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AUS DER PRAXIS ANWENDERBERICHT Nr. 11 November 2005 Tebis-Software bei Hella: Simulator optimiert die Werkzeugfertigung Mit »Ideen für das Auto der Zukunft« hat sich der Automobilzulieferer Hella KGaA Hueck & Co. zu einem weltweit agierenden Konzern entwickelt, der rund 24.000 Menschen beschäftigt und im Geschäftsjahr 2004/05 einen vorläufigen Umsatz von etwa 3,1 Milliarden Euro erzielte. Hella zählt zu den 100 größten deutschen Industrieunternehmen, wobei mehr als 2.900 Ingenieure und Techniker in der Forschung und Entwicklung arbeiten. 2 ANWENDERBERICHT Die Hella Werkzeugbau Paderborn GmbH, eine hundertprozentige Hella-Tochtergesellschaft mit 280 Mitarbeitern, entwickelt und fertigt Thermo- und Duroplastwerkzeuge für Scheinwerfer und Rückleuchten. »Wir betreuen den gesamten Lebenszyklus eines Werkzeuges von der Beratung und Planung über die Entwicklung und Fertigung bis zum Service einschließlich Wartung und Reparatur«, erklärt Hermann-Josef Hartman, in Paderborn Leiter Vertrieb im HellaWerkzeugbau. Jedes Jahr werden 80 bis 100 Werkzeuge in der Größenordnung von 2 bis 16 Tonnen entwickelt und gefertigt und die Spritzgussformen im eigenen Bemusterungszentrum erprobt. Dafür stehen Spritzgussmaschinen mit 75 bis 1.450 Tonnen Schließkraft zur Verfügung, die auch für Kleinserien genutzt werden. Zur Erstellung der Werkzeuge setzt Hella seit dem Jahre 1993 die CAD/CAM-Software von Tebis ein, die in den letzten Jahren verstärkt erweitert wurde, so dass heute 16 CAD/CAM-Arbeitsplätze, 2 Viewer-Stationen sowie 10 Floating-Lizenzen des neuen Simulators in- stalliert sind. Ende des Jahres 2003 startete Tebis gemeinsam mit den Hella-Spezialisten aus dem Formen- und Werkzeugbau ein Projekt zur Entwicklung von umfassenden Simulationsmöglichkeiten. Ziel des Projektes war es, zusätzlich zur Werkzeugschneide auch den Halter zu berücksichtigen, genauso wie die Kopfkinematik und die Aufspannlage sowie die gesamte Organisation der NC-Programme, die nacheinander abzuarbeiten sind. Hella-Werkzeugbau. »Da wir Werkzeuge mit großen Überhöhungen mit bis zu 600 Millimeter pro Werkzeughälfte fer tigen, haben wir Hochgeschwindigkeits-Fräszentren von Fidia im Einsatz. Für bestmögliche Oberflächen arbeiten wir dabei mit möglichst kurzen Werkzeugen und flexiblen Anstellungen.« »Mit Hilfe der Simulations-Software von Tebis wollten wir die Bearbeitungssicherheit und die Nutzungsquote unserer Maschinen erhöhen, da der Simulator sowohl in der Programmierung als auch in der Werkstatt genutzt werden sollte«, berichtet Klaus Kussmann, Leiter der NC-Programmierung im Außerdem sind öfters kurzfristige Umorganisierungen bezüglich der Maschinenbelegung notwendig, beispielsweise wenn Werkzeuge zur Reparatur kommen, haben diese Vorrang und müssen der Serienfertigung möglichst schnell wieder zur Verfügung gestellt werden. Folglich ist die bisherige Planung zu modifizieren, indem die neu zu fertigenden Formen auf andere Maschinen verlagert werden. Dies bedeutet aber oft, dass andere Fräswerkzeuge zu verwenden sind und die Ersatzmaschine andere kinematische Eigenschaften vorweist, was eine Anpassung der NC-Programme zur Folge hat. Früher bedeutete dieses teilweise einen kompletten Arbeitstag, der für die Anpassungen Kurzfristige Änderungen sind schneller realisierbar Die Werkzeuge für die Scheinwerfer und Rückleuchten werden im Hella Werkzeugbau Paderborn entwickelt und gefertigt. 3 ANWENDERBERICHT Bei der SchruppBearbeitung bezieht sich die Kollisionsprüfung auf die zwischenzeitlich erreichte Geometrie des Bauteils. notwendig war. Trotz allem bestand anschließend wenig Sicherheit bezüglich der Kollisionsgefahren. Mit Hilfe des Tebis-Simulators lässt sich heute die Programmanpassung bei einem Maschinenwechsel in 30 bis 60 Minuten erledigen und zusätzlich wird eine extrem hohe Prozess-Sicherheit erreicht. »Bisher erhielten die Mitarbeiter an der Maschine zwar die NC-Programme, aber hatten keine konkrete visuelle Vorstellung, wie die NCBearbeitung ablaufen würde«, erläutert Norbert Hansmeyer, zuständig für die Simulator-Einführung im Hella-Werkzeugbau. »Bei nachträglichen Änderungen am NC-Programm oder gar an der Maschinenbelegung war deshalb immer ein erhöhter Unsicherheitsfaktor vorhanden. Die Kollegen an der Maschine überprüften die Werkzeugwege nur stichprobenartig bezüglich eventueller Kollisionen mit dem Werkstück.« Um eine zuverlässige Simulation der NC-Bearbeitung durchführen zu können, musste bei Hella jedoch zunächst einmal eine realitätsgetreue Werkzeug-Bibliothek angelegt werden. Dazu wurden die einzelnen Maße der Werkzeuge und der Halter abgegriffen, da auf die Angaben der Hersteller nicht immer Verlass war, gleiches gilt für die Abbildung der Maschinen einschließlich der Werkzeugköpfe. Insgesamt wurden bereits über 1.000 Bohrund Fräswerkzeuge erfasst und standardisiert. »Bezüglich der Simulator-Software waren wir uns im Klaren, dass der Einsatz einer solchen Lösung nur dann sinnvoll ist, wenn sich unsere Mitarbeiter auf ihn verlassen können«, ergänzt Norbert Hansmeyer. Deshalb war eine realistische und sehr genaue Abbildung der Maschinen, Halter und Werkzeuge die Grundvoraussetzung, um den Simulationsergebnissen trauen zu können. Ein weiterer Aspekt ist die sehr hohe Oberflächengüte, zum Beispiel für lichtoptisch wirksame Flächen. Dazu müssen die Werkzeuge möglichst kurz eingespannt werden, wodurch die Gefahr von Halterkollisionen zwangsläufig steigt. Die virtuelle Maschine verschafft hohe Sicherheit Durch verschiedene räumliche Ausrichtungen des Fräsers auf den 5-Achsen-Maschinen werden diese Kollisionsgefahren vermieden. Dem NC-Programmierer mit Zugriff auf Um eine erkannte Bauteilkollision mit dem Maschinenkopf zu beheben, wird dem berechneten Werkzeugweg ein länger ausgespanntes Werkzeug aus der in Tebis integrierten Werkzeugverwaltung zugewiesen. Um die optimale Aufspannlage des Bauteils zu ermitteln, wird eine Endschalterprüfung durchgeführt. Gibt es Bereiche, die außerhalb des Verfahrweges der Maschine liegen, wie hier bei der Bohrbearbeitung, werden diese in der grafischen Darstellung der Maschinenachsen rot hervorgehoben. die virtuelle Maschine samt Bauteil in Aufspannlage und realitätsgetreuen Werkzeugen entsteht hierbei eine große Erleichterung. Mit der Simulator-Software, die jetzt ausgereift ist und seit Frühjahr 2005 als offizielles Tebis-Produkt zur Verfügung steht, lässt sich nun der gesamte Arbeitsablauf vorab definieren, überprüfen und visualisieren, so dass die kritischen Bereiche sehr genau betrachtet werden können, bevor »die ersten Späne fliegen«. Das von Hella und Tebis realisierte Konzept basiert darauf, die ges- 4 CAD-CAM REPORT Nr. 11, 2005 ANWENDERBERICHT amten notwendigen Informationen von der Konstruktion über die Planung und Programmierung bis in die Werkstatt fließen zu lassen und ebenso die Betriebsmittelinformationen in Richtung Konstruktion zu leiten. Auf dieser Grundlage sind jetzt umfassende Machbarkeitsprüfungen für die meist sehr komplexen Spritzgusswerkzeuge realisierbar. Dabei dient der Simulator den Programmierern als interaktives Planungsmodul, um beispielsweise die optimale Werkzeuganstellung für die Bearbeitung von tief liegenden Konturen zu wählen, ohne irgendwo »anzuecken«. Der Bediener an der Maschine kann sich mit dem Simulator die einzelnen Bearbeitungsgänge detailliert visualisieren lassen. »Durch das Visualisieren, Prüfen und Optimieren der Fertigungsabläufe auch bezüglich Aufspannlage und Werkzeuganstellung und durch die Kollisionsprüfung mit Endschalterüberwachung der NC-Achsen können wir die meisten der bisher aufgetretenen Schäden an Werkstück, Werkzeug und Maschine vermeiden«, resümiert Karl-Heinz Uhle, Leiter des Maschinenbereiches im Hella-Werkzeugbau. Gleichzeitig konnten wir die Lauf-, Rüst- und Stillstandzeiten sowie Dokumentationsaufwand erheblich reduzieren.« Die aufwändige Papierdokumentation kann entfallen Früher konnten jeweils nur wenige Werkzeuge hintereinander benutzt werden, ohne dass eine Überprüfung der Zerspanung durch den verantwortlichen Mitarbeiter notwendig war. Heute können die komplett bestückten Werkzeugwechsler vollständig genutzt werden, da der Simulator die Werkzeugwege überprüft hat. Komplexe Werkstücke lassen sich auf diese Weise beispielsweise übers Wochenende quasi ohne »Aufsicht« fertigen. Außerdem bietet die NC-JobTechnik der Tebis-Software den Hella-Mitarbeitern eine umfassende Unterstützung, denn bei der Zerspanung werden die RohlingsmoCAD-CAM REPORT Nr. 11, 2005 In der NC-Liste werden alle Werkzeugwege, die zur Anfertigung der Werkzeughälfte abgearbeitet werden müssen, in Bezug auf die benötigten Maschinen organisiert. Die Schlichtbearbeitung der Werkzeughälfte eines Spritzgießwerkzeugs für die Herstellung eines Reflektorabdeckrahmens erfolgt hier auf einer Fidia Digit 218. delle ständig aktualisiert und die Laufwege für die Folgebearbeitungen vom System kontinuierlich optimiert. Durch die Nutzung der Simulations-Software entlang der Prozesskette entfällt auch die aufwändige Papierdokumentation für die Maschinenbediener, da sie sämtliche Informationen aus dem TebisModell-File entnehmen können. Nach vereinzelter anfänglicher Skepsis befürworten heute alle beteiligten Mitarbeiter die SimulatorLösung, denn sie funktioniert spätestens seit der offiziellen Freigabe der Software einwandfrei und die Anfangsschwierigkeiten mit dem Prototypen sind vergessen. Heute profitieren alle Beteiligten von den Vereinfachung sowie von der erheblich höheren Sicherheit bei der Bearbeitung. Auf die nächste Version des Simulators freuen sich die HellaWerkzeugbauer bereits. Der Bediener kann dann die Werkzeuganstellung spontan ändern, etwa wenn das Simulatormodell mit den Fräskopfanstellungen für die Fidia 411 erstellt worden ist, die Bearbeitung dann aber an der Fräsmaschine Fidia 218 mit einem anderen Maschinenaufbau und veränderten Werkzeugaufnahmen durchgeführt werden soll. Auf diese Weise lässt sich der Prozess kurzfristig ändern und trotzdem kann die vollständige Bearbeitungssicherheit erreicht werden, ohne dass durch zusätzlichen Programmieraufwand Mehrkosten für den Betriebsauftrag entstehen. »Mit Hilfe der Tebis-Software können wir im Werkzeugbau bei Hella in Paderborn eine geschlossene Informationskette realisieren, in der die manuelle Datenübergabe und damit auch eine entscheidende Fehlerquelle eliminiert wurde«, fasst Klaus Kussmann zusammen. »Heute steht bis zur Maschine der Tebis-CAD-Raum zur Verfügung, so dass der Bediener den Zugriff auf sämtliche Daten einschließlich der Geometrie und den Simulator-Funktionen hat«. -frIn der Werkstatt prüfen Maschinenbediener am Tebis-Simulator die von der NC-Programmierung zurµ Verfügung gestellten NC-Programme und organisieren diese in der NC-Liste für die Schlichtbearbeitung auf einem der Fidia-Schlichtzentren. 5