Erfahrungsbericht über mein Erasmusjahr in Pisa (2015/16) Warum

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Erfahrungsbericht über mein Erasmusjahr in Pisa (2015/16) Warum
Erfahrungsbericht über mein Erasmusjahr in Pisa (2015/16)
Warum ich mich für Pisa entschieden habe?
Ich muss zugeben, dass Pisa nicht meine erste, sondern zweite Wahl war. Da ich aber schon
immer Italienisch lernen wollte und die Uni in Pisa nur ein Anfängersprachniveau
voraussetzt, war dies meine Motivation, Pisa als zweite Möglichkeit anzugeben.
Vorbereitung
Da ich vorher kein Italienisch sprach, habe ich im Semester vor Erasmus zwei Kurse am SLI
der Uni gemacht. Dies half mir mich am Anfang zurecht zu finden, für mehr aber nicht. Da
noch einige Kommilitonen nach Italien gingen, haben wir uns vor Beginn des Semesters für
einen Intensivkurs an der Università per Stranieri di Siena angemeldet. Der Kurs dauerte 2
Wochen, insgesamt 40
Unterrichtsstunden und richtete sich vor allem an
Erasmusstudenten. Am Anfang fand ein Einstufungstest statt, durch den wir dann in Kurse
eingeteilt wurden, die unserem aktuellen Sprachniveau entsprachen. Der Unterricht war nur
auf Italienisch, wodurch man sich sehr schnell an die Sprache gewöhnte. Das war meiner
Meinung nach auch sehr wichtig, da die Italiener eher wenig oder gar kein Englisch sprechen.
Da der Kurs immer morgens stattfand, hatte man Nachmittags Zeit sich Siena anzuschauen.
Siena ist eine der schönsten toskanischen Städte. Vor allem in der Zeit Anfang September (in
der wir den Kurs machten) gibt es sehr viele Feste in der Stadt, auf denen man das im Kurs
gelernte direkt anwenden und sich mit den Sienesen, sowie den örtlichen Weinen vertraut
machen kann.
Ankunft in Pisa
Von Freiburg kann man einen Fernbus nach Mailand nehmen, von wo man dann günstig mit
der Bahn weiter nach Pisa kommt. Die italienischen Bahnen sind sehr empfehlenswert, weil
sie wenig kosten und sehr zuverlässig sind. Es fährt zum Beispiel für ein Intercity von Mailand
nach Pisa, für den man 20 € bezahlt. Ansonsten besteht auch die Möglichkeit Pisa aus der
Luft zu erreichen. Der Flughafen liegt relativ zentral und ist vom Bahnhof sogar fußläufig zu
erreichen. Er wird von Fluglinien wie Easyjet und Ryanair angeflogen, wodurch man sehr
günstig innerhalb Italiens und Europas fliegen kann.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine Wohnung in Pisa zu finden. Zum einen kann man das
Büro der Erasmusorganisation ESN aufsuchen, die einem dann den Kontakt zum Vermieter
herstellen. Meistens sind dies eher Wohnungen, wo Erasmusstudenten wohnen. Ich habe
meine Wohnung über Facebook gefunden, wo es einige Gruppen gibt. Das Angebot ist dort
sehr groß. Es gibt auch Internetseiten wie subito.it oder bakeca.it, wo inseriert wird.
Ansonsten gibt es auch Annoncen an den schwarzen Brettern vor der Mensa. Man sollte bei
der Wohnungssuche nichts überstürzen, sich die Zimmer genau ansehen und vor allem auf
Schimmel achten. Außerdem ist die Nähe zu einem Supermarkt empfehlenswert, da man das
Leitungswasser mit Vorsicht genießen sollte und lieber kauft. Sollte man nicht direkt eine
Wohnung finden, kann man auf jeden Fall einige Tage im Pisa-Hostel überbrücken.
Vorteilhaft für die Wohnungssuche ist auf jeden Fall eine Italienische Handynummer. Ich
habe mir bei Wind eine Prepaidkarte besorgt, die man für 12 € Aufladen konnte. Wichtig für
den Abschluss des Mietvertrages ist auch der „Codice Fiscale“, die Steuernummer. Diesen
muss man im entsprechenden Büro beantragen, am besten gleich bei der Ankunft.
Uni
Am Anfang sollte man Dora Mancini, der Erasmuskoordinatorin, einen Besuch abstatten, um
zu erfahren, welche Formalien man für die Uni erfüllen muss (Immatrikulation etc.). Das
Büro findet man im Palazzo Ricci, unweit vom Arno. Die juristische Fakultät liegt sehr zentral,
ist aber zur Zeit wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Die Vorlesungen sind deshalb
ausgelagert. Zum einen finden sie im Polo Carmignani statt, der direkt an den Hauptplatz, die
Piazza Cavalieri, angrenzt. Zum anderen sind viele Vorlesungen im Polo Piagge. Dieser liegt
etwas außerhalb, ist aber noch zu Fuß zu erreichen. Bei der Wahl der Kurse sollte man
deshalb genug Zeit einplanen, falls man von einem Campus zum anderen laufen muss.
Im ersten Semester habe ich die Vorlesungen Storia del diritto romano, Filosofia del diritto
und Diritto dell’Unione europea besucht und in letzterer auch eine mündliche Prüfung
abgelegt. Im zweiten Semester besuchte ich Istituzioni di diritto romano, Diritto
costituzionale I und Diritto internazionale, wo ich auch eine mündliche Prüfung ablegte. Für
die Prüfungen muss man sich im Internet anmelden. Am besten stellt man sich am Anfang
des Semesters beim Prof vor und fragt, ob man dort auch eine Prüfung ablegen kann. Bei der
Professorin für Europarecht, Prof. Martines, konnte ich zudem eine Hausarbeit auf
Italienisch schreiben. Mit diesen Prüfungsleistungen versuche ich mir den großen
Öffrechtsschein anrechnen zu lassen. Weiterhin habe ich in beiden Semestern, sowie in der
Vorlesungsfreien Zeit, einen Italienischkurs am CLI, dem Sprachzentrum der Uni, besucht.
Dort ist der erste Kurs für Erasmusstudierende kostenlos. Jeder weitere Kurs kostet ca. 60 €.
Wenn man die Prüfung besteht, erhält man hierfür 4 ECTS.
Leben in Pisa
Sobald man eine Wohnung gefunden, sich eingeschrieben und seine Kurse gewählt hat, ist
das Leben in Pisa sehr entspannt. Auf den verschiedenen Erasmusveranstaltungen lernt man
schnell neue Leute kennen und am Anfang des Semesters findet eine „Welcomeweek“ statt,
die vom Erasmus Student Network (ESN) organisiert wird und die man nicht verpassen sollte.
Generell werden viele Veranstaltungen und auch Parties von ESN organisiert. Beispiele sind
Ausflüge zu den vielen Sehenswürdigkeiten oder auch gemeinsame Fahrten zu den
nationalen Erasmus -Events.
Zum Einkaufen gibt es im Zentrum zwei Supermärkte in der Nähe vom Corso Italia, einen
Conad und einen PAM. Diese unterscheiden sich preislich nicht stark und haben in etwa das
gleiche Sortiment. Weiterhin gib es einige Alimentari im Zentrum, die aber teurer sind.
Außerhalb finden sich große Supermärkte, die man jedoch nur mit Auto, Bus oder Fahrrad
erreichen kann.
In Pisa gibt es mehrere Mensen. Ich war einige Male in der Mensa am Polo Carmignani, wo
das Essen ganz in Ordnung war. Für 4 € kriegt man einen Teller Pasta oder Risotto und einen
Teller Fleisch oder Fisch, sowie einen Salat und einen Joghurt. Für wenig mehr kriegt man
aber in der Stadt z.B eine Pizza oder Panini. Empfehlenswert sind die Pizzeria „La Piccola
Capri“ oder das „Gusto Giusto“. Schöne Restaurants für den Elternbesuch sind zum Beispiel
die Spaghetteria „Alle Bandierine“ oder das „L’Antico Vicoletto“.
Für die Abendgestaltung gibt es in Pisa viele Möglichkeiten. Es gibt einige Cafés, in denen
Abends „Apericena“ angeboten wird. Das heißt, man bestellt einen Drink und darf sich dann
am vorhandenen Buffet bedienen. Die ist eine kostengünstige Möglichkeit , um Essen zu
gehen. Empfehlenswert sind hier zum Beispiel das Mimi’s und das Skyline, welche direkt
nebeneinanderliegen. Daneben findet man auch das Sud, eine Bar wo viele Spezialitäten aus
dem Süden Italiens angeboten werden, und das Orzo Bruno, eine sehr beliebte Bar. Solange
es warm ist, spielt sich viel auf den Piazze ab. Auf der Piazza Cavalieri ist meistens so viel los,
dass die Stadt den Platz am nächsten Morgen reinigen muss. An der Piazza Vettovaglie
finden sich einige Bars und auch dort ist immer viel los. Ebenso an der Piazza Garibaldi, wo
man auf der Mauer am Arno sitzen kann und auf die schöne Kulisse der Lungarni schaut. In
Pisa gibt es auch zwei Clubs, das Reverse, etwas außerhalb gelegen, und das Akua Keta. Da
das Akua Keta der einzige Club im Zentrum ist, trifft man dort viele Leute, vor allem auch
Erasmusstudenten. Unter diesen ist es berühmt und berüchtigt. Wem das nicht reicht, der
muss entweder nach Forte dei Marmi oder Florenz fahren.
Ausflüge/Reisen
Wie schon gesagt ist Pisa ein guter Ausgangspunkt zum verreisen. Für einen Tagesausflug
bieten sich mehrere Möglichkeiten. Zum einen ist man mit dem Bus in ca. 30 Minuten am
Meer in Marina di Pisa. Dort gibt es allerdings nur Steinstrände. Wenn man mit dem Bus
weiter nach Tirrenia fährt, findet man auch Sandstrände. Für die meisten muss man, wie in
Italien meistens üblich, zahlen, aber es gibt auch einen freien Strandabschnitt. Einen
weiteren Strand, der nichts kostet, findet man in Marina di Vecchiano. Dieser ist allerdings
nur mit dem Auto zu erreichen.
Ein weiteres Ausflugsziel in unmittelbarer Nähe ist Viareggio, ein sehr touristisch geprägter
Badeort in dem es eine lange Strandpromenade gibt. Mit der Bahn ist man dort in ca. 20
Minuten. Auch in unmittelbarer Nähe, aber wesentlich schöner ist Lucca, das man auf seiner
alten Stadtmauer umrunden kann. Wenn man ein Auto zur Verfügung hat, lohnt sich auch
ein Abstecher in die Apeninnen. Von Massa aus kann man zum Beispiel den „Passo del
Vestito“ hochfahren, der einen zwischen Marmorsteinbrüchen hindurchführt und
überragende Aussichten bietet. In den Apenninen gibt es auch ein kleines Skigebiet bei
Abetone, vergleichbar etwa mit dem Feldberg.
Wie oben schon erwähnt, ist Siena auf jeden Fall einen Besuch wert. Dort in der Nähe liegt
auch San Gimignano, eine mittelalterliche Stadt auf einem Hügel gelegen, wo angeblich das
beste Eis der Welt verkauft wird. Hierzu in unmittelbarer Nähe liegt Volterra, ebenfalls eine
alte toskanische Kleinstadt. Die toskanischen Städte sind sich alle sehr ähnlich, jede hat aber
ihren eigenen Charme und ihre eigenen Traditionen. Die wichtigste Stadt ist aber
unzweifelhaft Florenz, welche von Pisa aus sehr einfach mit der Bahn in einer Stunde zu
erreichen. Florenz ist an kulturellen Angeboten schwierig zu übertreffen und deshalb
entsprechende überfüllt und überteuert. Wenn es einem zu viel wird, kann man sich aber in
den überragenden fiorentiner Gärten entspannen.
Natürlich gibt es auch außerhalb der Toskana sehenswerte Städte und Orte. Man sollte sich
auf jeden Fall die Zeit für einen Besuch in Neapel nehmen, da die Kultur im Süden
unterschiedlich zu der des Nordens ist. Von Florenz kann man mit dem Frecciarossa, dem
italienischen Hochgeschwindigkeitszug, sehr komfortabel über Rom dorthin reisen.
Fazit
Es ist schwierig so kurz zusammenzufassen, was mir das Jahr in Pisa gebracht hat. Ich kann
aber auf jeden Fall sagen, dass es eine riesige Erfahrung war so lange in einem fremden Land
zu leben und die Sprache zu lernen. Da man hier mit Englisch nicht weit kommt, merkt man
erst mal, wie schwierig es ist in einem fremden Land die Sprache nicht zu können und auch
nichts zu verstehen. Dies ist aber ebenfalls eine gute Motivation die Sprache zu lernen und
man sollte sich keine Sorgen machen, da die Italiener immer sehr freundlich und hilfsbereit
sind. Das wichtigste für mich ist, dass ich hier viele neue Freundschaften geschlossen habe,
die hoffentlich auch über dieses Jahr hinaus bestehen werden. Es war sehr spannend so viele
Menschen aus anderen europäischen Ländern kennen zu lernen und ich habe dadurch viel
über deren Kulturen gelernt.
Müsste ich mich nochmal für ein Ort für ein Erasmusjahr entscheiden, wäre Pisa das nächste
Mal definitiv die erste Wahl. Die vielen Studenten erfüllen die Stadt mit Leben und Pisa hat
viel mehr zu bieten, als nur den schiefen Turm. Und um Italien kennen zu lernen, ist Pisa mit
seiner Anbindung durch Bahn und Flughafen perfekt. Ich jedenfalls gehe nach einem Jahr
ungern weg und denke, dass Pisa für mich auch ein bisschen Heimat geworden ist.