GPSP 2009-2.indd - Guten Pillen, schlechte Pillen

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Gute Pillen – Schlechte Pillen
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Auf Qualitätssiegel achten
Flammschutzmittel im Kopfkissen?
Betten wir nachts unseren Kopf auf Kissen, die mit Nervengift behandelt sind? Das zumindest behauptet ein Film im Internet.1 Angeregt
durch die besorgte Nachfrage eines Lesers sind wir dieser Behauptung
nachgegangen.
Die Rede ist von Chemikalien, die
als Flammschutzmittel bezeichnet
werden. Sie sollen ein allzu leichtes
Entzünden verhindern und werden auch bei manchen Textilien
eingesetzt. Wirkungsvoll, aber problematisch, ist die umfangreiche
chemische Gruppe der bromierten
Flammschutzmittel. Manche dieser
Verbindungen können als Nervengift wirken. Wir haben jedoch keine
Literatur gefunden, die von einer
bedenklichen Menge an bromierten
Flammschutzmitteln in Kopfkissen
oder von Schädigungen durch diese
Chemikalien berichtet. Bekannt ist
aber eine Anreicherung dieser Verbindungen in der Umwelt.2 Deshalb
wird über ein EU-weites Verbot dieser Flammschutzmittel diskutiert.
Aus Gründen der Vorsorge sollten
bestimmte Grenzwerte nicht überschritten werden. Für Textilien gibt
es eine Kennzeichnung mit dem Siegel „Textiles Vertrauen / Oeko-Tex
Standard 100“. Bei so gekennzeichneten Textilien ist die Verwendung
bromierter Flammschutzmittel nicht
zulässig.3 Das Siegel soll garantieren,
dass viele gesundheitsschädliche Insektizide und Pestizide nicht enthalten sind. Die Einhaltung der Regeln
wird durch unabhängige Institute mit
genormten Prüfungen überwacht.4
Wer beim Kauf eines Kopfkissens auf
dieses Siegel achtet, ist daher auf der
sicheren Seite.
1 www.storyofstuff.com/international
2 www.umweltbundesamt.de/uba-info-presse/
hintergrund/flammschutzmittel.pdf
3 www.oeko-tex.com/OekoTex100_PUBLIC/
content1.asp?area=hauptmenue&site=grenzwerte&cl
s=01 )
4 www.oeko-tex.com
Foto: Gina Smith /Fotolia.com
Vorsicht! Gepanschtes aus dem Internet
Die Zahl so genannter Nahrungsergänzungsmittel, denen stark wirksame
synthetische Arzneistoffe beigemischt sind, die nicht auf der Packung
angegeben sind, nimmt drastisch zu. Die Beimischungen sind zum Teil
sogar höher dosiert als in zugelassenen Arzneimitteln. Bisweilen finden
sich in den Nahrungsergänzungsmitteln, die jeder im Internet bestellen
kann, neue ungebräuchliche Varianten von Medikamenten, über deren
Wirkungen allenfalls spekuliert werden kann. Mit Risiken ist zu rechnen.
Warnungen vor solchen bedenklichen Präparaten kommen aus den USA,
Kanada und der Schweiz. Die deutschen Behörden bleiben nach wie vor
erschreckend untätig. Wir nennen Gefälschtes beim Namen:
Powerful Slimming, 3 Days Fit,
! 27 xDays
Diet, 21 Double Slim, Best-
life Fat Burning Kapseln BioEmagrecin, Body Creator, Body Shaping, Body
Slimming, Cosmo Slim, Eight Factor
Diet, Extrim Plus 24 Hour Reburn,
Fasting Diet, Imelda Fat Reducer, JM
Fat Reducer, Meili, Meizitang, Miaozi MeiMiaoQianZiJiaoNang, Natural Model, Perfect Slim Up, Powerful
Slim, Reduce Weight, Sana Plus, Slim
3 in 1 Extra Slim (Waist) Formula,
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Slim 3 in 1 M18 Royal Diet, Slim
Burn, Slim Express 4 in 1, Slim Fast,
Sliminate, Slimming Formula, Slim
Waistline, Slim Up, Super Fat Burner,
Super Slimming, Trim 2 Plus, Waist
Strength Formula, Zhen de Shou
Bei diesen Produkten zur Gewichts­
abnahme wurden bei aktuellen
Überprüfungen verbotene und verheimlichte chemische Wirkstoffe
gefunden. Die kanadischen und
die US-amerikanischen Behörden
warnen vor diesen Nahrungsergänzungsmitteln und erweitern damit
eine zuvor veröffentlichte Warnliste
(siehe GPSP 1/2009, S. 14-15). In
allen oben genannten Produkten
wurde der verschreibungspflichtige
Appetithemmer Sibutramin (Reductil® u.a.) gefunden und in Best-life
Fat Burning Kapseln sowie in Zhen
de Shou war zusätzlich das Abführmittel Phenolphthalein enthalten,
das in Deutschland wegen schwerer
Nebenwirkungen und potenzieller
Krebsauslösung nicht mehr als Arzneimittel im Handel ist.
Healthy Slim, Kalo! Carbohydrate,
mee, K Carbohydrate, K Slimming,
K Tighten Slim, Lami, Ling longquxian, Slim Pure
In diesen als Nahrungsergänzung
zur Gewichtsabnahme angebotenen
Präparaten entdeckten Analytiker
www.gutepillen-schlechtepillen.de
Unabhängige Informationen zu Ihrer Gesundheit 2/09
ebenfalls das verschreibungspflichtige appetithemmende Mittel Sibutramin (Reductil®) oder dessen chemische Varianten.
M-Essence, Zhuang Tjar
! Menergy
Gere
In diesen zur Förderung der Erek­
tion angebotenen Nahrungsergänzungsmitteln wurden verschreibungspflichtige erektionsfördende
Wirkstoffe wie Sildenafil (Viagra®),
Tadalafil (Cialis®) und/oder deren
chemische Varianten gefunden.
Tonik Warisan Banjar
! Bevidan,
In diesen gegen Schmerzen bzw.
zur Stärkung und Appetitsteige­
rung angebotenen Nahrungsergän-
zungsmitteln wurden die starken
verschreibungspflichtigen
Cortisonabkömmlinge Prednisolon bzw.
Dexamethason gefunden, in Bevidan
zusätzlich das verschreibungspflichtige Schmerzmittel Mefenaminsäure
(in Deutschland nicht mehr im Handel), das bei jedem vierten Anwender
Magen-Darm-Probleme verursachen
kann.
Yin Chiao Chieh Tu Pien
! Huiji
Dieses
Nahrungsergänzungsmittel wurde beanstandet, weil in
ihm das müde machende Allergiemittel Chlorphenamin (z.B. in
Grippostad® C enthalten) und das
Schmerzmittel Paracetamol (ben-uron® u.a.) entdeckt wurden.
Impressum
© 2009 Gute Pillen - Schlechte Pillen. Diese
Zeitschrift erscheint ohne Einflussnahmen von
Industrie, Behörden oder sonstigen Institutionen und finanziert sich durch Abonnements.
Redaktion: August-Bebel-Str. 62,
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Internet: www.gutepillen-schlechtepillen.de
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Herausgeber: Gute Pillen - Schlechte Pillen Gemeinnützige Gesellschaft für unabhängige
Gesundheitsinformation mbH, Berlin.
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Amtsgericht Berlin-Charlottenburg,
Geschäftsführer: Wolfgang Becker-Brüser,
Jörg Schaaber, Prof. Dr. Walter Thimme
Gute Pillen - Schlechte Pillen wird getragen von
den kritischen Fachorganen arznei-telegramm,
DER ARZNEIMITTELBRIEF, Arzneiverordnung in der Praxis und Pharma-Brief.
Redaktion: Wolfgang Becker-Brüser (Arzt und
Apotheker), Dr. rer. nat. Elke Brüser, Dr. med.
Dietrich von Herrath, Prof. Dr. med Bruno
Müller-Oerlinghausen, Dipl. Soz. Jörg Schaaber
MPH, Stefanie Schenk (Ärztin); Prof. Dr. med.
Walter Thimme, Dr. rer. nat. Christian WagnerAhlfs (verantwortlich).
Titelbild: Annika Ucke
Foto S. 3: Jörg Schaaber
Leserbriefe
Cartoon: Thomas Kunz
Padma 28 gegen
Gedächtnisstörungen?
„Mein Vater hat zunehmend Ge­
dächtnisprobleme. Wir haben nun
von Padma 28 gehört, das als ein­
ziges Medikament zugesetzte Ar­
terien wieder durchlässig machen
soll. Können Sie hierzu etwas sa­
gen?“ S.S.
GPSP: Das Produkt Padma 28 ist offiziell nur in der Schweiz erhältlich.1
Die Zusammensetzung soll auf ein
altes Rezept der tibetischen Medizin
zurückgehen. Padma 28 enthält unter
anderem in geringer Menge die stark
giftige pflanzliche Eisenhut-Knolle.
Die deutsche Arzneimittelbehörde
rät schon lange von der medizinischen Anwendung von Eisenhut ab.2
In Deutschland ist im Versandhandel
ein Produkt Padma basic zu bekommen, dass keinen Eisenhut enthält.
Für keines der Präparate ist uns ein
glaubhafter Wirksamkeitsnachweis
bekannt. Wir raten vom Kauf ab.
www.gutepillen-schlechtepillen.de
Pharmawerbung
Die europäische Kommission
möchte das Werbeverbot für Arz­
neimittel lockern. Darüber ärgert
sich nicht nur unsere Redaktion
­(siehe GPSP 4/2008, S. 13), son­
dern auch so mancher Leser. Einer
hat an EU-Kommissar Günter Ver­
heugen geschrieben. Wir möchten
Ihnen Auszüge nicht vorenthalten.
Herstellung und Vertrieb: Westkreuz-Verlag
GmbH Berlin/Bonn, Töpchiner Weg 198/200,
12309 Berlin, Tel. (030) 7 45 20 47; Fax (030)
7 45 30 66, [email protected]
„Sehr geehrter Herr Verheugen, mit
Bedauern und Ärger habe ich gelesen,
dass die EU-Kommission der PharmaIndustrie erlauben will, mit „Gesundheitsinformationen“ ihre Arzneimittelwerbung an Patienten zu richten.
Aus lang jähriger Erfahrung weiß ich,
wie schwierig es schon für Mediziner
ist, sich vor der Beeinflussung durch
vielfältige Werbestrategien der Pharma-Industrie zu schützen, Strategien, die von plumper Bestechung über
Verschweigen ungünstiger Forschungsergebnisse bis zu raffinierter Manipulation wissenschaftlicher Gremien
Das nächste Heft erscheint am 21. Mai
Bezugsbedingungen: Erscheinungsweise:
6 Ausgaben pro Jahr. Abonnement für Einzelpersonen 15 €, für Praxen, Firmen, Behörden
und sonstige Institutionen 30 € (jeweils inkl.
Versand). Kündigung des Abonnements: drei
Monate zum Jahresende. Preise für Mehrfach­
abos auf Anfrage. Einzelpreis 3 €, alle Preise
inkl. MwSt. Daten der regelmäßigen Bezieher
werden mit EDV verarbeitet. An Dritte werden
die Daten nicht weitergegeben.
Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 13.03.2009
reichen. [...] Ich erlaube mir, Ihnen
für ein Jahr ein Geschenkabonnement
zukommen zu lassen. „Gute Pillen –
Schlechte Pillen“ führt zweimonatlich
die Rubrik „Werbung – Aufgepasst!“
Die empfehle ich Ihnen für das Studium von Beispielen für Desinformation.“ E.D.
1 www.padma.info/
2 Monographie BGA/BfArM (Kommission E)
Bundesanzeiger: 15.10.1987, Heftnummer: 193,
ATC-Code: N02BK., Gesamt-Bewertung negativ.
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