LK Chemie Q1.2 (Herr Juhl)
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LK Chemie Q1.2 (Herr Juhl)
Immanuel-Kant-Gymnasium Münster-Hiltrup Schuljahr 2011/12 LK Chemie Q1.2 (Herr Juhl) Herstellung von alternativen Kraftstoffen am Beispiel von Bioethanol Facharbeit von Anna Vennhoff Münster 19.03.2012 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung in das Thema der alternativen Kraftstoffe……………………………..…….…3 1.1 Notwendigkeit der alternativen Kraftstoffe…………………………………..…….3 1.2 Themen dieser Arbeit……………………………………………………...……….4 2. Verschiedene alternative Kraftstoffe………………………………….…………..…………4 2.1 Biodiesel………………………………………………………...………………….4 2.2 Brennstoffzelle……………………………………………………..………………4 2.3 Bioethanol……………………………………...…………………..………………5 2.3.1 Allgemeine Nutzung………………………………………...………...….5 2.3.2 Herstellung von Bioethanol im Schülerversuch………….….….......……6 2.3.3 Industrielle Herstellung von Bioethanol…………………….…....………7 3. Vor- und Nachteile der alternativen Kraftstoffe………………………………….……...….9 3.1 Brennstoffzelle……………………………………………………….…………….9 3.2 Regenerative Kraftstoffe……………………………………………….………....10 4. Persönliches Fazit……………………………………….……………………………........11 5. Literaturverzeichnis………………………………………………………………………..13 6. Anhang……………………………………………………………………………………..15 6.1Versuchsaufbau/Versuchsbeobachtungen………………………………………....15 6.2 Internetquellen…………………………………………………………………….17 6.3 Broschüre des Bundesumweltministeriums…………………………...………….22 1.Einführung in das Thema der alternativen Kraftstoffe 1.1. Notwendigkeit der alternativen Kraftstoffe Als Carl Benz im Jahr 1889 das erste Automobil mit Verbrennungsmotor zum Patent anmeldete, wurde es noch mit Gas betrieben, in den folgenden Jahren setzten sich jedoch Benzin und Diesel als Kraftstoffe durch. Auch heute werden sie noch in ähnlicher Zusammensetzung genutzt. Doch im Laufe der Zeit zeichnete sich ein Problem ab: Diese Kraftstoffe werden alle aus Erdöl gewonnen, einem fossilem Energieträger, der in großen Mengen unter der Erde ruht. Jedoch steigt der Verbrauch stetig, so dass in naher oder ferner Zukunft mit einem Versiegen der Quellen zu rechnen ist. Die Angaben zur Größe der restlichen Vorkommen unterscheiden sich von Quelle zu Quelle und sind wohl auch nicht vollkommen zu erfassen. 1 2 Aufgrund der Endlichkeit der Ressourcen geraten regenerative Kraftstoffe immer stärker in den Vordergrund. Doch auch der Klimawandel trägt zur Beliebtheit der neuen Kraftstoffe bei. In einem klassischen Verbrennungsmotor reagieren Kohlenwasserstoffe und Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid und Wasser. CmHn + (m+n/4) O2 m CO2 + n/2 H2O „Weil aber nicht nur die Kohlenwasserstoffe als Reaktionspartner für Sauerstoff zur Verfügung stehen, sondern auch große Mengen Stickstoff […], entstehen auch Stick-Oxide, die als Schadstoffe angesehen werden.“ 3 Doch auch ein übermäßiger Ausstoß an Kohlenstoffdioxid ist eine Belastung für die Umwelt. Denn dieser Stoff fördert den sogenannten Treibhauseffekt. Sonnenstrahlen können größtenteils ungehindert durch die Erdatmosphäre dringen und werden dann von der Erdoberfläche gespiegelt. Daraufhin sollten sie im Normalfall die Erde wieder verlassen, jedoch werden die Strahlen von bestimmten Stoffen daran gehindert und wieder zurück auf die Erde geworfen. Zu diesen Stoffen zählen vor allem Wasserdampf, der den größten Anteil zum Klimawandel beiträgt, sowie Kohlenstoffdioxid und Methan. 4 Dieser Effekt führt zu einem Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur, was Vermutungen nach zufolge schwere Folgen wie den Anstieg des Meeresspiegels und Naturkatastrophen wie zum Beispiel Überschwemmungen und Dürren nach sich ziehen wird. 1 www.spiegel.de (10.09.2011) Vgl. Geitmann 2004, S. 25 3 Geitmann 2004, S. 27 4 Vgl. Geitmann 2004, S. 31 2 -3- Um diesem entgegen zu wirken, versuchen internationale Politiker die weltweiten Emissionen an Kohlenstoffdioxid zu verringen. Eines dieser Projekte war zum Beispiel das Kioto-Protokoll, in dem sich 160 Staaten dazu verpflichteten den CO2-Ausstoß zu verringern.5 1.2. Themen dieser Arbeit Im Verlaufe dieser Arbeit werde ich mich mit der Herstellung verschiedener alternativer Kraftstoffe beschäftigen, sowie mit deren Klimafreundlichkeit und moralischer Vertretbarkeit. Ich werde insbesondere auf den Kraftstoff Ethanol eingehen und seine Herstellung beschreiben, dazu werde ich Ethanol selber herstellen. 2. Verschiedene alternative Kraftstoffe 2.1. Biodiesel Biodiesel zählt zu den regenerativen Kraftstoffen, da es aus Raps gewonnen wird. Das gepresste Rapsöl wird zu Rapsölmethylester umgewandelt. Dieser Ester hat den Vorteil, dass er weitaus flüssiger ist als das Rapsöl und außerdem eine niedrigere Entzündungstemperatur besitzt. Diese Eigenschaften sind wichtig für einen Verbrennungsmotor. Regenerative Kraftstoffe gelten als klimaneutral, da die Pflanzen, aus denen sie hergestellt werden, Fotosynthese betreiben. Dabei wandelt diese Kohlenstoffdioxid und Wasser zu Sauerstoff und Glukose um. 6 CO2 + 6 H2O 6 O2 + C6H12O6 Werden diese Pflanzen dann verbrannt, wird genauso viel Kohlenstoffdioxid frei, wie vorher von der Pflanze aufgenommen wurde. 6 2.2. Brennstoffzelle Eine vollkommen andere Erfindung, die dem Klimawandel entgegenwirken könnte, ist die Brennstoffzelle. Ihr Funktionsprinzip ist ähnlich dem der Batterie. Eine Brennstoffzelle besteht aus zwei Elektroden, die durch eine Membran oder ein Elektrolyt räumlich von einander getrennt sind. Zwischen den beiden Elektroden besteht eine 5 6 Vgl. Geitmann 2004, S. 31 www.biologie.uni-hamburg.de (31.07.2003) -4- Potentialdifferenz, welche die Reaktion erst ermöglicht. Sowohl die Anode als auch die Katode sind mit einem Katalysator beschichtet, der die Aktivierungsenergie herabsetzt. Ein möglicher Katalysator ist zum Beispiel Platin. Die Elektroden sind meistens aus Metall oder Kohlenstoffverbindungen aufgebaut. Das bekannteste Reaktionsprinzip ist das der PEFC (Polymembran-Brennstoffzelle). Hierbei wird Wasserstoff an der Anode zugeführt, welche ihn zu Protonen und Elektronen oxidiert. Die Protonen wandern direkt durch die Membran oder das Elektrolyt zur Katode, da diese für Protonen durchlässig sind. Die Elektronen jedoch fließen aufgrund der Potentialdifferenz durch einen äußeren Stromkreislauf über einen elektrischen Verbraucher zur Katode. An der Katode wird Sauerstoff zugeführt und dort reduziert, sodass er sofort mit den Wasserstoffionen zu Wasser reagiert.7 Anodenreaktion: H2 2 H+ + 2eKatodenreaktion: 2 H+ + 0,5 O2 + 2e- H2O Gesamtreaktion: H2 + 0,5 O2 H2O Als Abfallprodukt entsteht bei dieser Reaktion lediglich Wasser. 2.3. Bioethanol 2.3.1 Allgemeine Nutzung Ein weiterer möglicher Ersatz für Βenzin und Diesel wäre Bioethanol als regenerativer Kraftstoff. Er wird aus Pflanzen wie zum Beispiel Mais, Zuckerrüben oder Zuckerrohr gewonnen und gilt daher ebenfalls als klimaneutral (siehe 2.1.). Durch alkoholische Gärung wird die enthaltene Glukose zu Ethanol umgewandelt. Das in Deutschland bereits eingeführte E10 besteht zu 10% aus Bioethanol und zu 90% aus herkömmlichem Kraftstoff. In anderen Ländern wurden bereits Kraftstoffe mit weitaus höherem Anteil an Bioethanol eingeführt. So gibt es an den Tankstellen Schwedens, Brasiliens und der USA bereits E85 zu kaufen, welches aus 85% Ethanol und 15% Benzin besteht. Jedoch muss der Motor für die Nutzung von E85 umgerüstet werden, aber nicht für den Gebrauch von E10.8 7 8 Vgl. Ledjeff-Hey/Mahlendorf 2001, S. 13, S. 20 Vgl. Uhlig 2007, S. 133-136 -5- 2.3.2. Herstellung von Bioethanol im Schülerversuch Die Reaktion der alkoholischen Gärung und die anschließende Destillation lassen sich in einem Schülerversuch nachstellen: Versuch: Umsetzung von Zucker zu Ethanol Material: Erlenmeyerkolben (1Liter) mit durchbohrtem Stopfen, Gärröhrchen, heizbarer Magnetrührer, Rührfisch, Thermometer Chemikalien: 10%ige Glukoselösung, Trockenhefe, Kalkwasser, Cerammoniumnitrat Aufbau/Skizze: siehe Anhang Durchführung: In den Erlenmeyerkolben werden 250 ml Glukoselösung gegeben, sowie 10 g Trockenhefe. Das Gemisch wird unter ständigem Rühren erwärmt und dann konstant bei 30°C gehalten. Der Erlenmeyerkolben wird mit Stopfen und dem mit Kalkwasser befüllten Gärröhrchen verschlossen und für einige Tage stehen gelassen. Beobachtung: Die Hefe löst sich im Gemisch, welches eine bräunliche Farbe annimmt. Schon nach 30 Minuten entsteht Schaum auf der Oberfläche und das Kalkwasser beginnt sich zu trüben. Nach 60 Minuten ist der Schaum auf der Oberfläche des Gemisches bereits 4 cm hoch und die Trübung des Kalkwassers ist weiter fortgeschritten. Nach 5 Tagen ist die Flüssigkeit im Kolben nur noch leicht getrübt, am Boden hat sich ein Absatz gebildet und beim Bewegen des Kolbeninhalts tritt eine Gasentwicklung auf. Der Cernitrattest fällt schwach positiv aus. Die Lösung ist nicht brennbar. Deutung: Bei dem Absatz auf dem Boden handelt es sich um die Überreste der Hefe, die nicht an der Reaktion teilgenommen haben. Aufgrund des positiven Cernitrattestes lässt sich schließen, dass Alkohol entstanden ist. Jedoch liegt der Anteil unter 50%, da das Gemisch nicht brennbar ist. Die Trübung des Kalkwassers deutet auf die Entstehung von Kohlenstoffdioxid hin. Bei dem Gas in der Lösung handelt es sich ebenfalls um Kohlenstoffdioxid, welches den Erlenmeyerkoben nicht verlassen konnte und deshalb mit dem Wasser kurzfristig zu Kohlensäure reagierte. Um den Anteil des Alkohols zu erhöhen, wird eine Destillation durchgeführt. Versuch: Abdestillieren des soeben hergestellten Alkohols Materialen: Rundkolben, Heizpilz, Thermometer, Liebigkühler, Ständer, Becherglas Chemikalien: Lösung aus dem vorherigen Versuch, Cerammoniumnitrat -6- Aufbau/Skizze: siehe Anhang Durchführung: Die Lösung wird in den Rundkolben gefüllt, an den ein Thermometer und ein Liebigkühler angeschlossen sind. Die Lösung wird mit dem Heizpilz auf ca. 80°C erhitzt. Beobachtung: Die abdestillierte Flüssigkeit ist klar, brennbar und der Cernitattest fällt stark positiv aus. Deutung: Bei der abdestillierten Flüssigkeit handelt es sich um Alkohol, dessen Konzentration bei über 50% liegt. Bei einer Dichtebestimmung ergab sich eine Dichte von 0.86 ρ. Daraus lässt sich schließen, dass der Volumenanteil des Ethanols in der Lösung bei etwa 80 % liegt. 2.3.3. Industrielle Herstellung von Bioethanol Die industrielle Herstellung von Bioethanol verfolgt das gleiche Prinzip: Durch alkoholische Gärung entsteht aus Zucker Alkohol, der abdestilliert wird. Jedoch muss dieser Zucker zuerst gewonnen werden. Dazu eignen sich zucker- und stärkehaltige Pflanzen wie zum Beispiel Mais, Zuckerrohr, Weizen, Kartoffeln und Zuckerrüben, aber auch die Nutzung von cellulosehaltigen Pflanzenabfällen und Holzresten ist möglich. Für die Herstellung in der Industrie hat Zucker den größten Nutzen, da Rohrzucker durch einen einfachen hydrolytischen Schritt unter Einwirkung eines säurehaltigen Katalysators in Glukose und Fruktose umgewandelt werden kann. C12H22O11 + H2O C6H12O6 + C6H12O6 Die Produkte dieser Reaktion unterscheiden sich lediglich durch ihre Strukturformeln. Jedoch werden weltweit zehnmal soviel stärkehaltige Pflanzen angebaut, sodass diese ebenfalls genutzt werden. Aber cellulose- oder stärkehaltige Produkte müssen erst zu Glucose zerlegt werden, damit sie für die Fermentation9 genutzt werden können. Dazu müssen sie mit Hilfe von Enzymen aufbereitet werden. Für die Umwandlung von Cellulose sind außerdem Säuren nötig.10 Dem Produkt dieser Prozesse (Maische) wird Hefe beigemischt, die die Reaktion von Glukose zu Ethanol und Kohlenstoffdioxid katalysiert. C6H12O6 2 C2H5OH + 2 CO2 9 Gärung Vgl. Osteroth 1992, S. 212 10 -7- Die Hefe benötigt wie jeder andere Organismus Energie zum Überleben. Diese Energie entsteht normalerweise durch die Synthese von ATP11. „ATP dient als Energieüberträger und Energiespeicher.“12 Zur Herstellung von ATP im Körper wird normalerweise Sauerstoff benötigt, denn es handelt sich um eine aerobe Reaktion. Dies lässt sich schematisch in einer biochemischen Reaktionsgleichung darstellen: C6H12O6 + 6 O2 + 38 (ADP + Pi) 6 CO2 + 6 H2O + 38 ATP Jedoch kann eine Hefezelle auch unter anaeroben Verhältnissen überleben, also unter Ausschluss von Sauerstoff. Dazu bedient sie sich nicht der oben beschrieben Atmung, sondern der Gärung. 13 Aus diesem Grund muss dieser Schritt der Ethanolproduktion ebenfalls unter Ausschluss von Sauerstoff stattfinden. Unter diesen Umständen entsteht jedoch nur sehr wenig ATP, sodass die Hefezelle erheblich mehr Glukose umsetzten muss. Da kein Sauerstoff vorhanden ist, können nun auch kein Wasser und Kohlenstoffdioxid mehr entstehen. Stattdessen werden Ethanol und Kohlenstoffdioxid gebildet. Dieser Prozess lässt sich in drei Hauptschritte unterteilen. „Der erste Schritt ist die Glykolyse, in der Glukose unter Mitwirkung von zahlreichen Enzymen zu zwei Molekülen Brenztraubensäure (Pyruvat) oxidiert wird. Oxidationsmittel ist NAD+14.“15 Diese Reaktion läuft exotherm ab, sodass ein Teil der entstanden Energie zur Synthese von ATP aus ADP genutzt werden kann. Allein mithilfe dieses Prozesses könnte die Hefezelle überleben, wenn genug NAD+ als Oxidationsmittel vorhanden wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall, sodass die Zelle auf einen weiteren Schritt zurückgreifen muss. Vom Pyruvat werden zwei Moleküle Kohlenstoffdioxid abgespalten, sodass Acetaldehyd entsteht. Dies kann anschließend unter der katalytischen Wirkung von Enzymen mit NADH16 zu Ethanol reduziert werden. Bei dieser Reaktion entsteht wieder NAD+, welches wieder im ersten Schritt eingesetzt wird.17 Auf diese Art und Weise kann die Zelle auch ohne Sauerstoff überleben. Jedoch ist die ATP-Ausbeute deutlich geringer als bei der aeroben Atmung. So entstehen bei der Atmung mit Sauerstoff aus einem Mol Glukose 38 Mol ATP, was einem Energieaufkommen 11 Biochemische Bezeichnung für Adenosintriphosphat, wird aus Adenosindiphosphat (ADP) synthetisiert, besteht aus Adenosin und drei Phosphormolekülen (Pi) 12 www.chemieunterricht.de (06.04.2010) 13 Vgl. www.chemieunterricht.de (06.04.2010) 14 Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid, Ionen übertragendes Coenzym, oxidierte Form 15 www.chemieunterricht.de (06.04.2010) 16 Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid, reduzierte Form 17 Vgl. www.chemieunterricht.de (06.04.2010) -8- von 1900kJ entspricht. Bei der anaeroben Atmung hingegen werden aus einem Mol Glukose nur zwei Mol ATP synthetisiert, was etwa 100kJ entspricht.18 Dieser Prozess lässt sich jedoch nicht endlos fortsetzten, denn bei einem Alkoholgehalt von 10 - 15% verenden die Hefezellen. Der Alkoholanteil der Lösung muss zur Nutzung in Verbrennungsmotoren jedoch bei nahezu 100% liegen, daher wird das Ethanol abdestilliert. Dazu macht man sich die verschiedenen Siedepunkte von Ethanol und Wasser zu nutze. Denn Ethanol siedet bereits bei 78°C, Wasser hingegen siedet erst bei 100°C. So lassen sich Wasser und Ethanol trennen. 19 Mit diesem Verfahren lässt sich ein Alkoholanteil von ungefähr 95% erreichen. Um einen Anteil von 100% zu erreichen, muss eine Dehydratisierung durchgeführt werden. Es werden hygroskopische20 Stoffe beigefügt, die das Wasser an sich binden und dann zusammen entfernt werden können. Einer dieser Stoffe ist zum Beispiel Calciumoxid. Eine andere Möglichkeit der Dehydratisierung ist das Einsetzten eines Molekularsiebes. In diesem bleiben die kleinen Wassermoleküle hängen und die größeren Ethanolmoleküle werden durchgelassen. Bei diesem Molekularsieb handelt es sich meistens um Kieselgel oder Zeolithe.21 Durch dieses Verfahren erhält man einen Ethanolanteil von ca. 100%. Nun kann das Bioethanol mit dem herkömmlichen Ottokraftstoff gemischt werden. 3. Vor- und Nachteile der alternativen Kraftstoffe 3.1. Brennstoffzelle Die Brennstoffzelle ist ein galvanisches Element, welches nur Wasserstoff und Sauerstoff für die Reaktion benötigt. Dabei reicht der Anteil an Sauerstoff in der Luft bereits aus, um die Reaktion in Gang zu halten. Der Wasserstoff jedoch muss extra zugeführt werden. Wasserstoff ist ein ungiftiges und umweltneutrales Gas. Es ist weder radioaktiv noch krebserregend. All diese Eigenschaften sprechen für einen Einsatz von Wasserstoff. Je- 18 Vgl. www.chemieunterricht.de (06.04.2010) Vgl. Uhlig 2007, S. 142 20 Wasseranziehende 21 Vgl. www.chemieunterricht.de (02.04.2010) 19 -9- doch ist er in komprimierter Form extrem explosiv, daher bräuchte man einen sehr sichern Tankes, um das Auto bei einem Unfall vor einer Explosion zu schützen. Die Brennstoffzelle scheint auf den ersten Blick sehr umweltverträglich zu sein, da als Abfallprodukt lediglich Wasser anfällt. Der zuzuführende Wasserstoff muss jedoch mit sehr viel Energieaufwand gewonnen werden. Diese Energie stammt in Deutschland immer noch zum größten Teil aus Kohlekraftwerken, in denen bei Verbrennungsprozessen sehr viel Kohlenstoffdioxid entsteht. Sie arbeiten also nicht klimaneutral. Außerdem wäre Wasserstoff aufgrund des komplizierten Herstellungsprozesses teurer als Benzin.22 3.2. Regenerativer Kraftstoffe Bei regenerativen Kraftstoffen handelt es sich um Kraftstoffe, die aus Pflanzen wie zum Beispiel Mais, Zuckerrohr oder Raps durch alkoholische Gärung hergestellt werden. Es ist außerdem die Nutzung von Pflanzenresten möglich. Die Diskussion um die Umweltfreundlichkeit von regenerativen Kraftstoffen ist aufgrund der Aktualität ungleich größer als die um Brennstoffzellen. Der reine Verbrennungsprozess im Motor gilt als CO2– neutral, da die Pflanzen während ihres Wachstums genauso viel Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff umwandeln, wie während ihrer Verbrennung wieder freigesetzt wird. Jedoch wird für den „Anbau von Kraftstoffen“ Anbaufläche für Nahrungsmittel verbraucht. Ein Pilotprojekt zum Anbau von Zuckerrüben und zur Nutzung von Bioethanol wurde in Brasilien durch geführt. Als in den 1970er Jahren die Ölpreise aufgrund der Ölkrise stiegen, startete Brasilen 1975 das Projekt „Pró-Álcool“. Die Herstellung von Bioethanol wurde subventioniert, Tankstellen mussten Ethanol anbieten und es wurden vermehrt Fahrzeuge hergestellt, die mit Ethanol betrieben werden konnten.23 Doch der sinkende Ölpreis in den 1990er Jahren zwang den Staat die Subventionen einzustellen. Jedoch wurden die Hersteller durch eine Verbesserung der Zuckerrohrpflanzen wieder wettbewerbsfähig. Außerdem versprach die brasilianische Regierungen Steuererleichterungen für Autohersteller die Flexible-Fuel-Vehicles24 herstellten. So blieb Bio- 22 Vgl. Geitmann 2004, S. 85 www.wissen.allianz.de (19.05.2011) 24 Fahrzeuge, die mit fast allen Kraftstoffen betankt werden können -1023 ethanol ein wichtiger Kraftstoff in Brasilien. Heutzutage findet man an keiner brasilianischen Tankstelle reines Benzin nur die Mischform E25 oder sogar reines Bioethanol. Für die Zuckerrohrproduktion wurde angeblich kein Amazonas-Regenwald abgeholzt und die Lebensmittelpreise sind stabil geblieben.25 Auch der deutschen Bundesregierung nach zu folge stellt die Ethanolproduktion keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion dar und beeinflusst den Lebensmittelpreis kaum.26 Andere Quellen jedoch sprechen von einem sehr wahrscheinlichen Anstieg der Lebensmittelpreise in den nächsten Jahren.27 Ein weiterer Vorteil der regenerativen Kraftstoffe ist die Schonung der natürlichen Erdölressourcen, da diese im Gegenteil zu zum Beispiel Zuckerrüben nicht endlos verfügbar sind. Bioethanol bietet außerdem Unabhängigkeit von den erdölfördernden Ländern, da stärkeoder zuckerhaltige Pflanzen fast überall auf der Welt angebaut werden können. So würden die OPEC-Länder ihr Monopol verlieren und könnten den Benzinpreis nicht nach ihren Belieben kontrollieren. 4. Persönliches Fazit Ich halte alternative Kraftstoffe für eine sehr gute Idee. Jeder, dem es möglich ist, sollte darauf achten CO2 zu sparen und unser Klima zu schützen. Natürlich muss man darauf achten, dass nur Nahrungsmittel in den Tank kommen, die speziell dafür angepflanzt wurden und dass kein Mensch für unsere Bequemlichkeit Hunger leiden muss. Es muss ein gesundes Mittelmass zwischen Klimaschutz und Hungerhilfe gefunden werden. Außerdem sollte meiner Meinung nach mehr in die Finanzierung und Erforschung von regenerativen Energien wie Windkraft oder Wasserkraft investiert werden. So könnte auch die Brennstoffzelle ein wirklich klimafreundlicher Kraftstoff werden. Damit wir unsere selbst gesteckten Klimaziele erreichen, genügt es jedoch nicht, einfach nur E10 zu tanken. Jeder sollte versuchen seinen CO2-Verbrauch in allen Bereichen des 25 www.wissen.allianz.de (19.05.2011) Gute Gründe für mehr Bio im Benzin. 2011 27 www.spiegel.de (21.01.2008) 26 -11- Lebens zu verringern, zum Beispiel das Beziehen von Erdwärme, der Kauf regionaler Produkte oder der Umstieg auf das Fahrrad. So kann jeder einen Teil zum Klimaschutz beitragen. -12- 5. Literaturverzeichnis Primärquellen: Geitmann, Sven : Erneuerbare Energien und Alternative Kraftstoffe. Mit neuer Energie in die Zukunft. Kremmen: Hydrogeit, 2004 Ledjeff-Hey, Konstantin u.a. : Brennstoffzellen: Entwicklung, Technologie, Anwendung. 2.Aufl. Heidelberg: C.F. Müller, 2001 Osteroth, Dieter : Biomasse. Rückkehr zum ökologischen Gleichgewicht. Berlin/Heidelberg: Springer-Verlag, 1992 Uhlig, Hans : Biokraftstoffe aus Abfall. Die Anleitung für Auto, Heizung und Stromerzeugung. Wien: Goldegg, 2007 Internetquellen: http://www.biologie.uni-hamburg.de (31.07.2003) v. Sengbusch, Peter: Photosynthese In: Botanik online vom 31.07.2003 http://www.biologie.uni-hamburg.de/b-online/d24/24.htm http://www.chemieunterricht.de (06.04.2010) v. Wienchoczek, Dagmar: Die alkoholische Gärung als Naturphänomen. In: Professor Blumes Bildungsserver für Chemie vom 06.04.2010 http://www.chemieunterricht.de/dc2/r-oh/alk-gaer.htm http://www.chemieunterricht.de (02.04.2010) v. Wienchoczek, Dagmar: Trennung von Wasser und Ethanol - ein schwieriges Unterfangen. In: Professor Blumes Bildungsserver für Chemie vom 02.04.2010 http://www.chemieunterricht.de/dc2/r-oh/alk-dest.htm -13- http://www.spiegel.de (21.01.2008) v. Jung, Alexander; Glüsing, Jens; Hornig, Frank; Wagner, Wieland: Der hungrige Planet. In: Der Spiegel online vom 21.01.2008 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-55508022.html http://www.spiegel.de (10.09.2011) v. Pander, Jürgen: Autosymphonic: Melodie der Motoren. In: Spiegel online Auto vom 10.09.2011 http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,785293,00.html http://www.wissen.allianz.de (19.05.2011) v. Tulloch, James: Brasiliens BiotreibstoffRevolution. In: Allianz Wissen vom 19.05.2011 http://www.wissen.allianz.de/mobilitat/alternative_treibstoffe/?1498/brasiliens-biotreibstoffrevolution Sonstige Quellen: Gute Gründe für mehr Bio im Benzin. Warum wir Biokraftstoffe brauchen. Broschüre des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Juli 2011 -14- 6. Anhang 6.1. Versuchsaufbau/Versuchsbeobachtungen Zu 2.3.2. Versuchsaufbau der alkoholischen Gärung: Beobachtung: Erste Schaumbildung -15- Versuchsaufbau: Destillation der Lösung, die bei der Alkoholischen Gärung entstanden ist. Versuchsergebnis: Vergleich der beiden CernitratProben . Das linke Reagenzglas zeigt den Test mit dem Produkte der alkoholischen Gärung. Das rechte Reagenzglas zeigt den Test mit dem Produkte der Destillation. -16- 6.2 Internetquellen 1. http://www.chemieunterricht.de (06.04.2010) Die alkoholische Gärung als Naturphänomen Experimente: Versuch: Vergären von Traubenzucker Die Bezeichnung Alkohol ist uns meist von alkoholischen Getränken bekannt. Wenn man allgemein von Alkohol spricht, ist das in diesem Zusammenhang aber nicht ganz richtig. Denn das, was wir als Alkohol bezeichnen, ist nur eine Verbindung aus der Gruppe der Alkohole. Chemiker nennen diesen speziellen Alkohol Ethanol oder Ethylalkohol. Chemisch gesehen ist er ein Oxidationsprodukt des Ethans und hat die Summenformel C2H5OH Der natürliche Alkohol ist ein Produkt der Gärung Der Alkohol wird den Spirituosen wie Wein oder Bier nicht einfach hinzugegeben, sondern er entsteht durch eine natürliche chemische Reaktion. Das ist sogar gesetzlich geregelt. Die Gewinnung von Alkohol ist ein sehr altes Verfahren, das von Generation zu Generation überliefert wurde. Schon seit Jahrtausenden ist die Zubereitung alkoholischer Getränke bekannt. Schließlich ist die alkoholische Gärung ein Naturphänomen, das nicht durch den Menschen erfunden wurde. Vereinfacht gesagt ist die alkoholische Gärung der biologische Abbau von Glucose ohne Mitwirkung von Sauerstoff. Dabei wird (vor allem durch Hefepilze) der Zucker zu Ethanol und Kohlenstoffdioxid abgebaut. Die Ausgangsstoffe für die Alkoholsynthese sind überall zu finden: Glucose ist in allen Früchten enthalten und Hefepilze sind vielfach in der Luft verbreitet. Auch die Bedingungen des Luftabschlusses sind überall in der Natur gegeben. Deshalb findet die alkoholische Gärung an vielen Orten statt. Die Biochemie der alkoholischen Gärung Alle Organismen benötigen Energie zum Überleben. Das gilt auch für die Hefezellen. Die universelle Energiewährung der Zellen ist ATP. ATP dient als Energieüberträger und Energiespeicher. Normalerweise benötigt man zur Synthese von ATP Sauerstoff, also "aerobe" Verhältnisse. Dies ist die schematische/formale Reaktionsgleichung der Atmung. C6H12O6 + 6 O2 + 38 (ADP + Pi) ———> 6 CO2 + 6 H2O + 38 ATP (Pi ist das Symbol für ein anorganisches (engl. inorganic) Phosphat-Ion.) Hefezellen können aber auch ohne Sauerstoff überleben. Dazu bedienen sie sich eines besonderen Tricks: Sie stellen ihren Stoffwechsel von Atmung auf Gärung um. Da unter diesen "anaeroben" Bedingungen vergleichsweise nur sehr wenig Energie gewonnen wird, müssen die Hefezellen besonders viel Glucose umsetzen. Und das Endprodukt sind auch nicht mehr Wasser und Kohlenstoffdioxid, sondern Ethanol und Kohlenstoffdioxid. Das zeigt die formale Reaktionsgleichung der alkoholischen Gärung. -17- Die alkoholische Gärung ist ein mehrstufiger Prozess Schematischer Mechanismus der alkoholischen Gärung Der erste Schritt ist die Glykolyse, in der Glucose unter Mitwirkung von zahlreichen Enzymen zu zwei + Molekülen Brenztraubensäure (Pyruvat) oxidiert wird. Oxidationsmittel ist NAD . Dieser Prozess ist exergonisch (Energie liefernd), und ein Teil der gewonnenen Energie wird zur Phosphorylierung von zwei ADP zu ATP-Molekülen benutzt. Das würde an sich für das Überleben der Hefezelle schon reichen. Aber der Zelle geht rasch das Oxi+ dationsmittel NAD aus. + Die nächsten Schritte dienen deshalb ausschließlich dazu, aus NADH wieder NAD herzustellen. Dazu wird zunächst Kohlenstoffdioxid aus der Brenztraubensäure abgespalten, so dass Acetaldehyd entsteht. Dieser wird anschließend enzymatisch mit NADH zu Ethanol reduziert, wodurch wieder + NAD für die Glykolyse bereitgestellt wird. Für die Hefe ist die Bilanz der alkoholischen Gärung ernüchternd Zuletzt hat die Hefezelle ihr Ziel erreicht, denn sie kann in dem Gärungsprozess ATP nun ohne Sauerstoff bilden. Jedoch hat der Trick auch seinen Preis. Es zeigt sich ein großer Unterschied in der Energieausbeute bei aerobem und anaerobem Glucose-Abbau. Aerob entstehen aus einem Mol Glucose etwa 38 Mol ATP, während es anaerob nur zwei Mol sind. 1 Mol ATP entspricht der Energie von ca. 50 kJ. Somit erhält man unter aeroben Bedingungen beim biochemischen Abbau aus einem Mol Glucose eine Energie von 1900 kJ! Dagegen ist der Energiegewinn bei der Gärung mit 100 kJ wesentlich geringer. Auf den Vergleich zwischen Atmung und Gärung gehen wir genauer auf einer besonderen Webseite ein. Weitere Texte zum Thema „Alkohol“ Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie. Letzte Überarbeitung: 06. April 2010, Dagmar Wiechoczek -18- 2. http://www.chemieunterricht.de (02.04.2010) […] Wie man absoluten Alkohol herstellt Für viele chemische Zwecke benötigt man absoluten, also 100%igen Alkohol. Beispiele sind Synthesen wie Veresterungen ohne Schwefelsäure oder spektroskopische Untersuchungen, bei denen reinstes Ethanol als Lösemittel dient. Will man absoluten Alkohol aus wasserhaltigem "Bioalkohol" herstellen, so muss man wasseranziehende (hygroskopische) Stoffe hinzugeben. Beispiele sind Calciumoxid oder wasserfreies Calciumchlorid. Zur Entwässerung werden auch Molekularsiebe genutzt. Der Begriff "Sieb" ist irreführend, denn Molekularsiebe halten kleine Moleküle (Wasser) zurück und lassen die großen (Ethanol) durch. Meistens handelt es sich um Kieselgel oder Zeolithe. Der Alkohol wird über dem Kieselgel stehengelassen, oder man filtriert das Kieselgel samt adsorbiertem Wasser ab. Man kann aber Benzol oder Toluol zugeben und erhitzen. Es destilliert ein so genanntes ternäres Gemisch aus Wasser, Benzol und Ethanol ab. Auf diese Weise lässt sich zwar das Wasser entfernen; man muss sich vorher aber überlegen, ob nicht der aromatische Kohlenwasserstoff stören könnte. Wenn gar nichts anderes hilft, muss man synthetischen Alkohol nehmen. Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie. Letzte Überarbeitung: 02. April 2010, Dagmar Wiechoczek 3. http://www.spiegel.de (21.01.2008) […] In Deutschland verdrängt insbesondere der Raps andere Kulturen. Kaum ein Landwirt baut noch Futtererbsen oder Ackerbohnen an. Die gelbblühende Ölfrucht nimmt mit 1,7 Millionen Hektar die größte Fläche unter den nachwachsenden Rohstoffen ein, rund 60 Prozent mehr als noch im Jahr 2000. Die Expansion geht zum Teil auf Kosten von Brachen, Grünland oder Mooren, von CO2-Speichern also. Wie lausig das Potential von Biosprit ist, demonstriert eine einfache Rechnung: Um den Tank eines Geländewagens von annähernd hundert Litern zu füllen, muss ein Ethanol-Hersteller etwa eine Vierteltonne Weizen verarbeiten. Damit könnte ein Bäcker rund 460 Kilogramm Brot backen, das insgesamt einen Nährwert von etwa einer Million Kilokalorien besitzt: Das genügt, um einen Menschen ein Jahr lang satt zu machen. Frisst also am Ende der Geländewagen der Reichen das Brot der Armen? Genau daran entzündet sich nach Ansicht von Lester Brown, Präsident des Washingtoner Earth Policy Institute, eine neue Auseinandersetzung zwischen Nord und Süd: "Die Bühne ist frei für den Konflikt zwischen den 800 Millionen Autobesitzern und den weltweit zwei Milliarden Allerärmsten." -19- Sie spüren schmerzhaft die Turbulenzen auf den Agrarmärkten. Teilweise 80 Prozent ihres verfügbaren Einkommens gehen für Nahrungsmittel drauf. "Die Ärmsten trifft es besonders hart", sagt John Powell, Vizedirektor des World Food Programme (WFP) der Vereinten Nationen. […] Der Uno-Spitzenbeamte sieht die Entwicklung mit gemischten Gefühlen: Einerseits bietet der Preissprung am Weltmarkt den Bauern in Afrika die Chance, mehr für ihr Getreide zu erlösen - etwa indem sie mit dem WFP ins Geschäft kommen. Gut drei Viertel der Nahrungsmittel kauft die Organisation in Entwicklungsländern ein. Andererseits aber gehört es zur bitteren Realität in der Dritten Welt, dass selbst die Landbevölkerung oft Weizen oder Mais zukaufen muss. Die Ernte reicht nicht mal aus, die eigene Familie zu versorgen. Und noch ein Unsicherheitsfaktor kommt dazu: Der Klimawandel macht jede Ernte zum Lotteriespiel in der Dritten Welt, aber auch anderswo. […] 4. http://www.wissen.allianz.de (19.05.2011) Brasiliens Biotreibstoff-Revolution • 19 Mai 2011 von James Tulloch Auf der Plantage Paraiso Campos dos Goytacazes in Rio de Janeiro stehen mit Zuckerrohr beladene Lkws (Quelle: Reuters) In Brasilien wird konventionelles Benzin zum alternativen Treibstoff. Die meisten Menschen tanken dort Ethanol aus Zuckerrohr. Carlos H. de Brito Cruz, von der São Paulo Research Foundation (FAPESP), über das veränderte Energieversorgungssystem des Landes. Wie hat Brasilien seine Treibstoffversorgung revolutioniert? Als das Öl während der Ölkrise der 1970er Jahre zu teuer wurde, startete Brasilien 1975 sein Benzinersatz-Programm namens „Pró-Álcool“. Die Regierung subventionierte die Produktion von Ethanol und zwang die Tankstellenbesitzer, sowohl Benzin als auch Ethanol anzubieten. Außerdem wurden die Autohersteller bei der Produktion von Fahrzeugen unterstützt, die ausschließlich mit Ethanol fahren. In den 1980er Jahren wurden sie sehr beliebt. Doch dann sank der Ölpreis und die Subventionierung von Ethanol wurde zu teuer. In den 1990er Jahren stellte die Regierung sie ein. Anstelle von Ethanol stellten die Anbaubetriebe nun wieder Zucker her, was zur Folge hatte, dass viele Leute ihre Autos nicht mehr betanken konnten. Das System kriselte. Wie hat sich die Industrie davon wieder erholt? Die Hersteller und staatliche Forschungsstellen verbesserten die Zuckerrohrpflanzen, sodass auch ohne Subventionen wettbewerbsfähiges Ethanol hergestellt werden konnte. -20- Noch in den 1970er Jahren nutzten die Anbaubetriebe vielleicht drei verschiedene Zuckerrohrsorten. Heute sind es bis zu 50 Sorten, die speziell für bestimmte Bodentypen, Klimata und Wasserbedingungen gezüchtet wurden. Die Produktivität stieg von etwa 2800 Litern Ethanol pro Hektar im Jahr 1975 auf den heutigen Durchschnitt von fast 7000 Litern pro Hektar. Dann folgte ein geschickter Schachzug der Regierung: Sie bot den Autoherstellern Steuererleichterungen, wenn sie sogenannte Flex-Fuel-Motoren produzierten, Fahrzeuge also, die es den Verbrauchern ermöglichen, zwischen Ethanol und Benzin zu wählen. Nach der Krise in den 1980er Jahren hätte kein Brasilianer ein Auto gekauft, das ausschließlich Ethanol verträgt. Aber Autos, bei denen man die Wahl hatte, kamen gut an. Darüber hinaus ordnete die Regierung an, dem Benzin einen 25-prozentigen Ethanol-Anteil beizumischen. Pures Benzin gibt es nirgends in Brasilien – es gibt nur pures Ethanol oder den Benzin-Verschnitt mit 25 Prozent Ethanol. Wie hoch ist der Anteil von Biokraftstoff in Brasilien inzwischen? Heute verfügen 96 Prozent aller Neuwagen über Flex-Fuel-Motoren und es ist fast unmöglich, ein reines Benzin-Fahrzeug zu kaufen. Somit wurde im Jahr 2009 mehr Ethanol als Benzin verbraucht. Rund 34.500 von landesweit 36.000 Tankstellen verkaufen Ethanol. Dennoch hängt der Verbrauch immer von den relativen Kosten ab. Kürzlich fiel der Benzinpreis, während der Preis für Ethanol aufgrund der Konkurrenz durch die Zuckerindustrie stieg. Die Regierung verfügt bei Ethanol – anders als bei Benzin – nicht über Reserven. Wenn die Ethanol-Produktion klimabedingt sinkt, steigen die Kosten. […]Wie viel Regenwald wurde wegen der Anpflanzung von Zuckerrohr für die brasilianische Treibstoffproduktion abgeholzt? In Brasilien wird kein Zuckerrohr im Amazonas-Regenwald angebaut. Etwa zwei Drittel des Zuckerrohrs wachsen im Südosten im Bundesstaat São Paulo, ein Drittel in Nordost-Brasilien. Die Anpflanzungen werden nach Zentral-Brasilien ausgeweitet, in eine Region namens Cerrado. Dort wird Zuckerrohr auf brachliegendem, ausgelaugtem Weideland gezüchtet. […] Brasilien besitzt jede Menge solcher Weidelandflächen, die bislang nicht sehr effizient genutzt werden. Es gibt 160 Millionen Hektar Weideland, und auf denen steht statistisch gesehen ungefähr alle 100 Meter eine einsame Kuh. Zuckerrohranbau für Ethanol gibt es auf etwa 4,5 Millionen Hektar. Brasilien könnte genügend Ethanol produzieren, um fünf bis zehn Prozent des weltweiten Benzinverbrauchs abzudecken und sich selbst versorgen, ohne die Lebensmittelproduktion oder die Wälder zu beeinträchtigen. […]Welche Auswirkungen hatte die Ethanol-Produktion auf die Zuckermärkte und Lebensmittelpreise? Das hat sich bisher kaum ausgewirkt. Voriges Jahr hatten wir sogar den umgekehrten Fall: Als der Preis für Zucker stieg, produzierten die Firmen mehr Zucker und weniger Ethanol. -21-