Bereitschaftsdienst - Die Suche nach den Spezialisten
Transcrição
Bereitschaftsdienst - Die Suche nach den Spezialisten
info 2/2010 SCHLESWIGHOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND verband der richterinnen und richter, staatsanwältinnen und staatsanwälte MITTEILUNGSBLATT DES SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN RICHTERVERBANDES Bereitschaftsdienst Die Suche nach den Spezialisten Zwei Landgerichtspräsidenten stellen sich vor Das neue Fachverfahren: forumSTAR SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 1 Inhaltsverzeichnis Neue LG-Präsidenten „Ich bin wunschlos glücklich“ Interview mit Präs'inLG Ulrike Hillmann Aufbruchstimmung im Landgericht Lübeck Interview mit PräsLG Dr. Ole Krönert 4 8 Bereitschaftsdienst Bereitschaftsdienst: Die Spezialistenlösung Rockerkrieg im Norden D. Mardorf Tuncel 12 14 Neues aus Modernisierung und Organisation forumSTAR Krauel 21 Test eines Spracherkennungssystems Richterassistenz Blöcker Mosthaf 25 27 Besoldung Dienst- und Besoldungsrecht Engellandt Parlamentarischer Abend im Landeshaus 30 Engellandt 31 Abenteuer Abordnung HiWi beim V. Strafsenat des BGH in Leipzig Abordnung an das MJGI Leplow Bauer 32 36 IRZ sucht Justizexperten Vreden 38 Richterliche Ethik Notwendigkeit einer Nacherhebung? L. Mardorf/Brandt/Hamdorf 42 Aus Bund, Land und Vereinen Assessorentagung in Mannheim aus DRiZ NRW Neuer Vorstand im Flensburger Richterverein Auf dem Boden der Tatsachen zurück Placzek Dornis Neuer Vorstand in Schleswig Tipps und Tricks zum DRB-Forum Feicke Wien Burmeister Buermeyer & D. Mardorf Für Sie gelesen D. Mardorf / Wrege SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND v. Wietersheim 50 50 Das neue FamFG - Fachtagung in Schleswig Holsteiner Landrecht 49 Lewin 60 Jahre Richterverein Schleswigl 47 48 Mitgliederversammlung in Lübeck Schlöpke Lübecker Richterverein besucht EUROIMMUN 45 51 53 55 57 63 Seite 2 Liebe Kolleginnen und Kollegen, editorial so viel Wechsel war selten im Lande. Kaum haben wir den Regierungswechsel bewältigt, ordnet das Landesverfassungsgericht die nächste vorgezogene Neuwahl an. (Justiz-)Politik droht kurzatmig zu werden. Und nicht nur das: Die beiden großen Landgerichte haben ihre Führungsriege komplett ausgetauscht. Läuft so viel Veränderung auf Stillstand hinaus? Unsere Interviews mit den neuen Präsidenten lassen hoffen: An den Landgerichten herrscht Aufbruchstimmung. Ein greifbarer Fortschritt: Für den richterlichen Bereitschaftsdienst bieten sich Modelle an, die den örtlichen Besonderheiten Rechnung tragen. Der Bezirk Itzehoe will die Spezialistenlösung probieren. Wir stellen sie vor. Weitere dicke Bretter wollen gebohrt werden. Sind die Weichen für das neue Fachverfahren forumSTAR endgültig gestellt? Bestehen Spracherkennungssysteme den Praxistest? Und: Sind die Möglichkeiten der Richterassistenz ausgeschöpft? Die schleswig-holsteinische Justiz hat ihre Modernisierungsrendite längst erbracht. Will die Regierung hier wirklich weiter sparen, muss sie zuvor klare Perspektiven für den richterlichen Arbeitsplatz entwickeln. Der Richterverband bohrt weiter. Bei aller Information soll auch das Lesevergnügen nichtzu kurz kommen! Seien Sie kollegial gegrüßt, Ihr Wolf Reinhard Wrege SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 3 „Ich bin wunschlos glücklich“ Interview mit der Präsidentin des Landgerichts Kiel Ulrike Hillmann Seit Mai 2010 ist Ulrike Hillmann die Präsi- Tat das dritte Mal. Ich bin nach ihm Persodentin des Landgerichts Kiel. Die 53-jähri- nalreferentin hier im Hause geworden, ich ge ist in Bad Segeberg aufgewachsen und bin nach ihm Vizepräsidentin geworden hat in Kiel und Lausanne studiert. Seit und bin jetzt eben nach ihm auch Präsi1979 ist sie Richterin, zunächst bis 1997 dentin. Ich denke aber, dass man das nicht am Amtsgericht Bad Segeberg, sodann als als Wandeln im Schatten ansehen kann; es Vizepräsidentin am Amtsgericht Lübeck. waren ganz eigenständige Schritte, die ich 2004 wechselt sie als Vigemacht habe, nämlich anzepräsidentin an das ders als Herr Schmalfuß Landgericht Kiel. 2008 über die Amtsgerichte Bad wird sie im Nebenamt Segeberg und Lübeck. zur Richterin des LanUnd… ich pflege allen das desverfassungsgerichts weiter zu geben, was Herr ernannt. 2010 folgt sie Schmalfuß bei meiner EinEmil Schmalfuß als Präführung gesagt hat: Aller sidentin des Landgeguten Dinge sind drei. richts Kiel. Sie leitet u. a. die Kommission zur INFO: Justizmodernisierung. Bei Ihrer Einführung haben Ulrike Hillmann ist in der Sie ein durchaus deutliches Ulrike Hillmann Nordelbischen EvangeProfil gezeigt. Ihren „Traumlisch-Lutherischen Kirche engagiert. beruf Richterin“ hätten Sie ohne ein Netzwerk privater Vertrauensleute – genannt INFO: haben Sie den familiären und den kirchliFrau Hillmann, Sie sind in Bad Segeberg chen Bereich – nicht verfolgen konnten. aufgewachsen und waren in Lübeck Rich- Fürchten sie nicht eine Vermengung von terin. Wären Sie lieber Präsidentin in der Beruf und Privatleben? Ist das der Anfang traditionsreichen Hansestadt geworden? einer neuen Genderpolitik? Hillmann: Ich wäre gerne Direktorin des Amtsgerichts Bad Segeberg geworden. Aber darüber ist die Zeit irgendwann hinweggegangen. Als meine Kinder groß wurden, hatte ich in Kiel meinen Freundeskreis, und es bot sich die Stelle in Kiel. Und jetzt, finde ich, hat sich das alles wunderbar gefügt. INFO: Stichwort Kiel: Sie sind jetzt schon zum dritten Male Herrn Schmalfuß im Amt nachgefolgt. Stehen Sie in seinem Schatten oder sehen Sie sich als Verfolgerin? Hillmann: Das sehe ich als Nachfolge. Es ist in der SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Hillmann: Ich versuche, Privates und Berufliches nicht zu vermischen und habe da immer klare Grenzen gezogen. Ich mache meine Arbeit immer im Gericht, gerne auch mal am Wochenende oder abends lange, versuche aber, Arbeit nicht mit nach Hause zu nehmen, damit da auch eine Trennung ist. Ansonsten bringe ich wie wohl jede/ jeder meine Persönlichkeit mit in den Beruf ein. Der Richterberuf ist ein oft sehr wertender Beruf, in dem die Persönlichkeit doch eine große Rolle spielt und ich habe mich mein Leben lang nicht versteckt unter der Richterrobe, sondern habe eine Persönlichkeit, und die lebe ich auch. Ich glaube, das könnte Teil meines Erfolges sein. Im HinSeite 4 blick auf die Frage nach der Genderpolitik: Ich werde auch als Präsidentin nicht leugnen, dass ich eine Frau bin und die oft schwierigen Bedingungen kenne, unter denen Frauen Karriere machen. Ich sehe allerdings auch, dass sich die Zeiten ändern, mehr Frauen in den Richterberuf kommen, Familienarbeit anders verteilt wird. Es gilt, einen sorgfältigen Blick darauf zu haben. INFO: Auch in der Nordelbischen Synode bekleiden Sie als eine Vizepräsidentin ein verantwortungsvolles Amt. Wie lässt sich das vereinbaren? ebenso ehren- wie verantwortungsvoll und bin stolz, mit ihr betraut zu sein. Ich nehme sie sehr ernst. Sie ist zeitweise sehr arbeitsintensiv. Aber ich teile die Aufgabe mit interessanten Menschen, und sie verschafft mir wertvolle Erfahrungen, auch wenn wir nicht immer mit politisch derartig brisanten Themen wie der Wirksamkeit der Wahl zum Schleswig-Holsteinischen Landtag befasst sind. Immer beschäftigen wir uns sehr ausführlich und intensiv mit den verfassungsrechtlich relevanten Fragen und tun dieses entsprechend der Profession, der wir hauptamtlich angehören, mit durchaus unterschiedlichem Ansatz. Hillmann: Kirche ist meine Freizeitbeschäftigung geworden, eine sehr intensive. Ich habe ganz schlicht wegen meiner Kinder im Kindergottesdienst angefangen. Ich bin dann nachher auch in der Kirche mehr in die verwaltungstechnische Seite gerutscht und habe das gern getan. Fähigkeiten, die ich im Beruf erworben habe, kann ich gut in der Kirche nutzen. Aber ich erwerbe auch in der Kirche Fähigkeiten, die ich im Wolf Reinhard Wrege im Gespräch mit Präsidentin Beruf brauchen kann. Ich Ulrike Hillmann bin in der Zeit zwischen 2000 und 2006 die Vorsitzende des KirINFO: chenvorstandes in Segeberg gewesen. Zurück zu Herrn Schmalfuß: Sind Sie mit Das ist eine sehr große Gemeinde mit der aktuellen Justizpolitik im Land zufrie15.000 Mitgliedern und 80 Mitarbeitern. den? Da habe ich viel über Führung und Organisation gelernt und davon für den Beruf Hillmann: profitiert. Doch ja, schon weil einer, der die Justiz aus langen Richterjahren kennt, an der INFO: Spitze steht. Trotz der vorläufigen BeenUnd das Landesverfassungsgericht? Ist digung der Diskussion um „Justiz 2010“ das auch eine lehrreiche Freizeitbeschäfist ganz viel in Bewegung und das ist tigung? auch anstrengend. Aber für mich scheint die Richtung die richtige zu sein. Hillmann: Mitglied des Landesverfassungsgerichts INFO: zu sein ist ein Ehrenamt, das - so § 8 Sie bringen von amtsgerichtlicher FühLVerfGG - allen anderen Aufgaben vorrungserfahrung über IT- und QM-Organigeht. Ich empfinde die Aufgabe als SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 5 sation viel Erfahrung mit, gerade in sogenannten „hard skills“. Wo sehen Sie die spezifischen Schwerpunkte in Ihrem neuen Amt? Hillmann: Es gibt erstmal Schwerpunkte, die durch die Justizpolitik vorgegeben werden. Wir sind auf der Suche nach einem neuen Fachverfahren, nach einer Neugestaltung der IT-Welt generell. Das ist ein Thema, mit dem ich mich weiter befassen möchte und deshalb bleibe ich auch die IT-Referentin am Landgericht. So kann ich mit einer guten Grundlage mitdiskutieren. Daneben steht das große Thema Bereitschaftsdienst. Dabei geht es um den Ausgleich zwischen den Amtsgerichten und den Landgerichten. Zum Ausgleich gebracht werden müssen aber auch die Belastungen durch die wirklich komplexen Prozesse, die wir zunehmend im Landgericht haben. Ich habe gerade heute Mittag mit einer Kollegin am Tisch gesessen, die ein 120-Seiten-Urteil gemacht hat in einer langjährigen Insolvenzsache. Da den Ausgleich zu finden, ist ein ganz wichtiger Punkt, mit dem wir uns beschäftigen müssen. Ansonsten ist mir ein wichtiges Thema das Thema der Personalentwicklung, die kontinuierlich betrieben werden sollte und vielleicht sollten auch die Einflussmöglichkeiten der Verwaltung bei der Besetzung von Richterstellen etwas vergrößert werden. INFO: Sie sind im Wesentlichen in Ihrem bisherigen Arbeitsumfeld weiter tätig. Sie haben eben die Kontinuitätslinie aufgezeigt. Wie sehen Sie die Veränderungen? Hillmann: Abgesehen davon, dass ich einen neuen Raum habe: Als Vizepräsidentin war ich tätig im Bereich Bewährungshilfe, Rechtspfleger, Modernisierungsprozesse. Der Schwerpunkt der Präsidentin liegt klar im richterlichen Bereich und deswegen habe ich auch gesagt: Das Thema Personalentwicklung ist für mich ganz wichtig. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND INFO: Wie gehen Sie denn mit Beurteilungen um? Hillmann: Ich nutze sie als Instrument der Personalentwicklung. Ich bemühe mich um Sorgfalt und eine ganz klare Linie, um Kriterien, nach denen ich beurteile, damit auch für die Kolleginnen und Kollegen nachher deutlich ist, wie sie sich orientieren können, um in bestimmte Bereiche in den Beurteilungen zu kommen, aber eben auch in bestimmte Positionen. INFO: Sie geben das Amt des Vizepräsidenten weiter an Dr. Kellermann. Können Sie loslassen? Hillmann: Erstmal freue ich mich unendlich, dass ich jetzt jemanden an meiner Seite habe. Ich freue mich auch sehr, dass es Herr Dr. Kellermann ist. Ich denke, wir werden sehr gut zusammenarbeiten. Ich bin mit Begeisterung Vizepräsidentin gewesen und ich habe die Arbeit gerne gemacht. Ich glaube, es wird mir schwer fallen, sie loszulassen, aber ich werde sie loslassen. INFO: Sehen Sie die schleswig-holsteinische Justiz in einer Umbruchsituation? Hillmann: Es ist in der Tat eine Umbruchsituation. Ich pflege immer zu sagen: Das eröffnet auch Chancen und setzt personelle Ressourcen frei. Der Blick aller öffnet sich ganz weit auf der Suche nach neuen Wegen, Möglichkeiten, auch nach neuen Leistungsträgern und -trägerinnen. Und das finde ich, ist eine ganz große Chance. INFO: In der Amtsgerichtslandschaft Ihres Bezirks herrscht derzeit ebenfalls viel Veränderung. Wie sehen Sie die Entwicklung? Was können Sie den Amtsgerichten mitgeben? Seite 6 ganz offenen Austausch zu tun, den wir Hillmann: vom Landgericht mit unseren DirektorinEs stehen engagierte, vielfach junge nen und Direktoren der Amtsgerichte Leute an der Spitze der Amtsgerichte pflegen. des Bezirks. Das führt dazu, dass die Amtsgerichte jeweils ganz eigenständig INFO: ein Profil entwickeln, was ich schön finErlauben Sie uns – über Kirche hinaus de. Es macht die Gerichte reizvoll für die noch einen weiteren Einblick in Ihre Freidort Mitarbeitenden. Ein bestimmtes zeitaktivitäten? Profil kann Richterinnen und Richtern, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger Hillmann: und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Große Priorität in der Freizeit hat für den Serviceeinheiten und Wachtmeistemich tatsächlich die Kirche. Ansonsten reien dazu bringen, zu sagen: Das ist ein singe ich ausgesprochen gerne in einem Gericht, da kann ich mich gut einfinden. Kirchenchor und bewege mich gerne an Ich empfinde es so, dass inzwischen in frischer Luft, damit ich so ein bisschen allen unseren Gerichten ein erfreulich Ausgleich habe zu gutes Klima den langen Büroherrscht. Das stunden. hat sicher auch mit der INFO: Führung zu Man könnte meitun und vielnen, Sie seien ein leicht auch ein fehlerfreier bisschen daMensch. Haben mit, dass wir Sie einen Fehler? auch in der Verteilung der Hillmann: Ressourcen Ich habe beganz transpastimmt eine Menrent gegenge Fehler; ich beüber den mühe mich, sie zu Amtsgerichten Ein Interview in entspannter Atmosphäre verbergen, werde sind. Die sie also nicht verAmtsgerichte raten. müssen nicht das Gefühl haben, hintenan zu stehen. INFO: Wenden wir die Frage positiv: Haben Sie INFO: einen Wunsch an irgendwen, im kleinen Empfinden Sie eine Loyalitätsspannung oder im großen Bereich? zwischen Landgericht und Amtsgerichten? Hillmann: Sie werden es mir wahrscheinlich nicht Hillmann: glauben, aber ich bin im Moment tatDas habe ich bisher noch nicht empfunsächlich wunschlos glücklich. den. Ich bin jetzt Landrichterin und vorher lange Amtsrichterin gewesen; ich INFO: habe viel Verständnis für das, was bei Vielen Dank für das Gespräch. den Amtsgerichten läuft und die besonderen Belastungen. Ich denke, ich kriege das zum Ausgleich und habe nicht das Das Interview führte Gefühl, dass ich mich unbedingt immer Wolf Reinhard Wrege für die einen oder die anderen einsetzen muss. Aber das hat auch was mit dem SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 7 Aufbruchstimmung im Landgericht Lübeck Interview mit dem Präsidenten des Landgerichts Lübeck Dr. Ole Krönert mein Verständnis von den VoraussetzunDr. Ole Krönert ist im Mai 2010 zum Prägen einer rechtsstaatlich gut funktioniesidenten des Landgerichts Lübeck errenden Justiz deutlich erweitert. Vervollnannt worden. Aufgewachsen in Ratzeständigt wurde es durch meine Tätigkeit burg studierte er in Münster und Lauals Mitglied des sanne. Nach seinem ReHauptrichterrates und ferendariat in Düsseldorf durch die Arbeit in meiwurde er in Lübeck zunem Berufsverband. Unnächst Staatsanwalt und ter dem Eindruck dieser 1990 Richter. Von 1995 Erfahrungen habe ich bis 1998 war Herr Dr. eher gespürt als gewusst, Krönert wissenschaftlidass mir die Arbeit in der cher Mitarbeiter beim Leitung eines Gerichtes Bundesverfassungsgeliegen und Freude bereiricht und anschließend ten würde. Deshalb habe bis Oktober 2002 Richter ich den Schritt gewagt, am Oberlandesgericht mich als Direktor in AhSchleswig. Von dort rensburg zu bewerben. wechselte er als Direktor Dort habe ich mit der Unan das Amtsgericht Ahterstützung der richterlirensburg und wurde im chen und nichtrichterliFebruar 2008 Vizepräsichen Kolleginnen und Koldent des Landgerichts Dr. Ole Krönert legen meine eigentliche Lübeck. Lehrzeit in Sachen Gerichtsleitung erfahren. Erst hier hat der Wunsch Gestalt anINFO: genommen, derartige Aufgaben auch in Herr Dr. Krönert, hinter Ihrem Lebenseinem größeren Kontext übernehmen zu weg scheint eine Absicht zu stecken. Ist wollen. das Amt des Landgerichtspräsidenten in Lübeck die Erfüllung eines lang gehegten INFO: Wunsches? Sie kennen das Landgericht Lübeck bereits als Proberichter sowie als VizepräsiDr. Krönert: dent und haben die Geschäfte des PräsiNein. Der Wunsch entstand erst sehr viel denten vor Ihrer Ernennung für fünf Mospäter im Laufe meines Berufslebens, zu nate vertreten. Gab es in den ersten Wodessen Beginn mir noch überhaupt nicht chen Ihrer Amtszeit Dinge, die Sie sofort klar war, welche Möglichkeiten der Beruf abgeändert haben? eines Richters bieten würde. Sie haben meine wesentlichen beruflichen StatioDr. Krönert: nen aufgelistet. Schon daraus kann man Sehen Sie es mir bitte nach, aber diese erkennen, dass ich mit vielen Bereichen Frage scheint mir zu eng formuliert zu der Justiz in Berührung gekommen bin, sein, denn ich kenne ja nicht nur das die hauptsächlich RechtsprechungsaufLandgericht Lübeck, sondern auch zugaben betrafen. Daneben hat es – zumindest ein Amtsgericht (Ahrensburg) nächst nur am Rande, erst sehr viel spägenauer. Außerdem bin ich nicht nur für ter dann verstärkt – auch Verwaltungsdas Landgericht Lübeck zuständig, sonaufgaben gegeben. Dadurch hat sich SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 8 dern für den ganzen Landgerichtsbezirk. Deshalb liegt mir viel an dem vorsorglichen Hinweis, dass sich meine Antworten immer auch auf die Amtsgerichte beziehen. INFO: Welches sind Ihre Ziele für die kommende Zeit? Auf welche Veränderungen müssen sich die Mitarbeiter im Landgerichtsbezirk Lübeck einstellen? Zurück zu Ihrer Frage. Ich halte sehr viel davon, sich die Dinge erst einmal genau anzusehen, bevor man sie ändert. Denn Änderungen verursachen Reibungsverluste und sind daher nur gerechtfertigt, wenn sie einen spürbaren Vorteil bringen. Ich kann die Frage daher eher so beantworten, dass ich bestimmte Vorgehensweisen meinem Naturell angepasst habe, um besser mit ihnen umgehen zu können. Ich strukturiere und ordne gerne. Ich halte daher sehr viel davon, Routineabläufe so zu standardisieren, dass sie effektiv sind. Deshalb habe ich zum Beispiel gleich zu Beginn meiner Tätigkeit feste Termine für Besprechungen mit den VerwaltungsmitarbeiterInnen, den Mitbestimmungsgremien und der GB eingerichtet, über die Protokolle gefertigt werden, die unter anderem auch ausweisen, wer welche Aufgabe bis wann erledigt haben muss. Zwingend gehört dazu, dass die Erledigung der Aufträge festes Thema der nachfolgenden Sitzung ist. Ein weiteres Beispiel besteht darin, dass mein Terminkalender für jeden, mit dem ich eng zusammenarbeite, jederzeit einsehbar ist. Dr. Krönert: Das für meine Arbeit maßgebliche strategische Ziel besteht darin, die Arbeit so zu organisieren, dass dem Justizgewährungsanspruch der Bürgerinnen und Bürger so gut wie möglich entsprochen werden kann. Das kann nur gelingen, wenn die Arbeitsbedingungen der dafür verantwortlichen RechtspflegerInnen und RichterInnen stimmen. Diese Bedingungen stetig zu verbessern, ist eines meiner Ziele. Infolgedessen müssen sich die MitarbeiterInnen grundsätzlich darauf einstellen, dass es immer wieder Veränderungen geben wird, an denen sie auch selbst mitwirken sollen. Nicht als sofortige Änderung, sondern als vielmehr dringend nötige Weiterentwicklung habe ich das Thema Sicherheit der MitarbeiterInnen gesehen. Deshalb habe ich gleich zu Beginn meiner Tätigkeit dafür gesorgt, dass das in Zusammenarbeit mit den zuständigen MitarbeiterInnen der Verwaltung entwickelte Konzept für die Neugestaltung des Eingangsbereichs, das modernsten Sicherheitsanforderungen entspricht, möglichst schnell umgesetzt wird. Die Baumaßnahmen werden absehbar noch in diesem Herbst beginnen. Zu dem Thema Sicherheit gehört auch der Brandschutz, um dessen Verbesserung ich mich ebenfalls sofort bemüht habe. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Handlungsanstöße für Veränderungen können sich aus dem Jahresgeschäftsbericht (JGB) ergeben, der mit einer Fülle relevanter Zahlen ausweist, wo Probleme liegen könnten. Mit ihm richtig umzugehen und ihn für eine gewinnbringende Zusammenarbeit mit den Amtsgerichten und im Landgericht zu nutzen, ist eines meiner Hauptanliegen. Konkret kann das zum Beispiel Folgendes heißen: Stellt man anhand des JGB fest, dass die Fortbildungsquote der MitarbeiterInnen in den Serviceeinheiten (SE) gering ist, liegt darin der Anstoß zur Frage, warum das so ist. Die Antwort lautet, dass SEKräfte, die häufig Teilzeitkräfte sind, kaum Gelegenheit haben, sich ganztägig oder mehrtägig für Tagungen in weiter entfernt liegenden Orten anzumelden. Da aber die Qualität der SE-Kräfte für die Arbeit der RechtspflegerInnen und RichterInnen von immenser Bedeutung und eine Verbesserung insoweit vornehmlich durch Fortbildung möglich ist, muss nach anderen Wegen gesucht werden, um dies zu erreichen. Eine Möglichkeit kann zum Beispiel in der Organisation von kleineren Fortbildungen in dem jeweiligen Gericht, also vor Ort, liegen. Seite 9 Rahmenbedingungen können auch dadurch verbessert werden, dass man die Informationsflut kanalisiert. Zu viele Informationen gelangen ungefiltert an zu viele Adressaten. Nicht selten muss sich jedes Gericht eigene Gedanken machen, wie es Gesetzesänderungen und Verwaltungsanordnungen umzusetzen hat. Hier macht es Sinn, Ressourcen dadurch zu sparen und freizusetzen, dass eine zentrale Stelle des Landgerichts filtert und prüft, welche Information für wen wichtig ist, sie entsprechend gezielt verteilt und dabei auch Vorschläge zur Umsetzung macht. rungen für eine Erweiterung des Modells auf andere Verwaltungsbereiche sammeln. INFO: Was sind bezogen auf den Lübecker Landgerichtsbezirk die Dinge, die Sie für die Zukunft erhalten wollen? Dr. Krönert: Es gibt Vieles, was erhalten werden muss. Ich nenne hier beispielhaft den guten Kontakt insbesondere zur Lübecker Anwaltschaft, die besondere Förderung der Anliegen der ReferendarInnen, die Öffnung des Gerichts für kulturelle Veranstaltungen und die Motivation der RichEin weiteres terInnen, sich für AbHauptziel meiordnungen an den ner Arbeit wird Bundesgerichtshof, Andreas Gerber im Interview mit Dr. Krönert darin bestehen, das Bundesverfaszu einem gesungsgericht, an das rechten AusBMJ, das MJGI und gleich der Belastungen zwischen den auch an Internationale Organisationen Amtsgerichten und dem Landgericht beisowie die Übernahme von Modernisiezutragen. Dazu gehört zeitnah das wichrungsprojekten zu interessieren und sie tige Thema Bereitschaftsdienst, bei dem dabei zu unterstützen. mir unter anderem sehr daran liegt, für mehr Verständnis für die Belastung des INFO: jeweils anderen zu werben. Die zu hohe Gibt es in Ihrer Person Eigenschaften, Belastung der RechtspflegerInnen wird die Sie für das neue Amt ausbauen meine Arbeit in der nächsten Zeit ebenmöchten oder bremsen müssen? falls bestimmen. Dr. Krönert: Das Thema Gesundheit steht ebenfalls Ausbauen möchte ich meine Geduld, auf der Liste. Die Amtsgerichte Lübeck bremsen müsste ich meine Ungeduld. und Kiel haben dazu interessante Projekte vorzuweisen, die als Vorlage sowohl INFO: für das Landgericht als auch für die Zu Ihrem Nachfolger als Vizepräsident Amtsgerichte des Bezirks dienen könist der Vorsitzende Richter am Landgenen. richt Hartmut Schneider gewählt worden. Wie sollte vor dem Hintergrund IhUnd schließlich wird sich die Landgerer eigenen Erfahrungen als Vizepräsirichtsverwaltung im Bereich der Fortbildent die Zusammenarbeit aussehen? dung dem Thema „Elektronische Verwaltungsakte“ widmen und daraus ErfahSCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 10 Dr. Krönert: Ich bin ein großer Anhänger des Teamworks. Das bedeutet für die Zusammenarbeit mit dem neuen Vizepräsidenten Hartmut Schneider einen stetigen und intensiven Informations- und Gedankenaustausch. Es bedeutet die Suche nach gemeinsam erarbeiteten Lösungen, gemeinsamer Sprache und Verantwortung. Ich teile mit Herrn Schneider die Auffassung, dass es in unserer Funktion nicht um Selbstverwirklichung, sondern darum geht, einen guten Job für den Landgerichtsbezirk zu machen. INFO: Wie sehen Sie Ihre Tätigkeit an der Schnittstelle zwischen anwachsender richterlicher Arbeit und immer geringeren Verteilungsspielräumen, die durch die Justizverwaltung vorgegeben werden? Dr. Krönert: Nach meiner Auffassung sind die Verteilungsspielräume in der schleswig - holsteinischen Justiz bezogen auf die nach Pebb§y zu verteilenden Pensen im Gegensatz zu anderen Bundesländern gut bemessen. Die Ausstattung der Justiz mit Richterstellen in der Ordentlichen Gerichtsbarkeit überschreitet das Pensum von 100 % nur geringfügig. Infolgedessen kann man nicht sagen, dass die Verteilungsspielräume kleiner werden oder die richterliche Arbeit unter diesem Gesichtspunkt anwächst. Eine ganz andere Frage ist, ob die einzelnen Verfahren nicht mehr richtig in den Pebb§y-Zahlen abgebildet werden. Ist also die Arbeit angewachsen, weil die Verfahren heute inhaltlich ein ganz anderes Gewicht haben? Das allerdings trifft nach meiner Beobachtung für verschiedene Bereiche amts- und landgerichtlicher Verfahren zu. Diese Unwuchten auszugleichen, ist einerseits Aufgabe der Präsidien, die sehr individuell prüfen müssen, wie diesem Problem begegnet werden kann, und andererseits SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Aufgabe der Gremien, die die Pebb§yZahlen erarbeiten und anpassen. Dafür rechtzeitig Anstöße in Form von Zahlen und Argumenten zu liefern, sehe ich als Teil meiner Aufgabe. INFO: Wie halten Sie es mit den Maßstäben sowie dem Verfahren bei Beurteilungen insbesondere von Proberichtern? Dr. Krönert: Die Maßstäbe für die Beurteilungen von ProberichterInnen finden sich ebenso wie die für die PlanrichterInnen in den Beurteilungsrichtlinien (BURL). Daran halte ich mich strikt. Ich versuche, mir ein möglichst vollständiges Bild von der Arbeit der RichterInnen zu verschaffen, die in den BURL klar und ausführlich definierten Kriterien gleichmäßig anzuwenden, bei der Erörterung der Beurteilungen die Quellen und Ergebnisse meiner Recherchen mitzuteilen und meine positiven und in Teilen gegebenenfalls auch einmal nicht so positiven Eindrücke mit den RichterInnen zu diskutieren. INFO: Welche Hilfestellung von außen könnte Ihr derzeit größtes Problem am Landgericht Lübeck lösen? Dr. Krönert: Eine größere Anzahl von RechtspflegerInnen für den Bezirk. INFO: Wie kann man sich Ihr Leben außerhalb des Landgerichts vorstellen? Wo kommen Sie auf andere Gedanken? Dr. Krönert: Beim Segeln mit meiner Jolle und vor allem beim Fechten komme ich auf andere Gedanken. Ein Leben außerhalb des Landgerichts gibt es ansonsten auch noch. Das Interview führte Andreas Gerber Seite 11 Bereitschaftsdienst: Die Spezialistenlösung Eine Win-Win-Situation für alle Bereitschaftsdienst macht niemand gern, Diese Kollegen wären folglich mit 0,5 weder Land- noch Amtsrichter, oder vielPensen für den Bereitschaftsdienst freileicht doch? Es müsste doch möglich zustellen. Natürlich kann man den Besein, durch ein attraktives Angebot Kolreitschaftsdienst auch auf mehr Köpfe leginnen und Kollegen zu finden, verteilen, zu viele sollte es aber die bereit sind, den Bereitschaftsnicht sein, denn die Freistellung dienst hauptamtlich zu übernehmuss attraktiv bleiben. men. Sie meinen: Purer Unsinn? Nun jedenfalls hat die landgeSeine Erwirtschaftung richtsbezirksinterne Arbeitsgruppe Die benötigten Pensen von 4,0 laszum Bereitschaftsdienst in Itzehoe sen sich wie folgt erwirtschaften: 1 eine entsprechende Suchumfrage Pensum kommt im Bezirk schon unter den Richterinnen und Richaus dem Zuschlag, den die vier tern gestartet. Dem liegen folgen- Dominik Mardorf Amtsgerichte bisher für die Rufbede Überlegungen zugrunde: reitschaft erhalten (Pebb§y-Geschäft RA 402). Zudem werden im BeDer Bedarf reitschaftsdienst selbst durch die dort Die landesweite Arbeitsgruppe hat für anfallenden Aufgaben weitere Pensen erden Itzehoer Bezirk zwei Bereitschaftswirtschaftet. Aufgrund der für den Itzedienstpools vorgeschlagen: hoer Bezirk im zweiten Quartal erhobenen Zahlen kann hochgerechnet davon • einen Nordpool mit den AG Melausgehen, dass noch einmal 0,5 Pensen zusammen kommen werden. Bleiben dorf, Itzehoe und Richtern des noch 2,5 Pensen, die von denen erbracht Landgerichts, werden müssen, die vom Bereitschafts• einen Südpool mit den AG Pinnedienst befreit werden, also alle Amtsberg, Elmshorn und den Richtern und Landrichter sowie alle Proberichter, des Landgerichts. die das erste Jahr beendet haben, mit Ausnahme der Kolleginnen und Kollegen Die Belastungen mit den anfallenden Gedie Bereitschaftsdienst leisten. Im Itzeschäften ist in beiden Einheiten etwa so hoer Bezirk ist daher von ca. 70 Persogroß, dass jeweils nur ein Richter zeitnen auszugehen (natürlich kann man gleich Dienst schieben muss. Wenn man darüber streiten, ob nicht noch die ein dessen „Dienstzeiten“ (also von 4 bzw. 6 oder andere Gruppe ebenfalls von der Uhr morgens bis 8:00 Uhr und 16:30 Umverteilung ausgeschlossen werden Uhr bis 21:00 Uhr abends unter der Womüsste. Hilfsweise wird daher mit einer che und 4 bzw. 6 Uhr morgens bis 21:00 Personenzahl von 60 gerechnet, um zu Uhr abends am Wochenende) als Arzeigen, dass sich dies für den Einzelnen beitszeit rechnet, braucht man pro Pool kaum auswirkt). Verteilt man nun die 2,5 2,0 Pensen, also im Bezirk 4,0 Pensen. Pensen auf 70 Kolleginnen und Kollegen entsteht eine Mehrbelastung bei dem Der Bereitschaftsdienst einzelnen von 0,036 Pensum (0,041 PenSinnvoll ist es, dass mindestens vier sum). Dies dürfte für den einzelnen Richterinnen und Richter sich den Bereitkaum fühlbar sein. schaftsdienst für einen Kreis teilen, so dass jeweils einer BereitschaftsdienstwoDie WIN-WIN-Situation che drei Freiwochen folgen. So lassen liegt für alle, die keinen Bereitschaftssich Urlaub, plötzliche Krankheit und andienst leisten wollen, darin, dass sie für dere Unwägbarkeiten gut auffangen. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 12 ca. 4 % mehr Arbeit von diesem befreit werden. Für die Kollegen, die Bereitschaftsdienst leisten, liegt sie in der erheblichen Freistellung von 0,5 Pensum. Dass dies nicht uninteressant ist, lässt sich gerade bei einer Teilzeitkraft von 0,5 AKA zeigen. Diese hätte nämlich neben dem Bereitschaftsdienst kein eigenes Dezernat mehr! Sie würde also eigentlich nur alle vier Wochen eine Woche Bereitschaftsdienst leisten, oder anders gesehen für ein Viertel Jahr Bereitschaftsdienst das ganze Jahr bezahlt werden. Das könnte doch etwas sein…… Keine Frage, der Bereitschaftsdienst kann sehr anstrengend sein, aber in den seltensten Fällen muss man Hals über Kopf losstürmen. Zudem zeigen die Zahlen, das gerade mal in 1/8 der Bereitschaftsdienstzeit wirklich Entscheidungen zu treffen sind. Diese dürften aufgrund der Spezialisierung und mit zunehmender Erfahrung immer leichter zu treffen sein, so dass der Dienst seinen Schrekken verlieren dürfte. Ob er sich mit der persönlichen Situation vereinbaren läßt, muss jeder unter der Berücksichtigung seiner Lebenssituation selbst beurteilen. Aber um den Ganzen noch etwas den Schrecken zu nehmen, gerade morgens dürfte z.B. immer Zeit sein, sein(e) Kind(er) gegen 7:30 Uhr in die Kita oder zur Schule zu bringen und die anfallende Anhörung dann um 8 Uhr durchzuführen. Also ist das ganze doch für den Bereitschaftsdienstleistenden gar kein so schlechtes Angebot? Vielleicht sollten Sie mal nach denken, ob es nicht für Sie etwas wäre? Ich werde es auf jeden Fall tun…. Dominik Mardorf Anzeige Günstige Konditionen mit Beratung vor Ort - geht das? Ist eine Baufinanzierung ohne individuelle Beratung über das Internet wirklich günstig? Eine Baufinanzierung ist ein komplexes und oft beratungsintensives Thema. Ein Eigenheim kauft man schließlich nicht alle Tage und den Überblick über Sonderregelungen, gesetzliche Änderungen oder veränderte Rahmenbedingungen haben nur Profis. Ein Berater kann mit seinem Wissen oft helfen, die richtige Entscheidung zu treffen und das beste Finanzierungskonzept auszuarbeiten. Doch was nützt eine gute Beratung, wenn die Konditionen nicht stimmen? Bei der Freien Hypo bekommen Sie beides: Eine professionelle Beratung vom Spezialisten und trotzdem günstige Konditionen. Die Freie Hypo als unabhängiger Baufinanzierungsspezialist hat ein bundesweites Netz von Regionalbüros und steht Ihnen kompetent mit Rat vor Ort persönlich zur Seite. Sie ist Teil einer großen Einkaufsgemeinschaft und kann so Ihren Kunden Baufinanzierungen zu außergewöhnlich günstigen Konditionen anbieten. Alle Informationen zu Ihrer Baufinanzierung sowie eine unabhängige Beratung und Top-Konditionen bekommen Sie in Ihrem Regionalbüro der Freien Hypo vor Ort. Freie Hypo Regionalbüro Kiel Ihre Ansprechpartner: TESTSIEGER im Baugeldvergleich Bauen oder kaufen Sie jetzt Ihr Traumhaus - mit Niedrigzinsen! Vereinbaren Sie noch heute ein persönliches Gespräch! Lorentzendamm 45 24103 Kiel Tel.: 0431 / 38 58 577 Fax: 0431 / 38 58 579 mail: [email protected] internet: www.freie-hypo.de Nico Wehrberger Thorsten Ahrens www.freie-hypo.de SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 13 Rockerkrieg im Norden Ein Erfahrungsbericht aus dem Amtsgericht Neumünster Seit längerem beschäftigt uns die Disler Landeskriminalamts registrierten in kussion über den richterlichen Bereitden vergangenen Monaten massive schaftsdienst. Kaum eine Kaffeerunde Übergriffe, Bedrohungen und Provokatiovergeht, ohne dass über das Für und Winen zwischen den verfeindeten Lagern. der diskutiert wird. Mal geht es um Neben der sogenannten sog. Rokden Richtervorbehalt bei der Ankerehre geht es um handfeste ordnung einer Blutprobe. Ein andewirtschaftliche Interessen. Den res Mal wird über den teilweise geHells-Angels werden unter andeforderten 24-Stunden Bereitrem ein Bordell in Kiel, die dortige schaftsdienst diskutiert. Nicht zu Kneipe "Sansibar" und ein Tätoschweigen von der Diskussion darwierstudio in Neumünster zugeüber, ob die Landrichter/innen am rechnet. Daneben sind beide Bereitschaftsdienst teilnehmen sol- Aykut Tuncel Gruppen in der Türsteherszene aklen. tiv. Es geht auch um die VormachtZeitgleich zu der Diskussion entstand in stellung beim Drogenhandel. Neumünster wegen des sog.enannten Rockerkrieges an drei Wochenenden die Besondere Brisanz gewinnt die ohneNotwendigkeit, einen erweiterten Bereithin instabile Situation dadurch, dass sich schaftsdienst anzubieten. Erweitert bedie Schleswig-Holsteiner Führungsfiguzieht sich hierbei zum einen auf die Zeitren beider Lager bereits seit Jahren kenspanne und zum anderen auf die Personen und regelrecht verabscheuen. nalstärke. So lieferte sich bereits 2007 der HellsZum besseren Verständnis wird einleiAngel Dennis K. mit einem mittlerweile tend der Hintergrund des Rockerkrieges angehenden Bandido und früheren Neobeleuchtet, bevor der Erfahrungsbericht nazi und dessen Bruder vor einer Kieler folgt Diskothek eine wüste Prügelei - an deren Ende Dennis K. niedergestochen wurde, Hintergrund: nachdem er einem Kontrahenten mit einem Schlag den Kiefer gebrochen hatte. Schleswig-Holstein war sogenanntes Wer zugestochen hatte, konnte nie gesog. Hells-Angels Land. Sie dominierklärt werden. ten durch die drei Niederlassungen in Kiel, Flensburg und Alveslohe und weite2008 gerieten Dennis K. und der Neonazi re Unterstützergruppen die Szene. Nachund ehemalige NPD-Landesvorsitzende dem die Bandidos im Mai 2009 einen Peter B., inzwischen ein Bandido, vor Brückenkopf in Neumünster und seit dem Amtsgericht Kiel aneinander. Dennis kurzem auch in Kiel gebildet hatten, K. erlitt dabei wiederum schwere Stichrückte Schleswig–Holstein und vor allem verletzungen. Peter B. wurde in einem Neumünster in den Blickpunkt des Gespäteren Verfahren vor dem Landgericht schehens. Kiel freigesprochen, da nicht auszuDie verfeindeten Gruppen liefern sich schließen war, dass er in Notwehr gehanbundesweit heftige Kämpfe, in denen in delt hatte. Schleswig-Holstein auch bekannte Neonazis mitmischen. Die von der Polizei beIm Januar 2009 schossen zwei unbefürchtete Eskalation der Gewalt hat bekannt gebliebene Personen auf dem gonnen. Parkplatz eines Schwimmbades in KalDie Ermittler der eigens gegründeten tenkirchen einen Teilnehmer der AuseinSonderkommission "Rocker" des KieSCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 14 andersetzung vor der Kieler Diskothek im Jahre 2007 an. Das Opfer soll dort mit einer jungen Frau aus dem Umfeld der Kieler "Sansibar" verabredet gewesen sein. Vermutet wird, dass sie ein Lockvogel der Hells-Angels war. Sie ist vor kurzem - unter hohem Sicherheitsaufgebot - vom Amtsgericht Neumünster wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt worden. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Im Frühjahr 2009 traf nun das persönliche Interesse der Männer um Peter B, sich vor den Hells-Angels zu schützen, auf das strategische Interesse der Bandidos, einen Brückenkopf im Norden zu errichten. Kurz darauf jedenfalls formierten sich im Mai 2009 die Neumünsteraner Bandidos. Der Druck auf die Rechtsausleger muss hierbei so groß gewesen sein, dass sie sich ausgerechnet den Motorradclub aussuchten, der vor allem in den neuen Bundesländern und in Berlin Hunderte Migranten zu seinen Mitgliedern und Unterstützern zählt. Bei der Durchsuchung einer Flensburger Kfz-Werkstatt stellte die Polizei Maschinenpistolen, Pumpguns, Schrotflinten, Revolver, Munition und sprengstoffähnliche Substanzen sicher. Zu den Kunden der Werkstatt zählen unter anderem Mitglieder der Hells-Angels. Ein Bezug zum Rockerkrieg liegt nach Ansicht des Landeskriminalamtes vor. Der Präsident der Flensburger Hells-Angels wurde wegen des dringenden Verdachts des versuchten Totschlags verhaftet. Er soll im September 2009 mit seinem Auto ein Mitglied der Bandidos absichtlich auf der Autobahn gerammt haben. Das Opfer, welches mit weiteren Mitgliedern der Neumünsteraner Bandidos auf dem Rückweg aus Dänemark war, erlitt dabei lebensgefährliche Verletzungen. Im unmittelbaren Anschluss hieran verletzten anwesende Bandidos zwei Insassen des vermutlichen Begleitfahrzeugs zum Teil schwer. Im Januar 2010 überfielen bis zu elf Mitglieder der Bandidos in Neumünster drei Angehörige eines Unterstützerclubs der Hells-Angels und verletzten diese bei der Messerattacke zum Teil lebensgefährlich und nahmen den Opfern die Kutten weg. Ein Opfer musste notoperiert werden. Zwei führende Bandidos und ein Unterstützer sind vor wenigen Wochen wegen des Überfalls verhaftet worden und befinden sich in Untersuchungshaft. Bei einem der Bandidos musste die Polizei die Wohnungstür aufsprengen, da der Bandido diese mit mehreren Riegeln so gesichert hatte, dass der Einsatz einer Ramme nicht erfolgversprechend war. In der Flensburger Innenstadt griffen im Februar 2010 acht Bandidos, unter ihnen das Opfer vom September, mit Äxten und Eisenstangen einen Hells-Angel an, Herausgeber: Schleswig-Holsteinischer Richterverband Postanschrift: Landgericht Kiel, Schützenwall, 24114 Kiel www.richterverband-sh.de info impressum Verantwortlich für den Inhalt dieser Ausgabe und Redaktionsanschrift: Dominik Mardorf, c/o Amtsgericht Itzehoe, Bergstr. 5 - 7, 25524 Itzehoe Tel.: 04821 / 66-2309 e-mail:[email protected] Beiträge mit dem Namen des Verfassers geben dessen persönliche Meinung wieder und müssen nicht mit der Position des Verbandes übereinstimmen. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 15 der in seinem Auto saß und verletzten ihn mit Axthieben schwer. Die Angreifer, zwei von ihnen aus Berlin, wurden in Neumünster festgenommen. Die Polizei beschlagnahmte verschiedene Hieb- und Stichwaffen. Bei der Durchsuchung des Vereinsheims der Hells-Angels in Flensburg wurden ebenfalls Waffen sichergestellt. Die Angreifer sind wegen fehlender Haftgründe freigelassen worden. In Kiel schossen Unbekannte auf das Haus des Präsidenten der Hells-Angels. Auf das Haus des Präsidenten der Neumünsteraner Unterstützer der Hells-Angels wurde ebenfalls geschossen. Vor kurzem wurden zwei Jugendliche vor einem Kieler Fitness-Center niedergestochen. Im Laufe der Ermittlungen verhaftete die Polizei zwei Hells-Angels, welche sich in Untersuchungshaft befinden. In Neumünster kommt es immer wieder zu übergriffen von Bandidos gegen HellsAngels und umgekehrt. Bei Kontrollen findet die Polizei bei den einzelnen Mitgliedern beider Gruppen regelmäßig verbotene, gefährliche Gegenstände. Teilweise bewaffnen sich die Rocker innerhalb von Stunden neu. Der Rockerkrieg hat jetzt sogar den Innenminister Klaus Schlie auf den Plan gerufen. Er hat 14 Verwaltungsleiter aus Schleswig-Holstein, in deren Gemeinden Aktivitäten der Rockergruppen stattfinden, zum Gespräch nach Kiel eingeladen, wo das zukünftige Vorgehen besprochen wurde. Ende April erging gegen die Bandidos Neumünster und die Hells-Angels Flensburg eine Verbotsverfügung. Der Rockerkrieg im Norden hat inzwischen Auswirkungen auf die Rockerszene in ganz Deutschland. Mit massiven Kontrollen ist die Polizei auch in zahlreichen Städten des Ruhrgebiets gegen die Rockergruppen Bandidos und Hells-AnSCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND gels vorgegangen. Bei den Kontrollen, etwa im Duisburger Rotlichtmilieu, wurden Baseballschläger, Schlagstöcke, Reizstoff-Sprühgeräte und ein Beil sichergestellt. Eine neue Dynamik erhält die bundesweite Auseinandersetzung dadurch, dass in Berlin insgesamt 76 Mitglieder und Unterstützer des Berliner Bandido Chapters "Centro" zu den Hells-Angels überlaufen wollen - ein bislang einmaliger Vorgang. Dass der Berliner Hells-AngelsAnführer erst kürzlich wohl von Mitgliedern der Bandidos niedergestochen worden ist, stört hierbei keinen der Rocker. Die persönlichen Interessen müssen hinter denen der Gruppe zurückstehen. Ob angesichts der Verhaftungen, der Verbotsverfügungen und eines zwischen den beiden Gruppen vereinbarten Waffenstillstandabkommens sich die Lage dauerhaft entspannt, bleibt abzuwarten. Folgen für den Bereitschaftsdienst in Neumünster: Neumünster ist - wie dargestellt - durch die Niederlassung der Bandidos in den Mittelpunkt des Rockerkrieges geraten. Aus diesem Grund sehen sich die HellsAngels genötigt, immer wieder „Flagge“ in Neumünster zeigen zu müssen. Da beide Seiten auf das Tragen ihrer Kutten nicht verzichten, führt dieses beim aufeinandertreffen der Gruppen immer wieder zu Zusammenstößen. Die jeweils ortsansässige Gruppe, muss hierauf nach eigenem Verständnis reagieren, um gegenüber den übrigen Bandidos bzw. Hells-Angels im Land nicht das Gesicht zu verlieren. So kamen am 1. Mai 2009 100 Hells-Angels in einem Motorrad-Corso nach Neumünster, um auf die Gründung der Bandidos zu reagieren und deutlich zu machen, dass die Hells-Angels den Anspruch auf Neumünster nicht aufgeben. Einen weiteren Besuch statteten die Hells-Angels Neumünster am 5. Dezember 2009 in Gruppenstärke von 110 Seite 16 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 17 Mann zur Kampfsportveranstaltung „Time to fight“ ab. Beide Gruppen hatten ihr Erscheinen angekündigt, wobei sich die Hells-Angels durch freundliches Nachfragen beim Veranstalter die besten Plätze gesichert hatten. Neben den ortsansässigen Bandidos hatten sich weitere 180 Bandidos aus Berlin und den neuen Bundesländern angekündigt, um die zahlenmäßig unterlegenen Neumünsteraner Bandidos schlagkräftig zu unterstützen. men mit den damit verbundenen erforderlichen Anhörungen, war allen Richtern des Amtsgerichts klar, dass der für dieses Wochenende einteilte Kollege (im Folgenden: Bereitschaftsrichter) allein diese Mammutaufgabe nicht würde stemmen können. Der Bereitschaftsrichter wurde von allen anderen Aufgaben des Bereitschaftsdienstes für dieses Wochenende entbunden. Diese Aufgabe übernahm eine Kollegin. Daneben erklärten sich fünf weitere Kollegen/innen, inklusive des Direktors, bereit, auf Abruf Aufgrund der Vorerkenntnisse sprach als Vertreter des Bereitschaftsrichters die Polizei das Amtsgericht Neumünster zur Verfügung zu stehen. Dabei wurde frühzeitig an. Es wurden mehrere Teleeine Reihenfolge festgelegt, in der die fongespräche und auch ein Treffen im Kollegen hinzugerufen werden sollten. Amtsgericht durchgeführt. In diesen GeEs wurde im Vorfeld besprochen, wo die sprächen teilte die Polizei dem AmtsgeAnhörungen durchgeführt werden sollricht ihre Einschätzungen mit, insbesonten. Man kam dere, dass mit an Rollbares Klappbett für den überein, dass die die Hundert Geersten Störer von wahrsamsnahmen nächtlichen Bereitschaftsdienst der Polizei direkt in gerechnet werde, die JVA Neumünum ein gewaltsames aus einer Hausmittel der Hamburger Justiz: ster, welche direkt Aufeinandertreffen neben dem Amtsder beiden Gruppen Liebe Kolleginnen und Kollegen, gericht liegt, verzu verhindern. Wegen dieses zu ernachdem einige Kolleginnen und Kollegen bracht werden sollwartenden Bedarfs sich in den letzten Wochen entschieden ha- ten. Die JVA hielt sicherte das Amtsben, den nächtlichen Bereitschaftsdienst bis zu zehn Zellen gericht der Polizei von ihren Dienstzimmern aus zu absolvie- vor. Aus Effizienzsollten zu, sämtliche Störer, ren, wurde vom Landgericht jetzt ein roll- gründen diese Anhörungen für die bis 0:00 Uhr bares Klappbett angeschafft. in den Räumen der ein Antrag auf Ingedurchgeführt wahrsamnahme geEs befindet sich in Raum 335 des Strafjus- JVA stellt würde, anzutizgebäudes und kann von dort in die je- werden, um unnöhören und zu entweiligen Dienstzimmer gerollt werden. Das tige Transporte zu scheiden. MaßgebBett ist lediglich mit einer Matratze ausge- vermeiden. Weitere lich hierfür war, dass stattet, weitere Auflagen, Bezüge etc. Zellen standen bei dem 1. Polizeiredie Veranstaltung müssen selber mitgebracht werden. vier Neumünster bis 22:00 Uhr gezur Verfügung. Die plant war, und darestlichen Anhövon ausgegangen rungen sollten daher in den Räumen werden konnte, dass alle maßgeblichen des Polizeireviers durchgeführt werden. Maßnahmen bis dahin durchgeführt würEbenfalls sollten Gefangenentransporter den. Es sind in diesem Zusammenhang eingesetzt werden. Hilfsweise standen auch vorläufige Maßnahmen besprochen Zellen der Verkehrspolizeidirektion zur worden, die jedoch von der Polizei nicht Verfügung. abgefordert wurden. Angesichts der ungewöhnlich hohen Anzahl der erwarteten IngewahrsamnahSCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Am Tag der Veranstaltung sicherten mehrere Hundertschaften der LandespoSeite 18 lizei die Kampfsportveranstaltung "Time to Fight V" in Neumünster ab. Neumünster wurde quasi abgeriegelt. Zwischen 15 und 18 Uhr leitete die Polizei alle Autos auf der A 21 in Richtung Norden über den Parkplatz Schackendorf. 31 Personen aus dem Umfeld der Bandidos konnte die Polizei bereits vor Betreten der Stadt kontrollieren und diverse Waffen sicherstellen. So kam es nun zwangsläufig dazu, dass die ersten acht Störer von der Polizei in die JVA verbracht wurden. Der zuständige Kollege begab sich in die JVA, um die Anhörungen durchzuführen und gegebenenfalls die Beschlüsse zu erlassen. In Neumünster überprüfte die Polizei im weiteren Verlauf des Tages rund 130 Personen aus dem Umfeld der Bandidos, die sich ebenfalls überwiegend aus Angehörigen befreundeter auswärtiger Vertretungen zusammensetzten. Diese Gruppe setzte sich als Kfz-Konvoi in Richtung der Kampfsportveranstaltung in Bewegung und konnte nur durch massive Präsenz der Polizei knapp 200 m vor dem Veranstaltungsgelände gestoppt werden. In der Zwischenzeit hielt der Direktor des Amtsgerichts telefonischen Kontakt SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND sowohl zum Bereitschaftsrichter als auch zur Einsatzführung der Polizei. Als diese mitteilte, dass weitere 13 Störer unter anderem wegen Verstößen gegen das Waffengesetz vorläufig in Gewahrsam genommen in einem Gefangenentransporter auf dem Weg zum Polizeipräsidium seien, löste die erste Vertreterin den Bereitschaftsrichter in der JVA mit dem Anhörungen ab. Als nun die Polizei gegen 22:00 Uhr mitteilte, dass in einer Gaststätte über 80 Bandidos festgehalten würden, rief der Direktor den Verfasser an. Zu diesem Zeitpunkt war davon auszugehen, dass eine Vielzahl dieser Personen ins Gewahrsam genommen werden müsse, da nach Informationen der Polizei sich diese Gruppe gemeinsam zum Veranstaltungsort begeben wollte, um die Hells-Angels abzufangen. Der Verfasser begab sich daraufhin in das Amtsgericht. Zusammen mit der ersten Vertreterin, welche die restlichen Anhörungen in der JVA beendet hatte, begaben sich der Direktor, die 1. Vertreterin und der Verfasser zum 1. Polizeirevier. Als eingesetzte Kontaktbeamte mitteilten, dass die Hells-Angels nach Ende der Veranstaltung Neumünster unter Polizei- Seite 19 aufsicht unverzüglich verlassen hatten, ohne wie befürchtet an der After-ShowParty teilzunehmen, entspannte sich die Situation. Die 80 Bandidos, welche sich noch in der Gaststätte befanden, konnten nach erkennungsdienstlicher Behandlung entlassen werden. Aus Sicht des Verfassers verhinderte nur das massive und konsequente Einschreiten der Polizei unter der persönlichen Leitung von Landespolizeidirektor Hamm ein Aufeinandertreffen der beiden Gruppen. Insgesamt wurden an diesem Tag 110 Personen vorübergehend in Gewahrsam genommen und verschiedene Hieb- und Stichwaffen sowie Reizgas sichergestellt. Noch in der Nacht kamen alle kontrollierten Personen wieder auf freien Fuß, wobei die auswärtigen Bandidos von Polizeikräften aus der Stadt teilweise bis weit nach Hamburg eskortiert wurden, um zu verhindern, dass das Vereinsheim der Hells-Angels in Neumünster angegriffen wird. Nachdem dieser Einsatz überstanden war, stand am darauffolgenden Wochenende (von Samstag Mittag bis Sonntag Abend) der Neumünsteraner MotorradWeihnachtsmarkt an, für den 8.500 Besucher erwartet wurden. Auch hier befürchtete die Polizei ein Aufeinandertreffen der rivalisierenden Gruppen, da die Hells-Angels im Hintergrund Mitveranstalter des Neumünsteraner MotorradWeihnachtsmarktes sind, so dass wiederum mit den Vorbereitungen seitens der Polizei aber auch am Amtsgericht begonnen wurde. Besonders kritisch erschien allen Beteiligten eine für den Sonnabend geplante große After-ShowParty mit geladenen Gästen. Auch für dieses Wochenende erklärten sich vier Kollegen bereit, den für das Wochenende eingeteilten Kollegen gegebenenfalls zu unterstützen, wobei eine Kollegin vorab die restlichen Aufgaben des Bereitschaftsrichters übernahm, damit dieser wiederum ausschließlich für die Veranstaltung zur Verfügung stand. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Letztendlich gelang es der Polizei in vielen Gesprächen im Rahmen von Gefährdungsansprachen beide Gruppen zu überzeugen, die After-Show-Party abzusagen und am gesamten Wochenende auf das Tragen der Kutten zu verzichten. Vorsorglich erging gegen einen Flensburger Hells-Angel eine Ordnungsverfügung, die es ihm verbot, das Stadtgebiet von Neumünster zu betreten. Auch wurde von Seiten der Bandidos signalisiert, dass bei dieser Sachlage keine auswärtigen Bandidos anreisen würden. So war es beiden Seiten, d.h. den Bandidos und den übrigen Hells-Angels möglich, am Motorrad-Weihnachtsmarkt teilzunehmen, ohne dass Gewalttätigkeiten befürchtet werden mussten. Dass beide Seiten sich beugten, ist wohl einzig dem entschlossenen Einschreiten am vorherigen Wochenende zu verdanken. Beiden Gruppen war klar, dass die Polizei ansonsten mit gleicher Konsequenz vorgehen würde. Dies war insbesondere nicht im (wirtschaftlichen) Interesse der Hells-Angels, die eine Störung des Ablaufs des Motorrad-Weihnachtsmarktes verhindern wollten. Das Wochenende verlief relativ ruhig. Es wurden Verstöße gegen das Waffengesetz festgestellt und 13 Platzverweise erteilt. Der nächste Einsatz stand am 06.03.2010 an. An diesem Tag veranstalteten die Unterstützer der Hells-Angels eine Party mit ca. 600 Gästen in ihrem Clubheim in Neumünster. Da zu vermuten war, dass die Bandidos die Veranstaltung der „Feinde“ auf „ihrem“ Gebiet nicht tatenlos hinnehmen würden, sicherte die Polizei die Veranstaltung mit einem Großeinsatz ab. 400 Beamte wurden eingesetzt und riegelten das Clubheim ab und überwachten die Zufahrtsstraßen und das Vereinsheim der Bandidos. Das Clubheim wurde bereits vor der Feier durchsucht. Auch für dieses Wochenende erklärten sich mehrere Kollegen bereit, den für das Wochenende eingeteilten Kollegen Seite 20 gegebenenfalls zu unterstützen. Insgesamt wurden fünf Anzeigen wegen Verstößen gegen das Waffengesetz geschrieben und verschiedene Waffen sichergestellt. Gegen vier Gäste wurde ein Platzverweis ausgesprochen. Sechs Störer wurden nach Anhörung durch den Bereitschaftsrichter in Gewahrsam genommen. Da kein Bandido erschien, verlief die Veranstaltung im Wesentlichen ohne Zwischenfälle. selbst der Belastung des Bereitschaftsdienstes ausgesetzt zu sein, mahnend den Zeigefinger erheben, bleibt festzuhalten, dass bei Bedarf die zuständigen Richter sich ihrer Verantwortung bewusst sind und wenn irgend möglich ein rechtsstaatliches Verfahren gewährleisten. Besonders bemerkenswert fand der Verfasser, dass sich für alle drei Wochenenden sofort mehrere Kollegen freiwillig bereit erklärten, den jeweiligen Bereitschaftsrichter zu unterstützen. Resümee: Unabhängig von Diskussionen über die grundsätzliche Gestaltung des Bereitschaftsdienstes und neuerer Entscheidungen der Obergerichte, die, ohne Der Rechtsstaat ist somit –zumindest in Neumünster- nicht in Gefahr. Aykut Tuncel forumSTAR Bayerische Impressionen MEGA – welcher Mitarbeiter der schleswig-holsteinischen Justiz verbindet diese vier Buchstaben nicht in der einen oder anderen Weise mit Freud und Leid des Arbeitsalltages? Vor diesem Hintergrund wurde 2009 eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich aus Sicht der Nutzer mit unterschiedlichen Alternativen der Modernisierung der Justizsoftware beschäftigen soll, also entweder einer grundlegenden Erneuerung von MEGA oder die Einführung einer anderen Software. Beteiligt sind Mitarbeiter aus Serviceeinheiten, Systemadministratoren, Rechtspfleger und Richter. Auch wenn MEGA bei seiner Einführung Strukturen und Arbeitswege in der Justiz in revolutinärer Weise modernisiert hat, ist für jedermann unübersehbar dass das Programm in die Tage gekommen ist. Schon der Vergleich der BeNun ist der Markt für Justizdienelemente und des Aufsoftwaresysteme naturgebaus des Programms weit mäß ein sehr kleiner, weshinter dem zurückbleibt, halb nur solche Programme was man am heimischen PC in Betracht kamen, die von vorfindet. Dazu kommen der Justiz in anderen Bunviel schwerwiegendere techdesländern verwandt wernische Probleme die dem den. auf veralteten Standards basierenden MEGA für notforumSTAR heisst eine dieAmtsgericht Ingolstadt wendige Veränderungen ser Softwarelösungen – wobei klar ist, dass die Entwickler einen enge Grenzen setzen, wie dies etwa die Preis für Aussagekraft oder Originalität Einführung des FamFG zeigte. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 21 der Namensgebung nicht bekommen werden, was ein gleichnamiges Snowboard und ein Kombinationsfungizid zeigen. Entwickelt wurde es von Siemens für den Freistaat Bayern. Es wird mittlerweile von den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Rheinland-Pfalz eingesetzt, während Berlin, Brandenburg, Thüringen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern die Einführung ins Auge gefasst haben. Da man eine komplexe Anwendung wie eine Justizsoftware nicht einfach herunterladen und installieren kann, um sie zu testen, fuhr eine kleine Gruppe nach Ingolstadt, um sich forumSTAR im Praxisbetrieb anzusehen. Ingolstadt ist eines der Gerichte in Bayern, in dem die Einführung des Programms am weitesten fortgeschritten ist. Man muss dazu wissen, dass mit der Einführung von forumSTAR in Bayern vor wenigen Jahren es dort zu ersten Mal überhaupt eine einheitliche, PC-basierte Fachanwendung gab. Zum Programm selbst ist zu sagen, dass es sich, wie im Prinzip MEGA auch, in zwei Elemente gliedert. Das eine ist forumSTAR, die Fachanwendung, in der Verfahren, Termine, Aktenstandorte, Abteilungen und Personendaten bearbeitet und verwaltet werden, eine Aufgabe, die bei uns das eigentliche MEGA übernimmt, der andere Teil ist forumSTARText, mit dem mehr oder weniger vorformulierte Texte bearbeitet werden können. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu unserer MEGA-SAT, die hierfür die Daten an MS WORD übergibt. ForumSTAR-Text ist hingegen eine extra für forumSTAR entwickeltes Textsystem. Nach einer Begrüßung und Einführung durch den Direktor des Amtsgericht Ingolstadt hatten wir dann Gelegenheit, in den verschiedenen Abteilungen des Gerichts mit Anwendern an ihren Arbeitsplätzen über die Software zu sprechen und sie im Betrieb in Augenschein zu nehmen. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Natürlich kann man an einem einzigen Tag nur Impressionen über eine komplexe Fachanwendung sammeln, von denen ich hier einige wiedergeben möchte. Der allgemeine Eindruck war, dass forumSTAR eine solide und praxisgerechte Software ist. Die Oberfläche ist Windows-typisch und weist die üblichen Bedienelemente auf. Soweit man uns über Schwierigkeiten bei der Einführung und einen hohen Schulungsbedarf bei den Anwendern berichtete, so schien uns dies eher auf die fehlende Erfahrung der Justiz mit PCs zurückzuführen, als auf Eigenarten des Programms. Für den geübten PC-Nutzer ist forumSTAR jedenfalls nichts außergewöhnliches. Was die Fachanwendung betrifft, so machte etwa das Terminsverwaltungssystem einen ansprechenden Eindruck. So werden doppelte Belegungen angezeigt, die nach einer entsprechenden Warnung aber auch zugelassen werden können, etwa für Sammeltermine. Das gleiche gilt, wenn der Anwender einen nicht auf ihn registrierter Saal oder Terminstag auswählt. Im Falle einer in sich Terminsverschiebung können die erforderlichen Umladungen automatisch erstellt werden, wenn in der Terminsverwaltung der Termin verschoben wird. Dies sind Features, die MEGA in seiner gegenwärtigen Form nicht bietet. Aus Sicht eines Sachbearbeiters (Richter und Rechtspfleger) steht natürlich die Qualität des Textsystems im Vordergrund. In Bayern wird hier ein landesweit zentral verwalteter Formularsatz verwandt, wobei die Software hier flexibel ist und auch die lokale Verwaltung, die wir aus MEGA kennen, zulässt. Unabhängig davon können vor Ort auch immer Varianten der zentralen Formulare erstellte werden. Nach Anwenderangaben sei der bayerische Formularsatz praxistauglich und vereinfache die Arbeit ungemein. Der zentrale Formularsatz werde überwiegend genutzt. Er basiert teilweise auf Seite 22 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 23 vorher Bayern weit existierenden Formularsätzen auf Papier. Neben der Möglichkeit, eigene Formularvarianten zu erstellen, können auch Autotext kreiert werden, was nicht komplizierter ist, als etwa in MS WORD. ger und Richter vorbereiten oder diese ihre Texte selbst erstellen. Ohnehin ähnelt das Textsystem einer abgespeckten Version von modernen Textbearbeitungsprogrammen wie MS WORD oder OpenOffice. Es hat lange nicht so viele Features wie diese, was aber für die tägliche Arbeit sicher kein Nachteil ist, da vieles, was uns in MS WORD an Optionen zur Verfügung steht, bei der Erstellung von Schreiben oder Entscheidungen kaum jemals benötigt wird. Eine große Arbeitserleichterung im Vergleich zu MEGA dürfte der Umstand sein, dass Änderungen in Folgeformularen automatisch nachvollzogen werden. Wenn also der Sachbearbeiter einen Beschluss in Verfügungsform erstellt, so erstellt die Software die mit Rubrum versehene Leseabschrift sowie Ausfertigungen automatisch und vom Anwender unbemerkt im Hintergrund und hält diese auch bei Veränderungen auf dem aktuellen Stand. Ausgedruckt können diese Dokumente dann über die Fachanwendung per Mausclick, ohne erneut das Textsystem aufzurufen. Positiv zu erwähnen ist, das das Textsystem keinen bestimmten Arbeitsablauf voraussetzt. Da die Software und die Formulare von allen Beteiligten gleichermaßen nutzbar sind, können Serviceeinheiten Verfügungen für den Rechtspfle- Die Formulare scheinen überwiegend intelligent konzipiert zu sein. So bietet das Textsystem etwa bei einem gerichtlichen Vergleichsvorschlag praxisgerechte Formulierungen an, lässt aber auch Freitext zu. Der vorgeschlagene Text kann Christian Blöcker SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 24 dann später mit geringem Aufwand in einen entsprechenden Beschluss übernommen werden. Bei Urteilen wird der Tenor vorformuliert, nachdem die entsprechenden Daten eingegeben worden sind. Für einfache und typische Entscheidungen erscheint dies vollkommen ausreichend. Es sind nicht in allen Formularen alle erdenklichen Automatisierungsmöglichkeiten ausgeschöpft. So wird etwa in einem Tenor, der Rechtshängigkeitszinsen enthält, nicht hinsichtlich des Zeitpunkts der Rechtshängigkeit auf die Datenbank zu gegriffen. Soweit in Ladungen das persönliche Erscheinen angeordnet werden soll, wird nicht automatisch erkannt, ob es sich um juristische in Personen handelt, bei denen ein Organ oder ein Ver- treter zu laden ist. Mein Fazit ist, dass forumSTAR sicher die hiesige Justiz nicht revolutionieren würde, aber ein vernünftiges und brauchbares Arbeitsmittel darstellen würde. Letztlich ist es aber aus Sicht des sachbearbeitenden Anwenders die Qualität der Formulare, mit der eine Justizsoftware im Arbeitsalltag steht und fällt. Hier die Qualität des von uns in Bayern gesehenen zumindest zu erreichen, wäre erforderlich, um die Einführung einer solchen Fachanwendung zu einer Erleichterung des täglichen Arbeit zu machen. Martin Krauel Test eines Spracherkennungssystems Ein Erfahrungsbericht Seit Herbst 2008 nimmt das Amtsgericht Schleswig am Test einer Spracherkennung-Software teilt. Nach einer Einführungsveranstaltung für beide Gerichte wurde im Oktober 2008 zunächst für fünf Wochen der Zeitaufwand für das Diktieren nach herkömmlicher Art erfasst, damit nach Abschluss des Tests eine vernünftige Auswertung möglich ist. Alle Testteilnehmer erhielten dann neue leistungsstärkere Rechner; Das Projekt wird für das Ministerium betreut durch Herrn Kolz als Projektleiter und sieht vor, dass an zwei Standorten für zunächst sechs Monate zwei unterschiedliche servergestützte Erkennungssoftware- Systeme Das Schulungskonzept der Firma getestet werden. Das AmtsgeReese sah ein Vorgehen in drei richt Eckernförde testet das SySchritten vor: stem 4voice, in Schleswig wird das System DictaPlus getestet, Zunächst für ca. 14 Tage das herdas von der Firma AnNoText kömmliche digitale Diktieren, daentwickelt und von der Firma mit sich alle an die neue OberfläReese vorgestellt und auch geche und die neue Funktionalität schult wurde. Das Projekt ist des Diktiergeräts gewöhnen mittlerweile verlängert worden Christian Blöcker konnten. und soll bis Mitte des Jahres abgeschlossen sein. Im zweiten Schritt erfolgte die Erstellung von sogenannten Batch- Diktaten. Bei Am Projekt haben ursprünglich fünf dieser sog. „Offline Spracherkennung“ nach Abordnung eines Kollegen - noch wird zunächst ein Diktat als Sprachdatei vier Richter und fünf Servicekräfte teilaufgenommen und erst anschließend genommen. Projektleiterin hier im Hause über die Spracherkennungsmaschine im ist die Kollegin Rutz. Server in Text umgewandelt. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 25 Erst in der dritten Phase ab Januar 2009 erfolgte die so genannte "Online Spracherkennung". Dabei sieht jeder Autor selbst auf seinem Bildschirm die Umwandlung seiner Sprache in Text und kann den erstellten Text selbst abschließend bearbeiten. Die Erkennungsgenauigkeit des Systems basiert auf drei Umständen: Einmal verfügt die Erkennungssoftware über einen sehr großen Sprachwortschatz. Um die Eigenheiten des Sprechers auszugleichen, wird für jeden Autor ein eigenes Sprachprofil angelegt, in dem nicht erkannte Worte bzw. Wortkombinationen gespeichert und für zukünftige Umwandlungen ausgewertet werden können. Schließlich findet wöchentlich eine so genannte Kontextadaption statt, bei der mehr als zweimal korrigierte Worte in den allgemeinen Wortschatz übernommen werden. Besonders in der Anfangszeit der BatchDiktate war der zusätzliche Zeitaufwand für die Korrekturen erheblich. Diesen Zeitaufwand haben fast ausschließlich die Servicekräfte geleistet. Jedes Diktat musste mitgehört werden, dabei korrigiert werden, wobei nur das erkennbar falsch Verstandene zu korrigieren ist, damit das System auch lernt. Erst in einem zweiten Korrekturschritt kann das Diktat endbearbeitet werden, d.h. dort erfolgt dann die Korrektur von Fehlern, die nicht im Falschverstehen des Systems ihre Ursache haben. In der dritten Phase, in der die Autoren selbst ihren Text online erstellen konnten, war die Erkennungsgenauigkeit schon relativ hoch. Das System hatte schon viel gelernt. Jetzt konnten auch SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND die Diktanten die Korrekturen selbst vornehmen. Dennoch hat sich gezeigt, dass die vollmundige Erklärung der Fa.Reese, das System passe sich dem Diktanten an, nicht durchgängig zutrifft. Der Diktant muss doch immer wieder die Vorgaben des Systems berücksichtigen und sich beim Diktieren disziplinieren. Der lebhafte Autor, der während des Diktats vielleicht noch im Zimmer umher geht, weil er sich auf diese Weise besser konzentrieren kann, hat eine deutlich schlechtere Spracherkennung als derjenige, der ruhig am Schreibtisch sitzt, das Mikrofon immer in gleichem Abstand hält und möglichst mit gleich bleibender Lautstärke diktiert. Hier kann ein Head-Set manche Ungenauigkeiten ausgleichen, aber nicht alle. Auch die beschriebene Korrektur in zwei Arbeitsschritten und die Zeit, die benötigt wird, um das Diktiergerät anzuschließen und so einzustellen, dass ein Online-Diktat beginnen kann, hat manchen ungeduldigen Testteilnehmer dazu veranlasst, kurze Texte selbst zu schreiben. Wegen der Nebengeräusche eignet sich das System nach unseren Erfahrungen auch zur Verwendung im Termin eher weniger. Für disziplinierte Vieldiktierer ohne die Qualifikationen einer Top - Schreibkraft ist das Diktieren mit Spracherkennung Software von Vorteil, für manche sogar ein Vergnügen. Auch lange Texte können mit angemessenem Zeitaufwand selbst erstellt und Akten in einem Arbeitsgang erledigt werden. Ob es sich für die Justiz lohnt, flächendeckend ein solches System einzuführen, wie es z.B. in Hessen bereits geschehen ist, wird die abschließende Evaluation durch das Ministerium ergeben. Christian Blöcker Seite 27 Richterassistenz Lohnt es sich, die Aufgabenverteilung in den Gerichten zu überdenken? Helmut Schmidt soll einmal gesagt haben: „Wer Visionen hat, muss zum Augenarzt gehen“. An dieses Bonmot mussten viele denken, als der Amtschef des Baden-Württembergischen Justizministeriums seine Visionen zur Richterassistenz (und zum Assistenzrichter) vorgestellt hat. Gleichwohl stehen sehr ernsthafte und konkrete Überlegungen hinter diesem Projekt. und Sachsen haben dazu 2008 eine mit Praktikern besetzte Projektgruppe „Richterassistenz der Serviceeinheiten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit“ eingesetzt. Diese hat umfangreiche Überlegungen angestellt mit dem Ziel, den Gerichten möglichst keine Neuregelungen „von oben herab“ zu präsentierten, gesucht wurden Lösungen von Praktikern für Praktiker. Die Projektgruppe hat ihre Arbeit deswegen im Frühjahr 2009 mit In den Gerichten haben wir eine einer umfangreichen Online-Bemehr oder weniger festgelegte Dr. Oliver Mosthaf fragung bei den Gerichten der Aufgabenverteilung zwischen beteiligten Länder begonnen. Die Richtern, Rechtspflegern und den Mitarnun vorgelegte Auswertung bringt auf beitern der Geschäftsstellen. Zum Teil ist der Basis einer Beschreibung der Ist-Sidiese Aufgabenverteilung gesetzlich vortuation eine Soll-Analyse. Diese Analyse gegeben, zum Teil beruht sie auf regiozeigt (wertungsfrei) vielfältige Ansätze nal unterschiedlichen Traditionen, zum für Aufgabenübertragungen, die teilweiTeil auf technischen Entwicklungen. Diese bereits erfolgreich praktiziert werden, se Aufgabenverteilungen sind indes vielteilweise aber auch als neu und fremd fach nicht zwingend und es ist unter orerscheinen. Der gesamte Bericht kann ganisatorischen sowie fiskalischen Geim DRB-Forum unter landes- und versichtspunkten sicher lohnend, jene von bandsspezifische Themen / RichterassiZeit zu Zeit kritisch zu überprüfen. Die stenz abgerufen werden, weswegen an Justiz leidet zumindest in einigen Bereidieser Stelle auf die Darstellung von Einchen unter einem chronischen Defizit in zelheiten weitgehend verzichtet werden der Personalausstattung der Richter. Im soll. Unterstützungsbereich ist das Bild eher heterogen, technische Fortschritte lassen Aufbauend auf die Feststellungen der zudem eine spürbare Entlastung dieses Projektgruppe können nun einzelne PilotBereichs erwarten. Die Haushaltssituatigerichte ausgewählt und dazu aufgeruon der Länder begründet keine Hoffnung fen werden, sich mit konstruktiven Ideen auf eine deutliche Steigerung der Finanzund Vorschlägen zu beteiligen sowie dieausstattung der Justiz, umgekehrt müsse praktisch zu erproben. Zunächst geht sen wir froh sein, wenn die Justiz von es dabei um die Zusammenarbeit von Einsparprogrammen weitgehend verRichtern und Geschäftsstellen, später schont bleibt. Umso mehr besteht Anlass können auch die Rechtspfleger einbezozu überlegen, wo es Defizite bei einer gen werden. Das Projekt funktioniert mit möglichst ressourcensparenden Aufgadem Leitgedanken, dass es keinerlei Vorbenverteilung gibt. gaben oder gar Denkverbote gibt, auch keine „dummen Ideen“, dass ÜberlegunDie Justizverwaltungen der Länder Bagen außerhalb der ausgetretenen Denkden-Württemberg, Nordrhein-Westfahlen pfade vielmehr die Diskussion befruchSCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 27 ten. Ziel des Projektes einer teilweise neuen Aufgabenverteilung ist es sicher nicht, unverbrauchte Wege oder Begründungen für einen weiteren Personalabbau in der Justiz zu finden. Es wird vielmehr darum gehen, das vorhandene Personal effektiver einzusetzen und damit insgesamt zu entlasten. In der Experimentierphase darf eine aktuelle Personalknappheit in einer bestimmten Personalgruppe nicht dazu führen, dass ein an sich sinnvoller Vorschlag zur Verlagerung von Aufgaben dorthin unterbleibt. Auch die Qualifikation einzelner Mitarbeiter darf zunächst sicher nicht ausschlaggebend sein, Kriterium ist immer die Durchschnittsqualifikation der Gruppe, gegebenenfalls nach Fortbildung. Vielleicht nicht der wichtigste, aber ein nicht aus dem Auge zu verlierender Punkt bei den Änderungsüberlegungen ist die Nutzung der EDV. Neue Geschäftsstellenautomationen, wie z.B. forumStar, haben zumindest in einigen Bereichen zu einer Ausweitung der Beschäftigung der Richter und Rechtspfleger mit Dingen geführt, die früher problemlos von den Mitarbeitern der Geschäftsstellen erledigt wurden. Neben allen anderen Bereichen, die es zu durchforsten gilt, wird es sich daher anbieten, anlässlich des Projekts der Richterassistenz parallel zu prüfen, ob und ggf. welche Änderungen bei der EDV-Nutzung möglich und sinnvoll wären. Gleiches gilt z.B. für das Schreiben von Langtexten (interessante Zahlen dazu finden sich ab Seite 22 des Berichts der Projektgruppe). Vor dem Einzug der EDV bei den Arbeitsplätzen der Richter und Rechtspfleger war es selbstverständlich, dass alle Langtexte diktiert wurden. Dass diejenigen, die früher die Langtexte ausformuliert handschriftlich niedergelegt und dann abdiktiert haben, bei hinreichender Fingerfertigkeit, nun direkt und ohne Zeitverlust in den Computer tippen, ist eine Änderung, bei der infolge des technische Fortschritts eine Schreibkraft ersatzlos eingespart werden kann, ohne dass deren Arbeit irgendwie verlagert SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND würde. Für eine Organisationsuntersuchung im Projekt Richterassistenz interessant erscheinen deswegen vor allem die Fälle, in denen Richter und Rechtspfleger mit erhöhtem Zeitaufwand Texte in den Computer tippen. Das wäre ineffektiv und in den Ursachen zu hinterfragen. Würde man z.B. diktieren, wenn man eine schnellere und/oder bessere Schreibkraft hätte, ein besseres (digitales) Diktiergerät oder vielleicht sogar ein perfekt arbeitendes Spracherkennungssystem? Derartige Fragen stellen sich konkret und sie rufen nach raschen Antworten. Tatsächlich mehr im Visionären liegen dagegen Überlegungen zu weitreichenden Umgestaltungen, die nur nach Gesetzesänderungen möglich wären. Gesetzesänderungen erscheinen sogar denkbar im Hinblick auf den Kernbereich richterlicher Aufgaben, der Entscheidungsfindung in der Hauptsache eines Verfahrens. Es wäre vorstellbar, bestimmte solcher Aufgaben einem anderen Personenkreis zu übertragen (z.B. dem Rechtspfleger die Entscheidung über Einsprüche in StraßenverkehrsOWis). Soweit muss man aber zunächst gar nicht gehen, auch Änderungen, die im Randbereich der gesetzlich festgelegten Aufgaben der Richter und Rechtspfleger liegen, sind für eine Untersuchung interessant, z.B. wenn es um Organisatorisches, um Nebenentscheidungen, vielleicht auch um bestimmte Anhörungen geht. Gefragt sind insoweit Anregungen, die es Richtern und Rechtspflegern ermöglichen, sich stärker auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren. Ob sich dafür politische Mehrheiten finden lassen, ist sicher fraglich. Fragen kann sich auch der DRB und jeder einzelne Richter, ob er derartige Änderungen für gut und zweckmäßig hält. Darüber vertieft nachzudenken und zu diskutieren, schadet aber sicher nicht. Dr. Oliver Mosthaf DirAG Bad Cannstatt Seite 28 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 29 Dienst- und Besoldungsrecht Aktuelle Neuregelungen Der Entwurf des Landesgesetzes zur Neuregelung des Beamten- und Versorgungsrechts und der die Sparbeschlüsse der Haushaltsstrukturkommission umsetzende Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes zum Haushaltsplan 2011/2012 sehen unter anderem Änderungen in der Besoldungsstruktur, der Versorgung und der Beihilfe vor. zeiten haben. Der Entwurf sieht neben zwingenden Anerkennungstatbeständen wie z.B. hauptberufliche Zeiten bei öffentlich-rechtlichen Dienstherren, Wehr- bzw. Zivildienst und Kindererziehung auch die Möglichkeit einer Ermessensentscheidung vor. Hauptberufliche Zeiten bei privaten Arbeitgebern, die als förderlich für die Verwendung im Beamten- oder Richterverhältnis angesehen Die Besoldung soll von Frank Engellandt werden, können ganz oder teil(Dienst-)Altersstufen auf Erfahrungsstuweise als besoldungswirksame Erfahfen umstellt werden. Der Entwurf knüpft rungszeit angerechnet werden. insoweit an die gesetzlichen Neuregelungen im Bund, der Freien und Hansestadt In der Versorgung ergeben sich folgenHamburg und weiterer Bundesländer an. de Änderungen: Hochschulzeiten werden Die bisherige Tabellenstruktur der Besolbisher im Umfang von 3 Jahren (= 1095 dungsordnungen A und R soll jedoch geTage) als ruhegehaltfähige Dienstzeit anwahrt werden. Für Richter und Staatsanerkannt. Hier ist eine Absenkung auf wälte bleibt es deshalb bei einem Aufnunmehr 2 Jahre und 4 Monate (= 855 stieg in der Tabelle im 2-Jahres-RhythTage) geplant, was einer wirkungsgleimus. In der Besoldungsgruppe R 1 erchen Übertragung der Rentenreform folgt der Aufstieg in 12 Stufen, in der 2004 entspricht. Eine ÜbergangsregeBesoldungsgruppe R 2 in 10 Stufen bis lung sieht das stufenweise Abschmelzen zur Endstufe (bisher 49 Jahre). Im Geauf 855 Tage in insgesamt 7 Teilschritten gensatz zur A-Besoldung sind in der Rbis zum 1. Januar 2015 vor. Die AnBesoldung auch zukünftig keine Leitragsaltersgrenze für Schwerbehinderte stungselemente z.B. in Gestalt von Aufsoll von bislang 60 Jahren auf 62 Jahre stiegshemmungen oder einem beschleuangehoben werden. Auch hier gilt eine nigten Stufenaufstieg vorgesehen. Durch stufenweise Übergangsregelung. Für alle Überleitungsregelungen wird eine Benach 1968 geborenen Besoldungsempnachteiligung der bereits beschäftigten fänger liegt die Antragsgrenze bei 62 Beamtinnen und Beamten, Richterinnen Jahren. Zur Unterstützung des angeund Richter im Lebenseinkommen verstrebten Personalabbaus von landesweit mieden. Für neu eingestellte Kolleginnen 10% soll ein Antragsruhestand ab 60 und Kollegen können sich im Einzelfall Jahren mit einem Versorgungsabschlag Nachteile ergeben, weil die Ersteinstelvon 14,4% eingeführt werden. Diese Relung grundsätzlich in der Erfahrungsstufe gelung soll jedoch nur für durch Be1, welche der bisherigen Lebensaltersschluss der Landesregierung konkret destufe 27 Jahre entspricht, erfolgt. Befinierte Verwaltungsbereiche gelten. Es werber mit einem höheren Lebensalter handelt sich dabei um Stellen, die nicht werden im Vergleich zur bisherigen Rewiederbesetzt werden. Entsprechendes gelung schlechter gestellt, wenn und sogilt für den Bereich der Altersteilzeit. weit sie keine anrechenbaren VordienstSCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 30 Die Beihilfeberechtigung bleibt zukünftig auch bei einer Beurlaubung zu Pflegezwecken erhalten. Die Besoldungsempfänger werden hierdurch gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gleichgestellt. Die Selbstbehalte zur Beihilfe werden um 20% angehoben (R 1 auf 240 €; R 2 auf 360 €) Die bisherige Absenkung der Selbstbehalte bei Versorgungsempfängern auf 70% wird ersatzlos gestrichen. Die Zuwendung für das 25-, 40 und 50jährige Dienstjubiläum in Höhe von bislang 307 €, 410 € und 512 € wird ersatzlos gestrichen. schnitten in Besoldung, Versorgung und Beihilfe kein Raum für weitere Kürzungen mehr besteht. Nicht zuletzt angesichts der sich abzeichnenden demografischen Entwicklung müssen der öffentliche Dienst und die Landesjustiz zur Wahrung ihrer Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit auch zukünftig für hochqualifizierte Bewerberinnen und Bewerber hinreichend attraktiv bleiben. Wir haben deshalb unter anderem angeregt, das Personal in den Eingangsämtern des höheren Dienstes in Erfahrungsstufe 2 einzustellen bzw. die 1. für die Besoldungsgruppen A 13 und R 1 maßgebliche Erfahrungsstufe ersatzlos zu streichen. Unser Verband hat in seinen Stellungnahmen zu den Gesetzgebungsvorhaben darauf hingewiesen, dass nach den in den letzten Jahren vorgenommenen Ein- Frank Engellandt Parlamentarischer Abend im Landeshaus „Das überschuldete Schleswig-Holstein – Rettungsmöglichkeiten aus der Krise“ Zu diesem Thema haben unser Verband und die im dbb-Landesbund organisierten Gewerkschaften am 8. Juli 2010 einen großen Parlamentarischen Abend ausgerichtet. Die Veranstaltung griff das aktuell alles beherrschende Problem der Finanz- und Haushaltskrise auf. Das Ziel war es, von den Vorsitzenden der im Landtag vertretenen Fraktionen ihre Vorstellungen zur Krisenbewältigung und zu den Zukunftsperspektiven des öffentlichen Dienstes zu erfahren sowie mit ihnen über mögliche Lösungsansätze zu diskutieren. Trotz des heißen Sommerwetters waren die Reihen des SchleswigHolstein Saales des Landtages mit unseren Mitgliedern und den Mitgliedern der dbb-Gewerkschaften sowie zahlreichen SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Ehrengästen gut gefüllt. Nach der Eröffnung durch die dbb-Landesvorsitzende Anke Schwitzer sprach der Staatssekretär im Finanzministerium, Herr Dr. Olaf Bastian, das Grußwort der Landesregierung. Anschließend hielt Herr Prof. Dr. Christian Seidl, Lehrstuhl für Finanzwissenschaft an der CAU Kiel, das Impulsreferat. Prof. Seidl legte die Entwicklung der Landesfinanzen getrennt nach Einnahmen und Ausgaben auch im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr anschaulich dar. Die über Jahrzehnte hinweg aufgebaute Verschuldung erreiche mit aktuell ca. 25 Mrd. Euro einen neuen Höhepunkt. Das strukturelle, konjunkturunabhängige Defizit übersteige die Marke von jährlich 1 Mrd. Euro, so Seite 31 dass Handlungsbedarf bestehe. Ein Hinauswachsen aus der Verschuldung sei ökonomisch wenig wahrscheinlich. Die Spielräume für eine Erhöhung des Steueraufkommens seien auf Landesebene auch mit Rücksicht auf die Gesetzgebungskompetenz des Bundes gering, so dass insbesondere an der Ausgabenseite zu arbeiten sei. In der anschließenden Podiumsdiskussion legten die Fraktionsvorsitzenden bzw. deren Vertreter unter der Moderation von NDRModerator Geritt Derkowski ihre Standpunkte und Lösungsansätze dar. Durch einen geschickten Wechsel der Moderation zwischen den Statements der Politik sowie dem Sachverständigen Prof. Seidl und dem Publikum ergab sich eine sehr lebhafte Diskussion. Von Seiten der Bediensteten wurde deutlich gemacht, dass eine weitere Kürzung der Bezüge und/ oder Arbeitsverdichtung nicht hinnehmbar sei. Ein Stellenabbau sei nur parallel zu einem Aufgabenabbau möglich. Nach dem Schlusswort unseres Vorsitzenden Dr. Wilfried Kellermann ergaben sich während des Empfanges in der Lobby viele interessante Gespräche. Auch wenn in der Diskussion kein Konsens über die im Raume stehenden Fragen gefunden werden konnte, bleibt für uns ein positives Fazit: Wir haben zu einem schwierigen und für den öffentlichen Dienst außerordentlich wichtigen Thema Flagge gezeigt und uns gegenüber der Politik Gehör verschafft. Frank Engellandt Wissenschaftliche Mitarbeit beim 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in Leipzig Aus der Rechtsprechung des neuen Schleswig-Holstein-Senats Seit dem 1. Januar 2010 ist der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (erneut) für Revisionen gegen die erstinstanzlichen Strafurteile der Landgerichte Kiel, Flensburg, Itzehoe und Lübeck zuständig; die wenigen Ausnahmen betreffen etwa Urteile der Wirtschaftsstrafkammern aus dem Gebiet des Zoll- und Steuerstrafrechts, die bereits seit Juni 2008 dem 1. Strafsenat zugewiesen sind. Vor diesem Zuständigkeitsübergang vom 3. auf den 5. Strafsenat mag der kurze Erfahrungsbericht aus meiner wissenschaftlichen Mitarbeitertätigkeit von April 2006 bis März 2009 bei dem einen oder anderen Strafrichter auf ein gesteigertes Interesse stoßen. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Ein Strafsenat steht nicht allein. Erhebliches Gewicht kommt der jeweiligen Revisionsabteilung der Generalbundesanwaltschaft zu, die in jedem Revisionsverfahren Stellung nimmt. Hat der Strafkammervorsitzende (was durchgängig in der weit überwiegenden Mehrzahl der Revisionen der Fall sein dürfte) den keine weiteren Gründe enthaltenen ou-Verwerfungsbeschluss (= offensichtlich unbegründet, § 349 Abs. 2 StPO) auf seinem Aktenbock, sollte er darüber nicht zu früh frohlocken. Aufschluss über die Güte des Kammerurteils gibt - jedenfalls bei näher ausgeführter Sachrüge - erst der entsprechende Verwerfungsantrag des jeweiligen Sachbearbeiters (Bundesanwalts, Ober- oder Staatsanwalts Seite 32 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 33 beim BGH oder eines wissenschaftlichen Mitarbeiters nach Erhalt des Zeichnungsrechts) der Generalbundesanwaltschaft in den Sachakten. Entsprechendes gilt für die Qualität der Tatsachenhauptverhandlung, die nur selektiert durch eine selten die Hürde des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nehmende Verfahrensrüge im Revisionsverfahren überprüft wird. Durchgreifende, d. h. zur Teil- oder gar vollständigen Urteilsaufhebung führende Rechtsfehler werden nur selten durch die Revisionen aufgedeckt; kleinere Unebenheiten birgt hingegen nahezu jedes Urteil. Allerdings sollte insbesondere bei der nachträglichen Gesamtstrafbildung (§ 55 StGB) äußerst penibel gearbeitet werden. Nicht nur das Datum der letzten Tatsachenverhandlung ist mitzuteilen, sondern auch die Tatzeiten und der Vollstreckungsstand. Selten sieht sich zumindest der 5. Strafsenat dazu veranlasst, im Rahmen eines ou-Verwerfungsbeschlusses ergänzende Ausführungen zu machen. Dies soll nicht heißen, dass hinter einem ou-Beschluss nicht eine intensive Beratung nach aufwendigster Vorbereitung stünde. Keineswegs sitzt ein Strafsenat in einem „Elfenbeinturm“; die erforderliche Entscheidungsdichte erlaubt „Glasperlenspiele“ nicht. Der Blick in die Fachzeitschriften täuscht: Einen ou-Beschluss zu veröffentlichen macht wenig Sinn. Das Licht der Öffentlichkeit erblicken daher nur die stets (§ 358 Abs. 1 StPO) zu begründenden Aufhebungen zugunsten des Angeklagten (§ 349 Abs. 4 StPO) und die Senatsurteile. In eine Hauptverhandlung muss der Senat bei zulässigen Revisionen, wenn - er - gleich ob zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten - nicht einstimmig geworden ist (§ 349 Abs. 2, Abs. 4 StPO), - er ein Urteil zumindest teilweise halten will, aber an einer Beschlussverwerfung gehindert ist, weil der Generalbundesanwalt nicht entsprechend nach § 349 Abs. 2 StPO angetragen hat, SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Beschwerdeführerin die Staatsanwaltschaft ist; aus Respekt wird auch bei offensichtlich unbegründeten staatsanwaltschaftlichen Revisionen kein Verwerfungsantrag gestellt. Erfolgreiche Verfahrensrügen sind selten; so war etwa im Zeitraum 2005/ 2006 die höchstrichterliche Korrektur der gängigen „§ 26a Abs. 1 Nr. 2 StPOSelbstanlehnungspraxis“ zu verzeichnen (insbesondere BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 13, 14, 15, 16). Ebenso wenig dürfen sich die Kammermitglieder in gegen andere Tatbeteiligte abgetrennten Verfahren vernehmen lassen. Dadurch wären sie im vor ihrer Kammer geführten Verfahren nach § 22 Nr. 5, § 338 Nr. 2 StPO ausgeschlossen (BGHR StPO § 338 Nr. 2 Ausschluss 4)! Es bleibt, was insbesondere für Sexualstrafverfahren relevant ist, dabei, dass ein nach § 247 StPO vorübergehend entfernter Angeklagter bei Entlassung des Zeugen wieder anwesend sein muss (BGH [GS], Beschluss vom 21. April 2010 GSSt 1/09). Mit seiner abweichenden Ansicht (NJW 2010, 1012) konnte sich der 5. Strafsenat nicht durchsetzen. Im Übrigen ist zuweilen eine durchaus restriktive Handhabung der absoluten (etwa BGHR StPO § 338 Nr. 6 Ausschluss 5 bei der Rüge der Verletzung der Öffentlichkeit) und relativen Revisionsgründe (etwa BGHR StPO § 61 nF Belehrung, fehlende 1 beim Eidesverweigerungsrecht) zu beobachten. Vor allem bedingt durch das Fehlen einer zweiten Tatsacheninstanz hat sich die revisionsgerichtliche Kontrolldichte der Beweiswürdigung (dazu Brause NStZ 2007, 505) und der Strafzumessung bereits vor längerer Zeit deutlich erhöht. Über den Hebel offensichtliche Lücken, Widersprüche, Unklarheiten oder Verstoß gegen Denkgesetze/allgemeine Erfahrungssätze „steigt“ auch der 5. Strafsenat in die Beweiswürdigung und Strafzumessung ein. Die Kammer sollte ihre Feststellungen Seite 34 auf der einen und Beweiswürdigung sowie Strafzumessung auf der anderen Seite sorgfältig miteinander abgleichen. Gewichtige Umstände sollten „spiegelbildlich“ abgearbeitet werden; die Kammer sollte nicht darauf vertrauen, dass der Senat insbesondere bei schwieriger Beweiswürdigung oder markanten Strafen ausschließt, die Kammer habe einen zuvor festgestellten gewichtigen Umstand aus dem Blick verloren. Namentlich in Schwurgerichtssachen sollte regelmäßig zur Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten ein psychiatrischer Gutacher hinzugezogen werden (Basdorf HRRS 2008, 275). „Dauerbrenner“ ist Art. 6 MRK. Von Amts wegen nimmt der Senat Anklageerhebung und Eröffnungsbeschluss zur Kenntnis. Hat das Zwischenverfahren länger als sechs Monate gedauert, sollte im Urteil der Grund hierfür dargelegt werden. Sollte im Ermittlungsverfahren die Sache über einen Zeitraum von über sechs Monaten nicht gefördert worden sein, liegt es in der Hand des Beschwerdeführers, im Falle einer versagten Kompensation diesen Mangel einer rechtsstaatlichen Verfahrensverzögerung durch eine freilich notwendigerweise zulässig erhobene Verfahrensrüge an das Urteil heranzutragen. Stets sollten Vorsitzender und Berichterstatter sowie der Staatsanwaltsdezernent Verfahrensrügen aufmerksam lesen. Hat die Verteidigung eine wesentliche Verfahrenstatsache nicht mitgeteilt, kann der Rüge bereits durch eine förmliche diesen Mangel aufzeigende Gegenerklärung (§ 347 Abs. 1 Satz 2 StPO) der Boden entzogen werden. In gleichfalls gründlicher Weise ist das Protokoll im Falle seiner Fehlerhaftigkeit zu berichtigen; wegen dieser Möglichkeit mit der Folge der „Rügeverkümmerung“ dürfte die Bereitschaft des 5. Strafsenats sinken, mittels des Hebels etwaiger offensichtlicher Lücken, Widersprüche oder Unklarheiten des Protokolls der Verfahrensrüge den Erfolg zu versagen (BGHSt 55, 31). SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Aus dem Beweisantragsrecht sei auf Folgendes hingewiesen: Bei Auslandszeugen darf die Kammer durchaus „mutig“ den Beweiswert mit ausführlicherer Begründung antizipieren (§ 244 Abs. 5 Satz 2 StPO). „Verschachtelten“ Beweisanträgen, die in ihrer an sich überflüssigen Begründung versteckt weitere Tatsachenbehauptungen enthalten, steht der Senat ablehnend gegenüber (vgl. etwa BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 42). Auf der anderen Seite steigen die Anforderungen an die Darlegung der Konnexität bei fortgeschrittener Beweisaufnahme (BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 45; „formalisierter Dialog“): Warum kann der Zeuge zu der behaupteten Beweistatsache überhaupt etwas sagen, was die bisherige Beweisaufnahme so nicht ergeben hat? Mit Blick auf die eher zurückhaltende Haltung des 3. Strafsenats ist diese Frage jedoch in gleicher Weise in Entwicklung begriffen wie die maßgeblich vom 1. Strafsenat geförderte Ablehnung von Beweisanträgen wegen Prozessverschleppung nach Fristsetzung. Allenfalls erst nach zehn Verhandlungstagen sollten die Kammern aus dem Bezirk des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig mit Fristsetzung und anschließender Ablehnung wegen Prozessverschleppung arbeiten. Neben diesem formalen Erfordernis müssen ggf. weitere gewichtige für eine Prozessverschleppung sprechende Indizien spätestens im Ablehnungsbeschluss dargelegt werden (BGHR StPO § 246 Abs. 1 Fristsetzung 4). Dr. Claas Leplow Seite 35 Abordnung an das Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Integration Ein Erfahrungsbericht Zum Jahreswechsel 2006/2007 erhielt Das Organisationsreferat, dem ich anich einen Anruf aus Kiel, ob ich mir eine gehörte, bestand in den 3 Jahren meiner Abordnung an das Ministerium (damals Zugehörigkeit aus einer Referatsleiterin noch Ministerium für Justiz, Arbeit und und weiteren 4-5 Referentinnen und ReEuropa) und eine Tätigkeit im ferenten, wobei einige zur HälfReferat „Organisation und Serte auch in anderen Referaten vice für die Gerichte und Staatsarbeiteten. anwaltschaften des Landes“ vorstellen könne. Konkret ging es Zu meinen Aufgaben gehörte um eine Tätigkeit als Referent unter anderem die Bearbeitung für IT- und Organisationsfragen. folgender Bereiche: Da ich in Flensburg wohne und eine tägliche Fahrtstrecke von - Erstellung eines eJustiz-Konrund 180 Kilometern anstand, zeptes und dessen Umsetzung - Abschluss der Jusitzverträge wollte die Entscheidung für eine mit Juris, Beck und anderen Bewerbung gründlich überlegt Ralf Bauer Anbietern sein. Weil mich die Aufgabe sehr - Internetangelegenheiten der Gerichte interessierte und nachdem ich vom Faund Staatsanwaltschaften milienrat grünes Licht bekommen hatte, - Auswahl eines neuen Fachverfahrens bewarb ich mich auf die ausgeschriebene für die ordentliche Gerichtsbarkeit Stelle. unter justizfachlichen Aspekten - Strategische Planung von IT-InfrastrukNur wenige Wochen später folgte das turen Vorstellungsgespräch unter der Lei- eGovernment, soweit Auswirkungen tung des Abteilungsleiters. Die Atmoauf die Justiz bestehen sphäre des Gesprächs habe ich als sehr - Koordination des Einsatzes der Organiangenehm in Erinnerung. Es ging zusationsberater sowie deren Aus- und nächst um ein gegenseitiges KennenlerFortbildung nen und dann um Fragestellungen rund - Leitung und Koordination der Arbeit der um den zukünftigen Aufgabenbereich. Fachgruppen MEGA und die FachgrupKurze Zeit nach dem Gespräch erhielt ich penarbeit im Rahmen des Mehrländerdie Nachricht, dass ich im März 2007 anentwicklungsverbundes MEGA fangen könne. Die Abordnung war zu- Einführung der elektronischen Verwalnächst auf ein Jahr befristet, wobei im tungsakte in den Gerichten und StaatsVorstellungsgespräch die grundsätzliche anwaltschaften Bereitschaft zu einer anschließenden Verlängerung um weitere 1-2 Jahre erHinzu kam die Fertigung von Stellungfragt wurde. Die Verlängerungsoption nahmen oder Stellungnahmebeiträgen kam bei mir zum Tragen und so dauerte zu Gesetzesvorhaben des Bundes oder meine Abordnung bis März 2010. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 36 des Landes, wenn Gesetze Auswirkungen auf die IT-Struktur und IT-Standards der Justiz haben können. Da Gesetze zunehmend auch Regelungen zu elektronischen Übertragungswegen und zum elektronischen Abruf vorsehen, hat diese Tätigkeit im Laufe der Abordnung nach meinem Eindruck deutlich zugenommen. Wenn auf Minister-, Staatssekretärs- und Abteilungsleitertreffen Themen aus den genannten Bereichen auf der Tagesordnung standen, waren schriftliche Vorbereitungen zu treffen. Entsprechendes galt, wenn sogenannte kleine oder große Anfragen der Mitglieder des Landtages zu beantworten waren. Mit der Referatstätigkeit einher gingen zahlreiche Dienstreisen im Land und innerhalb Deutschlands. Gerade im Bereich der elektronischen Justiz arbeiten die Justizressorts der Länder zusammen und koordinieren sich regelmäßig untereinander, was im Rahmen von Treffen mit den Spiegelreferentinnen und -referenten aus den anderen Ländern erfolgt. Diese Treffen fanden häufig in Frankfurt am Main statt, und so kann ich auch einige Kapitel zum Thema „Reisen mit der Deutschen Bahn“ beisteuern (Zugausfälle, Verspätungen, verpasste Anschlusszüge, surreale Durch- und Ansagen, unglaubliche Mitreisende). Pflicht war außerdem die Teilnahme an den zweimal jährlich stattfindenden Treffen der BundLänder-Kommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz und am EDV-Gerichtstag in Saarbrücken. Die Arbeit im Ministerium unterscheidet sich vom Aufbau und den Arbeitsabläufen von der richterlichen Tätigkeit, was eine gewisse Umgewöhnung erforderlich machte. Vorlagen, Stellungnahmen und Schreiben, die für den Minister, den Staatssekretär oder den Abteilungsleiter gefertigt werden, finden mittels einer Umlaufmappe und sogenannten Zeichnungs- oder Kenntnisnahmeleisten ihren Weg. Auf dem Weg zum Empfänger kann jeder Zeichnende oder KenntnisnehmenSCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND de Anmerkungen, Ergänzungen und Korrekturen vornehmen, wobei die Stiftfarbe braun auf den Abteilungsleiter als Urheber schließen lässt, die Farben rot und grün auf den Staatssekretär bzw. den Minister. Die Kenntnisnahme- und Zeichnungsleiste, die unter den abgeordneten Richterinnen und Richtern mehr oder weniger scherzhaft auch als „Angstleiste“ bezeichnet wird, wird nicht mit Namen versehen, sondern mit Kennziffern (eine Zahl steht für die Abteilungsleiter, zwei Zahlen für die Referatsleiter, drei Zahlen für die Referenten). Ganz anders als die strikte Schriftform war die tägliche Zusammenarbeit innerhalb des Referates, der Abteilung und mit dem Leitungsbereich, die ich als offen und unkompliziert in Erinnerung habe. Innerhalb des Referates und der Abteilung erfolgte täglich ein umfassender Austausch. Jederzeit konnte man seine Überlegungen und Formulierungen einer kritischen Prüfung und Erörterung durch die Kolleginnen und Kollegen stellen. In die Zeit meiner Abordnung fiel das Ende der großen Koalition. Der damalige Justizminister musste abtreten und der Ministerpräsident war für wenige Wochen zugleich Justizminister. Es folgten der Wahlkampf, die Koalitionsverhandlungen und die Bildung einer neuen Koalition mit inhaltlichen und personellen Änderungen für das Ministerium. Diese Zeit habe ich als spannend in Erinnerung und Politik habe ich auf diesem Wege unmittelbar mitbekommen. Die Zeit meiner Abordnung behalte ich in guter Erinnerung und ich kann nur empfehlen, die Möglichkeit der Abordnung an das Ministerium in Kiel zu nutzen. Ralf Bauer Seite 37 IRZ-Stiftung sucht Justizexperten für lang- und mittelfristigen Einsatz bei Rechtsreformprojekten, insbesondere in Mittel-, Ost- und Südosteuropa und Zentralasien Die Deutsche Stiftung für internationale hige korporative Mitglieder – darunter 2 rechtliche Zusammenarbeit e.V. (im Folder Deutsche Richterbund – angehören . genden: IRZ-Stiftung) leistet seit über Neben dieser, mit Zuwendungen aus 18 Jahren in den Reformstaaten Mittel-, dem Haushalt des BundesminiOst- und Südosteuropas Hilfe steriums der Justiz bzw. mit bei Rechtsreformen und beim Projektfördermitteln des AusAufbau rechtsstaatlicher Strukwärtigen Amtes für Südosteuroturen mit dem Ziel der europäipa finanzierten Projektarbeit, 1 schen Integration. Bereits seit gewinnt für die Tätigkeit der 1992 wird - bedarfsorientiert IRZ-Stiftung zunehmend das den Staaten Belarus, Bulgarien, Engagement in – von der EUEstland, Lettland, Litauen, PoKommission oder der Weltbank len, der Russischen Föderation, finanzierten – Drittmittelprojekder Slowakischen Republik, Sloten an Bedeutung. Rechtsrewenien, der Tschechischen Reformprojekte der EU, auf die publik, der Ukraine und Ungarn sich die IRZ-Stiftung bewirbt, Claus Vreden Unterstützung angeboten; seit werden entweder frei im Rahdem Jahr 2000 sind im Rahmen men der allgemeinen technides Stabilitätspaktes für Südosteuropa schen Hilfsprogramme IPA ( Instrument als weitere Partnerstaaten die Länder for Pre-Accession) oder ENPI (European Rumänien, Kroatien, Bosnien-HerzegoNeighbourhoud and Partnership Instruwina, Albanien, Mazedonien sowie Serbiment) oder als sogenannte „Twinningen und Montenegro hinzugetreten; 2008 Projekte“ ausgeschrieben; seltener sind auch Kosovo. Seit jüngerer Zeit koopeVergaben als „grant“(Projektbezuschusriert die IRZ-Stiftung auch mit Moldau, sung bei der regelmässig ein Eigenanteil Georgien, Aserbeidschan, Kasachstan, von 10- 20% aufzubringen ist) oder die Usbekistan, sowie der Türkei und hat erDurchführung eigener Projekte der EUste Projekte in den Nahoststaaten JordaKommission. Während im freifinanzierten nien, Syrien, Libanon und Irak - mit ViDrittmittelbereich Projekterfolge der IRZetnam sind erste Aktivitäten geplant. Stiftung zuletzt z. B. zu den Themen EUInhaltliche Schwerpunkte der in AbstimRechtsangleichung, Kartell- und Insolmung mit den Verantwortlichen in den venzrecht zu verzeichnen waren, sollen Partnerländern entwickelten Projektarnachfolgend die „Twinning-Projekte“ der beit sind neben der GesetzgebungsberaEU etwas näher vorgestellt werden: tung zunehmend Aus- und Weiterbildung Die IRZ-Stiftung hat seit Beginn dieser von Justizpersonal im weitesten Sinne Projektausschreibungen - damals mit 3 sowie Unterstützung bei der Implemendem PHARE -Programm - der EU-Komtierung von Rechtsreformen. Entscheimission 1998 an der Durchführung von dend für den Erfolg der Projekte ist die mehr als 50 derartiger Projekte in fast enge Zusammenarbeit mit geeigneten allen EU-Beitrittskandidatenländern mitund engagierten Experten. Hierbei gewirkt oder die Projektimplementierung kommt der als „operative Stiftung“ in als federführende Institution geleitet. der Rechtsform eines eingetragenen VerDer Begriff „Twinning“ steht für Verwaleins organisierten IRZ-Stiftung zugute, tungspartnerschaften zwischen Verwaldass dem Verein zahlreiche leistungsfätungen mit ähnlichen Kompetenzen aus SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 38 EU-Mitgliedsländern einerseits und den EU-Beitrittsländern Mittel- und Osteuropas andererseits. Ziel der Projekte ist, die Übernahme und Umsetzung des „Acquis Communautaire“ zu unterstützen und den Aufbau und das Funktionieren von reformierten Institutionen zu fördern. Nicht zuletzt sollen durch die Entsendung eines Beamten oder Richters aus dem als Twinning-Partner vom Kandidatenland ausgesuchten EU-Mitgliedstaat fachliche und menschliche Kontakte geschaffen werden, die nach Projektende fortdauern und die Basis für eine weitere Zusammenarbeit bilden. Als Langzeitberater (in der amtlichen Bezeichnung der EU-Kommission RTA = „Resident-Twinning–Adviser “ genannt) werden im jeweiligen Fachgebiet erfahrene Experten des Mitgliedstaates tätig, die für die gesamte Projektlaufzeit – in der Regel ein bis zwei Jahre – in der Partnerinstitution des Kandidatenlandes arbeiten. Für die Ausübung dieser Funktion sind neben der fachlichen Qualifikation, Berufserfahrung und guten Englischkenntnissen insbesondere auch Einfühlungsvermögen, Kommunikationsfähigkeit, interkulturelle Kompetenz und Organisationstalent von Bedeutung, da nicht zuletzt hiervon abhängt, ob der/die RTA von den Kollegen im Kandidatenland akzeptiert und in die dortige Struktur integriert wird. Darüber hinaus werden in der Regel zahlreiche Kurzzeitexperten im Projektverlauf tätig, die den Einsatz des Langzeitberaters in speziellen Aufgabenbereichen unterstützen bzw. ergänzen. Die zuvor erwähnten gut 50 Projekte unter Beteiligung der IRZ-Stiftung hatten bzw. haben allesamt den Bereich Rechtsund Justizreform zum Gegenstand und befassen sich überwiegend mit der Weiterbildung von Richtern und Staatsanwälten sowie der Unterstützung der Rechtsharmonisierung oder der Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz. Zudem wurden und werden aber auch speziellere Themen – wie etwa der Reform des Insolvenzrechtes, dem Aufbau einer Verwaltungsgerichtsbarkeit oder Reformen im Strafvollzug, Bekämpfung von KorSCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND ruption und Geldwäsche etc als Twiningprojekt ausgeschrieben. In jüngerer Zeit gewinnen als Projektziele auch die Themen Effizienzerhöhung und Modernisierung der Justiz an Bedeutung. Zunehmend werden Twinning-Projekte im Rahmen des Programmes ENPI – etwa für Aserbaidschan, Armenien aber auch Marokko , Algerien, Ägypten und Tunesien ausgeschrieben. Dies dürfte als Indiz dafür zu werten sein, dass sich nach Ansicht der EU-Kommission das Modell der Reformunterstützung durch Förderung von Partnerschaften, insbesondere zum Institutionenaufbau bewährt hat. Bei Zuschlagerteilung eines TwinningProjektes durch die EU-Kommission an 4 die IRZ-Stiftung erfolgt die Entsendung des/der Langzeitberaters(in) zur Partnerinstitution im Ausland mittels Zuweisung der Dienststelle unter Fortzahlung der Bezüge (und Gewährung einer pauschalen, steuerfreien monatlichen Aufwandsentschädigung sowie Umzugskostenvergütung etc.). Der Dienststelle werden sämtliche entstehende Kosten erstattet, einschließlich einer pauschalen Entschädigung für den Wiederbesetzungsaufwand); bei Pensionären wird eine entsprechende Vereinbarung mit der IRZ-Stiftung geschlossen. Eine erfolgreiche Bewerbung und Durchführung derartiger Projekte ist der IRZStiftung nur unter Mitwirkung qualifizierter und engagierter Experten möglich. Da nach der EU-weiten Ausschreibung derartiger Projekte ein Angebot – mit Präsentation eines geeigneten Langzeitberaters – binnen 6-8 Wochen eingereicht werden muss, hat die IRZ-Stiftung eine Datenbank eingerichtet, in die interessierte Experten aufgenommen werden. Die IRZ-Stiftung bittet daher Richter und Staatsanwälte, aber auch Ministerialbeamte – grundsätzlich kommen auch Pensionäre in Betracht – die an einer Mitwirkung an einer derartig reizvollen Aufgabe generell interessiert sind, über gute englische Kenntnisse verfügen und bereit sind, für eine längere Zeit (für TwinningProjekte: mindestens ein Jahr; bei freifinanzierten Projekten bis zu 3 Jahren; als Seite 39 Kurzzeitexperte in der Regel 1-3 Wochen) ins Ausland zu gehen, sich unter Angabe ihrer besonderen fachlichen Qualifikation zu melden. Zusätzliche Kenntnisse in der Sprache des jeweiligen Landes und/oder internationale Erfahrung wären besonders zu begrüßen. Interessenten werden gebeten, sich an die Projektleiter der IRZ-Stiftung: Claus Vreden, Tel.: ++49-(0)228-9555104, Fax: ++49-(0)228-9555-100, EMail: [email protected] Julie Trappe Tel.: ++49-(0)228-9555138, Fax: ++49-(0)228-9555-100, EMail: [email protected] Die genannten Projektleiter stehen für nähere Informationen oder Rückfragen gerne zur Verfügung. Claus Vreden - Projektleiter/Stellv Geschäftsführer der IRZ - 1 vgl. zur Ausgangslage und zur Gründungsphase Kinkel, ROW 1992, 33; Fadé, Deutsche Richterzeitung DriZ 1996, 315; zur jüngeren Entwicklung Weckerling, ZRP 2002, 446 – siehe auch: www.irz.de. 2 Weitere Mitglieder sind: Die Bundesrechtsanwaltskammer, die Bundesnotarkammer, der DeutscheAnwaltVerein, der Deutsche Notarverein, der Bund Deutscher Rechtspfleger, der Bund Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen, der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Bundesverband deutscher Banken e.V., der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft und der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V.; Mitglieder sind ferner Wirtschaftsunternehmen, Rechtsanwaltskanzleien sowie Persönlichkeiten aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft. 3 Die ursprüngliche Bezeichnung: „Poland Hungary Assistance for the Reconstruction of the Economy“ ist historisch, da inzwischen dieses Programm als IPA-Programm auf alle Beitrittskandidatenländer anwendbar ist. 4 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 40 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 41 Notwendigkeit einer Nacherhebung zur Umfrage über richterliche Ethik? Zugleich eine Anmerkung zu dem Beitrag von Spangenberg im nrv-magazin 7/2010 Man kann dem Kollegen Spangenberg nur gratulieren. Sein Artikel im nrv magazin 7/2010 beweist, dass jedenfalls bei ihm die Umfrage zu richterlicher Ethik auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Wie viel Mühe und Zeit steckt in diesem Artikel! Das satirische Ergebnis der Auseinandersetzung mit dem FrageboLysann Mardorf gen zur richterlichen Ethik überzeugt. Der Verfasser hat verstanden, dass auch Richterinnen und Richter Anlass haben, über ihre Außenwirkung zu reflektieren. In der satirischen Zuspitzung seiner Fragen an sich selbst wird die innere Auseinandersetzung mit der eigenen dienstlichen Erscheinung deutlich. Genau das beabsichtigt die Umfrage. Der Ergänzungsfragebogen des Kollegen Spangenberg bringt alles Wesentliche auf den Punkt: Richterinnen und Richter werden auch in der Freizeit wahrgenommen. Dessen sollten sie sich bewusst sein. In Zeiten zunehmender Arbeitslast und abnehmender Bezahlung wird Nebenerwerb zum Thema. In welchem Rahmen Nebenerwerb mit dem eigenen Richterbild zu vereinbaren ist und sein wird, bleibt – trotz Nebentätigkeitsverordnung – zu diskutieren. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Bekleidung, Auftreten, Tonfall, Wortwahl, Benehmen und Gebaren von Richterinnen und Richtern wird sowohl in der Verhandlung als auch am Telefon und von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wahrgenommen. Jeder mag entscheiden, ob er / sie sich dem durch Gerichtsshows geprägten Empfängerhorizont annähern möchte. Richterliche Unabhängigkeit ist ein hohes Gut. Sie muss verantwortlich ausgefüllt, gelebt, bewahrt, gefördert und verinnerlicht werden. Richterliche Unabhängigkeit ist kein Selbstzweck. Das ethisch wünschenswerte Richterbild kann allein von uns Richterinnen und Richtern geformt und gelebt werden. Wir möchten daher jede und jeden ermuntern – frei nach Spangenberg – den nämlichen Fragebogen zum Anlass zu nehmen, über das eigene richterliche Erscheinungsbild zu reflektieVolker Brandt ren. Wo das Thema „compliance“ in Wirtschaftsunternehmen eine immer größere Bedeutung gewinnt, sollten wir uns nicht zu schade sein, in richterlicher Unabhängigkeit richterliche Ethik zu definieren und auszufüllen. Die Diskussion um die richterliche Ethik wird bereits breit geführt: Seite 42 Hierzu hat nicht nur die in der ersten Jahreshälfte 2010 durch die Präsidentin des Oberlandesgerichts gemeinsam mit dem Hauptrichterrat durchgeführte Befragung der schleswig-holsteinischen Richterinnen und Richter zu ihren Ansichten in Bezug auf die richterliche Berufsethik beigetragen. Wir sind auf die wissenschaftliche Auswertung der anonymisierten Antworten durch die Universität Jena gespannt. Doch dies ist nicht der einzige hotspot in Sachen richterliche Ethik in Deutschland. In Rheinland-Pfalz hat die Mainzer Ethikrunde – ein verbandsübergreifender Zusammenschluss von RichterinKai Hamdorf nen und Richtern und Staatsanwälten aus NRV und Richterbund - im Jahre 2009 eine Erklärung zur richterlichen Ethik verfasst und an alle Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zur Diskussion versandt (http://www.drb.de/ cms/index.php?id=459). Darüber hinaus arbeitet die Zweibrücker Ethikrunde an Denkanstößen hierzu. Der Deutsche Richterbund hat sich dieses Themas ebenfalls angenommen und ein Netzwerk „richterliche Ethik“ mit Vertreterinnen und VEertretern aus allen Bundesländern und Fachverbänden gebildet. Seit fast 2 Jahren diskutieren diese die richterliche Ethik unter verschiedenen Aspekten. Im Rahmen dessen wird unter anderem erwogen, einenEin Fragebogen zur BEefragung der von unserem Handeln Betroffenen wurde zu entwickelnt, um eine Außensicht, nämlich deren Erwartungen, einzufangen. Außerdem wird kritisch der Frage nachgegangen, ob und inwieweit Fragen der richterlichen Ethik schriftlich niedergelegt werden sollten. Schließlich wurde eine FallsSammlung von praktischen Fällen, in denen ethische Fragen relevant werden, erarbeitet. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Doch nicht nur in Deutschland ist das Thema heißaktuell. Die kürzlich durch das von der EU geförderte „European Network of Councils for the Judiciary (ENCJ)” vorgelegte “Richterliche Berufsethik – Prinzipien und Werte” (http:// www.drb.de/cms/fileadmin/docs/ ethik_report_encj_uebersetzung_2010.pdf) zeigt, dass das Thema auch eine europäische Dimension hat. Im Gegensatz zum common law System hält diese sich mit Vorgaben für das Privatleben weitestgehend zurück und verlangt lediglich, dass der Richter außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit seine richterliche Macht nicht gegenüber Dritten ausspielt und nicht den Eindruck hervorruft, Dritte unter Druck setzen zu wollen oder vermitteln zu wollen, die rechtlichen Möglichkeiten, die ihm sein Amt verleiht, persönlich zu besitzen. Weiter heißt es dort: „Wie jedermann hat der Richter auch das Recht auf ein Privatleben. Seine Pflicht zur Zurückhaltung schließt ein normales gesellschaftliches Leben nicht aus: Es genügt, mit gesundem Menschenverstand Vorkehrungen zu treffen, um alles zu vermeiden, was die Würde des Amtes oder Fähigkeit zu seiner Ausübung unterminieren würde.“ Das Thema aufsichtsrechtlicher oder disziplinarischer Maßnahmen wird nicht ausdrücklich angesprochen, das ENCJ führt aber aus, dass es sich „vorsorglich“ veranlasst sah, die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung richterlicher Unabhängigkeit zu betonen. Richterliche Tätigkeit müsse frei von jedem Druck und jeglicher Manipulation sein, damit der Richter die Unparteilichkeit und Effizienz aufrecht erhalten kann, die die Öffentlichkeit von ihm erwartet. Über Fragen richterlicher Ethik wird seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, international unter breiter Beteiligung diskutiert. Einen Überblick über den Stand der Diskussion vermitteln z.B. der Artikel von Andrea Titz, „Über den Umgang mit richterlicher Ethik im Ausland“, DRiZ 2009, S. 34-36 und von Harold Epineuse, „Für eine vergleichende Richterethik Seite 43 - Erkenntnisse aus der weltweiten Debatte über die Richterethik“, SHAnz 2009, S. 122-124. In dieser Diskussion werden die Sorgen hinsichtlich der denkbaren Nutzung schriftlicher Verhaltensregeln für aufsichtsrechtliche oder gar disziplinarische Zwecke keineswegs ausgeblendet. Vielmehr wird offen darüber diskutiert, welchem Zweck die Ethik dienen, ob es sich überhaupt um Verhaltensstandards oder –regeln handeln soll, wer diese Regeln aufstellen und wer sie später und auf welche Weise - ändern darf. Ebenso breit, inzwischen aber auch tief, wird darüber diskutiert, wie weit derartige Standards überhaupt gehen dürfen, insbesondere ob sie auch außerdienstliches Verhalten betreffen sollen oder nicht. Die Vorstellungen gehen dabei zum Teil weit auseinander, namentlich zwischen den Staaten des common law und des civil law. So macht z.B. der „Code of Conduct for United States Judges” recht weit gehende Vorgaben in Bezug auf private Kontakte von Richtern mit Angehörigen anderer juristischer Berufe und sieht für Verstöße gegen den Code ausdrücklich disziplinarische Maßnahmen vor. Die kanadischen „Ethical Principles for Judges“ stellen, ebenso wie der britische und der australische „Guide to Judicial Conduct“ klar, dass sie keinen Kodex und keine Liste verbotener Verhaltensweisen darstellen und auch nicht als solche verwendet werden sollen (siehe Jackson, „Zehn Jahre Ethical Principles for Judges der Kanadischen Richterschaft: Angemessene Entwicklung oder Anwendung des Rechts mit unbeabsichtigten Konsequenzen?“, SHAnz 2009, S. 115-121. Wieder anders gehen die auf UN-Ebene verfassten „Bangalore Principles of Judicial Conduct“ vor, wo es unter dem Stichwort „Implementation“ heißt: „By reason of the nature of judicial office, effective measures shall be adopted by national judiciaries to provide mechanisms to implement these principles if such mechanisms are not already in existence SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND in their jurisdictions.” Die Principles erheben also einen gewissen Geltungsanspruch, ohne aber im rechtlichen Sinne verbindlich zu sein (siehe auch den „Commentary on the Bangalore Principles of Judicial Conduct“, S. 131) und ohne eine Aussage zu einer möglichen Verwendung im Rahmen der Dienstaufsicht oder von Disziplinarverfahren zu treffen. Der „Commentary“ legt aber dar, dass die ursprünglich beabsichtigte Bezeichnung als „Code“ zugunsten der Bezeichnung „Principles“ aufgegeben wurde, weil Richter aus civil law Ländern die Besorgnis äußerten, in ihren Rechtsordnungen würde man mit dem Begriff „Code“ oder „Kodex“ eher gesetzliche und disziplinarische Regelungen verbinden, als Standards beruflichen Verhaltens. Wie dem Kommentar zu entnehmen ist, war der wesentliche Streitpunkt zwischen den Richterinnen und Richtern aus verschiedenen Rechtsordnungen in aller Welt weniger die Frage, ob der „Verzehr einer Tofuwurst“ mit einem „ethisch wünschenswerten Richterbild noch vereinbar ist“ (Spangenberg, S. 37), sondern vielmehr, ob und wenn ja in welchem Umfang politischen Aktivitäten von Richterinnen und Richtern mit den ethischen Werten der (inneren) Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Integrität in Einklang zu bringen sind. Weitgehende Einigkeit herrscht allerdings allenthalben darüber, dass wohl nur die Richterinnen und Richter selbst die ethischen Werte, Regeln oder Standards formulieren, gegebenenfalls veröffentlichen und im Laufe der Zeit anpassen können und dürfen. Umfragen sind ein probates Mittel, um festzustellen, wie die Richterinnen und Richter über ethische Fragen denken, die Teil einer schriftlich fixierten Berufsethik sein können. Auch in anderen Ländern wurden mit diesem Ziel anonymisierte Befragungen durchgeführt, so etwa in Ungarn (siehe Uttó, „Ethischer Kodex der ungarischen Richter“, SchlAnz 2009, 127-128). Seite 44 Ein Ziel solcher Umfragen ist es auch, die Einstellungen der Richterinnen und Richter zur Frage der Verbindlichkeit ethischer Werte und Normen und zur Notwendigkeit oder auch Schädlichkeit einer schriftlichen Ethik zu erheben (siehe z.B. die Fragen 5 bis 8 der in Thüringen und Schleswig-Holstein durchgeführten Umfrage). Wir möchten alle Interessierten dazu aufrufen, sich über die Umfrage hinaus an der Diskussion um eine richterliche Berufsethik zu beteiligen, gerne auch durch aktive Mitarbeit in der Schleswiger Ethikrunde. Wer hieran Interesse hat, wendet sich bitte an Lysann Mardorf. Lysann Mardorf Volker Brandt Kai Hamdorf Assessorentagung in Mannheim Ein Bericht Vor der Bundesvertreterversammlung des DRB in Mannheim fanden sich auch diemal wieder die Assessorenvertreter der Landesverbände zu ihrer Assessorentagung zusammen, um sich über die Situation der Proberichter in den einzelnen Ländern auszutauschen. Zwar waren leider nur 12 Assessorenvertreter anwesend, doch tat dies der Lebendigkeit und Intensität der Diskussion keinen Abbruch. Von Seiten des Präsidiums nahmen RinArbG Carla Evers-Vosgerau (Flensburg) und RLG Stefan Caspari (Magdeburg) an der Tagung teil, um die Anregungen und Positionen der Assessorenvertreter in die Arbeit des Bundesverbandes einzubringen. Ein erster Schwerpunkt der Tagung lag auf Frage nach dem Nutzen und der Nutzung des neuen DRB-Internet-Forums durch die Proberichter. Als Gast war Richter Ulf Buermeyer (Berlin), einer der Administratoren des Forums, anwesend, der nochmals dessen Möglichkeiten und Funktionen vorstellte. So sei es als elektronische Anlaufstelle für die DRB-Mitglieder gedacht, die neben dem Informationsaustausch über die VerbandstäSCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND tigkeit auch dem fachlichen Austausch zwischen den Mitgliedern dienen solle, gerade auch unter den Assessoren. Ein Ziel der Einrichtung sei gewesen, die Möglichkeit zu schaffen, unproblematisch und schnell Fragen aus dem alltäglichen Geschäftsanfall zur Diskussion zu stellen und so insbesondere Kollegen an kleineren Gerichten (bei denen der direkte Kontakt mit anderen Assessoren nicht ohne weiteres möglich ist) den fachlichen Austausch zu ermöglichen. Da die Erfahrungen aus den Ländern jedoch zeigen, dass sich insbesondere Assessoren bisher scheuen, das Forum zu diesem Zweck zu nutzen, stieß der Vorschlag, einen geschlossenen Assessorenbereich einzurichten, auf breite Zustimmung. Denn die Berichte der Vertreter zeigten durchweg, dass als einer der wichtigsten Gründe, das Forum nicht zu nutzen, immer wieder die Scheu genannt wird, vermeintlich „dumme“ Fragen würden in dieser Form für die Ewigkeit gespeichert und seien so u. U. auch der Personalverwaltung zugänglich. Bezüglich dieser Bedenken – die nicht ausschließlich von Proberichtern geäußert Seite 45 dass oftmals keine Einarbeitungsphase zur Verfügung stehe. Dabei kam im Laufe der Diskussion zu Tage, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, den Proberichtern bei Aufnahme ihres Dienstes Möglichkeiten und Freiräume zu verschaffen, um sich umfassend der Einarbeitung in ihr Dezernat zu widmen. Die Bandbreite der möglichen und bereits praktizierten Maßnahmen war dabei erheblich: So gibt es in den Bundesländern verschiedene Modelle einer reduzierten Dezernatsbelastung in den Anfangsmonaten, die bis zu einer Entlastung von 30 % reichen, aber auch Mentoren-Modelle, bei denen dem Berufsanfänger ein Planrichter als fester Mentor zur Seite gestellt wird. Dabei wurde es insgesamt als wünschenswert betrachtet, dass sich der DRB dieses Themas weiter annehmen und deutlich positionieren möge. Für Schleswig-Holstein dabei: Daniel Gruber und Carla Evers-Vosgerau würden – wies Buermeyer darauf hin, dass einzelne Beiträge jederzeit unproblematisch (notfalls über die Administratoren) gelöscht werden können. Aus grundsätzlichen Erwägungen heraus habe sich der DRB aber bei Einrichtung des Forums gegen eine grundsätzliche Anonymisierung der Beiträge entschieden. Im Ergebnis sprachen sich die Assessorenvertreter einstimmig für die Schaffung eines nur den Assessoren zugänglichen Unterforums zur Diskussion fachlicher Fragen aus. Zum Einsatz von Proberichtern als Ermittlungsrichter ergab sich in den einzelnen Landesverbänden ein uneinheitliches Bild. Besonders intensiv diskutiert und ambivalent bewertet wurde dabei die in einzelnen Bezirken auffällig hohe Zahl von Assessoren im NachtEildienst. Da gerade diese Tätigkeit häufig eine gewisse Erfahrung mit Strafsachen voraussetzt, wurde angeregt zu überprüfen, ob dieser Einsatz nicht an besondere Voraussetzungen (z. B. eine mindestens einjährige Vorbefassung mit Strafsachen) geknüpft werden sollte. Bei der Ermittlungsrichtertätigkeit bestand beim Richtervorbehalt Konsens, dass dieser nur dort sinnvoll ist, wo es eine echte Entscheidungsmöglichkeit gibt. Nach Auffassung der Assessorenvertreter sollte der Richtervorbehalt durch Abschaffung seiner inflationären Anwendung bei der Anordnung von Blutentnahmen gestärkt werden. Ferner wurde – wie bereits auf der letzten Assessorentagung – die Belastung der Berufsanfänger in den ersten Monaten ihres Einsatzes thematisiert. Als Problem wurde dabei einmütig benannt, SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Diskutiert wurde darüber hinaus auch der in einigen Untergliederungen problematische Organisationsgrad der Assessoren im Deutschen Richterbund. Dazu wurden bereits als erfolgreich erprobte Instrumente zur Neumitgliedergewinnung zusammengetragen. Als wichtigster Faktor wurde dabei einheitlich die persönliche Ansprache junger Kollegen durch Mitglieder des DRB betrachtet. Darüber hinaus wurden die finanziellen Vorteile einer Mitgliedschaft (Vorteile bei Versicherungen usw.) herausgestellt, die zukünftig noch besser kommuniziert werden müssen. In einigen Verbänden wurden zudem durch eine Beitragsfreiheit im ersten Jahr der Mitgliedschaft bzw. durch einen ermäßigten Assessorentarif viele Neuzugänge gewonnen. Seite 46 Nichtsdestoweniger bestand dahingehend Einigkeit, dass die finanziellen Vorteile im Regelfall nicht das entscheidende Kriterium für den Beitrittsentschluss sein werden. Als ausschlaggebend wurde die nach außen hin sichtbare Aktivität des jeweiligen Verbandes – insbesondere durch Veranstaltungen – betrachtet. Nützlich erschienen den Teilnehmern darüber hinaus auch die in einigen Verbänden üblichen Begrüßungsmappen, die an alle Berufsanfänger verteilt werden und nützliche Tipps für den Berufsalltag geben. Gerade diese von vielen anfangs nahezu täglich benutzten Mappen oder Handbücher stellen ein wichtiges und wirkungsvolles Werbeinstrument dar, das nach Möglichkeit verbandsübergreifend eingesetzt werden sollte. Die Assessorentagung bot nicht nur Gelegenheit, den Blick über das eigene Bundesland hinaus auf die Situation der Proberichter in anderen Bundesländern zu richten, sondern es konnten in der gemeinsamen Diskussion auch wichtige Positionen formuliert werden, die ein Vertreter der Assessorentagung anschließend in der BVV vortrug und vertrat. Insgesamt war es somit für alle Teilnehmer eine interessante und gewinnbringende Veranstaltung. Richterin Kathrin Rühl, LG Bielefeld Richter Frederik Glasner, LG Bonn Der neue Vorstand im Flensburger Richterverein Wahlen am 26.4.2010 v.l.n.r.: DirAG Dr. Claus Hess (Schriftführer), Ri´in Dr. Franziska Kehrer (Beisitzerin), StA Axel Schuhmann (2. Vorsitzender), Ri´inAG Helga Placzek (Vorsitzende), DirAG Dr. Ralf Bauer (Kassenwart) ) - es fehlt RiAG Roland Stolle (Beisitzer) SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 47 Auf dem Boden der Tatsachen zurück Jahreshauptversammlung des Richtervereins Itzehoe Selbstverwaltung von Justiz ließ sich Emil Schmalfuß jedenfalls nicht entlocken. So wurde denn um die wichtigen Dinge des Justizalltags diskutiert. Der Minister gab – ähnlich wie früher auch seine Vorgänger – eine Garantieerklärung ab, Schnell ergab sich eine andass in den nächsten zwei geregte Diskussion über Jahren bei Richterund die Probleme der Justiz vor Staatsanwaltsstellen keine dem Hintergrund hausKürzungen anstehen. Auch im haltspolitscher Sparzwänge Rechtspflegerbereich werde statt. Diese Diskussion nicht gespart. Auf Einsparunzeigte, wie sich das Handgen im mittleren Dienst, inslungsfeld von Justizpolitik besondere in der ordentlichen trotz in der Sache kaum Gerichtsbarkeit, müsse man veränderter Rahmenbedinsich aber einstellen. gungen binnen eines JahChristian Dornis res radikal ändern kann. Hierbei kritisierte der Minister auch eine Bundesgesetzgebung, die häuBei der JHV 2009 gab es noch eine befig die Länder – also die Landesjustiz – geisterte und begeisternde Diskussion ausbaden müssten. mit Ex-Minister Döring, der OLG-Präsidentin Fölster, dem HauptrichterratsvorDer Minister äußerte zudem Vorbehalte sitzenden Kellermann und dem OVG-Prägegen die Vorschläge der Haushaltssidenten Schmalz über die Frage einer strukturkommission für eine Schließung Selbstverwaltung der Justiz. Das damalider JVAen Flensburg und Itzehoe. Hierzu ge Podium sah ein Gelegenheitsfenster, gab es auch viele kritische Worte von in dem ein großes Projekt realisiert werden zahlreich anwesenden Strafrichtern den könnte. Leider schloss sich dieses und Staatsanwälten. Fenster infolge Koalitionsbruchs und Neuwahlen ganz schnell wieder. Und so Desweiteren berichtete der Minister, trotz blieb dem Minister bei der diesjährigen aller Sparzwänge in seinem Ressort eine Versammlung auf die Frage, was aus Referentenstelle für gerichtliche Mediatidem Projekt Justiz 2010 werde, nur die on geschaffen zu haben. Antwort, dass die Selbstverwaltung Zeit brauche. Er nehme sich mehr Zeit bei Das traditionelle Spargelessen rundete der Verfolgung bestimmter Ziele. einen manchmal kontroversen, aber insgesamt sehr gelungenen Abend ab. Man ist also wieder in Haushaltszwängen gefangen und große (natürlich risikobehaftete) Stukturveränderungen will ofChristian Dornis fenbar keiner mehr – auch nicht unser Minister. Ein Bekenntnis zum Ziel der Am 28.04. fand die Jahreshauptversammlung des Itzehoer Richtervereins mit einem prominenten Ex-Kollegen statt: Zu Gast in der Breitenburger Fähre war der neue Minister Emil Schmalfuß. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 48 Mitgliederversammlung in Lübeck Am 11.03.2010 fand die satzungsmäßige Mitgliederversammlung des Lübecker Richtervereins statt. Am 11.03.2010 waren die Mitglieder des Lübecker Richtervereins, deren Zahl wie im Vorjahr 143 beträgt, zur diesjährigen Mitgliederversammlung eingeladen. Wie in den Jahren zuvor stellte uns dankenswerterweise der Verlag Schmidt/Römhild in Lübeck seinen Vortragsraum zur Verfügung. Wichtigster Tagesordnungspunkt war die Neuwahl des Vorstands. Nachdem dem Vorstand einstimmig Entlastung erteilt worden war, wurde der Vorschlag zur Erhöhung der Mitgliederbeiträge überraschend einmütig bei nur einer Gegenstimme angenommen. Zum Schluss des offiziellen Teils ging es an die Neuwahl des Vorstands. Der Vorsitzende Christian Singelmann wurde einstimmig in seinem Amt bestätigt. Dasselbe Ergebnis Zu Beginn hielt unser bisherierzielten die zweiten Vorsitger (und neuer) Vorsitzender zenden Ute Zader und Bettina Christian Singelmann einen von Holdt. Neu in den Jahresrückblick. Neben dem Vorstand aufgenommen wurvon der Präsidentin des de Dr. Stephen Schlöpke in Schleswig-Holsteinischen der Funktion des PressespreOberlandesgericht Fölster im chers. Das bisherige Mai 2009 gehaltenen Vortrag Vorstandsmitglied Thorsten über das inzwischen auf Eis Fürter war mit Rücksicht auf gelegte Projekt 2010 und verDer alte und neue die Annahme seines Landschiedenen interessanten BeVorsitzende: tagsmandats ausgeschieden. sichtigungen fand natürlich Christian Singelmann Alle übrigen Mitglieder des auch das traditionelle EisVorstands wurden einstimmig wieder gebeinessen im Dezember vergangenen wählt: Kassenführer Hans-Jürgen HumJahres Erwähnung, das eine Spende von bert, Schriftführerin Silke Ahrens, als 821,00 Euro zu Gunsten des Vereins Lüweitere Mitglieder Volker Brandt, Christibeck-Hilfe für krebskranke Kinder e.V. an Braunwarth, Dorothea Röhl, Malte erbracht hatte. Sebelefski und Dr. Jörg Grotkopp. Aus dem anschließenden Bericht des Nach der Pflicht folgte die Kür: Es Kassenführers Hans-Jürgen Humbert erschloss sich ein geselliger Abend bei gab sich dessen Vorschlag, die MitglieBier, Wein und Brezeln an, wie es schon derbeiträge für 2010 um 20,00 Euro zu lange Tradition ist. erhöhen. Als Gründe nannte er die gestiegenen Beiträge des Richterverbandes, die gestiegenen Versandkosten der RichDr. Stephen Schlöpke terzeitung, den im vergangenen Jahr erwirtschafteten Verlust des Vereins und die Empfehlung des Landesverbandes zur Harmonisierung der Beiträge für aktive Mitglieder. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 49 Der Lübecker Richterverein besichtigt EUROIMMUN die Firma selbst entwickelt hat, Am 26. April 2010 konnten Miterstellt werden. glieder des Lübecker Richtervereins aufgrund der BemüUntergebracht ist das Haupthaus hung des Vorstandes die Firma der Firma in alten, gut renovierEuroimmun besichtigen. Es ten Fliegerkasernen in parkartiger handelt sich um ein relativ groUmgebung nahe des Lübecker ßes Unternehmen, das ReaFlugplatzes. Es hat uns beeingenzien für die medizinische druckt, dass die Firma ganz überLabordiagnostik herstellt, das wiegend Frauen in allen Sparten sind Testsysteme, mit denen einsetzt, bewusst und mit gutem man durch eine Erkrankung Kollege a.D. Erfolg, und deren Arbeit durch eientstandene, im Serum eines Eugen von nen Kindergarten ab 3 Monaten Patienten vorhandene AntikörWietersheim bis zum Hort und eine gut geführper feststellen und dadurch te Kantine unterstützt. Innerhalb der Firdiagnostizieren kann, ob der Mensch an ma duzen sich alle, auch interne Schreieiner bestimmten Infektionskrankheit, ben werden so verfasst. Es gibt 4 einer Allergie oder einer AutoimmunZweigstellen mit zum Teil unterschiedlikrankheit leidet. Die Firma hat eine Reichem Wirkungsbereich in Deutschland he von Testmethoden entwickelt, die und etwa 11 Auslandsniederlassungen, hochmoderne technische Verfahren und auch in China, Singapur, Kapstadt und Mikroanalysen erfordern. Eine Besonderden USA. Weltweit arbeiten über 3 000 heit sind Biochips, papierdünne Folien, beschichtet mit noch dünneren Proben Laboratorien mit den Produkten. aus Zellen oder Gewebeschnitten, die wiederum in Spezial-Schneidgeräten, die Eugen von Wietersheim Neuer Vorstand in Schleswig Der Schleswiger Richterverein (SVRS) hat in seiner Jahreshauptversammlung am 23.3.2010 beschlossen, den Beitrag für aktive Mitglieder auf 130,--€ zu erhöhen und für Pensionäre auf 120,--€. Darüber hinaus wurde ein neuer Vorstand gewählt. Dieser besteht aus: RiVG Holger Bruhn (Vorsitzender), RiOLG Axel Burmeis- SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND ter, OStA Dr. Georg Güntge, RiOLG KayUwe Lewin und RiLSG Thomas Rutz. Ri´in OLG Christiane Wien und VPräs´inLSG Jutta Lewin-Fries hatten nicht für eine Wiederwahl kandidiert. Kay-Uwe Lewin Seite 50 Das neue FamFG – Was fangen wir damit in der Praxis an? Fachtagung des Schleswiger Richtervereins Im Anschluss an die Veranstaltungen der zur Verabschiedung des neuen Gesetzes Vorjahre hatte der Schleswiger Richterdauerten über 50 Jahre. Dennoch kann verein am 11. November 2009 erneut zu das Ergebnis - aus Sicht der Praxis – einer Fachtagung in den Plenarsaal des nicht befriedigen. Dr. Bahrenfuß verwies Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgeinsoweit auf die jetzt schon vorliegenden richts eingeladen. Vor dem Hintergrund 40 Änderungen in bisher 8 Änderungsgeder gesetzlichen Neuregelungen zum setzen. Für Heiterkeit mit einem Anflug FamFG lautete das Thema der Veranvon Resignation sorgte unter den Anwestaltung: „Das senden der Hinweis neue Familiendes Referenten auf recht“. Als Refedie strukturellen Fehrenten konnten ler des Gesetzes, geder Vorsitzende gen die man (auch) Richter am Obermit der Rechtsprelandesgericht Raichung nicht ankomner Hanf und die men könne. Im weiteRichter am Oberren Verlauf seines Relandesgericht Dr. ferates ging Dr. BahDetlef von Krog renfuß auf die inhaltliund Dr. Dirk Bahchen Änderungen und renfuß gewonnen v.l.n.r.: VPräsínLSG Jutta Lewin-Fries, RiOLG Besonderheiten des werden. Die Mo- Dr. Dirk Bahrenfuss, VRiOLG Rainer Hanf, neuen FamFG ein. Beideration lag in RAuN Kirsten Berlage, VRiOLG Dr. Detlef von spielhaft nannte er die Krog den bewährten Einführung des großen Händen der Familiengerichts beim Rechtsanwältin und Notarin Kirsten BerAmtsgericht und, dass Ehen nicht mehr lage aus Schleswig. Die Aktualität der durch Scheidungsurteil, sondern durch Anwendungsprobleme mit dem am 1. Scheidungsbeschluss geschieden werSeptember 2009 in Kraft getretenen Geden. setz zeigte sich an dem großen Interesse, das der Veranstaltung nicht nur aus Mit spitzer Zunge nahm sich als nächster dem Kreis der mit dem Familienrecht beReferent Dr. Detlef von Krog der sperrifassten Richterinnen und Richter, songen Themen Zugewinn- und Versordern auch von den Rechtsanwältinnen gungsausgleich an. Humorvoll und schound Rechtsanwälten im Lande entgegennungslos legte er zunächst sprachliche gebracht wurde. Über 200 Teilnehmer/ Missgeschicke des Gesetzgebers offen, innen aus ganz Schleswig-Holstein hatzum Beispiel bei der wechselnden Beachtung des Genitivs („Anpassung wegen ten sich zur Fachtagung in Schleswig anUnterhalt“, § 33 VersAusglG). Als maßgemeldet. gebliche Änderung des VA-Gesetzes bezeichnete Dr. von Krog den radikalen SyAls erster Referent verschaffte Dr. Dirk stemwechsel bei der Durchführung des Bahrenfuß den Teilnehmern/innen einen Versorgungsausgleichs. Dieser zeichnet kurzen Überblick über die gesetzgeberisich dadurch aus, dass nunmehr jedes sche Entstehungsgeschichte des FamFG Anrecht einzeln ausgeglichen wird. Als und die dabei zu überwindenden Schwieeine Neuerung bei der Berechnung des rigkeiten. Die Reformbestrebungen bis SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 51 Zugewinns nannte er die Berücksichtigung des negativen Anfangs- und Endvermögens sowie eine Erweiterung der Auskunftspflicht nach § 1379 BGB bezogen auf den Trennungszeitpunkt. Auch die von ihm behandelten Themenkomplexe gaben dem Referenten Dr. Detlef von Krog mit Blick auf den Gesetzgeber Veranlassung, auf bereits von Bismarck getätigte Überlegungen hinzuweisen, es sei besser, sowohl beim Wurstmachen als auch beim Gesetzemachen nicht so genau zu wissen, wie es gehe. Last but not least beleuchtete der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Rainer Hanf das Thema: „Der Umgang mit der Sorge – Die Sorge mit dem Umgang“. Es stelle sich die Frage, ob das neue Recht an dem Spannungsverhältnis zwischen Elternrecht und Kindeswohl etwas verbessert habe. Berücksichtige man die den jetzt am Verfahren Beteiligten zukommenden Kompetenzen und die vorgesehenen Verfahrensabläufe sei eine eher kritische Betrachtung angezeigt, ob tatsächlich eine Verbesserung zum Wohle des Kindes eintrete. Weder werde durch die gesetzlichen Neuregelungen eine intensivere Beteiligung des Jugen- SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND damtes erreicht noch die Position der Kinder im Verfahren, zum Beispiel bei ihrer Anhörung durch die Festsetzung eines Mindestalters, gestärkt. Als Fazit seines Vortrags gelangte der Referent Rainer Hanf zu der Einschätzung, dass eine effektivere Umsetzung von Umgangsregelungen durch die gesetzlichen Änderungen im FamFG bezweifelt werden dürfe. Im anschließenden Dialog zwischen den Referenten und den Zuhörern, der von der langjährig im Familienrecht tätigen Rechtsanwältin Kirsten Berlage kompetent gefördert wurde, kamen trotz der erst kurzen Zeit der Geltung des Gesetzes weitere Problembereiche zur Sprache. Nach rund drei Stunden waren sich die Moderatorin und die Referenten mit den Teilnehmern/innen der Veranstaltung in ihrer Bewertung einig: In der Praxis stellt die Anwendung des neuen FamFG noch eine große Herausforderung für die Gerichte und die Anwaltschaft dar. Eine Nacharbeit des Gesetzgebers erscheint unverzichtbar. Christiane Wien Seite 52 60 Jahre Richterverein in Schleswig Wie es seit langem gute Tradition ist, hatte der Schleswiger Richterverein auch in diesem Jahr wieder zu dem gemeinsamen Essen der Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte im “Alten Fährhaus” in Fahrdorf geladen. Einen besonderen Anlass zu einem gemeinsamen Gedanken- und Erfahrungsaustausch bot in diesem Jahr das 60-jährige Bestehen des Vereins. Aktivitäten eines Schleswiger Richtervereins zu verzeichnen. Ein erster Eintrag im Kassenbuch datiert vom 16. März 1950 und bereits im Oktober 1950 wurde ein Formular für Beitragsmahnungen entworfen. So sehr scheinen sich die Zeiten also nicht gewandelt zu haben. Damals waren immerhin zweimal jährlich 5,- DM zu bezahlen. Aus der damaligen Zeit existiert auch noch ein “Kegelbuch”, das bis 1957 geführt wurde. Erwähnenswert ist ferner, dass 1955 ein Entwurf für eine “Hilfskasse” erstellt wurde, vermittels derer bedürftigen Kollegen oder Hinterbliebenen Darlehn oder Zuschüsse zugute kommen sollten. Heute ungewiss ist, welches Schicksal diese “Hilfskasse” erfahren hat. Danach erinnerte VRiOLG a.D. Eckhard Hensen - selbst lange Jahre Vorsitzender des Schleswiger Richtervereins - in seiJustizminister Emil Schmalfuß und der Vorsit- ner Rede an die - an diesem Abend leizende des Schleswiger Vereins RiVG Holger der verhinderte - Kollegin Frau VRi’inOLG Bruhn a.D. Dr. Helga Gosch (“der Verein war sie”). Mit gut 40 Teilnehmern blieb die Beteiligung zwar etwas hinter den Erwartungen zurück, das tat der guten Stimmung aber in keiner Weise Abbruch. Zudem konnte der Verein die Teilnahme sowohl des Justizministers Emil Schmalfuß als auch des Staatssekretärs Michael Dölp als Ehrengäste verzeichnen. Der Vorsitzende des Vereins, RiVG Holger Bruhn, ließ in seiner Begrüßungsansprache zunächst die Vereinsgeschichte Revue passieren. Nachdem das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht im April 1948 von Kiel nach Schleswig verlegt worden war, sind bereits 1950 erste SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND VRiOLG a.D. Eckhard Hensen Seite 53 Nach einem Grußwort des Justizministers übermittelte der Vorsitzende des Landesverbandes, VPräsLG Dr. Wilfried Kellermann, die besten Wünsche des Landesverbandes und des Deutschen Richterbundes. Er nahm in seiner Ansprache Stellung zu aktuellen justizpolitischen Fragen (Föderalismusreform, Informationstechnologie). Die Fortbildungsveranstaltungen des Schleswiger Richtervereins fanden sein besonderes Lob. Die Vorsitzende des Flensburger Vereins Ri´inAG Helga Placzek fand für die Veranstaltungen des Schleswiger Vereins nur lobende Worte. Das Fest nahm dann mit dem gewohnt guten und reichhaltigen Essen seinen Lauf und fand - wie in den vergangenen Jahren - bei mediterranen Temperaturen und Windstille auf der Lokalterrasse an der Schlei seinen Fortgang. Es wird berichtet, dass sich die letzten Teilnehmer erst nach 23.00 Uhr trennen mochten. So oder ähnlich könnte - dann bei einer hoffentlich noch größeren Teilnehmerzahl - auch das 61jährige Bestehen des Schleswiger Richtervereins begangen werden. Der Landesvorsitzende Dr. Wilfried Kellermann Zum Abschluss - last but not least übermittelte die Vorsitzende des Flensburger Richtervereins, Frau stellvertr. Direktorin am Amtsgericht Husum Helga Placzek, die Grüße ihres Vereins und Axel Burmeister Die Festgesellschaft SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 54 Tipps und Tricks zum DRB-Forum Benachrichtigungsfunktion Gesicherte Kommunikation nutzen Viele Kolleginnen und Kollegen schauen täglich in das DRB-Forum, um zu sehen, ob es neue Beiträge gibt. Das freut uns sehr! Daneben kann man sich aber auch vom Forum informieren lassen, ob es neue Beiträge gibt. Hat man selbst eine neue Diskussion erstellt, geschieht das automatisch. Bei allen anderen Forum / Themen gibt es die Möglichkeit sich gezielt informieren zu lassen, wenn ein neuer Beitrag eingestellt wurde. Dazu einfach das Forum, z.B. Zivilrecht / Zivilverfahrensrecht aufrufen, ganz nach unten scrollen und Forum beobachten bzw. Bekanntlich ist es aus Datenschutzgründen meist verboten, Entscheidungsentwürfe zwischen häuslichem PC und Dienst-PC unverschlüsselt hin und her zu mailen, und Verschlüsselungs-programme stehen auf den Dienst-Rechnern kaum zur Verfügung. Auch hier kann das DRB-Forum helfen. Die Kommunikation zwischen PC und DRB-Forumsserver findet nämlich via verschlüsselter https://Verbindung statt, sodass hier niemand mitlesen kann – hier muss man sich also um die Datensicherheit keine Gedanken machen. Wie aber kann man die Datei im DRB-Forum zwischenlagern? Hier kommt die Persönliche Nachricht ins Spiel. Einfach auf im oberen Bereich auf neue Nachricht klicken. Thema beobachten anklicken. Dann eine NeuePN anklicken Nun wird man automatisch informiert, wenn es in den betreffenden Forum / Thema eine Veränderung gibt. Man braucht aber keine Angst zu haben, dass das eigene Postfach mit eMails geflutet wird. Man bekommt nur bei der ersten Veränderung eine Mitteilung mit dem Link zum neuen Beitrag. Eine neue Mitteilung bekommt man dann erst wieder, wenn seit der letzten Mitteilung das Forum aufgerufen wurde. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Als Empfänger sich selbst, also die eigene Forums-Kennung (z.B.: D.MardorfSH) angeben und hinzufügen drücken. Dann einen Betreff: und einen kurzen Text eingeben. Seite 55 Nun ganz nach unten scrollen und den Button Durchsuchen die Datei, die man gerne nach Hause schicken möchte, auswählen (man sollte sie ggf. vorher aus der Dokumentenablage in sein privates Verzeichnis kopiert haben) Die übersandte Datei entweder mit der linken Maustaste anklicken und öffnen oder mit der rechten Maustaste anklicken und so das Kontextmenü aufrufen und mit dem Befehl Ziel speichern unter die Datei auf den neuen Rechner speichern. Und auf Senden drücken! Vom jeweils anderen PC aus muss man sich nun einfach wieder beim DRB-Forum anmelden und auf neue Nachricht klicken. Es erscheint nun wieder das Übersichtsfenster und unserer eigenen Nachricht. Diese nun durch Anklicken aufrufen. Der Weg zurück für die bearbeitete Datei funktioniert genauso. Ulf Buermeyer & Dominik Mardorf SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 56 Die Untersuchungshaft Haftanordnung und landesrechtlicher Vollzug nach neuem Recht von Christian Wiesneth, Kohlhammer, 34,80 EUR Den besonderen Reiz des Werkes macht aber die Darstellung des Vollzuges der U-Haft aus, der für mich als Berufsanfänger ein großes schwarzes Loch war und lange blieb. Auch hier ermöglicht die Darstellung von Wiesneth einen guten Überblick und ein schnelles Einarbeiten, indem er auch auf den zur Zeit herrschenden Flickenteppich von noch nicht abgelöster UVollzO, bereits in Kraft Diese Lücke hat Christian Wiesneth getretenem Landesrecht und gemit seinem neuen Werk Die Unplanten Neu-Regelungen mit den tersuchungshaft nun geschlosdaraus resultierenden Problemen sen. Zwar behandeln auch seine aus der Sicht des Praktikers darbeiden Vorgängerwerke Hand- Der Rezensent stellt. Durch die Neuordnung des buch für das ermittlungsrichRechts können Anordnungsgericht terliche Verfahren und Der amtsrichund Vollstreckungsort der U-Haft durchterliche Bereitschaftdienst das Thema aus in unterschiedlichen Bundesländern durchaus in der gebotenen Tiefe, denund damit in unterschiedlichen Rechtsnoch weist dieses Werk nochmals einen ordnungen liegen, was bei dem Treffen Qualitätssprung auf. Klar und gut von verfahrenssichernden Anordnungen verständlich geschrieben, führt es den nach § 119 Abs. 1 Satz 2 StPO oder geLeser durch die Untiefen des Haftrechts, richtlichen Entscheidungen über Volldie gerade durch das Gesetz zur Ändezugsmaßnahmen durchaus bedacht sein rung des Untersuchungshaftrechts vom will. Aber auch hier leitet der Wiesneth 29.7.2009 entstanden sind. Durch die einen sicher durch die Untiefen des drucktechnisch hervorgehobenen PraxisRechts. und Verteidigerhinweise wird man - auch als Richter - auf mögliche Fallstricke hinDas einzige, was die Freude an diesem gewiesen, in denen man sich insbesonfür den Praktiker ungemein hilfreichen dere als Anfänger leicht verheddern Werk etwas trübt, ist das Fehlen der kann und die man sonst erst nach längesonst üblichen Muster und Vorlagen. rer Kommentarlektüre finden würde. Zwar gibt es ein Muster für verfahrenssiAuch der im übrigen oft verwendete cherende Anordnungen, aber die HaftbeKursiv- und Fettdruck erleitern das Auffehl- und Protokollmuster fehlen. Hier finden des wesentlichen Inhalts der einkann man auf die früheren Werke des zelnen Randnummern ungemein. BesonAutors zurückgreifen, wobei ich es schöders gut haben mir die Checklisten für ner äinde, wenn alles in einem Band verdie einzelnen Haftgründen gefallen, die eint wäre. Vielleicht könnte dies ja, bei eine schnelle Einarbeitung und Beurteieiner Zweitauflage berücksichtigt werlung, ob diese selbige gegeben ist, erlauden. ben. Zu den Dingen, die mir aus meinen Richterleben immer in Erinnerung bleiben werden, gehört auch meine erste Haftvorführung. Bewaffnet mit Skripten, Kommentar und universitären Wissen habe ich meinen ersten Beschuldigten mehr schlecht als recht in Haft genommen. Ein wirklich gutes Anleitungsbuch fehlte mir. SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 57 Unabhängig davon gehört dieses Werk auf den Tisch des Haftrichters, in die Bibliothek jedes Gerichts und jedes Strafverteidigers, denn es gewährleistet, dass man in der Kürze der Zeit, die einen in Haftsachen zur Verfügung steht, schnell und umfassend jedes sich stellende Problem löst. Dominik Mardorf Doktor Siri vs. Doctorow Dr. Siri und seine Toten, Colin Cotteriell, Goldmann, 8.95 EUR Little Brother, Cory Doctorow, rotfuchs, 14,95 EUR Heute will ich Ihnen zwei Krimis vorstellen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Dr Siri und seine Toten bzw. Little Brother. Dr. Siri und seine Toten führt uns in das Laos des Jahres 1976 zurück. Die Kommunisten haben 1975 die Macht übernommen und anstatt ihren alten Mitkämpfer Dr. Siri Paiboun mit seinen 72 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand zu entlassen, machen sie ihn zum einzigen Leichenbeschauer des Landes. Bewaffnet mit einem französischen Pathologiebuch aus den 30iger Jahren und unterstützt von dem mongoliden Gehilfen – Herrn Geung – und einer Krankenschwester nimmt der ehe wegen ein paar Brüsten als wegen seiner Überzeugung zur Partei gekommene Siri die Aufgabe an und schon nach kurzer Zeit landet ein prominentes Mitglied der Partei auf seinem Seziertisch, Frau Nitnoy, verheiratet mit dem Genossen Kham, führendes Mitglied der Frauenunion. Beim Essen ist sie einfach tot vom Stuhl gefallen und ihr Mann hat kein größeres Interesse, als dass schnell die Akte geschlossen werden. Daher läßt er seine Frau ruck zuck aus der Pathologie abholen. Und ehe Dr. Siri seinem Verdacht, dass es sich um Mord handelt, richtig nachgehen kann, landen weitere Mordopfer in seinen Tiefkühlraum. Dr. Siri und seine Toten lebt von seinem intelligenten Humor und seinen BeSCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND schreibungen aus dem Reich des real existierenden Sozialismus ostasiatischer Prägung. Königlich ist, wie der 72jährige Protagonist zum ersten Mal ein Telefon bedient oder sich mit einem alten Freund, einem mächtigen Politbüromitglied, über den sonntäglichen Arbeitseinsatz lustig macht. Gleichzeitig erfährt man eine ganze Menge über die jüngere asiatische Geschichte und das auf eine äußerst kurzweilige Weise. Ein passender Roman für die Ferien –, aber auch für daheim Bleibende. Doctorow´s Little Brother könnte nicht gegensätzlicher sein. Es führt uns in das Amerika der Jetztzeit. Marcus ist ein Computerkid in San Francisco. Und da die Schule nicht so furchtbar spannend ist, nimmt er mit Freuden an einem Spiel teil und gerät so zur falschen Zeit an den falschen Ort. Den Ort eines Terroranschlags. Und da er verdächtig erscheint landet er im Gewahrsam des departments of homelandsecurity (dhs). Zwar wird er nach einigen Tagen wieder frei gelassen, inzwischen hat sich aber die Stadt in einen Orwell´schen Alptraum verwandelt. Doch Marcus, den die nicht gerade rechtsstattliche Behandlung des dhs schockiert hat, nimmt als M1k3y (sprich Mikey) den Kampf für die Freiheit auf….. Little Brother ist eigentlich ein Jugendbuch, doch auch für Erwachsene extrem Seite 58 erkenntniseich. So erfährt man viel über die einem vielleicht schon fremde Jugendkultur, über Grundlagen der IT- und Sicherheitstechnik und wie sie sich austricksen lassen. Gerade die technische Seite ist hervorragend aufbereitet und deshalb für den absoluten Laien leicht zu verstehen. Schließlich sind die Grundrechts- und Wertedebatten sehr lesenswert. Das ideale Buch, um Jugendliche auf die Gefahren des Internets und des Überwachungsstaates hinzuweisen, aber auch aus diesem Grund als Erwachsenenlektüre nicht zu vernachlässigen. Doctorow weiß worüber er schreibt, schließlich gehört er zu den 25 einflussreichsten Persönlichkeiten im Internet. Lassen sie sich entführen….. Dominik Mardorf Komme nicht zum Termin, bin in Südsee: Aktenperlen aus der Justiz Von Tim Feicke, 7,80 EUR, ISBN-10: 3839186285, Amazon.de Man muss ja als Setzer der Info ehrlich sein: Natürlich ist mir bewusst, dass seit vier Heften, die Kolleginnen und Kollegen immer die vorletzte und damit die wichtigste Seite jeder neue Ausgabe zuerst aufschlagen, um die neueste Folge des Komme nicht zum Termin, bin in Südsee. Aktenperlen aus der Justiz. Holsteiner Landrechts zu lesen. Und auch man selbst denkt: Wären die Folgen nur länger……. Dabei sitzt oder besser saß Tim Feicke nach kurzer Zeit auf soviel Material, dass es für – wie er sich ausdrücke – 20 Jahre Info - gereicht hätte. Nun hat er mit seiner landrechtshungrigen Fangemeinde ein Einsehen. Pünktlich zur 100-JahrFeier des Gebäudes des AG Elmshorn präsentiert er auf 88 Seiten das Beste SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND 4GEJV aus seinen Schätzen. Ein Genuss, der zu auf keinem Schreibtisch eines Juristen fehlen darf. Einfach für 7,80 EUR bei www.amazon.de unter dem Stichwort Tim Feicke bestellen. Aber keine Angst: es ist noch genügen Material für viele Folgen des Holsteiner Landrechts Mit ausgewählten Cartoons von Tim Oliver Feicke in der Info vorhanden und falls notwendig produzieren mir (un)gewollt eben neues! Dominik Mardorf Seite 59 Im Namen der Republik Rechtsalltag in der DDR Dieter Gräf, Herbig Verlag München, 2009, 254 Seiten, 9,95 EUR Michael Prox, Präsident der Schleswig- de jetzt. 20 Jahre nach dem Fall der Holsteinischen Mauer leidet das Erinnerungsvermögen”, Rechtsanwaltskammer, wird nicht müde, zum 20. Jahres- so Prox. Sabine Leutheusser- tag der Wiedervereinigung auf die- Schnarrenberger, ses Buch hinzuweisen (z. B. Kam- heute mernachrichten I/2010). Zu Recht, hat bereits 1994 festgestellt:” und zwar im eigentlichen Wortsin- Wolf R. Wrege ne. Dieter Gräf war von 1970 bis 1982 in Weimar als Rechtsanwalt tätig, damals wie Bundesjustizministerin, Wir alle müssen uns mit der Geschichte sowohl der alten Bun- desrepublik Deutschland als auch der bevor er 1984 in die Bun- ehemaligen DDR ausei- desrepublik ausreisen durf- nandersetzten, um die te. Er schildert aus seiner Grundlage für eine ge- beruflichen Tätigkeit in der meinsame DDR elf zum Teil erschüt- erarbeiten”. ternde Fälle und macht da- nichts hinzuzu-fügen. Zukunft Dem zu ist mit die Rolle der Justiz in der DDR deutlich. “Das Buch Wolf Reinhard Wrege … ist wichtig und dies gera- SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 60 SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Seite 61 SCHLESWIGHOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND verband der richterinnen und richter, staatsanwältinnen und staatsanwälte Beitrittserklärung Hiermit erkläre ich meinen Beitritt zum Richterverein O Flensburg O Itzehoe O Kiel O Lübeck O Schleswig im Schleswig-Holsteinischen Richterverband. Der Mitgliedsbeitrag beträgt jährlich 130,-- € (im Beitrittsjahr anteilig). Der darin enthaltene Bezug der DRiZ erfolgt an meine O Dienstanschrift O Privatanschrift. Mit der Übermittlung meiner Daten an den Deutschen Richterbund bin ich einverstanden. Name Vorname Amtsbezeichnung Gericht/Dienststelle Privatanschrift Ort, Datum Unterschrift Einzugsermächtigung Ich ermächtige den Verein, meinen Mitgliedsbeitrag von folgendem Konto einzuziehen: Konto-Nr. Kontoinhaber Kreditinstitut BLZ Ort, Datum Unterschrift Bitte senden Sie das ausgefüllte Formular sowie spätere Änderungsmitteilungen an den/ die jeweilige(n) Vereinsvorsitzende(n), der/die Ihnen auch gern bei Rückfragen zur Verfügung steht. Richterverein Flensburg: RiAG Helga Placzek, AG Husum. Richterverein Itzehoe: VPräsLG Dietmar Wullweber, LG Itzehoe. Richterverein Kiel: VRiLG Andrej Marc Gabler, LG Kiel. Richterverein Lübeck: VRiLG Christian Singelmann, LG Lübeck. Richterverein Schleswig: RiVG Holger Bruhn, VG Schleswig. Weitere Informationen www.drb.de. finden SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND Sie auch im Internet unter www.richterverband-sh.de und Seite 62 „Humor ist die Fähigkeit, heiter zu bleiben, wenn es ernst wird.“ Ernst Penzoldt (1892-1955), dt. Schriftsteller In diesem Sinne: Holsteiner Landrecht Folge 5. Die nachfolgenden Akten„Perlen" sind authentisch und von den Kollegen verbürgt. Anmerkungen der Redaktion sind kursiv gedruckt. Wir wünschen viel Vergnügen bei der Lektüre! Ihre Redaktion Karnevalsbekanntschaft? Einlassung in einer Familiensache: „Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass die von mir später benannte Zeugin R. weder meine Frau noch Freundin ist. Ich bin lediglich der Vater ihrer Tochter V.“ Nicht schön warm fürs Auto. Aus einem Mietvertrag: „ein Parkplatz für € 16,- mtl., netto kalt“. Teststrecke? Aus einem Ordnungswidrigkeitenverfahren. Der Betroffene wurde um 17.05 Uhr mit 45 km/h zu viel geblitzt, wendete nach ca. 300 Metern und wurde um 17.06 Uhr in der Gegenrichtung nochmals geblitzt - diesmal mit 47 km/h zu viel. Einspruchsbegründung: Konterkariert. Stellungnahme in einem Anwaltshaftungsprozess: „Damit würde gerade der mit dem Entzug der Anwaltszulassung verfolgte Zweck konterkariert werden, denn es soll damit gerade sichergestellt werden, dass Mandanten entgegen ihren tatsächlichen Interessen beraten werden.“ In eigener Sache, aus der SH-Info Heft 1 / 2010, Seite 52: „In diesem Moment wachte der Kollege M durch den Wecker aufgeschreckt schweißnass auf. Gott sei Dank hatte er nur geträumt.“ Erklärung eines Schuldners, der seine Schulden nicht zahlte, aber Möbel kaufte: „S. hat die Straftat ohne jegliche Beanstandungen hinter sich gebracht.“ SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER RICHTERVERBAND „Es dürfte gerichtsbekannt sein, dass sich Deckenputzbrocken ziemlich rückstandsfrei von Möbeln absammeln lassen.“ „Das Auto hatte einen Defekt gehabt, ich wollte testen, ob es endlich wieder normal beschleunigt.“ Gott sei Dank hat niemand bemerkt, dass Kollege M das „w“ in „schweißnass“ vergessen hatte... Note: Gut. Aus einer Ermittlungsakte: Sind Gerichte so baufällig? Aus einer Klage: „Schulden u.s.w.: Und dann musste ich ja auch noch den Hall aus meiner leeren 1-Zimmer-Wohnung vertreiben.“ Abschweifende Fledermäuse oder abschweifender Anwalt? Auf S. 120 der Akte trägt der Kläger vor: „Auch die Fledermausgeschichte, die offenbar die Zustandsbehauptung der Beklagten stützen soll, stammt ersichtlich aus dem Reich der Legenden. Dass mit Ultraschall navigierende Fledermäuse sich in Häuser "verirren", soll mitunter in Transsylvanien berichtet worden sein, nicht jedoch aus Stelle-Wittenwurth.“ Allen Einsendern vielen Dank! Haben auch Sie Beiträge zu dieser Rubrik? Senden Sie diese bitte per eMail an Tim.Feicke@ ag-elmshorn.landsh.de Seite 63