Kultur - Camping Villar
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Kultur - Camping Villar
COPERTINA tedesco 16-04-2009 13:48 Pagina 1 INFO Fremdenverkehrsamt A.T.L. del Cuneese Via Vittorio Amedeo II, 8 A - 12100 Cuneo Tel. +39.0171.690217 - fax +39.0171.602773 [email protected] - www.cuneoholiday.com - www.autunnocongusto.com HOTELINFORMATIONEN UND RESERVIERUNGEN CONITOURS – CUNEO TEL. +39.0171.698749 - FAX +39.0171.435728 - [email protected] CONSORZIO ALTA VAL TANARO TURISMO - GARESSIO TEL. +39.347.9156791 - FAX +39.0174.81981 - [email protected] CONSORZIO TURISTICO ALPI DEL MARE - VICOFORTE M.VÌ TEL. +39.0174.569016 - FAX +39.0174.565928 - [email protected] IN TERRE DI GRANDA - CUNEO TEL. +39.0171.67575 - FAX +39.0171.649728 – [email protected] TERRE DI EMOZIONI - MONDOVÍ / FRABOSA SOTTANA TEL./FAX +39.0174.44343 - [email protected] TURGRANDA / BLUPIEMONTE - CUNEO TEL. +39.0171.697668 - FAX +39.0171.699224 – [email protected] V.A.L. BED & BREAKFAST - CUNEO TEL. +39.0171.437220 - +39.347.7730489 - [email protected] Die okzitanischen Täler in der Provinz von Cuneo NUOVO, DA SEMPRE. COPERTINA tedesco 16-04-2009 13:48 Die grüne Linie zeigt das Gebiet des A.T.L. von Cuneo Pagina 2 Für Informationen über die Kultur, Sprache und Literatur Okzitaniens, sowie die ländlichen Traditionen, Kino, Bücher und Zeitschriften, wenden Sie sich bitte an: Espaci Occitan - Via Val Maira, 19 - 12025 Dronero - Tel. 0039.0171.904075/904158 www.espaci-occitan.org - [email protected] Chambra d’òc - Strada Arnaud Daniel, 18 - 12020 Roccabruna Tel. 0039.0171.918971 - 0039.328.3129801 www.chambradoc.it - [email protected] Coumboscuro Centre Prouvençal Sancto Lucìo de Coumboscuro - 12020 Monterosso Grana - Tel. und Fax 0039.0171.98707 www.coumboscuro.org - [email protected] Verein Lou Soulestrelh - Via Roma, 27 - 12020 Sampeyre Kulturverein La Cevitou - Frazione San Pietro, 89 - 12020 Monterosso Grana Tel. und Fax 0039.0171.988102 - www.lacevitou.it Internetseite der okzitanischen Täler im Piemont: www.ghironda.com Für weitere Informationen über kulturelle Stätten und Ort, Museen, Kunstausstellungen, kulturelle Veranstaltungen und Feste Okzitaniens wenden Sie sich bitte an: Verein Marcovaldo - Via Cappuccini, 29 - 12023 Caraglio Tel. 0039.0171.618260 – Fax 0039.0171.610735 - www.marcovaldo.it - [email protected] Provinz von Cuneo - Internetseite über die Museen http://musei.provincia.cuneo.it Laboratorio Ecomusei - Via Nizza, 18 - 10125 Torino - Tel. 0039.011.4323845 www.ecomusei.net - [email protected] Informationen über die Feste im Piemont: www.atlantefestepiemonte.it Für Informationen über die Parks und Naturschutzgebiete: Naturpark der Seealpen - Piazza Regina Elena, 30 – 12010 Valdieri - Tel. 0039.0171.97397 www.parcoalpimarittime.it - [email protected] Amt für die Verwaltung der Parks und Naturschutzgebiete in der Region Cuneo Via S. Anna, 34 - 12013 Chiusa Pesio - Tel. 0039.0171.734021 www.parks.it/parchi.cuneesi - [email protected] Park des Po Cuneese - Via Griselda, 8 – 12037 Saluzzo - Tel. 0039.0175.46505 [email protected] - www.parcodelpocn.it Park der Flüsse Gesso und Stura - Piazza Torino, 1 – 12100 Cuneo - Tel. 0039 0171.444501 www.parcofluviale.cuneo.it - [email protected] Internetseite der Parks, Reservaten und Schutzgebiete in Italien: www.parks.it Internetseite der Region Piemont über Parks, Schutzgebiete und der Zeitschrift Piemonte Parchi: www.regione.piemonte.it/parchi - www.piemonteparchiweb.it Ein großer Teil, der hier in diesen Reiseführer genannten Gemeinden, verfügt über eine Internetseite mit Informationen über thematische Wege. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:41 Pagina 1 INHALT Okzitanien Willkommen in den okzitanischen Tälern von Cuneo! Zu Fuß durch Okzitanien pag. » » 3 4 5 DIE TÄLER DES PO, BRONDA, INFERNOTTO Die Namen des Monviso Vom Mombracco zum Buco di Viso Entdecken Sie die Hochtäler Wandernde Maler Religiöser Glaube und Überlieferungen » » » » » » 6 7 8 9 10 11 VARAITA-TAL “Sonnige” Handwerkskunst Unterhalb des Alpenpasses Colle dell’Agnello Casteldelfino und der Wald von Alevé Poesie und farbige Bänder Lilien und Delfine “Mistà e danza” Der Klang der Täler » » » » » » » » 12 13 14 15 16 17 18 19 MAIRA-TAL Eine Engländerin in Dronero Große Meister Die ciciu der Heiligen Museen des Tals Im Ort von Matteo Olivero Essen d’oc Okzitanien par Excellenze » » » » » » » » 20 21 22 24 26 27 28 29 GRANA-TAL Der Käse Castelmagno Die Walfahrtskirche von Castelmagno Novè Feste in Coumboscuro Auf den Spuren von Pietro Caraglio: Seide, Musik und Kunst » » » » » » » 32 33 34 36 37 38 39 STURA-TAL Museum in luftiger Höhe Bewegtes Vinadio Verschwimmende Grenzen Gedenken an den Krieg Die Wunder von Pedona Literarische Wege und Überlieferungen » » » » » » » 42 43 44 45 46 47 48 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:41 GESSO-TAL Der Bär und das Roggen Königliche Erinnerungen in Valdieri und Entracque Auf den Spuren von Wölfen und Bartgeiern Le Parlate, das Teatro d’oc Die Gastronomie in den Tälern Geschichten von wandernden Schäfern Pagina 2 pag. » » » » » » 52 53 54 57 58 59 60 VERMENAGNA-TAL Die Festungen von Tenda Ubi stabant cathari Pinocchio in Vernante Die Pioniere von Nòto und Jòrs Heu, Poesie, Worte » » » » » » 62 63 64 65 66 67 DIE TÄLER AM FUßE DES BISALTA Botanikzentrum Die Kartause in den Wäldern Fotosammlung im Park Berühmte Männer von Peveragno Neue Musik mit den Gai Saber » » » » » » 68 69 70 71 72 73 KYÈ-TÄLER Weg der Partisanen Löcher in den Bergen und alte Berufe Die Kunst von Giovanni Mazzucco Kultur und Geschmack der Alpen » » » » » 74 75 76 77 78 BRIGASCO Ein Wallfahrtsort aus der Jungsteinzeit Wälder und archaische Dörfer Paradies der Höhlenforscher und Botaniker » » » » 80 81 82 83 Wichtige Adressen » 84 Texte: Einleitung und Texte zu den Tälern des Po, Bronda, Infernotto, Varaita, Maira und Gesso von Leda Zocchi (Ass. Arealpina); Texte zu den Tälern des Stura, Grana, Vermenagna, Bisalta, Kyè und Brigasco von Fredo Valla (Ass. Arealpina) Bildmaterial: A.T.L. del Cuneese, C.M. Valli Po, Bronda, Infernotto, C.M. Valle Varaita, C.M. Valle Maira, C.M. Valle Stura, C.M. Valli Monregalesi, C.M. Alta Val Tanaro, Ass. Culturale Il Marcovaldo, Chambra d’Oc, Coumboscuro Centre Prouvençal, Espaci Occitan, Parco Naturale Alpi Marittime, Parco Naturale Alta Valle Pesio e Tanaro, Terme di Vinadio, Tiziana Aimar, Elisa Bono, Massimiliano Fantino, Roberto Gaborin, Laura Martinelli, Daniela Salvestrin, Marco Toniolo Grafik: Madisonadv - Cuneo - www.madisonadv.it Druck: TEC Arti Grafiche - Fossano - www.tec-artigrafiche.it Übersetzung: Verena E. Bauer - E-Mail: [email protected] 2 3 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:41 Pagina 3 Okzitanien Okzitanien ist einer der größten linguistischen Gebiete in Europa. Das Territorium erstreckt sich über drei Länder: Frankreich, Spanien und Italien. Auf einer Oberfläche von circa 200.000 km2 leben mehr als 10 Millionen Einwohner. In Italien findet man außerhalb der okzitanischen Täler des Piemonts, der Regionen Cuneo und Turin auch okzitanische Gemeinden in Ligurien, Triora und Olivetta San Michele.Eine “Insel”okzitanischer Sprache mit sehr altem Emigrationshintergrund findet man auch in Kalabrien und in Guardia Piemontese. Der Name Okzitanien ist sehr alt und geht mindestens auf das 14. Jahrhundert zurück, wo diese Bezeichnung in verschiedenen Dokumenten vorkam. Im Mittelalter kam die Lingua d’oc dank der Troubadoure zu Ruhm und somit wurde sie auch außerhalb des Gebietes bekannt: in Galizien, Katalonien, Italien, Deutschland und Ungarn.Dante Alighieri, zum Beispiel, schätzte diese Sprache sehr: in seinem Convivio (I, 13) verwendet er die “geschätzte Sprache der Provence”und in seiner Divina Commedia (Purgatorio, Canto XXVI) lässt er den Troubadour Arnaud Daniel in Okzitanisch parlieren, geschätzt als “bester Verfechter der Muttersprache” In den modernen Zeiten bekam Frederi Mistral (1830-1914), provenzalische Dichter, für sein Werk in okzitanischer Sprache den Literaturnobelpreis (1904). Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:42 Pagina 4 Willkommen in den okzitanischen Tälern der Provinz von Cuneo! Wie befinden uns im äußersten, östlichen Teil von Okzitanien, einem linguistischen Gebiet, dass sich über den größten Teil von Südfrankreich bis zum kleinen Tal von Aran in Katalonien (Spanien) erstreckt. Bei uns erkennt man die Unterschiede von Okzitanien im Vergleich zu den anderen Teilen dieses Gebietes. Diese Gegend im Piemont, die sich auf 13 Täler erstreckt, hat eine raue und bergige Landschaft. In den Tälern der Poebene ankommend, öffnen sich die Täler fächerförmig nach Western: Gipfelkronen prägen den Horizont und erleuchten rosafarben die frühen Morgenstunden und verschwinden im Gegenlicht des Abendhimmels. Für lange Zeit war diese Gegend schwer zugänglich und somit haben die Täler einige Charakteristiken entwickelt, sowohl linguistisch als auch traditionell gesehen. Aber wer denkt, dieser Ort wäre wie eine isolierte Insel, irrt: die Wege und Straßen wurden, seit dem Mittelalter, von einer Seite zur anderen stark frequentiert, sowohl im heutigen italienischen Gebiet, als auch im französischen Gebiet. Beweis hierfür ist die Lingua d’Oc, die diese Völker miteinander verbindet, die künstlerischen Hinterlassenschaften der Maler, die dort arbeiteten, die beruflichen Wanderer, die die Menschen vom Mittelmeer in die Berge oder von einem Tal zum anderen und in die Berge der Poebene oder anderen Ebenen brachten. Die Berge wollen einen langsamen und konstanten Schritt, wenn man auf ihre Gipfel gelangen möchte. So bedarf es Geduld, um in den Ortschaften, Gemeinden und Nebentälern die Schönheiten dieses Landes zu erkunden. Diese Einzigartigkeiten wollen ohne Hektik, mit wachsamen Blick und bedächtigen Schritten erkundet werden, um die Natur des Ortes und die Zeichen der Menschen, die dort gelebt haben zu entdecken. Die 13 Täler sind Hüter der Schönheiten der Natur, Geologie, Karstenerscheinungen, Flora, Fauna, architektonischer Kultur, Musik, Literatur und 4 5 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:42 Pagina 5 kulinarischen Traditionen. Leider, auf Grund der Abwanderung am Ende des Zweiten Weltkrieges, wurde der Erhalt dieses Reichtums einem vielen zu kleinen Personenkreis anvertraut. Oft werden Wiesen zu Niederwäldern, Ziegen und Wildschweine nehmen den Platz ein, der eigentlich für Gärten bestimmt war. Aber das neue Bewusstsein, dass man sowohl die Natur, als auch die Traditionen mit Respekt behandeln soll, haben dazu geführt, dass Naturparks und somit auch Museen über das Gebiet errichtet wurden, damit die Erinnerung an das Vergangene erhalten bleibt und uns die Tatsache im Gedächtnis bleibt, dass das Gebirge ein Reichtum ist, den man nicht aus der Hand geben darf (Info: www.chambradoc.it/cmgv/progettocmgv.page). Zu Fuß durch Okzitanien Im September 2008 wurde ein Weg mit 60 Etappen eingeweiht. Dieser trägt den Namen Occitania a pè (Zu Fuß durch Okzitanien). Start ist in Vinadio im Stura-Tal und am Ende kommt man in Vielha im Aran-Tal an. Auf diesem Weg überquert man die Alpen und die Pyrenäen, man kommt an Hügeln und Tälern vorbei, erlebt historische Stätten und erahnt die Poesie der Troubadoure und dieser Sprache, die ein Weltkulturgut ist. (Info: www.chambradoc.it/LeAdesioni.page). Die Fahne Okzitaniens Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:43 Pagina 6 Die Täler des Po, Bronda, Infernotto Das Po-Tal ist eines der kürzesten okzitanischen Täler. In der Mitte der fächerförmig angeordneten Täler, erreicht man in wenigen Kilometern eine Höhe von 3.841 Metern über dem Meeresspiegel und kommt auf dem Gipfel des Monviso an, der den Horizont in westlicher Richtung dominiert. Hier findet man den höchstgelegensten Teil des Parks Parco del Po von Cuneo. Dieser Park ist als Schutz der Quelle des Pos und der Flora und Fauna gedacht, die diese Berggegend charakterisieren.Aber auch die Gewässer sollen hierdurch geschützt werden, mit den Torfgruben, die einige dieser Hochebenen dominieren. Schon in vergangen Zeiten ließen sich in diesen Tälern Menschen nieder und noch heute erkennt man durch die felsigen Einschnitte die Vermachenschaften der Frauen und Männer,die ihre Gebete an die Sonne,den Mond und die Sterne richteten.Einige der wichtigsten Stellen findet man auf dem Mombracco,einem Gebirge mit einzigartiger runder Form,das am untersten Teil,das Tal abschließt. Andere Zeugnisse (Kappellen) findet man auf der anderen Seite des Tals in Bric Lombatera. Zahlreiche Stätten erzählen uns von Bauern und Hirten,von religiösen Kämpfen, die auch vor dem Po-Tal nicht halt gemacht haben,von religiöser Frömmigkeit, die Pfähle, Kapellen und Kultstätten in den schönsten Punkten der Täler hinterlassen haben, wie die Walfahrtskirche San Chiaffredo. Das mittelalterliche Mönchstum im Po-Tal hat zwei Stätten von besonderem Wert: Staffarda und Rifreddo. In der Geschichte findet man diese Orte auch bereits in früheren Epochen, in den Zeiten des Partisanenkriegs,der im Tal Infernotto und im oberen Teil des PoTals sofort nach dem 8.September 1943 begann.Einige der zugänglichen Wege wurden auch in heutiger Zeit noch von Partisanen benutzt, wie auch in Vergangenheit von den Salzkarawanen, den Emigranten, den Pilgern und den Steinklopfern. 6 7 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:43 Pagina 7 Die Namen des Monviso Der Monviso hat schon immer den Völkern, die ihn von Weitem und von Nahem bewunderten eine gewisse Erfurcht eingeflösst. Soweit sogar, dass die Menschen in der Antike glaubten, der Monviso sei der höchste Berg der Welt. Von Vergil wird er in der Äneis als Vesulus bezeichnet. Auch Dante, Petrarca und Leonardo da Vinci erzählen uns von der Schönheit des Monviso. G. Chaucer erwähnt ihn in den “Geschichten von Canterbury” und Stendhal in “Die Kartause von Parma”. Der Monviso wurde zum ersten Mal von dem Engländer Matthews im Jahre 1861 bestiegen und dann im Jahre 1863 von Quintino Sella, der dann die C.A.I. gründete.Heute eröffnen sich durch die Wiederentdeckung der antiken Wege durch die Wälder und Ortschaften, die Weiden und Hütten miteinander verbinden, neue Horizonte für einen maßgeschneiderten Tourismus. Der Weg “Orizzonte Monviso” ist ein Rundgang im hochgelegenen Teil des Po-Tals mit Abstechern, um die Geschichte und die versteckten Kunstschätze zu entdecken (Info: Ufficio Turistico Valle Po / Comunità Montana - www.vallipo.cn.it - www.chambradoc.it/paesana/paesana.page). Der Monviso Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:43 Pagina 8 Vom Mombracco zum Buco di Viso Von den Gemeinden Sanfront, Rifreddo, Paesana, Barge, Envie und Revello gelangt man zum Mombracco. Diese besondere, geologische Formation in Form einer Kuppel, die dieses Gebirge charakterisiert, wird auch Montagna di Leonardo genannt, da das italienische Volk mit Bewunderung über seine Steinhöhlen sprach. Auch heute gewinnt man in diesen Bergen den berühmten Rosenquarz, dessen Abtragung man auf dem Gipfel betrachten kann. Ein Rundgang mit dem Namen “Sentiero di Leonardo”, auf dem man auf den Massiven,die dieses Tal prägen,prähistorische Gravuren und Kapellen findet. In der Tat wurde der Mombracco bereits seit der Jungsteinzeit bewohnt, auch wegen den Grotten und Schutzmöglichkeiten unter dem Felsen, die den Hirten und deren Familien als Zuflucht dienten. Die letzte dieser Zufluchtstätten, die bis in die 60er Jahre bewohnt wurde, ist Balma Boves in der Gemeinde Sanfront.Die dortigen Häuser sind erst vor kurzem in ein örtliches Museum ungewandelt worden. Hier findet man Werkzeuge und Instrumente, die von der bäuerlichen Bevölkerung, die von Schafen und Kastanien lebten, verwendet wurde und man sieht die kleinen Gärten, die auf den abschüssigen Wiesen angelegt wurden. (Info: www.marcovaldo.it). Am Po entlang gehend steigen Sie das Tal hinunter.Der Po fließt hier noch ungehindert und bekommt seinen ersten Zufluss,den Lenta,der von Oncino kommt. So kommt man zum letzten Ort des Tals: Crissolo. Eine gewundene Straße (im Sommer teilweise geschlossen, um zu vermeiden, dass zu viele Fahrzeuge auf dem oberen Teil des Parco del Po fahren.Der Weg ist aber mit einem Shuttlebus gut zu erreichen) führt bis zum Pian del Re. Das Torfmoor in dem der Po seine ersten Meter zurücklegt, nachdem er aus dem Massiv des Monviso entsprang, fließt durch das Habitat des schwarzen Salamanders, dem Symbol dieser Gegend. Vom Pian del Re führen viele Pfade auf die umliegenden Gipfel: Den Monviso, Punta Roma, Punta Udine und Granero und zu den Seen, die vor Ihnen liegen. Ausgehend vom Pian del Re, führt ein Weg zum Buco di Viso, den ersten Tunnel in den Alpen, erbaut im Jahre 1478 als der Markgraf von Saluzzo entschied, für den Salzhandel, der vom Delta des Rodano kam, den Weg für die Karawanen zu erleichtern und einen Weg zu bauen, der sicherer und kürzer unter dem Alpenpass Colle delle Traversette durchführt. Die Bauarbeiten für den Tunnel waren nach wenigen Jahren abgeschlossen. Leider war der Tunnel Buco del Viso, der erst vor kurzem wieder eröffnet wurde, dann durch den Verfall der Markgrafschaft und den rauen Wintern in den folgenden Jahrhunderten nicht mehr stark frequentiert. Die Eröffnung war auf der französischen Seite durch einen nicht vollkommen entfernten Erdrutsch sehr schwierig. 8 9 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:43 Pagina 9 Entdecken Sie die Hochtäler In Crissolo erhebt sich die Wallfahrtskirche von San Chiaffredo, in okzitanisch Chafre, Jaufre im Mittelalter. Im September feiert man ein Fest zu Ehren dieses Heiligen. Laut der Überlieferung ist Chiaffredo ein römischer Soldat der tebäischen Legion, wie auch seine Kameraden Maurizio, Magno, Ponzio, Dalmazzo, Costanzo, Mauro, Pancrazio, typische Heilige der okzitanischen Gebirge. Einige flohen in die Täler des Monviso, wo Chiaffredo, verfolgt von den Partisanen, den Martyertod starb. Die zahlreichen Votivgaben, die in der Wallfahrkirche ausgestellt sind, erzählen von den Kriegen, Geschichten und Hoffnungen der Bevölkerung dieser Berge. Der Zyklus des Lebens, die Arbeiten auf den Feldern, in den Ställen, Schulen und die Traditionen sind im völkerkundlichen Museum Civico Museo Etnografico von Ostana (Info: Comune di Ostana - Tel. 0039.0175.94915 – www.reneis.org) zu sehen. Dort sind Werkzeuge, Gegenstände und Rekonstruktionen der Gegend, sowie Fotografien mit Beschriftungen in Okzitanisch und in Italienisch ausgestellt. In Juni sollte man die Vorstellung der thematischen Gemälde des Museums, die von der Vereinigung “I Rënéis” organisiert wird, nicht verpassen. In Ostana sind die gemeindlichen Innovationen voll im Gange: ländliche Feste, Koraalgesänge, Literaturwettbewerbe, Treffen von Bergsteigern, Ausstellungen von Fotografien und Pflege der Umwelt. Durch sorgfältige Arbeiten wurde der Ort in ein Laboratorium alpiner Architektur umgewandelt und durch diese Charakteristik hat Ostana den Preis “I Borghi più belli d’Italia”(Die schönsten Orte Italiens) erhalten. Auf der rechten Seite der Tälerachse war Oncino über Jahrhunderte hinweg dank der Weiden und der großen Anzahl von Rindern der wichtigste Ort der Hochtäler. Im Mittelalter brachten die Mönche von Staffarda ihre Herden zum Hüten dorthin. Beim See von Alpetto steht die erste Schutzhütte des Club Alpino Italiano, heute um ein neues Gebäude erweitert. Auf den Gebirgskämmen ist das Buco delle Fantine, kleine und haarige Feen, die aber arbeitsam und sehr sauber sind und am Morgen die Wäsche machten und die Gebirgler sahen von ihren Häusern aus, wie ihre Wäsche zum Trocknen aufgehängt war. Von Oncino gehen viele Wege aus, die jeden Gebirgskamm in Richtung des Varaita-Tals überqueren. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:43 Pagina 10 Wandernde Maler Die Ortschaften des Po-Tals verbergen kleine Schätze der volkstümlichen Kunst. Ein ursprünglicher Künstler arbeitete zwischen dem 18. und dem 19. Jahrhundert: er signierte seine Werke mit Giors Boneto pitore di Paizana, herrührend von dem Namen seines Geburtsortes. Er war ein Wanderkünstler und somit Teil der ländlichen Künstlergilde, die heilige Gegenstände auf Pfählen und Hausmauern gegen ein paar Münzen oder oft nur gegen Gastfreundschaft restaurierten. Giors Boneto malte zwischen dem Anfang des Po-Tals bis zu den Abhängen von Bisalta. Er beherrschte die Freskentechnik und dies schlug sich in der Vielfalt seiner bearbeiteten Gegenstände nieder: Heilige, Madonnen, Christus am Kreuz, Grablegungen, Cherubine, Seraphine… Sein naiver, aber persönlicher Stil ist auch nach langer Zeit noch wiederzuerkennen. Im Hochtal kann man die Werke von Boneto in Crissolo, Oncino, Ostana und Paesana bewundern: 44 signierte oder zugeschriebene Fresken seit dem Jahre 1780. Noch zahlreicher sind die zugänglichen Werke im tiefgelegenen Teil des Po-Tals und in den nahegelegenen Tälern Varaita und Maira. Die Zählung und Katalogisierung der Werke dieses Künstlers verdanken wir Gianni Aimar. Ein Maler der guten akademischen Schule war hingegen Giovanni Borgna “Netu”(1854-1902).In Martiniana Po befindet sich das Geburtshaus, mit einer Gedenktafel auf der Vorderseite und sein Familiengrab, dass von ihm persönlich mit Fresken versehen wurde. Aufgewachsen auf den Schulbänken der Akademie der Schönen Künste von Turin, erschuf Borgna in den Kapellen und Kirchen der Täler, der naheliegende Ebene bis zum ligurischen Westen, komplexe und aufwändige Fresken. Seine Werke können im Po-Tal in den Ortschafen Pratoguglielmo, Paesana, Sanfront, Envie, Calcinere und Rocchetta bewundert werden. Wenn man die Liste der Orte seines Wirkens und seiner Werke durchgeht, die er in seiner kurzen Laufbahn besucht oder erschaffen hat, ist man von der stürmischen Aktivität dieses Malers erstaunt. Er wirkte in mehr als 40 Ortschaften in den Provinzen von Cuneo, Imperia, Savona, Turin und Asti, die die Fresken des Künstlers beherbergen. 10 11 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:43 Pagina 11 Religiöser Glaube und Überlieferungen Staffarda, Rifreddo, Revello und Barge beherbergten Abteien, die heute Teil der bedeutungsvollsten Monumente aus dem Mittelalter sind und deren Besuch uns in die goldene Zeit des Markgrafen von Saluzzo entführt. Noch älter ist das Kloster von Pagno, das von den Langobarden gegründet wurde und Asyl für Beatrice, der Tochter des König Desiderio, war. Für sie schrieben die Mönche eine Grabinschrift, die von den Versen des Vergil inspiriert wurde.Im Jahre 825 nahm die Bedeutung des Ortes Pagno ab, als die Abtei von Valsusa der Novalesa anvertraut wurde. Nach dem Jahr 1000, am Ende des Überfalls durch die Sarazenen, trugen die markgrafischen Familien zur Gründung von neuen Klöstern bei. Im 12. Jahrhundert holte Manfred von Saluzzo die Zisterzienser nach Staffarda, zwischen Saluzzo und Revello. Die Abteil sammelt immer mehr Besitz an: eine Inventarliste des scriptorium aus der zweiten Hälfte des 12.Jahrhunderts deckt auf, dass sich in ihm 12 wichtige Kodexe in Miniatur befanden. Danach gründeten die Markgrafen in Rifreddo das Frauenkloster Santa Maria della Stella, von dem man die Vorderansicht der Kirche und eine Mauer mit wertvollen Manufakturen aus Terrakotta sehen kann. In Revello, im Jahre 1291, gründeten Tommaso I von Saluzzo und seine Frau Aloisia von Ceva, das Dominikanerkloster Santa Maria Nova. Ein Kloster (der Konvent) entstand im 13. Jahrhundert dank der Kartäuser auf dem Mombracco. Das Vermächtnis der Klöster aus der Zeit des Markgrafen sind im neuen Kloster der Zisterzienser von Pra d’ Mill, das in dem Kastanienwäldern des Berges Bagnolo Piemonte, versteckt ist, vereint (Info: www.dominustecum.it). Die Christianisierung der Gegend, die in den Kirchen, Kapellen und Klöstern so offensichtlich ist, verbirgt die eher archaischen Glaubensrichtungen. Die Mythologie der alten Gesellschaften der Bauern und Hirten wurde mündlich weitergetragen und erzählte von übernatürlichen Wesen, einige gütig und andere erschreckend. Außer den fantine (Feen) des Hochtals, die jeder Frau lernten zu weben und zu nähen, und den haarigen und frechen masche aus den Grotten des Mombracco, erzählen die Legenden auch von einem fantastischen Zoo mit dem Kater pitois, mit Augen aus Feuer, der wellenförmigen Schlange von Envie, dem Vogel pitapenas der Orte des Infernotto, und des schrecklichen ravas, einem Menschenfresser, der in einer Grotte in den Wäldern von Barge lebt, an einem Ort an dem im Mittelalter eine Kapelle mit dem Namen Madonna della Rocca stand. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:44 Pagina 12 Varaita-Tal Eine alte Straße durch das Varaita-Tal von Piasco nach Chianale führt nach Frankreich und zum Alpenpass Colle dell’Agnello. Den Mittelpunkt des Tals bildet Sampeyre, das heißt San Pietro, abgeleitet von Peire in okzitanisch. Eine große Veranstaltung ist das Baia von Sampeyre: alle fünf Jahre gedenkt man im Karneval an die Jagd der Sarazenen im Varaita-Tals, gemäß der Überlieferung circa im Jahre 1000. An dem Umzug nehmen Hunderte von Statisten mit Fahnen teil, aufgebaut wie ein Heer mit Kommandant, Wachen, Kavallerie, Infanteristen und den sapeurs, die Blockaden aus Baumstämmen wegräumen, die die Sarazenen auf deren Flucht hinterlassen haben (Die Fahnen sind im völkerkundlichen Museum ausgestellt - Info: www.comune.sampeyre.cn.it). Auch die weiblichen Personen werden von Männern gespielt. All das wird unterstrichen von, mit Blüten, Rosen und Kokarden aus Seide bestickten Bannern und Musik und Tänzen Okzitaniens. In Bellino,Blins,höher gelegen im Varaita-Tal,feiert man das baia alle drei Jahre. Die Feierlichkeiten gehen auf die Mythen des Frühlings und der Sonne zurück, die in den archaischen Bauerngemeinschaften ein Symbol für Fruchtbarkeit waren, während der militärische Kontext, den wir beim baia von Sampeyre finden, fast gänzlich fehlt. Eine kleinere baia feiert man auch in San Maurizio von Frassino. In Sampeyre, Casteldelfino und Pontechianale hat die Entwicklung des Tourismus in den 60er Jahren die historischen Bauwerke der Gegend teilweise verändert. Aber man findet an den historischen Gebäuden der Ortschaften und der Bergdörfer noch architektonische Zeichen der Vergangenheit. In der Ortschaft Tè-nòu, oberhalb von Torrette di Casteldelfino, nahe einem Lärchenwald, steht die einzige Ortschaft deren Häuserdächern teilweise mit Schindeln abgedeckt wurden (Latten aus Lärchenholz). Im Tal befindet sich die Wallfahrtskirche von Valmala, die der Madonna della Misericordia gewidmet ist und Ziel von Pilger ist. Laut der Überlieferung 12 13 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:44 Pagina 13 sprach dort die Madonna am 6. August 1834 mit einigen unschuldigen Hirtenmädchen in okzitanischer Sprache. Sie erschien als “weinende Frau”. Anlaufstelle für Touristen ist die Porta di Valle (Info: Via Provinciale - 12020 Brossasco - Tel. 0039.0175.689629 - www.segnavia.piemonte.it), mit einer Cafeteria, einem Buchladen, der auf die örtliche Literatur spezialisiert ist und in der man Karten der Gegend kaufen kann. Dort findet man typische Produkte der Gegend und die Einrichtung ist auch Sitz der Agentur Segnavia, die Reisepakete für das Varaita-Tal und für die anderen okzitanischen Täler und die Täler von Saluzzo vorschlägt. “Sonnige” Handwerkskunst Bezeichnend für die Talbewohner ist die Herstellung von rustikalen Möbeln, deren Stil von der Vergangenheit inspiriert wird und die “val Varaita”genannt werden, da die Verzierungen auf die ursprünglichen Sonnen- und Wasserkulte zurückgehen, die im ganzen Alpenraum gemein waren und von allen alten Völkern des Mittelmeerraums umgesetzt wurden. Backtröge, Truhen und andere in Queyras im Varaita-Tal gefundene Gegenstände sind heute in den Museen von Grenoble, Gap und Cuneo, sowie in Antiquitätensammlungen Europas und Amerikas zu finden. Typische Architektur in Chianale Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:44 Pagina 14 Unterhalb des Alpenpasses Colle dell’Agnello Chianale, wenige Kilometer von der französischen Grenze entfernt, ist das höchstgelegenste Dorf des Tals, das vom Colle dell’Agnello (2.748 m) dominiert wird.Der Ort gehört zu den “I borghi più belli d’Italia”(Die schönsten Orte Italiens). Die alpine Architektur erkennt man durch die Steinhäuser mit den besonderen Dächern, der römischen Brücke, die die beiden Teile der Ortschaft miteinander verbindet und über den Fluss Varaita führt, und den Kirchen, aus den Jahren des Dauphinè. In Chianale lebten Katholiken und Hugenotten friedlich miteinander: neben der romanischen Kirche von Sant’Antonio befindet sich ein mittelalterliches Haus, das als protestantischer Tempel verwendet wurde. Das Ort trägt seine okzitanischen Charakteristika mit Stolz, den Ortsnamen und die Sprache der Bewohner. Im Mittelalter erfuhr man in der Gegend um Briançon, zusammen mit anderen Gemeinden des Hochtals, dem Hochtal Val Chisone, dem Oulx-Tal und dem Queyras-Tal und der Republik der Escartons, eine Autonomie bis zum Jahre 1713, als die Gebiete auf der anderen Seite der Alpen in den Besitz der Savoyer übergingen. Heute haben diese Gegenden, durch die wunderbare Zusammenarbeit der Berggemeinschaft, den Gemeinden und dem Park von Queyras durch kulturelle, touristische und wirtschaftliche Projekte an Bedeutung gewonnen. Ein typisches Gericht aus Chianale und dem Varaita-Tal sind die Ravioli, die aus Kartoffeln und Toma, einem Frischkäse aus Kuhmilch, gemacht werden. Hier das Rezept: Kochen Sie 1,5 kg Kartoffeln, passieren Sie sie und mischen Sie 500 gr. Toma unter. Geben Sie ein Ei dazu und vermengen Sie die Masse gut. Danach fügen Sie 500 gr. Mehl hinzu bis Sie eine feste Masse erhalten. Teilen Sie die Masse in Scheiben à 3 cm. Bemehlen Sie den tornoira (Holztisch mit hohen Seiten) und formen Sie Röllchen mit einem Durchmesser von 2 cm. Schneiden Sie dann kleine Stücke und rollen Sie diese mit der Handfläche aus, so dass Sie die typische Form der raviòlas erhalten. Legen Sie sie auf dem Tisch aus und bestreuen Sie sie mit Mehl. Kochen Sie sie in kochendem Wasser bis sie nach oben kommen. Nehmen Sie sie dann mit einem Schöpflöffel aus dem Wasser. Gegessen werden die raviòlas mit Sahne und flüssiger Butter. 14 15 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:44 Pagina 15 Casteldelfino und der Wald von Alevé Der Zirbelkieferwald trägt den Namen Alevé, elvo in okzitanisch, und befindet sich auf den Bergen von Casteldelfino und Sampeyre,bis auf 2.700 Meter Höhe: er ist einer der weitläufigsten Zirbelkieferwälder der Alpen und ist durchlaufen von Wegen, die an den See Bagnour, wo eine kleine Schutzhütte für Wanderer steht,führen.Bereits im Jahre 1387 verboten die Statuten von Casteldelfino die Ausbeutung des Waldes.Bei einem Spaziergang im Alevè treffen wir auf Füchse, Gämse, Murmeltiere und Hasen. Ein typisches Tier, auch wenn es schwierig zu finden ist,ist die großköpfige Eule und während der warmen Stunden des Tages kann man den Mäusebussard langsam vorbei fliegen sehen. Die Nadeln (garilhs) der Zirbelkiefer isst man oder man macht daraus Laternenöl. Mit den Knospen macht man Inhalationen für die Atemwege und aus dem Harz werden medizinische Cremes und Pastillen hergestellt. Das Holz der Zirbelkiefer eignet sich für die Herstellung von Sohlen (seps) davon Holzschuhen, die gerne von Klein und Groß getragen werden, da sie so leicht und warm sind.Vor Allem werden daraus Möbel gefertigt:Backtröge,Kästchen, Tische, Stühle und Truhen. In das weiche Holz konnte man wunderbare traditionelle Motive aus den primitiven Sonnenkulten schnitzen: Rosen, Schlangen und Spiralen. Im Möbelmuseum “Museo del Mobile”, in Castello di Pontechianale (Info: Tel. 0039.348.7125650 – 0039.349.1466050), das in einem traditionellen Haus untergebracht ist, findet man Beispiele von Möbel und Verziehrungen der Bauern des Varaita-Tals, sowie auch die Entwicklung dieser über die Jahrhunderte hinweg.Noch heute gibt es im Varaita-Tal eine große Anzahl von Handwerksbetrieben,die sich auf die rustikalen Möbel,unter Berücksichtigung der traditionellen Formen und nicht der modernen, spezialisiert haben. In Casteldelfino, dem Besucherzentrum von Alevè (Info: Parco del Po - Tel. 0039.0175.46505), kann man ein Stück Wald mit den typischen Tieren bewundern: Uhu, Zicklein, Murmeltier, Hasen, Wildschwein. Darüber hinaus wird man auf seinen Ausflug in den Zirbelkieferwald vorbereitet. Der Winter ist die beste Zeit um die dortige Stille zu genießen, die nur durch die Schreie des Tannenhähers, dem Vogel, der seine Lagerplätze für Pinien vergisst und somit den Fortbestand des Waldes sichert, durchbrochen wird. Neben dem Besucherzentrum ist die Einrichtung Escartons, wo man geschichtliche Informationen bekommen kann. In der Kirche Sant’Eusebio, am Fuße der Burg gelegen, findet man das religiöse Museeum Museo della Religiosità popolare, das den Heiligen der okzitanischen Täler gewidmet ist. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:44 Pagina 16 Poesie und farbige Bänder Das Varaita-Tal hat der Literatur des Okzidents zwei Dichter geschenkt: Tavio Cosio von Melle und Antonio Bodrero (Barba Tòni Baudrier) von Frassino (Info: www.chambradoc.it/melle/melle.page). Die Gemeinde von Melle widmet Tavio Cosio einmal in Jahr eine Veranstaltung mit literarischen Spaziergängen zu den Orten, die ihn zu seiner Poesie und seinen Geschichten inspiriert haben. Sein Werk kann in den örtlichen Buchhandlungen erworben werden. Antonio Bodrero war ein Poet und ein Verfechter Okzitaniens und des Piemonts. Er erstaunte durch seinen Antikonformismus. Wer ihn kennen gelernt hat, beschreibt ihn als weisen Mann (barba eben), hypnotisch in seiner Art von Sprache, Religion, Politik, sowie den Ursprüngen und der Geschichte von Worten zu reden. Die Einfachheit der Verse kreuzt eine wahre Tiefe der Gedanken. Es sind Verse, die an die Mysterien der Berge, der Urgöttlichkeit und der natürlichen Welt gedenken. Poet der Landschaft, legte unter die barme die Rast der sarvanòts (Faune); in den Kirschblüten sah er die leuchtenden Heiligenscheine Gottes, in den Sternen, die Lichter der Hütten von einst…: “Que de quiar, benèit i ouèi, quouro n’er’un per meiro e la nouèch e i vitoun treiàven a fa’ stéle; dihen encàa i estéle quouro grinoùr i bòouco: Bafarà, mé pa tro; qui crè pa vène a vèire: nous sén i quiàr di meire, nove, di vosti rèire”. (Wie viele Lichter, gesegnet die Augen, als es noch eines auf jedem Berg gab / und in der Nacht spielten die Bergleute mit den Sternen; / es erzählen sich noch die Sterne von diese Liebe: / “Lacht laut, aber nicht zuviel; wer nicht glaubt, soll kommen um zu sehen: / wir sind die Lichter der Berge, die neuen eurer Vorfahren”.) Über Bodrero ist gerade ein Buch seiner gesammelten Werke in Vorbereitung. An besonderen Festtagen tragen die Frauen von Casteldelfino, Pontechianale, Bellino und Sampeyre Kostüme mit geklöppelten Hauben, Schultertüchern und Schürzen aus Seide auf schweren, schwarzen Kleidern in der Art einer Nonnentracht.Das Gewand ist mit bindels (Bändern) verziert.In Sampeyre und in Frassino trägt man auf der Haube oft ein Tuch (mochet de la testa). Charakteristisch ist Gewand des Hochtals, gonela genannt, mit drei Falttüchern hinten. Der Goldschmuck, der das Gewand vervollständigt, besteht aus einer 16 17 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:44 Pagina 17 langen Kette von liebevoll vergoldeten Körnern oder einem Goldkreuz. Selten tragen auch die Männer diese alten Kostüme: ein schwarzes Gewand mit Jacken mit Schoß, weißen Kniestrümpfen und Zweispitz. Lilien und Delphine Diese Symbole findet man in den Steinmalereien, auf den Brunnen, Kapitellen, auf den Torbögen der Orte der Castellata: Casteldelfino, Pontechianale, Bellino. Der Delfin erinnert an die Zeit in der das Hochtal von Varaita Teil des Dauphinès war, während die Lilie für die darauffolgende Zeit steht, dem Königreich von Frankreich. Casteldelfino - Chateau Dauphin war in der Zeit des Dauphinès die Hauptstadt des Escarton des Varaita-Tals.Aus der Zeit des Dauphinès stammen die Grundmauern der Burg, die Fresken der Pfarrei und, entlang des Hauptweges, edle Häuser und ein mittelalterlicher Brunnen. Das Dorf, das auch heute noch Confine heißt, erinnert mit der alten Grenze an die Markgrafschaft von Saluzzo. Die okzitanische, rurale Architektur findet ein Beispiel in der Wallfahrtskirche von Bellino, Blins in okzitanisch, einem der eindruckvollsten Ortschaften. Runde Pfeiler, megalithische Säulenbalken, zweibogige Fenster, überdachte Straßen, Sonnenuhren aus Fresken, Dächer und têtes coupées erinnern an die Kunstfertigkeit von damals. Aber Blins ist auch das Dorf der Schriftsteller. In den Buchhandlungen des Tals findet man Werke von Janò di Vielm, mit richtigem Namen Giovanni Bernard, Autor von “Steve”(Erstes in okzitanischer Sprache verfasstes Werk der Täler) und “Lou Saber”, enzyklopädisches Wörterbuch mit mehr als 12 Tausend Einträgen in okzitanisch über Blins. Ein weiteres, wichtiges Buch ist “Nosto Modo” von Jean-Luc Bernard, das erste Werk, in dem auf systematische Weise die materielle und orale Kultur von Okzitanien beschrieben wird. In der alten Grundschule von Celle di Bellino findet man das Museum Museo del Tempo e delle Meridiane (Info:Tel. 0039.0175.95110 - [email protected] ). Der Besuch ist eine Einführung in den Rundweg zwischen den Sonnenuhren aus Fresken an den Häusern und den religiösen Gebäuden in der ganzen Ortschaft, von denen einige Werkstätten von Sonnenuhrherstellern waren. Fotoleinwände entführen Sie in die Vergangenheit, während ein Film den Lauf der Jahreszeiten mit 12 Sprichwörtern in Okzitanisch zeigt. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:44 Pagina 18 “Mistà e danza“ Im 15. Jahrhundert hat das gute Verhältnis zwischen der Markgrafschaft von Saluzzo und den Dauphiné das Erblühen der Künste positiv beeinflusst. Kirchen, Malereien und Skulpturen sind mit dem künstlerischen Weg, Mistà genannt, verbunden. Der Name bedeutet in Okzitanisch “heiliges Bild”. Die Kunst der Bildhauerei wurde von der Schule der Zabreri des Maira-Tals mit Taufbecken und Türen mit kleinen Säulen und Kapitellen hervorgehoben. Bedeutungsvoll sind hierbei auch die Kirchen von Sampeyre, Villar, Casteldefino und Bellino. Die Kunstschulen “del brianzonese” beeinflusste die Kunst von Castellata wo man in Bellino, Casteldelfino und Chianale viele aus Stein gehauenen Köpfe findet, die aufgrund der keltisch-ligurischen Gepflogenheit entstanden sind, die Köpfe der im Kampf getöteten Feinde in der Nahe der eigenen Häuser aufzuhängen. Ein eingeständiger Fall ist das schöne Portal aus dem 15. Jahrhundert im Stil flamboyant der Pfarrkirche von Sant’Andrea in Brossasco. Die Kapelle von San Rocco in Brossasco ist aus dem 16. Jahrhundert und verbunden mit der Erinnerung an die Pest. Die Brüder Tommaso und Matteo Biasacci aus Busca hinterlassen zahlreiche Fresken im Varaita-Tal.Das Werk dieser Familie von wandernden Malern, die zwischen dem südlichen Piemont und dem westlichen Ligurien aktiv waren, kann man in der Pfarrkirche von Sampeyre (Stillende Madonna, Blutbad der Unschuldigen, Flucht nach Ägypten, Verherrlichung der Magier, Passion und Wiederauferstehung Christi), in der Kirche von Casteldelfino und Valmala bewundern. Der Stil ist archaisch, zwischen romantisch und gotisch, wie die Malereien in der Pfarrkirche von San Massimo in Isasca, und an der Vordermauer der Pfarrkirche von Rossana, mit einem schönen gotischen Portal mit Blumen aus Terrakotta. Die Malereien von Rossana sind besonders interessant, da sie engelsgleiche Figuren zeigen, die traditionelle Instrumente aus dem Mittelalter spielen, wobei einige von diesen Instrumenten durch eine Wiedergeburt der okzitanischen Musik am Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts wieder auf dem Höhepunkt kamen. In Wirklichkeit wurde die Musik im Varaita-Tal niemals wirklich vergessen. Das Repertoire von Tänzen zu Festen oder einfach zur Unterhaltung umfasst Dutzende von Tänzen. Die bekanntesten sind: corenta, giga, contradança, borea, mescla, sposin… Es 18 19 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:44 Pagina 19 handelt sich hierbei um Figurtänze, die auch Dutzende von zeitgenössischen Tänzern begeistert. Das Angebot von öffentlichen Tanzkursen für die okzitanischen Tänze der Alpen ist zahlreich. Der Klang der Täler In Venasca, historisch gesehen, der wichtigste Ort der Talsohle, mit einer schönen Barockkirche und einem berühmten Markt für Kastanien, befindet sich die Fabbrica dei Suoni (Fabrik der Töne), der erste italienische Themenpark, der sich auf Töne und Musik konzentriert. Das Ziel der Fabrik ist es, den Kindern und Jugendlichen die Welt der Musik mit Hilfe von Spielen und Möglichkeiten zum Mitmachen näher zu bringen. So sollen Neugierde und Fragen geweckt werden. Die Arbeitskreise, die man auf den Besucherwegen findet, erlauben es, zwischen Ton und Lärm zu unterscheiden und die Bedeutung der einzelnen Töne mit konkreten, visuellen und eigenen Aktivitäten zu erkennen. Die Vibrationen der Töne und die Verteilung der Tonwellen im Raum können so erlebt werden. Eine Abteilung ist den Musikinstrumente gewidmet, die aus fünf Kontinenten stammen. Um die wichtigsten Instrumente der okzitanischen Kultur kennen zulernen, ermöglicht die Fabrik Arbeitskreise mit der Laier, diatonischer Orgel, galobet, tamburin und fifre, mit Informationen über deren Herstellung, eine LiveKostprobe und Gesänge und Tänze aus Okzitanien (Info:Tel.0039.0175.567840 - www.lafabbricadeisuoni.it) Vor dem Hintergrund des großen Schlosses der Herrscher von Sampeyre, in Piasco, wenige Kilometer von Venasca, befindet sich das Harfenmuseum (Info: Tel. 0039.0175.270511 - www.museodellarpavictorsalvi.it) wo von Victor Salvi gesammelte, historische Harfen ausgestellt sind. Victor Savi spielte als begabter Harfenist unter der Leitung des Maestros Arturo Toscanini und war Gründer einer Einrichtung für den Erhalt der handwerklichen Traditionen von Holzbearbeitungen im Varaita-Tal und dem Tal von Saluzzo. Die Harfenfabrik, die von ihm gegründet wurde, deckt heute circa 90 Prozent des professionellen Marktes ab. Die Sammlung umfasst 86 Stücke, die teilweise von 1700 bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, aus Europa, Afrika und Asien stammen. So kann man die Entwicklung der Technik und des Ausdrucks eines wenig bekannten Instruments verfolgen. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:45 Pagina 20 Maira-Tal Im Maira-Tal ist die okzitanische Sprache in den Gesängen der Troubadoure verankert, aber am wichtigsten sind die Landschaft und die Kunst.Seit einigen Jahren wird diese Landschaft als Bühne für ausgezeichnete Kinofilme und Fernsehproduktionen ausgewählt, der Film “Il vento fa il suo giro” (in Okzitanisch L’aura fai son vir) des Regisseurs Giorgio Diritti wurde dort vollständig gedreht. Das Tal folgt dem Verlauf des Flusses Maira, von dem beeindruckende Täler und Orte, wie die von Albaretto und Celle, Marmora, Preit, Unerzio und Elva, die man mit Wegen und militärischen Strassen, zu den Kämmen, Pässen und Gipfeln, erkunden kann und so eintaucht in die Welt der verschiedenen Felsen und Pflanzen. In einigen sonnigen Plätzen, blühen sogar mediterrane Pflanzen, wie der Lavendel. Die Grenzlinie, die Italien und Frankreich trennt, war der Pass für Emigranten und Schmuggler. Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Pass von den italienischen Partisanen und den französischen Marquis, die zwischen Mai und Juli 1944, am Col Sautron und in Saretto auf der Seite des Maira-Tal, und in Barcelonnette in Frankreich, ein politisch-militärisches Abkommen im Kampf gegen den Faschismus vereinbarten. Ein Erinnerungsstein erinnert heute noch in Saretto daran. Die Hauptstadt des Tals ist Dronero (Draonier in Okzitanisch),die seit 250 Jahren als Stadt geführt ist.Um den okzitanischen Charakter zu erleben,sollte man am besten am Markttag dorthin gehen, an den Verkaufständen, in den Bars den Leuten, die aus San Damiano, Elva, Acceglio, aus dem nahegelegenen La Ròcha (Roccabruna) kommen, lauschen, die ungezwungen auf Okzitanische reden. Die Geschichte erzählt von Hugenotten und Waldensern, aber auch von aristokratischen Familien, Philologen, Künstlern, Journalisten und Politikern, unter denen Giovanni Giolitti, erster Minister des italienischen Königreichs, besonders heraus tritt. Ihm wurde eine Studienzentrum gewidmet (Info: 20 21 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:45 Pagina 21 www.giovannigiolitti.it). Dronero ist reich an Monumenten, Gebäuden und Kirchen, die an das florierende Mittelalter erinnern. Charakterisiert wird der Ort durch die Kühnheit der mit Zinnen versehenen Brücke über den Maira und durch das achteckige Kornloch aus der ersten Hälfte des 15.Jahrhunderts. Eine Engländerin in Dronero Die englische Forscherin und Schriftstellerin Freya Stark (1893-1993), verbunden mit den bekanntesten Personen ihrer Zeit, wie Churchill und dem legendären Lawrence von Arabien, verlebte in Dronero einen Teil ihrer Jugend und kehrte im Jahre 1919 dorthin zurück. In ihrer Autobiografie beschrieb sie Dronero so: “Stadt zwischen zwei Flüssen, in Mitten eines großen und schönen Tals... Mit einer mittelalterlichen Kathedrale mit schönen Arbeiten in Terrakotta in gotisch-lombardischen Stil…. Die Brücke, mit Zinnen versehen und sehr hoch, umfasst sie das ganze Tal, dass weiter unten von weißen Felsen bedeckt ist, auf denen zitternde Pappeln und Nussbäume weiche, hellblaue Schatten werfen”. Traversado - Weg zum Passo della Gardetta Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:45 Pagina 22 Große Meister Elva zu entdecken ist, wie eine geheime Tür aufzuschließen; die Zeichen, dieser Welt von einst zu entdecken, ein Buch aufzufinden, das von einem Leben erzählt, als die Ideen noch zu Fuß gingen und das Leben in der Höhe keine Isolation von der Welt bedeutete. Dort unten, an der Wasserscheide mit dem Varaita-Tal, scheint es so, als würde Elva zwischen den gemähten Wiesen hängen, umgeben von den Gipfeln des Pelvo, des Chersogno und der Marchisa, Berge, die höher als 3000 Meter sind. Die der heiligen Jungfrau Maria gewidmeten Kirche thront auf einem Feldvorsprung. Archaische Figuren schmücken das Portal: têtes coupées der keltisch-ligurischen Tradition,Tiermasken, Atlas und die Sequenz Frau-KetteSchlange. Der Bogen des Hochaltarraums ist mit Zeichen des Tierkreises verziert, eine romanische Sirene die die Gliedmaßen spreizt, der Hl. Georg und der Drache, der Kessel mit den Verdammten, die darin wegen ihrer Sünden leiden. Im Inneren findet man die Fresken von Hans Clemer, dem flämischen Maler, der zwischen dem Ende des 15. Jahrhunderts und 1508 in der Markgrafschaft von Saluzzo wirkte. Danach brach er in die Provence auf, um dort in Tarascon, Pertuis und Vinon… und anderen Gegenden Okzitaniens zu arbeiten. Clemer heiratete in Saluzzo und hielt Werkstätten mit örtlichen Schülern ab. Seine Fresken in der Pfarrei von Elva sind das Meisterwerk der okzitanischen Elva - Die Kirche der Santa Maria Assunta 22 23 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:45 Pagina 23 Täler. Im Gebiet der Markgrafschaft, das zu dieser Zeit den künstlerischen Tendenzen des spätgotischen Stils treu war, verkörperte der Stil von Hans Clemer eine wahrhafte artistische Revolution für seine Zeit und die Einführung von Elemente der zeitgenössischen italienischen Malerei. Die Kreuzigung, die Geschichte Christi und der Heiligen Jungfrau der Kirche von Elva zeigten einen starken Hang zur Dramatik und ein Augenmerk auf eine psychologische Darstellung, zu sehen in den Gesichtern der frommen Frauen und der Apostel, die am Grab der Madonna weinen. Andere Werke von Clemer findet man in Saluzzo, Revello, Bernezzo, Pagno, aber hier im Maira-Tal findet der Besucher in Celle Macra, in der Pfarrei, die dem Heiligen San Giovanni Battista gewidmet ist, ein weiteres seiner Werke: das Altarbild mit der Madonna auf eine Thron, umgeben von Heiligen, auf goldenem Hintergrund, aus dem Jahr 1496, eine wunderbare Verschmelzung von figurativer, provenzalischer, lombardischer Kultur und deutscher Malereitechnik. Zwischen den Wäldern, nahe dem Ort Celle Macra, in der Kapelle San Sebastiano, findet man einen äußerst wichtigen Künstler des okzitanischen 15. Jahrhunderts, den Maler Giovanni Baleison (Johannes de Baleisonis), ursprünglich aus Demonte in der Nähe des Stura-Tals kommend. Er arbeitete in den Alpen, zwischen dem Piemont, Ligurien und Nizza. Der Freskenzyklus umfasst den Strahlenden Gott, das Martyrium des Heiligen, den Limbus, die Himmelskirche, die Tugenden, das Fegefeuer und die Hölle. Aus der gleichen Hand stammen auch die Madonnenstatuen an der Außenmauer eines Gebäudes von Bassura di Stroppo und die Fresken in der Kapelle von Santi Sebastiano e Fabiano in Marmora, die den Strahlenden Gott, die Madonna auf dem Thron zwischen San Sebastiano und San Costanzo, die Evangelisten, die Geschichten der Kindheit Christi und des San Sebastiano darstellen. Der Weg zu den Malereien im Hochtal Maira wird durch die Fresken Tommaso Biazacis’ in der Pfarrkirche der Heiligen Giorgio und Massimo in Marmora vervollständigt, die den Hl. Christoforus, San Girolamo und San Francesco, mit Stigmata, zeigt. Sehr eindrucksvoll ist auch die Kapelle von San Peire in Macra, wo man eine Danza Macabra mit Texten in Okzitanisch und altem Französisch entdecken kann. Eine durchaus seltene Bilddarstellung für diese Gegend. Ein Besuch, der das Gefühl für die Anordnung und die Proportionen des romanischen Gebäudes vermittelt, ist die Kirche von San Peire in Stroppo, einsam auf einem Ausläufer gelegen, mit Fresken in der Apsis und einer wunderbaren Anbetung der Schäfer von einem anonymen Malers in der Seitenkapelle. Der Weg endet an einer der ältesten Kirchen des Tals, San Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:45 Pagina 24 Salvatore von Stroppo, mit einem Glockenturm und Fresken aus dem Frühmittelalter, die die Geschichte Genesis und den Tanz von Salomon darstellen, sowie Fresken aus dem 15. Jahrhundert, mit dem segnenden Christus, den Evangelisten, den Aposteln und den Heiligen Caterina und Antonio. Die Bildhauerei aus dem 15. Jahrhunderts im Maira-Tal kannte auch die Arbeit der Brüder Zabreri (Chabrier in Okzitanisch), geboren in Pagliero, die ihre Werke in zahlreiche Ortschaften der Markgrafschaft von Saluzzo brachten. Die Brüder Zabreri bekamen den Auftrag für die Tore der Pfarrkirche von San Damiano Macra. Kapitelle mit Figuren aus deren Werkstatt findet man in der Pfarrkirche Sant’Antonio in Pagliero. Taufbecken von den Brüdern Zabreri gibt es in Canosio und Pagliero im Maira-Tal und in zahlreichen Kirchen der okzitanischen Täler. Sie haben eine kelchartige Form mit einem Knoten im Zentrum des Schafts. Das Brunnenbecken ist polygonal, verziert mit Inschriften am Rand. In den Stücken sind die Blätter mit den Wappen der Auftraggeber verziert. Aber die Kunst in diesem Tal findet man nicht nur in den religiösen Bauwerken, sondern auch in den zivilen Gebäuden, wie dem Lazarett von Caudano, Ortsteil von Stroppo, erst kürzlich restauriert, das auf der segelförmigen Außenmauer, interessante zweibögige Fenster mit gehauenen Köpfen hat und den charakteristischem Knoten von Salomon, der das Symbol der örtlichen Bergbevölkerung ist.Verzierung,Werke von örtlichen Künstlern, findet man in San Damiano Macra und Villar d’Acceglio, Veranstaltungsstätte unter anderen von einem der interessantesten archaischen Karnevale in den okzitanischen Tälern. Herrschaftliche Gebäude aus dem Mittelalter mit hohen Außenwänden und Einzelbogenfestern oder zweibögigen Fenstern findet man in Castellaro, Combe, Vernetti, Unerzio, Preit. Dort verweilten die Bourgeoisie der Bauern- oder Bergbevölkerung, deren Unterlagen man in notariellen Aufzeichnungen aus den XV und XVI Jahrhundert findet. Die ciciu der Heiligen In der piemontesischen Region von Villar San Costanzo findet man künstlerische Schätze und seltene Naturbegebenheiten. Im Naturschutzgebiet der ciciu (Puppen), erheben sich zwischen Kastanien, Pappeln und Birken circa 400 pilzförmige, geologische Formationen mit einem Durchmesser zwischen 2 und 7 Metern, sowie einer Höhe von in einigen Fällen sogar 8 Metern. Die Bildung dieser Figuren begann vor 12.000 Jahren, 24 25 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:45 Pagina 25 am Ende der letzten Eiszeit.Die ciciu bildeten sich durch die Ausschwemmung der Gewässer, die durch die Jahrtausende hinweg den Boden formten und somit große Massen von Gneis hinterließen, kompakte Türme aus Erde, die von großen Steinen überlagert wurden. In der schönen Jahrezeit zeigen sich die ciciu rosafarben mit drolligen, dunklen Hüten. Im Winter werden sie zu Graten, die aus dem Schnee ragen. Die Erkundung der ciciu erfolgt entlang der eingerichteten Wege, während die Gastfreundschaft durch das Besucherzentrum am Eingang des Naturschutzgebiets gewährleistet ist. Das Außengebiet ist für bouldering gemacht, aber das Erklettern der ciciu ist streng verboten, da man sie für immer zerstören könnte (Info: Ente di Gestione dei Parchi e delle Riserve Naturali Cuneesi, Tel. 0039.0171.734021). Einer volkstümliche Überlieferung nach ist das Phänomen der ciciu ein Wunder des Märtyrers Costanzo: die feindlichen Heiden, die ihn verfolgte, um ihn zu töten, wurden aus dem Willen Gottes zu Steinen. Costanzo, Heiliger der thebäischen Legion, ist in der Überlieferung verankert. In einer gemauerten Gedenktafel in der Pfarrei sollen sich die Reliquien des Märtyrers befinden. Auf dieser liest man auf Lateinisch: “Hier liegt Costanzo, Märtyrer des Herrn, der zu der thebäischen Legion gehörte”. Durch die Verehrung des Märtyrers entstand im Mittelalter ein Kloster. Die Kirche San Costanzo al Monte, in den Wäldern oberhalb der Ortschaft, wurde circa Anfang des 8. Jahrhunderts durch den Willen des Langobardenkönigs Ariperto II errichtet und nach den Invasionen der Sarazenen von lombardischen Herrschern wieder errichtet, die ihre Figuren in die Altarnischen brachten, mit dünnen Lisenen skandiert und oben geschmückt mit Galerien. Die Krypta ist eine richtige, kleine Kirche. Nachdem der sumpfige Boden saniert war, errichteten die Benediktiner auf dem Platz der Pfarrei die Abtei von Santi Pietro und Costanzo. Neben der Krypta mit Fresken von Pietro da Saluzzo (Geschichten des Heiligen Georg, Madonna, Heiligen und Evangelisten), verfügt die Kirche über einen Glockenturm mit romanisch-gotischen Fries und Mauern aus gearbeitetem Stein. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:45 Pagina 26 Museen des Tals In Elva finden wir die Beweise dafür, dass in der Vergangenheit das Überleben in den Bergen durch die Feldarbeit, die Viehzucht und die Milchverarbeitung abhing. In den Jahren, in denen keine Landwirtschaft ausgeübt wurde, bemühte sich die Bergbevölkerung um andere Arbeiten, die teilweise weit weg auszuüben waren. Die Männer von Elva gingen im Herbst umher, um in den Häusern Haare zu sammeln, die sie verarbeiten konnte. Diese verkauften sie dann in Frankreich, Deutschland, England und auch in den USA, um daraus Perücken zu machen. Zum Gedenken an diese Arbeit, wollte die Gemeinde in der Nähe des “Hauses der Sonnenuhr”, Beispiel für die ländliche, seltene Architektur, das Museums der Pelassiers gründen, das mit Hilfe der Werkzeuge, Bildern und einem Film die Geschichte dieses Berufes erzählt, der die Bewohner von Elva auf eine Reise um die Welt schickte. Ein weiterer saisonaler Beruf, der für die Täler typisch war, war der Sardinenverkäufer, die das Maira-Tal verließen, um Sardinen zu kaufen und diese dann mit einem Wagen weiterverkauften. Den Sardinenverkäufern ist das Seles in Celle di Macra gewidmet. Andere Museen, die von dem damaligen Leben erzählen sind La misoun d’en bot von Borgata Chialvetta in Acceglio (Info:Tel.0039.0171.99017), das Museum des Hanfs in Prazzo Inferiore (via Nazionale, 22) und das L’escolo de mountanho von Borgata Paschero in Stroppo (Info: Tel. 0039.0171.999220 - 999112). Weiter unten im Tal, in Dronero, hinterließ Luigi Mallé, in Dronero geboren und Direktor der Völkermuseen von Turin, der Gemeinde, Einrichtungstücke, Fundgegenstände, Bücher, Schallplatten und Fotos. Das Museum wurde im Juni 1995 eingeweiht (www.marcovaldo.it) und beherbergt eine Sammlung antiker und zeitgenössischer Kunst mit Werken großer Meister, die den verschiedenartigen Geschmack von Mallé wiederspiegeln: Man findet Malereien und Zeichnungen von piemontesischen Künstlern des 18. Jahrhunderts, religiöse Artefakte archaischen Stils, flämische Landschaften und Abbildungen oder von Mallè auf Antiquitätenmärken erworbene Werke und zeitgenössische Kunstwerke der abstrakten Kunst von: Lucio Fontana, Umberto Mastroianni, Adriano Parisot. 26 27 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:45 Pagina 27 Im Ort von Matteo Olivero In seinem berühmten Selbstbildnis zeigt sich Matteo Olivero mit einem roten Tuch um den Hals, wachsamem Blick, schwarzem Hut und langem, schmalen Bart. Geboren in Acceglio, im Jahr 1879, in der Gemeinde von Pra Rotondo, war er in der Moderne einer der berühmtesten Maler der okzitanischen Täler. An Olivero erinnert man sich nicht nur als “Maler des Schnees” oder “tragisches Sprachrohr seiner Berge“, so nannten ihn die Kunstkritiker auf den Ausstellungen in Grenoble, Rom, auf der Biennale von Venedig und den expositions von Paris, sondern auch als jemand der wusste, wie man die originellen Ideen und die wirren Bruchstücke der Malerei um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhunderts umsetzt. Seine Werke sind in Sammlungen und Museen zu finden. Zahlreiche seiner Bilder befinden sich im Rathaus von Saluzzo und werden demnächst im ihn gewidmeten Museum ausgestellt. Hier im Maira-Tal kann man die Orte entdecken, die ihn zu seiner Arbeit inspirierten. Aber in seinen Bildern finden wir auch andere Abrisse der okzitanischen Berge in den Tälern Po, Grana und Varaita. Für ihn waren die Wasserläufe, die Sonne, der Schnee, die Morgenstunden und die Gipfel die Quelle der Inspiration. Olivero traf im Jahre 1902, in der Schweiz, Segantini, mit dem ihn nicht nur die Liebe zu den Bergen verband, sondern vor Allem auch die Fähigkeit, die Malerei mit der Spaltung der Farben in deren einzelnen Komponenten anzugehen. Gepackt von der Leidenschaft für den Pointillismus, unterhielt Matteo Olivero, ab dem Jahr 1903, einen lebendigen Briefwechsel mit Giuseppe Pellizza aus Volpedo, Autor des be-rühmten Werkes “Quarto Stato”. Sein Vater starb, als er noch ein kleiner Junge war und seine Mutter Lucia Rosano war für den Künstler die einzige Bezugsperson. Sie folgte ihm bei seinen vielen Umzügen, von Turin (1896) nach Saluzzo (1906), nach Calcinere (1923-26). Eines der berühmtesten Werke von Olivero war das großartige Bild “L’attesa”, das das langsame Einherschreiten mit einer müden Geste der Mutter darstellt. Als sie starb, entschied sich auch der Künstler seinem Leben ein Ende zu setzen. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:45 Pagina 28 Essen D’oc Der landschaftliche und künstlerische Reichtum der Täler fördert den Tourismus der Wanderer und Kulturbegeisterten (Info:www.percorsioccitani.it),der sowohl aus den deutschsprachigen Ländern kommt, mit Touristen aus Deutschland, Schweiz und Österreich, als auch mit Touristen aus den nahgelegenen italienischen Regionen. So kamen auch viele junge Leute wieder in die Täler: sowohl Kinder, als auch Enkel der Bergbevölkerung, die in den 60er Jahren ausgewandert sind, als auch junge Leute aus der Stadt, die in das Maira-Tal gezogen sind und somit ein weniger aufregendes Leben dem hektischen in der Stadt vorzogen. Die Umkehrung der Tendenz, hat dazu geführt, dass die junge Bevölkerung der Täler, die auswandern wollten, um ihr Glück in den Städten zu finden, sich zum Bleiben entschied. So entwickelten sich neue Berufe in der Landwirtschaft, im Handwerk und im Tourismus. Oft eigneten sich die Neuankömmlinge die okzitanische Sprache an und hauchten somit kulturellen Initiativen, Ausstellungen, Museen,Wanderwegen und Konzerten Leben ein. Es gibt zahlreiche herausragende Restaurants, Bed&Breakfasts und landwirtschaftliche Betriebe, die durch die Welle der neuen Landwirtschaft entstanden. Somit wuchsen junge Betriebe mit Tierhaltung und Käseherstellung, die in die Herstellung von hochwertigem Käse aus Kuh- und Schafsmilch spezialisiert sind (in Elva, Podio di San Damiano Macra, La Morra di Villar San Costanzo), handwerkliche Öfen (in Roccabruna, Villar San Costanzo, Dronero, San Damiano Macra), Produktion von traditionellen Speisen (in San Damiano Macra), Tees aus Bergkräutern, wie Beifuß und Bisamgarbe (in San Damiano Macra), biologischer Wein, wie der Nebbiolo von Dronero und andere Weine, die jetzt auf den Hügeln von Saluzzo angebaut werden, und das Aussterben der alten Weinreben des Maira-Tals verhindert haben. Unter den gastronomischen Glanzpunkten sind lo comaut (Kürbiscreme), macarons e trifolas (Maccheroni und Kartoffeln mit Pilzen), los fesqueiròls (Pastagericht mit Zwiebeln, Speck, Erbsen und Käse), los panets (Apfeltaschen), la torta dels Techs aus Dronero. In einigen Restaurants kann man an bestimmten Tagen komplette okzitanische Menüs verkosten. Adressen und Kontaktinformationen der Restaurants, Betriebe, Bed&Breakfast, sowie Informationen über die Produkte erhalten Sie bei der Berggemeinschaft, www.vallemaira.cn.it oder beim Touristeninformationsbüro von Dronero: [email protected] - Tel. 0039.0171.917080 - Fax 0039.0171.909784. 28 29 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:45 Pagina 29 Okzitanien par Excellenze Espaci Occitan findet man in Dronero, in der Via Val Maira 19, in einer ehemaligen Kaserne, die in ein modernen Kulturzentrum umgewandelt wurde (Tel. und Fax 0039.0171.904075). Ins Leben gerufen von der Berggemeinschaft des Maira-Tals, hat die Einrichtung den Wunsch, die okzitanischen Gebiete Italiens mit den großen Sprach- und Kulturräumen der Alpen zu verbinden, von den Pyrenäen zum Atlantik, bis zum Mittelmeer. Darüber hinaus ist es die erste kulturelle Einrichtung, die sich Okzitanien in Italien widmet. Die Umsetzung, möglich gemacht durch die Anerkennung der linguistischen Minderheit Okzitaniens seitens des italienischen Staates durch das Gesetz 482 von 1999, bedeutet eine historische Wende. Mit Espaci Occitan, haben sich die öffentlichen Einrichtungen der Gegend zum ersten Mal den Schutz und die Förderung der Sprache und der Kultur Okzitaniens zur Aufgabe gemacht. Themen, die bis zu diesem Zeitpunkt nur von privaten Vereinen unterstützt wurden. Heute ist Espaci Occitan ein Zusammenschluss von öffentlichen Einrichtungen des okzitanischen Gebiets der Alpen (Info: www.espaci-occitan.org) und vereint ein Studieninstitut, ein Museum über die Sprache (Sòn de lenga), einen linguistischen Workshop und eine Werkstatt über okzitanischen Produkte. Das Museum über die Sprache, Museo Sonoro della Lingua Occitana, ist multimedial aufgebaut, mit dynamischen Einflüssen, die für jedes Alter geeignet sind, und es will die Besucher durch die Geografie, die Geschichte und die Kultur Okzitaniens führen. Literatur, Musik, Geschichte, Lebensart, Folklore und soziale Strukturen der Gegend werden durch Audio-Videostücke zum Leben erweckt und begleiten somit die interaktive und virtuelle Reise in die okzitanische Welt. Die Begleittexte gibt es in Italienisch, Okzitanisch, Englisch und Französisch. Die Mediathek von Espaci Occitan umfasst okzitanische Literatur und multimediale Materialien über und in okzitanisch. Filme und Dokumentation, CD-Rom, Audiokassetten und Musikcds können in den eingerichteten Räumen eingesehen werden und sind thematisch unterteilt. Das Institut zur Studie der okzitanischen Kultur wird immer weiter erweitert mit neuen Serviceangeboten, Aktivitäten, die an die verschiedensten Bedürfnisse angepasst sind,Verbreitungen über Internet. Die Einrichtung, die zum Austausch und zur Begegnung mit den italienischen und europäischen Minderheiten gedacht ist, bietet auch Platz für Kongresse, öffentliche Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:45 Pagina 30 Filmvorführungen, Ausstellungen, Buchvorstellungen und kulturelle Veranstaltungen. Es gibt einen linguistischen Raum online, mit Kursen für Alphabetisierung auf verschiedenen Level, mit online Lektionen, bis zum Erreichen, sich in der Lingua D’Oc auszudrücken.Produkte der Täler,Werke der lokalen Schriftsteller, Handwerkskunst und touristische Informationen findet man ebenfalls dort. Espaci Occitan befindet sich in einer Gegend, die die eigenen linguistischen und kulturellen Charakteristika schätzt. Die Beschreibung eines Rundgangs durch das Maira-Tal findet man auf der Internetseite www.percorsioccitani.it. In der Ortschaft Roccabruna, wurden viele Straßen und Plätze Persönlichkeiten der okzitanischen Gesellschaft gewidmet und die Schilder sind in zwei Sprachen Italienisch/Lingua D’oc. Man erinnert an die Regionen Okzitaniens, Provence, Dauphinè, Guascogne, die Künstler des gloriosen 15. Jahrhunderts, wie den Maler Hans Clemer und die Bildhauer Zabreri, vielseitige Persönlichkeiten wie Giacomo Inaudi di Roccabruna, weltberühmter Kopfrechner, der auch in der französischen Enzyklopädie Larousse erwähnt wird, der Nobelpreisträger Federico Mistral Sänger aus der Provence, der humanistische Ideologe François Fontan und die berühmtesten Troubadoure des Mittelalters, wie Arnaud Daniel, Peire Vidal, Marcabrun und die Contessa de Dia. Poesie und Prosa haben die Einwohner des Maira-Tals immer begeistert, besonders die Erzählungen und Reime fanden Applaus. Aus diesem Tal kommen einige der besten Schriftsteller der okzitanischen Blüte in Italien, die in den 60er Jahren des vorherigen Jahrhunderts stattfand. Ihre Werke, die von örtlichen Verlegern veröffentlich wurden, findet man in den Buchhandlungen, Bibliotheken und in der Einrichtung Espaci Occitan. Ein wiederkehrendes Thema ist die Sehnsucht nach einer bevölkerungsreichen und florierenden Vergangenheit, die zu der Gegenwart mit seinen verlassenen Dörfern steht. Wichtige Namen sind hierbei: Pietro Ponzo di Preit, Pietro Antonio Bruna Rosso (Tòni d’ l’Aura) Autor von Kurzgedichten und des Wörterbuches des okzitanischen Dialekts von Elva,“Piccolo Dizionario del Dialetto Occitano di Elva”, Piero Raina (Pietro d’Seze). Im Herzen dieses Dichters findet man die Berge, Symbol und Archetyp: Unten die bekümmerte, verschmutze, dunkle Welt, der Menschen, die in der Masse allein sind; oben die heile, reine, helle Welt mit heiterer Einsamkeit, weil man in Kontakt mit den Erinnerungen und dem Vergangen tritt. Für Raina starben die Berge, als der Mensch sie verließ. Sein Gedicht “Cadranno le case dei villaggi” ist sehr berühmt: 30 31 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:45 Pagina 31 Toumbaren i casei di vilage Sla mountagno abandounà Un al bot senzo tapage I casei dle noste ruà Bouch d’erbo biancho, rousier sarvage Enfoungaren le bianque rei Ai pe da c’les muraie Esquiapa da l’auro e dal soulei … Troup d’sarvan la sero Saiaren dai bosq tenebrous Per viroundar sle quintaine silenziouse A escoutar le vous misteriouse Que dousse ancaro dapé i lindal Desert di meisoun Countaren le storie di minà. … Die Häuser der Orte verfallen Auf den verlassenen Bergen Eins nach dem anderen, ganz leise. Die Häuser unserer Orte Wermutsträucher, wilde Rosensträucher Verdecken die weißen Mauern Am Fuße dieser Mauern Vom Wind und der Sonne zerstört … Rudel am Abend Kommen aus dem dunklen Wald Um um die stillen Ecken zu schleichen Um den unheimlichen Stimmen zu lauschen Die wieder lieblich sind, an den Schwellen Die verlassenen Häuser Erzählen die Märchen der Kinder. … Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:47 Pagina 32 Grana-Tal Von allen Tälern ist das Grana-Tal Cuneo am nächsten gelegen.Am Eingang zu diesem kleinen Tal, das noch durch eine lebhafte Landwirtschaft geprägt ist, befindet sich Vignolo, mit Castelmagno und seine 13 Fraktionen und einer der berühmtesten Wallfahrtskirchen der okzitanischen Alpen. Man kann wunderbare Landschaften, die von dichten Wäldern von Kastanien, Buchen und Nadelbäumen charakterisiert sind und in den höheren Lagen die Weiden mit seltener, geschützter Fauna aufbieten, die den Käse von Castelmagno berühmt gemacht haben, bewundern. Ein wichtiges Wirtschaftszentrum in der Talsohle ist Caraglio, eine alte römische Siedlung, die heute Sitz der kulturellen Initiative und Wiege der neuen okzitanischen Musik von Lou Dalfin ist, die nach Italien und Europa “exportiert” wurde. Wichtig sind auch die Initiativen zur Förderung der okzitanischen Kultur, die alljährlich in den Gemeinden von Monterosso Grana und Castelmagno stattfinden. So kann man in den Gemeinden der Täler Beispiele alpiner Architektur bestaunen, die die Zeit überlebten, des Weiteren kann man das ethnographische Museum von Sancto Lucìo de Coumboscuro besuchen und in Castelmagno in der Fraktion Chiappi befindet sich das Muzeou dal travai d’isi (Museum der Arbeit) und in der Fraktion Colletto das Pichot Muzeou, das sich in einem Stall befindet. Neben den historischen und künstlerischen Zeugnissen romanischer und gotischer Ursprünge, kann man in den Fresken der Kapellen und Pfarreien die Gönnerschaft der Markgrafen von Saluzzo erkennen, die hier über Jahrhunderte hinweg regierten. 32 33 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:47 Pagina 33 Der Käse Castelmagno Dieser Edelpilzkäse ist wegen seinem Aroma und der Erlesenheit einzigartig, die er durch die besondere Ernährung des Viehs erhält. Diese ernähren sich von der reichen Flora, den besonderen Kräutern, aromatischen Pflanzen und duftendem Heu. Der Käse hat einen sehr frühen Ursprung: Tatsächlich wird er zum ersten Mal im Jahre 1277 als Tribut an die Markgrafen von Saluzzo in Tausch für das Recht deren Weide zu bewirtschaften erwähnt. Heute ist der Castelmagno das Symbol einer Bergwirtschaft, die die Besonderheiten der Örtlichkeiten so gut wie möglich nutzt. Mit dem Ziel, die Verbindungen zwischen Mensch, Land und Erinnerungen für die kommenden Generationen beizubehalten, wurde das Öko-Museum “Terra del Castelmagno” gegründet. Das Projekt soll die Produktion des Castelmagno schützen und die Auswirkungen des Käses auf das örtliche Leben. Dieses Projekt sieht auch eine Wiederherstellung der Wege vor, die in die höhergelegenen Fraktionen führen und so einen Besuch der Käsereien, wo man den Käse herstellt, ermöglichen. Durch dieses Programme werden die 4 wichtigsten Punkte der Gegend in Synergie gesetzt: der Käse Castelmagno, die alpine Architektur, die Arbeit, die Landschaft. Die Wallfahrtskirche von Castelmagno Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:47 Pagina 34 Die Wallfahrtskirche von Castelmagno Der Name Castelmagno leitet sich von der quadratischen Form der Burg ab, mit 4 Türmen an den Ecken, von denen wenige Spuren des Ortes Colletto zurückbleiben. Wegen seiner strategischen Lage, wurde der Ort Opfer einer römischen Besetzung. Es gibt tatsächlich noch Überreste einer “arula“, die Mars gewidmet ist. Auf einer Höhe von 1.760 Metern befindet sich die Wallfahrtkirche des San Magno. Sie ist eine Etappe am religiösen Weg, der bei Sant’Anna von Vinadio anfängt, durch das Maira-Tal und das Varaita-Tal führt (Wallfahrtskirchen von Valmala und Becetto) und dann im Hochtal des Po, an der Wallfahrtskirche von San Chiaffredo endet. San Magno ist ein Martyrer der thebäischen Legion. In den Anfängen der Bekehrung dieser Gegend, die größtenteils in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts durchgeführt wurde, wurden 6.666 christliche Soldaten vom Massimiano Erculeo aus Ägypten gerufen, um die Christianisierung in Gallien aufzuhalten. Eine ganze Legion, die größtenteils aus Thebäern bestand, war in der Zwischenzeit zum christlichen Glauben übergetreten. So weigerten sich diese Soldaten, ihre Gleichgesinnten zu verfolgen und somit wurden sie aus Rache hingerichtet. Auch heute findet man noch Spuren dieser Geschichte an den Türmen und Pfählen in ganzen Alpenraum, sowohl auch in den Namen der Talbewohner: Costanzo, Chiaffredo, Vittore, Magno, Dalmazzo, Maurizio, Felice, Alessandro, Clemente, Vitale, Ottavio, Damiano, Defendente, Isidoro, Mauro, Pancrazio. Seit dem man sich erinnern kann, hat die Bevölkerung der Täler den Heiligen Magno verehrt, der als Beschützer der Herden und Weiden der Alpen galt. In Gedenken an den heiligen Schutzpatron, feiert man seit dem Jahre 1700 am 19. August eine Prozession auf den Bergen: Die Staute des Heiligen - in Kriegskleidung - wird von circa zehn Mitgliedern der baia, mit Kleidern mit Schoß und Zweispitz, geschmückt mit Kokarden und Seidenbändern in verschiedenen Farben (es livrees) verbunden mit den Hellebarden, zur Wallfahrtskirche gebracht. Ein Unterschied zu den anderen baias oder abadie der Täler mit volkstümlichen und manchmal auch heidnischen Charakter mit Anspielungen auf die Jahreszeiten, wie der 34 35 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:47 Pagina 35 Frühlingsbeginn, ist bei dieser Prozession der christliche Aspekt (Info: [email protected]). Die Wallfahrtskirche von San Magno, wie man sie heute sieht, wurde zwischen 1704 und 1716 erbaut und es werden dort bedeutende künstlerische Dokumente aus früherer Zeit aufbewahrt. Neben der Kapelle mit Fresken von Pietro da Saluzzo, kann man auch die “Cappella Vecchia” der Wallfahrtkirche besichtigen, in der man die Fresken Giovanni Botoneri di Cherasco aus dem Jahre 1514 bewundern kann. Die Fresken findet man in 17 Fächern, die den Triumphzug von Christus nach Jerusalem, die Verurteilung und die Passion darstellen. In Castelmagno finden wir das okzitanische Kulturzentrum “D. Dalmastro”, eine Vereinigung, die sich seit mehr als dreißig Jahren, dem Schutz und der Wertschätzung der okzitanischen Sprache widmet.Das Zentrum veröffentlicht auch eine Zeitschrift mit dem Namen La vous de Chastelmanh. In den letzten zehn Jahren erschienen so wieder handwerkliche Werkstätten, die sich auf die Holzschnitzerei und die Herstellung von handgemachten Keksen spezialisiert haben. Das Gebirge um Castelmagno erzählt noch heute von der Abwanderung in der Nachkriegszeit. Einige der Orte sind das Ziel von Liebhabern der alpinen Architektur, da man sich dort ein wunderbares Bild des Lebens im letzten Jahrhundert machen kann. Zu diesen Orten zählen auch die alten Dörfer Narbona, Valliera, Battuira und Campofei, Bergdörfer mit imposanten Rundsäulen und charakteristischen Schornsteinen mit Kochstellen, die mit strahlenförmig angeordneten Steinen verziert sind. Für die Liebhaber luftiger Höhen besteht die Möglichkeit, die Berge Tibert und Tempesta entlang der ausgezeichneten Wege zu erklimmen, von denen man an klaren Tagen, den einmaligen Ausblick auf die Alpen und das piemontesische Tal bewundern kann. In der Nähe befindet sich die Grotte “Lou Pertus d’la Patarasa”, mit Formationen aus Kristall, Kalk und ewigen Eis. Der Name kommt von einer freundlichen Fee, die in den Höhlen leben sollte. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:47 Pagina 36 Novè In der okzitanischen Kultur haben die weihnachtlichen Gesänge eine besondere Wichtigkeit.Die Feierlichkeiten und die öffentlichen Darstellungen, die mit diesem Fest in Verbindung stehen, haben eine doppelte Bedeutung: als religiöses Fest, aber auch als heidnisches Sonnenwendfest im Winter, das das Wiedererwachen der Natur ankündigt. Die okzitanische Kultur war immer sehr auf die Natur bedacht und hat so, mit eigenen Traditionen einen reichen Schatz an Novè bewahrt, die bei diesen Gelegenheiten gesungen werden und die Leute nicht nur zur Zuschauern sondern vielmehr zu Mitwirkenden macht. Die Novè, inspiriert durch die Heilige Schrift, mit Bezug auch auf die apokryphen Erzählungen und mit der Zeit angereichert mit originellen Erweiterungen: Elemente des Alltags, lustige Begebenheiten, Zeitgenossen... Diese werden auch heute noch in den Kirchen der Täler zur Weihnachtszeit gesungen. Die bekanntesten sind die Novè de Nòsta Dama dei Dòms von Avignon und die Novè de Sabòli, geschrieben von Micolau Sabòli (1614-1675) im 17. Jahrhundert. Die echten Gesangsgruppen für die Musik sind L’Escabòt (Info: Tel. 0039.0171.986142), gegründet im Jahre 1999 mit neuen Sängern aus den Tälern des Stura und Grana, und La Cevitou (Info: www.lacevitou.it - Tel. 0039.0171.988103), der älteste mehrstimmige Chor der okzitanischen Täler, die Stücke aus der reichen Tradition Okzitaniens spielen, die direkt von den Werken der Troubadoure inspiriert sind. Sancto Lucio de Coumboscuro - Roumiage Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:47 Pagina 37 Feste in Coumboscuro Wie ein Pilger geht man nach Sancto Lucìo di Coumboscuro. Am Anfang der 60er Jahre kam die Wiederbelebung, die man als “provenzalisch” bezeichnet in dieser Fraktion von Monterosso Grana, durch die Leidenschaft von Sergio Arneodo, Lehrer, Dichter,Theaterautor und charismatischer Redner.Wie auch der Dichter Tòni Baudrier und der Denker François Fontan im Varaita-Tal, hat auch Arneodo die Täler begeistert und somit ist herausgekommen, dass die gesprochene Mundart ein Abkömmling der Sprache der Troubadoure und der Lyrik von Frederì Mistral war. Auf diese Jahre gehen auch “Coumboscuro” und die Entstehung einer der Werkstätten für Holzskulpturen zurück. Coumboscuro brachte eine Generation von Dichtern hervor, die die provenzalische Dichtung bewunderten. Die wichtigste Entstehung während der Bewegung war die Zeit in der Coumboscuro die Schule besuchte, wo, auch noch heute, die Lingua D’Oc unterrichtet wird. So werden unter den Schülern neue kleine Dichter entdeckt: Nuèch Soufîo l’auro enrabià: i-arbou soun tuchi coujà, i fuéie vòlen desperà. En chan japo aval, elouégn envers lou bial. Tout es quiét, la luno espouncho sal sarét. S’èstegnen i quiar ent’i ruà e mi istou souléto a pensar… Nacht Der Wind bläst zornig: die Bäume sind alle gebogen, die Blätter fliegen verzweifelt umher. Ein Hund bellt dort unten, weit weg, beim Bach. Alles ist still, der Mond scheint auf uns nieder. Die Lichter in den Dörfern gehen aus Und bleibe allein mit meinen Gedanken zurück... In Coumboscuro gibt es kulturelle Veranstaltungen, wie zum Beispiel das Festenal, eine Begegnung der europäischen Musik und den Traditionen, mit Ausstellungen und Treffen über die Sprachen der Minderheiten. Am zweiten Sonntag im Juli findet eine religiöse Prozession statt, die der Madonna gewidmet ist. Besonders lehrreich, bezüglich der Materialien in den okzitanischen Tälern, ist der Besuch im ethnographischen Museum (Info: www.coumboscuro.org - Tel. 0039.0171.98707), mit Abteilungen, die den Arbeiten auf dem Land, mit Hanf, mit Milch, Brot und dem Handwerkwerk (Weber, Schreiner, Fassbauer, Schleifer, Schnitzer, Klöppler), gewidmet sind, Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:47 Pagina 38 sowie den Transporten, traditionellen Einrichtungen, Kleidungen und Freizeit. Im ältesten Teil von San Pietro di Monterosso Grana, sollten man das nette Freiluftmuseum nicht verpassen, dass immer offen für Besucher ist. Dort werden Szenen aus dem häuslichen Leben und alte Berufe dargestellt. Die in Dialekt babaciu genannten Personen sind dort in Lebensgröße ausgestellt. Auf den Spuren von Pietro In den Tälern findet man zahlreiche Werke von Pietro da Saluzzo, der gemäß den Schriften aus der Familie der Pocapaglia stammt. Von ihm stammen die Fresken in der Kapelle des San Magno, in der Wallfahrtskirche von Castelmagno, zwischen 1475 und 1480, die in der Kapelle von San Bernardo e Mauro in Valgrana (Die Madonna auf dem Thron, Hl.Bernard aus Mentone, der Baptist, die Evangelisten, die Doktoren der Kirche und die Verkündung) und die Fresken in der Kapelle des San Sebastiano in Monterosso. Als sensibler Maler mit einer zärtliche Ader, zeigt Pietro da Saluzzo keine Dramen, sondern arrangiert mit Eleganz die Kleider, zeigt die Szenen ruhig und detailgetreu und charakterisiert seine Figuren durch kontrollierte Gesten. Zu seiner Zeit war er ein von den Markgrafen und den umliegenden Gegend begehrter Künstler. Er hatte darüber hinaus zahlreiche Schüler. Er arbeitete für Kirchen und Bruderschaften. In seine Malerei kann man sowohl lombardische Einflüsse erkennen, aber auch dass er die Lektionen des Jaquerio ablehnte, der in der Markgrafschaft viele bedeutende Werke schuf, wie die Fresken im freiherrlichen Saal im Schloss Castello della Manta. Wer dem Weg seiner Werke folgen möchte, außer dem Weg, der im Grana-Tal beschrieben ist, geht von der Kapelle San Giorgio in Villar San Costanzo im Maira-Tal zu der Kapelle San Ponzio in Castellar im Bronda-Tal, der Mariä Verkündigung in San Bernardo di Ostana im Po-Tal, zur Heiligen Jungfrau in Nives in Centallo, Mariä Verkündigung in San Giovanni Battista in Savigliano, der Reihe der Kapellen der Heiligen Dreifaltigkeit in Scarnafigi, den Fresken in der alten Pfarreien der Heiligen Filippo und Giacomo in Verzuolo, zu den Malereien in der Kapelle Sant’Anna und San Giovanni in Piasco im Varaita-Tal, der heiligen Cecilia in der Kapelle der Santa Maria della Spina in Revello, dem Fresko in Stuck von San Nicola da Tolentino, das in Völkerkundemuseum von Casa Cavassa in Saluzzo ausgestellt wird. 38 39 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:47 Pagina 39 Caraglio: Seide, Musik und Kunst Caraglio zusammen mit der Ortschaft San Dalmazzo ist am natürlichen Eingang des Tals in Richtung der landwirtschaftlichen Ebene das einzige Städtchen der okzitanischen Alpen in der Provinz von Cuneo, wo man Spuren aus der Römerzeit findet. In der Fraktion San Lorenzo fand man Grundrisse von Thermalbädern, Ziegelsteine, Schriften und Geldstücke. Die urbanen Strukturen und die Architektur sind Hüter verschiedener Epochen, vom romanisch-gotischen Mittelalter (Ruinen der Burg aus dem Jahr 1128 das sich auf dem Hügel befindet, der Palast des Alten Rathauses, Wohnungen in der Via Brofferio, der Glockenturm der Kirche der Heiligen Peter und Paul, die Kirche des San Giovanni Battista), zum Barock (die Kirche der Santa Maria Assunta, Kirche der Kapuzinermönche), zum 19. Jahrhundert mit aristokratischen Gebäuden, Brunnen und Monumenten. Im Jahre 1198 trug der Aufstand der Einwohner von Caraglio gegen den Markgrafen von Saluzzo dazu bei,dass Cuneo zwischen den Flüssen Gesso und Stura gegründet wurde.Der Reichtum kam größtenteils von der Tatsache,dass Caraglio ein Dreh- und Angelpunkt im Zentrum einer fruchtbaren Agrargegend war und eine großartige industrielle Entwicklung mit 5 Spinnereien und Spinnmaschinen für die Herstellung von Seide durchlebte. In den letzten Jahren wurde Caraglio Sitz der kulturellen Aktivitäten der Avantgarde im süd-westlichen Piemont, die von der kulturellen Vereinigung Marcovaldo organisiert und verwaltet werden.Das Veranstaltungskalender der Vereinigung ist voll mit Ausstellungen der internationalen, zeitgenössischen Kunst, Fotoausstellungen, geschichtlich-literarische Veranstaltungen und themenbezogene Tagungen, die in den beeindruckenden Gebäuden Convento dei Cappuccini und im Filatoio Rosso,restauriertes Bauwerk aus dem 17. Jahrhundert,eines der charakteristischsten in den okzitanischen Tälern,mit zylinderförmigen Türmen, zwei Innenhöfen und Verziehrungen aus Stuck und Terrakotta (www.marcovaldo.it - Tel. 0039.0171.610258). Die Spinnerei, die von dem Industriellen Giò Gerolamo Galleani erbaut wurde, war zu jener Zeit eine Fabrik und ein Aufenthaltsort zur gleichen Zeit, Zeugnis für eine Epoche in der die Seide in Caraglio mehr als 600 Personen Arbeit gab. Die kulturelle Lebhaftigkeit von heute scheint die große Ideenvielfalt wiederzuspiegeln, die im 16. Jahrhundert dort florierte, als die Reform der Protestanten sich im niedrigen Teil des Grana-Tals verbreitete und die Bevölkerung von Caraglio zahlreich, von den örtlichen Adeligen beeinflusst, Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:47 Pagina 40 den Solaro di Villanova beitraten, deren einflussreichsten Mitglieder zum waldensichen Glauben übergetreten waren. In Caraglio lebt der berühmteste Musiker des italienischen Okzitaniens: Sergio Berardo, Spieler der Drehleier, Drehorgel, fifre, Dudelsack und verschiedenen elektrischen Instrumenten, Leiter der Gruppe Lou Dalfin, auf Deutsch “der Delfin”. Berardo, charismatischer Künstler, wusste die Tradition wiederzubeleben, indem er Musik und verschiedenen Stile so mischte,dass er eine neue Richtung erschuf, eine mitreißende musikalische Sprache, in der zeitgenössische und archaische Töne, Discorhythmen, uralte Melodien und Volksweisen zusammenspielen. Teilweise sind die Instrumente aus der Tradition der okzitanischen Alpen: Drehleier, Drehorgel, Dudelsack, Violine, Maultrommel, Pfeife, Bachtrompete. Andere wie den fifre, den galobet, das Tamburin aus der Provence wurden zur Kultur jenseits der Alpen hinzugefügt und mit modernen elektrischen Instrumenten des zeitgenössischen Rock vermischt. Über Berardo sagt man, dass er die Drehleier spielt, wie Jimmy Hendrix seine elektrische Gitarre.Seine Berühmtheit geht über die okzitanischen Täler hinaus und die Liebhaber besuchen seine Konzerte (Tausende von Jugendlichen) und hören die CD von Lou Dalfin (Info:www.loudalfin.it).So entdecken Sie die Kultur der alten Musik mit dem Klang und der Sprache von Heute. Berardo hat den Horizont der okzitanischen Musik erweitert, die das Risiko lief, in den, durch die Tradition und der volkstümlichen Musik gesetzten Grenzen zu bleiben.So hat er sie modernisiert.Zusätzlich zu seinen Konzerten, unterstützt er auch didaktische Workshops und somit sind viele Spieler aus seiner Schule hervorgegangen. Darunter Lou Seriol aus dem Stura-Tal, Lhi Jari aus dem Vermenagna-Tal und die Gai Saber aus Peveragno, Les Fuines aus dem Maira-Tal, die Chare Moulà und die Aire d’Oustano aus dem Po-Tal. In dieses Bild passen auch andere Musikgruppen, wie Trobairitz d’òc,A fil de ciel,Senhal, Troubaires de Coumboscuro, und darüber hinaus gibt es auch viele aktive Ziehharmonikaspieler, Violinisten, Klarinettisten und Volksliedsänger. Die Begegnung und der der Austausch von Erfahrungen mit den Musikern Okzitaniens wurde in einem jährlichen Fest, dem Lou Dalfin in Castelmagno, verankert. Bei dieser und anderen Gelegenheiten fehlt es nicht an den Chorgesängen der Hymne Se Chanta, dem einzigen Lied, das von Liebe und nicht von Krieg handelt, und das zu einer Art Volkshymne geworden ist und an den 4 Winkeln Okzitaniens gesungen wird, vom Grana Tal bis zur weit entfernten Gascogne. 40 41 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:48 Pagina 41 Se chanta Denant de ma fenestra i a un aucelon Tota la nuech chanta, chanta sa chançon Se chanta, que chante Chanta pas per iu Chanta per m’amiga Qu’es luenh de iu Aquela montanhas que tant autas son M’empachon de veire mieis amors ont son Autas, ben son autas, mas s’abaissarèn E mas amoretas vers iu tornarèm Baissatz-vos montanhas, planas levatz-vos Perqué pòsque veire mieis amors ont son Übersetzung Vor meinem Fenster sitzt ein Vogel / Er singt die ganze Nacht, singt sein Lied / Wenn er singt, singst Du / Er singt nicht für mich / Er singt für meine Freundin Die weit weg ist / Diese Berge, die so hoch sind / Sie hindern mich daran, zu sehen, wo meine Lieben sind / Hoch, oh so hoch, aber sie werden kleiner /Und meine Lieben kehren zu mir zurück / Werdet kleiner Berge, hebt euch ihr Ebenen / Bis ich sehen kann, wo meinen Lieben sind Caraglio - Filatoio Rosso Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:48 Pagina 42 Stura-Tal Das Stura-Tal ist eines der längsten und schönsten Täler Okzitaniens mit einer alten römischen Straße in die Provence und nach Nizza, durch den Alpenpass Colle della Maddalena (1.996 Meter über dem Meeresspiegel) und den Colle della Lombarda (2.351 Meter über dem Meeresspiegel). Als die Römer dieses Land eroberten, waren sie sich der ethnischen Bezüge zwischen den Völkern beider Seiten bewusst: So wurde das Stura-Tal, zusammen mit den Tälern von Gesso und Vermenagna, ein Teil der Provence, die durch Antonomasie eine römische Provinz war. Indizien der Ortsnamenkunde sind Piano Quarto und Piano Quinto in Gaiola, Säulenstümpfe, Inschriften für Mars, Diana und alle Schutzgötter der Karren und Straßen, deren Spuren man auf der römischen Straßen in die Provence findet. Die okzitanische Sprache ist in dieser Gegend bis zu den Toren der Ortschaft Borgo San Dalmazzo noch weit verbreitet. In den hochgelegenen Orten ist die okzitanische Sprache eine der archaischsten und am besten erhaltensten in ganz Okzitanien. In den Tälern gibt es raue und felsige Landschaften, mit sagenhaften Nebentälern (Arma, Bagni, Lombarda, Neraissa, Ferriere), imposante Militärfestungen wie die Festung Sabaudo aus dem 19.Jahrhundert in Vinadio und strenge romanische Glockentürme in Aisone, Vinadio, Sambuco und Pietraporzio. Wegen des strategischen Charakters als Durchgangsstraße, wurde sie oft beherrscht und sah viele Heere vorbeiziehen. Im Tal findet man auch viele Beispiele des blockbau in San Bernolfo (Bagni di Vinadio), mit Strohdächern im Tal von Neraissa und mit Schieferdächern in Ferriere. 42 43 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:48 Pagina 43 Museum in luftiger Höhe Der Ruf des Stura-Tals ist heute auch mit dem Schaf von Sambuco verbunden, mit der charakteristischen Stumpfnase,dessen Zucht vor einigen Jahren wieder aufgenommen wurde.Es handelt sich hierbei um ein autochthones Schaf,dass vor Allem wegen seinem Fleisch, Käse und der Wolle geschätzt wird. Die Schafzucht mit Wechseln der Weiden war eine der wichtigsten Tätigkeiten. Dies und andere Dinge werden auf dem Museumsrundgang Na draio per vioure (Eine Straße des Lebens) erzählt, der aus dem Ökomuseum Ecomuseo della Pastorizia von Pontebernardo in Pietraporzio besteht, das das kulturelle Erbe und die Natur wertschätzt (Info:Tel. 0039.0171.955555 - www.vallestura.cn.it). In Sambuco findet man neben der ehemaligen Grundschule das Centro di Documentazione di Valle. Die Einrichtung, die seit dem Jahr 1988 besteht, hat sich zum Ziel gemacht, das historische und kulturelle Erbe des Tals zu dokumentieren und die lokalen Initiativen zu unterstützen. Das Zentrum beherbergt eine dauerhafte Ausstellung von Kostümen und traditionellen Objekten von “Le Abbadie della Valle Stura”, mit besonderem Augenmerk auf Festiona und Sambuco, herausragende Beispiele “christianisierter” Orte. Das Zentrum ist auch eine Anlaufstelle für Besucher und bietet die Möglichkeit Bücher, Veröffentlichungen und verschiedene Objekte zu kaufen. Pietraporzio - Gemeinde Pontebernardo, Ökomuseum der Viehzucht Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:48 Pagina 44 Bewegtes Vinadio Dank des Einsatzes der Region Piemont, kann man in Vinadio die Festung von Carlo Alberto bewundern, einem Meisterwerk der Ingenieurskunst und der Technik, eines der bedeutensten Beispiele militärer Architektur in den okzitanischen Alpen. An dem im Jahre 1834 begonnenen Bauwerk arbeiteten bis zu 4.000 Personen und es wurde 14 Jahre später fertiggestellt. Im Inneren befinden sich Rundgänge auf drei Ebenen, die interaktive Ausstellungen zum Thema “Bewegte Berge” beherbergen und auf eine Aufsehen erregenden Weise organisiert sind. Man könnte es fast als eine Reihe von multimedialen Reisen durch die meridionalen Alpen betiteln. Eine Einladung, um die Vergangenheit zu erleben, über die Gegenwart nachzudenken und die Zukunft der alpinen Täler zu entdecken. Die Berge sind also nicht nur eine Grenze und ein Randgebiet, sondern vielmehr ein Dreh- und Angelpunkt des Austausches. Mittels vierzig Schaubildern, mehr als sechzig Videos und vierzehn interaktiven Leseproben, wird uns das Bild eines dynamischen und flexiblen Gebirges vermittelt, wo der Mensch gekonnt die Natur mit der Kreativität verbunden hat (Info: Forte di Vinadio - Tel. 0039.0171.959151 - www.fortedivinadio.it). Am letzten Sonntag im Oktober wird in Vinadio das traditionelle Fest Fiera dei Santi abgehalten. Seite den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts war die Thematik des Festes der Verkauf von Kartoffeln (bòdis in okzitanisch), Rindern und Schafen. Dann hat sich das Fest zu Ehren des Schafes von Sambuco durchgesetzt, Mostra della Pecora Sambucana, mit Konzerten, Ausstellungen und Aufführungen über die Welt der Schäfer, sowie die Verkostung des Schafes von Sambuco, nach traditionellen Rezepten zubereitet (Info: Berggemeinschaft Stura-Tal - Tel. 0039.0171.955555). Im Ortsteil Bagni gibt es die Möglichkeit von Kuren in den Thermalbädern. Das Wasser ist reich an Schwefel, hat eine Temperatur von 55° und wird für Bäder, Aerosole und Inhalationen verwendet. Massagen, Fangopackungen und Physiotherapien runden das Angebot ab (Info: Tel 0039.0171.959395 www.termedivinadio.com). 44 45 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:48 Pagina 45 Verschwimmende Grenzen ... ich war noch nicht mal 16 Jahre als, als ich mich nach Frankreich auf machte, zu Fuß, über den Colle di Ciriegia; mit anderen marschierte ich bis nach San Lorenzo del Var hinter Nizza, und von dort aus gingen wir nach Saint Raphaël, auf gut Glück... ... ich war 12 Jahre alt, als ich das erste Mal nach Barcellonnette ging. Ein Wagen mit Kindern drauf brachte mich von meinem Dorf dorthin…er brachte uns bis nach Pianche. Von Pianche aus nach Barcellonnette gingen wir zu Fuß. In Barcellonnette,war im April jeden Donnerstag der Markt der Kinder…Dann habe ich mich entschieden nach Grasse zu gehen... Dies sind zwei Aussagen aus dem Stura-Tal von einst, gefunden in dem Buch “Il Mondo dei Vinti”(“Die Welt der Besiegten”) des Schriftstellers Nuto Revelli. Die saisonale Emigration führte nach Marsaille,Tolone, Crau, Camargue, Nizza, Arles, Aix, Nîmes und Avignon, selten führte der Weg in die andere Richtung, in die Po-Ebene. Früher war es ganz normal, über die Berge zu reisen. Die Kinder wurden zu den Festen gebracht, um sie dort, als Schafhirten zu “vermieten”. Eine Besonderheit im Stura-Tal waren die Wanderer, die an der Küste der Provence die Murmeltiere tanzen ließen und ein paar Münzen im Gegenzug für diese Unterhaltung verlangten. Die Grenzen verschwammen für diejenigen, die die Wege über die Berge kannten und um nach Frankreich zu gehen, reichte es einen Kalender in ein Dorf zu bringen, der den meisten bekannt war und in dem man die gleiche Sprache sprach. Das Kennen der Berge begünstigte den Schmuggel. Man transportierte Reis und Tabak, man nahm Salz, das wenig kostete und sich in den Tälern 15 bis 20 Mal teurer verkaufen ließ. Dem Schmuggel hat die Berggemeinschaft des Stura-Tal eine Museum in Ferriere gewidmet, in 1.900 Meter Höhe. Das Museum befindet sich in einem restaurierten Gebäude, La mishoun de la couòntrabando (Das Schmugglerhaus – Info: Tel. 0039.0171.96715). Es zeigt die Praktiken an den Grenzen und zeigt so das Leben in den Ortschaften. Ein Film mit Zeugnissen von denen, die, diese natürlich illegale aber lebensnotwenige Aktivität durchführten, rundet das Angebot ab. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:48 Pagina 46 Gedenken an den Krieg Die Spuren des zweiten Weltkrieges in den Alpen – Krieg gegen Frankreich, Widerstand und Rassenverfolgung – sind in einem grenzübergreifenden Netz von Museen vereint (www.memoriadellealpi.net). In der Provinz von Cuneo gibt es mehr als vierzig “Sentieri della Libertà” (“Wege der Freiheit”), die bedeutende Orte und Wege verbinden, im Gedenken an die Vergangenheit. Informationszentren findet man in Cuneo, Borgo San Dalmazzo, Boves, Dronero, Roccabruna und Sambuco, Ormea, mit Flächen, Initiativen und Material, um mit dem Geist und dem Herzen zu erinnern. Gedanken, Projekte, Wahlen, Gefühle und Emotionen der Hauptdarsteller in diesen Jahren werden dort erlebt. Man erinnert zum Beispiel daran, dass im Jahr 1940 das Stura-Tal von zahlreichen Divisionen, Infanteriegruppen, Kanonen und Truppen von Mussolini besetzt war, die von ihm den Auftrag hatten, die französische Linie zu sprengen.Frankreich, bereits von Deutschland besiegt, bezeichnete den italienischen Angriff als “Schlag in das Genick”. Eine Verteidigungsschrift an der Bahnstation von Borgo San Dalmazzo erinnert an die Hebräer aus ganz Europa, die zu Fuß aus dem Vésubie-Tal kamen. Vielen wurden von den Bewohnern aufgenommen, aber mehrere Hunderte wurden gefangen und mit den Zügen in die Konzentrationslager nach Deutschland geschickt. In den Tagen nach dem 8. September 1943, bildeten sich in den okzitanischen Bergen die ersten Widerstandsgruppen. Eine Gruppe von Antifaschisten, geleitet von Duccio Galimberti, Dino Giacosa, Dante Livio Bianco, vereinte sich in Madonna del Colletto, zwischen den Täler Stura und Gesso, und bildeten so die Gruppe “Banda Italia Libera”. Da die Position in Madonna del Colletto schwer zu verteidigen war, wechselte die Gruppe in den Ort Paralup, an der Spitze des großen Tals Rittana zwischen den Täler Stura und Gesso. Heute gibt es dort ein Projekt, zur Erhaltung der Architektur, inspiriert von der Gründungsgeschichte durch den partisanischen Schriftsteller Nuto Revelli. a (CN 12 P1) camminare nella storia 46 47 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:48 Pagina 47 Die Wunder von Pedona Die romanischen Ursprünge von Borgo San Dalmazzo sind ein faszinierendes Rätsel. Noch immer fragt man sich,was die genaue Lage von Pedona “von den weißen Türmen”war,municipium schon im ersten Jahrhundert n.C.und Sitz einer statio doganale , die lange Zeit eine wichtige Rolle als Kontrollpunkt auf den Straßen nach Ligurien und Frankreich hatte,aber dem Verfall und den Einmärschen der Sarazenen im 10. bis 11. Jahrhundert nicht standhielt, wie man auch in der “Planctus super Pedonam” (Weinen um Pedona) nachlesen kann. Unter den archäologischen Fundstücken befindet sich ein Schriftstück, dass die Existenz einer Station der Quadragesima Galliarum beweist, einer Nekropole aus dem 2.-3. Jahrhundert, in der Nähe der heutigen Abtei und Mittelstück von römischen Gräbern in anderen Teilen der Stadt. Von besonderer Bedeutung ist der Fund eines Grabes zweier Eheleute (Mitte des 1. Jahrhunderts n.C.), das im Völkerkundemuseum von Cuneo ausgestellt ist und die Stele Victorina aus feinem, weißen Marmor, die einer Frau gewidmet ist, aber seltsamerweise mit Wappenschilden und Pfeilen beschmückt. Zeugnis dieser Verbindungen mit dem Meer finden wir auch am Altar von den piscatores, der Neptun gewidmet ist und in Mondovì neben dem Bischofseminar. Zum ersten Mal wird die Abtei von San Dalmazzo in einem Diplom von 902 erwähnt, in dem Ludwig III der Provence sie dem Bischof Eilulfo von Asti übergibt. Unsicher sind auch die Ursprünge von San Dalmazzo oder Dalmazio, Schutzpatron der Stadt. Es gibt Personen, die ihn als Überbringer des Evangelismus im alten Pedrona bezeichnen. Gemäß einer alten Version wurde der Heilige und Soldat einer thebäischen Legion von den Hohepriester des Apolls gepeinigt. Die Kirche der Abtei von San Dalmazzo verfügt über eine große Krypta mit wertvollen Verziehrungen in Stuck und Marmor, sowie Kapitellen aus dem Frühmittelalter. In der sogenannten Cappella Angioina findet man Fresken der Brüder Biasacci di Busca und von Giovanni Baleison aus Demonte (Info: www.sandalmazzo.com und über das Museum der Abtei www.sandalmazzo.com/museo/index.htm). Anfang Dezember wird dort die traditionelle Fiera Fredda gefeiert, die von Emanuele Filiberto im Jahre 1569 ins Leben gerufen wurde. Sie wird so genannt, da es die letzte Möglichkeit vor dem Frühling ist zu feiern. Die Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:49 Pagina 48 Ausstellung wurde berühmt durch die Verkostung und den Verkauf von weißen Schnecken, Helix Pomatia Alpina, mit weißem Fleisch und von Feinschmeckern sehr geschätzt. Der Lebensraum dieser Schnecke befindet sich in den Alpentälern. Heute wird die Schnecke gezüchtet und in verschiedenen traditionellen oder modernen Rezepten verarbeitet. Literarische Wege und Überlieferungen Eine der wichtigsten italienischen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts ist Lalla Romano. Sie wurde in Jahre 1906 in Demonte geboren, in einer Familie, die die Kunst und die Wissenschaft liebte.Während ihrer Studienjahre in Turin lernte sie viele Schriftsteller und gelehrte Intellektuelle kennen, wie Vincenzo Monti, Cesare Pavese, Mario Soldati, Franco Antonicelli, Arnaldo Momigliano. Einer seiner Romane,“La penombra che abbiamo attraversato” (1964) wurde durch ihre Kindheit im Stura-Tal inspiriert. Die in Demonte verbrachten Jahre werden auch in einem besonderen Buch besprochen, “Lettura di un’immagine”, das die Schriftstellerin ihrem Vater Roberto gewidmet hat und Ferriere, Casa del Contrabbando (Schmugglerhaus) Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:49 Pagina 49 das mit schwarz-weiß Fotografien, die er zwischen 1904 und 1914 gemacht hat, komplettiert wird. Aber Lalla Romano (in Mailand im Jahre 2001 verschwunden) wurde auch als Malerin gefeiert. Sie besuchte die Schule Felice Casorati in Turin und stellte ihre Werke alleinigen Ausstellungen oder zusammen mit anderen Künstlern aus. Zu ihrem Gedenken wurde ihr in Demonte ein Raum in dem Palazzo Borelli aus dem 17. Jahrhundert gewidmet. Einem der wertvollsten Gebäude, erbaut von den Visconti Bolleris, Herrschaften der Täler zu den Zeiten von Johanno von Anjou (1376). Der “Raum Lalla Romano” umfasst eine dauerhafte Ausstellung, die die Landschaften, Atmosphären, Formen und Farben der Orte zeigt, die die künstlerische Ader von Lalla Romano auf bedeutende Weise beeinflussten, sowohl was ihre Bilder, auch die Zeichnungen aus der Jugend betrifft, und die Orte die auch in ihre Büchern vorkommen. Neben der Ausstellung befinden sich eine Bibliothek und eine didaktische Werkstatt, um das Bewusstsein und die Kenntnis der literarischen Werke von Lalla Romano zu fördern. Dabei werden auch die Schüler und Lehrer, angefangen von den lokalen Einrichtungen und bis hin zu grenzübergreifenden Projekten, eingebunden. Es handelt sich also um ein Studienzentrum, das die Funktion als dauerhafte und aufgabenübergreifende Werkstatt hat und darüber hinaus die Beziehung zwischen den verschiedenen artistischen Ausdrücken, der Literatur, der Poesie, der Malerei, der Fotografie und der Landschaft miteinander verbindet (Info: Tel. 0039.0171.618260 - [email protected]). Anders hingegen ist die Geschichte eine Poeten der Lingu d’oc des Stura-Tals, Giuseppe Rosso, Bep Rous dal Jouve. Er war einer der besten Poeten des 20. Jahrhunderts in Okzitanien. Geboren in Borgo San Dalmazzo, in einer Familie die wahrscheinlich aus dem mittleren Tal stammte, hatte er während seiner Kindheit und Jungend die Möglichkeit, mit den Herden seiner Familie von Stura-Tal zum Po-Tal zu ziehen. So bereicherte er sich mit vielen Erfahrungen, die Bergbevölkerung betreffend und wusste, dass dann auch in seine Poesie zu übertragen. Als Lehrer und eklektischer Gelehrter, veröffentlichte Bep Rous dal Jouve auch Studien über die Ortsnamenkunde, Architektur, Geschichte, religiöse Kunst, Malerei, lokale Traditionen und Folklore. Er war ein überzeugender Redner, geschätzter Kunstkritiker, Musikwissenschaftler und Chorleiter, leidenschaftlicher Fotograf und darüber hinaus auch noch Holzschnitzer und Poet in Piemontesisch. Sein poetisches Werk enthält Verse in einem derart reichen Okzitanisch, sei es Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:49 Pagina 50 von der Wortwahl gesehen, als auch von den Ausdrücken seiner eigenen Gefühle.Leider wurden seine Werke nie richtig gesammelt oder veröffentlicht, so dass es wirklich eine Wohltat ist, dass sie wiedergefunden wurden und somit erleichtern das genius loci der Täler zu verstehen. Diese wenigen Zeilen sollen eine Hommage an einen Sänger der okzitanischen Berge sein. Wir wünschen uns, dass die Leute der Täler und die Menschen aus anderen Regionen die Lust verspüren seine Werke wieder zu entdecken. Abou la chamiso bioncho N’ai mec pus uno, de chamizo bioncho, e ren la sortou per calar en villo. Mi me la vestou per anar amount entourn se làrguen i cavial di suco trempà de sàouvo chardo énte l’erbasso, adéou despoutentà di questaniha que mouéren quiet dins lou darrìe bouòsc. Mit dem weißen Hemd Ich habe nur eins, ein weißes Hemd, und ich trage es nicht, um in die Stadt hinab zu gehen. Ich trage es um dort hinauf zu gehen, wo sich die Weiden erstrecken zwischen dem Gras triefend vor rotem Pflanzensaft, leb wohl, verzweifelte Kastanien die still im hintersten Teil des Waldes sterben. Die Literatur und Poesie in dieser Sprache sind voller Mythen und Legenden. Einer der poetisch wichtigsten, traditionellen Texte des Stura-Tals erzählt von der Reise der Königin Johanna von Anjou nach Neapel: “Nòstra Rèina Jana, tuchi corrion al siu passatge,tuchi venion a lhi far omatge.Viva la rèina de nòstra montanha e tot lo monde qu’aicì l’acompanha! (Unsere Königin Johanna, alle folgten ihr auf Schritt und Tritt, alle kamen um ihr Ehre zu erweisen. Es lebe die Königin unserer Berge und alles was sie begleitet)” Die Chroniken, die von der Figur der Königin von Neapel und der Herrscherin der Provence erzählen, sagen aus, dass sie eine faszinierende Persönlichkeit war, die jedoch ebenso resolut und grausam war. Johanna hatte 4 Ehemänner und zahlreiche Liebhaber und im Jahre 1382 wurde des Mordes angeklagt und erdrosselt. 50 51 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:49 Pagina 51 Hier im Tal erinnert man sich aber an sie als eine wohlwollende Dame und eine kleine Ebene an der Enge der Barricate, Steinbarriere zwischen Bersezio und Pontebernardo, wird auch heute noch als “Garten der Königin Johanna” bezeichnet. Eine Ausnahme bildet die Überlieferung des Tieftals, in dem die Rèina Jana zu der teuflischen Person wird, wie in den überlieferten Chroniken des Mittelalters. Dort erzählt man sich, dass sich die schöne Johanna, auf der Reise von Neapel in die Provence, auch auf einem Berg mit besonders gesundem Klima und nahe einer frischen Quelle niederließ. Aber von dort aus ging eine schreckliche Pestilenz aus, die von den Einwohnern als göttliche Strafe für die Anwesenheit der Sünderin interpretiert wurde. Das Volk bat also Johanna wieder zu gehen: die Königin stimmte zu, aber im Tausch dafür verlangte sie nach einem Paar Schuhe, dass ihr passte. So entdecke man, dass sie “Hühnerfüße” hatte, somit war die Rèina Jana als Hexe entlarvt. Entspannung pur in den Thermen von Vinadio in der Gemeinde Bagni Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:51 Pagina 52 Gesso-Tal Der Naturpark der Seealpen, mit circa 29.000 Hektar um das Massiv von Argentera, ist der größte im Piemont. Er grenzt an den französischen Nationalpark Mercantour, mit dem er seit 1987 eine Partnerschaft unterhält. Auf diese Weise werden 100.000 Hektar wertvollen alpinen Landes geschützt und im Jahre 1993 hat er die europäische Auszeichnung der Natur bekommen. Der Park unterscheidet sich im Speziellen von anderen durch seine Nähe zum Meer, obwohl er zahlreiche Gipfel mit einigen Gletschern hat, die die 3.000 Meter überschreiten. Im Park wurden circa 1.900 Pflanzenarten klassifiziert mit zahlreichen wertvollen Pflanzen, die nur in bestimmten Regionen der Welt vorkommen, 26 nur in der Gegend des Parks. Reich ist auch die Fauna, vor Allem mit dem Steinbock, Gämsen, dem Mufflon aus Mercantour,Wölfe, Adler, Bartgeier und Wanderfalken. Die Besucherzentren befinden sich in Entracque und Terme di Valdieri. Unter den seltensten Exemplaren finden wir die Grotten von Roaschia, charakterisiert von der Felseninsel Dragonera, mit einem bis zu -35 Meter erforschten Becken, und die Grotte del Bandito, am Ende des 19. Jahrhunderts bekannt geworden für den Abbau von Gold, aber vor allem bekannt wegen der Entdeckung von Knochen des Höhlenbär, einem Tier von 3 Meter Höhe und einem Gewicht von circa einer Tonne, der vor 15.000 Jahren ausstarb. Am tiefsten Punkt des Tals des Rio Bedale entdeckt man einen tiefen Einschnitt mit der Form eines Canyon und hohen felsigen Wänden. 52 53 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:52 Pagina 53 Der Bär und das Roggen Den Bär findet man als Hauptfigur auch im alten Karneval der Alpen von Valdieri. Ein angeketteter Bär aus Roggenheu wird von einem Dompteur durch die Straßen der Altstadt geführt. Der Bär versucht die Frauen anzugreifen und nachdem er sich befreit hat, wählt er eine zum Tanzen aus. Am Ende flüchtet er weit weg von den Menschen und wird, ausgetauscht durch eine Puppe aus Roggen, verbrannt. Es nehmen auch die Krakeeler “peroulier”,“i frà”teil, die scherzhafte “epistule”und nette “magnin”verkünden. Das Thema Roggen ist auch wichtig im Ökomuseum des Roggens, das sich im alten Ort von Sant’Anna di Valdieri befindet: dort kann man die Gewohnheiten, Besonderheiten des Alltags und die Arbeiten der Leute von damals entdecken. Das Museumsprojekt umfasst einige Häuser und die Dächer aus Roggen in den Orten Tetti Bartola und Tetti Bariau. Das Dokumentationszentrum bietet ethnografische Rundgänge, wie den kulturellen Weg “Lou Viol du Tàit”, Ausflüge, Werkstätten über die örtliche Kultur und das Thema Roggen (Info: Comune Valdieri - Tel. 0039.0171.97109). Pian del Valasco Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:52 Pagina 54 Königliche Erinnerungen in Valdieri und Entracque Das Gebiet der Seealpen ist ein Ort wilder Schönheit.Im Jahre 1855 besuchten die Savoyer das Gesso-Tal und Vittorio Emanuele II war so begeistert, dass die Gemeinden Valdieri und Entracque, um die Vorteile der königlichen Anwesenheit in diesen Orten wissend, dem zukünftigen König von Italien Land für die Jagd und das Fischen überließen. Vittorio Emanuele II entschied sich im Gesso-Tal während der Sommermonate zu bleiben und somit entstand zwischen der königlichen Herrschaft und der Bevölkerung ein privilegiertes Verhältnis. Der König stellte viele aus der örtlichen Bevölkerung an:Wächter,Treiber und Häscher, die während der Jagd die Gämsen vor das königliche Gewehr drängten. Des Weiteren beschäftigte er eine große Anzahl von Dienern, Köchen und Kämmerer, die in den Jagdschlösschen arbeiteten in denen der König die Monarchen aus halb Europa mit deren Frauen, Freunden und Mätressen empfing. In Erinnerung an die amourösen Ausrutscher des Königs, steht in den Thermen von Valdieri, das kleine Chalet “Bela Rosin”, verziert mit durchbohrtem Holz und Schnörkel im Schweizer Stil, das Vittorio Emanuele II erbauen ließ, um die junge Frau aus dem Volk Maria Rosa Vercellana als Gast zu empfangen, die später in den Adel erhoben wurde und den Titel Contessa di Mirafiori erhielt. Thermen von Valdieri - Chalet der Bela Rosin Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:52 Pagina 55 Um den Besuch der naheliegenden Thermen mit 25-29 Grad warmen Wasser zu fördern, wurden viele Hotels erbaut und Vittorio Emanuele II selbst weihte im Jahre 1857 das glorreiche Hotel Royal ein. Eine königliche Unterkunft für die Jagd wurde in Sant’Anna di Valdieri erbaut, eine andere in San Giacomo di Entracque. Hier beginnen verschiedene Wege die zur Hochebene Pian del Rasur führen. Dabei hat man die Möglichkeit Gämsen und Murmeltiere zu bewundern und die Gletscher des Monte Gelàs zu bestaunen. Einer der schönsten Orte ist die Hochebene Piano del Valasco, eine weitläufige Ebene, die von 1760 Meter hohen Gipfeln umrahmt ist und von einem Strom mit zwei wunderschönen Wasserfällen durchzogen ist. Dort ließ Vittorio Emanuele II eines der wichtigsten und speziellsten Jagdschlösschen errichten: ein einzigartiges viereckiges Schloss mit Wachtürmen. Mit einer Gedenktafel aus dem Jahr 1882, erinnert der Club Alpino Italiano an Vittorio Emanuele II, der “jedes Jahr die königliche Herrschaft in diese Berge brachte, um dort der Jagd zu frönen”. Die Nachfolger Umberto I und Vittorio Emanuele III machten ihre Rechte auf dieses Gebiet auch geltend und so wurde für mehr als 80 Jahre in diesem königlichen Gebiet, auch wenn nur wegen der Jagd, die wilde Fauna mit den großen Herden geschützt und in den Jahren 1920-22 der Steinbock wieder in das Gebiet des Gran Paradiso gebracht. Nach der Monarchie entstand viele Jahre später der heute bekannte Park der Seealpen (Info: www.chambradoc.it/cmgv/progettocmgv2004. page). Für weiterführende Informationen über das geschützte Gebiet und das GessoTal empfehlen wir einen Besuch in den Besucherzentren des Parks der Seealpen an den Eingängen in Entracque und Terme di Valdieri (Info: Centro Visita Entracque - Tel. 0039.0171.978616; Terme di Valdieri - Tel. 0039.0171.97208 - www.parcoalpimarittime.it). Neben den Thermen wurde der Botanische Garten Giardino Botanico Valderia, von dem Valdieri-Veilchen aus dieser Gegend, eröffnet. In diesem Garten findet man mehr als 450 Arten aus der Natur dieser Gegend: Steine aus Silizium oder Kalk, Wiesen, Tormoore, Kiesbetten, Wieden und Stauden. Die Nekropolen von Valdieri, für Besucher geöffnet, und die Felsen am See von Vei del Bouc sind Zeichen für eine prähistorische Bevölkerung der Gegend.Das Tal war den Römern wegen den Thermalquellen bekannt und, im Mittelalter wurde es von den Salzkarawanen durchzogen, die auf den Weg in die Provence waren. Die Fresken der Madonna del Gerbetto in Andonno und der Kapelle von San Giovanni in Valdieri stammen aus dem Mittelalter. Der graue Marmor, der in Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:52 Pagina 56 der Nähe von San Lorenzo gewonnen wurde, wurde im Barock in den Pfarrkirchen in Valdieri und Entracque verwendet. In Entracque steht das Museo di Arte Sacra, das liturgische Gegenstände und Bilder aus der Schule von Caravaggio ausstellt. Die Orte und Bergdörfer haben zum Teil noch das Aussehen von damals bewahrt und somit ist es möglich Spuren alter Dächer aus Stroh zu betrachten. Charakteristisch sind die Almen mit Umgrenzungen aus Stein, “parc”genannt, den “casot”aus Gestein, die die Wohnungen der Hirten waren und die “truna” mit einem Dach aus Erde, wo man den Käse lagerte. All das trägt den Namen “gias” vom Lateinischen “iacere” (liegen) und spiegelt den rustikalen Lebensstil wieder. Das Gesso-Tal ist nicht nur bekannt für die königlichen Episoden, die Natur, Geschichte und die Kultur. Beeindrucken ist auch das Wasserkraftwerk von Entracque, das im Jahr 1982 in Betrieb genommen wurde und das größte in ganz Italien ist. Es besteht aus zwei Gefällen: Chiotas-Piastra und RovinaPiastra. Die Erbauung, die im Jahre 1969 begann, dauerte 13 Millionen Arbeitsstunden und auf der Baustelle arbeiteten 35 Firmen, Baufirmen oder Mechaniker, die zum Teil in luftigen Höhen arbeiteten, um die Dämme von Chiotas (130 Meter hoch) und des Colle Laura zu erbauen oder die Außenarbeiten durchzuführen. Teilweise arbeiteten die Firmen auch an der Umsetzung der Tunnel für die Leitungskanäle und die verstärkten Leitungen. Im Laufe der Zeit wurde die imposante Mauer des Dammes von Piastra zu einem unterhaltsamen und ungewöhnlichen Gesteinsgebilde für die Liebhaber der Kletterei.Um die Neugier der Besucher zu befriedigen wurde an der Straße nach San Giacomo di Entracque das Informationszentrum “Luigi Einaudi”eingerichtet, wo man ein Modell des Kraftwerks auf dem Berg sehen und mit einem kleinen Zug man auch in die Tunnel fahren kann, um die gigantischen Leitungen und Turbinen zu bewundern (Info: Centro Informazioni “Luigi Einaudi”- Tel. 0039.0171.978811 - Fax 0039. 0171.078811). 56 57 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:52 Pagina 57 Auf den Spuren von Wölfen und Bartgeiern Im Park der Seealpen,der im Jahre 1993 die europäische Umweltauszeichnung erhalten hat,findet man ein hohes Aufkommen von Gämsen und Steinböcken. Darüber hinaus leben dort zwei seltene Tierarten, der Wolf und der Bartgeier, die bis vor einigen Jahrzehnten als verschwunden galten. Der Wolf kam etappenweise wieder in den Appenin und in das Gesso-Tal, in Richtung der Grenze zum französischen Park des Mercantour. Es gibt dort zahlreiche Anzeichen seiner Anwesenheit.Seine Rückkehr hat die Schäfer sehr beunruhigt, da sie sich nun gezwungen sahen, die Herden vor den Angriffen des Raubtiers zu schützen. In Entracque, nahe dem Park der Seealpen, studieren die Forscher das Verhalten der Neuankömmlinge. Nachdem sie die Exemplare in den Tälern Vermenagna und Varaita gezählt haben, verfolgen sie ihre Spuren im Winter im Schnee und im Sommer “heulen”sie in auf den Bergkämmen und imitieren so den Ruf des Wolfes oder spielen aufgenommenes Heulen ab. Die Wölfe antworten den Forschern und so können dieses feststellen, wie viele es sind (Info: www.regione.piemonte.it/parchi /lupo/progetto/monitor.htm). Einen Bartgeier im Flug zu beobachten ist sehr bewegend. Dieser Raubvogel hat eine große Flügelspanne und kann sehr weite Strecken zurücklegen, von den Seealpen zu den Kottischen Alpen und bis zum Meer nach Korsika. Der Park, in dem viele Herden zu finden sind, liefert den Vögeln, die in der Lage sind ganze Knochen zu verschlingen (auch den Oberschenkelknochen einer Gämse) und diese mit Hilfe der starken Magensäure zu verdauen, viel Nahrung. Die Bartgeier verschwenden nichts. Sie ernähren sich von den Knochen und Sehnen der toten Tiere und haben somit keine Feinde in der Nahrungskette. Sie sind sehr intelligent: im späten Frühling fliegen sie über die Überreste der Lawinen und der Erdrutsche, in der Hoffnung tote Tiere zu finden. Wenn die Knochen zu groß sind, fliegen sie damit nach oben und lassen den Knochen dann aus 50 Meter Höhe auf einen Felsen fallen. Der Bartgeier tauchte im Jahr 1993 wieder in den Seealpen auf: von da an wurden sie immer öfter gesehen und jedes Lebenszeichen wird in einer Datenbank erfasst. Die Raubvögel haben einen Wiedererkennungswert und so kann man sie durch die Federn an den Flügeln, Schwungfedern und Steuerfedern, die heller sind, wiedererkennen. Ein Bartgeier aus den Seealpen wurde in Holland gesehen und circa 3 Monate später im Alta Savoia. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:52 Pagina 58 Le Parlate, das Teatro d’oc Alle fünf Jahre kann man in Entracque der Vorstellung der “le Parlate“ beiwohnen (die letzte Veranstaltung war 2005). Diese Erinnerung an die Passion und den Tod Christi wird von lokalen Schauspielern und Personen auf einer Bühne neben der Bruderschaft von Santa Croce gespielt. Die ganze Vorstellung, vom Gebet im Garten von Getzemane bis zur Grablegung wird im örtlichen okzitanischen Dialekt gehalten. Dieser Brauch geht bis in das Mittelalter zurück und wird in der Karwoche gespielt, auch wenn eine besondere Bedeutung auf dem Karfreitag liegt, wenn die lokalen Personen erscheinen: al Timbajer (der Bote) der seit den frühen Morgenstunden durch den Ort geht und das Programm verkündet, al Capitani (der Hauptmann), der am Palmsonntag von Prior in diesem Amt gehoben wurde. Al Capitani zusammen mit dem al Tenenti (der Oberleutnant) stellt die Personen dem Bürgermeister vor und bittet um Autorisierung der Durchführung von “le Parlate”. Nachdem er die Genehmigung erhalten hat, spielt man vor der Bruderschaft von Santa Croce die Passion und den Tod Christi, danach folgt eine Prozession durch, die von Kerzen und Fackeln beleuchteten Straßen der Ortschaft, begleitet von den Gesängen Miserere und Stabat Mater.Begleitet wird das heilige Grab mit dem Körper Christus von den Trëzë Cavajer (die dreizehn Ritter), in Frack und Zweispitz mit einer Fahne mit silbernem Kreuz auf schwarzem Hintergrund. Sie verkörpern die dreizehn Stadtviertel, angeführt von “al trezë“, ihrem Hauptmann. Die Prozession endet mit der Niederlegung Christi in der Pfarrkirche, in der alle Dorfbewohner zusammen gekommen sind. Le Parlate, aus streng religiösem Hintergrund entstanden, verkörpern Glauben, Geschichte und Tradition und fordern einen hohen Einsatz von den Einwohner des kleinen Dorfes, das an den malerischen Kalkgesteinen gelegen ist und sich in der sehr felsigen Gegend befindet (Info: www.chambradoc.it/cmgv/progettocmgv2004.page). 58 59 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:52 Pagina 59 Die Gastronomie in den Tälern Die Rezepte der Täler basieren auf deren Produkte und typischen Bewirtschaftungen: Spinatgnocchi, Milchreis mit Kartoffeln, Porrè und Kürbis, Forelle mit frischen Steinpilzen, Zwiebeln, gefüllt mit Mangold und Würstchen, Ricottatorte. In diesen Gerichten fehlt die Kartoffel nie, denn sie ist das Hauptnahrungsmittel in den okzitanischen Alpen. In Wirklichkeit kam die Kartoffel erst sehr spät in diese Berge, circa im 18. Jahrhundert. Sie hat verschiedene Namen in Okzitanisch: trufa, tartifla, oder trifola und ein ganz anderer Name ist bòdi, gebräuchlich in den Tälern Gesso und Stura. Land, Höhe, Wasser und Klima machen aus der Bergkartoffel ein besonderes Produkt. In der traditionellen Küche der Täler werden sie frittiert, gebraten, mit der Schale gekocht, damit sie ihren Geschmack besser bewahren, als Pürrè serviert oder als Hauptbestandteil von verschiedenen Gerichten, wie Gnocchi, raviolas, calhetas, donderets, tondirets verwendet, mit Reis oder mit aioli serviert und für verschieden pikante Torten verwendet. Einige traditionelle Werkzeuge für den Anbau von Kartoffeln sind auch heute noch oft im Einsatz: die zweizackige Harke, das magau, aus der Provence in die okzitanischen Täler gebracht und die picha oder bichard mit nur einer Zacke. Jedoch sieht man eine schnellfortschreitende Mechanisierung der Produktion. Unter den traditionellen Rezepten mit besonderem Geschmack finden wir auch los talharins de Roascha, Taglierini nach Art von Roaschia, einer handgemachten Pasta. Angemacht wird die Pasta mit 600 Gramm geschnittenen Zwiebeln, die in 80 Gramm Butter, 4 Löffeln Olivenöl und 200 Gramm gewürfelten Speck angebraten werden.Wenn sie goldgelb sind, gibt man 2 Gläser Rotwein hinzu und kocht das Ganze für 8 Minuten. Unter diese Soße mischt man die gekochten Taglierini. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:52 Pagina 60 Geschichten von wandernden Schäfern Die Geschichten der Emigration sind die “großen Abenteuer” der okzitanischen Täler. “...ich war noch nicht mal 16 Jahre als, als ich mich nach Frankreich auf machte, zu Fuß, über den Colle di Ciriegia; mit anderen marschierte ich bis nach San Lorenzo del Var hinter Nizza, und von dort aus gingen wir nach Saint Raphaël, auf gut Glück“ ist eine Geschichte, das von Nuto Revelli in seinem Buch “Il Mondo dei Vinti” erzählt wird. Die saisonale Emigration führte weit weg, ans Meer nach Marsaille, Tolone, Crau, Camargue, an die Riviera von Nizza, nach Arles, Aix, Nîmes, Avignon und Paris. Die Schäfer von Roaschia gingen in die andere Richtung, in die Po-Ebene, sie folgten dem Fluss Po. Männer, Frauen und Kindern gingen mit Hunderten von Schafen fort, gefolgt von Karren mit dem Notwendigsten zum Leben, für ein spartanisches Leben... sie gingen am Tag und in der Nacht.“Sie stahlen” das Der Naturpark der Seealpen - Lago Valscura Inferiore Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:53 Pagina 61 Gras auf den Weiden entlang des Flusses, weswegen sie den Beinamen “gratta”trugen, was im Dialekt Plünderer bedeutet. Im späten Frühling kamen sie zurück und brachten in das Tal Gegenstände, Gebräuche, Lieder und guten Wein von den Hügeln um Asti. In einem gefilmten Interview aus dem Jahre 1996, im Archiv des Ousitanio Vivo Film aufbewahrt (Info: via Marconi - 12020 Venasca – Tel. 0039.0175.567606 - [email protected]) erzählt Lorenzo Giraudo, Lencho d’ Charùa von Roaschia genannt, seine Geschichte: “Wir steigen mit der Herde, circa 180 Schafe, hinab und wir gingen zu Fuß nach Fiorenzuola d’Arda in der Provinz von Parma. Mein Vater, meine Mutter und die Familie. Wir kamen nach Cuneo, Bra, Alba, Asti, Alessandria, Tortona, Voghera, und dann Casteggio und Stradella, wo wir Ziehharmonika spielten, bis nach Castel San Giovanni, Piacenza und San Giorgio Piacentino”. Die “gratta” waren sesshafte Nomaden. Sie mussten vorsichtig sein, damit sie nicht als die Schäfer Roaschia erkannt wurden und so erfanden sie eine Geheimsprache: la bartolina und lo bartolòt waren das Schaf und das Lamm, la bëjja der Käse Toma, die Frau la tubera, das Mädchen la marmalha. Die Frauen führten auch dieses sehr harte Leben: “Tag für Tag, bei Gewitter, Regen und Schnee. Der Karren war unser Zuhause, die Frauen schliefen auf der Truhe, die Männer unter dem Karren, zusammengerollt auf einem Schafsfell”. Naturpark der Seealpen: ehem. Militärstraße zum Colletto di Valasco Naturpark der Seealpen: Monte Matto Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:54 Pagina 62 Vermenagna-Tal Im Mittelalter war das Tal ein wichtiger Weg für die Salzkarawanen und die Kommunikation vom Piemont zum westlichen Ligurien und nach Nizza. Das Vermenagna-Tal ist mit Sicherheit das Tal der Tänze und Gesänge. Im Sommer gibt es Feste für die Schutzpatrone und auf Feldern, die großen Anklang finden. Besonders in Robilante und Vernante zeigen die Jungendlichen besonderes Interesse an den traditionellen Tänzen Okzitaniens. Sowohl der Figurentanz, zu den Klängen des Akkordeons und der Klarinette, als auch die Gesänge haben besondere, ortsabhängige Formen angenommen. Mit einem wohlklingenden Stil, mit hohen Tönen und schnellen Tänzen, die fast unmöglich nachzuahmen sind. Das Tal ist heutzutage das Einzige in der Provinz von Cuneo, das sowohl von einer Straße als auch von einer internationalen Eisenbahnlinie durchquert wird, die Turin mit Cuneo und Nizza verbindet. Limone P.te, am Kopf des Tals, ist das wichtigste Skizentrum der süd-westlichen Alpen. Die ersten Skipisten stammen aus dem Jahre 1907. Im Jahr 1936 wurden die ersten Skilifte und Hotels gebaut. In der Nachkriegszeit war dieses Gebiet das Ziel von Skifahrern und Touristen aus der Gegend um Cuneo, Ligurien und Nizza (Info: www.limonepiemonte.it). Trotz der rasanten Entwicklung des Tourismus und der Infrastruktur, hat der Ort seine besonderen Eigenschaften und den Dialekt mit einigen erstaunlichen Phonetischen Eigenarten erhalten. Eine typisch okzitanische Tradition ist die Baija, die im Sommer mit einer religiösen Prozession, gefolgt von Musik und Tanz, abgehalten wird. Der Straßentunnel von Tenda, der im Jahre 1883 für den Ostverkehr ausgehoben wurde, hat eine Länge von 3,3 km und war einer der ersten in den Alpen. Er begünstigte den Weg nach Nizza und in die Provence. Ein derart entwickeltes Straßennetz erklärt auch das Vorkommen von 62 63 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:54 Pagina 63 Bergbaufirmen, die viele Arbeitsplätze garantieren und somit die Abwanderung verringern. Die Festungen von Tenda Am Ende des 19. Jahrhunderts errichtet Italien in Tenda (1850 Meter Höhe), zwischen den Tälern Vermenagna und Roya, ein System von Festungen, die von Militärstraßen, die heute in Wanderwege mit großen naturalistischen Wert umgewandelt wurden, verbunden waren. Die Festung Forte Colle Alto, zwischen 1888 und 1891 erbaut, war die Stütze dieser Aufstellung gegen Frankreich. Von den Festungen von Tenda aus wurde niemals nur ein Schuss abgefeuert: als der Erste Weltkrieg ausbrach, wurden die Artillerien abgebaut und an der österreichischen Front eingesetzt. Im Jahre 1947, als das Hochtal von Roya an Frankreich überging, wechselten auch die Festungen von Tenda den Besitzer. Ausflug auf dem MTB zu den Festungen von Tenda Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:54 Pagina 64 Ubi stabant cathari Ad Rocavion, et est locus apud Cuneum, ubi stabant cathari qui venerant de Francia ad habitandum... schrieb im 13. Jahrhundert der Inquisitor Anselmo da Alessandria. Das Ankommen der Linguadoca der ersten katarischen Ketzer in Roccavione geht auf das Jahr 1165 zurück. Diese überquerten, wie viele Flüchtlinge die Berge von Tenda. Roccavione liegt am Zusammenfluss mehrer Strassen zu einem Schloss aus dem 1. Jahrhundert, von dem nur noch wenige Ruinen übrig sind. Von hier aus predigten die Katarer im Piemont, der Lombardei, Toskana und dem Veneto. Zahlreiche Personen erzählen davon: Troubadoure, Edelleute und Ritter, unter denen auch die Hüter der Burg von Montsegur, in der das Massaker der Katarer stattfand, jenes militärische Vorkommen in der Geschichte Okzitaniens. Im Juni leben die Grundsteine der katarischen Religion in Roccavione wieder auf. Die Riten, das Drama der Verfolgung, das finale Opfer werden mit Musik und Szenen aus dem Alltag des Hoch- und Spätmittelalters im Schein der Fackeln nachgespielt. Hundert Menschen in den Kleidern der damaligen Zeit, spielen die Ereignisse nach, die im Tractatus de heretici des Inquisitors Anselmo beschrieben werden. Dass das Vermenagna-Tal eine der ältesten Strassen über die Alpen ist, zeigen die Funde einer Siedlung aus der Eisenzeit in der Nähe von Roccavione (Bec Berciassa auf 962 Meter). Der Alpenpass Colle di Tenda wurde auch zu Händlerzwecken überquert. Die Berufe, die mit dem Verkehr und den Transporten verbunden waren, haben in Sant’Eligio einen Beschützer gefunden. Auch heute gibt es in Limone P.te die traditionelle Baija ‘d sant Aloi, Schutzherr der Wagenbauer, Eisenwarenhersteller, Hufschmiede und Sattler. Gefeiert wird am letzten Sonntag im August: den Abbà, Hauptperson des Baij, der den Schutzpatron einführt und seine Mitspieler schöne Kleidung aus der Zeit von Napoleon vorführen und dabei reich geschmückte Wagen mit Schleifen, Federbuschen und Rasseln führen, die von eleganten Maultiertreibern mit einer Peitsche, die mit Bändern und Blüten geschmückt sind, vorantreiben. Angekommen an der Pfarrkirche aus dem Jahr 1363, der ältesten Kirche des Vermenagna-Tals mit einer Front aus Stein und einem Tor mit Spitzbogen, wird der neue Abbà ins Amt gerufen. Der Umzug findet zweimal am Tag statt und wird von den corenta e balet, traditionellen Tänzen aus Okzitanien, und dem Wiederhall von Böllerschüssen im Kastanienwald begleitet. 64 65 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:54 Pagina 65 Pinocchio in Vernante Nur 6 km von Limone Piemonte entfernt befindet sich Vernante, mit Hunderten von Wandmalereien, die Pinocchio gewidmet sind. In den 20er Jahren kam, die aus Vernante stammende Margherita Martini in Turin in den Dienst von Attilio Mussino, dem berühmten Zeichner von Pinocchio. Nach dem Verlust seines Sohnes und seiner Frau, zog sich der Malern in Vernante zurück und verbrachte dort die letzten Jahre seines Lebens. Im Jahre 1989 hatten Bruno Carlet und Meo Cavallera, die Idee, die Mauern der Häuser mit der Geschichte von Pinocchio zu bemalen. So wurde eine beindruckende Geschichte erschaffen, die sich durch den Ort zieht. Am nördlichen Eingang wurde Pinocchio ein Denkmal errichtet, das das Werk von örtlichen Künstlern ist (Info: www.comune.vernante.cn.it). Im Mittelpunkt der Kunst von Vernante stehen auch die seltenen “vernantins”, Messer aus gehärtetem Stahl, mit Griffen aus Rinderhorn und besonderen Nieten. Davon gibt es sowohl gerade als auch gebogene für die Arbeit auf dem Land. Ein Teil der Gegend befindet sich im Naturpark des Waldes und der Seen von Palanfrè, im Park der Seealpen. Das Naturschutzgebiet befindet sich im hochgelegenen Teil des Val Grande, überragt von Palanfrè, wo die Weiden von den weißen Kalkgesteinen umrahmt sind. Obwohl das Gebiet nicht groß ist (1070 Hektar circa) gibt es dort eine Vielfalt von Mikroklima, die zu einer reichen Fauna, sowohl von Vögeln als auch von Säugetieren, wie Gämsen, Murmeltiere, Marder und Dachse geführt hat. Der kleine Ortsteil von Palanfrè mit seinem kleinen Buchenwald unterhalb der Häuser, der seit dem 18. Jahrhundert geschützt ist, hat die Physiognomie eines traditionellen Orts bewahrt. Die Häuser wurden unter Beachtung der alpinen Architektur dieser Gegend wieder aufgebaut. Der Park der Seealpen “Parco delle Alpi Marittime”, der sich bis hierhin hinzieht und der auch in Vernante ein kleines Informationszentrum eröffnet hat, bietet einen Naturweg, also einen Spaziergang durch den Buchenwald, der reich an alten und gekrümmten Bäumen ist. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:54 Pagina 66 Die Pioniere von Nòto und Jòrs Der genius loci des Tals wird im “Museo della Fisarmonica, della Musica e dell’Arte Popolare” von Robilante mit semitons Ziehharmoniken und der Arbeitsbank von Giuseppe Vallauri (1896 in Robilante geboren, verstorben im Jahre 1984), bekannt unter dem Namen Nòto Sonador. Ziehharmonikaspieler und gekonnter Künstler des corenta e balèt, war Vallauri auch Reparatur von Ziehharmoniken. Die Geschichte der okzitanischen Folklore stellt ihn als einen der bedeutenden Vertreter des musikalischen Erbes der Volkstänze dar. Nòto Sonador wurde das Fest der Ziehharmonika gewidmet, das im Mai gefeiert wird. Neben den Kleidungsstücken von früher und Fotografien, bereichern auch Reproduktionen von Skulpturen des Bauers Giorgio Bertaina, Jòrs de Snive (geboren 1902, gestorben 1976), der in den Bergen von Robilante in der Nähe der Piagge wohnte, das Museum. Jòrs schnitze mit dem Messer Figuren aus Holz. Sein Stil schien aus den Zeiten der Römer zu stammen. Die Figuren sind durch seine eigene Welt inspiriert: Haustiere und wilde Tiere,Weidekühe, Spieler von Ziehharmonika und Clarino, die Gastwirtschaft, das tanzende Brautpaar. Jòrs de Snive machte auch Dutzende von Gehstöcken, die mit Szenen aus dem Alltag verziert waren, echte Geschichten, die sich um 360° über den Stock zogen. Interessant sind auch einige Skulpturen, die die Strenge des Gesetzes darstellen: berittene Polizisten, die Männer in Ketten abführen, vielleicht Bergleute, die wegen Schmugglerei festegenommen wurden. Eine wahre Geschichte ist die des Schmuggels in den Dörfern an der Grenze zu Frankreich: sie brachten Reis und Tabak und nahmen Salz, das sie dort wenig kostete. Es wurden aber auch Ziehharmoniken geschmuggelt; sie kehrten mit Wolle, Kühen und Schafen zurück. Als es noch keine Polizisten und Finanzbehörden gab, waren die Grenzen, für diejenigen, die die Berge kannten, einfach nicht vorhanden! Der Besuch des Museum bedeutet für die Gäste, zwischen Wegen und Dörfern in die Welt und die Art der Leute einzutauchen, die ihre Gegend für am nächsten an Marseille von den okzitanischen Täler sahen (Info: Museum - Tel. 0039.0171.78101 - Fax 0039.0171.789103 www.chambradoc.it/cmgv/progettocmgv2004.page). 66 67 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:54 Pagina 67 Heu, Poesie, Worte Den genius loci des Tales sieht man auch in der Bauart der Häuser: einige Ortteile von Robilante (Tetti Rescasso, Snive und Merciandun) und von Vernante (Tetto Serre und Val Grande di Palanfré) haben Dächer aus Roggenheu. Diese sind auch in nahegelegenen Tälern Gesso und Stura verbreitet. In Robilante gibt es charakteristische Dachstühle aus Kastanienholz, wie man sie vergleichbar nur in England oder Deutschland findet. Genius loci ist die Lingua D’Oc. Limone P.te, mit seiner Vergangenheit als landwirtschaftlich geprägter Ort, wurde durch den Tourismus so beeinflusst, dass die neue urbane Struktur, zusammen mit den okzitanischen Grundzügen, die Poesie D’oc des Giacomo Bellone, Dzacolin Bortela inspirierte: … … Lè turna dzurn: Es wird wieder Tag: gi ommi is disvaggiu, die Menschen wachen auf, i s’ sparu acol, sie erschießen sich i fan piurar li framme… bringen die Frauen zum Weinen… lè turna dzurn: es wird wieder Tag: li framme i gi an la smans die Frauen tragen mit sich den Samen cügiüya ‘nt la nöts, gesammelt in der Nacht, pur bröjar d’autri ommi… um weitere Männer sprießen zu lassen… Seit den 70er Jahren verdanken wir es der Arbeit von einigen spontanen Forschern, die okzitanische Sprache in ein Wörterbuch zusammenzufassen. Okzitanien zwischen Robilante und Roccavione ist heute in einem Wörterbuch von 13.000 Einträgen zu finden (Info: www.chambradoc.it/CatalogoGenerale.page). Dieses Buch wurde durch die Leidenschaft einiger örtlicher Forscher umgesetzt: Lorenzo Artusio, Piermarco Audisio, Gianni Giraudo, Eliano Macario. Die Arbeiten hierzu dauerten circa 20 Jahre. Das Ergebnis dieser Studie zeigt, dass die okzitanische Sprache gut verbreitet ist und auch interessante Entsprechungen in Boves, Peveragno und Roccasparvera zu finden sind. Der Einfluss des Piemontesischen ist sehr stark, aber man erkennt noch die okzitanischen Wurzeln, die denjenigen, die sie alltäglich verwenden eine wertvolle linguistische Eigenart verleihen. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:56 Pagina 68 Die Täler am Fuße des Bisalta Das Gebirge Bisalta, oder Besimauda, überragt die Stadt Cuneo, mit seinen zwei Gipfeln, einer 2.231 Meter hoch, und der andere ein wenig niedriger. Am Fuße des Gebirges liegen die Städtchen Boves, Peveragno, Chiusa Pesio und den Flüssen folgendend Colla und Josina. Die lokale Sprache hat piemontesische Einflüsse, in den letzten Jahrzehnten durch die Abwanderung aus den Bergdörfern bedingt. Aber die Grundstöcke der Sprache bleiben okzitanisch, wie die Welt der Legenden und der mystischen Gestalten - u magu (der Magier), u dràà (der Drache), le mäsque (de Masken), u servägn (der wilde Mann), le fäie (die Feen) – die man in allen Gegenden der okzitnaischen Sprache im Alpenraum findet. Die Karte der Wege “In der Gegend des Bisalta” beschreibt die Wege durch das Gebiet, die man zu Fuß, zu Pferd oder mit dem Mountain Bike zurücklegen kann (Info: Berggemeinschaft - Tel. 0039.0171.339957 [email protected]; Naturpark der Hochtäler Pesio und Tanaro - Tel. 0039.0171.734021 - www.parks.it/parchi.cuneesi). Im 19. Jahrhundert waren Chiusa Pesio, Peveragno und Boves Zentren der Industrie: Spinnereien,Töpfereien,Wollwebereien, Ziegelein, Gerbereien und die Industrie zur Gewinnung von Tannin. Das Museum Museo della Regia Fabbrica dei Cristalli e della Ceramica, im alten Rathaus von Chiusa Pesio, hat sich zum Ziel gemacht, die Rolle dieser Industrien in der Entwicklung der Ortschaft hervorzuheben. Heute sind die drei Örtchen in den kulturellen Sinn sehr lebhaft, mit Vereinigungen, die die lokalen Traditionen, soziale Aktivitäten und die Geschichte fördern (Info: Schule des Friedens von Boves - www.scuoladipace.it), sowie mit der Filmwissenschaftlichen Initiative (Info: Vereinigung Ipotesi Cinema Piemonte - Tel. 0039.0171.735341). 68 69 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:56 Pagina 69 Botanikzentrum Der höchste Teil der Gemeinde Chiusa Pesio, in Richtung des Kalkmassivs von Marguareis, befindet sich im Naturpark der Hochtäler Pesio und Tanaro, einem interessanten Gebiet wegen der vielseitigen Vegetation und dem Vorkommen von Wölfen. Die befahrbare Straße endet am Pian delle Gorre (1.032 Meter), wo sich auch ein Besucherzentrum befindet. Von dort aus gehen Sie weiter zu der Schutzhütte Garelli (weitere 900 Höhenmeter). Auf einem nahegelegenen Hochplateau befindet sich ein Botanikzentrum, das den Gelehrten Clarence Bicknell und Emile Burnat gewidmet ist. Dieses Zentrum beherbergt eine Feuchtzone, mit Exemplaren der Drosera und Pinguicola, faszinierende, fleischfressende Pflanzen der Alpen, die Insekten “essen”, um Stickstoff aufzunehmen. Nach einem halbstündigen Marsch erreicht man ein zweites Botanikzentrum, neben einem kleinen See gelegen, der sich unterhalb des imposanten Marguareis (2651 Meter) befindet. Dort blüht eine schöne Orchidee, der Marienfrauenschuh (Cypripedium calceolus), gleichzeitig auch Symbol des Parks. Die Kartause von Pesio Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:56 Pagina 70 Die Kartause in den Wäldern In der Gemeinde von Chiusa Pesio trifft man auf die, im Jahre 1173 gegründete Kartause, als die Herrschaft von Morozzo dem Kartäuserorden die Ländereien des Hochtals schenkte. Die Brüder bewahrten dort viele Kunstwerke auf, so viele, dass die Kartause bereits im 16.Jahrhundert erweitert werden musste. Im 17. Jahrhundert kamen der Laubengang dazu, der auch heute noch durch seinen majestätischen Anblick beeindruckt und die Prunktreppe. Die Brüder entschieden sich zum Bau von einigen Bauerhöfen, um die Felder bestellen zu können. Im Jahre 1802 unterdrückte die napoleonische Regierung die Kartause und die Schätze wurden verteilt. Im 19. Jahrhundert wurde das Gebäude zu hydrothermischen Therapien verwendet, bis es dann 1915 gänzlich geschlossen wurde. Erst im Jahre 1934 begannen die Restaurierungsarbeiten, die dem bewundernswerten Gebäude, Ort der Meditation und Pilger, zwischen Kastanien gelegen, den Glanz zurück gaben (Info: www.certosadipesio.org). Dem Kastanienbaum, der für die Bevölkerung dieser Gegend der Lebensunterhalt war, wurde in Boves das Museum Museo della Castagna gewidmet. Das im Jahre 2000 eingeweiht Museum, umfasst einen Teil des Bauerhofes Martinengo Marquet. Das Museum entstand im Rahmen eines internationalen Projekts zur Wertschätzung dieser Frucht. Im Inneren findet man eine Ansammlung von Werkzeugen für den Anbau von Kastanien und die traditionelle Landwirtschaft.Das Museum umfasst auch didaktische Wege, um die Arbeit von früher näher zubringen (Info: Cascina Marquet - Via Roncaia, 24 - Boves - Tel. 0039.335.6777905). Eine große Bedeutung in der örtlichen Gastronomie haben die verschiedenen Pilzsorten, die man in den Wäldern am Fuße des Bisalta findet. Ihnen ist das Museum Museo del Fungo e di Scienze Naturali von Boves gewidmet, das von Dr. Mario Strani gegründet wurde. In den 8 Sälen des Museums kann man mehre Tausend Pilze in Gips oder Harz bewundern, die die 250 Arten darstellen, die man in der Gegend findet. Des Weiteren sind Fossile, einbalsamierte Tiere, Muscheln, eine wertvolle Sammlung von mehr als 130 Schmetterlingsarten aus der Gegend um Cuneo und einige Instrumente aus dem 19. und 20. Jahrhundert ausgestellt. Das Museum stellt auch Beweise für die Gruben und Ziegeleien in der Provinz von Cuneo und eine Plastik des Gebietes aus (Info: Gemeinde von Boves - Tel. 0039.0171.391834 - Fax 0039.0171.391856 - www.musei.provincia.cuneo.it). 70 71 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:56 Pagina 71 Fotosammlung im Park In der Nähe des Naturparks Alta Valle Pesio und Tanaro von Chiusa Pesio befindet sich eine dauerhafte Ausstellung, die dem großen zeitgenössischem Künstler der Fotografien gewidmet ist: Michele Pellegrino, geboren in diesem Ort. Der Rundgang ist in acht Bereiche aufgeteilt mit 300 schwarz-weiß Fotos bestückt: Orte des Wassers, Gewöhnliche Zauber, Visages de la Contemplation (Leben der Mönche), Alta Langa, Szenen einer Ehe, ligurische Alpen, Kottische Alpen, Seealpen, Mont Blanc und Spuren der Zeit. Die Bedeutung dieser Sammlung ist vor Allem künstlerisch-dokumentarisch. Pellegrino war ein Autodidakt und schaffte es, die Blicke der Leute und die teilweise tragische Schönheit der Täler, vor der großen Abwanderung in den 60er Jahren, einzufangen. Im Jahre 1972 veröffentlichte Michele Pellegrino sein erstens Buch mit Fotografien, “Gente di Provincia”, gefolgt von “Profondo Nord” über das Thema der Abwanderung von den Bergen. Seine jüngsten Werke ab den 90er Jahren sind: “Le Montagne della Memoria”, “Il Tempo della Montagna”, “Il Silenzio Magico della Montagna”, “Una Traccia nel Tempo” und aus dem Jahre 2002 “Elva, un paese occitano”. Auch eine Blume, ein Stein, das Wasser der Bäche gewannen seine Aufmerksamkeit, da “es wichtig ist, nicht nur gefühlskalt und mechanisch zu sehen, sondern auch mit dem Herzen”. Seine Bilder sind fast psychologische Studien der Talbewohner, in denen er das Leben und die Traurigkeit zeigt. Sie zeigen uns Freude, Sehnsucht, Würde und Armut einer gebeugten Bevölkerung, “eine besiegte Welt”, wie Nuto Revelli schrieb, ein Randgebiet, das am Ende der 60er Jahre nach und nach seine Identität wieder entdeckte (Naturpark Alta Valle Pesio und Tanaro - Tel. 0039.0171.734990; www.vallepesio.it; www.chambradoc.it/cmgv/progettocmgv2004.page). Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:56 Pagina 72 Berühmte Männer von Peveragno Straßen, Plätze und Monumente in Peveragno erinnern an die hiesigen berühmten Männer. Unter ihnen Pietro Toselli, kolonialer Kriegsheld, und den Schriftsteller Vittorio Bersezio. Geboren im Jahre 1856, starb Toselli in Äthiopien in der berühmten Schlacht von Amba Alagi im Jahr 1895. Mit ihm fielen 18 Offiziere und circa 2.000 Soldaten. Seinen Offizieren, die ihm rieten, sich in Sicherheit zu bringen, antwortete er unerschrocken, setzte sich und wartete auf den Angriff der feindlichen Truppen. Er verdiente sich Gold mit dieser Begründung: “Er befand sich vor 20-25 Tausend Feinden, kämpfte unerbittert für gut sechs Stunden und durch das heroische Opfer seines Lebens brachte er dem Fein enorme Verluste und trug dazu bei, dass der Vormarsch verlangsamt wurde”. Der Name Vittorio Bersezio glänzt in der piemontesischen Literatur. Er war Journalist, Schriftsteller und Abgeordneter, Geboren 1828 und gestorben 1900, kämpfte er im Ersten Weltkrieg. Im Jahre 1865 gründete er die Zeitung “Gazzetta Piemontese”, die zur Tageszeitung “La Stampa” wurde. Er verfasste um die 40 Romane. Die Enzeclopädie Treccani beschreibt seine Werke als “wirre und düstere Abenteuer, ein sentimentales Geflecht”. Unter seinen Komödien in Dialekt verfasst, sticht die “Le miserie d’ monsú Travet” aus dem Jahr 1863 heraus, Geschichte eines treuen Staatsdiener, der rebelliert, als seine Würde angezweifelt wird. Das Leben einer dritten Person der örtlichen Tradition ist eher von Legenden umwoben. Charles de Gontaut, Herzog von Biron in Dordogna (1562-1602), Birùn genannt, ist die tragische Hauptfigur in einem altem Lied, das in Peveragno zur Zeit des Karnevals gesungen wird. Diese wurde wahrscheinlich von den Leuten aus Peveragno überbracht, die sich auf den Wege zu den Märkten für Kokons in Lyon und Marseille aufmachten. Birùn, Feldwebel aus Frankreich, war ein schöner und tapferer Mann.Während des gallisch-spanischen Kriegs freundete er sich mit dem König an. Später wurde er wegen Verrat hingerichtet. Die Ballade, die von der Compagnia di Birùn, einer Vereinigung in Peveragno, gesungen und getanzt wird, erzählt, dass er nicht begnadigt wurde, weil der Leitspruch galt unda a i è pa‘d faiansa a i è pa‘d pardun (wo keine Schuld, da keine Gnade). Dem Henker legte er auf, ihn nicht zu berühren, es sei denn mit dem Schwert (Info: www.compagniadelbirun.it). 72 73 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:56 Pagina 73 Neue Musik mit den Gai Saber Sie sind eine okzitanische Musikgruppe aus Peveragno. Sie spielen in ganz Okzitanien Konzerte. Sie haben sowohl in Italien als auch in Europa Fans. Über sie sprechen auch die Fachzeitschriften. Ihre Art der Musik hängt natürlich von ihrer Herkunft ab: die Leider sind in der Lingua d’oc verfasst, aber der Perfektionismus endet hier. Die Musiker der Gruppe Gai Saber sind der Meinung, dass die ihnen weitergegeben Tradition eher steril ist und nichts mehr hervorbringt, somit haben sie sich zur Aufgabe gemacht, sie neu zu erfinden, ohne sie jedoch zu beleidigen. Occitania que t’en vas ist der Leittitel des CD La fàbrica occitana aus dem Jahr 2007, in dem sie die Träume ihrer Gesellschaft, un pople mesquiat e bastard, erzählen und so eine Hymne an die Einwohner dieses Teils der Welt schaffen, die durch die Geschichte hindurch von Ligurer, Kelten, Römern, Westgoten, Araber, Hebrärer, Italiener und Franzosen unterdrückt wurden. Ein Volk, das in seiner Vielfalt und trotz der Verfolgung und der Ächtung der Staaten, wusste, wie sie ihre linguistische Identität bewahren können. In der Gruppe sind Instrumente aus der okzitanischen Tradition (semitons Ziehharmonika, fifre, Drehleier, chabreta, Harfe, tamborin und galobet) und zeitgenössische Klänge mit Schlagzeug, elektrische Gitarre und elektronischen Elementen vertreten. Das Repertoire mischt traditionelle Themen mit sozialen Aspekten, die Lyrik der Troubadoure mit den Tänzen, Chansons und heilige Musik mit den mediterranen Rhythmen, Street-Dance, Drum’n’Bass und latine Einflüsse. Dank der Gruppe Gai Saber und Duzenden anderen Musikgruppen, die heute in den okzitanischen Tälern aktiv sind, ist die Musik ein wichtige Art der Begegnung, der Kreativität und der Verbreitung der Sprache und Kultur Okzitaniens geworden. Heute sind die Musikgruppen unter anderen die wichtigsten Botschafter Okzitaniens in die Welt hinaus (Info: Kulturverein Gai Saber - via del Gavotto, 6 - 12026 Peveragno - www.gaisaber.it - [email protected]). Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:57 Pagina 74 Kyè-Täler Das Gebiet umfasst die Gemeinden Roccaforte Mondovì mit Prea, Rastello und Baracco, Villanova Mondovì in den Ausläufern der Berge, die beiden Frabose, Sottana und Soprana, mit Miroglio im Maudagna-Tal und der Ort Fontane im Corsaglia-Tal. Dieses Gebiet mit einer gegliederten Orographie war schon in der Jungsteinzeit bevölkert. Zeugnisse für die Siedlungen sind die Funde von geschliffenen Klingen aus grünem Stein. Der Name kommt von “kyé”, was“io”, also “ich” bedeutet und vielleicht aus dem Lateinischen quid + ego kommt und die okzitanische Form “ieu” oder “iu” angenommen hat. Die Abwanderung aus den Bergdörfern, hat dazu geführt, dass die Sprache bewahrt wurde, die zum ersten mal Ende der 60er Jahre studiert wurde und in den Verbänden wie “Artusin“ von Roccaforte und Villanova Mondovì und “E Kyè“ von Fontane bewahrt wurde. Der letzte Verein betreute die Veröffentlichung eines Buches über die Grammatik des kyé und ist gleichzeitig ein wichtiges Zentrum für die etno-linguistische Dokumentation. Eine weitere Art die Tradition aufrecht zu erhalten, ist das Erstellen von lebenden Grippen, die die Arbeit in den Alpen von damals zeigen. Die Handwerkskunst ist stark vertreten und orientiert sich an der Verarbeitung von Holz, Keramik, Schmiedeeisen und “filet“. Ein Symptom der Rückkehr in die Berge ist das Verschwinden der sehr hoch gelegenen Buchweizenfelder, einem grundlegenden Produkt zur Zubereitung der typischen Polenta. Diese Täler und einige Orte wie Frabosa Soprana, sind seit Jahren für einen ganzjährigen Tourismus bekannt, der vor Allem aus Ligurien kommt. Nicht verpassen sollte man auch die Grotten von Bossea im Corsaglia-Tal, die zusammen mit dem Ecomuseo del Marmo di Frabosa Soprana, den Mittelpunkt eines touristischen Angebots, das auf der Geologie des Gebiets basiert, werden soll. 74 75 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:57 Pagina 75 Weg der Partisanen Auf Grund eines Projekts des Istituto Storico della Resistenza von Cuneo, verbindet dieser Weg Orte, Gebäude, Kapellen und Pässe miteinander, die vom September 1943 bis zum April 1945 Schauplatz der Partisanenkämpfe waren, miteinander.Auch die Orte, die die Detachement der Partisanen beherbergten gehören zu diesem Weg. Es sind die Orte des Rückzugs des Kapitäns Cosa im Frühling 1944 vom Pesio-Tal, des Gemetzels von Pellone oberhalb von Miroglio, der ersten Begegnungen mit dem Feind der Truppe von Enrico Martini Mauri im Dezember 1943 im Maudagna-Tal. Man sieht die Orte der Autonomen “Rinnovamento” im den Tälern Ellero und Corsaglia: Prea, Ausgangspunkt für die Brigata Valle Ellero im Sommer 44, und Rastello, Sitz für den Kommandeur der 3. Division. Man kommt auch nach Baracco, operative Basis der alliierten Mission, dann nach Fontane, Versteck im Jahre 44 der Gruppe um Ignazio Vian. In der Gemeinde von Villanova Mondovì kann man die Wallfahrtskirche von Santa Lucia besuchen, die den Rebellen Asyl bot und die heimliche Druckerei der Zeitschrift “Rinascita d’Italia” beherbergte. Roccaforte Mondovì - Pieve di San Maurizio Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:57 Pagina 76 Löcher in den Bergen und alte Berufe Die karstigen Abschnitte, die Grotten und Abgründe formen eine Gegend von Höhlen in der Nähe der Gebirgsgruppe der Gipfel der Saline, von Mondolé, Mongioie und Pizzo d’Ormea, die zusammen mit dem Gebirgskomplex des Marguereis, eine der wichtigsten in ganz Europa ist und Hunderte von bereits erforschten Tunneln umfasst. Aus dieser Unterwelt kommen auch die Quellen von Ellero, Maudagna und Corsaglia. In dieser Gegend gibt es auch Grotten, die von Touristen besucht werden können und somit nicht nur den Forschern und Spezialisten vorbehalten sind. In der Grotta dei Dossi, nahe Villanova M.vì, sieht man viele Wege, verschiedenfarbige Konkretionen und farbige Nuancierungen. Zu dem findet man auch Spuren von Bärenkrallen in den Höhlen der Grotte von Caudano im Maudagna-Tal. Im Wnter entstehen durch die Temperaturunterschiede außen und innen Stalaktiten und Eissäulen mit einem bemrkenswerten Lichtspiel. Eine Besonderheit dieser Grotte ist die kleine Krippe in einem unterirdischen Raum, die dort zu Weihnachten geschmückt wird. Aber die Königin der Grotten in den Tälern von Kyé ist ohne Zweifel die in Bossea im Corsaglia-Tal, in der Gemeinde von Frabosa Soprana, die seit dem Jahre 1874 öffentlich zugänglich ist. Diese Grotte bietet touristisch alles was das Herz begehrt. Sie ist reich an Wasser, mit einem nicht aufhören wollenden Fluss und Überreste von Bären in den Höhlen. Bossea ist der Sitz der internationalen wissenschaftlichen Forschung. Ein Besuch zur Weihnachtszeit dieser Täler, bietet einem die Möglichkeit, interessante Grippen, wie die von Prea, zu bestaunen, die in den kleinen mittelalterlichen Strassen um die Pfarrkirche zum Leben erweckt werden. Und die Grippe von Pianvignale. Bei beiden kann man Einblick in die alten Berufe gewinnen: wie die Werkzeuge des früciau, des Sennen, der für die Herstellung von Milch zuständig war, dem ciarbunè, oder den Köhlern, den Maultiertreibern mit den fuet (Peitschen), die die Kohle zu Tal transportierten und die Holzschnitzer, die füsere (Gießer) und die vindu (Spinnräder) für das Spinnen von Hanf, die pîrò aus Kupfer (Kessel) um die Wäsche zu machen, den cumandin und den sapin, Werkzeuge der Holzfäller um die Stämme zu schleppen. 76 77 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:57 Pagina 77 Die Kunst von Giovanni Mazzucco Unter den Zeugnissen der mittelalterlichen Malerei finden wir die Fresken von Giovanni Mazzucco, Hauptfigur der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Monregale. Seine Lebensgeschichte ist unsicher. Im Jahre 1475 schickt er den Sohn Domenico in die Werkstatt des Malers Roux in Aix-en-Provence. Eine Geschichte, die auch die Verbindung zwischen den Künstlern dieser Gegend und der Provence eine Bedeutung gibt. Als Maler kam Mazzucco öfter zu den Dominikanern, ein Zeichen für eine enge Beziehung zu diesem Mönchsorden. Sein künstlerischer Ausdruck ist klar und ausdrucksstark und ist geprägt von gutmütiger und unschuldiger Physiognomie.In Roccaforte Mondovì in Pieve von San Maurizio wurde ihm eine stillende Madonna aus dem Jahr 1486 zugeschrieben. Des Weiteren malte er unterhaltsame Szenen aus dem bäuerlichen Leben mit religiösen Anspielungen in den Häusern der Mönchen in der nähe von Bertini und der Kapelle des ehemaligen Konvents der Dominikaner von Peveragno aus dem Jahr 1487, wo man auch heute noch die Unterschrift von “Mazuchi” sieht. Andere Werke, die mit Sicherheit aus seiner Hand stammte und aus der reifen Phase seines Schaffens herrühren, findet man in den Gegenden der umliegenden Täler und Ebenen: im Oratorium vom S. Sepolcro in Piozzo aus dem Jahr 1481, die Madonna zwischen den Heiligen Pietro und Antonio in der Kapelle von S. Pietro in Roncaglia in Bene Vagienna aus dem Jahr 1485, die Werke in S. Bernardo von Castelletto Stura aus dem Jahr 1488. Im Jahre 1491 stellt er das Leben der Madonna in der Wallfahrtskirche von Brichetto in Morozzo dar.Eine derart beindruckende Darstellung, wegen der unschuldigen Anlehnung an den Stil von Giotto. Die jungen Werke von Mazzucco sind hingegen die Madonna in der Wallfahrtskirche von Pasco in Villanova Mondovì, die Jungfrau mit Kind der Madonna di Guarene, die Fresken der Madonna della Neve in Pian della Gatta, die des Kirchenschiffes und der Wand von S. Fiorenzo in Bastia Mondovì und die Kreuzigung in der alten Sakristei der Pfarrkirche von Niella Tanaro. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:57 Pagina 78 Kultur und Geschmack der Alpen In Gedenken an die Vergangenheit in der Gegend von Kyè wurden verschiedene Museen eingerichtet, die wie ein Netz untereinander verbunden sind: das Museo Etnografico Cesare Vinaj, eröffnet im Jahr 1981 im Ortsteil Fontane-Serra in Frabosa Soprana, das dem ersten Sprachwissenschaftler im Corsaglia-Tal gewidmet ist.Verschiedene Themen sind illustriert: die Köhlerei, der Hanf, der Anbau von Kastanien, di Heuernte, der Wald, die Küche und es gibt die Möglichkeit mit Hilfe von monographischen Veröffentlichung des Museums einzelnen Thematiken zu vertiefen. Das Museo della Montagna von Miroglio in Frabosa Sottana bietet einen Blick in den Alltag von damals, die harte Arbeit auf den Feldern und in den Wäldern. Die Beziehung zwischen den Menschen und den Tieren und die Handarbeit des Schusters wird hervorgehoben und die Herstellung von Nussöl, die Waagen und die Werkzeuge zur Verarbeitung von Hanf werden ausgestellt. Im nahegelegenen Casotto-Tal findet man in der Ortschaft Serra di Pamparato, das Museo degli Usi e Costumi della Gente di Montagna (Museum der Bräuche der Bergleute), das sich in einem ehemaligen Konvent aus dem 17. Jahrundert befindet. Dort findet man alte Steinböden und Kassettendecken und man erhält einen Einblick in die Küche von damals, sieht ein Schulzimmer und den Prozess der Verarbeitung von Hanf und Leinen (Info: http://musei.provincia.cuneo.it/). Im Gebiet von Ormea steht das Museo Etnografico Alta Val Tanaro, das eine naturgetreue Nachbildung des Lebens und der Arbeit der Bauern bietet. In diesen Tälern haben die Kastanien Generationen von Bergbewohnern satt gemacht und die Basis für die Ernährung der Bauern dargestellt. Mit Kastanien hat man die Häuser geheizt, hat Tannin für die Industrie gewonnen und Futter für das Tier hergestellt. Die Kastanien waren eine mögliche Alternative für Getreide, als allgemeinstes Lebensmittel, da es leicht zu haben war. Später bekamen die Kastanien den Namen “Brot der Armen”, da sie wenig Energie und Proteine lieferten. Die Kastanien wurden geröstet oder in Wasser oder Milch gekocht, mit Milch oder Wein als Suppe gegessen, gemahlen und zu Polenta, Püree, Brot oder Eintopf weiterverarbeitet. Auch heute noch haben die Kastanien einen großen Stellenwert in der Landwirtschaft und haben das Siegel IGP erhalten. Zahlreiche Feste und 78 79 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:57 Pagina 79 Messen sind damit verbunden, vor allem mit der weißen Kastanie, deren Mehl für viele Rezepte benötigt wird. Ein so wichtiger Aspekt des Lebens konnte nicht vernachlässigt werden. Und so wurde das Kastanienmuseum Ecomuseo del Castagno eröffnet, dass sich auf 3 Orte erstreckt: Monastero di Vasco, Fontane di Frabosa Soprana, Serra di Pamparato. In Monastero di Vasco findet man es in der Crusà, einem religiösen Gebäude, das gerade renoviert wurde. Man kann verschiedenen Arten von Kastanien und einige Arten von Waldbeeren wie Johannisbeeren, Blaubeeren und Brombeeren ansehen. In Serra di Pamparato konzentriert sich die Ausstellung auf die Gewinnung von Tannin und zeigt die alten Fabriken, die ersten Beispiele für die Industrialisierung der alpinen Täler. Ein Model befindet sich im Museo degli Usi e Costumi della Gente di Montagna. In Fontane führt ein Weg in den Kastanienwald und bringt uns nach Case Ubbè, wo man die typischen Trockenböden für die Kastanien sieht und sich über das Verhältnis Mensch-Natur informieren kann, in dem man die Trockenmauern,Terrasierungen und alpine Architekturen bestaunt. Synonyme für die Berge ist der Bergkäse, bekannt für seinen besonderen Geruch und Geschmack. In den Tälern von Kyè, aus alter Tradition, stiegen die Käsermeister Ende September hinab von den Weiden, um große Räder Raschera auf Festen und Märkten zu verkaufen. Der Käse Raschera d’Alpeggio wird aus Kuhmilch hergestellt, die aus mehr als 900 Metern Höhe stammt. Es ist ein Halbfettkäse, der mindesten 30 Tage lang reift. Sein Geruch und sein Aroma werden durch die Reifung in den “selle”, Erdlöcher für die Reifung, charakterisiert. Mit der Zeit wurden auch Feste für den Raschera und die anderen Bergkäse ins Leben gerufen, die in den Orten Frabosa Soprana und Ormea im August und September gefeiert werden. Ein anderes Produkt, das neben der Kartoffel das Leben dieser Landschaft geprägt ist, ist der Buchweizen, von den Sarazenen am Ende des letzten Jahrtausends in dieses Land gebracht. Man sät im Frühling und erntet am Ende des Sommers, weswegen der Buchweizen auch in Höhen über 1.000 Metern reift. Aus Buchweizen oder furmentin, gewinnt man ein Mehl, das man am besten für Polenta verwendet. Im Herbst findet in Pamparato das Fest Fiera del Grano Saraceno statt. Die Fest für die Polenta aus Buchweizenmehl findet in Garessio, Ormea und Barchi statt, wo die Polenta nach traditionellem Rezept, mit Kartoffeln, Buchweizen- und Weizenmehl, Milch, Sahne und getrockneten Pilzen, zubereitet wird. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:58 Pagina 80 Brigasco Als Italien und Frankreich im Jahre 1947 den Friedensvertrag unterschrieben, wurde das Brigasco, dass sich zuerst über die beiden Seiten der Berge erstreckte, in zwei Seiten entlang des Gebirgskamms unterteilt: Das Roya-Tal,Tenda wurde französisch mit der Hauptstadt Briga, das den Namen La Brigue erhielt. Italien wurden die Orte Piaggia, Upega und Carnino zugeschrieben, die die Gemeinde von Briga Alta, in der Provinz von Cuneo bilden, während der Ort Realdo der Gemeinde Triora, in der Provinz von Imperia, zugeteilt wurde. Der Saccarello (2.200 m) ist das Hauptgebirge dieser rauen und wilden Gegend, mit dem wunderschönen Wald Navette, weitläufiger Lärchen- und Weißtannenwald, der sich an den Abhängen der Berge Bertand und Missun, oberhalb der Ortschaft Upega am Kopf des Tanaro-Tals, befindet. Im örtlichen Dialekt findet man die provenzalischen und ligurischen Einflüsse wieder. Die Worte dieser Gegend, der Familien und der Schäferei, die historisch gesehen, die wichtigste Beschäftigung war, sind mit Sicherheit okzitanisch. Die Bevölkerung des Brigasco traf sich während der Pilgereisen zum Wallfahrtsort Laghet, in der Nähe von La Turbie, und bei der Jungfrau des Fontano (Nôtre Dame des Fontaines), mit der des nahegelegenen Nizzas. Letztere Ort befindet sich oberhalb von La Brigue und wird, wegen den Fresken von Giovanni Canavesio di Pinerolo, die aus dem Jahr 1492 stammen, die Sixtinische Kappelle der Alpen genannt. Neben den Fresken von Canavesio, bewundert man auch die des Künstlers Giovanni Baleison aus dem Stura-Tal, in memoriam an eine Epoche in der die Maler mit Farben und Pinseln in ihren Säcken über die Berge gingen. 80 81 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:59 Pagina 81 Ein Wallfahrtsort aus der Jungsteinzeit Die großen Wunderwerke dieser Orte sind die 40.000 Höhlenmalerein im Berg Bego (2.872 m), der bereits in der Prähistorie besucht wurde. Ab dem Jahr 1897 wurden diese vom englischen Botaniker und Archäologen Clarence Bicknell (1842-1918) entdeckt. Man findet Figuren mit Hörnern, Pflüge, Dolche, Sonnenräder, Karten, Tiere und antromorphe Figuren. Wer mehr über diese grandiose Gegend erfahren möchte, sollte unbedingt das Völkerkundemuseum von Cuneo und das Musée des Merveilles von Tenda besuchen. An den Hängen des Bego, im Ort Casterino (Ortsteil von Tenda), baute Bicknell ein chalet für die Arbeit, das leider nur von außen besichtigt werden kann. Bicknell zog sich hier für seine Forschungen zurück. Es gab wenig Komfort, die Gastfreundschaft war nach der Art der Franziskaner und das Leben war vom Sonnenlicht abhängig. Clarence dekorierte die Räume persönlich, malte Blumenmotive, Feseln und Schriftrollen mit Sätzen in Esperanto. Briga Alta - Gemeinde Upega - Madonna della Neve Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:59 Pagina 82 Wälder und archaische Dörfer Der Wald Bosco delle Navette, der von einer Militärstraße durchzogen ist, die nach Tenda im Roya-Tal und nach Limone in Vermenagna-Tal führt, verdankt seinen Namen möglicherweise den imposanten Lärchenbäumen, die für den Bau von Schiffen verwendet wurden. Zahlreiche Wege führen auf die Gebirgskämme und ermöglichen einen atemberaubenden Blick über die ligurischen Alpen, die Seealpen und das Meer. Heute trägt der Bosco delle Navette das Siegel SIC (Ort von gemeinschaftlichem Interesse) wegen den naturalistischen Eigenschaften.Aber bereits in der “Statistique des provinces de Savone, d’Oneille, d’Acqui”, aus der Zeit Napoleon schätze man dort 300.200 Lärchen und 23.700 Tannen. Das Gebiet des Hochtals des Tanaro bewahrt interessante kulturelle Aspekte: Dörfer,gebaut aus Steinen und in Reihen entlang der kurvenreichen Wege liegend oder wie im Falle von Viozene, hohe Häuser mit mehreren Stockwerken und verschiedenen Balkonen. In seltenen Fällen, wie zum Beispiel in Carnino, sind die Dächer noch immer mit Buchweizenstroh bedeckt, wie die meisten Häuser zur damaligen Zeit.Viele Jahrhunderte lang war die Hauptaktivität die Zucht der Ziegen von Brigasca. Im Winter zogen die Herden Richtung Ligurien, oft bis zur Küste. Hier findet man Ortnamen, die an die Straßen des Salzes und des Öls erinnern, Passo und Cima delle Saline, Pian dell’Olio… In Viozene findet man Ziffernblätter von Sonnenuhren, die auf das Haus des Pfarrers gemalt wurden und auf die Kirche von San Bartolomeo. Eine Überlieferung betrifft Pian Ballaur (2.603 m),zwischen Upega und Carnino, wo gemäß der Tradition Hexenzirkel abgehalten wurden. Ein Hirtenmädchen, das ihren Vater nicht von der Schafweide zurückkommen sah, entschied sich dafür, ihm entgegen zu gehen. Aber sie wurde von verkleideten Personen entführt und zum Pian Ballaur gebracht, um dort an einem dämonischen Tanz teilzunehmen. Einige Tage später wurde das Hirtenmädchen in einem Heuboden gefunden, mit grünen Füßen, wegen des vielen Tanzens im Gras. 82 83 Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:59 Pagina 83 Paradies der Höhlenforscher und Botaniker Richtung Westen, zwischen Italien und Frankreich, schweift der Blick vom Kamm des Berges Rocca dell’Abisso (2.755 m) zum imposanten Kalksteingebirge des Marguareis (2.651 m). Diese Gegend der ligurischen Alpen besteht aus massiven Steinschichten (Kalk und Stein), die, da sie wasserlöslich sind, die Bildung von immensen, unterirdischen Gängen möglich gemacht haben. Es sind verschiedene Höhlensysteme bekannt: das von Marguareis oder Carsene mit der Quelle des Pis del Pesio, von Mirauda, Masche, Mongioie, mit einigen der wichtigsten Höhlen Italiens, wie das System von Piaggiabella mit 13 Eingängen und circa 40 km Länge. Es handelt sich hierbei meist um, im ersten Teil vertikal steigende Höhlen, die somit nur für Höhlenforscher zugänglich sind und ihren Anfang an der Capanna Morgantini finden, Schutzhütte in 2.219 Meter Höhe. Einfach zu sehen sind die einzigartigen äußerlichen Zeichen der Höhlen: Doline, zerfurchte Felder, Brunnen, Quellen. Besonders beeindruckend sind die Vene del Tanaro.Ausgehend von Viozene, vorbeikommen an Carnino inferiore, steigt man entlang des naturalistischen Weges nach Colla di Carnino (1.597 m) hinauf und geht weiter bis zur Grundwasserquelle, über der eine stabile tibetischen Brücke gebaut wurde. In diesen Tälern, die nahe dem Meer oder in eine typische Berglandschaft eingebetet sind, hat der englische Botaniker Clarence Bicknell eine seltene Flora entdeckt, darunter die Rhaponticum scariosum bicnelli das schon in Namen daran erinnern lässt, mit großen Köpfen, die an die Blüte der Artischocke erinnern und mehr als 1 Meter hoch sind. Sie wachsen nur an 4 Orten auf der Welt, alle Orte befinden sich in den ligurischen Alpen: Am Südhang des Berges Fronti, auf dem Berg Toraggio, am Salse di Mendatica, im Norden von Monesi und im Tal von Carnino. In seinen Notizen zeichnete Bicknell die Saxifraga florulenta, die für mehr als 15-20 Jahre die wichtigsten Exemplare der Blumen enthält. Nachdem er die Vervielfältigung gesichert hatte, starb er. Ihm ist der erste Fund in Italien der Sempervivum calcareum zu verdanken, einer nur in den süd-westlichen Alpen vorkommenden Spezies, die man neben der Capanna Morgantini bestaunen kann. Auf den Kalkgesteinen wächst die Berardia subacaulis, eine sehr alte Spezies, die bis auf die Zeit der Bildung der Alpen zurückgeht. Guida occitania 2009 ted 16-04-2009 9:59 Pagina 84 Wichtige Adressen Für allgemeine Informationen über die Landschaft, historische oder künstlerische Stätten, Naturschutzgebiete, Gastronomie, Unterkünfte, sowie für die Bestellung von Informationsmaterial, wenden Sie sich bitte an: A.T.L. DEL CUNEESE (Tourismusbüro für die Gegend um Cuneo – Alpine Täler und Kunststädte) Via Vittorio Amedeo II, 8 A - 12100 Cuneo - Tel. 0039.0171.690217 – Fax 0039.0171.602773 www.cuneoholiday.com - www.autunnocongusto.com - [email protected] GAL “Terre Occitane” - Valli Po, Varaita, Maira, Grana, Stura Via Cappuccini, 29 - 12023 Caraglio (Cn) - Tel. 0039.0171.610325 - Fax 0039.0171.817981 www.tradizioneterreoccitane.com - [email protected] Bergemeinschaft der Täler des Po, Bronda und Infernotto Via Santa Croce, 4 - 12034 Paesana - Tel. 0039.0175.94273 - Fax 0039.0175.987082 Tourismusbüro: Tel. 0039.0175.94273 - www.vallipo.cn.it - [email protected] Berggemeinschaft Varaita-Tal Piazza Marconi, 5 - 12020 Frassino - Tel. 0039.0175.970611 - Fax 0039.0175.970650 www.vallevaraita.cn.it - [email protected] Berggemeinschaft Maira-Tal Via Torretta, 9 - 12029 San Damiano Macra - Tel. 0039.0171.900061 - Fax 0039.0171.900161 www.vallemaira.cn.it - [email protected] Tourismusbüro des Maira-Tals: Dronero – Tel. 0039.0171.917080 - Fax 0039. 0171.909784 [email protected] Berggemeinschaft Grana-Tal Via San Paolo, 3 - 12023 Caraglio - Tel. 0039.0171.619492 - Fax 0039.0171.618290 www.vallegrana.it - [email protected] Berggemeinschaft des Stura-Tals von Demonte Via Divisione Cuneense, 5 - 12014 Demonte - Tel. 0039.0171.955555 - Fax 0039.0171.955055 www.vallestura.cn.it - [email protected] Berggemeinschaft des Gesso-Tals und Vermenagna-Tals Piazza Regina Margherita, 27 - 12017 Robilante - Tel. 0039.0171.78240 - Fax 0039.0171.78604 www.cmgvp.org - [email protected] Berggemeinschaft Bisalta Via Madonna dei Boschi, 76 - 12016 Peveragno - Tel. 0039.0171.339957 - Fax 0039.0171.338229 [email protected] Berggemeinschaft der Täler von Mondovì Via Mondovì Piazza, 1/d - 12080 Vicoforte - Tel. 0039.0174.563307 - Fax 0039.0174.569465 www.vallimonregalesi.it - [email protected] Berggemeinschaft der Täler Mongia, Cevetta und Langa Cebana Via Case Rosse, 1 - Reg. San Bernardino - 12073 Ceva - Tel. 0039.0174.705600 - Fax 0039.0174.705645 www.vallinrete.org - [email protected] Berggemeinschaft Alta Val Tanaro Via del Santuario, 2 - 12075 Garessio - Tel. 0039.0174.806721 - Fax 0039.0174.803714 www.cmaltavaltanaro.it - [email protected] 84 85 COPERTINA tedesco 16-04-2009 13:48 Die grüne Linie zeigt das Gebiet des A.T.L. von Cuneo Pagina 2 Für Informationen über die Kultur, Sprache und Literatur Okzitaniens, sowie die ländlichen Traditionen, Kino, Bücher und Zeitschriften, wenden Sie sich bitte an: Espaci Occitan - Via Val Maira, 19 - 12025 Dronero - Tel. 0039.0171.904075/904158 www.espaci-occitan.org - [email protected] Chambra d’òc - Strada Arnaud Daniel, 18 - 12020 Roccabruna Tel. 0039.0171.918971 - 0039.328.3129801 www.chambradoc.it - [email protected] Coumboscuro Centre Prouvençal Sancto Lucìo de Coumboscuro - 12020 Monterosso Grana - Tel. und Fax 0039.0171.98707 www.coumboscuro.org - [email protected] Verein Lou Soulestrelh - Via Roma, 27 - 12020 Sampeyre Kulturverein La Cevitou - Frazione San Pietro, 89 - 12020 Monterosso Grana Tel. und Fax 0039.0171.988102 - www.lacevitou.it Internetseite der okzitanischen Täler im Piemont: www.ghironda.com Für weitere Informationen über kulturelle Stätten und Ort, Museen, Kunstausstellungen, kulturelle Veranstaltungen und Feste Okzitaniens wenden Sie sich bitte an: Verein Marcovaldo - Via Cappuccini, 29 - 12023 Caraglio Tel. 0039.0171.618260 – Fax 0039.0171.610735 - www.marcovaldo.it - [email protected] Provinz von Cuneo - Internetseite über die Museen http://musei.provincia.cuneo.it Laboratorio Ecomusei - Via Nizza, 18 - 10125 Torino - Tel. 0039.011.4323845 www.ecomusei.net - [email protected] Informationen über die Feste im Piemont: www.atlantefestepiemonte.it Für Informationen über die Parks und Naturschutzgebiete: Naturpark der Seealpen - Piazza Regina Elena, 30 – 12010 Valdieri - Tel. 0039.0171.97397 www.parcoalpimarittime.it - [email protected] Amt für die Verwaltung der Parks und Naturschutzgebiete in der Region Cuneo Via S. Anna, 34 - 12013 Chiusa Pesio - Tel. 0039.0171.734021 www.parks.it/parchi.cuneesi - [email protected] Park des Po Cuneese - Via Griselda, 8 – 12037 Saluzzo - Tel. 0039.0175.46505 [email protected] - www.parcodelpocn.it Park der Flüsse Gesso und Stura - Piazza Torino, 1 – 12100 Cuneo - Tel. 0039 0171.444501 www.parcofluviale.cuneo.it - [email protected] Internetseite der Parks, Reservaten und Schutzgebiete in Italien: www.parks.it Internetseite der Region Piemont über Parks, Schutzgebiete und der Zeitschrift Piemonte Parchi: www.regione.piemonte.it/parchi - www.piemonteparchiweb.it Ein großer Teil, der hier in diesen Reiseführer genannten Gemeinden, verfügt über eine Internetseite mit Informationen über thematische Wege. COPERTINA tedesco 16-04-2009 13:48 Pagina 1 INFO Fremdenverkehrsamt A.T.L. del Cuneese Via Vittorio Amedeo II, 8 A - 12100 Cuneo Tel. +39.0171.690217 - fax +39.0171.602773 [email protected] - www.cuneoholiday.com - www.autunnocongusto.com HOTELINFORMATIONEN UND RESERVIERUNGEN CONITOURS – CUNEO TEL. +39.0171.698749 - FAX +39.0171.435728 - [email protected] CONSORZIO ALTA VAL TANARO TURISMO - GARESSIO TEL. +39.347.9156791 - FAX +39.0174.81981 - [email protected] CONSORZIO TURISTICO ALPI DEL MARE - VICOFORTE M.VÌ TEL. +39.0174.569016 - FAX +39.0174.565928 - [email protected] IN TERRE DI GRANDA - CUNEO TEL. +39.0171.67575 - FAX +39.0171.649728 – [email protected] TERRE DI EMOZIONI - MONDOVÍ / FRABOSA SOTTANA TEL./FAX +39.0174.44343 - [email protected] TURGRANDA / BLUPIEMONTE - CUNEO TEL. +39.0171.697668 - FAX +39.0171.699224 – [email protected] V.A.L. BED & BREAKFAST - CUNEO TEL. +39.0171.437220 - +39.347.7730489 - [email protected] Die okzitanischen Täler in der Provinz von Cuneo NUOVO, DA SEMPRE.