform von Ispex landen. Auf Bieterseite tummeln sich dort
mittlerweile 500 Strom- und Gaslieferanten. Die Auktionen flattern direkt bei
rund 1300 Unternehmenskundenbetreuern ins Postfach. „Unser System ist
einmalig“, sagt Arnold. Eine Auktion
dauert nur wenige Stunden. Wer am Ende das günstigste Angebot abliefert, gewinnt. „So ist gesichert, dass unsere
Kunden den günstigsten Preis bekommen, der möglich ist“, erklärt Ispex-Unternehmenssprecher Jürgen Scheurer.
Kurz nach Auktionsende hat der Kunde
bereits eine detaillierte Auswertung der
Auktion auf dem Tisch. Dann kommt das
Vertragsangebot des Auktionsgewinners. „Wir prüfen, ob die Bedingungen
tatsächlich so sind, wie vorher ausgehandelt“, sagt Stefan Arnold.
Das ist das Kerngeschäft des Bayreuther Unternehmens. Aber Stefan Arnold
wäre nicht Stefan Arnold, wenn er mit
seinem Team nicht neue Visionen entwickeln würde. „Zur Zeit sind wir die Handwerker, die mit dem Werkzeug kommen“,
sagt er. Sprich: Ispex bietet die komplette
Dienstleistung rund um den Einkauf von
Industriestrom und -gas. Noch in diesem
Jahr will Arnold gewissermaßen den
Werkzeugverleih eröffnen, der zu seinem
Unternehmen passt. Mit Unterstützung
der Spezialisten von Ispex sollen Firmen
die Möglichkeit bekommen, Auktionen
selbst zu planen und durchzuführen.
Ispex liefert dazu die passende OnlinePlattform. „Das ist vor allem für kleinere
Unternehmen interessant“, sagt Jürgen
Scheurer.
Die nächste Vision, die Arnold gerade
umsetzt: ein Energiepreisindex. Bei dem,
was Ispex macht, fallen eine ganze Menge
„Wenn wir was
können, dann ist es,
den günstigsten Preis
zu finden.“
Stefan Arnold
Daten über die Entwicklung der Energiekosten an. „Die Daten waren da“, so Unternehmenssprecher Scheurer. Also war
es naheliegend, diese auszuwerten und
daraus einen Preisindex zu entwickeln.
Eine Art DAX für die Strom- und Gasbranche. Eine Erkenntnis, die nur für
Laien erstaunlich ist: Der Energiepreis ist
für Unternehmen sogar gefallen. Beim
Strom ebenso wie beim Gas. „Unterneh-
men, die über ständig steigende Energiepreise klagen, machen irgendwas falsch“,
sagt Arnold.
Sich auf den Lorbeeren eines Marktführers auszuruhen, ist nicht die Sache von
Ispex. „Wir haben schon das nächste
hochinteressante Projekt geplant“, sagt
Jürgen Scheurer. Es geht um Ökostrom,
genauer gesagt um dessen Vermarktung.
Geht es nach dem Bundeswirtschaftsministerium, soll Strom aus Wind, Sonne und
Biomasse demnächst aus seiner behüteten
Kinderstube entwachsen und in den Markt
entlassen werden. So sieht es derzeit die
Reform des Erneuerbare Energien Gesetzes vor, die die Bayreuther Energiespezialisten ganz genau verfolgen.
Sollte es tatsächlich so kommen, wie
derzeit im Gesetzentwurf geplant, steigt
Ispex auch in die Vermarktung von Ökostrom ein. „Wenn wir was können, dann
ist es, den besten Preis zu finden“, sagt
Stefan Arnold. Die im eigenen Haus programmierte Software hat man schon auf
die neue Marktsituation für den grünen
Strom angepasst. Sobald die EEG-Reform
in Kraft tritt, kann die Direktvermarktung
von Ökostrom sofort losgehen. „Die
Branche weiß Bescheid“, sagt Stefan Arnold. „Wir sitzen in den Startlöchern.“
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22 Die Wirtschaft
#02.2014
In der Ausbildung
wurde das Interesse von Stefan
Seewald am Wertpapiergeschäft
geweckt.
Fotos: Harbach
„Wir sehen kein Crash-Szenario“
Vermögenscenter-Chef Stefan Seewald über Zinsen und Börse – Große Angst ist weg
D
eutschland im Börsenfieber – 1996. Die TAktie kommt. Der Bayreuther Stefan Seewald macht eine Ausbildung zum Bankkaufmann in der Sparkasse in Mistelbach. „Der dortige Geschäftsstellenleiter war stark im Wertpapiergeschäft. Das hat abgefärbt“, erzählt Seewald.
Der junge Bank-Azubi entdeckt die Börse.
Heute ist Seewald Chef Vermögenscenter der Sparkasse Bayreuth. 37 Köpfe zählt die Abteilung des 38
Jahre alten Bereichsdirektors, der mit seiner Familie
in Oberkonnersreuth wohnt. Das Vermögenscenter
betreut die Top-Kunden der Sparkasse, rund 10 600
von 116 000. Und wer ist Top-Kunde? Die Grenzen
sind fließend. Die Depots sind in der Regel sechsstellig. Es zählt aber auch die Komplexität der Anlageformen und die gesamte Vermögenssituation.
Seewald muss dicht an den Märkten sein. Der
Kunde erwartet solide Informationen, die eine Anlageentscheidung stützen können. „Der Kunde will
immer größtmögliche Sicherheit“, sagt Seewald.
Aber was bedeutet das? Kann man zum Beispiel
auch Aktien beimischen?
Aktien und Aktienanleihen werden stärker nachgefragt als vor zwei Jahren, stellt Seewald fest, als
die Schuldenkrise noch präsenter in den Köpfen
war. „Die große Angst ist weg.“ Auch die lange andauernde Niedrigzinsphase fördere solche „Ausweichbewegungen“. Die Unternehmen seien solide
aufgestellt und erwirtschafteten vernünftige Gewinne. Und die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank sorge dafür, dass die Aktienmärkte gut unterfüttert seien. Alles Gründe, die für
die Aktie sprechen.
Einen tiefen Sturz des DAX sieht Seewald nicht
kommen. „Wir sehen kein Crash-Szenario.“ Korrekturen könne es aber immer wieder geben. Ein
mittelfristiger Risikofaktor sei der Rückzug der Notenbanken aus den Märkten. Trotzdem: Das unkontrollierte Platzen einer Blase hält Seewald für
„eher unwahrscheinlich“.
Die Wirtschaft 23
#02.2014
„Viele Anleger haben gelernt,
dass die Aktie nach den Einbrüchen 2003 und 2008
langfristig funktioniert.“
Stefan Seewald,
Chef des Vermögenscenters bei der Sparkasse Bayreuth
Weil es kaum noch Zinsen gibt, wird auch die Dividendenrendite für viele Anleger immer interessanter. Sie hätten auch gelernt, „dass die Aktie
nach den Einbrüchen 2003 und 2008 langfristig
funktioniert“. Soll heißen: Die Kursverluste wurden längst wieder ausgeglichen, der DAX nahm
neue Höchststände.
Seewald geht davon aus, dass die Zinsen auch
die kommenden zwei, drei Jahre niedrig bleiben
werden. „Die Niedrigzinsphase, die schmerzt.“ Auch
die Banken, die wie ihre Kunden für ihr angelegtes
Geld immer weniger Rendite einfahren können. Solange die Wirtschaft in Südeuropa nicht richtig auf
die Beine kommt, werde die EZB die Zinsen niedrig
halten, sagt Seewald. Die Trendwende könnte 2016
kommen, wenn die USA ihre Leitzinsen hochfahren und auch die EZB ihre Zinspolitik ändert.
Also, was tun auf Sicht von rund drei Jahren? Welche Anlagen sind die richtigen? Aktien sieht Seewald „eher positiv“. Mit Zinsen (Bundesanleihen
oder ähnliches) sei weiterhin nicht viel zu verdienen. Gold biete „leichte Perspektiven“, der Preis sei
von seinen Höchstständen zurückgekommen. Immobilien seien in Boom-Städten wie München oder
Hamburg enorm teuer, die Chancen „eher beschränkt. In Mittelstädten sind noch Chancen vorhanden.“ Gute Anlageperspektiven gebe es auch in
den Emerging Markets, die bereits etwas über 50
Prozent der globalen Wirtschaftsleistung generieren, während die Industriestaaten knapp 50 Prozent erwirtschaften. Die junge, stark wachsende Bevölkerung treibt die Wirtschaft in den Schwellen-
Stefan Seewald
ist Chef des
Vermögenscenters
der Sparkasse
Bayreuth. Der 38
Jahre alte Sparkassen-Betriebswirt und Bachelor
of Finance arbeitet
seit 13 Jahren im
Wertpapierbereich. Seewald
begann als Azubi
bei der Sparkasse
und ist heute
Bereichsdirektor.
Er wohnt mit
seiner Familie in
Oberkonnersreuth.
(töp)
ländern. „Und die Welt giert nach Rohstoffen. Wo
liegen die? In den Emerging Markets.“
Kurioses erfahren Vermögensberater auch. Da war
mal ein Kunde, ein Kostolany-Typ. Kaufen, liegen
lassen. Seine VW-Aktien hatte er fast vergessen. Eines Tages dann doch die Frage: Habe ich vielleicht
VW-Aktien im Depot? Er hatte. VW und Porsche
standen gerade mitten im Übernahmepoker. Die
VW-Aktie war explodiert, der Wert im Depot hatte
sich verzehnfacht. Und der Kunde? „Er hat verkauft.“
Roland Töpfer
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24 Die Wirtschaft
#02.2014
Der Eingang ins
Senivita-Reich:
Chef Horst Wiesent greift zur Finanzierung seines
Unternehmens zu
ungewöhnlichen
Mitteln.
Foto: Wittek
„Die Story stimmt“
Warum sich Senivita-Chef Horst Wiesent erneut Geld über die Börse geholt hat
B
örse ist anstrengend. Sieben Tage war Horst
Wiesent im Mai nonstop unterwegs. Roadshow für Senivita-Genussscheine. 70 Investorengespräche. Düsseldorf, Hamburg, Luxemburg, Frankfurt, Berlin. „Das ist schon ein Kraftakt“, sagt der Chef.
Der Bayreuther Pflegedienstanbieter ist erneut
an die Börse gegangen. 2011 platzierte Senivita
als erstes gemeinnütziges Unternehmen eine Anleihe an der Frankfurter Börse. 15 Millionen Euro,
die mit 6,5 Prozent verzinst werden. Die Anleihe
wird 2016 fällig. Auch für Neubauten und Modernisierung der Seniorenhäuser, die auf Altenpflege 5.0 gebracht werden (Leitbild: Mehr Privatheit und Selbstbestimmung) braucht Wiesent
viel Geld. Das bekommt er vor allem von institutionellen
Anlegern.
Vermögensverwaltungen,
Fonds, Stiftungen. Die legen 500 000, eine Million
oder zwei Millionen Euro an. „Geld ist ja genug
da“, sagt Wiesent.
Mit den neuen Genussscheinen sammelt er bis
zu 25 Millionen Euro ein, davon bis zu zehn Mil-
lionen Tausch gegen bestehende Genussrechte und
bis zu fünf Millionen Tausch gegen Anleihe.
Immer wieder verweist er offen darauf, dass ein
Genussschein ein Risikopapier ist. „Das ist eine Unternehmensbeteiligung. Das kann auch zum Totalausfall führen.“ Senivita sei aber „ein hervorragendes Geschäft“. Das Risiko der Anleger wird üppig vergütet. Die Genussscheine (Stückelung 1000
Euro) werfen acht Prozent Zinsen ab. Sieben Prozent Grundverzinsung und ein Prozent gewinnabhängig. Läuft das Geschäft schlecht, können die Zahlungen ausgesetzt werden. „Acht Prozent ist ein hoher Preis, aber in schlechten Zeiten kann ich die Firma absichern.“ Ganz wichtig für Wiesent: Genussscheine gelten als Eigenkapital.
Die Immobilien seiner Seniorenhäuser will er
nicht mieten, sondern kaufen. Bei der Finanzierung komme er auf einen Mischzinssatz von rund
vier Prozent. Bankdarlehen bekomme er für 1,4
bis zwei Prozent. „Weil die Eigenkapitalquote passt.“
Die lag zuletzt (2013) bei gut 40 Prozent. Acht Prozent Zinsen, wie sie für die Genussscheine gezahlt
Die Wirtschaft 25
#02.2014
werden, sei gefährlich bei Fremdkapital. „Aber es
ist Eigenkapital.“
Für Wiesent sind Genussscheine „die bessere Mittelstandsanleihe“. Gut möglich, meint er, dass das
Beispiel Senivita an der Börse Schule macht und andere Mittelständler nachziehen. Der Mittelstand
brauche Eigenkapital, und die Börse hätte ein Interesse daran, diese Finanzinnovation zum Erfolg
zu führen.
Nach dem expansiven Kurs der letzten Jahre sei
Senivita „kein Bauchladen mehr“. Wiesent hat die
Strukturen des Unternehmens optimiert und Rechnungswesen, Controlling, Revision, Risikomanagement, Liquiditätsplanung „gewaltig aufgerüstet“. Aber: „Wachstum hat seine Grenzen“, sagt Wiesent. „Für mich ist jetzt Stabilität wichtig.“
Seit 2013 hat das Unternehmen 300 Wohnungen auf den neuen Standard Altenpflege 5.0 gebracht. Eine angemessene Wohnung ist für Wiesent ein Menschenrecht. Das moderne Konzept für
seine Seniorenhäuser, das mehr individuelle Freiheit und Selbstbestimmung und weniger Heimatmosphäre zum Ziel hat, ist der Kern der SenivitaStrategie. „Das ist meine Story an der Börse. Die Story stimmt.“ Jeder werde mit diesem Thema irgendwann konfrontiert. „Da kann sich auch der Investor was vorstellen.“ Die herkömmliche statio-
Anzeige
näre Unterbringung hält Wiesent für überholt. „Das
kann nicht die Zukunft sein.“
Die aufwendige Aufrüstung der Seniorenhäuser
hat in der Bilanz der Senivita Sozial gGmbH ihre
Spuren hinterlassen. Im letzten Jahr wurde ein operativer Verlust von gut 800 000 Euro ausgewiesen. Unterm Strich stand wegen eines außerordentlichen Ertrages ein Jahresüberschuss von 1,2
Millionen Euro. Die gemeinnützige GmbH ist mit
1000 Beschäftigten und gut 28 Millionen Euro Umsatz der Kern der Senivita Gruppe mit rund 1300
Mitarbeitern. Die operativen Verluste will Wiesent
schnell hinter sich lassen. „Eine Million Gewinn
ist dringend notwendig.“
Roland Töpfer
INFO
Der Bayreuther Pflegedienstanbieter Senivita geht ungewöhnliche
Wege der Finanzierung und hat als erstes gemeinnütziges Unternehmen über die Börse mit Genussscheinen bis zu 25 Millionen Euro
eingesammelt. „Das ist ein Risikopapier“, sagt Geschäftsführer Horst
Wiesent. In guten Jahren zahlt das Unternehmen acht Prozent Zinsen,
in schlechten Zeiten kann es die Zahlungen aussetzen.
Genussscheine sind für Senivita besonders interessant, weil sie als
Eigenkapital gelten. Senivita betreibt 19 Pflege- und Betreuungseinrichtungen. In Oberfranken hat das Unternehmen Seniorenhäuser
in Gefrees, Waischenfeld, Hummeltal, Pottenstein und Pegnitz.
töp
26 Die Wirtschaft
#02.2014
Schicht für Schicht in die Zukunft
E
3D-Druck für jedermann: Unternehmensgründer Florian Horsch hat viele Ideen
ine Maschine, mit der man nahezu jeden Gegenstand auf
Knopfdruck herstellen kann –
das klingt nach Science-Fiction. Florian
Horsch lacht: Er produziert auf Wunsch
Schmuckstücke, Spielfiguren, Zahnräder, Turbinen und Prothesen. Mit einem
3D-Drucker.
Horsch hat zusammen mit Stephan
Weiß im vergangenen Jahr das Unternehmen Hypecask gegründet. Kennengelernt haben sie sich beim Gründerforum der Universität Bayreuth. Seitdem
hat sich das Unternehmen rasant entwickelt: Zu den Kunden zählen vor allem
mittelständischen Unternehmen, Entwickler und Künstler. Horsch und Weiß
verkaufen 3D-Drucker, die sie von Her-
anspruchsvoller ist es aber dann doch.
Denn bevor man ein Erzeugnis aus dem
Drucker in der Hand halten kann, müssen die Druckdaten in einer Konstruktionssoftware dreidimensional aufbereitet
werden. In einer sogenannten SlicingSoftware bestimmt man Schichtstärken,
Drucktemperaturen und Geschwindigkeiten sowie eine Vielzahl weiterer Parameter. Der Drucker legt dann hauchdünne Schichten übereinander, bis das
gewünschte Produkt „wächst“.
Für eine 20 Zentimeter hohe Vase benötigt das Gerät um die acht Stunden.
„Man kann Prothesen
extrem schnell an den
Patienten anpassen.
Der Materialwert ist
niedrig.“
Florian Horsch,
Mitbegründer des Unternehmens
Hypecask in Bayreuth
stellern aus der Schweiz und aus Australien beziehen, und zeigen ihren Kunden, wie sie die Geräte optimal anwenden. Florian Horsch: „Für Architekten
bietet sich hier eine Riesenchance, denn
die haben die 3D-Daten ihrer Projekte sowieso schon im Haus.“ Auch in der Medizin sei 3D-Druck „ein Riesending: Man
kann Prothesen extrem schnell an den Patienten anpassen. Der Materialwert ist gering, und der Druck geht viel schneller
und ist akkurater als beim herkömmlichen Gipsabdruck,“ sagt Florian Horsch.
Die ursprüngliche Idee hinter dem 3DDruck ist eine Maschine, die sich selbst reproduziert. Also doch Science-Fiction?
Die Technik ist an sich relativ simpel:
„Stellen Sie sich eine Heißklebepistole
vor, durch die ein Kunststoffdraht geschoben wird,“ sagt Horsch. Ein wenig
Schicht für Schicht entsteht eine neue Welt – 3D-Druck ist für Firmengründer Florian
HorscheinGeschäftmitZukunft:billig,schnellundressourcenschonend.
Fotos: Wittek
Die Wirtschaft 27
#02.2014
Im Vergleich zur herkömmlichen Herstellung von Prototypen oder Modellen
ist das schnell, außerdem spart man sich
Werkzeugkosten. Bei traditionellen Verfahren wird das endgültige Werkstück
aus einem massiven Block gefräst – das
dauert und produziert viel Abfall. Beim
3D-Druck wird nur das Material benötigt, aus dem das Modell besteht.
Je nach Anwendungszweck gibt es
verschiedene Druckverfahren: Vom Sand
bis zu geschreddertem Abfall und Edelmetallen eignen sich diverse Materialien
als „Tinte“. Die korrekte Bezeichnung
der „Tinte“ lautet übrigens Filament.
Das Hypecask-Team sieht seine Aufgabe nicht nur darin, seine Kunden mit
der modernsten Technik auszustatten.
Stephan Weiß und Florian Horsch experimentieren auch mit der Herstellung
von Filamenten: „Unsere große Vision
ist es, aus Müll Neues zu machen,“ sagt
Florian Horsch. Der 27-Jährige ist sichtlich begeistert, redet flüssig und lässt
eher beiläufig immer wieder Zukunftspläne ins Gespräch einfließen. 3D-Druck
ist für ihn nicht nur schnell und billig,
sondern auch ein ressourcenschonendes
Verfahren. Irgendwann, so stellt er es
sich vor, kauft man bestimmte Dinge
nicht mehr, sondern erwirbt nur noch einen digitalen Bauplan und druckt das benötigte Gerät kurzerhand selbst aus.
Florian Horsch hat seine Visionen und
Ideen unter dem Titel „3D-Druck für alle“ in einem Buch zusammengefasst
(Hanser Verlag, 315 Seiten, 29,99 Euro), das „richtig gut läuft“. Nicht schlecht
läuft nach seinen Angaben auch das Un-
3D-Druck kennt kaum Einschränkungen. Florian Horsch zeigt Kunstwerke:
Alien von Paul Braddock und Colonel von
OlaSundberg,StatuenundSpielfiguren.
ternehmen Hypercask. Aktuell denken
Horsch und sein Partner über eine Vergrößerung des Teams nach: „Wir suchen Programmierer.“ Das Netzwerk der
beiden jungen Gründer ist offenbar dicht
gewebt. Der Unternehmer Christian
Wedlich stellt ihnen günstig Firmenräume in der Ludwig-Thoma-Straße zur
Verfügung, an der Uni gab’s Gründungsberatung. „Wir haben den Anfang
aus eigener Kraft gestemmt, kommen
ohne Venture-Kapital aus und sind jetzt
profitabel.“ Von Turbowachstum auf
Kredit halten weder Weiß noch Horsch
etwas. Die derzeitigen Expansionspläne
seien dem Wettbewerb geschuldet. Ihr
Produkt ist High-Tech, aber die Gründung ist Low-Tech, sagt Horsch. Ihm fehlt
in Bayreuth ein bisschen Gründer-Mentalität. Ideen, die sich schrittweise entwickeln dürfen: „Es wäre schön, wenn einem an der Uni die Angst vor dem Gründen genommen würde,“ sagt er. Bei vielen Start-Ups werde von vornherein die
Messlatte sehr hoch gelegt: „Wir brauchen aber kein Hochglanz-Gebäude, oft
genügt die sprichwörtliche Garage, um
ein Geschäft ins Leben zu rufen.“
Es gebe in Bayreuth viele Menschen,
die Gründern helfen könnten, ist Horsch
überzeugt. Ihm schwebt zum Beispiel ein
Gründertreffen vor, bei dem man ungezwungen Ideen austauschen und kreative Menschen kennenlernen kann. Auch
viele der leer stehenden Gebäude in der
Stadt könnten sinnvoll genutzt werden:
„So lange kein Konzept da ist, könnte
man hier Gründer reinlassen.“
Norbert Heimbeck
Auch ein Festspielhaus
hat mal klein begonnen!
Alles für Bauherren und Modernisierer finden Sie bei uns.
Baumaterialien-Handelsgesellschaft AG
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28 Die Wirtschaft
#02.2014
Was hier gefräst
wird, findet sich
bald in einer Luxusjacht wieder.
Ein Geschäft,
in dem Verschwiegenheit oberstes
Gebot ist.
Fotos: Wittek
Des Schreiners Spagat
Heidenreich stattet Luxusjachten aus, arbeitet aber genauso gern für „normale“ Kunden
I
rgendwann reifte bei Günter Heidenreich die
Erkenntnis: „Gegen Baumärkte und die Rabattschlachten der Möbelmärkte haben wir
keine Chance.“ Und daraus entstand die Schlussfolgerung: „Wir wollen und können nicht die Billigsten und Schnellsten sein, wir wollen etwas Besonderes bieten. Der Anfang eines keineswegs leichten Wegs für eine Schreinerei, die 1924 gegründet
wurde, in dritter Generation in Familienbesitz ist,
und damit natürlich entsprechend traditionsbehaftet. Doch Heidenreich geht diesen Weg und wird in
seinen für den Schritt ausschlaggebenden Befürchtungen bestätigt – als nämlich die große Bran-
„Wir sind zwar einen neuen Weg
gegangen. Aber unsere Arbeit hat auch
noch viel mit Tradition zu tun,
weil wir Unikate schaffen.“
Günter Heidenreich,
in dritter Generation Chef der gleichnamigen Schreinerei
chenbereinigung beginnt und massenweise kleine
Wald-und-Wiesen-Betriebe verschwinden. Und er
hat Glück. Weil er bei einem „Ausflug“ nach München, wo er mit sechs Kollegen einen gemeinsamen
Marktauftritt initiiert, zwar „ordentlich Lehrgeld“
bezahlt, aber auch unbezahlbare Kontakte knüpft.
Noch heute macht der Betrieb von seinem Standort
Gesees nahe Bayreuth aus ein Drittel seines Umsatzes in und um München.
Einer dieser Kontakte öffnet dem Unternehmer
die Tür zu einer ganz neuen Welt – der Welt der Superreichen. Denn die mögen offenbar bodenständiges Handwerk, wenn es mit dem besonderen Pfiff
daherkommt. Anders jedenfalls kann es sich Heidenreich nicht erklären, dass er und seine Mitarbeiter seit einigen Jahren immer wieder dabei sind,
wenn der Innenausbau großer Jachten ansteht –
und zwar der Super-Luxusjachten, wie sie zum Beispiel Scheichs und russische Milliardäre in Auftrag
geben. Konkreter darf Heidenreich nicht werden,
bloß keinen Namen nennen. Er hat restriktive Verschwiegenheitserklärungen unterschrieben. Doch so
viel darf er sagen: Es handelt sich um die Art von
Die Wirtschaft 29
#02.2014
Schiffen, die schon mal einen ordentlichen
dreistelligen Millionenbetrag kosten.
Dass es da um exklusive Materialien geht,
um Sonderwünsche, um hohe Qualität und
damit hohe Anforderungen an die Mitarbeiter, das versteht sich von selbst. „Sehr interessant“ nennt Heidenreich die Gespräche
mit den Unterhändlern der Superreichen,
wenn es darum geht, wie die Innenvertäfelung, wie ein Tisch oder ein Nachtkästchen
für eine Kabine auf so einer Jacht aussehen
soll. Oder wenn die Abnahme mit Kontrollen bis ins letzte Detail ansteht.
Auch um solche Projekte überhaupt stemmen zu können, hat Heidenreich in den vergangenen drei Jahren rund eine Million Euro in seinen Maschinenpark investiert. In eine 5-Achs-CNC-Fräsmaschine zum Beispiel
oder eine Säge, die auf den Hundertstelmillimeter genau arbeitet. Bis zu 250 000 Euro
kann eine einzelne Maschine schon kosten.
Mit dem Holzverschnitt aus der Schreinerei wird dann übrigens die Heizung für alle Betriebsgebäude betrieben. Ebenso ein
Beitrag zum Umweltschutz wie die Tatsache, dass nach Möglichkeit Holz aus der Region verarbeitet wird.
Doch auch die Belegschaft wurde aufgestockt, von 15 im Jahr 2013 auf heute 21.
Und Heidenreich braucht gute Leute. Solche, die die teuren und anspruchsvollen Maschinen in der Werkstatt bedienen können.
Aber auch solche, die die Programme schreiben, nach denen die Kundenwünsche auf
den Maschinen umgesetzt werden. Weil es
sich fast ausschließlich um individuelle Maßanfertigungen handelt. Alle werden sie in Gesees hergestellt und dann vor Ort eingebaut.
Beim Kunden um die Ecke oder eben auf einer Jacht in Rotterdam, Hamburg, Bremen
oder auch La Spezia. Mindestens ein Mitarbeiter ist dabei immer vor Ort, um die Arbeiten zu leiten. Schließlich soll beim Einbau nichts mehr schief gehen.
700 000 Euro Umsatz kann ein solcher Einzelauftrag bringen, doch Heidenreich betont:
„Wir sind jetzt nicht die Luxustruppe wegen
der Jachten. Wir machen auch einen Service
bei unseren treuen Kunden in der Region für
150 Euro.“ Aber: „Natürlich profitieren wir,
wenn unsere Leute solche besonders anspruchsvollen Aufträge ausführen. Weil sie
das dann eben einfach können. Und das wirkt
sich auch positiv auf den Rest aus.
Und dieser „Rest“, der immer noch die
Mehrzahl der Erlöse bringt, das ist ebenfalls
Maßarbeit, so Heidenreich – wenn auch in
Zusammenarbeit mit namhaften Zulieferern, die zum Beispiel Maßschränke (Cabinet) oder Innenraumtüren und Glasfronten
(Jasko) beisteuern, die dann von den Geseesern nach Wunsch montiert und ergänzt
werden. Und dazu passen dann individuelle
Möbel aus der Hand seiner Mitarbeiter, so
dass Heidenreich resümiert: „Wir sind zwar
einen neuen Weg gegangen. Aber unsere Arbeit hat auch noch viel mit Tradition zu tun,
weil wir Unikate schaffen.“ Für die die Kunden dann bereit sind, einen etwas höheren
Preis zu zahlen.
Stefan Schreibelmayer
Günter Heidenreich an einem Schreibtisch aus der eigenen Schreinerei. Wir schaffen Unikate, sagt er.
Foto: Wittek
„Wir konzentrieren uns als
stark expandierendes
Unternehmen auf unsere
Kernkompetenzen –
von Beginn an werden
unsere Logistikprozesse
aus einer Hand gesteuert.
Martin Pos und Matthias Steinacker
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30 Die Wirtschaft
#02.2014
Diese keramischen Aktivkohlefilter sind so leistungsfähig, dass sie unter anderem in Reinräumen der Halbleiterindustrie zum Einsatz kommen.
Fotos: Wittek
Wenn’s rein sein muss
V
Filter von Helsa kommen in der Medizin ebenso zum Einsatz wie in der Hightech-Industrie
iele Unternehmen wären froh,
wenn sie mit einem ihrer Produkte die Marktführerschaft
hätten. Helsa gelingt das gleich mit mehreren. Bekannt sind die Gefreeser als
Hersteller von Schulterpolstern, schließlich sind sie hier Weltmarktführer. Allerdings: Hergestellt werden diese schon
lange nicht mehr in Oberfranken. Nur
noch die Geschäftsführung und einige
Verwaltungsstellen sind am Firmensitz
angesiedelt.
Ganz anders der Bereich der technischen Produkte. Hier sind zwar nur 150
der weltweit rund 1000 Mitarbeiter beschäftigt, die aber alle in Gefrees und etwa ein Drittel in der wichtigen Entwicklung. Functional Coating heißt dieser Unternehmensteil, und er wird immer wichtiger für Helsa, sagt Geschäftsführer Rainer Ernst. Immerhin 18
Millionen Euro hat er 2013 zum Grup-
penumsatz von 41 Millionen Euro beigetragen – mit zum Teil hochspezialisierten Produkten, vor allem Filtermedien. „Wir tummeln uns in Nischen, in
denen wir zum Teil Weltmarktführer
sind“, sagt Ernst. Und so finden sich Helsa-Produkte in Autos, in Gaszählern, in
medizinischen Hilfsmitteln, in Hightech-Fabriken oder auch im Haushalt.
Dass dabei kleine Teile eine große Wirkung haben können, zeigt ein gerade
daumennagelgroßer Geruchsfilter, den
Helsa mehr als 100 Millionen Mal im
Jahr verkauft. Er wird in Auffangbehältern für Stoma-Patienten verbaut, also
für Menschen mit künstlichem Darmausgang. Kontrolliert entweichende Gase und vor allem ihr Geruch werden so
neutralisiert. Gleiches System, anderer
Einsatzbereich: Auch für sanitäre Anlagen, Mülleimer oder Windeleimer gibt
es Geruchsfilter aus Gefrees. „Wer weiß,
zu welchen Geruchsbomben sich Windeleimer entwickeln können, der weiß
unseren Filter zu schätzen“, sagt Ernst
mit einem breiten Grinsen.
Doch nicht nur Gerüche halten die Filter von Helsa zurück. Auch in Räumen,
in denen die Luft besonders rein sein
muss, werden sie eingesetzt. So etwa im
EDV-Zentrum des US-Handelsriesen
Walmart oder in der Reinraum-Produktion bei bekannten Konzernen wie Samsung, Motorola, Intel, Wacker Chemie
oder Infineon. „Wir müssen wohl ganz
gut sein, wenn Kunden mit solchen Ansprüchen unsere Produkte nutzen“, sagt
Ernst mit unverhohlenem Stolz.
Dass am Ende nirgends Helsa draufsteht, dass also letztlich kein Endverbraucher sieht, welchen Anteil die Gefreeser am Gelingen haben, ist für Ernst
kein Problem. „Für unsere Kunden sind
wir als Zulieferer eine sehr starke Mar-
it
Die Weiterbildung für Oberfranken – Bildungstermine 2014
Lehrgänge mit IHK-Prüfung
m
räirez r2e010
r
a
M
K
r
Janua System
Ort
Infoveranstaltung
Lehrgangsstart
Technische/r Fachwirt/in (IHK)
Bayreuth
04.06.14, 18:00 Uhr
22.09.14
Medienfachwirt/in (IHK) - Fachrichtung Digital
Bayreuth
24.06.14, 18:00 Uhr
04.10.14
Technische/r Betriebswirt/in (IHK)
Bayreuth
25.06.14, 18:00 Uhr
17.10.14
Wirtschaftsfachwirt/in (IHK)
Bayreuth
08.07.14, 18:00 Uhr
16.09.14
Industriefachwirt/in (IHK)
Bayreuth
22.07.14, 18:00 Uhr
22.09.14
Industriemeister/in Metall (IHK)
Bayreuth
23.07.14, 18:00 Uhr
07.11.14
Bilanzbuchhalter/in (IHK)
Bayreuth
29.07.14, 18:00 Uhr
24.09.14
Fachkaufmann/-frau Einkauf und Logistik (IHK)
Bayreuth
29.07.14, 18:00 Uhr
13.10.14
Lehrgänge mit IHK-Zertifikat
Ort
Lehrgangsstart
Projektmanager/in
Bayreuth
07.10.14
Buchführung und Abschluss
Bayreuth
03.11.14
Lohn- und Gehaltsbuchhaltung
Bayreuth
04.11.14
Seminare
Ort
Seminartermin
Außenwirtschaft
Zollrechtliche Exportabwicklung – Abläufe und Gestaltungsmöglichkeiten
Die Zollabwicklung bei Einfuhren
Bamberg
NEU
15 und 16.10.14
Bayreuth
13.11.14
Bayreuth
01.12.14
Bamberg
12.09.14
Bayreuth
13.11.14
Grundlagen in Einkauf & Beschaffung – Crashkurs
Bayreuth
22.09.14
Kostenoptimierung im Einkauf intensiv
Bamberg
20.10.14
Lieferantenerklärungen – Eine Werkstatt für exportorientierte Unternehmen
NEU
Buchführung
Einführung in das Rechnungswesen
NEU
Wie liest man eine Bilanz?
Einkauf
Kommunikation
Wie Sie schlechte Nachrichten dem Kunden am Telefon professionell überbringen
PRmitEmotion – damit man sich Ihr Unternehmen zu Herzen nimmt
NEU
Fit am Telefon
Bayreuth
17.07.14
Bamberg
24.09.14
Bayreuth
14.10.14
Bayreuth
17.10.14
Management und Führung
Mein Chef, das alte Ekel
NEU
Führungskraft als Coach
Bamberg
11.11.14
Bamberg
23.10.14
Bamberg
28.11.14
Das aktuelle Reisekosten- und Bewirtungsrecht
Bayreuth
02.07.14
Der Datenschutzbeauftragte im Unternehmen
Bayreuth
18.10.14
Bayreuth
26.07.14
Matching-Strategien für Ausbilder/innen
NEU
Konfliktmanagement
Recht
Rund ums Bier
„Bierkenner/in“ – das Bierseminar
NEU
Fremdsprachen
Ort
English Refresher Course
Business English Basic – Step One
NEU
Ausbilder
Ausbildung der Ausbilder (Teilzeitlehrgang)
Lehrgangsstart
Bamberg, Bayreuth, Hof
06.11.14
Bamberg, Bayreuth, Hof
29.09.14
Ort
Lehrgangsstart
Bamberg, Hof
08.09.14
Bayreuth
09.09.14
Haben Sie Fragen? Nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wir beraten Sie gerne!
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Zertifiziert nach
DIN EN ISO 9001:2008
Die Wirtschaft 31
#02.2014
ke“, sagt der Geschäftsführer, und die
für das Marketing verantwortliche Elke
Hühnel ergänzt: „Unsere Produkte sind
immer unsichtbar, aber unverzichtbar.“
Das gilt auch für einen weiteren Bereich, in dem Helsa den Markt anführt –
bei Membranen für Gaszähler. Die sind
hoch reißfest und sorgen im Gerät dafür,
dass der Verbrauch exakt ermittelt wird.
„Und zwar bei allen Bedingungen, egal
unter welchem Druck, egal bei welcher
Temperatur“, sagt Vertriebsleiter Olaf
Schmolinski. Rund zehn Millionen Mal
verkauft er diesen Garanten dafür, dass
die Verbraucher exakt so viel Gas bezahlen, wie sie auch verbrauchen.
Die Suche nach immer neuen Nischen
ist bei dem Unternehmen, das rund 350
aktive Kunden vor allem in Deutschland
und der EU, aber auch weltweit hat, Programm, sagt Ernst: „Damit sind viele unserer Mitarbeiter tagaus tagein beschäftigt.“ Offenbar mit Erfolg, denn die neueste Innovation hilft dabei, Autos umweltfreundlicher zu machen. Tief im Innern des Motors verhindere ein Helsa-Filter, dass Reste unverbrannten Benzins
entweichen können, erklärt Ernst. Das
helfe derzeit vor allem den Herstellern
in den USA, die dortigen strengen Ab-
gasnormen einzuhalten. Alles Innovationen, bei denen auch die Konkurrenz
gerne wüsste, wie sie funktionieren.
„Wir haben schon Know-how zu verteidigen, müssen in manchen Bereichen
verschwiegen sein“, sagt Ernst. Auch
deshalb sei es von Vorteil, dass die Be-
HELSA
1947 gründete Helmut Sandler die
Firma Helsa, stellte auf einer alten
Nähmaschine die ersten Schulterpolster her. 1952 entstand der heutige Firmensitz in Gefrees. Schnell
wurde die Produktion auch auf andere Standorte zunächst in Deutschland und dann weltweit ausgedehnt.
In Gefrees werden schon länger keine Schulterpolster mehr produziert.
In den 80er-Jahren kamen zur Produktpalette technische Artikel wie
Filtermedien und Membranen hinzu.
2013 steuerte dieser ständig wachsende Unternehmensteil 18 Millionen
Euro zum Gruppenumsatz von 41 Millionen Euro bei. Insgesamt beschäftigt Helsa weltweit rund 1000 Menschen – davon 150 im technischen
Bereich und diese alle in Gefrees. StS
legschaft sehr treu ist. Allerdings ist es
am Fuße des Fichtelgebirges nicht immer ganz einfach, neue Mitarbeiter oder
geeigneten Nachwuchs zu rekrutierten.
Angesichts des auch von Gesellschafterin Monika Sandler gewünschten organischen Wachstums sei man aber auch
nicht ständig exorbitant auf der Suche,
sagt Ernst. Produktionsspitzen würden
durchaus auch schon mal mit Leiharbeitern aufgefangen, von denen dann
immer mal wieder welche fest angestellt werden.
Auf Sicht soll der Bereich Functional
Coating bei Helsa, zu dem noch technische Textilien wie schwer entflammbare
Stoffe für Flugzeuge gehören, in etwa
so umsatzstark werden wie die Schulterpolster. Breit aufgestellt zu sein, gehöre heute zur Unternehmensphilosophie, „nachdem wir vor gut zehn Jahren
ein Sanierungsfall waren“, so Ernst. Doch
seit 2006 wachse das Unternehmen wieder profitabel, könne sich heute auf einen hohen Eigenkapitalanteil stützen.
Was wiederum erlaube, nun schon seit
mehreren Jahren aus laufenden Erträgen rund eine Million Euro pro Jahr zu
investieren. Um noch mehr Marktführer
zu produzieren. Stefan Schreibelmayer
Gefaltete Aktivkohle-Filtermatten werden zurechtgeschnitten. Sie werden unter anderem in Klimaanlagen verwendet.
32 Die Wirtschaft
#02.2014
Hoch hinaus:
Die B.I.V. am
Bindlacher Berg
hat allein 90 Kräne im Bestand –
zur Miete für
Bauunternehmen.
„Miete ist die
Zukunft“, sagt
Geschäftsführer
Christian
Steinlein.
Fotos: Waha
Ein Kran für jeden Plan
B.I.V. hat das richtige Bau-Werkzeug in allen Größen – Bagger mieten ist der Trend
B
augeräte lösen bei vielen Menschen ein
Kribbeln im Bauch aus. Nicht umsonst stehen
die Kiebitze an den Bauzäunen der Republik
und sehen zu, wie Erde bewegt wird. Wie Altes weggerissen, Neues modelliert und Stein für Stein aufgebaut wird. Bagger, die mühelos mit einem Schaufelhieb Tonnen von Erde aus dem Boden holen. Die
dabei GPS-gestützt auf den Millimeter genau arbeiten, um die Kosten für Aushub und Füllmaterial nicht
in die Höhe zu treiben. Kräne mit bis zu 50 Meter
Ausladung. Muldenkipper, neben denen Menschen
Franz Steinlein
(67) hat den Betrieb, der heute
40 Millionen Euro
umsetzt, 1985
gegründet.
wie Zwerge aussehen. Oder der Minibagger, mit dem
man als Privatmann mal schnell seine Drainage ums
Haus ausbaggern kann, ohne sich Blutblasen vom
Schaufelstiel zu holen. Auf den Baustellen in Nordbayern, in Thüringen und Sachsen haben viele Baumaschinen einen Aufkleber mit drei grünen Buchstaben: B.I.V. – in der Langfassung bedeutet das Bauund Industriegeräte-Vertriebsgesellschaft. Ein Unternehmen, das seinen Hauptsitz am Bindlacher Berg
hat. Und das Jahr für Jahr rund 40 Millionen Euro
Umsatz macht. Ein Familienbetrieb, der 1985 „eigentlich aus einer Notsituation entstanden ist“, wie
Christian Steinlein (39) sagt. Christian Steinleins
Vater Franz (67) ist zusammen mit Walter Pirzkall
Gründer des Unternehmens, das eine sehr erfolgreiche Entwicklung hingelegt hat.
Pirzkall und Steinlein waren Angestellte eines
großen Bayreuther Baumaschinenhändlers, der
1985 in die Insolvenz ging. „Pirzkall war Niederlassungsleiter, mein Vater Baumaschinen-Monteur und
Verkäufer. Ihr Gedanke war: An uns lag es nicht, dass
wir pleitegegangen sind“, sagt Christian Steinlein.
Sie gründen die B.I.V. in der Ritter-von-Eitzenberger-Straße – ohne gleich mit einer namhaften Baumaschinenvertretung zu starten. „Sie haben Maschinen repariert und damit gehandelt.“ Ein Jahr später
kommt der japanische Hersteller Kubota mit einem
Die Wirtschaft 33
#02.2014
in Deutschland gebauten Produkt auf den Markt, das
eine absolute Nischen-Maschine war: dem Minibagger. „Heute sind Minibagger von keiner Baustelle
wegzudenken“, sagt Steinlein.
Die Minibagger erfreuen sich eines großen Zulaufs
der Bauunternehmen – B.I.V. wächst. Und wächst.
Und braucht schon nach einem Jahr mehr Platz. Den
findet das Unternehmen in Wolfsbach im ehemaligen Sägewerk Franz. Dort, wo jetzt das Bauunternehmen Pöhner seinen Sitz hat. Denn auch die Fläche in Wolfsbach hat nur Reserven für weitere zwölf
Jahre. „Seit 1998 sind wir im ehemaligen Handwerkerhof der US-Army am Bindlacher Berg und haben
dort auf rund 15 000 Quadratmetern genug Entfaltungsmöglichkeiten – und vor allem auch wieder einen Autobahnanschluss in der Nähe“, sagt Steinlein.
Dass B.I.V. vom zunächst regional tätigen Unternehmen einen rasanten Sprung gemacht hat, liegt
laut Steinlein im Rückblick an mehreren Ursachen:
„Nach der Grenzöffnung hat die Nachfrage aus
Sachsen und Thüringen sprunghaft zugenommen.
Deshalb haben wir 1992 und 1993 auch unsere ersten beiden Niederlassungen in Crimmitschau und
Saalfeld eröffnet.“ Der nächste Schub kommt durch
die Insolvenz des für Oberfranken und Teile Thüringens und Sachsens zuständigen Liebherr-Händlers.
„Liebherr, der Mercedes unter den Baumaschinen“,
wie Steinlein die in dem charakteristischen Gelbton
lackierten Geräte nennt. B.I.V. bekommt die Vertretung für die Tiefbaumaschinen und – ganz wichtig –
die Kräne. „Eine enorme Herausforderung“, sagt
Steinlein. Denn aus drei Standorten werden so innerhalb kurzer Zeit zehn. B.I.V. muss in der Fläche
Christian Steinlein
(39) ist seit 2004
im Unternehmen,
seit 2008 Geschäftsführer mit
seinem Vater.
präsent sein – die Männer vom Bau brauchen
schließlich Anlaufstellen in der Nähe, um sich mit
dem entsprechenden Gerät eindecken zu können.
Schnell eindecken zu können. „Denn das Baugeschäft ist sehr zyklisch. Abhängig von der Witterung,
von der Konjunktur.“
Deshalb ist das Geschäft mit den Baumaschinen
ein Geschäft, das an einem vergleichsweise dünnen
Seil baumelt. 2009, als die Wirtschaft einbrach, „haben viele Händler Schwierigkeiten bekommen“, sagt
Steinlein. B.I.V. nicht. Denn der Familienbetrieb baut
auf einem breiten Fundament. „Neben dem Verkauf
der Maschinen haben wir früh auch auf den Vertrieb
von Baugeräten und Werkzeug gesetzt. Alles, was
keinen Stiel hat, können die Leute bei uns hier im
Baushop kaufen.“ Und dazu Geräte für die Verdichtung des Erdreichs, Baustellen-Absperrtechnik, Vermessungsgeräte, Stromerzeuger. Der Spezialbedarf,
Bagger-Ballett:
Die großen Geräte
von Liebherr nennt
Christian Steinlein
„den Mercedes
unter den Baumaschinen“. Bagger
kosten leicht bis
zu einer halben
Million Euro.
34 Die Wirtschaft
#02.2014
Löffel-Lager: Jeder
Einsatz erfordert
eine andere
Schaufel. Löffel
nennen die Leute
vom Bau die
schweren Stahlteile, die viel Erde
abtragen können.
bei dem nicht nur Bob, dem Baumeister, die Augen
übergehen, reicht bis zum Baustellencontainer.
Das dritte Standbein von B.I.V. nimmt über die
Jahre an Muskulatur zu – entwickelt sich zum stabilsten Umsatzbringer: der Mietpark. „Nahezu jedes
Gerät haben wir als Mietmaschine da. Von der Tischkreissäge bis zum 50-Tonnen-Bagger oder zum
Hochbaukran mit 50 Metern Ausladung.“ 3000 Geräte, sagt Steinlein, sind am Bindlacher Berg und in
den Niederlassungen von Bamberg bis Freiberg und
von Weiden bis Jena stationiert. Darunter rund 130
Minibagger, etwa 120 Liebherr-Tiefbaugeräte, 90
Kräne. Anschaffungswert: rund 30 Millionen Euro.
Und keines älter als zwei Jahre, mit Ausnahme der
Kräne. „Jede Niederlassung hat Zugriff auf jedes Gerät.“ Was nicht vorrätig ist, wird mit eigener Logistik
innerhalb kürzester Zeit von A nach B gebracht. Auch
dazu braucht es zum Teil spezielle Fahrzeuge, spezielle Genehmigungen zum Transport und hoch qualifizierte Mitarbeiter. Fünf große Lastwagen sind bei
B.I.V. im Einsatz, können Kräne mit einer Länge von
Ein Liebherr-Bagger der ersten
Generation. Der
macht heute am
Bau keinen Stich
mehr. Zeit ist
Geld.
bis zu 25 Metern und einem Gewicht von bis zu 60
Tonnen fahren.
Die beiden Standbeine Baugeräte und Mietpark
wachsen laut Steinlein am stabilsten. „Miete ist die
Zukunft. Der Anteil steigt stetig. Im Kranbereich beispielsweise liegt der Mietanteil bei 80 Prozent. Der
Kunde, der einen Kran kauft, ist die absolute Seltenheit.“ Etwa die Hälfte aller Maschinen, die B.I.V. bei
den Herstellern abnimmt, wandere direkt in den
Mietpark. Der Kunde, sagt Steinlein, profitiere bei der
Miete von Maschinen davon, dass er junge Geräte bekomme, die „gut ausgestattet und gewartet sind und
die kaum Ausfallzeit haben“. Außerdem könne der
Kunde jedes Gerät aus der Miete heraus kaufen – ihm
werde der Mietpreis auf den Kaufpreis angerechnet.
Worauf die Steinleins besonders großen Wert legen,
ist der Vorrat an Anbauteilen für die Bagger und die
anderen Baumaschinen. Das Lager ist für nahezu jeden Einsatzzweck gerüstet. „Wir haben an sich jeden
Löffel hier, den die Leute brauchen könnten.“
Bei den 145 Mitarbeitern – 45 allein am Standort
Bindlach – gebe es vergleichsweise geringe Fluktuation. 70 Mitarbeiter sind für den Service der Maschinen zuständig, mit mobilen Werkstätten, die immer
auf dem aktuellen Stand gehalten werden. „Die
Fahrzeuge tauschen wir im Schnitt alle drei Jahre
aus“, sagt Steinlein. „Wir arbeiten in einem ziemlich
spezialisierten Bereich. Das geht nur über eine spezielle Ausbildung“, sagt Steinlein.
Und wie die Kiebitze am Bauzaun brauchen auch
die Mitarbeiter, die sich bei B.I.V. zu Mechanikern
oder Kaufleuten ausbilden lassen, diesen Bau-Virus,
die Begeisterung für die großen Maschinen, die viel
bewegen. Wen das bewegt, der bleibt. „In den vergangenen zehn Jahren haben wir alle Azubis übernommen.“
Eric Waha

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