Fall 4_Lösung

Transcrição

Fall 4_Lösung
Konversatorium zum Grundkurs III
– Allgemeines Verwaltungsrecht –
SS 2011
Fall 4: Verkehrsschildfall:
Lösungshinweise:
Obersatz: Die Klage des A gegen das Halteverbot vor seinem
Grundstück hat Aussicht auf Erfolg, wenn alle Sachentscheidungsvoraussetzungen gegeben sind und soweit sie begründet ist.
A. Sachentscheidungsvoraussetzungen
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
Für die vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage muss der
Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein.
[Ansonsten Verweisung an das zuständige Gericht des zuständigen Rechtswegs nach § 17 a II GVG]
Eine aufdrängende Sonderzuweisung des Rechtsstreits zu den
Verwaltungsgerichten ist nicht ersichtlich.
Folglich richtet sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweg
nach der Generalklausel des § 40 I 1 VwGO. Voraussetzung
hierfür ist, dass es sich bei der Klage des A gegen das Halteverbot um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt, die nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist.
1. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit
Die Streitigkeit ist öffentlich-rechtlich, wenn sie nach
Maßgabe von Rechtsvorschriften zu entscheiden ist, die
öffentlich-rechtlicher Natur sind. Rechtsvorschriften sind
1
nach der modifizierten Subjektstheorie öffentlichrechtlich, wenn sie auf mindestens einer Seite des durch
sie begründeten Rechtsverhältnisses ausschließlich einen
Hoheitsträger in seiner Funktion als solcher berechtigen
oder verpflichten.
Streitentscheidende Norm ist hier § 45 I StVO zu. Diese
Vorschrift berechtigt ausschließlich die Straßenverkehrsbehörden in ihrer Funktion als Hoheitsträger zur Anordnung von Verkehrsbeschränkungen. Damit ist über die
Klage des A nach Maßgabe einer öffentlich-rechtlichen
Vorschrift zu entscheiden, so dass die Streitigkeit insgesamt als öffentlich-rechtlich zu beurteilen ist.
2. Nichtverfassungsrechtliche Streitigkeit
Die Streitigkeit ist dann verfassungsrechtlicher Art, wenn
zwei Verfassungsorgane ausschließlich um die Auslegung und Anwendung von materiellem Verfassungsrecht
streiten („doppelte Verfassungsunmittelbarkeit“). Hier
streiten A und die Straßenverkehrsbehörde, die beide
keine Verfassungsorgane sind, um die Anwendung der
Vorschriften der StVO. Diese stellen kein Verfassungsrecht dar, so dass die Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art ist.
3. Keine abdrängende Sonderzuweisung
Die Streitigkeit ist nicht ausdrücklich einem anderen Gericht zugewiesen.
Folglich ist der Verwaltungsrechtsweg für die vorliegende Streitigkeit nach § 40 I 1 VwGO eröffnet.
2
II. Statthafte Klageart
Weiter ist fraglich, welches die statthafte Klageart ist. Die
statthafte Klageart richtet sich nach dem klägerischen Begehren (§ 88 VwGO).
A begehrt die Aufhebung des Halteverbots vor seinem Grundstück. Hierfür könnte eine Anfechtungsklage nach § 42 I Alt. 1
VwGO statthaft sein. Voraussetzung dafür ist, dass das Halteverbot einen Verwaltungsakt i. S. des § 35 S. 1 VwVfG darstellt.
Nach § 35 S. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt jede
•
Maßnahme (= jedes Verhalten mit Erklärungsgehalt)
•
einer Behörde (= § 1 IV VwVfG)
•
auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (vgl. bereits
unter Verwaltungsrechtsweg)
•
zur Regelung (= auf die verbindliche Setzung von
Rechtsfolgen gerichtet)
•
mit Außenwirkung (Rechtsfolgen sollen außerhalb der
Verwaltung, nicht rein verwaltungsintern eintreten)
•
eines Einzelfalls (Abgrenzung zur Rechtsnorm)
Mit einem Halteverbotsschild untersagt die Straßenverkehrsbehörde, gemäß ihrer Aufgabe, der Regelung der Sicherheit
und Ordnung des Straßenverkehrs, und somit als Behörde i. S.
d. § 1 IV VwVfG, verbindlich gegenüber den Verkehrsteilnehmern das Halten auf der betroffenen Fläche. Die ersten vier
Voraussetzungen des Verwaltungsaktes liegen folglich vor.
Fraglich ist aber, ob das Halteverbot einen konkreten Einzelfall im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG regelt. Das Verkehrszei3
chen richtet sich nicht an eine konkrete Person, sondern an alle
Verkehrsteilnehmer die in ihren Regelungsbereich gelangen.
Bezüglich des betroffenen Personenkreises handelt es ich folglich um eine generelle Regelung.
Aus diesem Grund könnten Verkehrszeichen möglicherweise
als abstrakt-generelle Regelungen, d. h. als Rechtsnormen (in
Form der behördlichen Rechtsverordnung) anzusehen sein.
Allerdings kennt das VwVfG neben der abstrakt-generellen
Handlungsform der Rechtsnorm und der konkret-individuellen
Handlungsform des klassischen VA nach § 35 S. 1 VwVfG
noch eine weitere Alternative, die sog. Allgemeinverfügung i.
S. d. § 35 S. 2 VwVfG, die eine Sonderform des Verwaltungsaktes darstellt.
Kennzeichnend für alle drei Varianten der Allgemeinverfügung
ist, dass sie sich inhaltlich auf einen bestimmten konkreten
Sachverhalt bezieht, jedoch sich nicht an einen Einzelnen, sondern an einen größeren Personenkreis adressiert ist. Man kann
die Allgemeinverfügung folglich als konkret-generell charakterisieren.
Fraglich ist nun in welche der beiden Kategorien (abstraktgenerelle Regelung: d. h. Rechtsverordung oder konkretgenerelle Regelung: d. h. Allgemeinverfügung) sich das Verkehrsschild einordnen lässt.
Nach inzwischen gefestigter Ansicht der Rechtsprechung trifft
ein Verkehrszeichen eine konkrete Zustandsregelung für eine
konkrete örtliche Verkehrsituation an einer bestimmten Straße.
Infolge dieser Konkretheit des Bezugsobjekts kann ein Verkehrszeichen nicht als abstrake, d. h. eine Vielzahl von Sachverhalten erfassende Handlungsform angesehen werden. Diesen Befund bestätigt auch die Entstehungsgeschichte der
Norm. Das Halteverbotsschild ist somit mit der h.M. als VA zu
qualifizieren und nicht als Rechtsnorm
4
(vgl. zu dieser Problematik insgesamt und zu der a. A. Maurer,
Allgemeines Verwaltungsrecht, 17 Aufl. 2009, §. 9 Rn 34 ff.).
Von den drei Arten der Allgemeinverfügung [personenbezogene (1. Alt.), sachbezogene (2. Alt.) und benutzungsregelnde (3.
Alt.)] kommen für ein Verkehrsschild zwei in Betracht. Es
kann entweder als Regelung, die an einen nach allgemeinen
Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis gerichtet ist (1. Alt) oder als ein Verwaltungsakt, der die Benutzung einer Sache durch die Allgemeinheit betrifft (3. Alt.) angesehen werden [auch die Rspr. legt sich hier nicht fest, vgl.
BVerwG NJW 2011, 246 (246 f.)].
Unabhängig von der einschlägigen Unterkategorie ist das Halteverbot jedenfalls ein Verwaltungsakt in Gestalt einer Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 VwVfG.
Daher begehrt A mit der Aufhebung des Halteverbotes die
Aufhebung eines Verwaltungsakts, so dass statthafte Klageart
für sein Begehren eine Anfechtungsklage nach § 42 I Alt. 1
VwGO ist.
III. Klagebefugnis, § 42 II VwGO
A müsste des Weiteren klagebefugt sein nach § 42 II VwGO.
Dies ist der Fall, wenn A in hinreichend substantiierter Weise
Tatsachen vorträgt, die eine Verletzung seiner eigenen Rechte
möglich erscheinen lassen.
Der A der als Anlieger in den Regelungsbereich des Verkehrsschildes gelangt fällt in den Adressatenkreis des VA. Somit
kommt bei ihm als Grundrechtsträger zumindest einer Verletzung von Art. 2 I GG in Betracht. Einfachgesetzlich konkretisiert ist diese im Straßen- und Wegerecht durch das Recht auf
Gemeingebrauch an der öffentlichen Straße (Art. 14 I
BayStrWG), das hier möglicherweise ebenfalls verletzt sein
könnte. A ist daher klagebefugt.
5
IV. Vorverfahren, § 68 I VwGO
Grundsätzlich ist gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO vor Erhebung
der Anfechtungsklage ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Dieses ist jedoch gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 VwGO entbehrlich, wenn ein Gesetz dies bestimmt. Seit dem 1. Juli 2007 gilt
in Bayern die Neufassung des Art. 15 BayAGVwGO. Danach
ist in manchen Rechtsgebieten ist nach Art. 15 I BayAGVwGO
ein Vorverfahren fakultativ zulässig im Übrigen aber unstatthaft. Vorliegend ist jedoch keines dieser Rechtsgebiete einschlägig. Da die Voraussetzungen des Art. 15 I BayAGVwGO
nicht vorliegen, ist gemäß Art. 15 II BayAGVwGO das Widerspruchsverfahren nicht statthaft. A muss daher sofort Klage vor
dem Verwaltungsgericht erheben.
V. Klagefrist und -form, §§ 74 I 2, 81 f. VwGO
Für eine fristgerechte Klagerhebung muss grundsätzlich die
Monatsfrist des § 74 I 2 VwGO eingehalten werden. Da aber
hier - wie bei einem Verkehrschild generell - keine Rechtsbehelfsbelehrung erteilt wurde, gilt gem. § 58 II VwGO die Jahresfrist. Diese wurde laut Sachverhalt gewahrt. Von der nach
§§ 81 I 1, 82 VwGO erforderlichen Schriftform und der Einhaltung der Mindestanforderungen an den Inhalt der Klageschrift ist ebenfalls auszugehen.
VI. Sachliche und örtliche Zuständigkeit des Gerichts
Das Verwaltungsgericht Würzburg ist nach § 45 VwGO sachlich und nach § 52 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 1 II Nr. 5
BayAGVwGO örtlich zuständig
bea.: die systematische Reihenfolge der Prüfung des § 52
VwGO, die sich aus dem Wortlaut ergibt:
6
1. Nr. 1: vgl. Nr. 2 S. 1 und 3 S. 1 („vorbehaltlich Nr. 1 und 4“)
2. Nr. 4; vgl. Nr. 2 S. 1 und 3 S. 1 („vorbehaltlich Nr. 1 und 4“)
3. Nr. 2; vgl. Nr. 2 S. 3, 2. HS. zum Vorrang gegenüber Nr. 3
(„ist eine Zuständigkeit danach nicht gegeben richtet sie sich
nach Nr. 3“),
4. Nr. 3; vgl. Nr. 3 S. 3 zum Vorrang gegenüber Nr. 5 („Fehlt
ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nr. 5“)
5. Nr. 5, vgl. Nr. 5 („In allen anderen Fällen“)
VII. Beteiligten- und Prozessfähigkeit
Der Kläger A ist als natürliche Person sowohl nach § 61 Nr. 1
Alt. 1 VwGO beteiligten- als auch nach § 62 I Nr. 1 VwGO
i.V.m. §§ 104 ff. BGB prozessfähig.
Vorgehaltlich einer in der Begründetheit zu prüfenden Passivlegitimation ist Stadt Würzburg ist als Gebietskörperschaft des
öffentllichen Rechts eine juristische Person und damit beteiligungsfähig gemäß § 61 Nr. 1 Alt. 2 VwGO. Gemäß § 62 III
VwGO i.V.m. Art. 38 I, Art. 34 I 2 BayGO wird sie im Prozess
von ihrem Oberbürgermeister vertreten.
Bea.: Die Prüfung der Passivlegitimation in der Begründetheit
ist eine bayerische Besonderheit, die teilweise starker Kritik
ausgesetzt ist. Folglich kann eine Prüfung, wie in den anderen
Ländern auch unter dem Punkt „Passive Prozessführungsbefugnis“ im Rahmen der Sachurteilvoraussetzungen erfolgen.
VII. Ergebnis
Für die Klage des A sind alle Sachentscheidungsvoraussetzungen gegeben.
B. Begründetheit
7
Obersatz: Die Anfechtungsklage des A gegen das Halteverbotsschild vor seinem Grundstück ist begründet, wenn sie sich gegen den
richtigen Beklagten richtet und soweit das Halteverbot rechtswidrig
und A dadurch in seinen Rechten verletzt ist, §§ 78 I Nr. 1, 113 I 1
VwGO.
I. Passivlegitimation, § 78 I Nr. 1 VwGO
Richtige Beklagte ist nach dem in Bayern gültigen Rechtsträgerprinzip (es ist stets der Rechtsträger der handelnden Behörde zu verklagen) die Stadt Würzburg als Gebietskörperschaft
Art. 1 S. 1 BayGO, d. h. als selbständige juristische Person des
öffentlichen Rechts.
II. Rechtswidrigkeit des Halteverbots
Das Halteverbot als belastender Verwaltungsakt könnte wegen
Verstoßes gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden
Grundsatz vom Vorbehalt bzw. Vorrang des Gesetzes rechtswidrig sein, wenn es ohne gesetzliche Grundlage erlassen worden ist oder wenn bei seinem Erlaß eine vorhandene gesetzliche Grundlage formell oder materiell fehlerhaft angewendet
worden ist.
1. Ermächtigungsgrundlage
Als Ermächtigungsgrundlage für das Halteverbot kommt
hier § 45 I 1 bzw. 2 Nr. 1 StVO in Betracht. An der Wirksamkeit dieser Ermächtigungsgrundlage bestehen keine
ernsthaften Zweifel.
2. Formelle Rechtmäßigkeit
8
Fraglich ist, ob das Halteverbotsschild als VA formell
rechtmäßig erlassen wurde.
a) Zuständigkeit:
Laut Sachverhalt hat die Stadt Würzburg in Gestalt der
Straßenverkehrsbehörde als sachlich zuständige Behörde
gehandelt. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich im Übrigen aus Art. 3 I Nr. 1 BayVwVfG.
b) Verfahren:
Hinsichtlich des Verfahrens könnte problematisch sein,
dass vor Aufstellen der Halteverbotsschilder keine Anhörung der Anwohner erfolgte.
Bei Erlass einer Allgemeinverfügung ist jedoch eine Anhörung nach Art. 28 II Nr. 4 Alt. 1 BayVwVfG entbehrlich.
c) Form:
Zweifel an der Anordnung des Halteverbots in der in
StVO bzw. StVZO vorgeschriebenen Form bestehen
nicht. Eine Begründung nach Art. 39 I BayVwVfG ist
nicht erforderlich, da weder ein schriftlicher noch ein
elektronischer Verwaltungsakt vorliegt.
3. Materielle Rechtmäßigkeit
9
Fraglich ist, ob das Verkehrschild als VA auch in materiell rechtmäßiger Weise erlassen worden ist.
a. Tatbestand
Die erste Voraussetzung für die materielle Rechtmäßigkeit der Anwendung des § 45 I 2 Nr. 1 StVO liegt vor:
das Halteverbot ist hier zur Durchführung von Arbeiten
im Straßenraum angeordnet worden, so dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm gegeben sind.
Möglicherweise ist hier zudem der Tatbestand des § 45 I
1 StVO erfüllt. Bauarbeiten an einem Teil der Straße führen regelmäßig auch dazu, dass die Verkehrssituation unübersichtlicher wird und so eine Gefahr für die Sicherheit
nach § 45 I 1 StVO vorliegt. [aufgrund der Angaben im
Sachverhalt zur Breite der Straße und aufgrund der Tatsache, dass es sich hier um eine Einbahn kann man dies
auch gut vertretbar abgelehnt werden.
b. Rechtsfolge: Ermessen
Der Behörde ist in § 42 I 1, 2 Nr. 1 StVO ein Ermessensspielraum eingräumt. Die gerichtliche Überprüfung ist
Gemäß § 114 S. 1 VwGO auf die Einhaltung der Grenzen
des Ermessens (Art. 40 BayVwVfG) beschränkt.
Fraglich ist folglich, ob die Anordnung eines Halteverbots für die X-Allee vor dem Haus des A ermessensfehlerfrei erfolgt ist.
Für einen Ermessensnichtgebrauch oder einen Ermessensfehlgebrauch im Sinne einer Zugrundelegung sachfremder Kriterien ist hier nichts ersichtlich.
Die Ermessensentscheidung könnte vorliegend aber fehlerhaft sein, weil sie möglicherweise gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt.
10
Verhältnismäßig ist eine Maßnahme, die zur Erreichung
eines legitimen Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen (erforderlich im engeren Sinne) ist.
Legitimer Zweck ist nach § 45 I 1 StVO die Sicherheit
und Ordnung des Verkehrs. Gemäß § 45 I Nr. 2 StVO
kann die Benutzung einer Straße auch zur Ermöglichung
der Durchführung von Arbeiten im Straßenraum beschränkt werden.
Aus dem Sachverhalt ergibt sich ausdrücklich, dass im
Prozess festgestellt wurde, dass das Halteverbot für die
Bauarbeiten an sich nicht einmal förderlich ist. Folglich
wäre diesbezüglich bereits die Geeignetheit zu verneinen.
Möglicherweise könnte eine Halteverbot aber deswegen
angezeigt sein, weil durch die Baustelle eine die Übersichtlichkeit für die Verkehrsteilnehmer negativ beeinträchtigt wird, und so eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs zu befürchten ist.
Zweifelhaft ist aber nach den Feststellungen im Prozess
bereits, ob ist die Anordnung des Halteverbots vor dem
Grundstück des A zur Verbesserung der Sicherheit während der Durchführung der Bauarbeiten tatsächlich geeignet ist. Im Hinblick auf die Einschätzungsprärogative
des Gesetzgebers kann man hier aufgrund einer nicht
auszuschließenen geringfügigen Verbesserung der Sicherheit noch die Geeignetheit bejahen. Für diese ist auch
kein milderes Mittel ersichtlich. Aufgrund der Breite und
der Straße und der Tatsache, dass es sich um eine Einbahnstraße handelt ist die Gefährdung der Sicherheit als
sehr geringfügig zu werten. Die Anordnung eines Halteverbotes, dass nicht nur das bloße Parken, sondern auch
das Anhalten zu be- und entladen verbietet nicht ange11
messen (Vgl. auch § 12 II StVO). Deshalb verstößt diese
Anordnung gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist die Anordnung des Halteverbotes vor dem Grundstück des A ermessensfehlerhaft.
Wegen Ermessensfehlerhaftigkeit ist die Anordnung des Halteverbotes vor dem Grundstück des A materiell rechtswidrig.
III. Rechtsverletzung
Ein rechtswidriger belastender Verwaltungsakt gegenüber einem unbeschränkten Grundrechtsträger impliziert eine Verletzung in der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 I GG.
Zudem verletzt die rechtswidrige Anordnung des Halteverbots
vor dem Grundstück des A dessen konkretisiertes Recht auf
Gemeingebrauch gem. Art. 14 I BayStrWG.
IV. Ergebnis
Die Klage des A ist begründet, weil sie sich nach § 78 I Nr. 1
VwGO gegen den richtigen Beklagten richtet, die Anordnung
des Halteverbots vor seinem Grundstück rechtswidrig ist und
dadurch A in seinen Rechten verletzt.
C. Endergebnis
Da alle Sachentscheidungsvoraussetzungen der Klage des A gegen
das Halteverbot vor seinem Grundstück erfüllt sind und diese auch
begründet ist, hat sie Aussicht auf Erfolg.
12